Erfahrungsbericht: Auslandssemester HKUST

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Erfahrungsbericht: Auslandssemester HKUST
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Erfahrungsbericht:
Auslandssemester HKUST
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Florian Schlosser
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Inhalt
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1. Vorwort
2. Ankunft in Hongkong und Einschreibung an der HKUST
3. Das Leben an der HKUST
4. Das Studium an der HKUST
5. Kulturelle Unterschiede
6. Weiteres wissenswertes
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1. Vorwort
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Falls der Leser oder die Leserin mit dem Gedanken spielt, ein Auslandssemester oder Praktikum in Hongkong zu absolvieren, kann ich dies mit voller
Überzeugung gutheißen. Ich persönlich habe ein Auslandssemster an der HKUST
absolviert und muss sagen, dass es mich fachlich wie persönlich sehr stark
bereichert hat, und dass es eine Erfahrung ist, die ich heute nicht mehr missen
möchte. Ich habe in Deutschland einige Kommilitonen getroffen, die der Auffassung
waren, dass ein Auslandssemester nur unnötig den Studienabschluss hinauszögere
und es nicht wert sei. Das ist eine Ansichtsweise die ich rückblickend nur als falsch
einstufen kann. Solange es möglich ist, die absolvierten Scheine in der HomeUniversity anrechnen zu lassen, bzw. man seine Abschlussarbeit anfertigt, und sich
zusätzliche Einflüsse von anderen Universitäten und deren Professoren und
Standards holen möchte, ist das Maß an neuen Eindrücken, Kontakten, Fachwissen
und kulturellen Hintergründen ein so deutlicher Mehrwert, dass es selbst das
Verzögern des Abschlusses um ein Semester oder den finanziellen Mehraufwand in
allen Hinsichten rechtfertigt. Wenn Sie sich also zu einem Semester in Hongkong
entschieden haben sollten, können Sie sich sicher sein, dass Sie es nicht bereuen
werden.
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2. Ankunft in Hongkong und Einschreibung an der HKUST
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Visum
Nach dem man in Hongkong gelandet ist, muss man sich wie üblich erst einmal
um das Visum kümmern. Als deutscher Staatsbürger bekommt man automatisch ein
Touristenvisum welches für 90 Tage gültig ist. Als Austauschstudent allerdings sollte
man sich das Student-Visa (welches zuvor von der HKUST per Kurier geschickt
wurde) in den Pass kleben, und dieses dann abstempeln lassen. Dies ist wichtig, da
es eine Voraussetzung für die Immatrikulation an der HKUST ist. Ohne das
STUDENTENvisum wird man NICHT immatrikuliert. Das sollte danach folgendermaßen aussehen:
Auf der rechten Seite sehen Sie das Visum in Form eines Aufklebers. Auf der linken Seite sehen
Sie den Stempel welchen der Beamte in Ihren Reisepass einträgt. Wie man dem Bild entnehmen
kann, empfiehlt es sich das Visum auf eine Seite zu kleben, dessen Nebenseite noch frei ist … .
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Was tun wenn man kein Studentenvisum hat?
Also Gründe hierfür könnten sein, dass der Kurier nicht rechtzeitig vor Ihrem
Hinflug das Visum zustellt. In solch einem Fall kann ich nur sagen (natürlich ohne
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Gewähr) das man den Flug dennoch wahrnehmen sollte, und sich vorerst ein
Touristenvisum eintragen lässt. Ich habe mehrere Studenten an der HKUST
getroffen die ein solches Problem hatten, und die auch ohne Studentenvisum ihre
Wohnheime beziehen und ihre Kurse wählen konnten. Man muss dazu sagen, dass
die offizielle Anmeldung erst abgeschlossen werden kann, wenn das Studentenvisum vorliegt. Daher ist geraten die Ansprechperson für Exchange-students an der
HKUST zu benachrichtigen. Die Ansprechperson war immer sehr hilfsbereit und
engagiert bei solchen Problemen.
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Fahrt zur Universität
Nachdem man sein Visum erhalten und abgestempelt bekommen hat, ist
wahrscheinlich das einfachste ein Taxi zur Universität zu nehmen. Taxen sind in
Hongkong vergleichsweise günstig und es kommt nur sehr selten zu “Abzocken”.
Erfahrungsgemäß würde ich sogar behaupten, dass man in Deutschland häufiger zu
viel zahlt als in Hongkong. Die Fahrt vom Airport zur HKUST sollte ca. 250 - 300 HKDollar also umgerechnet ca. 25-30 Euro kosten. Alternativ kann man natürlich auch
mittels U-Bahn und Bus zur HKUST kommen, allerdings ist das jedem, der noch
nicht ganz so vertraut ist mit der Umgebung, eher abzuraten. Falls man einen Buddy
zugewiesen bekommen hat, kann man diesen auch fragen ob er oder sie einen vom
Flughafen abholt. Was wahrscheinlich die günstigste Variante darstellt.
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Anmeldung im Wohnheim
In den Wochen zuvor bekommt man per e-mail mitgeteilt, in welchem
Wohnheim man untergebracht wird. Sobald man an der HKUST abgesetzt wurde
geht man gerade aus durch das Atrium in welchem bereits gut leserlich
ausgeschildert wird, welcher Weg zu den Wohnheimen führt. Sobald man am
Wohnheim angekommen ist, stehen dort meistens schon Mitarbeiter bereit welche
einen ins das Anmeldebüro “lotsen”. Im Anmeldebüro angekommen, sind nun nur
noch ein paar Formulare auszufüllen und die Schlüsselkarte entgegenzunehmen. Im
Großen und Ganzen muss man sagen, dass die Prozedur recht einfach ist, und man
wenig falsch machen kann.
Nachdem das Zimmer bezogen wurde, gilt eine zweiwöchige Frist um das
Wohnheim zu bezahlen. Hierbei wird der Betrag verlangt, der für das gesamte
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Semester anfällt, also im Regelfall ca. 500 - 750 Euro (abhängig vom Wohnheim).
Wie allerdings bereits weiter oben erwähnt sind die Chinesen bei solchen Fristen
ebenso entspannt wie bei allen anderen Angelegenheiten. In meinem Wohnheim
kam es zu dem Fall, dass ein Student nach 6 Wochen immer noch nicht gezahlt hat
(also 4 Wochen über der Frist), und erst dann haben die Angestellten angefangen
Ausweise zu kontrollieren um denjenigen zu finden. Wenn man also ein oder zwei
Wochen länger braucht um zu bezahlen, interessiert es dort keine … .
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3. Das Leben an der HKUST
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Vorweg muss gesagt werden, dass man drei Alternativen zum Wohnen hat:
• Studentenwohnheime auf dem Campus
• Wohnanlagen außerhalb aber nahe dem Campus
• Außerhalb der HKUST und innerhalb der Stadt
Ich persönlich habe in einem Studentenwohnheim auf dem Campus gewohnt, und
habe einige Leute kennen gelernt, welche die anderen beiden Alternativen gewählt
haben. Zu jeder dieser Möglichkeiten gibt es einige Pro- und Kontrapunkte die ich im
Folgenden erläutern möchte.
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On-Campus
Das Wohnen in einem der Studentenwohnheime auf dem Campus hat gerade
für Leute einen Anreiz, welche kontaktfreudig und unternehmungslustig sind. Sehr
viele Austauschstudenten werden dort untergebracht, und man lernt sehr schnell
neue Leute aus den verschiedensten Ländern kennen. Durch die unmittelbare Nähe
zum Universitätskomplex bekommt man sehr viel von den Aktivitäten und Aktionen
am Campus mit.
Der Campus stellt eine Vielzahl von Mensen und Cafes sowie diversen anderen
Restaurants zur Verfügung. Im Hauptkomplex gibt es 2 Mensen, ein (etwas teures)
Restaurant, McDonalds, Starbucks und saisonal-bedingt auch eine Filiale einer
lokalen arabisch-/indischen Fastfood-Kette. In der School of Science sowie in der
Business School gibt es jeweils eine weitere Mensa und ein weiteres Cafe.
Kulinarisch wird hier von chinesisch, japanisch über thailändisch bis hin zu
europäisch eigentlich jeder Geschmack bedient. Die Preise (mit Ausnahme des
einen Restaurants) sind sehr studentenfreundlich und ermöglichen einen sehr
günstigen Lebensstil vor Ort. Sie bewegen sich in einem Rahmen von ca. 2 - 4 Euro
pro Mahlzeit.
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Das wohl stärkste Argument für eine Unterkunft am Campus sind die Societies bzw.
Student Unions. Hierbei handelt es sich um Studentenvereinigungen welche
bestimmte Interessen oder Hobbies pflegen. Interessen oder Hobbies die hierbei
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abgedeckt werden sind einerseits Freizeitaktivitäten wie Fussball, Basketball, Tennis,
Rugby, Bogenschießen, Dragonboat-racing, Brettspiele, Zauberei und viele viele
weitere. Andererseits gibt es auch eine Vielzahl von Societies welche sich um
bestimmte Wohnheime, Fakultäten oder akademische/berufliche Interessen
kümmern. Zu diesen gehören zum Beispiel das Robotics-team, Entrepreneurship
Union, Mechanical Engineering Union, und so weiter.
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Zu den sportlichen Aktivitäten sollte noch gesagt werden, dass die Mitgliedschaft in
einer Society nicht Voraussetzung ist, um die Sportanlagen nutzen zu dürfen. Zum
Beispiel sind alle Spielfelder, Schwimmbäder, Squashanlagen und Fitnesscenter zu
den meisten Tageszeiten frei nutzbar ohne jegliche Gebühr oder Mitgliedschaft.
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Die Lernmöglichkeiten an der HKUST sind zudem auch hervorragend, da während
der Semesterzeiten die “Learning-Commons” 24/7 geöffnet haben. Sie beinhalten
Computerräume, Gruppenräume für Projekte oder Lerngruppen, sowie einen großen
Lernsaal in dem man eigentlich immer irgendeinen freien Platz findet.
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Der wohl einzige Nachteil an dem Leben am Campus ist, dass man leicht dazu
verführt wird, die ganze Zeit am Campus zu verbringen und nichts von der Stadt
selbst zu erleben. Da der Campus alles bietet was man zum Leben braucht, kann
man hier problemlos Wochen verbringen ohne das Gelände zu verlassen.
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Fussball- und Leichtathletikplatz
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Fitnessstudio
Drachenbootrennen
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Off-Campus
Es gibt Wohnanlagen die von der HKUST verwaltet werden und sehr nahe zum
Campus liegen. Es sind ca. 5 Minuten Fussweg einzuplanen. An sich eine sehr
interessante Alternative, da man die Angebote des Campus sehr gut nutzen kann,
und die Wohnungen dort wesentlich geräumiger sind als die Studentenwohnheime.
Allerdings muss ich sagen, dass sie auch dementsprechend mehr kosten, und ich
nur Studenten dort hab wohnen sehen, die ein Vollzeitstudium an der HKUST
absolviert haben. Ich weis daher nicht genau ob diese auch für Austauschstudenten
zur Verfügung stehen.
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Das Wohnen innerhalb der Hongkong Island sollte man nur in Betracht ziehen wenn
das nötige “Kleingeld” vorhanden ist, da die Preise dort schnell “durch die Decke
schießen”, oder wenn man Verwandte hat, bei denen man wohnen kann. Ich glaube
es ist nicht notwendig zu sagen, dass man hier die beste Gelegenheit hat etwas von
der “Stadt an sich” mitzunehmen. Um das meiste von dem kulturellen Angeboten
hier wahrnehmen zu können, würde ich nur empfehlen einige der “Locals” zu fragen,
welche mit Gewissheit in den Vorlesungen oder dem Arbeitsplatz anzutreffen sind.
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4. Das Studium an der HKUST
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Der Unterschied der Vorlesungen zu deutschen Hochschulen zeichnet sich
wohl am ehesten bei der Benotung ab. Während es in Deutschland häufig am Ende
eine Klausur, oder einen Vortrag zu bestehen gilt, wird hier die Benotung häufig nach
folgendem Schema ablaufen: (von Kurs zu Kurs unterschiedlich)
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5%
Mündliche Mitarbeit
20% Zwischenprüfung
25% Endprüfung
50% Übungen
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Die Vorlesungen sind in manchen Fällen eher als eine Begleitung zum Eigenstudium
zu sehen und bieten weder ein Skript noch Vorlesungsfolien. Dies ist aber in eher
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seltener der Fall. Durch die Übungen und Zwischenprüfungen wird dem Studenten
quasi konstante Leistung abverlangt, wodurch man das Gelernte ständig
wiederholen muss und es sich sehr gut einprägt. Die HKUST bietet auch eine
Vielzahl von Sprachkursen an, welche gerade bei Austauschstudenten sehr beliebt
sind.
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Ein ebenfalls sehr positiver Aspekt ist, dass hier so ziemlich jede Vorlesung von
einem Tutorium begleitet wird, in welchem der Stoff durch erfahrenere Studenten
sehr gut veranschaulicht und erklärt wird.
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Die Kurse die ich belegt habe waren folgende:
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Artificial Intelligence (COMP3211)
Hierbei wurde sehr viel auf die klassischen Lernalgorithmen eingegangen und
wie die Umwelt für einen Agenten abgebildet werden kann. Die Vorlesung war zwar
sehr interessant und der Professor war wirklich kompetent, allerdings hatte er eine
sehr entspannte Stimme und es war daher manchmal etwas ermüdend.
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Fundamentals of Natural Language Processing (COMP4221)
Diese Vorlesung war mein persönlicher Favorit. Es ging hauptsächlich darum,
wie man über statistische Methoden einen Übersetzter für Englisch/Mandarin und
umgekehrt entwickelt. Es muss dazu gesagt werden, dass die Prüfungen in dieser
Veranstaltung mit Abstand die Schwersten waren, allerdings ist der Professor ein
sehr begabter Redner und durchaus in der Lage, die Vorlesung interessant zu
gestalten (also manchmal auch Spiele zur Veranschaulichung).
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Introduction to Data Mining(COMP4331)
Diese Vorlesung hat sich um den Umgang mit “Big Data” gedreht. Also so
ziemlich alles, was mit großen Mengen schlecht (oder gar überhaupt nicht)
strukturierter Daten befasst. Eine ebenfalls sehr interessante Vorlesung mit guten
Assignments. Der Professor war sehr angenehm und hatte viel Humor.
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Computer Communication Networks II(COMP4622)
Diese Vorlesung kann man sich als einen Mittelweg aus Rechnernetze und
Verteile Systeme vorstellen. Es geht schon etwas über die Grundlagen von
Rechnernetzen hinaus, allerdings nicht so sehr “middlewarelastig” wie Verteilte
Systeme. Wer sich für eine tiefergehende Auseinandersetzung mit Infrastruktur und
Kommunikationsmodellen begeistern kann, dem ist diese Vorlesung zu empfehlen.
Die Professorin war ebenfalls sehr gut strukturiert und engagiert.
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5. Kulturelle Unterschiede
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Was einem wohl am schnellstens “ins Auge springt” ist, dass in China sehr viel
gerülpst wird, und dass das eine völlig normale Sache ist. Dies mag für eine wohl
befremdlich wirken, ist hier aber völlig normal.
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Falls man die Gelegenheit bekommt bei “Locals” zu essen, empfiehlt es sich
stets einen Rest auf dem Teller zu hinterlassen. Wenn man das Essen vollständig
aufisst, suggeriert dies, der Gastgeber hätte nicht genug zum Essen angeboten.
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Emotionales Verhalten ist ein absolutes “No-Go”. Aggressiv oder launisch auf
etwas zu reagieren wird als “unhöflich und ungebildet” aufgefasst. Es ist daher
empfohlen stets die Fassung zu waren und bei Unklarheiten lieber noch einmal in
Ruhe zu sagen worum es einem geht.
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6. Weiteres Wissenswertes
In China kann man ziemlich gut Einkaufen, vorausgesetzt der eigene Körper
entspricht den chinesischen Maßstäben. Wer also 2 Meter groß, oder Schuhgröße
45+ hat, sollte besser das Nötigste aus Deutschland mitnehmen.
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Die Kosten für das Semester waren meines Erachtens ähnlich wie in
Deutschland. Ich habe diese grob angenähert in die unten stehende Tabelle
eingetragen.
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Bezeichnung
Kosten (circa) in Euro
Hin- und Rückflug
1000
Studentenwohnheim pro Monat
125
Essen und Trinken pro Monat (ohne Party)
250
Party pro Abend
10 - 20
Transport und Verkehr pro Monat
Studiengebühren
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Ich musste nur die meiner Home-University
bezahlen
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Zu den Kosten muss man noch sagen, dass die Lebensmittelpreise etwas
teurer sind als in Deutschland, da viele Sachen importiert werden müssen. Was
hingegen günstig ist, sind Taxen und Verkehrsmittel.
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Im Großen und Ganzen muss ich sagen, dass dies nur eine minimale Übersicht
ist, und all die Erfahrungen und Eindrücke nicht angemessen widerspiegeln kann.
Wer mit dem Gedanken spielt, solch ein Auslandssemester zu machen, sollte sich
am besten persönlich mit einem ehemaligen Austauschstudenten besprechen, und
sich konkrete Fragen überlegen. Nichts desto trotz hoffe ich, dass ich ein paar
Fragen klären konnte, und wünsche noch viel Erfolg!
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