ein Vergleich Deutsch

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ein Vergleich Deutsch
SPRIKreports
Reports of the project Languages in Contrast (Språk i kontrast)
http://www.hf.uio.no/forskningsprosjekter/sprik
No. 40, May 2008
Zum Thema (Indikativ) Präteritum und
Präteritumperfekt im indirekten Referat –
ein Vergleich Deutsch-Norwegisch
Kåre Solfjeld
Høgskolen i Østfold
Avdeling for samfunnsfag og fremmedspårk
Os allé 5, N-1757 Halden
[email protected]
Kåre Solfjeld
Zum Thema (Indikativ) Präteritum und Präteritumperfekt im indirekten
Referat – ein Vergleich Deutsch-Norwegisch
Einleitung
Gegenstand des vorliegenden Beitrages ist die Verwendung von Indikativ Präteritum
und Indikativ Präteritumperfekt (Plusquamperfekt) im indirekten Referat im Deutschen,
und zwar im Vergleich mit den norwegischen Gegenstücken Präteritum und
Präteritumperfekt (Plusquamperfekt). Die Studie basiert auf Ausschnitten aus 11
authentischen Übersetzungen aus dem Deutschen ins Norwegische und Ausschnitten
aus 16 authentischen Übersetzungen aus dem Deutschen ins Norwegische. Wegen einer
etwas geringeren Frequenz relevanter Strukturen in den untersuchten deutschen
Originaltexten musste eine größere Anzahl deutscher Originaltexte herangezogen
werden. Jedes Teilkorpus umfasst sowohl fiktionale Texte als auch Sachprosatexte,
vornehmlich populärwissenschaftliche Texte, und jeweils ein Jugendbuch.
Wünschenswert war eine relativ starke Streuung in Bezug auf Autor/innen und
Übersetzer/innen, was die geringe Menge von Übersetzungen zwischen Deutsch und
Norwegisch allerdings erschwert hat; s. hierzu z.B. Dahl und Solfjeld (2008). In dem
deutschen Originalkorpus findet sich eine maximale Streuung auf Originalautor/innen,
in dem norwegischen Originalkorpus sind 10 Autor/innen vertreten. In den deutschen
Übersetzungen des norwegischen Originalkorpus sind acht verschiedene
Übersetzer/innen vertreten, in den norwegischen Übersetzungen des deutschen
Originalkorpus vierzehn verschiedene Übersetzer/innen. Das Material umfasst
ausschließlich indirekte Rede, bei der die Originalsprechzeit, das figurale Jetzt (in der
Terminologie von Fabricius-Hansen 2002), der Referatzeit, dem narautoralen Jetzt (in
der Terminologie von Fabricius-Hansen 2002) vorausliegt.
Die Arbeit versteht sich als eine Weiterführung von Solfjeld (2007), in dem
ähnlich gelagerte Fragestellungen, vornehmlich zu den Tempora (Indikativ) Präsens und
Präteritum, aufgegriffen worden sind.
1. Umriss der Systemkontraste
Bekanntlich können Äußerungen anderer Individuen in verschiedener Form
wiedergegeben werden. Im Gegensatz zu Zitaten, die mit gewissen Vorbehalten (Pütz
1989: 186) als wortgetreue Wiedergaben zu verstehen sind, findet im so genannten
indirekten Referat eine Verlagerung auf die Perspektive der/des Referierenden statt,
indem sprechsituationsabhängige Ausdrücke – wie etwa deiktische Ausdrücke für
Sprechaktrollen, Zeit- und Raumdeiktika – zumindest zum Teil in der Origo der/des
Referierenden verankert werden (Fabricius-Hansen 1989: 162-163, Kaufmann 1976).
Nun verfügen verschiedene Sprachen über verschiedene Mittel zur Kennzeichnung von
so genannter Evidentialität, d.h., dass die geäußerte Proposition (der geäußerte ’Inhalt’)
einen anderen Ursprung als der/die aktuelle Sprecher/in hat (vgl. z.B. Palmer 1986: 51-
1
95). Im Deutschen steht z.B. ein voll ausgebautes Konjunktivparadigma zur Markierung
nicht-direkter Referate zur Verfügung, das kein Gegenstück im Skandinavischen oder
Englischen findet. Allerdings kann auch im Verbalsystem dieser germanischen
Sprachen indirekte Wiedergabe – zumindest in präteritalen Kontexten – markiert
werden, vornehmlich durch so genannte ’Tempustransposition’ (backshift): Durch das
präteritale System wird markiert, dass auf eine in Relation zum Zeitpunkt des
Referierens vorzeitige Originalsprechzeit referiert wird: Präteritum drückt dabei
Gleichzeitigkeit mit dem Jetzt des/der Originalsprecher/in aus, Präteritumperfekt und
’ville/kom til å/skulle’ + Infinitiv (Konditionalis II) Vorzeitigkeit bzw. Nachzeitigkeit in
Relation zum Jetzt der/des Originalsprecher/in.
Nun stellt auch im Deutschen der Indikativ eine – vermutlich weitgehend
registerbedingte – Alternative zur Verwendung von Konjunktivformen im indirekten
Referat dar. Der Indikativ im indirekten Referat scheint vorwiegend in ”den
Diskurssorten der nicht-öffentlichen, informellen Kommunikation” aufzutreten
(Zifonun u.a. 1997: 1768-1769); vgl. auch Andersson (1994: 39-40). Die Verwendung
von Indikativformen im indirekten Referat im Deutschen unterliegt jedoch anderen
Regularitäten als denen der skandinavischen Sprachen oder des Englischen. Auch im
Deutschen findet zum Teil Tempustransposition (backshift) statt (Solfjeld 1989,
Fabricius-Hansen 1989:172 und 2001:13). Zugleich besteht beim Indikativ im
indirekten Referat im Deutschen jedoch auch die Option, dass die indikativischen
Tempora im Jetzt des/der Originalsprecher/in verankert werden (Solfjeld 1983, 1989,
Fabricius-Hansen 1989: 172, 2001, 2002, Ek 1996, Zifonun u.a. 1997: 1780), was heißt,
dass das Tempus der direkten Rede gewissermaßen ungeändert (unverschoben) auf die
entsprechende indirekte Rede ’übertragen’ wird. Zu den Kontrasten zwischen Deutsch
und anderen germanischen Sprachen in diesem Bereich s. Fabricius-Hansen (2001:12).
Somit besteht im Deutschen – für den Indikativ im indirekten Referat – eine
größere Vielfalt von Strukturmöglichkeiten als für die Tempora im norwegischen
indirekten Referat. Wie sich diese Systemkontraste im indikativischen Bereich in
Übersetzungen Deutsch-Norwegisch und Norwegisch-Deutsch auswirken, ist in Solfjeld
(1989, 2007) aufgezeigt worden. U. a. ist in Solfjeld (2007) veranschaulicht worden,
dass Indikativ Präsensformen in indirekten Referaten in deutschen Originaltexten im
Übersetzungprozess auf das Präteritum in der norwegischen Zielversion verschoben
werden, und zwar in den Fällen, wo die deutsche Präsensform ’Gegenwart’
ausschließlich in Relation zum Jetzt der Originalsprecher/in ausdrückt – d.h. in
Relation zum figuralen Jetzt. Diese ’Verschiebung’ auf Präteritum erklärt sich dadurch,
dass im norwegischen indirekten Referat Abweichungen von der Tempustransposition
nur dann erlaubt sind, wenn ’Gegenwart’ in Relation zum Jetzt des/der Referierenden,
d.h. ’Gegenwart’ in Relation zum narautoralen Jetzt ausgedrückt wird. Vgl. zum
Tempusgebrauch im indirekten Referat im Norwegischen Faarlund u.a. (1997: 572-577)
und Vinje (2005: 145-146). Die (unterstrichenen) Indikativ Präsenformen in den
deutschen Originalen (1a) und (2a) und ihre norwegischen Gegenstücke (1b) und (2b)
veranschaulichen diesen Kontrast zwischen dem Deutschen und dem Norwegischen:
(1a) Ich [...] befürchtete, dass ’das’ jetzt wieder losgeht. (do15, 84)
(1b) Jag var rasende, og var redd for at ’det’ skulle ta fatt på ny. (nü15, 83)
2
(2a) War niemand bei dir, der dir beigestanden und gesagt hätte, auf was es ankommt? (do15, 87)
(2b) Var det ingen som sto hos deg og sa hva du skulle gjøre? (nü15, 86)
Umgekehrt sind Präteritumformen in indirekter Rede in den norwegischen Originalen
gelegentlich als Indikativ Präsens in den deutschen Zieltexten wiedergegeben worden,
was sich eben durch die Möglichkeit einer figuralen Verankerung deutscher Indikativ
Präsenformen in indirekter Rede – eine im Norwegischen nicht vorhandene
Strukturmöglichkeit – erklären lässt; vgl. das folgende Beispiel (3), in dem ’Gegenwart’
ausschließlich in Relation zum figuralen Jetzt vorliegt:
(3a) Før han døde fortalte han den gamle kvinnen at han hadde tenkt å ta deg med opp dit når du ble
større. (no6, 61)
(3b) Bevor er starb, erzählte der alten Frau, dass er sich vorgenommen hatte, dich dort hinauf
mitzunhemen, wenn du größer bist. (dü6, 49).
Weil das Deutsche in indirekter Rede figurale Verankerung präsentischer Formen und
zugleich Tempustransposition nach dem Muster anderer germanischer Sprachen
erlaubt1, besteht in präteritalen Kontexten zum Ausdruck figuraler Gegenwart die
Option zwischen Indikativ Präsens und Indikativ Präteritum; vgl. Solfjeld (2007). (1a)
und (2a) veranschaulichen deutsche Indikativ Präsensformen bei figuraler Gegenwart
(und narautoraler Vergangenheit). Im nachstehenden Satz (4a) ist – unter den gleichen
temporalen Bedingungen – jedoch Indikativ Präteritum gewählt:
(4a) ... Hildegart erzählte, dass Julia Sanz von der Fortpflanzung nichts wusste. (do7, 72)
In der entsprechenden direkten Rede liegt sowohl bei (1a) als auch bei (4a) Präsens vor:
(1c) Ich [...] befürchtete: ”Jetzt geht es wieder los”.
(4b) ... Hildegart erzählte: ”Julia Sanz weiß nichts von der Fortpflanzung”.
Indikativ Präteritumformen des Deutschen können aber auch figurale Vergangenheit
vermitteln; vgl. hierzu den nachstehenden Satz (5a) mit entsprechender direkter Rede im
Präteritum:
(5a) Es war mir nicht bewußt, dass meine Geburt derart schlimm war ... (do15, 87)
(5b) Es war mir nicht bewußt: ”Meine Geburt war derart schlimm ...”
Bei figuraler Vergangenheit liegt aber – als Ergebnis von ’Tempustransposition’ –
zugleich die Alternative (Indikativ) Präteritumperfekt vor; vgl. hierzu den
1
Während bei Tempustransposition in nicht-direkter Rede des Norwegischen Präteritum auch
unter der temporalen Bedingung ’Gegenwart’/’Zukunft’ in Relation zum narautoralen Jetzt
(dem Jetzt des/der Referierenden) verwendet werden kann, scheint die Verwendung deutscher
Indikativ Präteritumformen jedoch ’Vergangenheit’ in Relation zum narautoralen Jetzt
vorauszusetzen (Solfjeld 1989: 78, Fabricius-Hansen 1989: 176).
3
nachstehenden Satz (6a). Die entsprechende direkte Rede weist Präteritum (oder
Präsensperfekt) auf:
(6a) Er ahnte dunkel, daß er sich auf ein Gebiet gewagt hatte, wo Vorsicht am Platz war. (do7, 10)
(6b) Er ahnte dunkel: ”Ich wagte mich auf ein Gebeit (habe mich auf ein Gebiet gewagt), wo Vorsicht am
Platz ist”.
Im Folgenden geht es um diese ’Konkurrenz’ zwischen Indikativ Präteritum und
Indikativ Präteritumperfekt zur Vermittlung figuraler Vergangenheit in indirekten
Referaten im Deutschen – verglichen mit den norwegischen Gegenstücken Präteritum
und Präteritumperfekt.
2. Parallelen und Kontraste im präteritalen System
Solfjeld (1989: 88) belegt, dass in deutscher indirekter Rede Indikativ Präteritumformen
zur Vermittlung von figuraler Vergangenheit verhältnismäßig häufig vorkommen und
somit offensichtlich keine Einzelfälle oder Ausnahmen darstellen; vgl. das so genannte
Prinzip 1 in Solfjeld (1989). Weil aber in Solfjeld (1989) ausschließlich präteritale
Kontexte untersucht werden, liegt für die als figural verankert klassifizierten
Präteritumformen immer zugleich grundsätzlich die Interpretation einer narautoralen
Verankerung vor; s. die Übersicht in Fabricius-Hansen (1989: 166). Zugleich belegt die
Übersicht in Solfjeld (1989: 88), dass in deutscher indirekter Rede bei figuraler
Vergangenheit auch der Indikativ Präteritumperfekt frequent vorkommt, d.h. es findet
bei den indikativischen Tempora auch relativ häufig eine ’Tempustransposition’ statt.
Auf der Basis der Untersuchungen in Solfjeld (1989) zeichnet sich im Deutschen
somit – bei figuraler Vergangenheit – gewissermaßen eine Konkurrenz zwischen
Indikativ Präteritum und Indikativ Präteritumperfekt. Zifonun u.a. (1997: 1780-1783)
unterstützen die Annahme, dass bei figuraler Vergangenheit im indirekten Referat
Indikativ Präteritum und Indikativ Präteritumperfekt alternieren. Zifonun u.a. (1997)
weisen darauf hin, dass bei der Verwendung indikativischer Tempora in indirekter Rede
normalerweise eine Verlagerung auf ”die referierte Zeit als Bezugszeit” stattfindet
(Zifonun u.a. 1997: 1780). Diese Verlagerung schließt offensichtlich Indikativ
Präteritum mit ein, und demnach wird die Annahme einer figuralen Verankerung für
den Indikativ Prätereritum unterstützt. Zugleich weisen Zifonun u.a (1997: 1781) auf
die Möglichkeit hin, dass in Indirektheitskontexten präteritale Tempora auch ”nichtverlagernd” eingesetzt werden und dass demnach bei figuraler Vergangenheit auch
Präteritumperfekt verwendet werden kann; vgl. Zifonun e.a. (1997: 1781). Zugleich
wird behauptet, dass die Tempustransposition vor allem als Stilmittel in präteritalen
Erzähltexten vorkommt (Zifonun u.a. 1997: 1781).
Solfjeld (1989) geht – in Anlehnung an Vannebo (1978) – davon aus, dass in
norwegischer indirekter Rede Tempustransposition die Regel darstellt, was heißt, dass
bei indirekter Rede im Norwegischen – wenn figurale Vergangenheit ausgedrückt
werden soll – grundsätzlich Präteritumperfekt zur Anwendung kommt. In Solfjeld
(1989: 66) wird dieser Kontrast zwischen Deutsch und Norwegisch durch authentische
Übersetzungsfälle untermauert. Die in den deutschen Originaltexten vorkommenden
(Indikativ) Präteritumformen werden auf Präteritumperfekt in den norwegischen
4
Übersetzungen ’verschoben’; vgl. z. B. (7a) deutsches Original und (7b), norwegische
Übersetzung in dem nachstehenden Solfjeld (1989: 88) entnommenen Satzpaar:
(7a) Und ich dachte mal einen Moment, dass es schön war, als meine Mutter noch auf mich wartete.
Entsprechende direkte Rede: Und ich dachte Mal: ”Es war schön, als meine Mutter noch auf mich
wartete”.
(7b) Og et øyeblikk tenkte jeg hvor fint det hadde vært de gangene mor ennå ventet på meg
Entsprechende direkte Rede: Og et øyeblikk tenkte jeg: ”Det var fint de gangene mor ennå ventet på
meg.”
Hierzu ist jedoch zu bemerken, dass die Ausführungen zum Tempus im nicht-direkten
Referat in Faarlund u.a. (1997: 573-574) gewissermaßen der Auffassung zuwider
laufen, dass Tempustransposition das allein herrschende System im Norwegischen
ausmacht. Es wird z.B. darauf hingewiesen, dass Präteritum im indirekten Referat auch
Präteritum in der direkten Rede (im Zitat) entsprechen kann; vgl. das folgende Faarlund
u.a. (1997: 573) entnommene Beispiel:
(8a) Knut sa at han kom forrige fredag
(8b) Knut sa: ”Jeg kom forrige fredag”
Somit finden sich Anhaltspunkte für die Annahme, dass im indirekten Referat des
Norwegischen ein präteritales System vorliegt, das nicht allzu stark von dem deutschen
abweicht. Zugleich lässt die herangezogene Literatur jedoch vermuten, dass im
Norwegischen die Tempustransposition das vorherrschende System darstellt. Für das
Deutsche tritt hingegen – zumindest auf der Basis der hier herangezogenen Literatur –
keine dermaßen klare Dominanz des einen oder des anderen Systems zu Tage.
3. Fragen an das Material
Vor dem hier skizzierten Hintergrund wird in dem Material überprüft, wie die Tempora
(Indikativ) Präteritum und Präteritumperfekt bei figuraler Vergangenheit im indirekten
Referat eingesetzt werden. Wie oben gezeigt, zeichnen sich im präteritalen
(indikativischen) System – im Gegensatz zum präsentischen (indikativischen) System –
keine eindeutigen Kontraste zwischen den beiden Sprachen ab.
Zu vermuten ist, dass im untersuchten Material in indirekten Referaten des
Deutschen sowohl der Indikativ Präteritum als auch der Indikativ Präteritumperfekt
vorkommen. Ensprechend kann für indirekte Rede im Norwegischen angenommen
werden, dass sowohl das Präteritum als auch das Präteritumperfekt vorkommen.
Obwohl das begrenzte Material keine sicheren Schlüsse erlaubt, wird ein wiederholtes
Auftreten beider Tempora in den Originalkorpora beider Sprachen jedoch die Annahme
unterstützen, dass (Indikativ) Präteritum und (Indikativ) Präteritumperfekt in indirekter
Rede in den beiden Sprachen alternieren. Allerdings ist zu bemerken, dass im
untersuchten Material das figurale Jetzt immer dem narautoralen Jetzt vorausliegt.
Insofern kann (Indikativ) Präteritum (im Prinzip) sowohl als figural als auch als
5
narautoral verankert interpretiert werden. Die Untersuchung bietet somit ein eher grobes
Raster an – und soll demnach nur als ein erster Einstieg in die Thematik betrachtet
werden.
Im nächsten Schritt ist zu überprüfen, in wie fern im Übersetzungsprozess
Deutsch-Norwegisch und Norwegisch-Deutsch ein Wechsel von (Indikativ) Präteritum
auf (Indikativ) Präteritumperfekt – oder vice versa – vorkommt. Weil sich keine klaren
Kontraste zwischen den (indikativischen) Systemen der beiden Sprachen abzeichnen, ist
zu vermuten, dass das Tempus des Originals beim Übersetzen größtenteils beibehalten
bleibt, und zwar in beiden Übersetzungsrichtungen. Alternativ lässt die angenommen
stärkere Tendenz zum Präteritumperfekt im Norwegischen einen gewissen Wechsel von
(Indikativ) Präteritum im Deutschen auf Präteritumperfekt im Norwegischen vermuten.
Im Prinzip denkbar (wenn auch weniger wahrscheinlich) ist ein Umstieg von
Präteritumperfekt im Norwegischen auf (Indikativ) Präteritum im Deutschen.
Indirektes Referat versteht sich in der vorliegenden Studie nicht nur als die
Wiedergabe von Rede in einem engen Sinne, d.h. als Referat versprachlichter
Äußerungen – wie in (4a) oben – , sondern auch als Referat von Gedanken oder
Bewusstseininhalten anderer; vgl. z.B. (6a) oder (7a) oben. Auch umfasst indirektes
Referat nicht nur syntaktisch abhängige Referate. Es wird vielmehr – in Anlehnung an
Fabricius-Hansen (2001, 2002) – von einem skalaren Verständnis des Begriffes
ausgegangen. Dabei stellen Referate, die als Argument unter eine Redeanzeige im
engen Sinne eingebettet sind, prototypische indirekte Referate dar, vgl. nochmals (4a).
Referate, die weniger zugängliche Bewusstseinsinhalte wiedergeben – wie (6a) oder
(7a) – oder die in syntaktisch unabhängiger Form auftreten (’berichtete Rede’), stellen
hingegen weniger prototypische indirekte Referate dar; vgl. etwa den kursivierten Teil
von (9):
(9) Es war Sonntag, und ich ging ins Gasthaus. Der Doktor fehlte. Er war vor einiger Zeit gestorben,
erfuhr ich. Und man erzählte mir auch, wie es dabei zugegangen war. Er hatte die Familienmitglieder um
sich versammelt, und ganz trocken, ... erklärt, was jetzt in seinem Kopf vor sich ging.. (do9, 173)
In den folgenden Übersichten wird zwischen Referaten in syntaktisch abhängiger und
syntaktisch unabhängiger Form und auch zwischen Referaten versprachlichter
Äußerungen und Referaten von weniger zugänglichen Bewusstseininhalten
unterschieden. Obwohl die absoluten Zahlen gering sind, ist interessant zu überprüfen,
in wie weit die beiden aktuellen Tempora (Indikativ) Präteritum oder (Indikativ)
Präteritumperfekt in beiden Sprachen sowohl in prototypischer als auch in weniger
prototypischer indirekter Rede mit einer gewissen Häufigkeit auftreten.
4. Ergebnisse
4.1 Verteilung der Formen im deutschen und norwegischen Originalkorpus
Die Ergebnisse sind in den folgenden Übersichten zusammengefasst. In der Tabelle 1
wird eine Übersicht über die Anzahl der Tempusformen in indirekten Referaten in den
deutschen Originaltexten (DO) und entsprechend in den norwegischen Originaltexten
(NO) gegeben. Dabei entfallen die Vorkommen auf zwei Kategorien: Als abhängig
(abh.) werden die Tempusformen kategorisiert, die in Sätzen auftreten, die syntaktisch
unter eine Redeanzeige im weiten Sinne eingebettet sind, wie alle oben von 1 bis 8
6
zitierten nicht-direkten Referate. Die wenigen indirekten Referate, an die semantisch
entsprechende Phrasen wie die unterstrichene im nachstehenden Satz (10) syntaktisch
angeschlossen sind, werden auch als abhängig klassifiziert:
(10) Fotografiet ble ledsaget av intervjuer, blant annet med de to på bildet, der alle var enige om at
eksplosjonen kom fullstendig uventet og ”som et sjokk”, ifølge frøken Pedersen. (no9, 20)
Tempusformen, die in syntaktisch selbständigen Sätzen, d.h. in ’berichteter Rede’
auftreten, sind als unabhängig kategorisiert (unabh.); vgl. den kursivierten Teil von (9)
oben. Die Tabelle 1 schließt auch weniger prototypische indirekte Rede mit ein, sie
umfasst somit nicht nur Tempusformen in Referaten versprachlichter Äußerungen,
sondern auch Tempusformen in Referaten, die weniger zugängliche
Bewusstseinsinhalte wie etwa Gedanken wiedergeben. Die Tempora sind in drei
Kategorien gegliedert: Präteritum bzw. Präteritumperfekt mit der für das Deutsche
relevanten Präzisierung Indikativ. Im deutschen Teilkorpus sind zugleich unter der
Kategorie Konjunktiv die Vorkommen der ’Vergangenheitstempora’ des
Konjunktivparadigmas (Konjunktiv) Perfekt und (Konjunktiv) Präteritumperfekt
angegeben. Modusambivalente Formen des Deutschen, z.B. Präteritumformen
schwacher Verben, werden als Indikativ klassifiziert.
Tabelle 1, insgesamt; Anzahl von Tempusformen in indirekten Referaten im weiten
Sinne.
abh.
DO
unabh.
abh.
NO
unabh.
Präteritum (Indikativ)
16 (13.7%)
12 (13.3%)
15 (10.7%)
14 (18.7%)
Präteritumperfekt
(Indikativ)
41 (35.0%)
35 (38.9%)
125(89.5%)
61 (81.3%)
Konjunktiv
60 (51.3%)
43 (47.8%)
Insgesamt
117(100%)
90 (100%)
140 (100%)
75 (100%)
7
In der Tabelle 2 entfallen die Tempusformen auf die gleichen Kategorien wie in der
Tabelle 1, nur sind die weniger prototypischen Referate ausgeklammert. Die
verzeichneten
abhängigen
Tempusformen
umfassen
somit
ausschließlich
Tempusformen, die syntaktisch unter ein Verbum dicendi eingebettet oder syntaktisch
mit einer entsprechenden Phrase verbunden sind. Für die unabhängigen Tempusformen
lässt sich aus dem Kontext indirekter ableiten, dass die Referate, in die die
Tempusformen eingehen, als Wiedergabe versprachlichter Äußerungen zu verstehen
sind. Die Zahlen in der Tabelle 2 machen somit eine Teilmenge der Zahlen in Tabelle 1
aus.
Tabelle 2, indirekte Referate im engen Sinne; Anzahl Tempusformen in indirekten
Referaten versprachlichter Äußerungen.
abh.
DO
unabh.
abh.
NO
unabh.
Präteritum
(Indikativ)
14 (18.9%)
9 (13.8%)
7 (15.9%)
12 (34.3%)
Präteritumperfekt
(Indikativ)
16 (21.6%)
18 (27.7%)
37 (84.1%)
23 (65.7%)
Konjunktiv
44 (59.5%)
38 (58.5%)
Insgesamt
74 (100%)
65 (100%)
44 (100%)
35 (100%)
4.2 Kommentare zu den Formen im deutschen und norwegischen Originalkorpus
Ausgehend von den Tabellen 1 und 2 ist festzustellen, dass in indikativischer indirekter
Rede beide einleitend skizzierten systematischen Möglichkeiten im deutschen
Originalkorpus tatsächlich vorkommen, d.h. sowohl Indikativ Präteritum als auch
Indikativ Präteritumperfekt. Zum Ausdruck figuraler Vergangenheit kann offensichtlich
’Tempustransposition’ – und demnach Präteritumperfekt – eingesetzt werden, zugleich
wird jedoch der Indikativ Präteritum wiederholt gewählt. Auch Indikativ Präteritum tritt
bei mehreren Autoren auf. Die Tabellen zeigen zudem, dass sowohl in weniger
8
prototypischen Referaten als auch in Referaten im engeren Sinne beide systematischen
Möglichkeiten im Deutschen vorkommen.
Die folgenden Textausschnitte (11a), (12a) und (13a) wie auch (5) oben
veranschaulichen Indikativ Präteritum bei figuraler Vergangenheit im indirekten Referat
im Deutschen. In (11b), (12b) und (13b) finden sich Paraphrasierungen als direkte Rede
(Zitat), auch im Präteritum (oder eventuell Präsensperfekt):
(11a) Brandt verwies auf das Negativkonto von Partei und Regierung: dass man den Weg des geringsten
Widerstandes wählte, dass die Apanage des Königs nicht angetastet wurde, dass der Staat notleidenden
Gemeinden die Pfarrerlöhne zahlen wollte und dass Mieterschutzbestimmungen aufgehoben wurden (do1,
139)
(11b) Brandt verwies auf das Negativkonto von Partei und Regierung: ”Man wählte (hat) den Weg des
geringsten Widerstandes (gewählt). Man tastete (hat) die Apanage des Königs nicht an (angetastet), Der
Staat wollte (hat) notleidenden Gemeinden die Pfarrerlöhne zahlen (wollen) und die
Mieterschutzbestimmungen wurden aufgehoben (sind aufgehoben worden).
(12a) Aber prinzipiell vertrat er die Auffassung, dass eine Regierungsübernahme durch die DNA ein
richtiger Schritt war. (do1, 140)
(12b) Aber prinzipiell vertrat er die Auffassung: ”Eine Regierungsübernahme durch die DNA war ein
richtiger Schritt”.
(13a) Sie hatte zwar ihrer Analytikerin schon früher erzählt, dass der Vater in ihrem fünften Lebensjahr
unerwartet aus der Gefangenschaft heimkehrte ... dass das Glück aber nur zwei Jahre dauerte. (do13, 98)
(13b) Sie hatte zwar ihrer Analytikerin schon früher erzählt: ”Mein Vater kehrte (ist) in meinem funften
Lebensjahr unerwartet aus der Gefangenschaft heim (heimgekehrt) ... das Glück dauerte (hat) aber nur
zwei Jahre (gedauert)”. (do13, 98)
Die folgenden Textausschnitte (13a) und (14a) veranschaulichen
(Indikativ)
Präteritumperfekt bei figuraler Vergangenheit im indirekten Referat. (13b) und (14b)
liefern entsprechende Paraphrasierungen als direkte Rede/Zitat im Präteritum bzw.
(Präsens-)Perfekt:
(13a) Es war Sonntag, und ich ging ins Gasthaus. Der Doktor fehlte. Er war vor einiger Zeit gestorben,
erfuhr ich. Und man erzählte mir auch, wie es dabei zugegangen war. Er hatte die Familienmitglieder um
sich versammelt, und ganz trocken, ... erklärt, was jetzt in seinem Kopf vor aich ging. (do9, 173)
(13b) Es war Sonntag, und ich ging ins Gasthaus. Der Doktor fehlte. Ich erfuhrt: ”Er starb (ist) vor einiger
Zeit (gestorben). Und man erzählte mir auch: ”Dabei ging (ist) es so zu(gegangen): Er versammelte (hat)
die Familienmitglieder um sich (versammelt), und erklärte (hat) ganz trocken, ... (erklärt), was jetzt in
seinem Kopf vor aich ging”.
(14a) Gulliver kannte er, Robinson und Spavens´ Biographie, neuerdings auch Roderick Random ... Der
unfähige Shiffsarzt Mackshane, wahrscheinlich ein heimlicher Katholik, hatte schon die Aderpresse
angesetzt, da war ihm Roderick in den Arm gefallen. Mit giftigem Blick hatte der Pfuscher das Feld
9
geräumt, sechs Wochen später war Jack Rattlin auf zwei gesunden Beinen wieder zum Dienst erschienen..
(do14, 41)
(14b) Gulliver kannte er, Robinson und Spavens´ Biographie, neuerdings auch Roderick Random: ... ”Der
unfähige Shiffsarzt Mackshane, wahrscheinlich ein heimlicher Katholik, setzte (hat) schon die Aderpresse
(angesetzt), da fiel (ist) ihm Roderick in den Arm (gefallen). Mit giftigem Blick räumte (hat) der Pfuscher
das Feld (geräumt), sechs Wochen später erschien (ist) Jack Rattlin auf zwei gesunden Beinen wieder
zum Dienst (erschienen).
Bemerkenswert ist, dass bei Referaten, die syntaktisch unter ein Verbum dicendi
eingebettet sind, im deutschen Originalkorpus fast gleich viele Indikativ
Präteritumformen wie Indikativ Präteritumperfektformen vorkommen; vgl. Tabelle 2. In
syntaktisch unabhängigen Sätzen liegt auch der relative Anteil von Indikativ
Präteritumformen höher bei versprachlichten Äußerungen als bei Referaten, die
Äußerungen in einem etwas weiteren Sinne umfassen. Bei der Wiedergabe
versprachlichter Äußerungen scheint sich somit die Möglichkeit des Indikativ
Präteritum stärker anzubieten als bei Referaten von weniger zugänglichen
Bewusstseinsinhalten. Somit weist die Tabelle 2 in die Richtung, dass der Indikativ
Präteritum im Deutschen vor allem dann eine Alternative darstellt, wenn das Referat die
syntaktische Anknüpfung an ein Verbum dicendi oder Entsprechendes – und somit
zugleich an das Jetzt eines/einer Referierten – aufweist.
Das Fehlen des Konjunktivs im Norwegischen erschwert einen direkten
Vergleich mit der Tempuswahl in dem norwegischen Originalkorpus. Es lässt sich
jedoch feststellen, dass auch im norwegischen Originalkorpus bei figuraler
Vergangenheit
beide
systematischen
Möglichkeiten
Tempustransposition
(Präteritumperfekt) und Präteritum vorkommen, wobei aber die Tempustransposition,
d.h. das Präteritumperfekt, prozentual stark überwiegt. Insofern zeichnet sich im
norwegischen Originalkorpus ein gewissermaßen einheitlicheres Bild ab als im
Indikativbereich des deutschen Originalkorpus. Besonders bei den abhängigen
indirekten Referaten im norwegischen Originalkorpus liegt der prozentuale Anteil von
Präteritumperfektformen hoch. Syntaktische Anknüpfung an eine Redeanzeige – sei es
ein Verbum dicendi oder expliziter Verweis auf Gedanken o. Ä. – scheint folglich nicht
mit einer stärkeren Tendenz zur Wahl von Präteritum einherzugehen, sondern eher im
Gegenteil: Syntaktische Anknüpfung an eine Redeanzeige – und somit zugleich an das
Jetzt eines/einer Referierten – scheint im norwegischen Teilkorpus eher
Tempustransposition und somit die Wahl von Präteritumperfekt nahe zu legen. Der
prozentual etwas höher liegende Wert für Präteritum in nicht abhängigen indirekten
Referaten mag allerdings damit zusammen hängen, dass die Grenze zwischen Referat
und Verfassertext in selbständigen Sätzen im Norwegischen (und entsprechend beim
Indikativ im Deutschen) sich oft nur sehr schwer ziehen lässt (zu dieser Thematik s.
z.B. Fabricius-Hansen 2007: 68-70). Es kann vermutet werden, dass eine gewisse
Offenheit in Bezug auf den Status als Referat in präteritalen Kontexten die Wahl von
Präteritum fördern wird – zur Vermittlung narautoraler Vergangenheit.
Der nachstehende Textausschnitt (15a) weist den typischen Fall auf –
Präteritumperfektformen als Folge von Tempustransposition. Die Paraphrasierung als
direkte Rede in (15b) zeigt, dass die Präteritumperfektformen Präteritum in direkter
Rede entsprechen:
10
(15a) Av teksten framgikk det at folk i nabolaget hadde hørt en krafig eksplosjon i 14.25-tiden.
(15b) Av teksten framgikk: ”Folk i nabolaget hørte en krafig eksplosjon i 14.25-tiden”.
In (16a) und (17a) finden sich Präteritumformen in der indirekten Rede, die auch, wie in
(16b) bzw. (17b) veranschaulicht, Präteritum in direkter Rede entsprechen:
(16a) Fotografiet ble ledsaget av intervjuer, blant annet med de to på bildet, der alle var enige om at
eksplosjonen kom fullstendig uventet og ”som et sjokk”, ifølge frøken Pedersen. (no9, 20)
(16b) Alle var enige om: ”Eksplosjonen kom uventet”. Frøken Pedersen sa: ”Den kom som et sjokk”.
(17a) Han kunne derfor tidfeste det hele nesten på dagen da Henry lå og kavet i bølgene og trodde han
skulle dø, og det eneste Reber husket var at båten dro til høyre (no8, 46)
(17b) Reber husket: ”Båten dro til høyre”.
4.3 Die Formen in den Originalen und in den Übersetzungen im Vergleich
Ausgehend von der Tabelle 2, d.h. von Tempusformen in Referaten von Äußerungen im
engeren Sinne, d.h. in indirekten Referaten versprachlichter Äußerungen, sind in den
Tabellen 3 und 4 die in den Originaltexten gewählten Tempusformen mit denen der
entsprechenden Zieltexte verglichen. In der Tabelle 3 wird gezeigt, wie sich die auf die
drei Gruppen entfallenden Tempusformen der deutschen Originaltexte (DO) auf die
beiden Kategorien Präteritum und Präteritumperfekt in den norwegischen
Übersetzungen (NÜ) verteilen. In den beiden linken Spalten werden die Tempusformen
in syntaktisch abhängigen indirekten Referaten angegeben, in den beiden rechten
Spalten die Tempusformen in syntaktisch unabhängigen indirekten Referaten. Die
Kategorie Konjunktiv umfasst Konjunktiv Präsensperfekt und Präteritumperfekt.
11
Tabelle 3: Deutsche Originale mit Verba dicendi oder Entsprechendem
abh.
NÜ
DO
DO
Prät. 12
Ind. Prät
unabh.
NÜ
Prät. 9
Ind. Prät 9
14
Prät.perf 2
Prät.perf
Prät. 0
Prät. 0
0
Ind Prät.perf 18
Ind Prät.perf 16
Prät.perf 18
Prät.perf 16
Prät. 2
Konj. 44
Prät. 9
Konj. 38
Prät.perf 42
Prät.perf 29
Entsprechend wird in der Tabelle 4 gezeigt, wie die in den norwegischen Originaltexten
gewählten Tempora (NO) sich auf die drei Kategorien Indikativ Präteritum, Indikativ
Präteritumperfekt und Konjunktiv in den deutschen Übersetzungen (DÜ) verteilen. In
den beiden linken Spalten sind die Anzahl Verbformen in abhängigen Referaten
verzeichnet, in den beiden rechten Spalten die entsprechenden Werte in unabhängigen
Referaten. Wie in Tabelle 3 umfasst die Kategorie Konjunktiv sowohl Konjunktiv
Präsensperfekt als auch Konjunktiv Präteritumperfekt.
12
Tabelle 4: Norwegische Originale mit Verba dicendi oder Entsprechendem:
abh.
DÜ
Ind. Prät.
NO
Prät
7
Prät.perf.
NO
4
Ind. Prät.perf. 2
37
unabh.
DÜ
Ind. Prät.
Prät
12
11
Ind. Prät.perf. 0
Konjunktiv
1
Konjunktiv
1
Ind. Prät.
2
Ind. Prät.
6
Ind. Prät.perf. 17
Konjunktiv
18
Prät.perf.
23
Ind.Prät.pf.
14
Konjunktiv
3
4.4. Kommentare zu den Formen in Originalen und entsprechenden
Übersetzungen
Ausgehend von der Tabelle 3 ist festzustellen, dass beim Übersetzen deutscher
Indikativformen ins Norwegische das Tempus des Originals fast ausnahmslos
beibehalten bleibt: (Indikativ) Präteritumperfekt bleibt Präteritumperfekt und (Indikativ)
Präteritum bleibt Präteritum. Bei der Übersetzung deutscher Konjunktivformen
überwiegt das Präteritumperfekt in den norwegischen Zielversionen. Besonders bei den
selbständigen Sätzen ist jedoch ein verhältnismäßig hoher Anteil von Präteritumformen
zu verzeichnen, obwohl Präteritumperfekt auch bei dieser Kategorie überwiegt. Die
nachstehenden Sätze veranschaulichen die Haupttendenzen in dem hier untersuchten
Material. In (18) und (19) sind die Indikativ Präteritumperfektformen des deutschen
Originals in den norwegischen Zielversionen als Präteritumperfekt beibehalten (18b und
19b), in (20) sind die Indikativ Präteritumformen des deutschen Originals als Präteritum
in der norwegischen Zielverion beibehalten:
(18a) Es war Sonntag, und ich ging ins Gasthaus. Der Doktor fehlte. Er war vor einiger Zeit gestorben,
erfuhr ich. Und man erzählte mir auch, wie es dabei zugegangen war. Er hatte die Familienmitglieder um
sich versammelt, und ganz trocken, ... erklärt, was jetzt in seinem Kopf vor sich ging. (do9, 173)
(18b) Det var søndag, og jeg gikk til vertshuset, Men legen var ikke der. Jeg fik vite at han var død for en
tid tilbake. Og jeg fikk også vite hvordan det hadde skjedd: Han hadde samlet familiemedlemmene rundt
sykesengen og rolig og nøkternt ... fortalt hva som etter hvert skjedde med hans kropp. (nü9, 144)
13
(19a) Er sprach aus, was vor und nach ihm kaum jemand auszusprechen wagte, nämlich, dass es im
Grunde nur eine einzige Krankheit gab, einen Inbegriff aller Krankheiten, ... bei diesem erschien sie als
Zahnfäule, bei jenem als Milzbrand; doch wie viele Tarnungen sie sich auch einfallen ließ, er, Jan,
Rogalla, mein Vater, hatte sie durchschaut, dingfest gemacht und ihre Identität soweit gelüftet, dass unter
allen Erscheinungen immer wieder die eine unf maßgebende festgestellt werden konnte, die
Überkrankheit. (do11, 27)
(19b) Han erklærte at det i grunnen bare eksisterte en eneste sykdom – en påstand neppe noen annen har
dristet seg til å forfekte hverken før eller siden. Et innbegrep av alle sykdommer, ... som la an på å sette
segi respekt ved å opptre i mange forkjellige forkledninger ... hos den ene som tannråte, hos den andre
som miltbrann. Men unasett hvordan den fant det for godt å kamuflere seg hadde han, Jan Rogalla,
gjennomskuet den og revet masken av den, og om og om igjen kunnet fastslå at det som skjulte seg bak
den alltid var denne ene og enerådende ur-sykdommen. (nü11, 22)
(20a) Brandt verwies auf das Negativkonto von Partei und Regierung: dass man den Weg des geringsten
Widerstandes wählte, dass die Apanage des Königs nicht angetastet wurde, dass der Staat notleidenden
Gemeinden die Pfarrerlöhne zahlen wollte und dass Mieterschutzbestimmungen aufgehoben wurden.
(do1, 139)
(20c) På partiets negative konto anførte han: DNA hadde valgt minste motstands vei; apanasjen til
kongen ble ikke forandret, staten skulle betale prestløningene for fattige kommuner, og bestemmelser om
husleiekontroll ble opphevet. (nü1, 102)
(21a) Oder sie fragte bohrend, was denn die zwei Hunde machten, die sie gestern in einer ungewöhnlichen
Stellung beobachtet hatte. (do7, 21)
(21b) Eller hun spurte inntrengende hva de to hundene hun hadde sett dagen i forveien i en så uvanlig
stilling egentlig drev med. (nü7, 20)
(22a) Jahrzehnte später erklärte Aurora Rodriguez dem Journalisten Eduardo de Guzman, der sie im
Gefängnis aufsuchte, dass sie in dieser Zeit die volle Tragweite der Fortpflanzung abzuschätzen begann.
(do7, 45)
(22b) Flere tiår senere forttalte Aurora Rodriguez journalisten Eduardo de Guzman, som oppsøkte henne i
fengselet, at det var på denne tiden den fulle rekkevidden av forplantningens avskaffelse virkelig begynte
å gå opp for henne. (nü7, 41)
Aus der Tabelle 4 geht hervor, dass viele norwegische Formen – und vorwiegend
norwegische Präteritumperfektformen – als Konjunktiv in den deutschen Zieltexten
wiedergegeben werden. Bei den norwegischen Tempusformen, die in den deutschen
Zielfassungen als Indikativformen übersetzt werden, spiegeln die Tempora der
deutschen Zielversionen jedoch größtenteils die Tempora der norwegischen
Originalfassungen wider. Insofern zeichnet sich in der Übersetzungsrichtung
Norwegisch-Deutsch ein Bild ab, das mit der Übersetzungsrichtung DeutschNorwegisch gut übereinstimmt: Präteritum bleibt (Indikativ) Präteritum, und
Präteritumperfekt bleibt weitgehend (Indikativ) Präteritumperfekt. Die nachstehenden
Satzpaare (23), (24) und (25) veranschaulichen, wie Präteritumperfekt im norwegischen
Original als (Indikativ) Präteritumperfekt in den jeweiligen deutschen Zielfassungen
beibehalten bleiben.
14
(23a) Før han døde fortalte han den gamle kvinnen at han hadde tenkt å ta deg med opp dit ... (no6, 61)
(23b) Bevor er starb erzählte er der alten Frau, dass er sich vorgenommen hatte, dich dort hinauf
mitzunehmen... (dü6, 49)
(24a) En tysk offiser tilstod at han av og til hadde fungert som bindeledd mellom en angiver og Gestapo.
Personen hadde haltet, men han hadde hatt en stømpe trukket ned over hodet. (no9, 32)
(24b) Ein deutscher Offizier gestand, dass er ab und zu als Verbindungsmann zwischen einem
Denunzianten und der Gestapo fungiert hatte. Die Person hatte gehinkt, hatte aber einen Strumpf über
das Gesicht gezogen. (dü9, 32)
(25a) Farmor hadde fortalt at hekken hadde gjort det litt vanskeligere for revene å komme på hønsejakt
under krigen da det gikk høner fritt omkring i hagen. (no3, 15)
(25b) Großmutter hatte erzählt, dass die Hecke im Krieg, als die Hühner frei im Garten herumliefen, den
Füchsen die Hühnerjagd etwas schwerer gemacht hatte. (dü3, 13)
Entsprechend veranschaulichen die Satzpaare (26), (27) und (28), wie Präteritumformen
in norwegischen Originalen als (Indikativ) Präteritumformen in den deutschen
Zielfassungen beibehalten bleiben:
(26a) Av teksten framgikk det at folk i nabolaget hadde hørt en krafig eksplosjon i 14.25-tiden. Like etter
oppdaget man at fabrikkbygningen sto i brann, og da brannvesenet ankom klokka 14.35, var hele
bygningen overtent. Det gikk verst utover produksjonhallen, og alle femten som ble drept i ulykken,
arbeidet der. Minst skadet var produksjonsfløyen. Det ble utført et omfattende redningsarbeid for å få ut
eventuelle overlevende. (no9, 19)
(26b) Aus dem Text ging hervor, dass Leute aus der Nachbarschaft ungefähr um 14.25 Uhr eine kräftige
Explosion gehört hatten. Gleich darauf entdeckte man, dass das Fabrikgebäude in Flammen stand, und
als die Feuerwehr um 14.35 Uhr ankam, brannte der gesamte Komplex. Am schlimmsten betroffen war
die Produktionshalle, alle fünfzehn, die bei dem Unglück getötet wurden, arbeiteten dort. Am wenigsten
beschädigt war der Verwaltungstrakt. Es wurden umfassende Rettungsarbeiten durchgeführt, um
eventuelle Überlebende herauszuholen, ... (dü9, 18)
(27a) Fotografiet ble ledsaget av intervjuer, blant annet med de to på bildet, der alle var enige om at
eksplosjonen kom fullstendig uventet og ”som et sjokk”, ifølge frøken Pedersen. (no9, 20)
(27b) Das Foto begleitete Interviews, unter anderem mit den beiden Frauen auf dem Bild, in denen sich
alle darin einig waren, dass die Explosion vollkommen unerwartet, und so Fräulein Pedersen, ”wie ein
Schock” kam. (dü9, 18)
(28a) Pløset, rødfiolett og skjelvende bak hvite barter fortalte han om da han som ung underoffiser ble
sendt inn i Delhi, for å iverksette påkrevede opprenskninger og hevnaksjoner. Han fortalte om hendelser
ingen kan forstå, om menneskelige handlinger og muligheter hinsides hva vi vanligvis tiltor hverandre. At
galgene sto talløse langs byens gater, og at kvinner og barn ble bundet fast foran kanonmunningene, før
det ble gitt ordre om å gi ild. (no5, 104)
15
(28b) Aufgedunsen, rotviolett und hinter seinen weißen Schnurrbarten zitternd, erzählt er, wie man ihn als
jungen Unteroffizier nach Delhi geschickt hatte, damit er an den Säuberungen und Vergeltungsaktionen
teilnahm. Er erzählte von unbegreiflichen Ereignissen, von maßlosen menschichen Handlungen. In den
Straßen der Stadt standen zahllose Galgen, und Frauen und Kinder hat man vor die Kanonenmündungen
gebunden, bevor man das Komando zum Feuern gab. (dü5, 117-118)
Obwohl norwegische Präteritumformen im indirekten Referat vereinzelt als (Indikativ)
Präteritumperfekt im Deutschen wiedergegeben werden, gehen die meisten
Abweichungen von der allgemeinen Tendenz, das Tempus des Originals beizubehalten,
in der umgekehrten Richtung: Norwegisches Präteritumperfekt wird im Deutschen als
(Indikativ) Präteritum wiedergegeben. Obwohl die geringen absoluten Zahlen keine
Verallgemeinerungen erlauben, ist immerhin eine gewisse Verschiebung in der
Richtung zu verzeichnen, die durch die beiden Originalkorpora nahe gelegt wird: Der
relative Anteil von (Indikativ) Präteritumformen gegenüber Präteritumperfekt liegt im
Deutschen höher als der relative Anteil von Präteritumformen gegenüber
Präteritumperfekt im Norwegischen.
5. Zusammenfassung und Ausblick
Die untersuchten Texte belegen, dass in indirekter Rede beider Sprachen – bei figuraler
Vergangenheit – sowohl (Indikativ) Präteritum als auch (Indikativ) Präteritumperfekt
vorkommen, und zwar in prototypischer wie auch in weniger prototypischer indirekter
Rede. Die Befunde der vorliegenden Untersuchung stimmen demnach mit den
einleitend beschriebenen systematischen Möglichkeiten für die beiden Sprachen gut
überein. Bei figuraler Vergangenheit überwiegt in norwegischer indirekter Rede die
Tempustransposition, d.h. das Präteritumperfekt. Zugleich kommt aber auch das
Präteritum wiederholt vor (vgl. Faarlund u.a. 1997: 572-578). Im Deutschen zeichnet
sich im indikativischen Bereich ein gewissermaßen uneinheitlicheres Bild ab, wobei der
Indikativ Präteritum eine etwas frequentere Alternative zur Tempustransposition
(Präteritumperfekt) darstellt. Dies unterstützt die Befunde in Solfjeld (1989) – und auch
die Annahme einer häufig vorkommenden temporalen Verlagerung bei
Indikativtempora in indirekter Rede im Deutschen (Zifonun u.a. 1997: 1780). Es ist
jedoch vor Augen zu halten, dass zum einen das Material sehr begrenzt ist und dass zum
anderen die Grenzen zum Verfassertext manchmal schwer zu ziehen waren, nicht
zuletzt bei unabhängiger indirekter Rede.
Die überwiegende Tendenz zur ’Stabilität’ bei der Übersetzung, in dem Sinne,
dass bei figuraler Vergangenheit in indirekter Rede (Indikativ) Präteritum bzw.
(Indikativ) Präteritumperfekt in beiden Übersetzungsrichttungen beibehalten bleibt,
erscheint plausibel – angesichts der Alternierung zwischen (Indikativ) Präteritum und
(Indikativ) Präteritum in den beiden Originalkorpora. Auszuschließen ist allerdings
nicht, dass es sich bei der Übertragung des Tempus des Originals auf die Übersetzung
auch zum Teil um so genannte Shining-Through-Effekte handeln könnte (Teich 2003).
Wegen der in beiden Sprachen vorhandenen Möglichkeiten scheint jedoch in diesem
Bereich potentielle Interferenz aus dem Original von geringer Bedeutung zu sein.
16
Die Annahme eines besonder häufigen Gebrauchs von Tempustransposition zur
Kennzeichnung von indirekter Referat in selbständigen Sätzen (berichteter Rede) im
Norwegischen (Pütz 1989: 220, Faarlund u.a. 1997: 573-574) findet in dem hier
untersuchten Material keine unmittelbare Unterstützung, was allerdings mit dem nicht
sehr umfassenden Material zusammenhängen mag. Interessanterweise scheint sich
jedoch ein Muster zu wiederholen, bei dem Tempustransposition (Präteritumperfekt) im
ersten selbständigen Satz eingesetzt wird. In den darauf folgenden Sätzen wird aber auf
Präteritum (bzw. Konditionalis 1) gewechselt. Obwohl Präteritumperfekt zur
Kennzeichnung von Referat eingeführt wird, heißt dies offensichtlich nicht, dass
Präteritumperfektformen unbedingt in langen Textsequenzen auftreten. Eine einleitende
Präteritumperfektform als Referatindikator scheint gewissermaßen auszureichen; vgl.
die norwegische Übersetzung des Textausschnitts (20):
(20a’) Brandt verwies auf das Negativkonto von Partei und Regierung: dass man den Weg des geringsten
Widerstandes wählte, dass die Apanage des Königs nicht angetastet wurde, dass der Staat notleidenden
Gemeinden die Pfarrerlöhne zahlen wollte und dass Mieterschutzbestimmungen aufgehoben wurden (do1,
139)
(20b’) På partients negative konto anførte han: DNA hadde valgt minste motstands vei; apanasjen til
kongen ble ikke forandret, staten skulle betale prestelønningene for fattgige kommuner, og bestemmelser
for husleiekontroll ble opphevet. (nü1, 102)
Vgl. auch, wie in dem norwegischen Original in (26) das gleiche Muster befolgt wird.
Die Tempora sind in der deutschen Übersetzung kopiert:
(26a’) Av teksten framgikk det at folk i nabolaget hadde hørt en krafig eksplosjon i 14.25-tiden. Like etter
oppdaget man at fabrikkbygningen sto i brann, og da brannvesenet ankom klokka 14.35, var hele
bygningen overtent. Det gikk verst utover produksjonhallen, og alle femten som ble drept i ulykken,
arbeidet der. Minst skadet var produksjonsfløyen. Det ble utført et omfattende redningsarbeid for å få ut
eventuelle overlevende (no9, 19)
(26b’) Aus dem Text ging hervor, dass Leute aus der Nachbarschaft ungefähr um 14.25 Uhr eine kräftige
Explosion gehört hatten. Gleich darauf entdeckte man, dass das Fabrikgebäude in Flammen stand, und als
die Feuerwehr um 14.35 Uhr ankam, brannte der gesamte Komplex. Am schlimmsten betroffen war die
Produktionshalle, alle fünfzehn, die bei dem Unglück getötet wurden, arbeiteten dort. Am wenigsten
beschädigt war der Verwaltungstrakt. Es wurden umfassende Rettungsarbeiten durchgeführt, um
eventuelle Überelbende herauszuholen, ... (dü9, 18)
Wiederholte Präteritumperfektformen als Referatindikatoren sind im Norwegischen
möglicherweise etwas problematisch. Das Material deutet darauf hin, dass
Präteritumperfekt gewissermaßen als Einstieg in die indirekte Rede im Norwegischen
funktioniert, d.h. dass die Auffassung, dass Präteritumperfekt in berichteter Rede als
Referatindikator eingesetzt wird, an sich zutrifft, dass aber längere Satzsequenzen mit
wiederholten Präteritumperfektformen weniger geläufig sind. Das Material belegt denn
auch, dass bei verhältnismäßig langen Sequenzen von deutscher konjunktivischer
17
berichteter Rede zunächst Präteritumperferfekt verwendet wird, nach einigen Sätzen
aber auf Präteritum in der norwegischen Zielfassung umgestiegen wird:
(29a) Die Mutter habe mich am Morgen um 7 Uhr bereits das erste Mal im Arm gehalten, aber leider
nicht stillen können, weil ich einen heftigen Schluckauf gehabt habe. Nach Medikamentengabe sei ich mit
der Zeit ruhiger geworden, und sie habe mich stillen können. Das sei leider nur eine Woche lang möglich
gewesen, da sie anschließend an einer Brustentzündung erlitten habe. (do10, 86)
(29b) Mor hadde hatt meg på armen allerede klokken syv om morgenen for å gi meg mitt første måltid,
men hadde ikke klart å få i meg noe, fordi jeg hadde hatt så voldsom hikke. Etter å ha fått noen medisiner
ble jeg visst roligere etter hvert, så hun fikk i meg mat. Det varte dessverre bare en uke, fordi hun fikk
brysbetennelse. (nü10, 85)
Abschließend ist nochmals zu bemerken, dass die Annahme einer figuralen temporalen
Verankerung für Präteritumformen, die Vergangenheit in Relation zum figuralen Jetzt
aufweisen, natürlich eine Vereinfachung ist. Im Prinzip besteht für diese Formen auch
die Möglichkeit einer narautoralen Verankerung, was in der weiteren Forschung zu
berücksichigen wäre.
Zusammenfassend ist festzuhalten, dass die vorliegende Studie gezeigt hat, dass
bei figuraler Vergangenheit eine relativ starke Parallelität zwischen dem indikativischen
System in indirekter Rede im Deutschen und dem Tempusgebrauch in indirekter Rede
des Norwegischen vorliegt, indem in beiden Sprachen (Indikativ) Präteritum und
Präteritumperfekt weitgehend austauschbar zu sein scheinen. Bei figuraler Gegenwart
divergieren hingegen – wie einleitend gezeigt – die systematischen Möglichkeiten in
den beiden Sprachen, indem der Verwendung von (Indikativ) Präsens und Präteritum
unterschiedliche Restriktionen unterliegen. In indirekter Rede erlauben die deutschen
präsentischen Tempora eine figurale Verankerung, die bei den entsprechenden
norwegischen präsentischen Tempora nur sehr vereinzelt vorkommt. Aus der
vorliegenden Studie – und auch aus den einleitend vorgestellten Arbeiten zu verwandten
Themen – lässt sich der Schluss ziehen, dass bei indirekter Rede vorwiegend im
präsentischen (indikativischen) Tempussystem und nicht so sehr im präteritalen
(indikativischen) Tempussystem Kontraste zwischen dem Deutschen und dem
Norwegischen vorliegen.
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von Jörg Scherzer 2000: Choral am Ende der Reise. Köln: Kiepenheuer und Witsch, 40-186 (dü5).
Holmås, Stig 1985: Tordensønnen, Oslo: Gyldendal, 9-85 (no6). Deutsche Übersetzung von Lothar
Schneider 1988: Donnersohn. Stuttgart/Wien: K. Thienemanns Verlag, 7-70 (dü6).
Langslet, Lars Roar 1995: Ibsen – Norges store dramatiker. Oslo: Aventura, 5-41 (no7). Deutsche
Übersetzung von Christel Hildebrandt 1995: Ibsen –Norwegens großer Dramatiker. Oslo: Aventura,
5-41 (dü7).
Lønn, Øystein 1988: Tom Rebers siste retrett. Gyldendal: Oslo, 25-48 (no8). Deutsche Übersetzung von
Alken Bruns 1989: Reber. Mönkenberg: Wolfgang Butt, 29-53 dü8).
Staalesen, Gunnar 1983: I mörket er alle ulver grå. Oslo: Gyldendal, 5-41 (no9). Deutsche Übersetzung
von Kerstin Hartmann 1991: Im Dunkeln sind alle Wölfe grau. Mönkenberg: Wolfgang Butt, 5-38
(dü9).
Vik, Bjørg 1972: Kvinneakvariet. Oslo: Cappelen, 9-35 (no10). Deutsche Übersetzung von Michael
Bartsch (1979): Das Frauenaquarium. Düsseldorf: Nordis, 7-29 (dü10).
Wiese, Jan 1990: Kvinnen som kledte seg naken for sin elskede. Oslo: Gyldendal, 9-42 (no11). Deutsche
Übersetzung von Alken Bruns (1992): Die Heilige und die Hure. Reinbek bei Hamburg: Rowohlt, 745 (dü11).
Deutsche Originale
Brandt, Willy 1989: Erinnerungen. Frankfurt/M: Propyläen, 9-37 (do1). Norwegische Übersetzung von
Sverre Dahl 1990: Erindringer. Oslo: Cappelen, 7-29 (nü1).
Cremer, Peter 1982: Ali Cremer U333. Berlin/Frankfurt/M/Wien: Ullstein, 225-241 (do2). Norwegische
Übersetzung von Tore Bjørn Stornæs-Nilsen 1989: U333 Vendepunktet. Oslo: Faktum (nü2), 106-128.
Elias, Norbert 1982: Über die Einsamkeit der Sterbenden in unseren Tagen. Frankfurt/M: Suhrkamp,
(do3) 23-47. Norwegische Übersetzung von Niels Magnus Bugge 1984: De døendes ensomhet. Oslo:
Pax, 20-43 (nü3).
Ende, Michael 1979: Die unendliche Geschichte. Stuttgart: Thienemann., 5-30 (do4). Norwegische
Übersetzung von Erik Krogstad 1983: Den uendelige historie. Oslo: Sommer & Sørensen, 9-34 (nü4).
Enzensberger, Hans Magnus 1993: Aussichten auf den Bürgerkrieg. Frankfurt/M: Suhrkamp, 9-51 (do5).
Norwegische Übersetzung von Sverre Dahl (1994): Borgerkrig. Oslo: Cappelen, 9-38 (nü5).
Franz, Uli 1987: Deng Xiaoping Chinas Erneuerer. Stuttgart: Deutsche Verlags-Anstalt (do6), 125-154.
Norwegische Übersetzung von Iver Tore Svenning 1988: Deng Xiaoping Kinas sterke mann. Oslo:
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Hackl, Erich 1987: Auroras Anlass. Erzählung. Zürich: Diogenes, 7-77 (do7). Norwegische Übersetztung
von Lasse Tømte 1988: Auroras motiv. Oslo, Cappelen, 7-71 (nü7).
Hermlin, Stephan 1979: Abendlicht. Berlin: Klaus Wagenbach, 58-94 (do8). Norwegische Übersetzung
von Carl Fredrik Engelstad 1980: Kveldslys. Oslo: Gyldendal (nü8), 53-83.
Kubelka, Susanna 1980: Endlich über vierzig. Der reifen Frau gehört die Welt. München: Droemer
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Lebert, Benjamin 1999: Crazy. Köln: Kiepenheuer & Witsch, 9-68 (do10). Norwegische Übersetzung von
Astrid Nordang 2000: Crazy. Oslo: Aschehoug, 9-60 (nü10).
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Lenz, Siegfried 1978: Heimatmuseum. Hamburg: Hoffmann und Campe, 7-53 (do11). Norwegische
Übersetzung von Carl Fredrik Engelstad 1981: Forhistorien. Oslo: Aschehoug, 5-42 (nü11).
Lorenz, Einhart 1989: Willy Brandt in Norwegen. Kiel: Neuer Malik, 132-166 (do12). Norwegische
Übersetzung von Anne-lise Risø 1989: Willy Brandt i Norge. 97-121 (nü12)
Miller, Alice 1981: Du sollst nicht merken. Frankfurt/M: Suhrkamp, 94-130 (do13). Norwegische
Übersetzung von Siff Pettersen 1988: Du skal ikke merke. Oslo: Gyldendal, 75-101 (nü13).
Nadoldy, Sten 1983: Die Entdeckung der Langsamkeit. München: Pieper, 9-54 (do14). Norwegische
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Stettbacher, Konrad J. 1990: Wenn Leiden einen Sinn haben soll. Hamburg: Hoffmann und Campe, 74100 (do15). Norwegische Übersetzung von Per Qvale 1993: Hvis lidelse skal ha en mening. Oslo:
Gyldendal, 72-99 (nü15).
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