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5. April 2007 Themen international Aktuelle Themen 381 "Notleidende Kredite" – eine etablierte Assetklasse Der Handel mit Kreditportfolios in Deutschland Nur vier Jahre nach den ersten Transaktionen hat sich der Handel mit Portfolios notleidender Kredite in Deutschland etabliert. Für die (ver)kaufenden Banken ist er ein übliches Instrument des Bilanz- und Risikomanagements geworden, für die Investoren stellen notleidende Kredite eine zusätzliche Assetklasse dar. Das Zwischenzeugnis der neuen Assetklasse fällt positiv aus. Die viel- fältigen Vorteile für die Marktteilnehmer werden durch den volkswirtschaftlichen Nutzen ergänzt, denn der Kreditportfoliohandel verbessert die Allokation von Risiken und Kapital. Bislang dominieren auf der Verkäuferseite Geschäfts- und Hypothekenbanken, während die Investoren in der Regel Investmentbanken und Private Equity-Fonds sind. Auch die Zusammensetzung der Portfolios folgt einem relativ einheitlichen Muster. Zwei Drittel der gehandelten Portfolios enthalten ausschließlich Immobilien-, ein sehr kleiner Teil ausschließlich Unternehmenskredite. Bei den übrigen handelt es sich um gemischte Portfolios. In den kommenden Jahren wird sich der Markt qualitativ verändern. Mit Sparkassen und Genossenschaftsbanken werden neue Verkäufer auftreten, die Volumina der gehandelten Portfolios werden kleiner, und innerhalb der Portfolios werden Unternehmenskredite zu Lasten von Immobilienfinanzierungen an Bedeutung gewinnen. Gleichzeitig wird ein Sekundärmarkt für Kreditportfolios entstehen. Investoren eröffnet dies neue Optionen. Anstatt sie selbst zu verwerten, können die Erwerber ihre Portfolios auch, zumindest teilweise, weiterverkaufen. Autor Stefan Schäfer +49 69 910-31832 [email protected] Editor Bernhard Speyer Publikationsassistenz Sabine Kaiser Deutsche Bank Research Frankfurt am Main Deutschland Internet: www.dbresearch.de E-Mail: [email protected] Fax: +49 69 910-31877 DB Research Management Norbert Walter Aktuelle Themen 381 Portfoliohandel rundet Kreditgeschäft ab 2 Neues Instrument der Risiko- und Kapitalsteuerung Die Vergabe von Krediten zählt seit jeher zu den zentralen Säulen des Bankgeschäftes. Traditionell markierte sie den Beginn einer langfristigen Beziehung zum Kunden, die mindestens bis zur Fälligkeit des Kredites andauerte. Bei Leistungsstörungen übernahm die Bank selbst die Abwicklung bzw. Sanierung. In den meisten Fällen ist das auch heute noch so. Der Markt ist jedoch in Bewegung geraten: Um die Struktur ihrer Aktiva und den Einsatz ihres Kapitals zu optimieren, veräußern die deutschen Banken seit einigen Jahren vermehrt Kredite. Dabei kann es sich um Einzelkredite ebenso wie um ganze Portfolios, um Firmenkredite ebenso wie um Kredite an private Haushalte handeln, und die Kredite können sowohl besichert als auch unbesichert sein. „True-Sale“ vs. Synthetische Transaktionen Grundsätzlich sind zwei Arten von Kreditverkäufen denkbar: Bei so genannten synthetischen Transaktionen werden nur die Kreditrisiken veräußert, die Kredite selbst bleiben in der Bilanz des Kreditinstitutes. Anders bei so genannten „True Sale“-Transaktionen: Hier gehen die Kredite insgesamt einschließlich eventuell vorhandener Sicherheiten an den Erwerber über, der zum Gläubiger wird. In den vergangenen Jahren haben insbesondere True-Sale-Verkäufe von Kreditportfolios für öffentliches Aufsehen gesorgt und Gerichte sowie Verbraucherschützer auf den Plan gerufen. Die vorliegende Studie will zur Versachlichung der Diskussion über Kreditportfoliotransaktionen beitragen und deren Nutzen für das Bankensystem und die Volkswirtschaft darstellen. Portfoliohandel wird standardisiert Der Verkauf von Kreditportfolios ist – ebenso wie die Verbriefung – mittlerweile zu einem zunehmend normalen Instrument der Banksteuerung, speziell des Risiko- und Kapitalmanagements, geworden. Bei allen Marktbeteiligten – Käufern, Verkäufern und Abwicklungsdienstleistern – stellt sich Routine ein. Abläufe werden zunehmend standardisiert; die damit einhergehende Erweiterung der institutionellen und rechtlichen Rahmenbedingungen – wie etwa die Sammlung und Verfügbarkeit von historischen Datenreihen und vertraglichen Elementen – erleichtern die Verbreitung und Ausweitung des Geschäftsmodells. Davon profitiert die Volkswirtschaft insgesamt, denn die Allokation von Risiken und Kapital wird verbessert. Notleidende Kredite im Fokus Auslöser für die Nutzung des Kreditportfoliohandels als Instrument der aktiven Risiko- und Kapitalsteuerung ist häufig der Handel mit notleidenden Krediten. Dieser gewinnt insbesondere immer dann an Bedeutung, wenn die Banken überdurchschnittlich viele Problemkredite in den Büchern haben. Beispiele dafür sind die USamerikanische „savings&loan“-Krise in den achtziger Jahren, die neunziger Jahre in Japan nach dem Platzen der Immobilienblase, die asiatische und die russische Finanzkrise 1997 bzw. 1998. Auch in Deutschland war die Verschlechterung der Qualität der Kreditportfolien im Zuge der ostdeutschen Immobilienkrise sowie des Endes des New Economy-Booms ein wichtiger Treiber der Marktentwicklung. Im Fokus dieser Studie stehen daher die Charakteristika des Verkaufs notleidender Kredite. Da für den Begriff „notleidend“ keine einheitliche Definition existiert, werden im Folgenden Kredite als notleidend bezeichnet, die entweder bereits gekündigt sind oder bei denen der Kreditnehmer so im Verzug ist, dass die Bank die Möglichkeit hat, den Darlehensvertrag zu kündigen. 5. April 2007 "Notleidende Kredite" - eine etablierte Assetklasse Das Geschäftsmodell aus Käufer- und Verkäuferperspektive Rechtsfragen bei NPLTransaktionen Im Rahmen von NPL-Transaktionen können Kredite entweder einzeln, in der Regel durch Abtretung, auf den Erwerber übertragen (Asset Deal) oder in eine Gesellschaft eingebracht werden, die anschließend an den Käufer veräußert wird (Share Deal). Während Share Deals nicht am Bankgeheimnis und dem Bundesdatenschutzgesetz scheitern, wurden beide einige Zeit lang als potentielle Hindernisse für die Weitergabe von Krediten durch Forderungsabtretung angesehen. Die Rechtspraxis hat diese Hindernisse mittlerweile weitgehend beseitigt. Grundsätzlich gilt zwar, dass die Übertragung von Bankdarlehen von der Zustimmung des Darlehensnehmers abhängig ist. Insbesondere wenn sich letzterer vertragswidrig verhält, der Kredit also notleidend geworden ist, ist die Übertragung jedoch unproblematisch. Das Bankgeheimnis bzw. die einschlägigen datenschutzrechtlichen Bestimmungen treten in diesem Fall hinter das Interesse des Kreditinstitutes zurück. Weniger eindeutig ist die Rechtslage bei der Veräußerung vertragsgemäß bedienter Darlehen. Die Übertragbarkeit der Forderung hängt hierbei davon ab, ob persönliche Daten des Kreditnehmers an den Erwerber der Darlehen weitergegeben werden. In der Praxis werden Portfolioverkäufe, die sich auch auf nichtnotleidende Kredite erstrecken, so strukturiert, dass keine Weitergabe geschützter Daten erfolgt. Laut einem BGH-Urteil vom Februar dieses Jahres ist die Forderungsabtretung aber selbst dann wirksam, wenn Bankgeheimnis oder Datenschutzbestimmungen verletzt wurden. Allerdings hat der Kreditnehmer in diesem Fall Anspruch auf Schadenersatz. Eine weitere rechtliche Frage ist, ob der Erwerber von Bankdarlehen ein Kreditinstitut sein und über eine Banklizenz verfügen muss. Da die Übernahme von Bankdarlehen (ebenso wie deren weitere Verwaltung bis zur Fälligkeit) allein noch kein Bankgeschäft im Sinne des Kreditwesengesetzes ist, dürfen nicht nur Kreditinstitute Kredite kaufen. Dennoch haben einige „Opportunity-Funds“ in der Vergangenheit deutsche Banken (und damit deren Banklizenz) übernommen. Dies ermöglicht ihnen, Bankdarlehen nicht nur zu übernehmen und abzuwickeln, sondern auch Kredite umzuschulden bzw. neue Kredite zu vergeben, denn bei den letztgenannten Aktivitäten handelt es sich eindeutig um erlaubnispflichtige Bankgeschäfte im Sinne des Kreditwesengesetzes. 5. April 2007 Möglichkeiten des Umgangs mit notleidenden Krediten Wenn Kredite notleidend werden, stehen einer Bank verschiedene Wege offen, damit umzugehen. Grundsätzlich muss sie zwei Entscheidungen treffen: ob sie die Kredite in den eigenen Büchern behalten und ob sie die Abwicklung bzw. Sanierung selbst übernehmen will. Abbildung 1 stellt die Optionen im Überblick dar: Handlungsoptionen einer Bank Kredite bleiben in Bilanz Internes Workout Externes Workout Abwicklung durch Outsourcing des eigene Workout- Servicing Abteilung Kredite verlassen Verkauf und Weiter- Verkauf und Über- Bilanz Betreuung der En- nahme des Servicing gagements auf durch einen externen Basis eines Service- Dienstleister Agreements 1 — Zunächst kann eine Bank die Kredite in den eigenen Büchern behalten und auch das “Workout”, also die Sanierung bzw. Abwicklung, selbst übernehmen. Das ist die traditionelle Vorgehensweise. Banken bauen dazu oftmals spezialisierte Restrukturierungseinheiten auf, die ausschließlich mit dieser Aufgabe befasst sind. Dabei sind die „Mindestanforderungen an das Risikomanagement“ (MARisk) zu beachten, die eine aufwändige Betreuung von Problemkrediten verlangen. — Aufgrund der besonderen Anforderungen an Personal und Infrastruktur kann es empfehlenswert sein, die Kredite zwar in der Bilanz zu behalten, das Workout aber an einen spezialisierten externen Dienstleister abzugeben. — Der dritte Fall, Verkauf der Kredite in Verbindung mit einem Service-Agreement, das der Bank das Workout überlässt, deren Bilanz die Kredite verlassen, ist eher eine theoretische Option. Schließlich trennen sich Banken von notleidenden Krediten unter anderem, weil sie das Workout aus unterschiedlichen Gründen nicht selbst durchführen möchten, zum Beispiel wegen der negativen Konsequenzen für die eigene Reputation oder wegen der damit verbundenen Ressourcenbelastung. Die Übernahme des Workout nach einem Verkauf wäre in diesem Fall also widersinnig. — Die bisher in Deutschland durchgeführten großen NPL-Transaktionen sahen den Verkauf eines Portfolios und die Übernahme des Servicing durch einen spezialisierten Dienstleister vor, der in der Regel in enger Beziehung zum Investor steht. Diese Transaktionsform steht im Folgenden im Mittelpunkt der Betrachtung. 3 Aktuelle Themen 381 Die Motive der Verkäufer Bessere Risikostruktur und höhere Ertragskraft Grundsätzlich gilt, dass sich der Verkauf eines Kreditportfolios lohnt, wenn der Verkaufserlös höher als der Barwert der diskontierten erwarteten Nettozuflüsse aus dem Portfolio ist. Letztere ergeben sich als die Differenz aus den erwarteten Zins- und Tilgungszahlungen und den Kapitalkosten, den Kosten für das Personal in der Abwicklungsabteilung, den Kosten der Zwangsvollstreckungsverfahren, den erforderlichen Investitionen in die Sicherheiten, bevor diese verwertet werden können, usw. Dabei spielen die Kosten des Workout eine herausgehobene Rolle. Diese können NPL-Investoren dank des Einsatzes hoch spezialisierter Abwicklungsdienstleister deutlich niedriger ansetzen als die veräußerungswilligen Banken (siehe unten: „Die Rolle der Abwicklungsdienstleister“). Reduzierung der Risikoaktiva Anpassung der Bilanzstruktur… … bzw. Ertragssteigerung durch gezielte Reinvestition der Verkaufserlöse Darüber hinaus liegt den NPL-Portfolio-Verkäufen das gleiche Kalkül zugrunde wie Verkäufen von Portfolios vertragskonform bedienter Kredite. Dem Verkäufer ermöglichen sie an erster Stelle, die Höhe der Risikoaktiva zu reduzieren. Banken können so ihr haftendes Eigenkapital entlasten. Darüber hinaus können Kreditverkäufe ein Instrument des Bilanzstrukturmanagements sein, denn sie ermöglichen der veräußernden Bank, durch gezielte Reinvestition der Verkaufserlöse die Struktur ihrer Aktiva zu verändern. Vor allem für kleinere, vorwiegend regional tätige Institute ist es beispielsweise interessant, Teile des Kreditportfolios zu verkaufen, um geographische Klumpenrisiken im Aktivgeschäft zu reduzieren. Auch die Konzentration des Aktivgeschäftes auf eine oder wenige Branchen bzw. Kundengruppen – und damit die Abhängigkeit von deren Entwicklung – kann ein Kreditverkauf verringern. Der Verkauf von Krediten als Voraussetzung für eine Neuinvestition des Verkaufserlöses kann daneben auch der zukünftigen Ertragssteigerung dienen. Dies ist dann der Fall, wenn die Bank durch die Transaktion entweder (gegeben die Kosten) ihre Erlöse steigern oder (gegeben die Erlöse) ihre Kosten senken kann. Ersteres ist gegeben, wenn eine Bank sich von einem stagnierenden Geschäftsfeld trennen und in einen Wachstumsbereich mit größerem Ertragspotential investieren möchte. Größenvorteile realisieren und damit ihre Kosten senken können Kreditverkäufer beispielsweise, wenn sie Randgeschäfte verkaufen, um ihr Kerngeschäftsfeld zu stärken. Reputationsrisiken aufgrund emotionaler Diskussion 4 Kreditverkauf kann Reputation belasten Der Verkauf notleidender Kredite kann also die Risikostruktur des Aktivgeschäftes einer Bank verbessern und ihre Ertragskraft steigern. Nachteilig wirken sich derartige Transaktionen oftmals allerdings auf die Reputation der veräußernden Bank aus. Ein Kreditverkauf wird von den Kunden und der Öffentlichkeit häufig als Vertrauensbruch angesehen. Als besonders problematisch gilt dabei, wenn ein Investor mit der Abwicklung der Darlehen beginnt und die Sicherheiten verwertet. Insbesondere angelsächsischen Investoren und den von ihnen beauftragten Abwicklungsdienstleistern wird vorgeworfen, die Kredite ohne Rücksicht auf die Interessen der Kreditnehmer zu verwerten und an einer gütlichen Einigung im Einzelfall nicht interessiert zu sein. Diese Vorwürfe treffen bisweilen auch die Banken, die die entsprechenden Kredite veräußert haben. Öffentliche Kritik oft undifferenziert Dabei werden nicht nur die vielfältigen volkswirtschaftlichen Vorteile übersehen (siehe unten). Auch eine differenzierte Betrachtung unterschiedlicher Typen von Kreditnehmern unterbleibt meist. So handelt es sich im Falle von Unternehmenskrediten bei den Schuldnern 5. April 2007 "Notleidende Kredite" - eine etablierte Assetklasse um Vollkaufleute, bei denen davon auszugehen ist, dass sie den rechtlichen Charakter eines Darlehensvertrages einschätzen können und bei Zahlungsrückständen mit der Abtretung der Forderung gegen sie an einen neuen Gläubiger rechnen. Kreditgeber haben Interesse an gütlicher Einigung Handelt es sich bei den Kreditnehmern um private Haushalte, wird in der öffentlichen Diskussion meist verschwiegen, dass diese ihren vertraglichen Verpflichtungen vor dem Kreditverkauf durch die Gläubigerbank über einen längeren Zeitraum nicht nachgekommen sind. Liegt dagegen keine Vertragsverletzung durch den Kunden vor, so treten die Portfolioinvestoren in die bestehenden Vertragsverhältnisse ein. Die vereinbarten Konditionen gelten bis zum Ende der Vertragslaufzeit; insoweit ergibt sich also durch den Kreditverkauf kein Nachteil für den Darlehensnehmer. Darüber hinaus liegt es weder im Interesse der Banken noch in dem der Investoren, das finanzielle Wohlergehen ihrer Kunden hintanzustellen. Grundsätzlich gilt nämlich, dass Kreditgeber auch bei notleidenden Engagements großes Interesse an einer gütlichen Einigung haben. Differenziertes Kreditangebot als Lösung? Eine Ausdifferenzierung des Kreditangebotes könnte das Problem entschärfen. Denkbar ist, dass künftig zwei Arten von Darlehensverträgen angeboten werden: Auf der einen Seite solche, die problemlos übertragbar sind, auf der anderen solche, bei denen die Übertragung der Forderung auf einen anderen Gläubiger explizit ausgeschlossen wird. Da die zweite Variante die Flexibilität und Effizienz des Risikomanagements der Bank beschränken würde, wäre sie wahrscheinlich teurer als die erste. Die Motive der Käufer Investoren halten Portfolios für unterbewertet Handlungsoptionen eines NPL-Investors Kredite bleiben Kurzfristig Langfristig Kurzfristige Abwicklung Mittel- bis langfristige in der Bilanz des Abwicklung, z.B. im Investors Zuge steigender Immobilienpreise Kredite verlassen die Bilanz des Investors Weiterverkauf Verkauf mit gestiegenem Wert 2 Der Kauf eines Portfolios notleidender Kredite ist für den Investor dann lohnend, wenn der diskontierte Barwert der erwarteten NettoAbwicklungserlöse über dem Preis des Portfolios liegt. Diese Abweichung zwischen dem Preis, den die verkaufende Bank erzielt, und dem Wert, den das Portfolio aus Sicht des Investors hat, kann zwei Ursachen haben: Entweder traut der Investor sich zu, das Portfolio kurzfristig effizienter abzuwickeln als die verkaufende Bank, oder der Investor und die verkaufende Bank haben unterschiedliche Vorstellungen über die mittel- und langfristige Wertentwicklung der Kredite. Nur notleidende Kredite sind kurzfristig abwickelbar 5. April 2007 Grundsätzlich kann die Perspektive des Investors kurz- oder langfristig sein, und er kann die Kredite entweder kaufen, um sie bis zur Abwicklung in den eigenen Büchern zu behalten, oder um sie weiterzugeben. Entsprechend ergeben sich die in Abbildung 2 skizzierten Handlungsoptionen. Dabei ist natürlich zu beachten, dass jeder Investor die Kredite mit ihren jeweiligen Fälligkeiten übernimmt. Bei leistungsgestörten Krediten, auf die sich diese Überlegungen konzentrieren, ist jedoch davon auszugehen, dass sie bereits fällig ge- 5 Aktuelle Themen 381 stellt sind bzw. relativ leicht fällig gestellt werden können. Eine kurzfristige Abwicklung ist also rechtlich jederzeit möglich. Ursachen für effizientere Abwicklung Sollen die Kredite bis zur Abwicklung in den Büchern des Investors bleiben, sind grundsätzlich zwei Varianten denkbar, die kurzfristige sowie die längerfristige Abwicklung. Bei der kurzfristigen Abwicklung setzen die Investoren darauf, allein oder zusammen mit Dienstleistern effizienter als traditionelle Banken arbeiten zu können. Dieses Geschäftsmodell dominiert zurzeit am deutschen Markt. Der Effizienzvorsprung der Investoren ergibt sich dabei folgendermaßen: — Das Geschäftsmodell der NPL-Investoren wird oftmals mit dem geflügelten Wort „Der Gewinn liegt im Einkauf“ umschrieben. Bei der Portfoliobewertung kommen ausgefeilte IT-Systeme mit bewertungsrelevanten Daten zum Einsatz. Dabei werden die Daten aus dem sog. „Datenraum“, in dem Interessenten die Daten einsehen können, mit der Datenbasis des jeweiligen Investors (Mietentwicklung, Verkaufspreise für Eigentumswohnungen, Ausfallraten nach Personengruppen und Haushaltstypen etc.) abgeglichen. Ziel ist, die zukünftigen Zahlungsströme aus einem Portfolio so treffsicher abzuschätzen, dass eine etwaige Unterbewertung erkannt werden kann. — Während Banken traditionell, auch als Folge von Bilanzierungsvorschriften, die Nominalwerte ihrer Aktiva im Blick haben, denken NPL-Investoren in Barwerten. Dementsprechend bewerten sie jeden einzelnen Kredit danach, welchen Barwertbeitrag er bei sofortiger Abwicklung bzw. einvernehmlicher Lösungsfindung mit dem Kreditnehmer zum gesamten Beitrag des Portfolios leisten kann. Darüber hinaus sind sie nicht auf die Weiterführung der Geschäftsbeziehung zu dem säumigen Schuldner angewiesen, um beispielsweise weiter Cross-Selling-Potentiale ausschöpfen zu können. — Die Investoren bzw. die mit ihnen zusammen arbeitenden Abwicklungsdienstleister können Skaleneffekte realisieren. Darauf geht der folgende Abschnitt („Die Rolle der Abwicklungsdienstleister“) ein. Bei Hypothekenkreditportfolios zudem Spekulation auf Immobilienpreissteigerung Längerfristig orientierte Investoren spekulieren zudem auf Wertsteigerungen bei den Sicherheiten, mit denen die Kredite unterlegt sind. Diese Motivation liegt insbesondere den Investitionen in notleidende Hypothekarkredite zugrunde, deren Wert mit den Immobilienpreisen ansteigt. Investitionen in solche Portfolios sind somit zumindest teilweise Wetten auf steigende Immobilienpreise. Bislang kein liquider Sekundärmarkt für NPL-Portfolios Wenn ein Investor ein Portfolio notleidender Kredite nicht kauft, um die Kredite selbst abzuwickeln (bzw. abwickeln zu lassen), kann er versuchen, sie kurzfristig oder mittel- bis langfristig weiterzugeben. Auf die kurzfristige Weitergabe (in Form eines Verkaufs bzw. einer Verbriefung) wird im Folgenden nicht weiter eingegangen. Die mittel- bzw. langfristige Weitergabe würde voraussetzen, dass ein liquider Sekundärmarkt für NPL-Portfolios existiert. Dies ist bisher nicht der Fall, für die Zukunft aber zu erwarten. Die Rolle der Abwicklungsdienstleister Warum arbeiten Abwicklungsdienstleister effizienter? 6 Bei der Abwicklung von notleidenden Krediten können sich sowohl Banken, die die Kredite in ihren Büchern behalten wollen, als auch Investoren, die ein Portfolio notleidender Kredite übernommen haben, der Dienste spezieller Servicing- bzw. Workout-Gesellschaften bedienen. Ebenso wie die grundsätzliche Frage, warum es für Banken vorteilhaft ist, sich von einem Teil des Kreditgeschäftes – dem Umgang mit notleidenden Krediten – zu trennen, stellt sich die Fra5. April 2007 "Notleidende Kredite" - eine etablierte Assetklasse ge, wieso spezialisierte Abwicklungsdienstleister die Abwicklung dieser Kredite effizienter bewerkstelligen sollten als eben die Banken. Gerade auf diesem Effizienzvorsprung beruht das Geschäftsmodell der NPL-Investoren. Abwicklung als Kerngeschäft Der Effizienzvorsprung resultiert daraus, dass die Abwicklung von Problemkrediten für die Abwicklungsdienstleister Kerngeschäft, für Banken sehr oft aber nur notwendiges Übel ist. Während erstere ihre Ressourcen vollständig auf diese Aufgabe konzentrieren können, stoßen die Abwicklungsabteilungen der Banken gerade in Zeiten gehäufter Kreditausfälle leicht an Kapazitätsgrenzen. Dies gilt insbesondere für Institute, die ihre Kreditabwicklung nicht in einer spezialisierten Einheit gebündelt haben. Im Gegensatz dazu können Abwicklungsdienstleister Skalenerträge realisieren. Sie können auf spezialisiertes Personal und eine ausgefeilte IT-Infrastruktur, die insbesondere im Rahmen des Due Diligence-Verfahrens zur Anwendung kommt, zurückgreifen. Andere Anreizstrukturen Daneben ist das Verhalten von Dienstleistungsgesellschaft und Schuldner durch andere Anreizstrukturen gekennzeichnet. Während Banken im Allgemeinen und vorwiegend regional tätige Institute im Besonderen Rücksicht auf ihren Ruf nehmen und deshalb bei der Abwicklung von Krediten behutsamer vorgehen, können Abwicklungsgesellschaften ihre bzw. die Interessen ihrer Auftraggeber bei Die größten Kreditportfolio-Transaktionen in Deutschland (ohne Verkauf der AHBR an Lone Star, Verkäufer/Käufer - Jahr, Mio. Euro) Hypo Real Estate/Lone Star - 2004 3.600 Eurohypo/JV (Citigroup, GMAC, Eurohypo) - 2004 2.400 Delmora/Goldman Sachs - 2005 2.300 HypoVereinsbank/Goldman Sachs - 2006 2.170 HypoVereinsbank/Goldman Sachs - 2005 1.800 Unicredit/ABN Amro, GE - 2006 1.800 Dresdner Bank/Lone Star, Merrill Lynch - 2005 1.400 Aareal/Shinsei - 2006 1.400 Dresdner Bank/Lone Star - 2004 1.200 HypoVereinsbank/Goldman Sachs - 2006 960 Aareal/Lone Star - 2005 690 DZ Bank/JP Morgan - 2005 600 Dresdner Bank/Deutsche Bank - 2003 511 HypoVereinsbank/JP Morgan, Lone Star - 2003 490 Berlin Hyp/Deutsche Bank - 2006 450 AHBR/Essen Hyp - 2006 440 DG Hyp/Deutsche Bank - 2006 424 Bayern LB/Cerberus - 2005 400 Hypo Real Estate/Morgan Stanley, Citigroup - 2004 394 Aareal/Shinsei - 2005 388 Commerzbank/Goldman Sachs - 2005 350 Quelle: Presseveröffentlichungen 5. April 2007 3 7 Aktuelle Themen 381 den Verhandlungen und – im Falle des Scheiterns – bei der Zwangsvollstreckung offener durchzusetzen versuchen. Welches Kreditvolumen wurde gehandelt? Nominalvolumen der öffentlich gewordenen NPL-Transaktionen, Mio. EUR 10.000 8.822 9.000 7.694 7.644 8.000 7.000 6.000 5.000 4.000 3.000 1.501 2.000 1.000 0 2003 2004 2005 2006 Quelle: Presseveröffentlichungen 4 In Deutschland dominieren derzeit Abwicklungsgesellschaften das Geschäft, die in der Regel eng mit einem Investor verbunden sind – oftmals als dessen Tochterunternehmen. Daneben gründen aber auch Kreditinstitute, die die Kreditabwicklung selbst durchführen möchten, eigene Abwicklungsdienstleister. Parallel bauen die großen Verbünde Joint-Venture-Unternehmen auf, die ihre Leistungen vor allem den Verbundunternehmen anbieten sollen. Diese Verbundunternehmen sind teilweise nicht bloß Abwicklungsdienstleister, sondern so genannte „Bad Banks“, also Banken, die die Kredite übernehmen und abwickeln. Von den Investmentbanken und Private-Equity-Investoren, die genau das auch tun, unterscheiden sie sich durch die Zielsetzung und Fristigkeit ihrer Arbeit. Sie sollen den Verbundunternehmen mittel- und langfristig notleidende Kredite inklusive deren Abwicklung abnehmen. Dabei steht nicht nur die potenzielle Rendite im Mittelpunkt, sondern auch der Beitrag zu einem verbundeinheitlichen Umgang mit Problemkrediten. Last but not least entstehen auch unabhängige Anbieter, deren Bedeutung sich zurzeit aber noch in Grenzen hält. Der deutsche NPL-Markt 2003 bis 2006 Welche Kredite werden verkauft? Immobilienkredite u.a. 19% Firmenkredite 2% Immobilienkredite 66% Keine Angabe 13% Quelle: Presseveröffentlichungen 5 Wer verkauft deutsche Kreditportfolios? Öffentlich-Rechtliche 3% Andere 11% Geschäftsbanken 45% Hypothekenbanken 41% Quelle: Presseveröffentlichungen 8 6 In Deutschland existiert ein Markt für Portfolios notleidender Kredite erst seit wenigen Jahren (siehe Abbildungen 3 und 4). 2003 berichtete die Presse erstmals über entsprechende Transaktionen. Die folgenden Angaben beziehen sich ausschließlich auf großvolumige Portfolio-Transaktionen, die öffentlich geworden sind. Hierbei ist die Trennlinie zwischen NPL-Portfolios und solchen mit ordnungsgemäß bedienten Darlehen nicht immer ganz klar zu ziehen. In vielen Fällen wurden auch „gemischte“ Portfolios oder sogar Portfolios ausschließlich mit nicht notleidenden Krediten gehandelt. In der Mehrzahl der Fälle war jedoch zumindest ein Teil der gehandelten Kredite notleidend. Dabei dominieren Immobiliendarlehen: Knapp zwei Drittel zum Nominalvolumens der verkauften Kreditportfolios steuern Kredite bei, die allein mit Immobilien zu Wohnzwecken oder gewerblich genutzten Immobilien besichert sind (siehe Abbildung 5). Verkäufer sind zum größten Teil Geschäftsbanken und Hypothekenbanken; der öffentlich-rechtliche Sektor ist hier noch unterrepräsentiert (siehe Abbildung 6). Als Käufer sind bisher hauptsächlich internationale Investmentbanken und/oder sog. Opportunity-Fonds aufgetreten (siehe Abbildung 7). Während die Volumina der Transaktionen öffentlich bekannt sind, ist unbekannt, wie hoch der Kaufpreis bei den einzelnen Transaktionen war und welche Transaktionen ebenfalls stattgefunden haben, aber nicht öffentlich wurden. Die Höhe des Kaufpreises, ausgedrückt in Prozent des Nominalvolumens eines Portfolios, wird von der Qualität der enthaltenen Kredite und deren Sicherheiten, nicht zuletzt aber auch von der Qualität der Informationen über das Portfolio bestimmt. Je besser (aufbereitet) die Daten, desto geringer das Risiko und damit desto höher der Kaufpreis. Anzahl und Volumen von NPL-Transaktionen, über die nicht in der Presse berichtet wurde, dürften in dem hier betrachteten Zeitraum noch relativ niedrig liegen. Das ist darauf zurückzuführen, dass bisher sehr große Volumina notwendig waren, um die Transaktionen 5. April 2007 "Notleidende Kredite" - eine etablierte Assetklasse rentabel durchzuführen. Hauptursache dafür sind hohe fixe Kosten für IT-Systeme, Datenaufbereitung und –analyse, Rechtsberatung usw. Solche NPL-Transaktionen im dreistelligen Millionenbereich lassen sich kaum durchführen, ohne dass sie öffentlich bekannt werden. Wenn der „Break Even“ in der Zukunft kleiner wird, wird der Anteil der Portfolio-Verkäufe steigen, die nicht öffentlich werden. Wer kauft deutsche Kreditportfolios? OpportunityFonds/ InvestmentBanken 8% Andere 12% Die volkswirtschaftliche Bedeutung des Kreditportfoliohandels OpportunityFonds 24% Mit der Möglichkeit, (notleidende) Kredite zu verkaufen, steht den Banken ein zusätzliches Instrument für die aktive Risiko- und Kapitalsteuerung zur Verfügung. Das wirkt sich für die gesamte Volkswirtschaft positiv aus. Zunächst sinken ceteris paribus die Kosten der Banken für das Risikomanagement. Diesen Vorteil werden sie angesichts des ausgeprägten Wettbewerbs auf dem deutschen Bankenmarkt zumindest teilweise an ihre Kunden weitergeben. Der Kreditportfoliohandel führt also tendenziell zu sinkenden Kreditzinsen und fördert somit das Wirtschaftswachstum. InvestmentBanken 56% Quelle: Presseveröffentlichungen 7 Stabilisierung des Bankensystems Die Optimierung der Risiko- und Kapitalsteuerung stabilisiert darüber hinaus die Geschäftsentwicklung der Banken im Zeitablauf. In wirtschaftlichen Schwächephasen mit hohen Kreditausfällen ermöglicht der Kreditportfoliohandel den Banken, schnell ihre Bücher von notleidenden Krediten zu entlasten und das freigewordene Kapital neu zu investieren. Der negative Teil des Kreditzyklus, bestehend aus Kreditausfällen, Wertberichtigungen, strengeren Kreditvergabekriterien, negativen Folgen für die Investitionstätigkeit und den privaten Konsum und daraus wiederum resultierenden weiteren Kreditausfällen, wird gedämpft. Dies stabilisiert das Bankensystem ebenso wie die wirtschaftliche Entwicklung insgesamt. Bessere Kapitalallokation, höheres Wirtschaftswachstum Aus Sicht der Investoren stellen notleidende Kredite eine zusätzliche Anlagemöglichkeit dar. Damit steigt die Wahrscheinlichkeit, dass Investoren eine ihrer Rendite-Risiko-Präferenz möglichst nahe kommende Portfolioallokation finden. Der Kreditportfoliohandel verbessert also die Allokation des Produktionsfaktors Kapital und fördert somit wiederum das Wirtschaftswachstum. Weiterentwicklung des europäischen Risiko- und Kapitalmarktes Dies gilt insbesondere für die Kapitalallokation innerhalb der europäischen Union. Aufgrund struktureller Unterschiede zwischen den einzelnen Märkten ist es für europäische Banken oft nicht lohnend, ein eigenes Kreditgeschäft in einem anderen EU-Mitgliedsstaat aufzubauen. Wollen sie ihren Kapitaleinsatz dennoch europaweit diversifizieren, bietet ihnen die Übernahme von Kreditportfolios von Banken aus anderen europäischen Ländern eine Möglichkeit, dies effizient zu tun. Der Kreditportfoliohandel bewirkt somit nicht zuletzt auch eine Weiterentwicklung des europäischen Risiko- und Kapitalmarktes. Die Zukunft des deutschen NPL-Marktes: Konsolidierung und Diversifizierung Kreditportfoliohandel wird sich strukturell weiterentwickeln Wieviele NPL haben die Banken in den Büchern? 5. April 2007 Viele Studien, die die Zukunft des deutschen NPL-Marktes beleuchten, zitieren Schätzungen des gesamten Bestandes an notleidenden Krediten in den Büchern der deutschen Banken, um das maximale Potential für NPL-Transaktionen anzudeuten. Die beiden prominen9 Aktuelle Themen 381 testen dieser Schätzungen bemessen das NPL-Volumen in den 1 2 deutschen Bankbilanzen auf 160 bzw. 300 Mrd. Euro. Auf die Frage, welche dieser beiden Zahlen näher an der Realität liegt, sind, abhängig von der zugrunde liegenden Definition des Begriffs „notleidend“, ganz unterschiedliche Antworten möglich. Interessanter als diese rein quantitative Betrachtung des gesamten Volumens an notleidenden Krediten ist jedoch die Analyse der strukturellen Veränderungen des NPL-Marktes. Neue Verkäufer bieten kleinere Portfolios an Sparkassen und Genossenschaftsbanken: bisher unterrepräsentiert… … aber in Zukunft aktive Marktteilnehmer Auf der Verkäuferseite ist vermehrt mit Transaktionen aus dem Sparkassen- und dem Genossenschaftslager zu rechnen. Zwar haben sich schon einzelne Landesbanken und die Sparkasse Görlitz sowie genossenschaftliche Hypothekenbanken engagiert; insgesamt hinken diese Sektoren aber hinterher. Das hat zwei Ursachen: Zum einen liegt es nahe, dass regional verwurzelte Kreditinstitute wie Sparkassen und Genossenschaftsbanken beim Umgang mit säumigen Schuldnern besonders behutsam vorgehen; das schließt auch den Verkauf notleidender Kredite ein. Zum anderen sind die Kreditportfolios von Sparkassen und Volksbanken oft zu klein, um ein marktfähiges Kreditportfolio zusammenzustellen. In Zukunft dürfte das einfacher werden. Alle Marktteilnehmer standardisieren ihre Prozesse, so dass immer kleinere Portfolios gewinnbringend verkauft werden können. Wurden vor einigen Jahren noch dreistellige Millionenbeträge als Mindestvolumen genannt, ist dieser Wert mittlerweile auf einen niedrigen zweistelligen Millionenbetrag gesunken. Darüber hinaus werden, wie oben erwähnt, verbundinterne „Bad Banks“ und Abwicklungsgesellschaften gegründet, um durch Bündelung der Kredite unterschiedlicher Sparkassen bzw. Genossenschaftsbanken innerhalb des jeweiligen Verbundes Größenvorteile erzielen zu können. Solche kleineren Transaktionen werden zu Lasten der bislang dominierenden Großportfolioverkäufe an Bedeutung gewinnen. Zusammensetzung der Portfolios wird sich ändern Notleidende Kredite in den Büchern der deutschen Banken Konsumentenkredite 13% Firmenkredite 53% Hypothekarkredite 34% Quelle: Roland Berger 8 Gleichzeitig wird sich aber nicht nur die Größe, sondern auch die Zusammensetzung der gehandelten Portfolios ändern. Wie Abbildung 8 zeigt, stellen Unternehmenskredite derzeit mehr als die Hälfte aller notleidenden Kredite in Deutschland, während der Anteil der Immobilienfinanzierungen nur gut ein Drittel beträgt, und Konsumentenkredite knapp 13 Prozent zum Gesamtbestand beitragen. Der Anteil der Unternehmensfinanzierungen an allen Kreditverkäufen wird folglich steigen und derjenige von privaten und gewerblichen Immobiliendarlehen relativ zurückgehen. Dies hat Konsequenzen für die Exitstrategie der Investoren, denn bei der Abwicklung von notleidenden Unternehmenskrediten ist eine Einzelfallbetrachtung wesentlich wichtiger als bei Hypothekarkrediten. Die Verwertung der Sicherheiten wird zudem schwieriger. An die Stelle der Zwangsvollstreckung in die hypothekarischen Sicherheiten tritt theoretisch die Pfändung einzelner Teile des Unternehmens, wobei Unternehmenskredite in den meisten Fällen unbesichert sind. Bei Unternehmenskrediten gewinnt deshalb die (Teil-)Sanierung gegenüber der reinen Abwicklung an Bedeutung. 1 Kroll/Mercer Oliver Wyman. A Market for the Making – The German Bad Loan Market. February 2005. 2 Ernst&Young. Global Non-Performing Loan Report 2006. 10 5. April 2007 "Notleidende Kredite" - eine etablierte Assetklasse Neue Verwertungsmöglichkeit für Investoren Neue Optionen für Investoren: Weiterverkauf bzw. Verbriefung Schließlich wird sich den NPL-Investoren über die beiden letztgenannten Optionen (Abwicklung bzw. Sanierung) eine weitere Möglichkeit des Umgangs mit notleidenden Krediten eröffnen, die heute erst ansatzweise genutzt wird: der Weiterverkauf bzw. die Verbriefung. Es ist mit einem Sekundärmarkt für Portfolios notleidender Kredite und damit auch mit einer Differenzierung der Investoren zu rechnen. Neben Investoren, die Kredite kaufen und abwickeln bzw. sanieren, werden solche treten, die die Kredite einige Zeit in ihren Büchern behalten und dann weitergeben. Zusammenfassung Der Verkauf von Portfolios notleidender Kredite ist zu einem Standardinstrument der Banksteuerung geworden. Spiegelbildlich stellen notleidende Kredite für Kapitalmarktinvestoren mittlerweile eine etablierte Assetklasse dar. Sie eröffnen den Marktteilnehmern zusätzliche Optionen und verbessern so die volkswirtschaftliche Allokation von Risiken und Kapital. Nach Jahren des stürmischen Wachstums ist der Markt in eine Phase der Konsolidierung und Ausdifferenzierung getreten. Wichtige Rechtsfragen sind geklärt, und alle Beteiligten standardisieren ihre Prozesse. Während die Zahl der Milliardentransaktionen abnimmt, verstärken immer mehr kleinere Institute, die Volumina im zweistelligen Millionenbereich anbieten, die Verkäuferseite. Eine Vielzahl von Dienstleistern steht zur Beratung verkaufswilliger Banken und zur Übernahme von deren Problemkredit-Management bereit. Auch die Art der gehandelten Kredite verändert sich. Waren es anfangs noch zum überwiegenden Teil Immobilienkredite, die im Portfolio verkauft wurden, kommen nun auch immer häufiger einzelne Unternehmenskredite auf den Markt. Diese qualitative Veränderung des Marktes wird dazu beitragen, dass den Bedürfnissen der Marktteilnehmer noch besser Rechnung getragen werden kann. Alle direkt Beteiligten ebenso wie die Volkswirtschaft insgesamt werden auch in Zukunft erheblich vom Kreditportfoliohandel profitieren. Stefan Schäfer (+49 69 910-31832), [email protected] © Copyright 2007. Deutsche Bank AG, DB Research, D-60262 Frankfurt am Main, Deutschland. Alle Rechte vorbehalten. Bei Zitaten wird um Quellenangabe „Deutsche Bank Research“ gebeten. Die vorstehenden Angaben stellen keine Anlage-, Rechts- oder Steuerberatung dar. Alle Meinungsaussagen geben die aktuelle Einschätzung des Verfassers wieder, die nicht notwendigerweise der Meinung der Deutsche Bank AG oder ihrer assoziierten Unternehmen entspricht. 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