Schriftliche Kleine Anfrage

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Schriftliche Kleine Anfrage
BÜRGERSCHAFT
DER FREIEN UND HANSESTADT HAMBURG
Drucksache
20/4135
20. Wahlperiode
15.05.12
Schriftliche Kleine Anfrage
des Abgeordneten Christoph de Vries (CDU) vom 09.05.12
und
Betr.:
Antwort des Senats
Selbst ernanntes Ziel: Kinderfreundlichste Stadt – und was plant der
Senat mit den Kuren für Hamburgs benachteiligte Kinder?
Laut Medienberichten will der Hamburger Senat offenbar 2 Millionen Euro
Zuschuss für Erholungskuren für Kinder aus sozial benachteiligten Verhältnissen streichen. Die Rudolf-Ballin-Stiftung kann nach eigenen Angaben ohne den Zuschuss der Stadt keine Kuren mehr für rund 600 Kinder im Alter
von 7 bis 16 Jahren aus Hartz-IV-Familien anbieten, die sich jährlich in Wyk
auf Föhr erholen.
Vor diesem Hintergrund frage ich den Senat:
1.
Seit wann werden von der Rudolf-Ballin-Stiftung Kuren für Hamburger
Kinder durchgeführt?
Seit ihrer Gründung im Jahr 1925 betreut die Rudolf-Ballin-Stiftung (RBS) sozial belastete Kinder und Jugendliche aus Hamburg durch zeitlich befristete Maßnahmen, die
bis Ende 2004 als Kuren nach dem Sozialgesetzbuch durchgeführt wurden.
Anfang der Neunzigerjahre verfügte die Rudolf-Ballin-Stiftung über insgesamt acht
Kur- und Erholungseinrichtungen, in denen jährlich 2.856 Kinder und Jugendliche
betreut werden konnten.
Seit 1995 wurden die drei Tageserholungsstätten der RBS, die sich auf dem Gebiet
der Freien und Hansestadt Hamburg befinden, zu Kitas umgewandelt, drei Einrichtungen außerhalb Hamburgs wurden geschlossen.
Die Kuren der Rudolf-Ballin-Stiftung wurden Ende 2004 eingestellt. Sie waren als vorbeugende Gesundheitshilfe nach § 37 Bundessozialhilfegesetz (BSHG) und als Eingliederungshilfe nach §§ 39, 40 BSHG durchgeführt worden. Für die Durchführung der
Kuren erhielt die RBS eine Kostenerstattung auf der Grundlage einer Leistungs-, Qualitäts- und Entgeltvereinbarung mit der zuständigen Fachbehörde. 2004 betrug der
Haushaltsansatz 7.395.000 Euro. Einige Krankenkassen leisteten einen geringen
Beitrag, ihr Anteil betrug rund 2,5 Prozent der Gesamtkosten.
Im Jahr 2004 hatten 1.232 Kinder und Jugendliche an den Kuren der Rudolf-BallinStiftung teilgenommen, 1.120 auf der Grundlage von § 37 BSHG und 112 Kinder auf
der Grundlage von §§ 39, 40 BSHG.
Seit 2005 werden in zwei Heimen der Rudolf-Ballin-Stiftung, dem KinderJugendHaus
Wyk auf Föhr und dem KinderHaus Timmendorfer Strand Angebote für Kinder und
Jugendliche im Rahmen der Familienförderung und -unterstützung unter der Bezeichnung „Früh einsetzende entwicklungsfördernde Hilfen“ (FeeH) durchgeführt. Jährlich
nehmen rund 870 Kinder und Jugendliche an der Maßnahme FeeH teil, davon 600
Schulkinder im Alter von 7 bis 16 Jahren in Wyk auf Föhr und rund 270 jüngere Kinder
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bis zum Erreichen der Schulpflicht in Timmendorfer Strand. Antragsteller sind in der
Hauptsache Jugendämter, Schulärzte sowie Schulen und REBUS.
Vor diesem Hintergrund beziehen sich die Antworten zu 2. bis 9. auf die Maßnahme
„Früh einsetzende entwicklungsfördernde Hilfen“ (FeeH) der Rudolf-Ballin-Stiftung.
2.
Wie viele Kinder haben seit Beginn jährlich an den Kuren teilgenommen? (Bitte nach Jahren differenziert darstellen.)
Teilnahme seit Beginn der Maßnahme „Früh einsetzende entwicklungsfördernde Hilfen“ (FeeH)
Kinder und Jugendliche in Wyk auf Föhr
659
600
600
600
600
600
600
Jahr
2005*)
2006
2007
2008
2009
2010
2011
Kinder in Timmendorfer Strand
354
269
266
270
270
271
270
Insgesamt
1.013
869
866
870
870
871
870
*) Eine Analyse der durchgeführten Maßnahmen im ersten Jahr führte zu einer Verkleinerung
der Gruppen, einer Verlängerung der Verweildauer in Timmendorfer Strand und damit zu einer Reduzierung der Teilnehmerzahl ab 2006.
3.
Welchen Kindern wurde bislang die Teilnahme an den Kuren ermöglicht?
Die Kinder und Jugendlichen, die an einer Maßnahme „Früh einsetzende entwicklungsfördernde Hilfen“ (FeeH) teilnehmen, haben familiäre, schulische und psychosoziale Belastungen. Circa die Hälfte von ihnen gehört einem Leistungsempfängerhaushalt nach dem SGB II beziehungsweise SGB XII an.
4.
Nach welchen Kriterien und durch wen erfolgt die Auswahl der Kinder,
die an einer Kur der Rudolf-Ballin-Stiftung teilnehmen?
Die Auswahl der Kinder und Jugendlichen an der Maßnahme „Früh einsetzende entwicklungsfördernde Hilfen“ (FeeH) erfolgt grundsätzlich nach Art und Intensität der
von den antragstellenden Institutionen dargestellten Belastungen. Hierbei ist jeder Fall
individuell zu bewerten. Die Auswahl trifft das Beratungsteam der Rudolf-Ballin-Stiftung in Hamburg. Im Übrigen siehe Antwort zu 3.
5.
Wie viele Anträge auf Bewilligung dieser Kinderkuren werden jährlich
abgelehnt? (Bitte nach Jahren differenziert darstellen.)
Ablehnungen von
Anträgen auf
„Früh einsetzende
entwicklungsfördernde Hilfen“
(FeeH)
24
14
25
29
27
20
17
Jahr
2005
2006
2007
2008
2009
2010
2011
6.
Was ist der Zweck der Kinderkuren?
Die Maßnahme „Früh einsetzende entwicklungsfördernde Hilfen“ (FeeH) soll einen
präventiven Beitrag dazu leisten, entstehenden Problemlagen von Kindern und Jugendlichen aus sozial belasteten Familien entgegenzuwirken, Entwicklungsstörungen
möglichst zu vermeiden und bereits entstandene Probleme zu entschärfen.
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7.
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Werden diese Kinderkuren auch von den Sozialversicherungsträgern,
insbesondere den Krankenkassen bezuschusst?
Falls ja, zu welchem Anteil?
Die Maßnahmen „Früh einsetzende entwicklungsfördernde Hilfen“ (FeeH) werden
nicht von den Sozialversicherungsträgern bezuschusst.
8.
Wie lange dauert ein Kuraufenthalt?
Die Maßnahmen „Früh einsetzende entwicklungsfördernde Hilfen“ (FeeH) in Wyk auf
Föhr dauern durchschnittlich 30 Tage, in Timmendorfer Strand 37 Tage.
9.
Wie hoch sind die Zuwendungen, die die Rudolf-Ballin-Stiftung seit Beginn der Durchführung der Kinderkuren aus dem Haushalt erhält? (Bitte
nach Jahren differenziert darstellen.)
Für die Maßnahme „Früh einsetzende entwicklungsfördernde Hilfen“ (FeeH) in Wyk
auf Föhr und Timmendorfer Strand erhielt die Rudolf-Ballin-Stiftung folgende Zuwendungen:
Jahr
2005
2006
2007
2008
2009
2010
2011
Zuwendungsbetrag
3.300.000,00 €
3.129.000,00 €
3.300.000,00 €
3.354.000,00 €
3.300.000,00 €
3.450.360,00 €
3.370.780,00 €
Quelle: BASFI
10. Aus welchem Haushaltstitel werden die Zuwendungen an die RudolfBallin-Stiftung zur Durchführung von Kinderkuren finanziert?
Die Kuren der Rudolf-Ballin-Stiftung wurden bis 2004 aus dem Titel 4450.671.02 „Erstattung von Kosten für zeitlich befristete ambulante, teilstationäre und stationäre Hilfen für Kinder und Jugendliche“ finanziert.
Die Maßnahmen „Früh einsetzende entwicklungsfördernde Hilfen“ (FeeH) werden seit
2005 aus dem Titel 4450.684.01 „Entwicklungsfördernde Hilfen für Kinder und Jugendliche aus sozial belasteten Familien“ finanziert.
11. Was ist der genaue Zuwendungszweck an die Rudolf-Ballin-Stiftung?
Der Zuwendungszweck der Maßnahmen, die die Rudolf-Ballin-Stiftung in ihren Einrichtungen in Wyk auf Föhr und in Timmendorfer Strand durchführt, sind zeitlich befristete, früh einsetzende entwicklungsfördernde Hilfen (FeeH) für Kinder und Jugendliche mit Wohnsitz in Hamburg aus sozial belasteten Familiensituationen. Sie sollen
dazu beitragen, präventiv entstehenden Problemlagen entgegenzuwirken, Entwicklungsstörungen möglichst zu vermeiden und bereits entstandene Probleme zu entschärfen.
12. In welcher Höhe sollen wann die Zuwendungen an die Rudolf-Ballin-Stiftung gekürzt werden?
13. Wurden seitens der zuständigen Behörde mit der Rudolf-Ballin-Stiftung
Gespräche über die geplanten Kürzungen geführt?
Wenn ja, wann und mit welchem Ergebnis?
14. Wie bewerten Senat oder zuständige Behörde das Angebot der RudolfBallin-Stiftung?
15. Ist der Erste Bürgermeister in die Entscheidung beziehungsweise die
Planungen zur Kürzung der Zuwendung einbezogen worden?
Falls ja, wann und auf welche Art und Weise?
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Bei der Frage, ob es zu einer Kürzung der Zuwendung bei der Rudolf-Ballin-Stiftung
kommt, handelt es sich um einen nicht abgeschlossenen Vorgang, bei dem eine Entscheidung noch nicht getroffen worden ist. Der Senat gibt insofern über die in diesem
Zusammenhang laufende Meinungsbildung innerhalb des Senats, diesbezügliche
Gespräche, Gesprächsdaten und auch die Frage nach einer abschließenden Bewertung des Angebots der RBS durch Senat oder Behörde zum jetzigen Zeitpunkt keine
Auskunft.
16. Gibt es weitere Träger neben der Rudolf-Ballin-Stiftung, die Hamburger
Kindern eine ähnliche Kinderkur ermöglichen?
Wenn ja, welche und in welchem Umfang?
Der Hamburger Schulverein von 1875 e.V. führt Erholungskuren in seinen Einrichtungen „Haus Vogelkoje“ auf Sylt und „Haus vor dem Süntel“ bei Hameln durch, die aus
dem Titel 3020.684.08 „Vorbeugende Gesundheitshilfe für bedürftige Schülerinnen
und Schüler (Erholungskuren)“ finanziert werden. Bei diesen Erholungskuren handelt
es sich um Maßnahmen der vorbeugenden Gesundheitshilfe für Schülerinnen und
Schüler nach § 47 SGB XII in Verbindung mit § 34 Absatz 3 des Hamburgischen
Schulgesetzes.
Diese Kuren, an denen seit 2008 insgesamt jährlich rund 600 Schülerinnen und Schüler teilnehmen, erfolgen außerhalb der Ferien in der Regel im Klassenverband, in den
Ferien nehmen auch einzelne Kinder und Jugendliche an den Kuren teil. Die Kuraufenthalte bieten die Möglichkeit, Kinder für drei Wochen aus ihrer belastenden Alltagswelt herauszunehmen und gesundheitsfördernde Einflüsse und positive Eindrücke zu
vermitteln.
17. Sofern es andere Träger gibt, die ähnliche Kinderkuren anbieten: Wie
hoch sind die Zuwendungen, die diese jährlich erhalten? (Bitte nach Jahren und Trägern differenziert darstellen.)
Die Zuwendung an den Hamburger Schulverein für die Erholungskuren beträgt jährlich 721.000 Euro. Ihre Höhe ist seit 2008 unverändert.
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