Inhaltsverzeichnis - Veolia Umweltservice
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Inhaltsverzeichnis 48 Eine Industrielandschaft im Wandel 50 Margen des Fortschritts: ungleich ausgenutzte Ressourcen 53 Gespräch mit Olivier Doyen „Besser produzieren: ein industrielles und 05 Einführung Alarmsignale und Strategien „Man muss von einer Cowboy-Wirtschaft auf eine Kosmonauten-Wirtschaft übergehen“ „Die größte Herausforderung, der wir uns stellen müssen, richtet sich an unsere Vorstellungskraft.“ 13 Lineare Wirtschaft, 14 Ein „Abfall-Professor“ Kreislaufwirtschaft und Wirtschaft der Funktionalität an der Universität von Peking 15 Gespräch mit Hr. Haiyun XU „Recycling von Abfällen in China: von von-Haus-zu-Haus-Sammlungen hin zu industriellen Lösungen“ 16 Gespräch mit Michel Ngapanoun Kamerun: „Einen höheren Wissensstand erreichen, um geänderten Anforderungen entsprechen zu können“ 18 Die Lektion von Professor Babbage: Kostenreduktion und Ressourceneinsparung für welche Politik? 37 Gespräch mit Matthieu Glachant „Die erweiterte Herstellerverantwortung: ein Erfolg hinsichtlich des Recyclings, eine Hoffnung für die Vorbeugung“ 39 Voll- oder Teilverantwortung: Das deutsche und das französische Beispiel 40 Gespräch mit Adrian Poller 11 Gespräch mit Dominique Bourg 08 Gespräch mit Gérard Bertolini 55 Getrennte Sammlung: auf der Suche nach dem besten Kompromiss 34 Die Spielregeln: welche Instrumente 06 Ein neuer Umgang mit Ressourcen : Die Globalisierung des 20 Recyclingmarkts 26 Nord-Süd, Ost-West: 30 Vom Abfall zur Ressource: Die Karten werden neu gemischt Weltweite Quellen und Absatzmärkte der wichtigsten Recycling-Materialien 31 China, Champion des Recycling-Papiers 33 Gespräch mit Philippe Chalmin „Was man exportieren muss, sind Sekundärrohstoffe“ „Privat-öffentliche Partnerschaft: das britische Beispiel in der Grafschaft Shropshire“ 41 Die britische Dynamik: Wie kommt man von 85 % abgelagerten Kommunalabfällen in 2000 auf 40 % wiederverwertete oder kompostierte Abfälle in 2010? 43 Die Lebenszyklusanalyse, unumgänglicher Angelpunkt der Vorbeugung 45 Gespräch mit Heidi Sorensen Norwegen, treibende Kraft des Recyclings in Europa dank dem bereits 1981 eingeführten„Verschmutzer-Zahler“-Prinzip 46 Gespräch mit Herrn Lee Yuen Hee Singapur: „Wir verfügen über ein sehr umfang-reiches und sehr strenges Konzept von Umweltschutzmaßnahmen.“ technologisches Anliegen, aber auch ein menschlicher Fortschritt“ 56 Gespräch mit Dominique Maguin „Produktionsstandards, Produktnormen folgbarkeit müssen verstärkt werden“ 58 Sondermüll: ein Leitbild für die Industrie 59 Seaport, eine europäische Hafenpolizei 61 Ausgediente Elektro- und Elektronikgeräte: a developing world-wide industry 62 PCs: viel Material für eine kurze Verwendungsdauer 64 Eine innovative Antwort der Industrie: Der Standort Angers von Veolia Environmental Services 65 Verbrauchte Batterien: das Beispiel der Schweiz Einführung D er wirtschaftliche Umgang mit natürlichen Ressourcen, die Schaffung von Arbeitsplätzen, die Verminderung des Schadstoffausstoßes und des Energieverbrauchs: Recycling ist nur ein Teil der Antwort darauf, jedoch einer, der ohne Zweifel der Forderung nach wirtschaftlichem, sozialem und ökologischem Gleichgewicht entgegenkommt, das wir unbedingt herstellen müssen. Gleichzeitig ist es aber auch eine Herausforderung an die Industrie in einem globalen Markt, die nichts anderes als ständiges Wachstum kennt. Viele der wiederverwertbaren Abfälle werden nicht wiederverwertet, und die Verarbeitung eines Großteils jener Abfälle, die der Wiederverwertung zugeführt werden, erfolgt unter Bedingungen, die nur unzureichender Regulierung unterliegen, wenn sie nicht sogar grundsätzlich als unakzeptabel zu bezeichnen sind. Die Konkurrenzfähigkeit von Sekundärrohstoffen und die Sicherheit der Verarbeitungsmethoden hängen von der Logistik und den Mitteln ab, die wir einsetzen. “Viele der wiederverwertbaren Abfälle werden nicht wiederverwertet” Seit mehreren Jahren verfolgt Veolia Environmental Services eine Politik der Recherche, der Entwicklung und der Akquisition, die mehrere Zielsetzungen hat: Zusammenführung großer Abfallströme, Abdeckung aller Branchen, Entwicklung und Integration von Technologien zur Identifikation und Wiederverwertung der leistungsstärksten Materialien und Export unseres Know-hows in die gesamte Welt. Diese Entwicklung der Industrie eröffnet zusätzlich neue soziale Perspektiven. Die Schaffung von weniger anstrengenden und höher qualifizierten Arbeitsplätzen, die in direktem Zusammenhang mit der Entwicklung dieser Aktivitäten steht, wird den Wegfall von Arbeitsplätzen als Ergebnis der Mechanisierung bei Weitem aufwiegen. Bis zur Einführung von Best Practices ist es zwar noch ein langer Weg, aber das Wachstumspotential der verschiedenen Recyclingaktivitäten ist erheblich. Sowohl bei Rohstoffen wie auch bei Energie haben wir keine andere Wahl, als neue, nachhaltige Lösungen zu finden. Dies ist auch eine Chance. denis gasquet Generaldirektor, Veolia Environmental Services Inhaltsverzeichnis Ein neuer Umgang mit Ressourcen: Alarmsignale und Strategien Das Konzept der nachhaltigen Entwicklung bricht mit der Logik des unkontrollierten Wachstums gegenüber der natürlichen Umwelt. Es macht Recycling zu einem der Instrumente des neuen, noch zu schaffenden wirtschaftlichen, umweltbezogenen und sozialen Gleichgewichts. Wenn heute die Länder der nördlichen Hemisphäre ihre Entwicklungsmodelle in Frage stellen, müssen sie auch den Rest der Welt vom Interesse an vernünftigem Verhalten überzeugen. Im Jahr 1864, fünf Jahre nach dem Erscheinen von Charles Darwins Über die Entstehung der Arten und zwei Jahre bevor der deutsche Naturforscher Ernst Haeckel das Wort „Ökologie“ erfand, veröffentlichte George Perkins Marsh Man and Nature1, ein Grundlagenwerk, in dem er die Regierenden der jungen amerikanischen Republik vor der Zerstörung der natürlichen Ressourcen warnt. Marsh, damals Botschafter der Vereinigten Staaten in Italien, erinnert daran, wie die mediterranen Zivilisationen durch die übermäßige Inhaltsverzeichnis Ausbeutung ihrer Umwelt zu ihrem eigenen Untergang beitrugen. Eineinhalb Jahrhunderte danach veröffentlichte Jared Diamond über das gleiche Thema eine Arbeit mit dem Titel Kollaps2 und dem unmissverständlichen Untertitel Warum Gesellschaften überleben oder untergehen. 1 2 Man and Nature, University of Washington Press, 2003 Collapse, Paperback, 2005; Kollaps, Fischer, 2005 Inhaltsverzeichnis „Man muss von einer Cowboy-Wirtschaft auf eine Kosmonauten-Wirtschaft übergehen“ Gespräch mit Gérard Bertolini, Gérard Bertolini, Direktor für Forschung am CNRS (Centre National de la Recherche Scientifique, Nationales Zentrum für wissenschaftliche Forschung), Wirtschaftswissenschaftler, seit Langem auf Abfallwirtschaft spezialisiert, ist Autor einer Reihe von Werken, unter ihnen das als Referenzwerk angesehene Économie des déchets (Abfallwirtschaft), Éditions Technip. gelegentlich verwenden sie den bildlichen ausdruck, dass wir von einer cowboy-Wirtschaft auf eine Kosmonauten-Wirtschaft übergehen müssen. Was meinen sie damit? Im Gegensatz zur extensiven Wirtschaft, die sich auf die Ausbeutung bestehender Ressourcen und die Suche nach neuen Ressourcen stützt, verlangt die Kosmonauten-Wirtschaft, dass man für einen lange dauernden Flug die mitzunehmenden Mengen auf ein Minimum reduziert, um die Dauer der Unabhängigkeit so weit wie möglich auszudehnen. Dazu muss man das Recycling in den miteinander verbundenen Kreisläufen Energie, Wasser, Luft und schließlich auch anderer Materialien sicherstellen. Hier reden wir von einem kleinen, autonomen, sich selbst erhaltenden System. anfallenden umweltschädlichen Saft in einen Fluss. Heute wird dieser Saft, nach entsprechender Behandlung, bei der Zubereitung eines Diätprodukts verwendet, das einen erheblich höheren Wert besitzt. Es gibt außerdem eine Hierarchie in der Behandlung von Rückständen, die auf dem Konzept der Entropie aufbaut und nach folgendem Prinzip funktioniert: Ein Material so geringfügig wie möglich herabstufen, um so den irreversiblen Charakter seiner Anwendungsmöglichkeiten zu beschränken. Genauer gesagt handelt es sich darum, ein Material nach seinen besonderen Eigenschaften zu bewerten und nicht nach denen, die es mit anderen Materialien gemeinsam hat. Können sie dieses Prinzip veranschaulichen? Die Wiederverwendung steht auf der Kann man dieses modell auch in großem obersten Hierarchiestufe, denn sie erhält umfang anwenden? nicht nur das Material selbst, sondern auch seine Form. Recycling in einem Selbst wenn die Zahlen immer mit einer geschlossenen Kreislauf steht an zweiter gewissen Vorsicht zu betrachten sind, Stelle. Dabei wird das wiederverwertete muss man sich vor Augen halten, dass Material erneut bei der Herstellung des die reichsten 20 % der Weltbevölkerung Produktes eingesetzt, aus dem es gewon80 % der gesamten Produktion konsumieren. Selbst bei 100%igem Recycling, nen wurde. Das ist zum Beispiel bei der Herstellung von neuen Glasflaschen der das natürlich utopisch ist, wäre es unFall. Was das Prinzip der Unumkehrbarmöglich, die gesamte Bevölkerung zukeit betrifft, lässt sich leicht erkennen, friedenzustellen, wenn alle so leben dass man einen gewissen Prozentsatz wollten, wie die Amerikaner heute. Aber von Zeitungspapier bei der Herstellung es gibt erheblichen Spielraum für eine von Karton verwenden kann, aber nicht bessere Wiederverwertung von Materialien in allen ihren Zuständen, vom umgekehrt. Ebenso verhält es sich mit Rohstoff bis hin zum Abfall, würde man klarem Glas, das man mit Oxiden eindas Prinzip der Erhaltung anwenden, wie tönen kann. Getöntes Glas hingegen es bereits in vormodernen Gesellschaften kann man nicht mehr klar machen. Als praktiziert wurde. Sehen wir uns nur Nächstes kommt dann das, was ich als Ausgangsprodukte wie Wolle, Baumwolle Kaskaden-Recycling bezeichne, bei oder Leder an, bei denen das Endprodukt dem das Material anderen Verwendungsschließlich weniger als die Hälfte der zwecken zugeführt wird. Bei Kunststoffen ursprünglichen Masse ausmacht, und wird z. B. PET zu Fasern verarbeitet, die dieses Verhältnis wird bei der Erzeugung bei der Herstellung von Fleece, Teppichvon vielen komplexeren Produkten noch böden oder Füllmaterial wiederverwendet erheblich beunruhigender. Hier ist ein werden. Bleiben wir bei Kunststoffen, ganz einfaches Beispiel: Bei der Herdie komplexer als andere Materialien stellung von Dörrpflaumen leitete ein sind, und deren Aufbereitung in den Unternehmen den bei der Trocknung vorstehenden Beispielen mechanisch erfolgt: Die Makromoleküle des Materials bleiben erhalten und man schmilzt sie zur späteren Wiederverwendung ein. die diskussion über die Entscheidung, ob Kunststoffe wiederverwertet oder als Energiequelle genutzt werden sollen, wird also nach wie vor geführt? Gebrauchter Kunststoff kann wegen seines unbestrittenen Heizwerts tatsächlich direkt als Brennstoff verwendet werden, allerdings mit der Einschränkung, dass die darin enthaltenen Schadstoffe kontrolliert werden müssen. Wenn man jedoch die Energieeffizienz des Recyclings mit der der Verbrennung vergleicht, fällt sie zugunsten des Recyclings aus, außer in jenen Fällen, wo sich deren Sammlung sehr schwierig gestaltet. Deshalb ist es wichtig, dass man alternative Wege der Wiederverwertung prüft, bevor man sich für die Verbrennung entscheidet. So bietet, nach der mechanischen Verarbeitung, das chemische Recycling, bei dem bestimmte molekulare Verbindungen aufgebrochen werden, eine sehr interessante Möglichkeit der Wiederverwertung. PET kann in Zwischenprodukte zerlegt werden, die dann erneut bei der Herstellung von PET oder von Polyurethanschaum Verwendung finden oder man kann aus Polyolefinen, also Polypropylen und Polyethylen, Wachse und Paraffine erzeugen, die einen höheren Wert besitzen. Als letzte Möglichkeit bietet sich dann das thermische Cracking an, bei dem Heizöl anfällt, allerdings müssen dabei Schadstoffe entfernt und die Vermarktungskosten berücksichtigt werden. ist diese Hierarchisierung als eine von verschiedenen alternativen zu verstehen? Man tendiert dazu, in diese Richtung zu denken, und gerade im Falle von Kunststoffen ist es angebracht, verschiedene Methoden zu vereinen: Das Material so lange wiederzuverwerten, solange dies möglich ist, und am Ende das noch verbleibende Energiepotential auszunutzen. Inhaltsverzeichnis auf dem Weg zu einem neuen globalen umweltbewusstsein Tatsächlich hat die übermäßige Ausbeutung von Ressourcen seit dem Beginn der thermoindustriellen Revolution einen anderen Maßstab angenommen. Hochrangige Wissenschaftler begannen ihre Auswirkungen ab dem Anfang des 20. Jh. zu untersuchen, aber es dauerte bis nach dem 2. Weltkrieg, bevor diese Problematik in vollem Umfang in das politische und wirtschaftliche Denken Einzug hielt. Im Jahr 1952 unterstrich eine mit der Erstellung einer Prognose über benötigte Rohstoffe und Energiebedarf beauftrage Kommission in ihrem Bericht an den Präsidenten der Vereinigten Staaten klar die Gefahren der Erschöpfung natürlicher Ressourcen3. Im Jahr 1957 hob der Wirtschaftswissenschaftler Bertrand de Jouvenel die Notwendigkeit des Übergangs von der „politischen Wirtschaft auf die politische Ökologie“ hervor und folgt dabei einem Gedankengang, der sich auf „Daten der Umweltforschung zur Messung, Verminderung und dem Abbau der negativen Auswirkungen industrieller Aktivitäten auf die Natur4“ stützt. Ab diesem Zeitpunkt beginnt das Thema die öffentliche Meinung zu bewegen. Die Veröffentlichung des Buchs Der stumme Frühling der amerikanischen Biologin Rachel Carson im Jahr 1962 war die Geburtsstunde der Umweltbewegung, deren erste Schlacht mit dem Verbot von DDT endete. Zehn Jahre später erschien das vom Klub von Rom bei einer Gruppe von Forschern des Massachusetts Institute of Technology in Auftrag gegebene Die Grenzen des Wachstums mit dem bewusst tendenziösen französischen Titel: Halte à la croissance (Stopp dem Wachstum), das auf einer mathematischen Model- lierung aufbaut und großes Aufsehen erregte. Im selben Jahr, 1972, bestätigte die Gründung des UN-Umweltschutzprogramms den ernsthaften Willen der internationalen Gemeinschaft, sich der Umweltprobleme weltweit anzunehmen. das Herzstück nachhaltiger Entwicklung „Es ist unabdingbar, die Art, wie Gesellschaften produzieren und konsumieren, radikal zu verändern, wenn man eine nachhaltige Entwicklung sicherstellen will“, erklärte im Jahr 2002 der Bericht des Weltgipfels für nachhaltige Entwicklung von Johannesburg, zehn Jahre nach der Umweltkonferenz der Vereinten Nationen in Rio de Janeiro und 30 Jahre nach der Erklärung von Stockholm. Im Jahr 2006 waren der Stern-Bericht und danach, im Jahr 2007, die Verleihung des Nobelpreises an Al Gore und den IPCC5 erneut Beweise für das inzwischen globale Bewusstsein über die Notwendigkeit zu handeln. Mit dem BrundlandtBericht wurde im Jahr 1987 das Konzept der nachhaltigen Entwicklung geboren, das von den Vereinten Nationen beim Gipfel von Rio aufgenommen wird. Seine Grundzüge, die im Bericht des Gipfels von Johannesburg wachgerufen und entwickelt wurden, stützen sich vor allem auf die Entkoppelung des wirtschaftlichen Die Art, in der Gesellschaften produzieren und konsumieren, radikal ändern 3 Jouvenel, Verkannter Pionier der politischen Ökologie, Ivo Rens, SEBES, 1996, www.unige.ch/sebes 4 Ibid 5 Zwischenstaatlicher Ausschuss zum Klimawandel Inhaltsverzeichnis „Die grösste Herausforderung, der wir uns stellen müssen, richtet sich an unsere Vorstellungskraft.“ Wachstums und der Zerstörung der Umwelt „durch erhöhte Effizienz und Nachhaltigkeit bei der Ressourcenverwendung und bei den Produktionsabläufen sowie durch die Verringerung der Ressourcendegradation, der Verschmutzung und der Abfallproduktion“6. Damit wird Recycling zum natürlichen Instrument dieser Politik erklärt: Es schützt natürliche Ressourcen, die damit verbundenen Prozesse sind weniger energieaufwendig als jene des Rohstoffabbaus und es erzeugt daher geringere Mengen an Treibhausgasen, wobei diese im Falle von Aluminium sogar um bis zu 80 % reduziert werden. Recycling bietet auch auf sozialem Niveau eine durchaus positive Bilanz und hervorragende Aussichten: Gemäß einem Bericht der Europäischen Kommission vom Dezember 2005 können durch die Aufbereitung von 10.000 t Abfällen bis zu 250 Arbeitsplätze geschaffen werden, gegenüber 20 bis 40 bei der Verbrennung, und sogar nur zehn Arbeitsplätzen bei der Lagerung7. Diese soziale Dimension sollte man jedoch nicht alleine auf ein quantitatives Kriterium reduzieren. Das Recyclinggewerbe, und dabei ganz besonders das Sortieren, unterliegt traditionell schwierigen Arbeitsbedingungen und es erlebt eine Entwicklung, die durch den Bau riesiger, zunehmend automatisierter Anlagen gekennzeichnet ist, wobei die anstrengendsten manuellen Eingriffe Schritt für Schritt abgebaut werden. Dies führt einerseits dazu, dass Arbeitsplätze in der Recyclingindustrie zwar weniger, andererseits aber auf einem höheren Niveau wieder geschaffen werden, was sich in verbesserter sozialer Integration ausdrückt. Dabei sollte man sich jedoch nicht nur mit dem westlichen Modell begnügen. Das „unkontrollierte Recycling“, das in vielen Ländern mit Abfällen erfolgt, bleibt ein wirtschaftlicher und sozialer Faktor, den man keinesfalls einfach brutal umstoßen darf, und der von Großunternehmen, die ihr Know-how exportieren, einen respektvollen Umgang unter Einbeziehung aller lokalen Elemente verlangt (siehe hierzu das Gespräch mit Michel Ngapanoun). Recycling ist also aufgefordert, sich neuen Anforderungen zu stellen. Umfassend definiert und wegen seiner wirtschaftlichen Fähigkeit, die Industrie mit Sekundärrohstoffen zu versorgen, steht es künftig am Kreuzweg von Befürchtungen, 250 Stellen, um 10.000 t Abfall zu recyceln die seine Tätigkeitsbereiche verändern. Hauptsächlich von Europa ausgehend haben Rechtsvorschriften über den Umweltschutz und zur Vorbeugung von Gesundheitsrisiken den Bereich des Recyclings neu orientiert. Damit eröffnen sich neue Betätigungsfelder, und sie übertragen dem Recycling und allen damit zusammenhängenden Prozessen eine Aufgabe, die weit über die Bereitstellung von wiedergewonnen Rohstoffen hinausgeht, und die vor allem die Sicherstellung der umweltgerechten Entsorgung betrifft. des recyclings neue Kleider Der in Rechtsvorschriften verwendete Begriff der Dienstleistung, der reine Marktlogik durch Allgemeininteresse und Umweltschutz ersetzt, erhält eine ganz andere Dimension. Das Prinzip der erweiterten Herstellerverantwortung, wie sie von der OECD definiert wird, ist hierfür das wichtigste Beispiel. Die bei den Herstellern und Konsumenten erhobenen Abgaben erlauben die Finanzierung von neuen Segmenten – nach dem Verpackungsmaterial jetzt auch die ausgedienter Produkte, wie z. B. elektronischer Geräte. Diese Ausweitung des Tätigkeitsbereichs setzt jedoch die Entwicklung von Technologien voraus, die eine Verlagerung von Recycling auf industrielles Niveau unterstützen. Die erweiterte Herstellerverantwortung zielt ebenfalls auf die Verminderung von Abfällen am Ort des Entstehens und auf die Entwicklung von umweltfreundlichen und damit leichter verarbeitbaren Produkten ab. Ökologische Tugend und wirtschaftliche Interessen treffen sich hier: Besser und mit weniger Material von Anfang bis zum Ende konzipiert, werden Produkte konkurrenzfähiger und ihre Behandlung wird billiger. Die in den 60er Jahren des letzten Jahrhunderts entstandenen Ecoparcs für die Industrie haben sich bereits der Logik der wirtschaftlich bewussten Behandlung von Ressourcen verschrieben, nach der die Abfälle des einen zu den Rohmaterialien der anderen werden. China macht heute aus dem Prinzip der Kreislaufwirtschaft bereits ein Regierungsprogramm8. Gespräch mit Dominique Bourg, Dominique Bourg ist Professor an der Universität von Lausanne (UNIL) und Mitglied des Strategiekomitees der Stiftung Nicolas Hulot. Er war als Mitglied der Coppens-Kommission mit dem Projekt der Umwelt-Charta beauftragt, und Vizepräsident einer der Kommissionen des französischen Umweltgipfels „Grenelle de l’environnement“. Ökologie ist ein thema, das uns alle interessiert und nachhaltige Entwicklung ist ein allgemein akzeptierter ansatz. Wie beurteilen sie das? Die Verbreitung von Informationen über diese Themen und das daraus resultierende öffentliche Bewusstsein haben zweifelsohne einen enormen Schritt nach vorne getan. Wir treten jedoch in eine Phase ein, die mit Einschränkungen verbunden ist, und in der gewisse Widerstände entstehen könnten. Diese Widerstände, die von verschiedenen Interessengruppen ausgehen, stützen sich vor allem auf isolierte Äußerungen bestimmter Wissenschaftler, die außerhalb ihres Fachgebietes Kommentare abgeben, und z. B. die Beurteilung des Klimawandels durch Experten des IPCC infrage stellen. Die Frage ist, ob dieser Konsens, über den Sie sprechen, auch halten wird, sobald Beschränkungsmaßnahmen ergriffen werden müssen. recycling hat seine Existenzberechtigung bereits bewiesen und seine grundsätze scheinen allgemein anerkannt zu sein. Vor einigen Jahrzehnten wurden auf den Bauernhöfen alle Abfälle in irgendeiner Form wiederverwertet. Aber wie wirkt sich das Recycling heute auf das Leben der Konsumenten aus? Die EU-Richtlinie, die die Wiederverwertbarkeit eines Altwagens mit 90 % festsetzt, schafft Verpflichtungen für die Autoindustrie, sie hat aber kaum Auswirkungen auf den Verbraucher, außer dass dieser zufrieden sein kann, ein „umweltfreundlicheres“ Produkt erworben zu haben. Die Frage des Recyclings, wie auch die des Klimawandels, muss im Kontext eines weltweiten Problems betrachtet werden, das von einer sich seit fünfzig Jahren explosionsartig und exponentiell entwickelnden Nachfrage nach Ressourcen gekennzeichnet ist. Teil des Gerätes dar, eben jenen, der ganz am Ende kommt. Der Gegenstand, auf dem die Dienstleistung aufbaut, muss schrittweise Verbesserungen integrieren können. ruft nachhaltige Entwicklung unabdingbar nach radikalen Veränderungen? Meiner Meinung nach muss man über die Einschränkung der materiellen Basis unserer Gesellschaft nachdenken, wie man es bei CO2 mit wirtschaftlichen Instrumenten und Vorschriften versucht. Eine schwerverdauliche Logik, die zweifelsohne zu großen Veränderungen führen wird. Aber es ist erfrischend zu Wie kann man diesen trend verändern? beobachten, dass die Verringerung des Die Grundsatzfrage geht in Richtung der Kohlenstoffs eine beachtliche Anzahl Entkoppelung von Material- und Energie- Aktivitäten auslöst, ganz besonders im Bereich der Innovation. Die größte strömen einerseits, und der Schaffung von Reichtum andererseits. Eine der Hy- Herausforderung, der wir uns stellen pothesen, an denen wir zurzeit arbeiten, müssen, richtet sich an unsere Vorstelist die der Wirtschaft der Funktionalität. lungskraft. Sich etwas machbares Neues vorzustellen, ist gleichzeitig eine Frage Der Anwender wird dabei zum Mieter der Technik, des Organisationsmodells eines Gutes oder einer Dienstleistung. und der politischen Regulierung. Diese Man kauft kein Fahrzeug mehr, sonRegulierung verlangt eine globale Vordern Kilometer. In diesem Fall ist die gangsweise. Aus dieser Sicht scheint mir Lebensdauer eines Gegenstandes nicht eine EU-Richtlinie, die alle Ressourcen mehr ein Hindernis beim Aufbau von Wohlstand, sondern, im Gegenteil, sogar einschließt und alle betroffenen Sektoren abdeckt, erheblich interessanter die Voraussetzung dafür. Solange das Wirtschaftsgut funktionsfähig ist, erzeugt als eine Reihe von nebeneinandergestellten Richtlinien. es Gewinne. Recycling stellt dann einen Bericht des Weltgipfels für nachhaltige Entwicklung, Johannesburg, Umsetzungsplan, Kapitel 3 Taking sustainable use of resources forward: A Thematic Strategy on the prevention and recycling of waste, http://eur-lex.europa.eu/LexUriServ/site/en/ com/2005/com2005_0666en01.pdf 8 Siehe Werke und Aufsätze von Dominique Bourg: Le développement durable, Gallimard, 2006; Environnement et Entreprises, Pearson, 2006; L’économie circulaire en Chine, Futuribles, 2007. 6 7 Inhaltsverzeichnis Inhaltsverzeichnis DIE ARTEN DER WIRTSCHAFT Massenkonsums aufwirft, hat aus Recycling ein Thema von so allgemeiner Akzeptanz gemacht, dass es fast wie ein Wunderheilmittel betrachtet wird. Aber kein Material ist unbegrenzt wiederverwertbar. Seit dem Beginn des 21. Jh. hat das Bewusstsein um die seit mehreren Jahrzehnten vorausgeahnten oder bereits beobachteten Spannungen weiter zugenommen. Die steigende Nachfrage nach Energie und Rohstoffen steht im Zeichen der beschleunigten Entwicklung in Ländern wie China, Indien oder Brasilien, und mit der Zunahme der Weltbevölkerung um 50 % im Laufe des nächsten Jahrhunderts stellt sich die Frage, wie unsere Erde die Bedürfnisse ihrer Bewohner befriedigen kann. In die Überlegungen müssen ebenso die Probleme der Schaffung eines Gleichgewichts auf weltweitem Niveau zwischen den Vorschriften, die den Schutz der Umwelt und der Gesundheit sicherstellen, der Aufrechterhaltung der Konkurrenz zwischen nationalen und internationalen Recyclingunternehmen, ohne damit jene zu bestrafen, die eine größere soziale Verantwortung zeigen, und die Möglichkeit des Transports und der Verwendung von Abfällen nach deren Wiederaufbereitung einbezogen werden. nicht geahnte „Zukunften“ erfinden mehr als ein Wunder: eine offenbarung Globaler Markt und lokale Vorkommen, Verhalten unserer Vorfahren und technologische Herausforderungen, wirtschaftliche Logik und Erfordernisse der Umwelt: Recycling ist der Ausdruck für die Notwendigkeit einer Synthese, die es alleine nicht bewältigen kann. Es geht bis in die Frühzeit der Menschheit zurück, es ist ein Instrument, und es legt gleichzeitig das Verhältnis des Menschen zu seiner Umgebung offen. Das Problem, das die radikale Veränderung dieses Verhältnisses seit der industriellen Revolution und dem Entstehen des Inhaltsverzeichnis Zwanzig Jahre nach dem Erscheinen des Berichtes Die Grenzen des Wachstums hat dessen Mitautorin Donella Meadows im Jahr 1992 in ihrem Buch Die neuen Grenzen des Wachstums die Warnung vor der übermäßigen Ausbeutung von Ressourcen und der zunehmenden Anhäufung von Abfällen und Schadstoffen erneut ausgesprochen. Sie deutet aber auch die Möglichkeit eines optimistischen Szenarios an: „Wir glauben, dass ein Übergang auf eine Welt der Nachhaltigkeit technisch und wirtschaftlich möglich ist, aber wir wissen, dass dieser Übergang psychologisch und politisch einschüchternd sein wird.9“ Auf globalem Niveau betrachtet ist die Umsetzung der Veränderungen in der Tat äußerst komplex und mit größten Schwierigkeiten verbunden. Regulierungsinstrumente, technischer Fortschritt und wirtschaftliche Mechanismen können jedoch durchaus ein und dieselbe Logik unterstützen. Ein Beweis dafür sind die Programme zur Reduzierung des CO2-Ausstoßes, die sowohl die Recherche, wie auch Studien in verschiedenen Bereichen fördern (siehe hierzu das Gespräch mit Dominique Bourg). lineare Wirtschaft, Kreislaufwirtschaft und Wirtschaft der Funktionalität Die lineare Wirtschaft beginnt mit der Entnahme von Ressourcen und endet bei der Ansammlung von Abfällen. Es handelt sich um eine „Wegwerfwirtschaft“. Die Kreislaufwirtschaft lehnt sich an den Kreislauf der Ökosysteme an. Sie ist darauf ausgerichtet, die Abfälle bestimmter Industrien in Ressourcen für andere zu verwandeln, oder, verallgemeinert ausgedrückt, die Verwertung von Gütern bis zum Ende ihrer Nutzungsmöglichkeit zu systematisieren. Die Wirtschaft der Funktionalität zielt darauf ab, die Menge des verwendeten Materials zu beschränken (weniger Material bei gleicher Funktion). Der Verkauf einer Dienstleistung, die an die Stelle des Verkaufs eines Gutes tritt, ist eine mögliche Ausweitung dieser Strategie. In diesem Fall wird der Industrielle, der die Verwendung und Instandhaltung verkauft, dazu angehalten, langlebige und erweiterungsfähige Produkte zu entwickeln. Quelle: Le développement durable, Dominique Bourg, Gilles-Laurent Rayssac, Éd. Gallimard, 2006 Es handelt sich hierbei um ein Modell, das auf den Umgang mit Ressourcen anwendbar ist, und es rechtfertigt, dass man der nachhaltigen Entwicklung auch eine Gelegenheitsdimension zuordnet. René Dubos10 ist gemeinsam mit der englischen Wirtschaftswissenschaftlerin Barbara Ward Autor des Berichts über die erste internationale Umweltkonferenz, die in Stockholm im Jahr 1972 stattfand. Im Jahr 197811 schloss er einen Vortrag mit den folgenden Worten: „Die Erfahrung von Jahrtausenden zeigt, dass der Mensch beim Eingehen einer Symbiose mit der Erde und von der bestehenden Ordnung der Dinge ausgehend, nicht geahnte Zukünfte erfinden und erschaffen, und sich damit an einem dauerhaften Prozess der Schöpfung beteiligen kann.“ Der Übergang auf eine nachhaltige Welt ist technisch und wirtschaftlich möglich Zitiert von Hunter Lovins in Cinq défis et leurs solutions, französische Bearbeitung von Andreé Mathieu, http://agora.qc.ca 10 Amerikanischer Biochemiker französischen Ursprungs, er war Forscher und Professor am Rockefeller Institut in New York. 11 Die Wiederherstellung der Ökosysteme, Vortrag an der Universität von Colorado, http://www.walloniebruxelles.org/mot.nsf/Dossiers/Rene_Dubos 9 Inhaltsverzeichnis „Recycling von Abfällen in China: von Von-Hauszu-Haus-Sammlungen hin zu industriellen Lösungen“ Gespräch mit Hr. Haiyun XU, Chefingenieur am chinesischen Institut für Forschung und Städtebau. Das staatliche Institut wurde im Jahr 1985 gegründet und beschäftigt bei einem Umsatz von RMB 80 Millionen 300 Angestellte. Es hat bisher die Konzeption für über 10 Abfalldeponien und mehr als zehn Müllverbrennungsanlagen in China erstellt. EIN „ABFALL-PROFESSOR“ an der Universität von Peking Professor Huanzheng Du, Vizepräsident der Universität von Jiaxing, stellt sich gerne als einer der beiden „AbfallProfessoren“ Chinas dar. Er führt die Bewegung für eine Kreislaufwirtschaft an, deren Prinzipien sich langsam ausbreiten: „Anfangs war es nur eine Theorie, dann wurde es ein Konzept, und jetzt wird daraus ein Rahmengesetz“. Das Gesetz mit dem Titel „Gesetz über die Kreislaufwirtschaft“ ist in erster Lesung bereits im November 2007 durch die chinesischen gesetzgebenden Instanzen gegangen. Professor Du sieht die Herausforderung des Recyclings jedoch auch im Rahmen des internationalen Austausches und stützt sich dabei auf das Beispiel der Provinz Zhejiang (im Süden Schanghais), die paradoxerweise eine der rohstoffärmsten Provinzen ist, aber nach Peking und Schanghai das höchste Bruttonationalprodukt pro Einwohner aufweist. Gemäss Prof. Du ist diese Provinz der Beweis für den Reichtum, der in „Abfällen“ steckt. Vor zwanzig Jahren wurde in den Strassen gesammelt und man verwertete das Material recht und schlecht in kleinem Massstab. Heute werden nicht nur Strassenabfälle wiederverwertet, sondern vor allem auch Abfälle der lokalen Industrie und aus dem Ausland, wobei man fortschrittliche Technologien einsetzt, die es erlauben, Endprodukte mit internationaler Qualität herzustellen. Seiner Meinung nach muss man den Import von Sekundärrohstoffen unterstützen. Die entsprechende Gleichung sieht folgendermassen aus: China ist die Fabrik der Welt und ihr Rohstoffbedarf ist nicht zu stillen. Die Arbeitskosten sind nennenswert niedriger, wodurch die Gewinnung von Sekundärrohstoffen nicht nur machbar, sondern auch gewinnbringend wird. Die Einfuhr von westlichen Abfällen nach China dient daher einem doppelten Zweck, nämlich dem Umweltschutz auf globalem Niveau und gleichzeitig der Versorgung Chinas mit Rohstoffen. Sein Kommentar: „Durch die Widerverwertung einer Tonne Papier kann man 17 Bäume retten”. Um wirklichen Fortschritt zu erzielen, müsste die Welthandelsorganisation nach Meinung von Prof. Du ihre Einstellung zur internationalen Bewegung von Abfällen ändern. Abfälle sind ebenfalls Rohstoffe und sie sollten Bestimmungen unterliegen, die den Markterfordernissen besser entsprechen, d. h. eine eigene Klassifikation erhalten. In zunehmendem Umfang beginnen NROs und Staaten diese Idee zu aufnehmen, aber es bedarf auch der Unterstützung internationaler Grossunternehmen, um dieses Konzept voranzutreiben. „Wir benötigen Vorschriften, die den Austausch von Abfällen erleichtern, aber gleichzeitig deren Zusammensetzung und Bestimmungsorte genauestens kontrollieren.” Seiner Meinung nach ist es nicht schwierig, Abfälle zu „kennzeichnen“. Damit liesse sich z. B. feststellen, dass aus dem Wrack eines deutschen Autos ein Sack mit kleinen Metallkugeln in China wurde, die zur Herstellung eines neuen Gegenstandes verwendet werden. Er möchte überwachte internationale Zonen für die Aufbereitung von Abfällen einrichten, womit man Hygiene- und Sicherheitsprobleme lösen und Qualität garantieren könnte. Diese Sonderzonen, die idealerweise in der Nähe von Häfen liegen sollten, müssten unter der Kontrolle der Regierung stehen. Denn heute kommt viel über Hongkong, dem Umschlagplatz für Rohmaterial, insbesondre Kunststoffe. Die Gesetze sind einfacher, und einmal in Hongkong angekommen, ist die Weiterleitung nach China unkompliziert. Inhaltsverzeichnis Wie stellt sich die situation der Behandlung von abfällen in china in groben Zügen dar? Es gibt in China 661 Städte, die jährlich 155 Millionen Tonnen Abfall produzieren (Zahlen aus dem Jahr 2005) und man schätzt, dass davon 52 % über Deponien, durch Verbrennung oder Kompostierung entsorgt werden. Die verbleibenden 48 % werden also nicht behandelt. Man muss außerdem berücksichtigen, dass wir eine enorme Menge von „Abfallräubern“ haben, die bereits einen Großteil der Arbeit ganz am Anfang des Sammel- und Wiedergewinnungsprozesses übernehmen. Darüber gibt es zwar keine offiziellen Statistiken, aber man schätzt, dass derzeit mindestens 30 % der Abfälle durch diese individuellen Recycler wiedergewonnen werden, die man fast überall auf den Straßen findet. Sie schieben oder ziehen ihre Karren, die mit Bergen von Altpapier, auf Baustellen gesammelten Brettern oder Plastikflaschen beladen sind. Zahlreiche Familien sammeln und verkaufen ebenfalls ihr Altpapier und Verpackungsmaterial (Kunststoffe, Konservendosen aus Blech oder Aluminium etc.). Glasflaschen unterliegen normalerweise einem Pfand. Was geschieht mit Problemabfällen, wie z. B. Batterien? Seit ungefähr acht Jahren drängen verschiedene NROs darauf, dass es schlecht und gefährlich für die Umwelt ist, Batterien mit dem Rest wegzuwerfen, aber im Jahr 2004 hat SEPA, unsere staatliche Umweltschutzorganisation, bekannt gegeben, dass normale Batterien (z. B. alkalische) keine Auswirkungen haben, wenn man sie wegwirft, und das wird derzeit auch gemacht. Man müsste Sammelstellen einrichten, was recht einfach wäre, denn es handelt sich um trockene, kompakte Abfälle, aber im Moment gibt es sie nicht. Die Erzeuger von Batterien müssten die Verantwortung übernehmen, das Problem ihrer Behandlung zu lösen. Wenn man eine Quellensteuer (sobald eine Batterie die Fabrik verlässt) ein- und die Maschinen, die sie verwenden, sind sehr auf Handarbeit ausgelegt. Dieser Sektor ist heute noch zu verteilt und dezentralisiert, um ihn effizient kontrollieren zu können. Aber es scheint mir auch unrealistisch, diese Tätigkeiten Wird recycling in china als eine wirtzentralisieren zu wollen. Zugegeben, schaftliche chance oder als eine Pflicht diese Tätigkeiten resultieren in enormer gegenüber der umwelt gesehen? Umweltverschmutzung, aber wenn wir In der Folge des 17. Kongresses wurde sie untersagen, landen die Abfälle auf ein neues Gesetz über das Recycling von Deponien und wir sind doppelte Verlierer. elektronischen Produkten erlassen, aber Selbst wenn man in diesem Bereich für den Rest gibt es meines Wissens keine Gesetzgebung. Trotzdem besitzt Gesetze erlassen würde, wäre es viel zu das Recycling in China eine durchaus kostspielig, sie umzusetzen. Und würde wirtschaftliche Logik. Nachdem uns Roh- man das Recycling von elektronischen stoffe außerordentlich fehlen, betrachten Produkten durch Kleinbetriebe verbieten, wir wiederverwertbare Abfälle als echte müssten alle diese kleinen Unternehmer Rohmaterialien, die auf ein zweites Leben betriebsbedingte Kurzarbeit ankündigen. warten. Für die meisten Menschen ist Es wird mindestens noch fünf oder sogar Recycling eine Einkommensquelle, für zehn Jahre dauern, bevor man das in die „Abfallräuber“ sogar die wichtigste, den Griff bekommt. Für jemanden aus und es stellt ein nicht zu unterschätzendem Westen ist das schwer zu verstehen, des Zusatzgehalt für jene Familien dar, die ihr Altpapier und Verpackungsmaterial aber wenn hier eine Familie einen alten verkaufen. Fernsehapparat auf die Straße stellt, weil sie sich einen neuen gekauft hat, wissen man sagt sehr oft, dass china die fabrik alle, dass man von dem, der ihn haben der Welt sei. manche behaupten jedoch will, ein Angebot erwartet. auch, dass china der mülleimer der Welt werden könnte. Wie denken sie darüber? Wie würden sie die HerausfordeWir sehen das ganz anders. Zunächst rungen und Probleme des recyclings von einmal verbietet China den Import von abfällen zusammenfassen? Abfällen, hingegen dürfen wir SekundärZurzeit bestehen wir auf Kreislauf- oder rohstoffe importieren. Unsere ArbeitsZykluswirtschaft, aber ich glaube, dass kosten sind erheblich niedriger als im wir letztendlich auf dem „grünen“ Aspekt Westen, unser Bedarf an Rohstoffen ist des Recyclings bestehen sollten. Das enorm, wir haben keine Wälder mehr: alles das erklärt den Strom von „Ressour- größte Problem stellen die fehlenden cen zur Wiederverwertung“, Investitionen bei der Sammlung und die nach China kommen. Behandlung von Abfällen und der Einbeziehung von Umweltfragen in diesen Wo steht china bei recyclingProzess dar. Es wäre wirklich notwendig technologien? von einem wirtschaftlichen Recycling auf Was Papier anbelangt, keinerlei techein ökologisches Recycling überzugehen. nisches Problem, denn wir haben die Ich bin jedoch der Meinung, dass die gleichen Fabriken wie Europa. Bei Mittel dafür nicht nur vom Staat komelektrischem und elektronischem Müll men dürfen, sondern es müssen sich der hingegen fehlen uns Erfahrung und Einzelne und die Industrie genauso daran Know-how. Er wird weitestgehend von kleinen Familienunternehmen verarbeitet beteiligen. führen würde, könnte man dieses Geld zur Behandlung des Produkts am Ende seines Wirtschaftszyklus verwenden. Dies ist allerdings nur bis zu einem gewissen Grad machbar. Inhaltsverzeichnis „Einen höheren Wissensstand erreichen, um geänderten Anforderungen entsprechen zu können“ Gespräch mit Michel Ngapanoun, Generaldirektor von Hysacam (Hygiéne et Salubrité du Cameroun, kamerunisches Unternehmen für Hygiene und Gesundheit), gegründet im Jahr 1969, größter Anbieter von Umweltdienstleistungen in Kamerun. der umgang mit abfällen unterscheidet sich kulturbedingt in einzelnen ländern und hängt vom Entwicklungsstand ab. Wie ist die situation in Kamerun in diesem Zusammenhang? Abfälle werden in der Welt kultur- und wirtschaftlich bedingt unterschiedlich wahrgenommen und definiert. Was in einem entwickelten Land als Abfall betrachtet wird, weil das Produkt einen gewissen Abnutzungsgrad erreicht hat, oder weil ein Behälter leer ist, behält in einem Land wie Kamerun nach wie vor einen Gebrauchswert. Aber auch Kamerun, genauso wie alle anderen Länder, er-lebt eine zunehmende Urbanisierung, die zu einer Veränderung im Konsumverhalten führt, und dies spiegelt sich in der Entwicklung der Abfallarten wider. Papier, Karton und Kunststoffe nehmen zu. Dies führt zu einer unterschiedlichen Wahrnehmung von dem, was als Abfall angesehen wird, und hängt davon ab, ob man ihn aus städtischer oder ländlicher Sicht betrachtet. In Städten, wo nur beschränkter Platz verfügbar ist, hat auch das Thema Abfall einen höheren Stellenwert. In den Dörfern, wo es kaum Verpackungsmaterial gibt oder der Abfall fast vollständig biologisch abbaubar ist und zumeist unter Bananenstauden oder Kaffeebüschen endet, trifft dies nicht zu. Wir setzen daher unsere Prioritäten im städtischen Raum, in dem die Herausforderung vor allem gesundheitlicher Natur ist. Eine Studie, die im Jahr 1999 in Yaoundé durchgeführt wurde, zeigte, dass durch die vernünftige Behandlung von Abfällen bei bestimmten Krankheiten, wie Malaria oder Hautkrankheiten, ein Rückgang um bis zu 20 % verzeichnet werden konnte. Wie weit ist die Bevölkerung hinsichtlich dieser fragen sensibilisiert? Es ist effektiv ein zunehmendes Bewusstsein festzustellen und unser Unternehmen, das seit 40 Jahren besteht, hätte sich ohne das Bestehen eines entsprechenden Bedarfes nicht entwickeln können. Die Sammlung von Haushaltsmüll ist übrigens eine Aufgabe des öffentlichen Dienstes und in unseren Gesetzen verankert, aber die den Gemeinden zur Verfügung stehenden Mittel steigen nicht notwendigerweise mit den zunehmenden Anforderungen. Es ist uns bewusst, dass es sich hier um eine Priorität handelt und wir nehmen dieses Thema laufend in unseren Gesprächen mit den Behörden auf. Als die Paris-Dakar-Rallye im Jahr 1992 durch Yaoundé kam, stellten die Medien unsere Hauptstadt nicht gerade im besten Licht dar und jedermann kann erkennen, dass ein so wenig erfreuliches Bild weder dem Tourismus noch der wirtschaftlichen Entwicklung förderlich ist. Wir versuchen, die Bevölkerung auf lokalem Niveau direkt zu sensibilisieren. Unsere zahlreichen Standorte in Kamerun sind dabei sehr hilfreich, denn wir sind in den sieben wichtigsten Städten des Landes tätig und haben uns in unserem Tätigkeitsbereich ein Fachwissen an-geeignet, das es uns erlaubt, nicht nur die Stadtzentren, sondern auch die Peripherie zu bedienen. Die Idee, dass Sauberkeit ein Recht für alle darstellt, aber auch eine Notwendigkeit ist, für die jeder Einzelne Verantwortung hat, macht langsam Fortschritte. Wir unterstützen die Idee der Gründung einer nationalen kamerunischen Vereinigung für Abfälle, um dem Thema des Abfallmanagements sowie der Erhaltung der städtischen Umwelt eine breitere Basis zu geben. Man darf dabei aber nicht vergessen, dass unabhängig vom Grad der Sensibilisierung und des politischen Willens, Kamerun ein Entwicklungsland ist, das nur über beschränkte Mittel verfügt, und dies trifft insbesondre auf Abfallmanagement zu. ist in diesem Kontext recycling in organisierter form überhaupt aktuell? Mit der Zunahme von Abfällen in Zusammenhang mit Urbanisierung sind, wie auch in zahlreichen anderen Regionen der Welt, informelle Netze für die Wiederverwertung von Textilien, Kunststoffen und anderen Materialien entstanden, die in Abfällen in größeren Mengen vorkommen. Hier handelt es sich jedoch eher um Wiederverwendung als um Recycling. Das betrifft Metalle, aber auch Verpackungsmaterial aus Glas und Kunststoff, die ihr zweites Leben bei der Verpackung von handwerklichen Produkten finden, wie z. B. von Palmöl, das in Kamerun vorwiegend konsumiert wird. Vor einigen Jahren untersuchte UNIDO, die Organistion der Vereinten Nationen für industrielle Entwicklung, die Möglichkeit eines Programms, das diese Tätigkeiten gemeinsam mit Industrieunternehmen organisieren würde. Man wollte bei Investitionen in Maschinen zur Veredelung von Abfällen in Halbfertigprodukte helfen, die dann wieder Eingang in die Produktion finden sollten. Dieses Projekt wurde bedauerlicherweise nicht weiterverfolgt, aber man muss zugeben, dass der Markt für widerverarbeitete Materialien in Kamerun sehr klein ist, sodass es keinen Sinn macht etwas zu produzieren, wofür keine Abnehmer vorhanden sind. In Europa wurden Müllverwertungsanlagen entwickelt, die das Recycling begünstigen, aber dies setzt Investitionen und operative Budgets voraus, die wir nicht besitzen. Diese Entwicklungsrichtung bleibt bei uns jedoch auf der Tagesordnung, wie es die unter dem Namen Mécanismes de Développement Propre12 (MDP) geplanten Projekte beweisen. Eines dieser Projekte sieht die Errichtung einer Kompostierungsanlage vor, in der biologisch abbaubare Produkte wiederverwertet werden sollen, die 82 % bis 85 % unserer Abfälle ausmachen, ebenso wie einer Biogasanlage, was auch dem Wunsch des kamerunischen Präsidenten entspricht, der sich vor der UNO für die Teilnahme unseres Landes am Kampf gegen die Klimaerwärmung verpflichtet hat. Das Mécanisme de Développement Propre, oder MDP, der Vereinten Nationen beschäftigt sich mit Projekten zur Verminderung des Ausstoßes von Treibhausgas in Entwicklungsländern. Es ermöglicht privaten oder öffentlichen Investoren aus Industrieländern, bestätigte Emissionskredite auf Basis der erzielten Reduzierung zu erwerben. 12 Inhaltsverzeichnis Wirtschaftliche tätigkeit produziert homogene abfälle, die man viel einfacher am Entstehungsort sammeln kann, und deren Wiederverwertung dort auch einfacher ist. Können sie dies auch in Kamerun feststellen, und ist ihr unternehmen ebenfalls in diesem Bereich tätig? Diese Frage schließt eine ganze Reihe von Herausforderungen ein, aber ganz besonders die des Gleichgewichts zwischen industrieller Entwicklung und Achtung vor der Umwelt. Ich habe bereits auf unser Engagement bei Projekten des MDP und anderen Projekten ähnlicher Natur hingewiesen, die im Bereich der Forstwirtschaft und der Agrarindustrie mit dem Ziel der Erzeugung von Energie aus Abfällen und der Gewinnung von Biogas entstehen. Was aber den Willen der Unternehmen betrifft, ihre Abfälle zu kontrollieren und wiederzuverwerten, so hat die Wahrheit zwei Gesichter. Der Bau der Pipeline zwischen dem Tschad und unserer Küstenstadt Kribi hat zahlreiche NROs auf den Plan gerufen, die wegen der Umwelt besorgt sind. Der hohe Bekanntheitsgrad dieses Projektes hat alle daran Beteiligten gezwungen, die Erdölkonzerne ebenso wie die beauftragen Bauunternehmen, sich sehr genau an Umwelterfordernisse zu halten. Aber nicht alle ausländischen Industrieunternehmen, die sich in Afrika niederlassen, fühlen sich an dieselben Umweltauflagen gebunden, wie sie in ihren Heimatländern existieren. Natürlich bedeutet nach Afrika zu gehen für verschiedene von ihnen auch, dass man sich von bestimmten Beschränkungen freimachen will, und sie diesen Beschränkungen zu unterwerfen hieße das Risiko eingehen, dass sie sich woanders niederlassen. Aber auch in dieser Frage machen wir Fortschritte. Unsere Verwaltung hat Kontrollen und Strafen für Unternehmen eingeführt, die ihre Abfälle nicht ordnungsgemäß behandeln und diese Maßnahme trägt bereits erste Früchte. In unserem Unternehmen sind wir auch der Meinung, dass Industrieabfälle ein Entwicklungspotential beinhalten. Während unseres fast 40jährigen Bestehens haben wir uns solides Fachwissen angeeignet, das es uns erlaubte eine Organisation aufzubauen, die den Verhältnissen in Kamerun angepasst, aber auch sehr flexibel ist. Wir sind uns der Notwendigkeit bewusst, dass wir einen höhe- ren Wissensstand erreichen müssen, um geänderten Anforderungen, insbesondre bei der Behandlung von gefährlichem Abfall der Industrie und von Spitälern gerecht zu werden. Vor allem aber ist es wichtig, die Müllsammlung sicherzustellen und die Umwelt zu schützen. Inhaltsverzeichnis DIE LEKTION VON PROFESSOR BABBAGE: Kostenreduktion und Ressourceneinsparung Charles Babbage, englischer Mathematiker an der Universität Cambridge, wird als einer der Väter der Informatik angesehen. In seinem Werk On the Economy Of Machinery And Manufac tures, das 1832 veröffentlicht wurde, verwendet er das Beispiel einer Gerberei um die perfekte Ausnutzung eines Rohstoffes aufzuzeigen. Zu den Ursachen, die zu einer Verringerung von Produktionskosten führen, die aber zusätzliches Kapital verlangen, gehört die besondere Aufmerksamkeit, die man in grossen Fabriken der vollständigen Verwertung von Rohstoffen widmet. Dies führt oft dazu, dass man in derselben Anlage zwei Arten von Tätigkeiten ausübt, die an und für sich vollständig getrennt sein müssten. Um ein treffendes Beispiel für diese Art von Wirtschaftlichkeit zu geben, scheint es mir ausreichend, die verschiedenen Arten handwerklicher Tätigkeit bei der Verwertung von Tieren aufzuzählen. Der Gerber, der die Häute kauft, entfernt die Hörner und verkauft sie an Hersteller von Kämmen und Laternen weiter. Das Horn besteht aus zwei Teilen: einem äusseren, Oben: Paris-La Plaine St Denis - Ein Enthornungsbetrieb Unten: Déville-lès-Rouen - Klassifizierung von Hörnern Rechts: Paris-Montreuil-sous-Bois – Einlagerung von aussortierten Häuten Inhaltsverzeichnis der die Hülle des Horns als solche darstellt, und einem inneren, der aus einem kegelförmigen Material besteht, einem Zwischending von Knochen und verhärtetem Haar. Die erste Tätigkeit besteht darin, die zwei Teile zu trennen, indem man das Horn gegen einen Holzblock schlägt; dann zertrennt man die äussere Hülle des Horns mit einer Säge in drei Teile. man stellt es zur Seite und verkauft es später an die Hersteller von gewöhnlicher Seife. 5. Das verbleibende Wasser nützt man als eine Art Klebstoff, der von Appreteuren zur Behandlung von Stoffen verwendet wird. 6. Die verbleibenden Materialien werden mit einem Mühlstein zermahlen und an Bauern als Dünger verkauft. 1. Der untere Teil, die Wurzel des Horns, wird verschiedenen Behandlungen unterzogen, die dazu dienen, ihn flach zu machen und er wird in die Form eines Kammes gebracht. 2. Der mittlere Teil, den man unter Erhitzen flach, und durch Eintauchen in Öl durchsichtiger macht, wird in dünne Scheiben geschnitten, und er ersetzt in dieser Form das Glas in gewöhnlichen Laternen. 3. Die Spitze des Horns wird zur Herstellung von Messergriffen, Kreiseln für Kinder oder anderen ähnlichen Gegenständen verwendet. 4. Das Innere oder der Kern des Horns wird in Wasser gekocht. Dabei steigt eine grosse Menge Fett an die Oberfläche, Die beim Fabrikanten von Kämmen anfallenden Späne werden ebenfalls an Bauern als Dünger zu einem Preis von einem Shilling pro Scheffel verkauft. Dieser Dünger zeigt zwar im Jahr der Ausbringung noch keine Wirkung, diese macht sich jedoch in den darauf folgenden vier oder fünf Jahren durchaus bemerkbar. Das Abfallmaterial der Hersteller von Laternen besteht aus sehr dünnen Scheiben. Ein Teil davon wird in Figuren geschnitten, die man bemalt und wegen ihrer hygrometrischen Eigenschaft als Kinderspielzeug verwendet, da sie sich durch die Hitze der Hand verbiegen. Der grössere Teil wird ebenfalls als Dünger verkauft, der seine volle Wirkung bereits bei der ersten Ernte entwickelt, da die Stücke sehr dünn sind. Inhaltsverzeichnis Die Globalisierung des Recyclingmarkts Der Anteil von Sekundärrohstoffen in der globalen Industrieproduktion nimmt laufend zu. Der Aufschwung in den Entwicklungsländern, die explosionsartige Entwicklung der Nachfrage und der Preise von Rohstoffen sowie die drohende Verknappung machen Recycling in zunehmendem Maße unvermeidbar; eine Grundtendenz, die zu zusätzlichen gesetzlichen Vorschriften über die Abfallnutzung führt. Ganz offensichtlich nimmt die Bedeutung und der Umfang von Recycling auf dem Rücken der dynamischen Weltwirtschaft und des kometenhaften Anstiegs der Nachfrage nach Rohstoffen weiter zu. Seit den 60er Jahren des letzten Jahrhunderts weist das weltweite Bruttoinlandsprodukt wegen der beschleunigten Entwicklung in den Schwellenländern ein bisher noch nie erlebtes Wachstum auf: 4,4 % im Durchschnitt zwischen den Jahren 2001 und 2006, und mehr als 5 % im Jahr 2006. Die Liste wird von den asiatischen Ländern angeführt, allen voran China (zwischen 10 % und 10,7 % jährliches Wachstum zwischen 2003 und 2006), gefolgt von Indien (zwischen 7 % und 9 % jährliches Wachstum seit 2003), aber auch von den Ländern Zen- Inhaltsverzeichnis tral- und Osteuropas sowie der Türkei (+ 6,8 % durchschnittlich im Jahr 2006). Das Ergebnis dieser wirtschaftlichen Vitalität ist die anhaltende Steigerung der weltweiten Produktion, wobei sich das Wachstum in Ländern wie China, der Fabrik der Welt, sogar exponentiell entwickelte. Weltweit nahm zwischen den Jahren 2001 und 2006 die Produktion von Rohstahl um 47,5 % und in China um 194 % zu. Innerhalb von sechs Jahren ist die weltweite Produktion von Papier um 9 % gestiegen, die von China um das Doppelte. Das Ergebnis: Die Nachfrage nach Rohstoffen explodiert, das Angebot an natürlichen Ressourcen kann damit kaum Schritt halten, die Märkte für Sekundärrohstoffe boomen. Seit dem Jahr 2000 wurde die Inhaltsverzeichnis weltweite Kapazität von Elektroschmelzöfen für die Herstellung von Stahl aus Schrott um das Dreifache gesteigert. Heute schon stellt Schrott in Europa mehr als 40 % des Rohmaterials für die Stahlerzeugung und in Nordamerika sogar über 57 % dar. Ebenso hat die Produktion von wiederverwertetem Aluminium in Europa seit dem Ende der 90er Jahre rasant zugenommen und sich in 20 Jahren verdreifacht. Regenerat-Zellulose hat im Jahr 2007 bei der Herstellung von neuem Papier vermutlich die symbolische 50 %-Marke überschritten. Zwischen den Jahren 1970 und 2006, in denen die Papierproduktion um 167 % zunahm, ist der Verbrauch von neuem Zellstoff nur um 96 % gestiegen, während der von Recycling-Papier um 386 % nach oben schnellte! Sekundärrohstoffe werden bei der Herstellung einer zunehmenden Anzahl von Produkten unabdingbar, umsomehr als Recyclingtechnologien weiterentwickelt wurden und sich die wirtschaftliche Seite dieser neuen Ressourcen sehr oft als vorteilhaft herausstellt. Nicht nur ist Recycling-Zellulose billiger als neuer Papierzellstoff, sondern ausgehend von diesem Material wird bei der Herstellung von einer Tonne Neupapier um 67 % weniger Energie verbraucht. Elektroschmelzöfen haben einen erheblich geringeren Investitionsbedarf als herkömmliche Hochöfen und die Herstellung von Stahl aus Schrott anstelle von Eisenerz und Koks konsumiert um 85 % weniger Energie. Eine ganze Reihe von überzeugenden Argumenten, ganz besonders bei rapide steigenden Energiepreisen. Die Schwellenländer industrialisieren sich über die Versorgung in den reichen Ländern globalisierung der märkte Eine weitere Auswirkung dieser neuen Situation: Recyclingmärkte werden global. Mit der steigenden Nachfrage aus den Schwellenländern verlagern sich auch die Vorkommen in Länder mit beschleunigtem Wirtschaftswachstum, die so zu Produzenten von Abfällen und daher Sekundärrohstoffen werden. Zwischen den Jahren 1998 und 2006 hat der weltweite Austausch von Schrott z. B. um 65 % zugenommen, wobei die Türkei inzwischen der weltweit größte Importeur ist. Die Vereinigten Staaten ihrerseits haben den Export von wiederverwertbarem Papier, Metall, Kunststoff und anderem Material um 62 % gesteigert. Ihre größten Kunden? Schwellenländer oder neu industrialisierte Länder wie Indien, die Türkei, Taiwan, Mexiko, Südkorea und vor allem China. Hinter den Exporten der Luftfahrtindustrie folgten Exporte von Sekundärrohstoffen in den USA im Jahr 2005 bereits an zweiter Stelle. Eine symbolische Revolution der neuen Weltwirtschaftsordnung. Der Norden baute seine Entwicklung auf den Rohstoffen des Südens auf. Heute sind es die Schwellenländer, die sich industrialisieren, indem sie sich bei den reichen Ländern eindecken. Die dritte Konsequenz des Aufstiegs der Schwellenländer und ihres unersättlichen Appetits nach Rohstoffen: Recycling wird ertragsträchtiger und es sollte dadurch noch weiter zu seiner eigenen Entwicklung beitragen. Allein der Unterschied in den Arbeitskosten der Schwellenländer und der reichsten Länder lässt neue Betätigungsfelder entstehen und Abfälle (ohne Tauschwert) werden zu Ressourcen, die einen Preis haben. Das ist z. B. der Fall bei unsortierten Plastikfolien, die bei der Industrie oder den Großverteilern abgeholt werden. „In Europa ist es unmöglich, sie wiederzuverwerten,“ erklärt Jacques Musa, Direktor der Abteilung Kunststoffe von Veolia Environmental Services France Recycling. „Sie nach Materialtyp zu sortieren und Klebestreifen sowie Etiketten zu entfernen wäre einfach zu teuer. In den Ländern Asiens hingegen ist dies machbar, und seit nunmehr fünf Jahren importiert China dieses Material. Heute nimmt man dort ca. 40 % und in Indien 10 % des in Europa gesammelten Materials ab.“ dauerhafte Preissteigerung Vor allem aber haben die Preise von Recyclingmaterial von der Tendenz steigender Preise bei Rohstoffen profitiert, wofür der Flirt des Fasses Rohöl mit der 100-$-Grenze ein gutes Beispiel ist. Der Preis für Eisenerz hat im Jahr 2005 um 71,5 % und im Jahr 2006 um 19,5 % zugelegt. Die Gefahr einer Verknappung aufgrund der sich explosionsartig entwickelnden Nachfrage und verspäteter Investitionen der Montanindustrie in neue Produktionskapazitäten sowie Spekulationen von Investitionsfonds haben auch bei einer Anzahl von Nichteisenmetallen zu rasanten Preissteigerungen geführt. Angetrieben von der steigenden Nachfrage nach Batterien hat sich der Preis von Blei verzehnfacht. Innerhalb von zwei Inhaltsverzeichnis Jahren ist Nickel, das besonders bei der Herstellung von rostfreiem Stahl benötigt wird, um nahezu 150 % gestiegen; Kupfer, das in großem Umfang bei elektrischen und elektronischen Geräten Einsatz findet, um 200 %. Der Preis von Nichteisenschrott passt sich dieser Entwicklung an, genauso wie der von Eisenschrott und, in etwas geringerem Umfang, der von recyceltem Kunststoff und Recycling-Papier. „Was dabei zu Beginn des 21. Jh. neu ist, ist, dass es sich um eine grundlegende Tendenz zu handeln scheint,” unterstreicht Taïsei Miura, Direktor für Marketing und Entwicklung Frankreich von Veolia Environmental Services. „Die Märkte für Rohstoffe und Recyclingmaterial waren immer schon sehr anfällig. Aber ab jetzt werden die Preise, selbst wenn sie Fluktuationen unterliegen, langfristig eine Tendenz nach oben aufweisen. Aus diesem Grund werden Ansätze zur Wiederverwertung, die man gestern noch nicht verwirklichen konnte, heute zunehmend Realität. Im Osten Frankreichs hat z. B. SARP Industries, eine unserer Tochtergesellschaften, eine Anlage zur Wiedergewinnung von Nickel aus Industrieabwässern in Betrieb genommen. Diese Investition ist angesichts der jüngsten hohen Preise auf dem Nickelmarkt durchaus gerechtfertigt. Bisher war der Einsatz von Technologie in unserem Tätigkeitsbereich eher beschränkt, das hat sich jedoch seit dem Anstieg der Preise von Recyclingmaterial grundlegend geändert. Heute stehen wir stärker im Blickfeld und wir können in größerem Umfang in F&E investieren. Dies erlaubt uns zunehmend komplexere Sortiertechnologien zu entwickeln, die es uns in Zukunft ermöglichen, weitere Materialen wiederzuverwerten.“ Falls keine wirtschaftliche oder geopolitische Krise auf uns zu kommt, verspricht die Nachfrage nach Rohstoffen in den kommenden Jahrzehnten anzuhalten. Die Weltbevölkerung, die in einer Generation bereits um 46 % gestiegen ist (4,5 Milliarden Bewohner im Jahr 1980, 6,5 Milliarden im Jahr 2005), wird bis zum Jahr 2020 um weitere 1,3 Milliarden zunehmen. Bis ins Jahr 2020 sollte die Wirtschaft Chinas jährlich um 6,6 % und die Indiens um 5,5 % wachsen. Andere asiatische Länder folgen diesem Beispiel: Indonesien (223 Millionen Einwohner, ca. 6 % Wachstum im Jahr 2006), Vietnam (84,1 Millionen Einwohner, Wachstum über 8 %), Philippinen (84,6 Millionen Einwoh Inhaltsverzeichnis ner, Wachstum über 5 %) oder Thailand (64 Millionen Einwohner, Wachstum 5 %). Der Bedarf wird also weiterhin steigen und die natürlichen Ressourcen werden abnehmen, besonders Rohöl, aber auch Metalle. Selbst wenn die Erschließung neuer Vorkommen punktuell die Situation aufhalten kann, so ist deren Verknappung langfristig unausbleiblich. Zunahme der Vorkommen von recyclingmaterial Thomas Graedel, Professor für industrielle Ökologie an der Yale-Universität (Vereinigte Staaten) hat z. B. errechnet, dass, falls im Jahr 2100 die gesamte Welt den Lebens- und Technologiestandard der Vereinigten Staaten erreicht, der weltweite Bedarf an Kupfer dauerhaft 1,7 Milliarden Tonnen betragen wird13. Dabei liegen die derzeit bekannten Reserven bei 1,6 Milliarden Tonnen, von denen jedoch mit der heutigen Technologie nur ein Teil abgebaut werden kann. Kupfer, aber auch Zink oder Platin werden möglicherweise noch vor dem Ende dieses Jahrhunderts zur Mangelware. Im Gegensatz dazu werden die Vorkommen von Sekundärrohstoffen notwendigerweise zunehmen. „In Finnland, Frankreich und Deutschland ist eine gewisse Entkoppelung von Konsumausgaben, die nach wie vor steigen, und dem Anfall von Müll, der beginnt abzunehmen, festzustellen, erklärt Bernard Lanfranchi, Marktdirektor von Veolia Environmental Services. Aber wenn man berücksichtigt, dass heute der Grad der Wiederverwertung von landwirtschaftlichen und kommunalen Abfällen in Ländern wie Deutschland oder Österreich um oder über 60 % liegt, während er im Durchschnitt der EU nur 36 % beträgt, besteht hier nennenswerter Spielraum für Verbesserungen. In dem Umfang, wie der Lebensstandard in den Entwicklungsländern zunimmt, werden auch diese mehr und mehr Abfälle und damit wiederverwertbare Rohstoffe produzieren.“ Mit annähernd 500 kg kommunalen Abfällen pro Einwohner und Jahr sind die städtischen Gebiete Chinas und der Türkei auf bestem Weg die USA, Osteuropa oder Australien einzuholen (zwischen 600 und 700 kg). Neben den Märkten selbst treibt ein weiterer Faktor das steigende Volumen von Recyclingmaterial: Die immer umfangreicheren gesetzlichen Bestimmungen zur Förderung der Abfallnutzung, unter ihnen ganz besonders die erweiterte Herstellerverantwortung, sind ein wichtiger Motor der Recy13 Alternatives économiques No. 250, Sept. 2006, Seite 50, Métaux en fusion, Benjamin Barda. Inhaltsverzeichnis clingwirtschaft. In Europa hat die erweiterte Herstellerverantwortung bereits zu einem starken Anstieg der Wiederverwertung von Verpackungsmaterial, Altölen von Fahrzeugen, Batterien, Autoreifen und Autowracks geführt, und sie ist auf dem besten Wege, sich auch auf elektrische und elektronische Altgeräte auszuweiten. Diese Geräte stellen eine Quelle für Sekundärrohstoffe dar, deren Bedeutung derzeit noch nicht genau abgeschätzt werden kann (bisher wurden sie großteils vergraben oder verbrannt), sie ist aber sicherlich nennenswert. In Frankreich erzeugen Unternehmen und Haushalte davon derzeit 1,7 bis 2 Millionen Tonnen pro Jahr (alleine aus Haushalten kommen ca. 16 kg pro Einwohner) und diese Zahl nimmt pro Jahr um 3 - 5 % zu. Diese Abfälle enthalten äußerst interessante Mengen Recyclingmaterial: Metalle (Stahl, Aluminium, Kupfer, Blei, Zink, Silizium), Glas, Kunststoff, kleine Mengen an Edelmetallen (Gold, Palladium, Platin, Silber). Im Durchschnitt besteht ein Computer aus 22 % Kunstsoff, 20 % Stahl, 14 % Aluminium, 7 % Kupfer, 6 % Blei, 2 % Zink, und man schätzt, dass 10 Millionen Computer aus ca. 135.000 Tonnen wiederverwertbarem Material bestehen. diversifikation der tätigkeitsbereiche „In Zukunft, und dies folgt aus der bisherigen Entwicklung, wird sich das Konzept der erweiterten Herstellerverantwortung, d. h., das Konzept ‚Umweltverschmutzer-Zahler‘, auch auf andere Arten von Produkten ausweiten, die das Ende ihrer Nutzungsdauer erreicht haben“, stellt Taïsei Miura fest. „Dies trifft z. B. bei einem Thema zu, das auch verstärkt durch die Medien ging, nämlich auf ausgediente Schiffe. Die Internationale SeeschifffahrtsOrganisation stellt derzeit Überlegungen an, dieses Prinzip auf Handelsschiffe anzuwenden, die zum Abwracken bestimmt sind.“ Schiffe sind tatsächlich eine Herausforderung: Weltweit werden jedes Jahr zwischen 200 und 600 Schiffe über 2.000 Tonnen abgewrackt und ab dem Jahr 2010 wird diese Zahl explosionsartig zunehmen, denn bis zum Jahr 2015 müssen zwischen 800 und 1.300 Einhüllentanker aus dem Verkehr genommen und verwertet werden. Das wichtigste Ergebnis der erweiterten Herstellerverpflichtung wird in diesem Fall jedoch sein, dass dieser Markt bereinigt, oder sich sogar vollständig verändern wird. Heute werden zwei Drittel der nicht mehr eingesetzten Schiffe in Südasien abgewrackt, vorwiegend in Bangladesch, wo sie auch großteils wiederverwertet werden (Verkauf von wiederverwertbaren Teilen). So stammen 80 - 90 % des in Bangladesch verwendeten Stahls aus diesem Bereich. Allerdings erfolgt das Abwracken sehr oft unter Bedingungen, die sowohl aus sanitärer als auch aus ökologischer Sicht katastrophal sind. Die erweiterte Herstellerverantwortung könnte daher zu neuen Recyclingaktivitäten mit Schiffen in entwickelten Ländern oder zur Gründung von „grünen“ Unternehmen in Asien führen. Aber auch auf Textilabfälle, ausgediente Möbel oder Bauschutt könnte man dieses Konzept anwenden. In Frankreich z. B. beträgt das Volumen von Bauschutt jährlich über 30 Millionen Tonnen (25 % mehr als Haushaltsmüll), von dem der Großteil nicht wiederverwertet wird. Europa hat sich als Ziel gesetzt, bis zum Jahr 2012 ca. 75 - 85 % dieser Abfälle wiederzuverwerten, ohne jedoch einschränkende Bestimmungen aufzuerlegen. Diese Situation könnte sich sehr schnell ändern, denn auch in diesem Bereich werden Ressourcen immer knapper. In der Region Paris können Steinbrüche die Nachfrage nach Zuschlägen, die das Basismaterial bei der Herstellung von Beton darstellen, nur zu ca. 60 % abdecken, und aufgrund demografischer und umweltbedingter Beschränkungen, sowie wegen des Widerstands der Öffentlichkeit wird es immer schwieriger, neue zu öffnen14. „In einer endlichen Welt kann es keine unendlichen Ressourcen geben,“ sagt Dominique Maguin, Präsident des internationalen Dachverbandes der Recyclingindustrie. „Wir können nicht unbeschränkt in der Erde herumwühlen, um unsere Entwicklung abzusichern. Wir müssen lernen, die uns verfügbaren Materialien wieder zu nutzen. Wir haben heute zweifelsohne einen Wendepunkt erreicht, an dem uns bewusst werden muss, dass dauerhafte Bemühungen gefordert sind. Recycling kann sicherlich nicht alle Bedürfnisse der Menschheit abdecken, aber es wird notwendigerweise eine der wichtigsten Industrien des 21. Jh. werden.“ Die eingeschränkte Herstellerverantwortung ist der zweite grosse Treiber der Recyclingwirtschaft 14 La Recherche N° 412, Okt. 2007, Construire demain, Seite 46, La maison recyclée, Anne Le Duigou Inhaltsverzeichnis Nord-Süd, Ost-West: Die Karten werden neu gemischt Die Nachfrage nach Sekundärrohstoffen verlagert sich zunehmend nach Zentral- und Osteuropa, dem Mittleren Osten und Asien. In dem Umfang, wie sich diese Regionen entwickeln, werden sich auch die Abfallvorkommen, die bisher hauptsächlich im Westen zu finden waren, dorthin verschieben. Das Volumen und die Zusammensetzung von Abfällen, die in verschiedenen Ländern anfallen, stehen in direktem Zusammenhang mit deren Lebensstandard. In Nordamerika oder Westeuropa produziert jeder Einwohner durchschnittlich 600 bis 700 kg Kommunalabfälle pro Jahr, während die Menge in Indien bei 100 kg liegt. Hinzu kommt, dass dieser Müll einen nennenswert höheren Anteil an wiederverwertbaren Feststoffen enthält. Nach einer Studie von Veolia Environmental Services besteht Haushaltsmüll in den entwickelten Ländern nur zu 30 % aus organischem Material, während er in Entwicklungsländern 75 % enthält. Andererseits ist der Anteil von Papier und ähnlichen Produkten im Haushaltsmüll industrialisierter Länder erheblich höher; er liegt bei 30 % im Vergleich zu 17 % in den Schwellenländern und 10 % in den am wenigsten entwickelten Staaten. Die Anteile von Glas und Kunststoff verhalten sich ähnlich, allerdings auf niedrigerem Niveau. Heute sind es natürlich die entwickelten Länder, die über die größten Vorkommen an Sekundärrohstoffen verfügen, aber sie sind noch sehr weit davon entfernt, das Potenzial dieser Ressourcen voll auszuschöpfen. Der Recyclinggrad in den einzelnen Ländern weicht erheblich voneinander ab (siehe nachstehende Grafik). In Europa werden z. B. in Österreich 60 % der Kommunalabfälle wiederverwertet oder kompostiert, in Griechenland weniger als 10 %. Die weltweite Recyclinglandschaft ist also aufgefordert, sich zu entwickeln. Unter der Voraussetzung, dass die Sammlung von Müll in den heutigen Schwellenländern ausgebaut wird, und vornehmlich in asiatischen Ländern mit hoher Bevölkerungsdichte, werden sie sich zu den wichtigsten Quellen für Sekundärrohstoffe entwickeln. Diese Verlagerung ist bereits in vollem Gange und lässt sich sehr einfach an dem folgenden Beispiel erkennen. Im Jahr 2007 lag der jährliche Verbrauch von Papier in China bei 40 kg pro Einwohner, verglichen mit 300 kg in Nordamerika und 250 bis 280 kg in Europa, er hat sich allerdings seit dem Jahr 2000 bereits verdoppelt. Ähnlich ver- die weltweite abfallnutzung von Kommunalabfällen (Quelle: Elisabeth Lacoste, Philippe Chalmin, Panorama Mondial des déchets 2006, Economica) hält sich die Situation bei Kunststoffen, von denen in Asien jährlich durchschnittlich 20 kg pro Einwohner konsumiert werden, erheblich weniger als die 100 kg der USA und Westeuropas, aber die Menge hat sich seit dem Jahr 1980 verzehnfacht. absatzmärkte: der osten, treiber der globalisierung Bestimmte Märkte für wiederverwertetes Material bleiben mehrheitlich national oder sogar lokal, so z. B. die für Glas, Kompost aus organischen Abfällen etc., aber der Großteil operiert weltweit. Das ist bei wiederverwendeten Textilien und hier vornehmlich bei Bekleidung aus den wohlhabenden Ländern der Fall, von der ein guter Teil traditionell nach Afrika und Asien exportiert wird, aber auch bei Kunststoffen, für die in Asien die Nachfrage enorm steigt. Vor allem aber trifft es auf Papier/Karton und Metall zu, die das größte gehandelte Volumen repräsentieren. Der globale Markt für Schrott ist nichts wirklich Neues, nur eben steigen die Mengen und sie verschieben sich mit der Entwicklung der Schwellenländer. Heute ist die Türkei weltweit der bei weitem größte Importeur: 13,3 Millionen Tonnen im Jahr 2006. Aber es ist nicht alleine das eigene beschleunigte wirtschaftliche Wachstum, das hinter dem zunehmenden Bedarf an Stahl steht, sondern auch die Tatsache, dass ein Teil der Produktion in die Golfstaaten exportiert wird, die ihren eigenen Boom erleben. Der Champion der Stahlindustrie ist jedoch mit großem Abstand China, das im Jahr 2006 422 Millionen Tonnen produzierte. Allerdings wird hauptsächlich Rohstahl hergestellt, und obwohl das importierte Schrottvolumen bedeutend ist, liegt es mit 5,4 Millionen Tonnen weit hinter dem der Türkei. Allerdings kann man erwarten, dass diese Menge zunimmt. Die Kapazität von Elektroschmelzöfen wird in China von 55 Millionen Tonnen im Jahr 2006 auf mehr als 80 Millionen Tonnen im Jahr 2010 ausgebaut, eine Steigerung um 45 %, während sie weltweit nur 25 % betragen wird. Inhaltsverzeichnis 40 % bis über 60 % Kommunalabfälle wiederverwertet oder kompostiert 20 % bis 40 % Kommunalabfälle wiederverwertet oder kompostiert weniger als 20 % Kommunalabfälle wiederverwertet oder kompostiert Zusammensetzung von Haushaltsmüll nach Bruttosozialprodukt (Quelle: Veolia Environmental Services) BsP/Einwohner < 7 000 $ 4% Metalle 5% Sonstiger Abfall BsP/Einwohner < 30.000 $ 12% Sonstiger Abfall 4% Glas 10% Metalle 28% Organische Abfälle 12% Plastik 8% Glas 17% Papier 58% Organische Abfälle 12% Plastik 30% Papier Inhaltsverzeichnis in 2005, 9,8 Millionen in 2006. Die Nummer eins der Exportländer sind die USA mit 14 Millionen Tonnen im Jahr 2006, gegenüber 11,9 Millionen Tonnen in 2004. Europa, selbst ein wichtiger Verbraucher von Schrott, liegt an dritter Stelle (9,9 Millionen Tonnen im Jahr 2006). Der wichtigste Kunde ist die Türkei, mit einer Steigerungsrate von 60 % im Jahr 2006. Papier/Karton: unersättliches asien Bisher war Russland der größte Schrottexporteur, aber angesichts des anhaltenden Wirtschaftswachstums wird die eigene Stahlproduktion erweitert (Inbetriebnahme von ca. einem Dutzend neuer Elektroschmelzöfen zwischen den Jahren 2005 und 2009), und die Ausfuhr von Schrott wurde mit Zöllen belegt, was zu einem entsprechenden Rückgang bei den Exporten führte: 12,8 Millionen Tonnen im Jahr 2004, 12,4 Millionen Tonnen Die Internationalisierung des Marktes für wiederverwertetes Papier/Karton ist eine relativ neue, aber interessante Entwicklung, die weitestgehend von asiatischen Ländern getrieben wird, wobei man davon ausgehen kann, dass diese Tendenz in den kommenden Jahren anhält. Zwischen den Jahren 2005 und 2012 wird der Verbrauch von RecyclingZellulose weltweit um 33 % zunehmen, in Asien jedoch um 62 %: + 65,3 Millionen Tonnen, gegenüber + 15,5 Millionen Tonnen im Rest der Welt. China ist hinter den USA der zweitgrößte Papierproduzent der Welt, aber der größte Importeur von Recycling-Zellulose. Im Jahr 2005 hat es nahezu die Hälfte der 41 Millionen Tonnen weltweit verfügbaren Recycling-Zellulose absorbiert und seither ist der Bedarf weiter gestiegen. Aber auch Indien, Indonesien und Thailand importieren immer bedeutendere Mengen Recycling-Zellulose, wobei besonders Indien progressiv zu einem der weltweit wichtigsten Märkte zu werden scheint. Im Jahr 2006 hat es 1,2 Millionen Tonnen Recycling-Zellulose im Ausland gekauft und diese Menge sollte sich bis 2010 auf 3,5 Millionen Tonnen erhöhen15. Nicht nur wächst die Bevölkerung Indiens rasant, sondern auch der Lebensstandard und das Ausbildungsniveau werden besser, was sich wiederum in der explosionsartigen Entwicklung des Papierverbrauchs manifestiert. Man geht davon aus, dass der Bedarf an Zeitungspapier bis ins Jahr 2020 jährlich um 5,6 % steigen wird, während er in Europa in diesem Zeitraum nur um 1,2 % wachsen und in Nordamerika und Japan sogar fallen sollte. Von dieser Dynamik profitieren die Vereinigten Staaten, der heute größte Exporteur von Recycling-Zellulose, aber auch Europa, wobei Asien mit Abstand der wichtigste Markt ist: Von den im Jahr 2005 exportierten 7,4 Millionen Tonnen Recycling-Papier gingen 7 Millionen Tonnen nach Asien. 15 Wichtigste schrottströme im Jahr 2006 (in millionen tonnen) (Quelle: Iron and Steel Statistics Bureau) 3 Kanada 1 4,1 5,8 3,1 1,5 russland 0,9 Europa 1,3 usa 1,1 türkei südkorea china 3,3 Japan 2,7 Ägypten 1,18 taïwan mexiko 2,5 3,4 internationale recycling-Papier-ströme im Jahr 2005 (Quelle: Jaakko Pöyry Consulting) 8 China 3 Restliches Asien 2,3 0,2 4,5 China 11 0,5 0,1 1,3 3 Restliches Asien 3,7 0,4 1,7 0,1 0,7 Recycling International, April 2007 Inhaltsverzeichnis Inhaltsverzeichnis China, Champion des Recycling-Papiers VOM ABFALL ZUR RESSOURCE: Weltweite Quellen und Absatzmärkte der wichtigsten Recycling-Materialien SCHROTT Quellen Wiedergewonnener Schrott stammt grösstenteils aus Fahrzeugwracks, ausgedienten Konsumgütern (grosse Elektrogeräte, Konservendosen etc.), Bauschrott und Industrieabfällen. Verwendung Stahl wird ohne Veränderung seiner Eigenschaften wiederverwertet und kann daher in den üblichen Bereichen erneut eingesetzt werden: Fahrzeuge, Elektrogeräte, Verpakkungen etc. Recycling-Volumen Im Jahr 2005 wurden weltweit ca. 434 Millionen Tonnen Schrott von der Eisen- und Stahlindustrie wiederverwertet. In den USA werden ca. 60 % des Stahls aus Schrott hergestellt, mehr als 50 % in Europa und ca. 20 % in China. NICHTEISENMETALLE Quellen Die wichtigsten Nichteisenmetalle sind Aluminium, Kupfer, Zink, Blei und Nickel. Die wiederverwertbaren Abfälle stammen aus der Industrie, ausgedienten Produkten (Fahrzeuge, Verpackungen, elektrische und elektronische Geräte, Batterien etc.) sowie Bauschrott. Verwendung Ab einem bestimmten Reinheitsgrad können Nichteisenmetalle ohne Verlust ihrer Eigenschaften in denselben Bereichen wie Primärmetalle eingesetzt werden. Recycling-Volumen Weltweit stammen ca. 60 % Blei, 40 % Nickel, 30 % Zink, 33 % Aluminium und Kupfer aus dem Recycling wiederverwertbarer Metalle. RECYCLING-ZELLULOSE Quellen Den Grossteil der Recycling-Zellulose liefern Unternehmen (Produktionsabfälle von Druckereien und Zulieferern, Verpackungsabfälle, Abfälle aus Handel und Industrie, Büropapier etc.), der Rest kommt aus Kommunalabfällen (Verpackungen, Zeitungen, Bücher und anderes bedrucktes Material). Verwendung Bei der Herstellung von Karton, Verpackungsund Druckpapier aller Qualitäten. Papier wird bis zu fünf Mal, Karton zehn Mal wiederverwertet. Recycling-Volumen Im Jahr 2005 wurden weltweit ca. 185 Millionen Tonnen Papier/Karton wiederverwertet, ungefähr die Hälfte von neuem Papier/Karton wird aus Recycling-Zellstoff hergestellt. KUNSTSTOFFE Quellen Ein Grossteil des wiederverwerteten Kunststoffes stammt aus Verpackungsmaterial des Handels, der Industrie und aus Haushalten. Der Rest sind gebrauchte Landwirtschaftsfolien, Teile abgewrackter Fahrzeuge und Bauabfälle. Die Komplexität der in elektrischen und elek tronischen Geräten verwendeten Kunststoffe beschränkt derzeit noch ihre Wiederverwertbarkeit. Verwendung Thermoplastisches Material (Polystyren, Polyamide, Polyethylene, Polypropylen, Polyvinylchlorid etc.) ist leichter wiederverwertbar und hat ein grösseres Einsatzgebiet als Duroplaste: Autoteile, die keinen Sicherheitscharakter haben (Gehäuse, Türverschalungen, Teppiche etc.), Computermonitore, Kabelmäntel, Fleece, Isoliermaterial aus Gebäuden, Gebinde etc. Recycling-Volumen Nur ein sehr kleiner Teil der weltweit jährlich hergestellten 230 Millionen Tonnen Kunststoff wird wiederverwertet. Im Jahr 2005 wurden in Europa z. B. 4 Millionen Tonnen Kunststoffe wiederverwertet (18 % der gesammelten Kunststoffe). Dieses Volumen nimmt allerdings jährlich um 10 % zu. Quellen: International Iron and Steel Institute, Centre d’information du Cuivre, European Copper Institute, Plastics Europe, International Zinc Association, Bureau International du Recyclage. Inhaltsverzeichnis China ist hinter den USA der zweitgrößte Papierproduzent der Welt, aber der weltweit größte Importeur von Recycling-Zellulose, und es wird in den kommenden Jahren seine Zukäufe noch erheblich steigern. Hier haben wir eine Erfolgsgeschichte, die der wirtschaftlichen Expansion Chinas gleichkommt und nur mit einem Wort beschrieben werden kann: beeindruckend! Gegen Ende der 80er Jahre beginnt Zhang Yin mit importiertem Recycling-Papier aus den USA zu handeln und die Papierindustrie zu beliefern, die bis dahin hauptsächlich aus Stroh gewonnene Fasern einsetzte. Zwanzig Jahre später ist sie die reichste Frau Chinas und leitet den größten chinesischen Papierhersteller, Nine Dragons. „Ein Konzern, der unglaublich wächst und der im Jahr 2010 durchaus zu den größten Papierherstellern der Welt zählen könnte,“ meint Marc-Antoine Belthé, Generaldirektor von Veolia Environmental Services France Recycling. Seit die chinesische Wirtschaft ihren Höhenflug antrat, hat sich der Lebensstandard allgemein enorm verbessert, und damit nahm auch der Verbrauch von Papier zu. Aus China wurde die Fabrik der Welt: 50 % der weltweit erzeugten Schuhe, DVD-Player und Digitalkameras, 70 % des Spielzeugs etc. kommen aus China und alle Exporte werden in Karton und Papier verpackt. Das ist auch der Grund für den enormen Bedarf an Zellulose. Seit dem Jahr 2000, in dem die westliche Papierindustrie durch eine Krise ging, die zur Schließung eines Teils ihrer Kapazitäten führte, hat China seine Produktionskapazität verdoppelt (61 Millionen Tonnen im Jahr 2006). Dies führte zum Aufstieg einiger Großunternehmen, die Papier zur Herstellung von Wellpappe erzeugen, die ihrerseits vorwiegend als Verpackungsmaterial Anwendung findet. Zu diesen Champions der Papierindustrie gehört Nine Dragons (Produktionskapazität im Jahr 2007 5 Millionen Tonnen), aber auch Lee & Man, der zweitgrößte Papierhersteller des Landes (3,5 Millionen Tonnen). Das ist aber noch nicht alles. China, das heute schon der zweitgrößte Papierproduzent nach den USA (102 Millionen Tonnen im Jahr 2006) ist, plant seine Produktion in den nächsten fünf Jahren auf 90 Millionen Tonnen hochzufahren. Bis dahin werden die zwölf wichtigsten chinesischen Papierproduzenten ihre Kapazitäten von 17,2 Millionen Tonnen auf 41,6 Millionen Tonnen ausbauen, wobei Nine Dragons sie auf nahezu 10 Millionen Tonnen verdoppeln will. Vielversprechende aussichten für recycler Dies ist eine einmalige Gelegenheit für Recycler, denn im Kielwasser von Nine Dragons greift die chinesische Papierindustrie in zunehmendem Maße auf Recycling-Zellulose zurück. Bis jetzt liegt der Prozentsatz zwar bei nur 31,6 % der Produktion, verglichen mit ca. 50 % im weltweiten Durchschnitt, aber er hat sich in den letzten sechs Jahren nahezu vervierfacht und eine weitere Zunahme ist unvermeidbar. China besitzt kaum Wälder und produziert daher auch nur sehr wenig Zellulose aus Holz. Die chinesische Regierung hat drastische Maßnahmen ergriffen, um die Herstellung von Zellstoff aus Stroh einzuschränken, da sie maßgeblich für die Verschmutzung von Flüssen verantwortlich ist. Die Sammlung von Altpapier wird zwar vorangetrieben, das Potenzial ist jedoch derzeit noch sehr beschränkt. Der Papierverbrauch der Bevölkerung liegt weit hinter dem des Westens, und der Großteil des Papiers wird in der Form von Verpackungsmaterial für Exportgüter in entwickelte Länder transportiert, mit dem Resultat, dass der lokalen Papierindustrie keine Alternativen bleiben, als Recycling-Papier zu importieren. Innerhalb von sechs Jahren haben sich die Zukäufe von Recyc ling-Zellulose auf 19,6 Millionen Tonnen im Jahr 2006 nahezu verfünffacht (im Jahr 2007 werden es voraussichtlich 22 Millionen Tonnen sein), und damit ist China mit Abstand der weltweit größte Importeur. Wer sind die Hauptnutznießer? Die USA (46,4 % der chinesischen Importe im Jahr 2006), gefolgt von europäischen Ländern (28,1 %), angeführt von Großbritannien, Holland, Deutschland und Belgien, aber auch Asien (22,5 %) mit Japan an der Spitze. Frachter, die ihre Ladung von Kleidung, Fernsehgeräten und anderen Produkten ‚Made in China‘ in den westlichen Häfen löschen, kehren inzwischen nicht mehr leer zurück, sondern beladen mit Ballen aus RecyclingPapier, das wegen der niedrigen Eastbound-Tarife Nach den USA ist China der zweitgrösste Papierproduzent der Welt Inhaltsverzeichnis Vergleich der Entwicklung der chinesischen Papierproduktion mit den importen von recycling-Zellulose 58 61 5 49, 80 9 30, 3,9 2000 32 5,9 2001 37, 43 7,5 9,3 2002 2003 3 12, 2004 17 2005 6 19, 2006 zu sehr günstigen Raten transportiert wird, und gleichzeitig den Ballast für die Schiffe liefert. Nine Dragons hat zwischenzeitlich ein Verkaufsbüro in Europa eröffnet, wo der Papierverbrauch nach wie vor wächst, und bietet Papier zur Herstellung von Wellpappe an. Könnte dies der erste Schritt einer Investition in Produktionskapazitäten auf dem alten Kontinent sein? Während wir auf die Antwort warten, ist jedoch eines bereits offensichtlich, die Veränderungen im Papiermarkt sind Anzeichen für eine beginnende Umschichtung der Weltwirtschaft, und sie haben für China, wo vor mehr als 2000 Jahren Papier erfunden wurde, ohne Zweifel enorme symbolische Bedeutung. Papierproduktion (in Millionen Tonnen) import von recycling-Zellulose (in Millionen Tonnen) Quelle: Recycling International, April 2007. „Was man exportieren muss, sind Sekundärrohstoffe“ Gespräch mit Philippe Chalmin, Professor an der Universität Paris-Dauphine, Gründer und Präsident von Cyclope, Forschungsinstitut für Rohstoffmärkte und Rohstoffe, Mitautor des Panorama mondial des déchets 200616, Mitglied des Conseil d’analyse économique (Rat für Wirtschaftsanalyse des französischen Premierministers) sowie Berater der Weltbank und der EU. Was ist das Ergebnis ihrer analyse der Entwicklung des recyclingmarktes? Die großen Neuentwicklungen sind kometenhaft steigende Rohmaterialpreise, die Erkenntnis, dass es sich um Mangelware handelt, und die Tatsache, dass Abfälle zunehmend als Rohstofflager angesehen werden. Dagegen scheint die widersprüchliche Auslegung von Recycling und Wiederverwertung weiter zu bestehen. Muss man unbedingt zu den Ideologen des Recyclings gehören oder sollte man pragmatischer sein, und nach Wegen für eine intelligente Wiederverwertung suchen? Die Radikalen wollen alles dem Recycling zuführen. Aber das ist eine Utopie, denn in bestimmten Fällen sind die Kosten der getrennten Sammlung, der Mülltrennung etc. dabei ein Hindernis. Geben wir es doch zu, das finanzielle Gleichgewicht stimmt hier einfach nicht. Irgendwann kommt der Moment, wo man eine Finanz- und Energiebilanz erstellen muss. Bei Kunststoffen ist z. B. die Energiebilanz des Recyclings nicht unbedingt positiv. Man kann also nicht alles dem Recycling zuführen, aber wenn es darum geht, ein neues Material oder Energie zu erzeugen, kann man fast alles wiederverwerten. Es ist also wichtig, energetische Nutzung und Recycling so weit es geht zu kombinieren, um die bestmögliche Mischung aus Umweltschutz und Behandlungskosten von Abfällen sicherzustellen. Was könnte die Entwicklung des recyclings bremsen? Das Problem ist, zu entscheiden, wo die Grenze zwischen Abfall und Sekundärrohstoff zu ziehen ist. Abfall hat an und für sich keinen Wert, der Sekundärroh- Inhaltsverzeichnis stoff sehr wohl, und das ist der Knackpunkt. In dem Moment, wo man mit der Trennung beginnt, bewegen wir uns auf das Gebiet der Wertzuordnung und befinden uns daher auf einem echten Markt. Allerdings trifft man noch zu oft auf die Vorstellung, dass Abfälle schlecht und schmutzig sind. Heute ist der internationale Handel einer der Treiber der Wirtschaft mit Sekundärrohstoffen. Man muss einfach akzeptieren, dass es durchaus legitim ist, Altpapier oder Schrott in Länder wie China zu exportieren, denn dort besteht Bedarf. Konformistische Gruppierungen sind der Meinung, die Länder des Nordens sollten ihre Abfälle nicht exportieren, das sei gesundheitsschädlich, und sie sollten sie systematisch zu Hause behandeln. Aber in diesem Moment stellt sich das Problem der Absatzmärkte und der Märkte insgesamt. Wenn ich höre, man sollte Altpapier nicht nach China verkaufen, denn es wird in Fabriken verwertet, in denen möglicherweise Kinder arbeiten, dann sage ich, dass man hier zwei sehr unterschiedliche Problemstellungen durcheinanderbringt. Ganz offensichtlich will man Kinderarbeit nicht fördern und es kommt hinzu, dass sich die chinesische Papierindustrie nicht mehr im 19. Jh. befindet. Die meisten Anlagen sind hochmodern und automatisiert. Da gibt es keine Kinder, und die Anzahl der Arbeiter nimmt ab. Diese Form von Schuldzuweisung ist sicherlich etwas, das die Entwicklung des Recyclings bremst. trotzdem kann man nicht leugnen, dass es einen missbrauch und die notwendigkeit gesetzlicher regelung gibt. Dass man Kontrolle ausüben und gegen den Export alter Computer vorgehen muss, die angeblich wiederverwendet werden, aber in Wirklichkeit Elektronikschrott sind, ist offensichtlich. Hier handelt es sich um gefährlichen Abfall, der gesundheits- und umweltschädlich sein kann, wenn er nicht nach allen Regeln der Kunst behandelt wird. Hingegen ist die Klassifizierung von Altpapier schon relativ weit fortgeschritten, und die Chinesen kaufen nicht einfach alles. Man sagt Abfälle, meint in Wirklichkeit aber Sekundärrohstoffe. Wir sind hier nach wie vor mit Hemmschwellen konfrontiert, einschließlich psychologischen, hängen noch immer an der festgefahrenen Idee, dass man sich der Abfälle entledigen muss, und übersehen dabei ihren positiven Aspekt, nämlich dass es sich in Wirklichkeit um Rohstoffvorkommen handelt. Immer wird von Abfällen gesprochen, die in Entwicklungsländer exportiert werden, während es in Wirklichkeit um den Export von Sekundärrohstoffen geht. Diese Einstellung ändert sich nur sehr langsam, aber wir sind bereits auf dem halben Weg in Richtung einer Bewusstseinsveränderung, nämlich dass der Umweltaspekt der Behandlung von Abfällen nur ein Teil des Problems ist, und dass man zugeben muss, dass Sekundärrohstoffe eine Rohmaterialquelle sind, für die ein Markt besteht. 16 Du rare à l’infini. Panorama mondial des déchets 2006. Elisabeth Lacoste, Philippe Chalmin, Economica, 2006. Inhaltsverzeichnis Die Spielregeln: welche Instrumente für welche Politik? Zwischen den Aspekten gesundheitlicher und ökologischer Sicherheit, und dem unabdingbaren freien Warenverkehr, benötigt die Entwicklung des Recyclings gesetzliche Vorschriften, die international anerkannt und angewandt werden, um eine Verzerrung der Konkurrenzsituation zu verhindern. Trotz nach wie vor bestehender nationaler Unterschiede, ebnet Europa hierzu den Weg und eine internationale Bewusstseinsbildung lässt sich in verschiedenen Entscheidungen auf allen Kontinenten erkennen. Seit dem Beginn der 90er Jahre unterstützen nationale Programme in den Mitgliedsländern der OECD und der EU aktiv das Recycling als ein Mittel zur Reduzierung des Drucks auf die Ressourcen unserer Erde. Allerdings hat dabei jedes Land unterschiedliche Schwerpunkte gesetzt, die es jetzt gilt, zu harmonisieren. So hat Großbritannien, das im Jahr 1995 noch 80 % der Kommunalabfälle auf Deponien entsorgte, enorme Schritte in Richtung Recycling und Kompostierung unternommen. Es wurde ein Aufschub von 4 Jahren gewährt, um den Rückstand aufzuholen, und um die Reduktion der Inhaltsverzeichnis derzeitigen Abfallmenge von 450 kg pro Person im Jahr 2000 auf 225 kg im Jahr 2020 sicherzustellen. Im Gegensatz dazu dürfen in Österreich oder Deutschland Mülldeponien nur vorsortierte Abfälle annehmen und das gesamte Verpackungsmaterial wird gesammelt und widerverwertet, genau so wie in der Schweiz oder in Norwegen, wo das Ende der Verbringung von Müll auf Deponien bereits vorprogrammiert ist. Völlig anders ist die Situation in den neuen Beitrittsländern der EU, wo enorme Anstrengungen unternommen werden müssen, um den gemeinschaftlichen Besitzstand umzusetzen und von Inhaltsverzeichnis „Die erweiterte Herstellerverantwortung: ein Erfolg hinsichtlich des Recyclings, eine Hoffnung für die Vorbeugung“ einer noch vorherrschenden Lagerung auf Deponien in eine Recyclinggesellschaft umzuschwenken, wie sie von der EU-Kommission gefördert wird. Welche Unterschiede auch immer bestehen, die Marktentwicklung deutet auf gemeinsame Ziele hin. Der drohende Rückgang von Ressourcen wie Rohöl oder bestimmten Metallen, die enorme Nachfrage in den Schwellenländern und steigende Materialpreise sind überzeugende Argumente für das Recycling. abfall oder nicht-abfall, das ist die frage Rohstoffe und Sekundärrohstoffe haben jedoch nicht den gleichen Status. In den Augen der europäischen Gesetzgebung sind alle Sekundärrohstoffe, die nicht wiederverwendet wurden, rechtlich als Abfall einzustufen. Diese Unterscheidung ist das Herzstück der Grundsatzdebatte zwischen einer Politik, die Recycling fördert, und die auch in Richtung einer Vereinfachung des Austausches von Rohstoffen, Sekundärrohstoffe genannt, abzielt, und einer Politik der Kontrolle der Abfallbehandlung, die gesundheitliche und ökologische Sicherheit garantiert, und die Einführung von Beschränkungen bei der Bewegung von Abfällen bedeuten könnte. Mit dem Basler Abkommen aus dem Jahr 1989 über die Kontrolle der grenzüberschreitenden Verbringung von gefährlichem Abfall und seiner Beseitigung wurden entsprechende Verpflichtungen eingeführt. Das Abkommen wurde in die Entscheidungen des OECD-Rats17 ab dem Jahr 1992 aufgenommen und ist seit dem Jahr 1994 in der EU verpflichtend. Im Jahr 2005 hatten bereits 167 Länder das Abkommen unterzeichnet, in den USA hingegen steht die Ratifizierung noch aus (siehe auch den Artikel über Elektro- und Elektronikmüll). Oft umgangen - einige in Berichten der UNO und verschiedener großer NROs dokumentierte Skandale sind sicher noch in aller Erinnerung Bekämpfung der illegalen Ausfuhr gefährlicher Abfälle – ist das Basler Abkommen jedoch niemals offiziell in Frage gestellt worden. Anders sieht es mit der EU-Verordnung18 aus, die seit Juli 2007, das Recht auf Export von ungefährlichem Abfall an das von gefährlichem Abfall anpasst. Die Zielsetzung dieser neuen Verordnung ist offensichtlich; man will den Transfer von Abfällen ohne Risiko für Umwelt und Gesundheit sicherstellen und gegen den illegalen Export von gefährlichem Abfall ankämpfen. Aber mehrere europäische Staaten haben bereits gegen Vorschriften protestiert, die Produkte auf der grünen Liste betreffen, da dadurch der Austausch von Sekundärrohstoffen erschwert wird, und zwar zu einer Zeit, in der sich die Märkte internationalisieren. Es kommt dadurch zu einer Verzerrung der Konkurrenzsituation gegenüber Ländern, deren gesetzliche Vorschriften weniger einschränkend sind. „Industrieunternehmen, die Endabnehmer von Sekundärrohstoffen sind, haben ebenfalls gegen die Verpflichtung regagiert, eine Empfangsbestätigung unterschreiben zu müssen19,“ erklärt Pascal Genneviève. Gespräch mit Matthieu Glachant, Forschungsleiter beim CERNA, der Bergwerkschule Paris und Wirtschaftsexperte für Umweltpolitik. Er arbeitet regelmäßig für die OECD, die Europäische Kommission, das Umweltministerium und die ADEME bezüglich der Wasser- und Abfallpolitik oder klimatischer Veränderungen. matthieu glachant, worin besteht die erweiterte Herstellerverantwortung? Wie beim „Verschmutzer-Zahler“-Prinzip verdanken wir der OECD die Einführung des Konzepts zur erweiterten Herstellerverantwortung in den 80er Jahren. Die erweiterte Herstellerverantwortung besteht darin, dem Hersteller die Verantwortung für das Lebensende eines Produktes anzulasten und ihn zu zwingen, die Entsorgungskosten dafür teilweise oder ganz zu finanzieren. Im Sinne ihrer Verfasser sollte sie zuerst dazu dienen, die Hersteller anzuregen, ihre Produktion besser und gemäß einer Kosteninternalisierungslogik zu gestalten. Konkret gesehen haben Unternehmen die freie Wahl der Umsetzung: sie können ihre Verantwortung individuell ausüben, indem sie ihre Altprodukte entsorgen. Aber meistens entscheiden sich Unternehmen dazu, sich zu gruppieren, indem sie einer durch die öffentliche Hand zugelassenen Einrichtung beitreten. In diesem Fall organisiert die Ökoeinrichtung (ich übernehme hier die französische Terminologie) die Sammlung und die Behandlung der Abfälle im Auftrag ihrer Mitglieder. Meistens entschädigt sie die vorhandenen Infrastrukturen der Gemeinden, damit diese die selektive Sammlung durchführen. In seltenen Fällen verwaltet die Ökoeinrichtung direkt ihre eigene Sammelinfrastruktur, so wie es DSD in Deutschland für Verpackungsabfälle tut. Die erste Implementierung auf weiter Ebene des Prinzips der erweiterten Herstellerverantwortung in Europa stellt die Richtlinie bezüglich der Verpackungen und Verpackungsabfälle dar, welche in Frankreich hauptsächlich durch „EcoEmballages“ und später durch „Adelphe“ umgesetzt wurde. Hat die erweiterte Herstellerverantwortung ihre ursprünglichen Zielsetzungen erreicht? Nein, denn sie wurde hauptsächlich dazu benutzt, die Entwicklung des Recyclings zu finanzieren. Nehmen wir die Verpackungen als Beispiel. Die Richtlinie zu Verpackungen enthält unter anderem Zielsetzungen in puncto Recycling und Wiederverwertung, und in dieser Hin- Beschluss des OECD-Rats C(92)39/Endgültige Version C (2001°107 /Final, geändert mit C (2004)20 – Quelle: Panorama Mondial des Déchets, Cyclope, 2006. 18 Verordnung CE 1013/2006 19 Ein Dokument, das den Transportweg von Abfall verfolgt: von seinem Ursprung über das Transportunternehmen bis zu seiner Endbestimmung. 17 Inhaltsverzeichnis sicht war sie erfolgreich. Hingegen sind sich Beobachter darüber einig, dass ihre Auswirkung bezüglich der Vorbeugung sehr begrenzt ausgefallen ist. Wir müssen uns also überlegen, welche Mittel eingesetzt werden können, um die Rolle der erweiterten Herstellerverantwortung bei der Vorbeugung von Abfällen zu verstärken. Dies betrifft in erster Linie die Finanzierungsmodalitäten der Ökoeinrichtungen durch die Hersteller. Wenn diese einen Pauschalbetrag pro gesammeltes Produkt zahlen, liegt keine Anregung zur Ökogestaltung des Produktes vor. Nehmen wir das Beispiel von Alliapur. Diese französische Ökoeinrichtung beschäftigt sich mit dem Recycling von Reifen. Sie verlangt vom Hersteller den gleichen Beitrag, auf große Reifenkategorien bezogen. Dieses Schema berücksichtigt also nicht spezifische Eigenschaften eines jeden Produkts. Demzufolge regt es den Hersteller nicht an, sich zu bemühen, seine Reifen recyclingfähiger zu machen oder Werkstoffe beizufügen, die weniger umweltbelastend sind: in finanzieller Hinsicht wird er nicht dafür belohnt. EcoEmballages hat ein gemischtes System mit einem differenzierten Herstellerberechnungsschlüssel eingeführt. Dieser variiert entsprechend dem Verpackungsgewicht und dem benutzten Materialtyp. Die Lebensendkosten von Verpackungen werden in seine Kalkulation miteinbezogen, was insbesondere Materialersetzungen mit sich bringen könnte. Jedoch sind die Kriterien nur wirtschaftlich. Sie berücksichtigen nicht umweltbezogene Konsequenzen dieser oder jener Entscheidung. Außerdem beeinflusst die globale Beitragshöhe natürlich die Bemühungen zur Ökogestaltung. In Frankreich jedoch haben 2004 laut der ADEME die Hersteller 43% der Sammlungs- und Behandlungskosten finanziert, während die deutschen Hersteller sie zu 100% bezahlen. Was empfehlen sie? Was die Verpackungen betrifft, so sind die umweltbezogenen Auswirkungen wenig bekannt. Dies hindert uns im Moment daran, Umwelterwägungen in die Kalku- lation des Berechnungsschlüssels zu integrieren. Lebenszyklusanalysen mit dem Schwerpunkt Material durchzuführen, scheint mir eine vorrangige Zielsetzung für die Zukunft zu sein. In einer zweiten Etappe wäre es dann möglich, die wirtschaftlichen UND die Kosten für die Umwelt ganz in den Berechnungsschüssel zu internalisieren. Diese Internalisierung würde ein wirtschaftliches Signal setzen, welches, von diesen Kosten und indirekt auch durch die Verbraucher aufgrund der Auswirkung auf die Preise hervorgerufen, Vorbeugungsbemühungen auf angepasster Ebene hervorrufen würde. Ganz allgemein gesehen müssen auch individuelle Bemühungen der Hersteller finanziell belohnt werden, damit die erweiterte Herstellerverantwortung sich auf die Vorbeugung auswirkt. Dies ermöglicht die Anwendung auf den Anreiz bezogener Berechnungsschlüssel. Nichtstaatliche Organisationen wie Greenpeace denken, dass es notwendig ist, noch einen Schritt weiter zu gehen, indem der Rückgriff auf Ökoeinrichtungen verboten werden soll. Sie befürworten eher die individuelle als die erweiterte Herstellerverantwortung. Jeder würde die Sammlungs- und Recyclingkosten seiner Altprodukte, die durch ihre Markenzeichen identifizierbar sind, selbst tragen. Dieses Schema ohne Ökoeinrichtung kann einigen Sektoren, wie dem der ausgedienten Fahrzeuge, entsprechen. Automobilhersteller organisieren sich also individuell, um die Autoschrotthändler zu finanzieren. Jedoch erscheint die Organisierung der Abfallsammlung und -behandlung durch jeden Hersteller viel zu komplex und zu kostspielig, um auf alle Produkte erweitert zu werden. Letztendlich müssen den Programmen zur erweiterten Herstellerverantwortung quantifizierte Vorbeugungszielsetzungen auferlegt werden, wenn man wirklich von ihnen erwartet, dass sie die Vorbeugung fördern. Die ältesten Ökoeinrichtungen haben es sehr wohl verstanden, die ihnen auferlegten Recycling-Zielsetzungen einzuhalten. Ich traue es ihnen zu, dass sie auch die Zielsetzungen im Bereich Vorbeugung erreichen werden. Inhaltsverzeichnis Wiederverwertete ressourcen: auf dem Weg zu einem Zwischenstatus? Sollen Regelungen nun aufgelockert werden, um zu erkennen, dass ein Ball aus wiedergewonnenem und nach Qualität sortiertem und gesäuberten Papier sehr wohl den Wert einer Ressource hat, welcher ihm von seinen industriellen Benutzern zugesagt wird? Oder soll die notwendige Strenge vor den so oft festgestellten Missbräuchen weiterhin herrschen? Für Alain Geldron, Leiter der Abteilung Sektorenorganisation und Recycling der ADEME, haben Regelungen normative Aspekte, die eher positiv sind: „Die Rückverfolgbarkeit, verbunden mit der Normung der Materialien, erlaubt einen Übergang vom Abfallstatus, der bedeutet, das viele Kontrollen sowohl auf dem Hoheitsgebiet als auch an den Grenzen durchgefürt werden müssen, zum Produktstatus, der im Handel mehr Leichtläufigkeit gewährt.“ Für Dominique Maguin, Präsident des internationalen Dachverbandes der Recyclingindustrie, ist eine Anpassung der Gesetzgebung erforderlich: „Ich vertraue unserer Fähigkeit, veraltete Regeln neu zu schreiben, indem wir von der Feststellung ausgehen, dass etliche Produkte oder Waren hauptsächlich aus Recyclingmaterial bestehen. Es ist nicht möglich, uns glauben machen zu wollen, dass diese Produkte oder Waren selbst Abfälle sind!“ Sollte man sich folglich vielleicht einen neuen Status für Recyclingmaterial ausdenken? Die Rahmenrichtlinie, die zur Zeit für die Europäische Union überarbeitet wird, führt ein Verfahren ein, wonach einige spezifische Abfälle, welche Qualitäts-, Umweltund Sanitärkriterien einhalten, ihren Status als Abfall verlieren könnten. Dieses restriktive Verfahren wird momentan nur für einige Fälle untersucht: Kompost, Metallneuschrott und Aggregate. Hingegen ist die Einführung des Nebenproduktbzw. Subprodukt-Konzepts, wie es aus der Rechtsprechung des EuGH20 hervorgeht, in diesem Text problematischer und „ungewisser“. Das Nebenprodukt muss aus einer Produktionseinheit stammen, welche über eine Absatzmöglichkeit verfügt; ferner muss es direkt anwendbar sein, ohne dass eine vorherige Verarbeitung oder eine besondere Genehmigung notwendig wäre. Holzspäne aus einer Schreinerei könnten z. B. diesen Status haben. Das Prinzip aber unterliegt nochmals der Garantie, dass dieser Status nicht dazu benutzt wird, um von den Verpflichtungen der Regelung bezüglich potenziell gefährlicher Flüsse abzuweichen. rEacH und sekundärrohstoffe Die Verschiebung vom Abfallstatus zum Produktoder Materialstatus stößt sich an einer anderen Regelung, und zwar keiner der geringsten: die REACH-Regelung21, welche vom Europäischen Parlament im Dezember 2006 verabschiedet wurde. Sie betrifft die Eintragung aller Chemikalien oder chemikalienhaltiger Produkte vor ihrer Markteinführung. Aus dem Anwendungsbereich der am 1. Juni 2007 in Kraft getretenen Regelung sind Abfälle, Medikamente und Biozide ausgeschlossen. Jedoch unterliegen Sekundärrohstoffe, wenn sie nicht durch die Gesetzgebung für Abfälle betroffen sind, der REACH-Regelung. Anders gesagt muss man also für jedes Recyclingmaterial in der Lage sein, seine Zusammensetzung genau anzugeben. Mehrere europäische Föderationen - European Ferrous Recovery & Recycling Federation, European Metal Trade & Recycling Federation, European Recovered Paper Association – haben sich einstimmig zu diesem Thema geäußert22. „Die Hauptsubstanzen, welche in wiedergewonnenen/wiederverwerteten Aggregaten aus Konstruktions- und Demolierungsabfällen, in aus gesondert gesammelten biologischen Abfällen hergestelltem Kompost, in wiedergewonnenem Metall aus betriebsunfähigen Fahrzeugen oder Elektronikaltgeräten oder in dem aus Verpackungsabfällen wiedergewonnenem/wiederverwertetem Papier enthalten sind, sind im größten Maße bekannt.“ Über diese Feststellung hinaus, welche Sekundärrohstoffe betrifft, „die hergestellt wurden, um strikten Spezifikationen bezüglich Umwelt und Wiederverwertung zu entsprechen“23, argumentieren die selben Föderationen über die Unmöglichkeit, dieses Recyclingmaterial der REACHRegelung zu unterwerfen: „Aufgrund des geringen Anteils an Unreinheiten, deren Zusammensetzung bekannt sein muss [...], findet die REACHRegelung für dieses Material keine Anwendung. Sie werden in größeren Mengen hergestellt (manche Hersteller produzieren mehrere Millionen Tonnen davon). Die Stoffe unbekannter Herkunft, welche die Grenze von einer Tonne pro Jahr überschreiten, müssen in diesen Millionen Tonnen Materials nachgewiesen werden. Dabei handelt es sich um Konzentrationen, welche unter der Ermittlungsgrenze aller heutzutage verfügbaren Analysemethoden liegen.“24 (weiter auf Seite 42) Mitteilung vom 11. Oktober 2006, REACH, Sekundärrohstoffe und aus Abfällen wiedergewonnenen Produkte - Analyse und Empfehlungen infolge der Abstimmung des Umweltauschusses ENVI 23 Ibid. 24 Ibid. 22 Europäischer Gerichtshof Registration, Evaluation, Authorisation and Restriction of Chemical substances / Registrierung, Einstufung und Genehmigung chemikalischer Substanzen 20 21 Inhaltsverzeichnis VOLL- ODER TEILVERANTWORTUNG: das deutsche und das französische Beispiel Zwischen den zwei Eingangsberechnungsschlüsseln, welche von der deutschen Ökoeinrichtung (DSD) einerseits und der französischen Einrichtung andererseits, beide sind mit dem Sammeln von Verpackungsabfällen beauftragt, eingeführt wurden, war am 1. Januar 2005 eine grosse Diskrepanz festzustellen: Recyclingmaterial DSD EcoEmballages (in Eurocents pro Kilo) Glas 7,60 0,36 Papier-Karton 20,60 12,21 Stahl 28 2,26 Aluminum 75,6 4,53 Kunststoff 140,3 17,78 Dieser grosse Unterschied - im Falle von einigem Material bis zu 20-mal höhere Rücknahmekosten - lässt sich nur teilweise dadurch erklären, dass in Frankreich eine Pauschalgebühr per Verpackungseinheit (0,11 Cents) dazukommt. In Deutschland verwaltet die Ökoeinrichtung DSD die Gesamtheit der Sammlungs- und Behandlungskosten mittels ihrer eigenen Struktur, dem „Dualen System Deutschland“, welches sehr teuer ist. Hingegen stützt sich EcoEmballages auf bestehende Sammlungssysteme und bezahlt die wirtschaftlichen Kosten des Verpackungsrecyclings nur zur Hälfte. Die deutsche Ökoeinrichtung bringt dem gegenüber vor, dass die Implementierung von DSD es erlaubt hätte, zwischen 1991 und 1994 die Menge vermarkteter Verpackungen um 14% zu reduzieren. In Frankreich sind sich Beobachter darüber einig, dass induzierte Reduzierungen sehr geringfügig waren. Quelle Matthieu Glachant, CERNA, Bergwerkschule Paris Inhaltsverzeichnis DIE BRITISCHE DYNAMIK: „Privat-öffentliche Partnerschaft: das britische Beispiel in der Grafschaft Shropshire“ Gespräch mit Adrian Poller, Leiter der Shropshire Waste Partnership seit 2006. Er hat erfolgreich die Implementierung des PFI-Verfahrens25 geleitet. Vorher war er für das Abfallmanagement der Grafschaft Dorset verantwortlich; diese ist eine der leistungsfähigsten Grafschaften Englands in puncto Recyclingrate. Wie orientiert das Vereinigte Königreich seine Politik neu, um das recycling zu fördern? Vor nicht so langer Zeit galt es als schlechter schüler im Bereich des abfallmanagements. In den letzten Jahren hat sich die Mentalität im Vereinigten Königreich fortlaufend geändert: die Menschen sind sich bewusst geworden, dass wir gegenüber den anderen europäischen Ländern eine erhebliche Verspätung in den Bereichen des Recyclings und der Lagerung von Abfällen aufweisen. Diese Veränderung ist teilweise auf Informationskampagnen der örtlichen Autoritäten und Vereine wie Friends of the Earth zurückzuführen. In der Tat stellt die Förderung des Recyclings für lokale Autoritäten eine besondere Angelegenheit dar, weil die Zentralmacht immer strengere bezifferte Zielsetzungen auferlegt, wobei die europäische Richtlinie zur Ablagerung der Abfälle im Hintergrund steht. Ich bin der Überzeugung, dass das Vereinigte Königreich seine Leistungen auf diesem Gebiet sowieso verbessert hätte. Jedoch muss anerkannt werden, dass diese Richtlinie den entscheidenden Impuls gegeben hat, indem sie genaue Zielsetzungen sowie Termine implementiert hat. Im Falle von Nichtkonformitäten sind Strafgelder damit verbunden. Könnten sie uns kurz erklären, worin die shropshire Waste Partnership besteht? Wie hat diese Partnerschaft die bis heute getroffenen Entscheidungen im Bereich der abfallbehandlung beeinflusst? Shropshire ist eine Grafschaft durchschnittlicher Fläche. Ihre Bevölkerung jedoch ist so niedrig, dass sie in Wirklichkeit eine der am wenigsten bevölkerten Grafschaften Englands ist. Außerdem verfügt Shropshire mit der Ausnahme des County Council (die lokale Autorität) über keine größeren Arbeitgeber. Das bedeutet wiederum, dass Durchschnittslöhne niedrig sind, obwohl die Grafschaft auf globaler Ebene nicht besonders von Armut betroffen ist. Kriminalität und Angst vor Kriminalität sind hier begrenzt. Vom politischen Standpunkt aus gesehen wird die Macht zur Zeit überwiegend von den Konservativen ausgeübt, jedoch haben in den letzten Jahren alle Hauptparteien ihren Einfluss zur Geltung bringen können. Die Frage des Abfallmanagements steht aber nicht im Mittelpunkt der politischen Rivalitäten. Infolgedessen sind die Mehrheitsschwankungen für die auf diesem Gebiet geführten Bemühungen nicht störend. Zudem gibt es in der Grafschaft Shropshire außergewöhnliche Landschaften in Hülle und Fülle. Ihre Einwohner sind sich daher vielleicht der Notwendigkeit bewusster, die Umwelt zu schützen, was wahrscheinlich auch verstärkte Forderungen zugunsten einer Verbesserung der Praktiken zum Abfallmanagement erklärt. Unsere Auswertung war hauptsächlich auf die Studie von Umweltparametern im weitesten Sinne gerichtet. Warum haben sie sich für eine Pfi25 entschieden? Uns für diese Lösung zu entscheiden, war in finanzieller Hinsicht einfach: sie erlaubte uns, von einem Zuschuss in Höhe von nahezu 90 Millionen Pfund Sterling über die Gesamtlaufzeit des Vertrages zu profitieren (das sind circa 41 Millionen Pfund Sterling nach herkömmlichen Vorstellungen). Die anderen Optionen boten uns aber nicht die gleichen Vorteile an. Ohne diesen Zuschuss wäre das Projekt aus finanzieller Sicht nicht lebensfähig gewesen, oder wir hätten einige Schlüsselverbesserungen im Bereich Service im Rahmen dieses Vertrags opfern müssen. Eine Finanzierungsmethode vom Typ PFI zu wählen, hat uns in der Tat dazu gezwungen, ein klar definiertes Vertragsverhandlungsverfahren wortwörtlich einzuhalten. Diese Haben sie im rahmen ihrer ausschrei- Methode hat uns in Bezug mancher bung eine lebenszyklusanalyse der strategischen Punkte eine sehr geringe gewünschten abfallbehandlungssysteme Flexibilität angeboten. durchführen müssen? Jedoch wären die Probleme, mit denen Wir haben keine ausführliche Lebenswir uns auseinandersetzen mussten, zyklusanalyse dieser Systeme durchgesehr oft und ungeachtet des Vertragsführt, um diejenige auszusuchen, die verhandlungsrahmens aufgetreten. wir zu benutzen wünschten. Hingegen Außerdem hat es uns diese mangelnde haben wir uns natürlich im Rahmen Flexibilität in Wirklichkeit ermöglicht, des Auswertungsverfahrens der Angezu bestimmten Zeitpunkten das Verfahbote für den Nachhaltigkeitsaspekt der ren zu beschleunigen. Es wurden nicht angebotenen Lösungen interessiert. endend wollende Verhandlungen über Die Lebenszyklusanalyse erlaubt es, Themen vermieden, bei denen weder das theoretisch bestens angepasste die eine noch die andere Partei bereit Modell zu definieren (obwohl dieses gewesen wäre, nachzugeben. selbst von den Ausgangshypothesen abhängt). Jedoch und ungeachtet des vorgeschlagenen Modells, muss dieses auf technischer und finanzieller Ebene 25 machbar und vom UmweltsgesichtsPrivatfinanzierungsinitiative (Private Finance Initiative, in englischer Sprache). Die PFI räumt zwischen den öffentlichen und punkt aus gesehen interessant sein. Wir haben uns also entschlossen, keine privaten Partnern eine große vertragsbezogene Flexibilität ein. Das unterliegende Prinzip besteht darin, dass der private Partner ausführliche Analyse durchzuführen. den größten Teil der Risiken und Verantwortungen übernimmt. Inhaltsverzeichnis wie kommt man von 85% abgelagerten Kommunalabfällen in 2000 auf 40% wiederverwertete oder kompostierte Abfälle in 2010? Um sich den europäischen Zielsetzungen anzupassen, führt das Vereinigte Königreich eine willensstarke Politik. Die nationalen Zielsetzungen bezüglich der Recyclingbzw. Kompostierungsrate von Kommunalabfällen wurden für 2010 auf 40% gesetzt, 2006 wurde die Rate von 30% bereits überschritten. Als Werkzeug dieser Politik wurde die Ablagerungsgebühr für gärungsfähige Abfälle im April 2007 von 3 auf 18 Pfund pro Tonne angehoben. Ferner soll sie nach und nach bis zu 35 Pfund erhöht werden. Ausserdem hat der Waste and Emissions Trading Act von 2003 ein System von verhandelbaren Ablagerungsgenehmigungen eingeführt, welches dem im Rahmen des KyotoAbkommens eingeführten CO2-Systems vergleichbar ist. Die 121 betroffenen lokalen Autoritäten können demzufolge diese Genehmigungen verkaufen oder kaufen. Bei Überschreitung der zugelassenen Quote beträgt die entsprechende Geldstrafe mehr als 150 Pfund pro Tonne. Eine Ablagerungsgenehmigung, die einer anderen, leistungsstärkeren Kommunalverwaltung abgekauft wurde, kostet hingegen nur 30 Pfund. Die Einführung von privatöffentlichen Partnerschaften für Zeiträume über 30 Jahre hat es zudem ermöglicht, die Verwaltung und den Bau entsprechender Infrastrukturen zu finanzieren. Parallel dazu, und immer im Rahmen von Partnerschaften mit Privatunternehmen, wurde ein Aktionsprogramm - das WRAP (Waste and Ressources Action Programme) zur Entwicklung der Wiederverwendung und des Recyclings angenommen. Es wird durch einen ehrgeizigen Kommunikationsplan unterstützt, der sich an die breite Öffentlichkeit richtet. Inhaltsverzeichnis DIE LEBENSZYKLUSANALYSE: unumgänglicher Angelpunkt der Vorbeugung die Herstellerverantwortung Die Debatten zum Status von Abfällen und aus ihrer Behandlung gewonnenen Rohstoffen werden hauptsächlich von den großen traditionellen Sektoren animiert. Aus diesen geht hervor, dass sie den Marktbedürfnissen mit Ressourcen entgegenkommen, deren Produktion global gesehen zum Umweltschutz beiträgt. Mit einer Tonne Recyclingpapier kann man zum Beispiel 3 Tonnen Holz, 20.000 Liter Wasser und 1.000 Liter Rohöl sparen. Im Vergleich zur Produktion mit Frischfasern sinkt mit dieser Tonne Recyclingpapier auch die Wasserverschmutzung um 35 % und reduziert die atmosphärischen Emissionen um 74 %26. Wenn Regelungen für diese Sektoren neue Zwänge schaffen, so sind sie im Gegenteil aufgrund der anreizbezogenen Werkzeuge, mit denen sie ausgestattet wurden, die Bedingung zur Erscheinung neuer Sektoren. Ab den 90er Jahren hat es nämlich die Anwendung des Prinzips zur erweiterten Herstellerverantwortung (siehe Gespräch mit Matthieu Glachant) erlaubt, neue Sektoren zu organisieren. Diese hätte der Markt nicht spontan ins Leben gerufen. Ferner wurden strengere Behandlungsbedingungen wie bei den ausgedienten Fahrzeugen auferlegt. Jedoch hat in 2005 ein Bericht der Europäischen Kommission hervorgehoben, dass „alle bestehenden Richtlinien zur Herstellerverantwortung bezüglich der Abfallflüsse nur 7 % des Gesamtumfangs an Abfällen betreffen“. Die Erklärung dazu: diese Richtlinien wurden ausgearbeitet, um besondere Probleme zu beantworten. Es stellt sich die Frage, ob neue Maßnahmen gleicher Art (das heißt: die Vervielfältigung spezifischer Sektoren) wirklich eine Lösung zu einer allgemeineren Auswirkung darstellen können. Außerdem wird manchmal den Ökoeinrichtungen, welche im Namen der von ihnen vertretenen Unternehmen mit der Organisation der Abfallbehandlung beauftragt sind, ihre Rolle strittig gemacht - und zwar sowohl vom wirtschaftlichen Standpunkt aus gesehen als auch wegen ihrer unzureichend anregenden Gestaltung in den Bereichen Vorbeugung oder Qualitätserhöhung der wiederverwendeten Ressourcen. Jedoch hat gemäß seiner ursprünglichen Definition das Prinzip der erweiterten Herstellerverantwortung mehrere Zielsetzungen festgelegt: die Abfälle an der Quelle zu reduzieren, die Ökogestaltung zu fördern und gleichzeitig einem besseren Ressourcenmanagement sowie der Entwicklung des Recyclings beizutragen. In Wirklichkeit war es hauptsächlich letztere Ausrichtung, die vorherrschte. globaler ansatz und lebenszyklusanalyse Das 6. gemeinschaftliche Aktionsprogramm für die Umwelt schlägt einen globalen Ansatz vor, welcher mit der Vision einer Einbeziehung der Ressourcen-, Produkt- und Abfallpolitiken verbunden ist. Als gemeinsames Werkzeug dieser Politiken erlaubt die Lebenszyklusanalyse eine Auswertung der Umweltauswirkungen eines Produkts oder eines Verfahrens, indem sie den gesamten Zyklus „von der Wiege bis zur Bahre“ abdeckt. Wenn sie den Strategien zur nachhaltigen Benutzung von natürlichen Ressourcen und zum Abfallrecycling zur Verfügung gestellt 26 Quelle: Internationaler Dachverband der Recyclingindustrie Inhaltsverzeichnis Die Lebenszyklusanalyse ist das Werkzeug, welches es ermöglicht, die Umweltauswirkungen von Produkten und Dienstleistungen während ihrer gesamten Lebensdauer - „von der Wiege bis zur Bahre“ – mit etwa zehn Kriterien auszuwerten und zu quantifizieren. Die Lebenszyklusanalyse, die in den ersten Jahren ihres Bestehens auch Ökobilanz genannt wurde, ist zur ISO-Norm geworden. Sie kann als Grundlage benutzt werden, diverse Vorhaben wie Umweltzeichen oder Ökogestaltung zu unterstützen. Auf allen Ebenen stellt die Lebenszyklusanalyse einen Multikriterienansatz dar: • Extraktion der Rohstoffe; • Transport; • Herstellung und Verpackung; • Vermarktung und Verbrauch; • Lebensende und Abfallmanagement. Sie ist auf internationaler Ebene genormt (ISO 14040 bis 14043). Eine Analyse umfasst drei Etappen: • eine vollständige Bilanz zum Verbrauch von natürlichen Ressourcen und Energie, sowie Emissionen in der Umwelt (Luft, Wasser, Boden, Abfälle) aller untersuchten Verfahren; • eine Zusammensetzung der bei jeder Etappe entnommenen und freigesetzten Material- und Energieflüsse; • eine Auswertung der Umweltauswirkungsindikatoren. wird, erlaubt die Lebenszyklusanalyse Aktionen auf allen Ebenen, obwohl ihre „wissenschaftlichen“ Eigenschaften relativ sind und ihre Parametrierung verschiedene Kontexte berücksichtigen muss. Zum Beispiel fällt die Auswirkung der Energieausgaben gemäß des Ursprungs der verbrauchten Energie und der daraus resultierenden Schadstoffemissionen unterschiedlich aus. Während sie in ihrem Anfangsstadium in den 90er Jahren zum Gegenstand von Debatten wurde, wird die Lebenszyklusanalyse heute als wahre Entscheidungshilfe betrachtet. Auf industrieller Ebene ordnet sie sich den Ökogestaltungsaktionen zu. Diese sind nicht nur darauf bedacht, die Umweltauswirkungen der Produktherstellung, der Verfahrensorganisation und der Definition der Dienstleistungen von Anfang an zu reduzieren. Vielmehr sollten auch die Wiederverwendung oder das Recycling der Produkte bei Lebensende vereinfacht werden. Auf der Ebene der öffentlichen Politiken entspricht sie dem Bedarf, Schiedsverfahren zwischen den diversen Wiederverwertungsmethoden zu begründen. Die Lebenszyklusanalyse kann also dazu führen, die Hierarchie der Behandlungen zu überdenken, welche dem Recycling gegenüber anderen Wiederverwertungsverfahren von vornherein den Vorteil gibt, obwohl Einschätzungen sowie Kosten-Gewinn-Analysen „deutlich zeigen, dass eine andere Behandlungsmöglichkeit für einen spezifischen Abfallfluss bessere Ergebnisse erbringen würde“.27 Der Lebenszyklusanalyse-Ansatz macht es möglich: • quantifizierbare Auswirkungen einer Dienstleistung oder eines Produktes auf die Umwelt einzuschätzen, und zwar von der Extraktion der zur Herstellung benötigten natürlichen Ressourcen bis zu den Behandlungssektoren des Lebensendes • etwaige Verschiebungen der Verschmutzungen von einem natürlichen Lebensraum zum anderen oder von einer Etappe des Lebenszyklus zur anderen zu identifizieren • Umweltbilanzen verschiedener Situationen auf der Grundlage der gleichen ausgeführten Dienstleistung (z. B. die Behandlung einer Tonne Abfalls) zu vergleichen. Schließlich können die Abfallbehandlungs- und Recyclingbetreiber auch auf die Lebenszyklusanalyse zurückgreifen. Die Veolia-Gruppe hat daraus einen Grundsatz gemacht, welcher bei ihren industriellen Verfahren und bei den benutzten Produkten Anwendung findet, wobei direkte und indirekte Auswirkungen ihrer Aktivitäten von oben nach unten berücksichtigt werden. Der Bedarf, Schiedsverfahren zwischen Wiederverwertungsmethoden zu begründen für gemeinsame und angewandte regeln Seit längerer Zeit hat sich das Recycling über große Sektoren entwickelt, für welche der Umweltschutz nicht die Haupttriebkraft war. Rund um dieses ziemlich neue Anliegen hat sich eine Gesetzgebungsapparatur gebildet. Heute deckt sie ein weites Aktivitäten- und Sektorenfeld ab, aber von Land zu Land wird sie in unterschiedlichen Deklinationen umgesetzt. In Europa ergeben sich diese Unterschiede aus dem Subsidiaritätsprinzip, welches – wie es Pierre Rellet, Vorsitzender der FNADE, vor kurzem betont hat – „den Mitgliedsstaaten viel Ermessensfreiheit bei der Umsetzung der europäischen Texte einräumt.“28 Der FNADEVorsitzende hat die doppelte Konsequenz dieser 27 Europäisches Parlament, Februar 2007, P6_TA(2007)0029 und Bericht zum Richtlinienvorschlag des Europäischen Parlaments und Rates bezüglich von Abfällen, Dezember 2006 (COM(2005)0667 – C6-0009/2006 – 2005/0281(COD) 28 9. Sitzung zum Thema Abfälle, La Baule, September 2007 Inhaltsverzeichnis NORWEGEN, TREIBENDE KRAFT DES RECYCLINGS IN EUROPA dank dem bereits 1981 eingeführten „Verschmutzer-Zahler“-Prinzip Als neue Staatsekretärin beim norwegischen Umweltministerium erklärt Heidi Sorensen (Sprecherin der Sozialistischen Linken SV, ehemalige Umweltmilitantin und Mitglied des Parlaments) die norwegische Recyclingkultur und –politik. Lage in Erinnerung gerufen: die Sicherheit und die Rückverfolgbarkeit sind nicht einheitlich gewährleistet. Bei den Behandlungsbedingungen der Abfälle auf den verschiedenen Binnenmärkten ruft dieser Mangel an Harmonisierung Wettbewerbsverzerrungen hervor, welche sich auf wirtschaftlicher und umweltbezogener Ebene nachteilig auswirken. Die Homogenisierung des Rechtsrahmens und die Wirksamkeit einer internationalen Ökopolizei sind zweifelsohne Bedingungen für eine Entwicklung des Recyclings, welche Umweltschutz, wirtschaftliche Zwänge und industrielle Kapazitäten in Einklang bringt. Behandlungseinrichtungen mit gleichen Auflagen, ein fest aufgestelltes Werkstoffbezugssystem und sofortige Sanktionen für Straftäter würden es erlauben, den Markt zu sanieren und die Handelsmechanismen freizustellen, sobald die Garantien dafür in der Wiederverwertungskette gegeben sind. Veolia Environmental Services hat sich in dieser Beziehung schon geäußert29. Und einige europäische Initiativen zur Exportkontrolle wie Seaport drücken einen gemeinsamen Willen aus, welcher auch ein Echo auf Weltebene findet, wie es bei den getroffenen Entwicklung von gemeinsamen Minimalnormen zur Förderung des Recyclings Maßnahmen für Elektro- und Elektronikaltgeräte in Japan, China und in den Vereinigten Staaten der Fall ist. Im September 2007 hat sich der europäische Umweltkommissar Stravros DIMAS in einem Interview wie folgt geäußert: „Ein europäischer Rahmen und gemeinsame Regeln sind erforderlich, damit Recycling und Abfallnutzung bevorzugt werden. Eine allzu nationale Annäherung der Recycling- und Wiederverwertungsregelung würde zur Folge haben, dass die Märkte bröckeln und die Bemühungen im Bereich Recycling entmutigt würden. Andererseits generiert die Abwesenheit von klaren Umweltnormen zu Recyclingaktivitäten und Recyclingmaterial Umweltbeschädigungsrisiken. Aus diesen Gründen hat die Kommission es als besten Ansatz für Europa bezeichnet, gemeinsame Mindestnormen zu entwickeln, welche es diesen für die Umwelt fortschrittstragenden Märkten erlauben würden, sich weiterzuentwickeln. Das Hervorkommen eines Abkommens auf europäischer Ebene verstärkt diese Wirkungen und erzeugt Verbesserungen im Bereich Umwelt, welche die Grenzen der Mitgliedstaaten überschreiten.30“ 29 30 In Norwegen hat der Sektor des Abfallmanagements in den letzten fünfzehn Jahren ein sehr starkes Wachstum erlebt. Diese Entwicklung ist mit zahlreichen Faktoren verbunden. Eine bessere Information bezüglich des Nutzens des Recyclings und eine Sensibilisierung auf die Notwendigkeit, die Umwelt zu schützen, haben es insbesondere ermöglicht, die Wirksamkeit der Abfallrückverfolgung zu verbessern sowie gute Praktiken in puncto Abfallmanagement zu verbreiten. Vom Zuschlag auf Deponierungsund Verbrennungsanlagen abgesehen hat der Staat ein Gesetz mit der Bezeichnung „Herstellerverantwortung“ implementiert. Die Zuschläge, welche in Norwegen für das Abfallmanagement Anwendung finden, zählen zu den höchsten der Welt. Diese Zuschläge betreffen sowohl den Haushaltsmüll als auch den Industrieabfall, wodurch insbesondere das „Verschmutzer-Zahler“-Prinzip verdeutlicht wird. „Es ist vollkommen normal, dass der Verschmutzer auch die Kosten für Recycling und andere umweltbezogene Angelegenheiten trägt, welche vom Konsum und vom Abfallmanagement unzertrennlich sind“, so Heidi Sorensen. „Was den Haushaltsmüll betrifft, so entledigt sich der Verschmutzer - in diesem Fall der Verbraucher – seines finanziellen Beitrags mittels Kommunalsteuern. In Norwegen wurde das „Verschmutzer-Zahler“-Prinzip bereits 1981 eingeführt“. In der Tat ist dieses Prinzip in der Umweltpolitik Norwegens sowohl auf nationaler als auch auf internationaler Ebene fest verankert. Der Verschmutzer ist also verpflichtet, einen Teil der Umweltschutz-, Abfallmanagement- und Recyclingkosten zu decken. In Norwegen finden die 1999 implementierten Zuschläge für die Abfallverbrennung und -lagerung Anwendung. Ihre Zielsetzung besteht darin, umweltbezogene Kosten des Abfallmanagements zu unterstreichen. Die Erhöhung der Lagerungs- und Verbrennungskosten erleichtert also die Bewusstseinsbildung der Verschmutzer. Die Hauptzielsetzung besteht darin, die Produktion von Abfällen von Anfang an einzuschränken. „Mittelfristig hoffen wir, dass die Last dieser Zuschläge den Recyclingsektor attraktiver und wirtschaftlicher, also populärer, machen wird“, fährt Heidi Sorensen fort. Die Klausel der Herstellerverantwortung ist fester Bestandteil des „VerschmutzerZahler“-Systems. Sie erlaubt es der Industrie, die Sammlungs- und Verwaltungsoperationen für Industrieabfall zu organisieren und zu finanzieren, sowie Profis des Abfallmanagements wie Veolia Environmental Services in Anspruch zu nehmen. Ohne diese Regelungen wäre die kontinuierliche Versorgung mit recycelfähigen oder wiederverwertbaren Abfällen nicht sichergestellt. Obwohl Norwegen kein Mitgliedstaat der Europäischen Union ist, werden hier die Mehrzahl der Brüsseler Regeln und Richtlinien eingeführt und angewandt. In einigen Bereichen spielt Norwegen sogar unter den EU-Ländern eine wegweisende Rolle. Heidi Sorensen erklärt: „Da wir das Abkommen zum Europäischen Wirtschaftsraum unterschrieben haben, ist Norwegen dazu verpflichtet, die europäischen Normen anzuwenden. In manchen Bereichen sind es aber die norwegischen Normen gewesen, die der europäischen Gesetzgebung als Grundlage gedient haben. Zum Beispiel hinsichtlich der Lagerungssicherheit von Abfällen aus Elektro- und Elektronikaltgeräten wurden die Empfehlungen Norwegens sehr ernst genommen und haben eine wesentliche Rolle bei der Gestaltung der entsprechenden europäischen Richtlinien gespielt“. 7 Vorschläge für ein verantwortungsvolles Abfallmanagement 9. Sitzung zum Thema Abfälle, La Baule, September 2007 Inhaltsverzeichnis Inhaltsverzeichnis „Wir verfügen über ein sehr umfangreiches und sehr strenges Konzept von Umweltschutzmassnahmen.“ Gespräch mit Herrn Lee Yuen Hee, Leiter der Nationalen Umweltagentur von Singapur seit 2005. Vorher hat er Schüsselpositionen in verschiedenen Ministerien Singapurs innegehabt (Finanzen, Kommunikation, Handel und Industrie, Verteidigung). singapur hat den ruf, eine der saubersten städte der Welt zu sein. Ein stück Papier auf den Boden zu werfen stellt einen Verstoß dar, der mit einer sofortigen geldstrafe behaftet ist. Wie behandeln sie die frage der abfälle in singapur? Singapur hat ein wesentliches Problem: seine Fläche. 700 Quadratkilometer. Und auf diesen 700 Quadratkilometern müssen neben Wohnungen, Firmen, Betrieben, Grünflächen, Straßen und einem internationalen Flughafen 4,5 Millionen Menschen leben und miteinander auskommen. Das ist das Grundgleichnis von Singapur. In diesem Kontext gibt es keine andere Möglichkeit, als das Problem der Abfälle und der Umwelt im Allgemeinen mit der allergrößten Sorgfalt anzugehen. Dementsprechend verfügen wir seit längerer Zeit über ein sehr umfangreiches und sehr strenges Konzept von Umweltschutzmaßnahmen. internationalen Verträge unterschrieben (Basler Abkommen, Rotterdamer Vertrag, Kyoto-Protokoll, usw.), und den hier ansässigen Unternehmen erlegen wir die strengsten internationalen Kriterien auf. Eine der Rollen unserer Agentur (sie beschäftigt 3.000 Personen) besteht darin, regelmäßig Kontrollen durchzuführen. Sensoren überprüfen laufend die Zusammensetzung der Luft. Die Erhöhung der Kraftfahrzeuganzahl ist auf 3% pro Jahr eingeschränkt. Wie erfolgt die Behandlung des Haushaltsmülls? Bei der Abfallproduktion ist der Umfang von 1.200 Tonnen pro Tag in den 70er Jahren auf fast 8.000 Tonnen pro Tag in 2000 gestiegen. Zugegeben: im selben Zeitraum haben wir einen starken wirtschaftlichen Aufschwung erlebt und die Bevölkerung hat um 50 % zugenommen seit wann gibt es in singapur (von 3 auf 4,5 Millionen). Unsere Mülleine umweltpolitik? deponien wurden schnell gefüllt, 1997 Das erste Antiumweltverschmutzungsamt waren sie im übrigen voll. Bereits 1979 wurde 1968 ins Leben gerufen. Seinerhaben wir die erste Verbrennungseinheit zeit galt die Aufmerksamkeit besonders eingeweiht. Heute gibt es davon vier. der Nahrungsmittelhygiene. Es hatte Zur Zeit wird eine fünfte gebaut, welche einige Vergiftungsfälle gegeben und 2009 die allererste ersetzten wird. es war erforderlich, die Sauberkeit der Diese Methode hat es uns erlaubt, den öffentlichen Einrichtungen, der Straßen Abfallumfang um 90 % zu verringern. und der Restaurants zu verbessern. Nach Wir schaffen es auch, pro Jahr 3.500 der Unabhängigkeit (1965) wurde der Tonnen Metall wiederzugewinnen. Einer Regierung außerdem bewusst, dass man unserer Sammlungsdienstleister hat uns eine saubere Umgebung anbieten muss, vor kurzem ein Werkprojekt vorgeschlagen, um Abfall vor der Verbrennung um ausländische Unternehmen hier noch mehr auszusortieren. Er möchte anzuziehen. Seit 1972 haben wir ein die Verbrennungsanlagekosten, welche Umweltministerium. gewichtsmäßig berechnet werden, spaWie wird die Einhaltung der umweltren und gleichzeitig Sekundärrohstoffe bezogenen regeln überprüft? wiedergewinnen. Solche Initiativen unterstützen wir. Wir haben mehr oder weniger alle Was wird aus der asche gemacht? Wir haben eine Offshore-Deponie ins Leben gerufen, indem wir zwei Mauern zwischen zwei kleinen Inseln gebaut haben. Nachdem diese Zone von Ihrem Meereswasser geleert war, haben wir sie in mehrere Bereiche unterteilt. In jedem dieser Bereiche wird Asche und Konstruktionsmüll gelagert (Bauschutt, usw.). Wir untersuchen noch mehrere andere Möglichkeiten um die Asche zu verwenden, und zwar hauptsächlich bei Straßengrundschichten. ist die Bevölkerung singapurs empfänglich für die notwendigkeit, zu recyceln? Die Mentalität entwickelt sich langsam, aber wir haben noch einen weiten Weg vor uns. Kinder hingegen sind darauf viel mehr sensibilisiert. Sie kennen alle die „3R“-Regel: „Reduce (den Verbrauch reduzieren), Re-use (wiederverwenden), Recycle (wiederverwerten)“. Alle Schulen verfügen über Recyclingstationen. Und da die Einwohner Singapurs viel reisen, merken sie, dass zum Beispiel in Japan die Leute viel mehr recyceln. Die Leute im Auslandseinsatz, die hier leben, wollen auch, dass Recycling einfacher wird. Nach und nach fängt die Bevölkerung an, wahrzunehmen, dass es gut ist, „grün“ zu sein. Jedoch wären alle motivierter, wenn es einen finanziellen Anreiz geben würde. Wir versuchen auch zu verdeutlichen, dass es besser ist, ab der Produktion den Umfang zukünftiger Abfälle zu reduzieren, indem wir mit den Verpackungsherstellern arbeiten. Ferner versuchen wir, nach und nach unseren Energieverbrauch zu senken, indem wir die Bauträger dazu ermutigen, „ökologische“ Gebäude zu errichten, die Energierückgewinnung in den öffentlichen Inhaltsverzeichnis Offshore-Deponie Semakau (Singapur), zur Lagerung der Asche aus den Verbrennungseinheiten und des Bauschutts. Verkehrsmitteln optimieren und Produkte mit den besten energetischen Leistungen (hauptsächlich Klimaanlagen und Kühlschränke) fördern. Es ist paradoxal zu bemerken, dass wir fast alle unsere Energiequellen importieren – und dass die einzigen 3 % Strom, die wir nicht importieren dürfen, aus unserem Abfall gewonnen werden. Wie steht es mit den recyclingraten? Für Papier und Holz kommen wir auf circa 36 %, aber wir müssen das Papier exportieren, weil wir keine Papierfabrik haben. Beim Bauschutt sind es 98 %. Im Allgemeinen lag unsere Durchschnittsrate 2001 bei 40 % und hat heute 51 % erreicht. Unsere Zielsetzung für 2012 lautet 60 %. Wie sieht es mit dem recycling von Elektronikgeräten aus? Innerhalb kurzer Zeit sind in Singapur vier im Recycling von Elektro- und Elektronikaltgeräten spezialisierte Werke gegründet worden, welche diesen Geräten die Edelmetalle entnehmen. Wir sind damit einverstanden, solange die Verfahren gut kontrolliert werden. Wir wollen nicht als unverantwortlich bezeichnet werden unter dem Vorwurf, dass wir in Singapur die Einfuhr von Abfällen zulassen, die als gefährlich betrachtet werden. So wird eine gewisse Anzahl von Elektround Elektronikaltgeräten durch das Basler Abkommen als „ gefährlich“ eingestuft, z.B. Computerbildschirme mit Kathodenstrahlröhren. Wenn das Produkt dann auseinandergenommen ist, benötigen wir auch nicht so sehr alle „Reste“. Man kann sagen, dass wir hinsichtlich dieser Thematik ziemlich vorsichtig sind und die Akten auf einer Fallzu-Fall Basis überprüfen. Dabei behalten wir im Sinn, dass unsere Priorität darin besteht, das Abfallproblem von Singapur zu lösen, bevor wir uns für den Abfall der restlichen Welt interessieren! Inhaltsverzeichnis Eine Industrielandschaft im Wandel Durch die Integration industrieller Mittel beginnt Recycling mit enormer Geschwindigkeit seinen bisherigen Rückstand abzubauen. Demontageketten, spiegelbildlich verkehrte Montageketten, werden in Produktionseinheiten für Recyclingmaterial installiert. Sortiertechnologien verwandeln die Recyclingindustrie, ebenso wie Forschung und Entwicklung zur Erschließung der Ressourcen neuer Vorkommen eingesetzt werden und für sie neue Absatzmöglichkeiten schafft. Ungefähr die Hälfte des auf der ganzen Welt hergestellten Papiers, Kartons und Stahls wird aus Recyclingmaterial produziert. Dies trifft auch auf mehr als die Hälfte von NE-Metallen sowie 60 % des Glases auf europäischer Ebene zu31. Diese Zahlen, welche den unentbehrlichen Beitrag des Recyclings für eine funktionierende Weltwirtschaft klar zum Ausdruck bringen, sind jedoch unzureichend, um die tief greifenden Veränderungen eines Wirtschaftssegments verständlich zu machen, das lange Zeit hindurch mit dem Wort Rückgewinnung abgetan wurde. Bernard Lanfranchi, Marktleiter der Veolia Environmental Services, erklärt dazu: „Seit zehn Jahren wirkt sich die europäische Gesetzgebung sehr strukturierend auf die Entwicklung unseres Segments Inhaltsverzeichnis aus, und zwar von unseren historischen Aktivitäten der Abfallentsorgung ausgehend in Richtung von Wiederverwertung.“ Abfallmanagement und Recycling müssen nun gemeinsam weiterentwickelt werden. Umweltgerechte Entsorgung fügt sich in den Recyclingablauf ein, während die Zielsetzung einer verstärkten Wiederverwertung es erforderlich macht, zusätzliche Teile des Abfalls einzubeziehen, die bisher wegen ihrer schwierigen Wiederverwertung vernachlässigt wurden. Es muss besser und mehr wiederverwertet werden, und zwar nach Verfahren, welche die Gesundheits- und Umweltsicherheit garantieren. „Alles annehmen, alles behandeln, 31 Abfallwirtschaft, Gérard Bertolini, Éditions Technip, 2005 Inhaltsverzeichnis alles rückverfolgen“, wie es Michel Valache, Regionalleiter für den Großraum Paris der Veolia Environmental Services zusammenfasst, und dabei muss der Unterschied zu weniger erschöpfenden und weniger gewissenhaften Verfahrensweisen deutlich hervorhoben werden. Hiermit verschwindet also eine Grenze, die bereits einigermaßen durchlässig war. Von zwei traditionellen Polen – Abfallmanagement und Wiedergewinnung oder Recycling – ausgehend, kommt es wie in den anderen Wirtschaftsbereichen zu einer Konsolidierungsdynamik. Der Wirtschaftsexperte Gérard Bertolini stellt dies folgendermaßen dar: In einer zunehmend kapitalintensiven Aktivität, der Spitzentechnologien zur Verfügung stehen, wird die „Eintrittskarte“ immer teurer32. Die Investitionen sind umfangreich, ihre Amortisierung hängt von der Beherrschung der Ressourcen und von einer Vermassung der Ströme ab. Die damit zusammenhängenden Antworten sind komplex und erfordern auch Engineeringressourcen sowie Mittel für Forschung und Entwicklung. überlappende Konzentrationsdynamik In Frankreich ist die Anzahl der Betriebe in den Recyclingsektoren zwischen den Jahren 1999 und 2006 von 4.700 auf 3.400 gesunken33. In den Vereinigten Staaten kontrollieren die vier größten Betreiber 45 % des Sammlungsmarktes und 30 % des Recyclingmarktes34. Die von Veolia Environmental Services getätigten Übernahmen entsprechen dieser Logik. „Alle sozialen, gesetzlichen und wirtschaftlichen Faktoren laufen zusammen und spornen zum Recycling an“, so die Erklärung von Jérôme Le Conte, Generaldirektor von Veolia Environmental Services Frankreich und Verantwortlicher für Recycling in Europa. „Unsere Zielsetzung ist klar: wir wollen die Ressourcen bis zum Maximum des Mehrwertes, den wir erbringen können, ausnutzen, das heißt, bis wir den Verbraucherindustrien in allen Sektoren eine direkt verwendbare Ressource liefern können.“ Ibid Federec, Pressekonferenz vom 4. Juli 2007 34 Improving recycling markets, OECD 2006 32 33 MARGEN DES FORTSCHRITTS: ungleich ausgenutzte Ressourcen Von der energetischen Nutzung abgesehen, liegt der Prozentsatz wiederverwerteter Kommunalabfälle in den Vereinigten Staaten nur knapp über 30 %. Im Europa der 15 liegt er bei 35 %, wobei allerdings dieser Mittelwert Schwankungen von 10 % bis zu über 60 % verbirgt. In den neuen Mitgliedstaaten der Union sowie in China liegt er um 18 %, in Japan um 15 %35. Eine Verpackung von zwei ... In der Europäischen Union hat im Jahr 2001 die durchschnittliche Recyclingrate für Verpackungen 53 % erreicht, die Zielsetzung für das Jahr 2009 liegt zwischen 55 % und 80 %. Laut einem von Brüssel veröffentlichten Bericht hatten im Jahr 2002 bereits 7 Länder die Zielsetzung für 2009 überschritten: Deutschland (74 %), Belgien (70 %), Österreich (66 %), Schweden (65 %) sowie Dänemark, Luxemburg und die Niederlande (57 %). 35 36 Biologisch abbaubare Abfälle Die europäische Richtlinie zur Abfallreduzierung aus dem Jahr 1999 schreibt vor, dass die Menge der auf Deponien verbrachten, biologisch abbaubaren Kommunalabfälle wie folgt reduziert werden muss: auf 75 % bis 16. Juli 2006, 50 % bis 16. Juli 2009, 35 % bis 16. Juli 2016. Diese Prozentsätze beziehen sich auf die Gesamtmenge der im Jahr 1995 (bzw. auf die Gesamtmenge des letzten Jahres, für welches standardisierte Eurostat-Daten vorliegen) produzierten biologisch abbaubaren Kommunalabfälle. Anders herum gesagt, es müssen auf den Anteil gärfähiger Abfälle bezogen 50 % (2009) und danach 65 % (2016) wiederverwertet werden. In Frankreich stellen die gärfähigen Abfälle 28 % des Haushaltsmülls dar, wobei Papier und Karton ausgenommen sind. Jedoch liegt der durch eine biologische Behandlung – Kompostierung und Vergärung zu Methan – wiederverwertete Anteil bei nur 6 %36. Abfälle im Weltüberblick, op. cit. ADEME – Abfälle in Zahlen - Ausgabe 2007 Inhaltsverzeichnis Jedoch beschränkt sich die Herausforderung im Wettbewerb nicht auf die vertikale Integration der Bereiche von der Sammlung bis hin zur Produktion von Recyclingmaterial. „Über ein globales Angebot zu verfügen, stellt einen Wettbewerbsvorteil dar, und so können wir unseren Kunden zusätzlichen Mehrwert bieten, indem wir alle Behandlungsmethoden zusammenführen“, setzt Jérôme Le Conte fort. „Insbesondre dann, wenn diese Kunden selbst Großunternehmen sind und sie von einem einzigen Dienstleister Lösungen für alle herkömmlichen und gefährlichen Abfälle erwarten, einschließlich sachgemäßer Wiederverwertungsoptionen. Hinzu kommen noch alle weiteren umweltbezogenen Dienstleistungen, die unsere Gruppe anbietet.“ Eine neuere industrielle revolution Die Industrialisierung des Recyclings ist die zweite markante Facette des derzeitigen Veränderungsprozesses. Seit dem Ende der 50er Jahre und dem Erscheinen der ersten Zerkleinerungsmaschinen schreitet das Recycling von Schrott und NE-Metallen zwar voran, die selektive Sammlung von Verpackungen, welche zur Entwicklung von Haus- haltsmüllsortierungstechnologien geführt hat, ist jedoch erheblich jünger. Deutschland begann damit im Jahr 1991, im Jahr 1992 wurden sie in Frankreich eingeführt und seit dem Jahr 1994 ist sie in einer europäischen Richtlinie festgehalten. Während das Volumen des gesammelten Materials weiterhin stieg, wobei Verpackungen 50 % des Volumens von Haushaltsmüll und vergleichbaren Abfällen in den OECD-Ländern darstellen, wurden die verfügbaren (mechanischen, magnetischen, luftfördernden und optischen) Technologien integriert. Sie haben die weitestgehende Automatisierung der Anlagen der letzten Generation ermöglicht, darunter diejenigen von Rillieux-la-Pape in Frankreich und Greenwich in England, welche für Veolia Environmental Referenzbetriebe sind. Dominique Hélaine, Leiter der strategischen Einheit Technik und Investition in der Konzernzentrale, erklärt diesbezüglich: „Heutzutage haben wir bei der Sortierung des Verpackungsabfalls ein gewisses Niveau hinsichtlich der Effizienz erreicht. Es gilt noch Fortschritte bei der Verbesserung der Sammlungsrate zu machen, da in Europa die durchschnittliche Recyclingrate bei Verpackungen nur um 55 % liegt. Allerdings sind diese Technologien nicht direkt Inhaltsverzeichnis auf andere Ströme übertragbar. Bei normalem Industrieabfall zum Beispiel, bedarf es spezifischer Entwicklungen von Sortierinstallationen.“ Die traditionellen Sektoren für Metalle und Papier haben gelernt, bei den eingehenden Strömen Qualitätsunterschiede zu ermitteln. Danach hat die Verpackungssortierung begonnen, Trenntechniken bei kontinuierlichen Strömen diverser Materialien anzuwenden, wobei diese jedoch zunächst auf gleichbleibende Formen und klar erkennbares Material – Flaschen, Flakons, Metalldosen, Zeitungen – beschränkt waren. Neue Herausforderungen stellten sich bei heterogeneren und komplexeren Strömen, darunter diejenigen von Elektro- und Elektronikaltgeräten37. Dieser ist wohl der repräsentativste Schritt in dieser bedeutenden Entwicklung, bei dem die Recyclingaktivität nicht nur mit Werkstoff-, sondern auch mit Produktströmen konfrontiert wird. „Die Behandlung dieser Produkte fällt wegen ihrer gefährlichen Komponenten und ihrer Miniaturisierung komplexer aus. Sie enthalten auch weniger hochwertige Materialien“, ruft Bernard Lanfranchi in Erinnerung. Auseinandernehmen, zerkleinern, entsorgen, Ressourcen trennen und sie wiederverwerten: eine neue Industrie strukturiert sich. Eine ihrer Herausforderungen besteht darin, eine Alternative zur unkontrollierten und gefährlichen Verarbeitung – welche insbesondere in Asien praktiziert wird und sowohl Computer und Mobiltelefone als auch ausgediente Schiffe betrifft – anzubieten. Die Integration von Informationstechnologien ist schließlich ein entscheidender Fortschrittsfaktor bei der Bearbeitung von Strömen und bringt einen beträchtlichen Vorteil in Bezug auf Sicherheit und Rückverfolgbarkeit. Die Alternative zur unkontrollierten und gefährlichen Verarbeitung unzureichend ausgebeutete Vorkommen Allerdings ist diese Herausforderung nicht auf durch gesetzliche Regelungen neu definierte Vorkommen beschränkt, deren Verarbeitung durch die Anwendung des erweiterten Herstellerverantwortungsprinzips und Beiträge der Verbraucher finanziert wird. Unabhängig vom jeweiligen Land wird der Großteil der Abfälle nach wie vor nicht sortiert und endet auf Deponien und in Verbrennungsanlagen. Ihr Wiederverwertungspotenzial ist jedoch nicht unbedeutend. Nachfrage besteht, wenn die Sortierung an der Quelle erfolgt (unabhängig davon, ob es sich um Produktionsabfälle oder Verpackungen handelt), jedoch sind Abfälle aus Industrie und Handel weitgehend unzureichend verwertet worden, da sie vermischt gesammelt wurden. Dies betrifft auch Bauabfall, der nunmehr berücksichtigt wird. Gleich wie bei Verpackungen und mit den selben, jedoch anders dimensionierten Grundtechnologien werden Spezialanlagen gebaut, welche es nach dem Schreddern erlauben, Material zu trennen. Gärfähige Abfälle stellen eine andere wichtige Quelle dar. Die Menge der weltweit gesammelten Kommunalabfälle wird auf 1,2 Milliarden Tonnen geschätzt38, bei einem anfallenden Gesamtvolumen von ca. 1,8 Milliarden Tonnen39. In Europa wird der Prozentsatz des organischen Anteils auf 30 bis 45 % geschätzt und in den Entwicklungsländern überschreitet er 75 %. Dieses Material repräsentiert einen Reichtum, der für die Welt lebenswichtig ist, sowohl für die Ernährung, wie auch um CO2 zu speichern. Die Verarmung der Böden ist in der Tat ein brennendes Thema, das die Bevölkerungszunahme und die Intensivierung der Landwirtschaft noch verschärfen. Verschiedene Lösungen werden in Erwägung gezogen, um die Verschmutzung gärfähiger Abfälle zu vermeiden. Entweder müssen Kriterien für die Trennsammlung (siehe Darstellung auf Seite 55), oder Technologien entwickelt werden, welche die Sortierung von Mischströmen erlauben. Die Herstellung von Qualitätskompost kann auch nach der energetischen Nutzung des Materials bei der Erzeugung von Biogas erfolgen. forschung und Entwicklung bis zum Endabfall Außer der Verbesserung der Trennsammlung und den damit verbundenen Kosten – diese Vorgangsweise ist von vornherein ausgeschlossen und für viele Länder nicht leistbar –, liegt das Entwicklungspotenzial des Recyclings in den Kapazitäten der installierten Sortierungsverfahren. Dieser erste und entscheidende Schritt bei der Abfallnutzung treibt Abfälle aus Elektro- und Elektronikgeräten Weltpanorama der Abfälle, CyclOpe, Ed. Economica 2006 39 Abfallwirtschaft, op. cit. 37 38 Inhaltsverzeichnis „Besser produzieren: ein industrielles und technologisches Anliegen, aber auch ein menschlicher Fortschritt“ Gespräch mit Olivier Doyen, Verantwortlicher der Abteilung Sortierung und Wiederverwertung des Sauberkeits- und Energie-Forschungszentrums von Veolia Environment Wie würden sie ihre rolle definieren und was sind ihre forschungsschwerpunkte? Unsere Rolle besteht darin, es Veolia Environment zu erlauben, ein Hersteller von Sekundärrohstoffen und Brennstoffen aus Abfällen zu sein, welcher einen höheren Mehrwert als die Wettbewerber liefert. Um es klar auszudrücken: wir verhelfen Veolia Environment dazu, mehr und besser zu produzieren. In diesem Kontext liegt unser Hauptschwerpunkt in der Automatisierung unserer Sortieranlagen, was – wie ich später erwähnen werde – nennenswerte soziale Konsequenzen nach sich zieht. Auf technischer Ebene müssen wir folgende Fragen beantworten: wie kann man auf einem Förderband mit einer Geschwindigkeit von 3 Metern pro Sekunde jeden Gegenstand einer Analyse unterziehen und dabei die Störungen vermeiden, die durch Überlappen mit, und die Nähe von Gegenständen unterschiedlicher Materialien entstehen? Wie kann man die Überlappung von Gegenständen feststellen und korrigieren? Und wie kann man die Gegenstände in Position halten, damit die Extraktion erfolgreich verläuft? Dafür verwenden wir nicht-intrusive Analysetechnologien – kurz- und mittelwelliges Infrarot sowie Röntgenstrahlen. Diese können mit anderen Systemen gekoppelt werden, um eine bessere Identifizierung des Materials zu erreichen. Um Ihnen einen Vergleich der Größenordnung zu geben: wenn eine Flaschenabfüllanlage höchstens 80.000 identische Flaschen pro Stunde verarbeitet, müssen wir in der selben Zeit mehrere Hunderttausende Gegenstände aller Arten sortieren. zu bringen, welche sofort in unsere Sortieranlagen integrierbar ist. Dieses Jahr haben wir zum Beispiel die Anwendungsmöglichkeiten einer optischen Sortiermaschine erweitert und zwar mit einer Vorrichtung, mit welcher verschiedene Ausstoßbefehle bei der Analyse eines Rundlaufes gegeben werden. Bei jedem Durchgang werden die Auswahlkriterien geändert, was für Anlagen mit geringer Kapazität und kleine Materialströme einen besonders interessanten Fortschritt darstellt. über die sortierung hinaus stellt sich die frage der materialwiederverwertung. Das ist die Frage der senkrechten Integration. Wie weit geht man bei der Vorbereitung des Materials? Je nachdem, wie die Antwort ausfällt, können auch die Verfahren sehr unterschiedlich sein. Nehmen wir ein Beispiel. Es kann versucht werden, eine bestimmte Art von Kunststoff wie PET in unseren Sortierungsanlagen zu konzentrieren. Aber wenn das Lastenheft verlangt, gewaschenes Material und einen gewissen Reinheitsgrad zu liefern, kann die Sortierung vorher stattfinden, indem diverse zerkleinerte Kunststoffe nach ihrer Masse mittels Flotation getrennt werden. Die senkrechte Integration öffnet also den Weg für andere, potenziell interessantere Techniken. Indem wir die ganze Produktionskette der Sekundärrohstoffe kontrollieren, können wir auf der relevantesten Ebene und gemäß unseren Qualitäts-, Kostenreduzierungs- und Energieeinsparungszielsetzungen handeln, wobei das Umweltergebnis deutlich günstiger ausfällt. Kann man daraus ein typisches modell für zukünftige WiederverwerKönnen sie schon Ergebnisse vorweisen? tungsanlagen ableiten? Unser Bestreben ist einfach: es geht da- Das Schlüsselwort hier ist Steuerung, rum, der Gruppe jedes Jahr eine Lösung das heißt, die Fähigkeit, industrielle Anlagen entsprechend der Herkunft des Abfalls und des angestrebten Ergebnisses einzustellen, wobei Letztere vom Absatzmarkt des erzeugten Materials und den Bedürfnissen der Abnehmer abhängt. Unsere Kenntnis der Materialien und der Bedürfnisse der Industrie erlauben auch einen vertiefenden Dialog bezüglich Ökogestaltung. Der Wiederverwertungsforscher wird in Zukunft seine Legitimität bei der Beratung von Industriellen haben, indem er ihnen zum Beispiel empfiehlt, eher ein bestimmtes Harz als ein anderes zu benutzen, und zwar aufgrund seiner Eigenschaften für einen bestimmten Verwendungszweck und seiner besseren Lebenszyklusbilanz. sie wollten auf die sozialen Konsequenzen der von ihnen beschriebenen Entwicklung zurückkommen. Ja, weil ich unterstreichen will, dass die menschliche Dimension voll in unser Vorhaben integriert ist. Wenn wir die Automatisierung vorantreiben, geht dies natürlich mit dem potenziellen Verlust von Arbeitsplätzen einher. Die Automatisierung aber macht es möglich, Produktionskosten zu senken und Zugang zu noch nicht sortierten Vorkommen zu haben Sie schafft also auch Arbeitsplätze und unsere Simulationen ergeben sogar, dass sie viel mehr Arbeitsplätze schafft als sie abbaut. Außerdem ändert sich das Wesen dieser Arbeitsplätze. Sie entstehen im Bereich der Kontrolle, der Wartung und der Logistik. Bei jeder technischen Neuentwicklung analysieren wir die Auswirkungen auf die Berufsbildung und suchen immer nach dem besten Gleichgewicht zwischen Mensch und Maschine. Für uns ist also die Suche nach neuen technischen Lösungen auf die Dauer untrennbar von der beruflichen Entwicklung der Mitarbeiter der Gruppe. Inhaltsverzeichnis bezüglich erklärt: „Recycling und Wiederverwertung von Kunststoffen aus Schredderrückständen werden erforderlich, wenn man die aktuellen Zielsetzungen für das Jahr 2015 einhalten will“. Der Endabfall ist auch derjenige, den man nicht sieht. Edelmetalle werden in Spurenform aus giftigen Abwässern extrahiert und wiederverwertet und, wie es Michel Valache ausdrückt, es finden „echte Materialverwandlungen“ dank der Chemietechnologie statt. der Platz des menschen In seiner industriellen Form erneuert Recycling die Ressourcenwirtschaft und es klassifiziert gleichzeitig manche Bereiche des Abfallmanagements neu. Lange Zeit wurden Sortierarbeiten mit niederrangigen Aufgaben und unausweichlich mühsamen Arbeitsbedingungen gleichgesetzt, welche Beschwerden hervorrufen und, bei denen man Gefahren ausgesetzt ist. Die Sortierung von Hand ist immer noch die Regel, und kleine Unternehmen werden in Hinblick auf die verfügbaren Geräte und ihre Kosten keine GETRENNTE SAMMLUNG: die Bemühungen von Forschung und Entwicklung. Dominique Hélaine fasst die Grundsätze davon zusammen: „Heutzutage gibt es komplexe Anlagen, deren Betrieb hauptsächlich hinsichtlich der Gestaltung verbesserungsfähig ist. In diesem Fall liegt unser Mehrwert darin, dass wir die Rolle eines Entwicklungsingenieurs übernehmen. Das ist der erste Forschungsschwerpunkt. Unsere Fähigkeit, in anderen Bereichen angewandte Technologien zu identifizieren, welche auf unsere Tätigkeit übertrag bar wären, stellt den zweiten Schwerpunkt dar. Der dritte Schwerpunkt liegt nicht mehr bei technischen Installationen, sondern bei Materialien, die bis jetzt durch unsere Sortiermöglichkeiten nicht erfasst wurden. Betroffen davon sind hauptsächlich Pro- dukte, welche zwar bis zu einem gewissen Grad giftig, aber trotzdem für das Recycling wertvoll sind, wie zum Beispiel bestimmte Metalle.“ Die Abfallanalyse, die in den Forschungszentren durchgeführt wird, reduziert nach und nach den Bereich der „Endabfälle“, von denen der Präsident des internationalen Dachverbandes der Recyclingindustrie gerne in Erinnerung ruft, dass ihre Einstufung gemäß der offiziellen Definition „von den aktuellen technischen und wirtschaftlichen Bedingungen“ abhängt. Die europäische Richtlinie bezüglich betriebsunfähiger Fahrzeuge gibt ein Beispiel dafür, wenn sie für das Jahr 2015 die erwarteten Wiederverwertungsraten auf 95 % festsetzt. In einem Bericht aus dem Januar 2007 hat die Europäische Kommission dies- Inhaltsverzeichnis Je mehr die Materialtrennung am Anfang der Prozesskette erfolgt, um so effizienter ist sie. Es ist das Prinzip der selektiven Haushaltsmüllsammlung, welche von Tür zu Tür organisiert wird oder die in Abfallsortierungsanlagen und anderen freiwilligen Einbringungspunkten erfolgt, wobei Letztere wirtschaftlicher sind und sich entwickeln. Die Kriterien für die Trennung der Ströme und ihre Anzahl variieren nach Ländern oder Regionen. Das deutsche Beispiel Regelmässig wird Deutschland wegen seiner Recycling fördernden Politik als Beispiel genannt. Mit einem Erlass aus dem Jahr 1991 wurde der Bürger als „Erzeuger und Sortierer“ seines Abfalls bezeichnet. In Deutschland unterscheidet man bei der Sammlung zwischen 7 Strömen, 5 davon bei der Haus-zu-HausSammlung: Karton, Verpackungen aller Art (Plastiksäcke inbegriffen), biologisch abbaubare Abfälle, Rest- und Sperrmüll. automatisierten Lösungen integrieren können. Die Automatisierung mag manche Arbeitsplätze gefährden, die auch mit Schwerarbeit verbunden sind, aber als Gegenleistung kann die Entwicklung des Recyclings neue Arbeitsplätze schaffen. Sie tut es hauptsächlich im Rahmen von Partnerschaften mit Wiedereingliederungsunternehmen, und das Hochfahren neuer Sektoren wird auch Arbeitsplätze schaffen. „Man kann sich vorstellen, dass in Zukunft fast alle Ströme zum Gegenstand von Sortierung werden“, erklärt Dominique Hélaine. „Es handelt sich nicht nur um industriellen Fortschritt, sondern auch um einen tiefschürfenden kulturellen Umschwung, welcher dieser Funktion einen anderen Status verleiht“. Laufende technische Entwicklungen werden die Rolle des Menschen als Kontrolleur erhalten, indem sie ihm einen Ferneingriff ohne direkten Kontakt mit den Abfällen ermöglichen werden. Die Arbeitsbedingungen ändern heißt auch, das Wesen der Arbeit zu ändern. Es ist nicht die kleinste Herausforderung des Recyclings, auch diese Änderung zu bewältigen. auf der Suche nach dem besten Kompromiss Glas und gefährliche Stoffe werden durch freiwillige Einbringung gesammelt. Die Abfallsortieranlagen unterscheiden bis zu 15 Abfallkategorien. Deutschland praktiziert auch das Flaschenpfand für Flaschen aus Glas oder aus Kunststoff. Diese Organisation zeugt von Umweltkultur und von fortschrittlichem Bürgergeist. Sie bringt jedoch auch hohe Kosten mit sich. Andere europäische Länder und manche amerikanische Staaten wenden auch eine freiwillige, wertgebundene Recyclingpolitik an und entwickeln vermehrt die getrennte Sammlung. Die Grenzen des französischen Modells In Frankreich wird im allgemeinsten Fall zwischen 2 Strömen unterschieden (Glassammlung nicht einbegriffen): Verpackungen und Zeitungen einerseits und Restmüll andererseits. Trotz eines gewissen Erfolgs hat dieses System Nachteile. Die Sammlung von Verpackungen, welche auf Flaschen und Flakons eingeschränkt ist, schliesst andere wiederverwertbare Kunststoffe aus. Die Sammlung von gärfähigen Abfällen, mit dem Restmüll vermischt, resultiert in Verschmutzungen, welche sich nachteilig auf die Herstellung von Qualitätskompost auswirken. Eine Hypothese... Bei diesen diskutierten Fragen führt die Suche nach dem besten Kompromiss zwischen Zwängen, Kosten und Effizienz zu einer Hypothese mit 3 Hauptströmen: Glas, biologisch abbaubare Abfälle (inklusive Biokunststoffe) und alle trockenen Abfälle, wobei Letztere mit den bereits eingesetzten Technologien sortiert werden können. Dieses Modell löst jedoch nicht die Frage der giftigen Abfälle. Diese impliziert einen stärkeren Anreiz zu freiwilligen Einbringungen und eine verstärkte Kommunikationspolitik seitens der öffentlichen Hand. Inhaltsverzeichnis „Produktionsstandards, Produktnormen und Rückverfolgbarkeit müssen verstärkt werden“ Gespräch mit Dominique Maguin, Präsident des internationalen Dachverbandes der Recyclingindustrie40. Er war ebenfalls Vorsitzender von Federec, Vorsitzender der European Paper Recycling Federation und Vorsitzender der Abteilung Papier des internationalen Dachverbandes der Recyclingindustrie. Die französische Regierung hat ihn zum Mitglied des Nationalen Abfallrates ernannt. seit einigen Jahren unterliegt der recyclingmarkt einem allgemeinen Konsolidierungstrend. dabei verschwindet die traditionelle grenze zwischen abfallbetrieb und recycler. Wie analysieren sie diesen trend? Das erste Produkt, dem das Interesse der Abfallunternehmen galt, war Papier. Das Beispiel kommt aus den Vereinigten Staaten und hat den Namen Waste Management. Der Abfallsammler verwendet dieselben Maschinen wie der Papierrückgewinner: dieselben Container, dieselben Stampfer. Dieselben Geräte benutzen heißt jedoch nicht, dass man dasselbe Know-how meistert. Es entstand eine Dynamik, die sich auf andere Sektoren ausdehnte. Der zweite auslösende Faktor ist politischer Natur. In den industrialisierten Ländern ist es die wachsende Sorge um die Umwelt angesichts des Anfalls von Abfällen und sie drückt sich in Formulierungen wie „3R“ aus: Reduce, Re-use, Recycle. Traditionelle Abfallbetriebe befinden sich dann an erster Stelle, um der neuen Anforderung gerecht zu werden, und zwar insbesondere bei den Kommunalbehörden, die ihre Kunden sind. Natürlich unterliegt der traditionelle Recycler ebenfalls zunehmenden Erwartungen. So erfolgt die Konsolidierung gemäß zweier umgekehrter Dynamiken: die Abfallentsorger finden sich alle am Ende der Prozesskette, während sich die traditionellen Abfallverwerter in der Prozesskette weiter nach hinten bewegen. Welches sind deren jeweilige stärken? Kann der ursprüngliche Beruf ihrer meinung nach einen kulturellen und technischen Vorteil geben, um sich dieser Entwicklung anzunähern? Man kann zwei Antworten darauf geben. Erstens bemerke ich, dass die Betreiber, von beiden Enden der Kette ausgehend, zu gleichen Schlussfolgerungen gekommen sind und global gesehen dieselben Zielsetzungen haben. Worin wird der Unterschied in dieser Wettbewerbskonfrontation liegen? Ganz einfach im Know-how. Recyclingmaterial muss gekannt und erkannt werden; es muss rationell gesammelt werden. Sortieroperationen müssen nach Produktionsstandards erfolgen können weil (und ich habe mich lange genug dafür eingesetzt, um mich jetzt darüber zu freuen) Recyclingmaterial standardisiert wird. Letztendlich muss man es verstehen, dieses Material zu vermarkten. Das heißt, man muss kontinuierlich die Weltmärkte bearbeiten, um Abnehmer für die Produkte zu finden, mit ihnen verhandeln, ihre Bedürfnisse verstehen, ihre Mittel kennen und nicht jemand anderem, der als Erster an die Türe klopfte, eine Chance geben! Das alles muss man zusätzlich zur Beobachtung von Technologien und Gesetzen machen können, wenn man alle Bereiche des Recyclings integrieren will. Diese Bereiche aber sind mit anderen Bereichen verbunden, was zu einer zweiten Antwort führt, wobei man nicht den Wortlaut der Ersten vergessen darf. Aus gesamtheitlicher Betrachtung tendiere ich zu sagen ,,dass wenn derselbe Betreiber außer dem Recycling es noch versteht, gefährliche Abfälle zu behandeln, technische Vergrabungszentren verwaltet, den Betrieb von Verbrennungsanalgen meistert und außerdem noch über ein Forschungs- und Entwicklungszentrum verfügt, er dann zweifelsohne bestens positioniert ist, um künftigen Anforderungen zu entsprechen. Jedoch ist es offensichtlich, dass es nicht ausreicht, „alles machen zu können“, um eine kohärente und hoch professionelle Organisation aller Bereiche zu gestalten. die recyclingaktivitäten werden heutzutage mit den strömen aus ausgedienten Produkten konfrontiert. Wie analysieren sie die antworten, die diesem komplexen Problem gegeben werden? Hier befinden wir uns am Kern des Themas. Was wird in der Tat aus diesen Telefonen, Computern, Neonröhren und anderen Produkten, die uns umgeben und sich in Abfälle verwandeln? Das ist eine Frage, welche die zunehmende Komplexität der Recyclingaktivitäten kennzeichnet, und bei der Implementierung von Lösungen werden Beiträge aus Forschung und Entwicklung eine entscheidende Rolle spielen. Jedoch bleibt die Frage der Wirtschaftlichkeit bestehen, wenn die technische Frage des Zerlegens, der Sanierung und der Wiederverwertung gelöst ist. Der aktuelle Trend, mit seinen Überlegungen in Richtung produkttypbezogener Sektoren, führt uns zu sehr kostspieligen Lösungen. In Frankreich kommt noch dazu, dass es bei den Abfällen aus Elektro- und Elektronikgeräten mehrere Ökoeinrichtungen gibt, welche die verschiedenen Hersteller vertreten. Wenn man Dinge bis ins Absurde weiterführt, kann man sich die Frage stellen, warum es nicht einen Sektor pro Produkt geben sollte und für jeden Sektor so viel Verwaltungssysteme, wie es Hersteller gibt! Es müssen also Verbesserungen vorgenommen werden, um die Betriebskosten der Vorrichtungen in Grenzen zu halten und sicherzustellen, dass Steuern so wirksam wie möglich zur Behandlung des Problems eingesetzt werden, für welches sie eingeführt wurden. Es liegt auf der Hand, dass wir einen großen Schritt in die richtige Richtung machen würden, wenn wir dank der Technologie mit dem Aufbau gemeinsamer Strukturen sowie Anlagen, welche in der Lage wären, Produktgruppen zu behandeln, die derzeitige Logik zur Trennung der Ströme durch eine Logik der Zusammenführung der Ströme ersetzen könnten. Die technische Lösung muss aber nicht zwangsläufig als Reaktion auf politische Entscheidungen kommen, sondern sie sollte bereits am Anfang der Prozesskette in Überlegungen einfließen und betrieben werden. In Brüssel werden noch viele Entscheidungen getroffen, ohne dass Experten vorher dazu befragt werden. Damit meine ich diejenigen, welche über technische Expertise verfügen, Behandlungsinfrastrukturen verwalten, und, die fähig sind, von einer bestimmten Zielsetzung ausgehend das industriell und wirtschaftlich Effizienteste Inhaltsverzeichnis und damit auch das für die Gesellschaft billigste Modell vorzuschlagen. Zwar ist Europa bei diesen Themen weit voraus, aber es fehlt noch die notwendige Reife, um eine echte Umweltschutzpolitik umzusetzen, was sich wiederum in der Art der Gesetzgebung widerspiegelt. in ihren verschiedenen Positionen haben sie seit langem für die Einführung von standards und Zertifizierung gekämpft. stößt ihr Plädoyer für die Qualität der Produktion von recyclingmaterial nicht auf bestimmte marktwirklichkeiten und auf die schwierigkeiten, regeln auf internationaler Ebene anzuwenden? Ich habe oft und ganz bewusst ein wenig provozierend gesagt, dass eine der Besonderheiten des Recyclingsegments darin liegt, dass der für ein Material bezahlte Preis in umgekehrtem Verhältnis zu seiner Qualität steht. Tatsache ist, dass das Gesetz von Angebot und Nachfrage die Käufer dazu führt, in einer angespannten Marktsituation weniger anspruchsvoll zu sein. Sie sind dann bereit, ein qualitativ minderwertigeres Material teurer zu kaufen, solange sie ausreichende Mengen erhalten, um den Bedarf ihrer Produktionsstätten abdecken zu können. Am Ende der Kette wird dann der Verbraucher benachteiligt, und manchmal sogar zweimal: zum einen, weil er Beiträge zur Recyclingfinanzierung leistet und zum anderen, weil er Kunde ist. Diese kurzfristige Logik entspricht nicht den Anforderungen und wir können damit nicht den kommerziellen und umweltbezogenen Kampf gewinnen, der uns erwartet. Um eine derartige Situation zu vermeiden, müssen Produktionsstandards, Produktnormen und die Möglichkeiten der Rückverfolgbarkeit erweitert werden. Um dies alles zu gewährleisten, muss es ebenfalls zu einer Weiterentwicklung der Zertifizierung von Dienstleistungen für Unternehmen in unserem Segment kommen. Das ist der Grund für die Aktion, die ich seit 1997 im Rahmen der Föderation von Recyclingunternehmen angeführt habe, und zwar mit der Implementierung eines Qualitätssiegels und später mit der Servicezertifizierung CERTIREC. stehen diese forderungen mit der kulturellen Entwicklung des recyclingsegments in Einklang? Für lange Zeit stand das Segment der Wiedergewinnung und des Recyclings marginalisiert am Rande der Gesellschaft. Es waren Tätigkeiten, welche den benachteiligten Schichten der Bevölkerung reserviert waren. Das Know-how selbst wurde traditionellerweise geheim gehalten und nur mündlich weitergegeben. Heute haben wir das Bedürfnis, Prozesse bekannt und sichtbar zu machen, und sie schriftlich festzuhalten, um sie nachverfolgen und eventuelle Abweichungen korrigieren zu können. Aus dieser Sicht spielen Großunternehmen eine wichtige Rolle, denn sie bewegen sich in einem Umfeld industrieller Anforderungen und haben Prozesse sowie strikte Prüf- und Kontrollmethoden eingeführt. In einem Umfeld, das eine minderwertige Produktionsbasis zulässt, wirkt sich diese Forderung nach Qualität nachteilig für sie aus, während sie, aus einer anspruchsvolleren Perspektive, vielleicht nicht unbedingt ein Leitbild schafft, aber auf jeden Fall zu einer treibenden Kraft wird. Wenn ich das sage, vergesse ich nicht kleinere Unternehmen, welche ebenfalls ihre Qualitätskultur entwickelt haben, und die, wenn sie von großen Gruppen im Rahmen des von uns erwähnten Konsolidierungstrends übernommen werden, durchaus Know-how, Image und eine lokale Basis einbringen und zwar für eine Tätigkeit, die heutzutage den unbestreitbaren Vorteil hat, dass sie nicht von ihren lokalen Wurzeln entfernt werden kann. 40 Der internationale Dachverband der Recyclingindustrie ist eine internationale Föderation, welche die Recycling- und Handelsindustrie weltweit vertritt. Er vereint 600 nationale Unternehmen und Vereinigungen aus mehr als 60 Ländern. Inhaltsverzeichnis Sondermüll: ein Leitbild für die Industrie Mit ihrer soliden Industriebasis und der Beherrschung von HightechVerfahren sind Sondermüllunternehmen ein Leitbild. Sie stehen an vorderster Front bei der Bekämpfung von Umweltverschmutzung und bewegen sich auch im Bereich der Wiederverwertung auf vorgeschobenem Posten. geschichte und Werte Die Grenzen der Wiederverwertung von gefährlichen Abfällen weiten sich zunehmen aus. Auf jeden Fall trifft dies auf die Branchenführer zu, allen voran Veolia Environment. „Wenn sich Marktführerschaft darin manifestiert, dass das Unternehmen durch sein Beispiel die Referenzstandards anhebt und sich technologischen Vorsprung sichert, dann sind wir eindeutig der Branchenführer“, erklärt Pascal Gauthier, Leiter des Spezialunternehmens der Gruppe. Getrieben von der ökologischen Notwendigkeit, auf welcher ihre Werte aufbauen, hat sich die Industrie für die Behandlung von Sondermüll zuerst mit der Neutralisierung der Schadstoffe auseinandersetzten müssen, die Luft und Boden gefährden. Das war vor dreißig Jahren. Große Anlagen machten es damals möglich, auch große Volumen zu behandeln. Forschung und Entwicklung haben dann zur Integration spezifischerer Technologien geführt, welche auf Wiederverwertung und energetische Abfallnutzung ausgerichtet waren. Aus den damit zusammenhängenden Auflagen hat dieses Segment einen entscheidenden Vorteil gezogen, denn es hatte keine andere Wahl, als sich auf äußerst effiziente Methoden zustützen und sich mit Hochleistungsanlagen auszustatten. Die Technologien, die bei der Behandlung von Sondermüll eingesetzt wurden, erlaubten es den Betreibern ein Fachwissen über diese Stoffe anzusammeln, mit dem auch ihr Wiederverwertungspotenzial erkennbar wurde. Unsere Grenzen sind vor allem die unserer Vorstellungskraft Eine fallstudie Bei Veolia wurde mit der Abfallnutzung vor circa fünfzehn Jahren begonnen. Zuerst beschäftigte man sich mit der Regenerierung von Lösungsmitteln, die chemische Schadstoffe enthielten – heute etwas ganz Alltägliches. Neue Ideen entstehen, sobald die Identifikation der Abfälle systematisiert wird. Ein Beispiel von vielen ist das Folgende. Vor zehn Jahren begann das Unternehmen mehrere Tausend Tonnen eines mit Zink und Nickel belasteten Abwassers zu behandeln. Nach der Behandlung des Materials wurde ein an Metallhydroxiden reicher Reststoff stabilisiert und verfestigt, um dann als Endabfall abgelagert zu werden. Damals eignete sich Pascal Gauthier eine Einstellung an, die er nach wie vor für sehr zutreffend hält: „Einen Abfall zu zerstören, heißt, eine Niederlage einzugestehen“. Man nahm diese Herausforderung an. Bereits im Jahr 1997 wurde mit einer Studie begonnen. Sechs Jahre später wurde nach den Ergebnissen eines Pilotversuchs für eine Investition auf industriellem Niveau entschieden. Im Jahr 2004 produzierte man mit diesem Verfahren die ersten Tonnen eines metallhaltigen Materials. Die Umsetzung der Idee in eine industrielle Lösung hat sieben Jahre in Anspruch genommen. Ohne die vertragliche Verpflichtung eines Kunden für die Dauer von fünf Jahren wäre sie nicht möglich gewesen. Zum Zeitpunkt der Unterschrift war es nicht eine Frage des Nickelpreises, aber aus der darauf folgenden Kurserhöhung zieht Pascal Gauthier folgende Lehre: „Bei den Zink- und Nickeloxiden haben wir Reinheitsgrade von 80 bis 85 % erreicht. Als der Markt dann verrückt gespielt hat, hätten wir unser Verfahren auf Reinheitsgrade von 40 oder 45 % einstellen können, und auch dafür hätten sich Abnehmer gefunden, aber wir haben uns an unsere Zielsetzungen gehalten, weil sie unserer Definition unseres Tätigkeitsbereiches entsprechen. Auf diesen hohen Ansprüchen basiert auch das Verhältnis zu unseren Kunden.“ Verantwortung und Vorstellungskraft Darauf stützt sich unsere Kultur. Gefährliche Abfälle wiederverwerten und neue Lösungen für neue Vorkommen zu finden, sind die Treiber unseres Forschungsbereichs. Diese Orientierung hat sowohl wirtschaftliche Gründe, sie entspringt aber auch dem Bewusstsein, dass Umweltauswirkungen weit über die großen Industriegruppen hinausgehen, die sich ihrer Verantwortung und ihres Images bewusst sind. „Für Restaurantbesitzer ist es wichtig zu wissen, dass das bei ihnen gesammelte, verbrauchte Inhaltsverzeichnis Speiseöl zur Herstellung von Biokraftstoffen dient, genauso wie es für die Autowerkstätten Sinn macht, zu wissen, dass Ablassöle regeneriert werden“, fährt Pascal Gauthier fort. Zurzeit gibt es Neuentwicklungen, die allerdings noch nicht veröffentlicht werden können. Zwei Forschungsbereiche sind jedoch bezüglich der Herausforderungen an die Umwelt besonders wichtig. Mit Schadstoffen verseuchte, flüssige Abfälle, die man behandeln und aus denen man Wasser, für die erneute Verwendung in Industrieprozessen gewinnen kann, wodurch wertvolle Ressourcen gespart werden. Sowie das Absaugen von CO2 am Kaminausgang in einem Werk der Gruppe, das nach Extraktion der Schadstoffe und Verdichtung einem industriellen Prozess zugeführt wird, der davon Tausende Tonnen benötigt. „Unsere Grenzen liegen vor allem bei unserer Vorstellungskraft“, behauptet Pascal Gauthier. Der Markt kann jedoch auch bremsend auf ambitiöse Pläne wirken, nämlich dann, wenn kurzfristige Interessen Lösungen bevorzugen, die billiger sind, weil sie die Umwelt nicht berücksichtigen. Dies ist der Fall bei Metallen, die in Sondermüll enthalten sind, wie z. B. in Elektro- und Elektronikaltgeräten (siehe Artikel), deren illegale Ausfuhr über skrupellose Händler erfolgt. Aber es trifft auch auf bestimmte Arten energetischer Verwendung von Material zu, das nicht wiederverwertet werden kann; es wird dadurch zwar ‚entsorgt’, allerdings auf eine Art, die Schadstoffe ausstößt. nicht definierte abfälle in der Warteschlange Nicht definierter Sondermüll aus Haushalten ist ein ganz anderes Thema, das sich durch mangelnde Sammlung und Information auszeichnet. Mit normalem Müll vermischt, schafft er zusätzliche Probleme bei der Behandlung von Rauch aus Verbrennungsanlagen oder Abwässern aus Deponien. Die Reste aus Farbverdünnern, mit denen von Haushaltsabwässern vermischt, verunreinigen den Schlamm in Wasseraufbereitungsanlagen und führen dazu, dass zur Verbrennung Spezialöfen benötigt werden. „Die ökologische und wirtschaftliche Bilanz “, so Pascal Gauthier, „sollte eigentlich zu einer Diskussion über das Thema führen, da die Öffentlichkeit durchaus bereit ist, darüber zu sprechen“. Auch wenn das Sortieren am Entstehungsort die einfachste Vor- SEAPORT, eine europäische Hafenpolizei In der Europäischen Union wird ein Programm mit dem Namen Seaport Project umgesetzt, um die internationale Zusammenarbeit bei der Bekämpfung der illegalen Ausfuhr von Abfällen zu stärken. Das niederländische Umweltministerium übernahm die Koordinierung. Ein im Juni 2006 veröffentlichter Bericht dokumentiert die Kontrollen, die zwischen September 2004 und Mai 2006 durchgeführt wurden. 24052 Dokumente wurden kontrolliert und 4198 Ladungen überprüft. 1103 davon enthielten Abfälle, 564 waren illegal (51 %) und bei 473 (43 %) wurden Verstösse festgestellt. In diesen Fällen wurden Massnahmen ergriffen, die hauptsächlich darin bestanden, dass die illegale Fracht in ihre Ursprungsländer zurückgesandt wurde. beugungsmaßnahme darstellt, arbeitet F&E trotzdem an Sortiertechnologien, welche die gleichzeitige Sammlung von gefährlichen Produkten und Restmüll ermöglichen. Auf jeden Fall ist die Trennung dieser Abfälle eine Voraussetzung für die Steigerung der Wiederverwertungsraten insgesamt. Inhaltsverzeichnis Ausgediente Elektro- und Elektronikgeräte: ein weltweites Thema, ein Sektor im Aufbau Man nimmt an, dass weltweit pro Jahr 40 bis 50 Millionen Tonnen ausgedienter Elektro- und Elektronikgeräte anfallen. China, Indien, Pakistan und Afrika sind die Hauptimporteure dieser illegal ausgeführten Abfälle. Das weltweite Wachstum bei ausgedienten Elektround Elektronikgeräten liegt mit 3 bis 5 % im Jahr höher als das aller anderen Abfälle. Dies trägt, verbunden mit der Steigerung der Ausrüstungsrate in den Schwellenländern, enorm zu der Dringlichkeit bei, sich mit den zunehmenden Gesundheits-, Umwelt- und Sozialproblemen auseinanderzusetzen. Die Herausforderungen sind jedoch auch wirtschaftlicher Art. Gesetzliche Vorschriften und die Reaktion der Industrie lassen bereits die Konturen eines neuen Marktes erkennen, auf dem technische Lösungen das entscheidende Wettbewerbselement sind. alarmierende feststellungen Die Behandlung ausgedienter Elektro- und Elektronikgeräte unterliegt dem Basler Abkommen zur Kontrolle der grenzüberschreitenden Transporte gefährlicher Abfälle und deren Beseitigung sowie der Ergänzung aus dem Jahr 1995. Diese verbieten den Unterzeichnerländern der Europäischen Union und der OECD, gefährliche Abfälle in andere Länder, insbesondre in Entwicklungsländer, auszuführen. Die Vereinigten Staaten haben weder das Basler Abkommen noch die Ergänzung ratifiziert. Als größter Produzent von ausgedienten Elektro- und Elektronikgeräten exportieren sie 50 bis 80 % davon. Die Europäer machen es nicht besser. Zynismus und Verantwortungslosigkeit bei den Exporteuren, Laxheit gegenüber den Vorschriften und die niedrigen Löhne in den Entwicklungsländern haben zu einer bedenklichen Situation geführt. An einem chinesischen Fluss durchgeführte Stichproben haben Bleianteile aufgezeigt, welche 2400 Mal höher als die von der Weltgesundheitsorganisation empfohlene Grenze waren41. Es ist zwar schwer, diese ökologischen Katastrophen zu reparieren, aber die Situation verbessert sich. Quelle: PNUE, Umweltalarmbulletin 2005 und StEPUniversity-Programm der Vereinigten Nationen (http://ewasteguide.info/); Basel Action Network (www.ban.org) 42 www.novethic.fr 43 http://ewasteguide.info/newsandevents/chin-0 44 Quelle: Handy and Harman Electronic Materials Corp. Aufgeführt in Exporting Harm, The Basel Action Network (BAN) & Silicon Valley Toxics Coalition (SVTC), 2002 41 Inhaltsverzeichnis die rechtlichen möglichkeiten Die europäische Richtlinie aus dem Jahr 2002 über Elektro- und Elektronikschrott wurde von den Mitgliedsstaaten nach einigen Anmahnungen der Kommission eingeführt. Seit dem Jahr 1998 trifft auch Japan gewisse Vorbeugungsmaßnahmen, die im Jahr 2003 durch Bestimmungen über der Sammlung und das Recycling verstärkt wurden. In den Vereinigten Staaten haben Kalifornien, Washington, Maine und Maryland Gesetze erlassen, die sich mehr oder weniger an das europäische Modell anlehnen42. China reagiert ebenfalls. Ab dem Jahr 2008 müssen in China ausgediente Elektro- und Elektronikgeräte von Unternehmen behandelt werden, welche nach national festgesetzten Sicherheitsnormen zugelassen werden43. Ebenso ist das europäische Projekt Seaport ein Zeichen für den Willen zu einer verstärkten Exportüberwachung (siehe Seite 59). Diese gesetzlichen Vorschriften verfolgen mehrere Zielsetzungen: die Menge umweltverschmutzender Komponenten zu reduzieren, die Produkte so zu gestalten, dass sie einfacher wiederverwertbar sind, die Sanierung und Behandlung unter umwelt- und personenschonenden Bedingungen vorzunehmen und schließlich die Optimierung der Wiederverwertung von Materialien, von denen einige einen durchaus beträchtlichen Wert haben. So kann zum Beispiel Kupfer bis zu 18 % des Gewichts eines elektronischen Gerätes ausmachen. Bleianteile, die 2400-mal höher als die empfohlenen WHO Grenzwerte liegen Edelmetalle Mobiltelefone und Computer enthalten Edelmetalle, Gold, Silber sowie seltene Metalle, wie Palladium, Kobalt und Indium, welche kürzlich enorme Preiserhöhungen erlebt haben. Diese Materialien befinden sich hauptsächlich in den Zentraleinheiten, und zwar in sehr geringen Mengen: ca. 0,4 Gramm Gold und Indium sowie 0,1 Gramm Palladium44 Inhaltsverzeichnis pro PC. Außerdem sind sie oft von Kunststoff umhüllt oder mit giftigen Substanzen vermischt. Folglich kann man sich also die Technologie vorstellen, welche erforderlich ist, um sie unter sicheren und vernünftigen Konditionen wiederzuverwerten. Diese Technologie ist kostspielig, was auch die geringe Anzahl der auf diesem Gebiet spezialisierten Unternehmen erklärt. Veolia ist mit der Firma Centillion ein Joint Venture mit dem Namen CentiOnyx in Singapur eingegangen. Der Standort hat eine strategische Bedeutung: einerseits sind die Materialvorkommen auf lokaler Ebene infolge der bei der Herstellung ausgestoßenen Produkte, von denen der größte Teil aus Asien kommt, sehr umfangreich; andererseits wird der Zufluss von ausgedientem Material aus Europa und den Vereinigten Staaten durch die niedrigen Seefrachtraten ermutigt, die bei nur einem Zehntel der Frachten von Asien nach Europa oder den USA liegen. Mit einer Produktionskapazität, die zu den höchsten für Neueinsteiger auf diesem Markt zählt, konzentriert sich CentiOnyx hauptsächlich auf das Recycling von elektronischen Bauteilen, aus welchen man Goldbarren herstellt. menarbeit mit Thompson entstand. Dieses neue Unternehmen, das größte Frankreichs, hat aber noch eine andere Stärke. Als Einziges behandelt es alle drei großen Kategorien der Elektro- und Elektronikaltgeräte: Bildschirme, kleine Haushaltsgeräte45 und Kälte erzeugende große Weißware45, wobei die Wiederverwertungsrate mit über 90 % weit über der PCS: viel Material für eine kurze Verwendungsdauer Eine Veröffentlichung der Universität der Vereinten Nationen, Computers and the Environment46, stellt dar, dass für die Herstellung eines PCs etwa das Zehnfache seines Gewichts an fossiler Energie benötigt wird und der Gesamtverbrauch an Material bei 1,8 Tonnen liegt. Das sind: 240 kg fossile Energie, 22 kg Chemikalien und 1.500 l Wasser. Im Vergleich dazu wird bei der Herstellung eines Kraftfahrzeuges oder eines Kühlschranks nur so viel fossile Energie benötigt, wie das Produkt wiegt. Laut Greenpeace ist die durchschnittliche Lebensdauer eines Computers zwischen den Jahren 1997 und 2005 von 6 auf 2 Jahre gesunken. Komplexe Behandlung Wenn seltene Ressourcen nicht zum Alltag der Abfälle aus Elektro- und Elektronikaltgeräten gehören, wird die Behandlung komplex. „Die Volumen sind groß, aber die Produkte sehr unterschiedlich“, erklärt Françoise Weber, Recyclingleiterin bei Veolia Environmental Services Ile-de-France, „und manche Materialien mit niedrigem Wert beschränken die Möglichkeiten ihrer Behandlung“. Staubsauger sind ein Beispiel dafür, und so solange es keine besseren ökologischen Möglichkeiten gibt, nimmt die sorgfältige Demontage eines Flachbildschirmes zwei Stunden in Anspruch. Kunststoffe sind ohnehin ein Thema für sich, da Harze nicht vermischt werden können. Die Anwesenheit von brom- oder chlorhaltigen Flammhemmern erhöht die Problematik ihrer Wiederverwertung. Diese sind jetzt zwar in Europa verboten, kommen aber immer noch in ausgedienten Elektro- und Elektronikgeräten vor. Hier zeigt Veolia Environmental Services seine Innovationskapazität. In Angers implementiert die Gruppe ein exklusives Verfahren zu Erkennung von Kunststoffen, welches im Rahmen einer Zusam- europäischen Zielsetzung liegt. Der für die Behandlung von große Elektro-Kühlgeräte eingeführte Prozess zeichnet sich nicht nur durch seine Sicherheit, sondern auch durch die Datenerfassung aus, mit der es möglich ist, für jedes einzelne verarbeitete Gerät eine Materialbilanz zu erstellen (siehe Darstellung auf Seite 64). der lokale, nationale und internationale maßstab Lange Zeit ist das Abfallmanagement eine lokale Dienstleistung gewesen. „Das Recycling führt dazu, eine andere Dimension bezüglich Dienstleistung und Handel zu integrieren. Diese ist mit einem neuen Ansatz im Bereich Logistik verbunden“, analysiert Françoise Weber. „Der globale Ansatz ist nicht mehr nur kaufmännischer Art. Die gesamte industrielle Organisation wird global betrachtet und schließt die Suche nach einem wirtschaftlichen und umweltbezogenen Gleichgewicht ein.“ Dieses Gleichgewicht hängt von der Vernetzung des Gebiets sowie von der Größe und Spezialisierung der Industrieanlagen ab. Die Großunternehmen verlangen, dass auch über die Binnenmärkte hinaus den Verpflichtungen im Rahmen eines homogenen Plans nachgekommen wird, indem Dienstleistungen in jedem Land zertifiziert werden. Veolia Environmental Services hat dies bereits mit einigen Industriekunden gemacht. Die Weiterentwicklung der getrennten Sammlung, die Ökogestaltung und die Reduzierung von Schadstoffen, welche immer noch bei der Herstellung der Geräte benutzt werden, werden durch die Richtlinien für Elektro- und Elektronikaltgeräte sowie die RoHS (Beschränkung der Verwendung bestimmter gefährlicher Stoffe in Elektro- und Elektronikgeräten) vorgegeben. Sie werden weltweite Auswirkung haben, da die großen Marken auf allen Kontinenten verkauft werden. Die erwartete Steigerung des zu behandelnden Volumens erklärt die umfangreichen Investitionen eines Sektors, der zwar noch im Aufbau ist, aber trotzdem schon stark vom Wettbewerb geprägt wird. Die Suche nach einem wirtschaftlichen und umweltbezogenen Gleichgewicht 500 Millionen Computer...... Im Jahr 1999 schätzte eine vom National Safety Council in Auftrag gegebene Studie, dass in den Vereinigten Staaten 500 Millionen Computer zwischen den Jahren 1997 und 2007 veraltet sein würden. Zu diesem Zeitpunkt schätzten die gleichen Analysten auch, dass allein im Jahre 2001 41 Millionen PCs pro Tag weggeworfen werden, wobei der Beitrag Kaliforniens alleine bei 6000 Einheiten pro Tag liegt. 500 Millionen Computer, das sind ungefähr 2,9 Millionen Tonnen Kunststoff, 718.000 Tonnen Blei, 1.300 Tonnen Cadmium, 860 Tonnen Chrom und 280 Tonnen Quecksilber.46 http://www.unu.edu/zef/publications-d/flyer.pdf Quelle: Exporting Harm, Basel Action Network & Silicon Valley Toxics Coalition, http://www.ban.org/ 45 46 Inhaltsverzeichnis Inhaltsverzeichnis EINE INNOVATIVE ANTWORT DER INDUSTRIE Der Standort Angers von Veolia Environmental Services Eine andere Dimension, eine andere Kultur „Das Recycling von ausgedienten Elektro- und Elektronikgeräten hat sich lange nur auf die Zerlegung beschränkt, die es nicht erlaubte „alles auf Deponien abzulagern“, erklärt RenéBernard Gallard, technischer Leiter des Bereichs Elektrische und Elektronische Altgeräte von Veolia Environmental Services Frankreich. „Heute hat diese Aktivität eine ganz andere Dimension. Die Beherrschung von Technologien, Fertigungskontrollen Planung und Datenmanagement zeugen von einem Kulturwechsel.“ Mess- und Kontrollgeräte für Betriebsmittel und detaillierte Analysen der Bedienungsprozesse zeigen Entwicklungspotenziale auf und sind ein Beweis dafür, dass Recycling effektiv in das Industriezeitalter eingetreten ist. Veolia Environmental Services ist umso besser auf diese Entwicklung vorbereitet, als das Unternehmen bereits seit fünfzehn Jahren in diesem Sektor aktiv tätig ist. Identifizierung, Zerkleinerung und Extrudieren von Kunststoffen Das Recycling der in kleinen Haushaltsgeräten enthaltenen Kunststoffe – je nach Gerät sind es zwischen 20 und 50 % des Gewichts – ist ein komplexes Problem. Vielfalt der Materialien, Vorhandensein von Flammhemmern oder von Zusatzstoffen und Entwicklung von Kompositwerkstoffen kennzeichnen diese Schwierigkeiten, denn die aussichtsreicheren Absatzmärkte – ausser diejenigen der energetischen Abfallnutzung – benötigen homogenes Material: Monopolymere. Die Automobilindustrie insbesondere benutzt sie seit mehreren Jahren. Wenn die Ökogestaltung langfristig die Behandlung der Abfälle aus Elektro- und Elektronikaltgeräten erleichtern soll, sind heute die Erkennung und Trennung von Kunststoffen echte Fragen des Wettbewerbs und Gegenstand von Forschung und Entwicklung, die mehrere Techniken vereinen. Das von Veolia Environmental Services entwickelte Analyseverfahren verbindet infrarote Spektralfotometrie mit der Benutzung der umfangreichen Datenbank von Thomson. Die Parametrisierung des Lesegerätes macht es möglich, kompatible (das heisst vermischbare) Kategorien von Kunststoffen zu unterscheiden, die je nach ihren Spezifikationen wiederverwertet werden können. Dieses Verfahren identifiziert auch bromhaltiges Material. Bei dieser Art der Sortierung können Kunststoffe anschliessend zu Granulaten verarbeitet und an die verschiedenen Abnehmer versandt werden. Spektrometrie und Fourier-Transformation Der Spektrofotometer sendet ein Infrarotsignal, welches mittels Laser auf den Kunststoff gerichtet wird. Das Material wirft einen Teil der erzeugten Energie zurück. Diese Reflexion wird gemessen. Mit Hilfe einer mathematischen Formel – der Fourier-Transformation – ist es möglich, seine chemische Struktur festzustellen. Dieses Verfahren kann unabhängig von der Farbe des Materials angewandt werden, während kurzwelliges Infrarot nur bei klarem oder lichtdurchlässigem Material benutzt werden kann. Weisse Ware mit Kältetechnik: Sicherheit, Leistung und Rückverfolgbarkeit Das von Veolia in Angers entwickelte Verfahren zur Behandlung von weisser Ware, die Kältetechnik beinhaltet, ist aus mehreren Gründen bemerkenswert. Nach dem Abwiegen und Erfassen der Geräte werden mittels Unterdruck FKW und Öle aus den Kompressoren abgesaugt. Die Öle werden mit Ultraschall gereinigt und wiederverwendet. Die FKW werden komprimiert, unter Druck in Fässern gelagert und später entsorgt. Die Kompressoren werden auseinandergebaut. Jeder Apparat wird dann in einer inerten Atmosphäre zerkleinert. Dieses Verfahren macht es möglich, alle Kategorien von Geräten zu behandeln, auch wenn ihre Kälteflüssigkeit explosionsanfällig ist. Man kann also auf eine kostspielige und ungenaue Vorsortierung verzichten. Im gleichen Prozess werden die FKW aus den Isolierschaumstoffen extrahiert, wodurch eine Rückgewinnungsrate der FKW von über 99,5 % erzielt wird. Das voll automatisierte Verfahren trennt dann Schaumstoffe, eisenhaltige Metalle, Aluminium und Kunststoffe und wirft am Ende der Produktionslinie verwertbares Material aus. Von der ursprünglichen Abwiegung bis zur Materialbilanz ist die Rückverfolgbarkeit der gesamten Verfahrenskette gesichert. Insgesamt können dadurch 94 % eines Gerätes wiederverwertet werden, wovon 85 % als Sekundärrohstoffe gelten. Inhaltsverzeichnis Verbrauchte Batterien: das Beispiel der Schweiz Jedes Jahr werden in Europa 160000 Tonnen Batterien und tragbare Akkus von den Verbrauchern weggeworfen. Aufgrund der Schwermetalle, die bei ihrer Herstellung verwendet werden, stellen sie ein Gesundheitsund Umweltrisiko dar. Eine einzige Knopfzelle verschmutzt einen Kubikmeter Erde ein Jahrhundert lang. VON DER VERBRAUCHTEN BATTERIE zum Rohstoff Batrec ist das einzige Unternehmen, welches ein von der japanische Firma Sumitomo entwickeltes Hightech-Verfahren anwendet. Salz- und Alkalibatterien werden einer Pyrolyse bei einer Temperatur von bis zu 700 Grad unterzogen. Wasser und Quecksilber verdunsten und werden samt den gelösten organischen Komponenten (Papier, Karton und Kunststoff) in eine Nachverbrennungskammer geleitet, wo die Dioxine und Furane abgebaut werden. Die dabei entstehenden Gase werden danach chemisch gewaschen, bevor sie gekühlt und zu Schlämmen verdichtet werden. Diese Schlämme werden dann bis zur Verdunstungstemperatur des Quecksilbers erhitzt, der Quecksilberdampf nochmals kondensiert und dadurch ein nahezu reines Material gewonnen. Parallel dazu werden die Festbestandteile aus der Pyrolysenphase bei einer Temperatur von 1500 Grad geschmolzen. Die verkohlten organischen Stoffe fördern dabei die Reduktion der Mangan- und Zinkoxide. Bei dieser Temperatur werden Eisen und Mangan im flüssigen Zustand aus dem Ofen entnommen, während das als Gas vorhandene Zink in einer Kondensationskammer zurückgewonnen wird. Aus einer Tonne verbrauchter Batterien erzielt man mit diesem Verfahren 280 kg Ferromangan, 230 kg Zink (Reinheitsgrad 98,5 %) und 1 kg Quecksilber (Reinheits grad 99,99 %). antizipation und innovation Die neue europäische Richtlinie hat für jeden Mitgliedstaat die zu erzielende Mindestmenge für die Sammlung festgelegt: 25 % im Jahr 2012 und 45 % im Jahr 2016. Dank den bereits bestehenden Sammlungsnetzen werden diese Zielsetzungen heute bereits von sechs Ländern überschritten: 59 % in Belgien, 55 % in Schweden, 44 % in Österreich, 39 % in Deutschland, 32 % in den Niederlanden und in Frankreich. Während in manchen Ländern noch sehr viel unternommen werden muss, ist die Schweiz ein absoluter Vorreiter, wo dank einer bereits in den 80er Jahren eingeführten Politik der Grad der Sammlung bereits bei 66 % liegt. Die im Jahr 1989 gegründete Firma Batrec, die inzwischen zu Veolia Environmental Services gehört, war eine der Ersten, die eine technologisch effiziente Lösung für die Behandlung von Salz- und Alkalibatterien vorgeschlagen hat. Damit werden bis zu 50 % des Gewichts des behandelten Materials als Metalle wiedergewonnen. Inhaltsverzeichnis für die Veröffentlichung verantwortlich: Dominique Masson chefredakteur: Roland Pilloni Koordination: Céline Menain redaktion: Nicole Aussedat, Florence de Changy, Bénédicte Haquin, Roland Pilloni gestaltung: Dream On Beiträge in dieser ausgabe: Jérôme Amar, Emmanuelle Aoustin, Marc-Antoine Belthé, Jacques Binet, Kristin Brodtkorb Traavik, Grégory Cardot, Laurent Carrabin, Martin Champel, Martin Curtois, Carol-Anne De Carolis, Gonzague Dejouany, Beate Delkach, Leila Elyafi, Emmanuelle Emonet, Annica Fiedler, Gérard Fries, René-Bernard Gaillard, Pascal Gauthier, Pascal Geneviève, Philippe Grelon, Dominique Hélaine, Ghislaine Hierso, Kevin Hurst, Xie Jing, Andreas Krebs, Bernard Lanfranchi, Stéphanie Laruelle, Jérôme Le Conte, Ludovic Lelièvre, Clément Leveaux, Steffi Meissner, Taïsei Miura, Jorge Mora, Yannick Morillon, Jean-Pierre Morot, Jacques Musa, Muriel Olivier, Léa Paperman, Fabienne Piotelat, Delphine Robert, Wilhelm Rosenlund, Nina Steffenhagen, CW Tung, Michel Valache, Christophe Valès, Françoise Weber, Ralf Witte, Jean-Pierre Ymele, Jinfeng Zhang. fotos: Veolia Environmental Services, Veolia Environnement, Getty Images Erik Borseth, Nicolas Guerin, Christophe Majani d’Inguimbert, Jean-Marie Ramès, Francis Sadier, Helge Skodvin deckblatt: Agnès Marin (Model Maker), Raphaël Devic (Foto) übersetzung: AGS Traduction, [email protected], +33.1.46.24.61.72 Auf ungestrichenem, holzfreiem Offsetpapier gedruckt, das zu 100 % aus wiederverwerteten Fasern und ohne Schwermetalle hergestellt wurde. Mit reinen Pflanzentinten und –lacken gedruckt. Imprim’vert-Siegel galiléo Veolia Environmental Services – 38, avenue Kleber, 75116 Paris – Frankreich www.veolia-proprete.com Inhaltsverzeichnis