Inhaltsverzeichnis - Veolia Umweltservice

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Inhaltsverzeichnis - Veolia Umweltservice
Inhaltsverzeichnis
48
Eine Industrielandschaft im Wandel
50 Margen des Fortschritts:
ungleich ausgenutzte Ressourcen
53 Gespräch mit Olivier Doyen
„Besser produzieren: ein industrielles und
05
Einführung
Alarmsignale und Strategien
„Man muss von einer Cowboy-Wirtschaft auf
eine Kosmonauten-Wirtschaft übergehen“
„Die größte Herausforderung, der wir uns stellen
müssen, richtet sich an unsere Vorstellungskraft.“
13
Lineare Wirtschaft,
14 Ein „Abfall-Professor“
Kreislaufwirtschaft und Wirtschaft der
Funktionalität
an der Universität von Peking
15 Gespräch mit Hr. Haiyun XU
„Recycling von Abfällen in China:
von von-Haus-zu-Haus-Sammlungen hin
zu industriellen Lösungen“
16 Gespräch mit Michel Ngapanoun
Kamerun:
„Einen höheren Wissensstand
erreichen, um geänderten Anforderungen
entsprechen zu können“
18 Die Lektion von Professor Babbage:
Kostenreduktion und Ressourceneinsparung
für welche Politik?
37 Gespräch mit Matthieu Glachant
„Die erweiterte Herstellerverantwortung:
ein Erfolg hinsichtlich des Recyclings, eine
Hoffnung für die Vorbeugung“
39 Voll- oder Teilverantwortung:
Das deutsche und das französische Beispiel
40 Gespräch mit Adrian Poller
11 Gespräch mit Dominique Bourg
08 Gespräch mit Gérard Bertolini
55 Getrennte Sammlung:
auf der Suche nach dem besten Kompromiss
34
Die Spielregeln: welche Instrumente 06
Ein neuer Umgang mit Ressourcen : Die Globalisierung des 20
Recyclingmarkts
26 Nord-Süd, Ost-West:
30 Vom Abfall zur Ressource:
Die Karten werden neu gemischt
Weltweite Quellen und Absatzmärkte der
wichtigsten Recycling-Materialien
31 China, Champion des Recycling-Papiers
33 Gespräch mit Philippe Chalmin
„Was man exportieren muss,
sind Sekundärrohstoffe“
„Privat-öffentliche Partnerschaft: das britische
Beispiel in der Grafschaft Shropshire“
41 Die britische Dynamik:
Wie kommt man von 85 % abgelagerten
Kommunalabfällen in 2000 auf 40 % wiederver­wertete oder kompostierte Abfälle in 2010?
43 Die Lebenszyklusanalyse,
unumgänglicher Angelpunkt der Vorbeugung
45 Gespräch mit Heidi Sorensen
Norwegen, treibende Kraft des Recyclings
in Europa dank dem bereits 1981 eingeführten„Verschmutzer-Zahler“-Prinzip
46 Gespräch mit Herrn Lee Yuen Hee
Singapur: „Wir verfügen über ein sehr umfang­-reiches und sehr strenges Konzept von Umweltschutzmaßnahmen.“
technologisches Anliegen, aber auch ein
menschlicher Fortschritt“
56 Gespräch mit Dominique Maguin
„Produktionsstandards, Produktnormen folgbarkeit müssen verstärkt werden“
58 Sondermüll: ein Leitbild für die Industrie
59 Seaport, eine europäische Hafenpolizei
61 Ausgediente Elektro- und Elektronikgeräte:
a developing world-wide industry
62 PCs:
viel Material für eine kurze Verwendungsdauer
64 Eine innovative Antwort der Industrie:
Der Standort Angers von Veolia Environmental Services
65 Verbrauchte Batterien:
das Beispiel der Schweiz
Einführung
D
er wirtschaftliche Umgang mit natürlichen Ressourcen,
die Schaffung von Arbeitsplätzen, die Verminderung
des Schadstoffausstoßes und des Energieverbrauchs:
Recycling ist nur ein Teil der Antwort darauf, jedoch einer, der
ohne Zweifel der Forderung nach wirtschaftlichem, sozialem
und ökologischem Gleichgewicht entgegenkommt, das wir
unbedingt herstellen müssen. Gleichzeitig ist es aber auch eine Herausforderung an die Industrie in einem globalen Markt, die nichts anderes als
ständiges Wachstum kennt. Viele der wiederverwertbaren Abfälle werden
nicht wiederverwertet, und die Verarbeitung eines Großteils jener Abfälle,
die der Wiederverwertung zugeführt werden, erfolgt unter Bedingungen, die
nur unzureichender Regulierung unterliegen, wenn sie nicht sogar grundsätzlich als unakzeptabel zu bezeichnen sind. Die Konkurrenzfähigkeit von
Sekundärrohstoffen und die Sicherheit der Verarbeitungsmethoden hängen
von der Logistik und den Mitteln ab, die wir einsetzen.
“Viele der wiederverwertbaren Abfälle
werden nicht wiederverwertet”
Seit mehreren Jahren verfolgt Veolia Environmental Services eine Politik
der Recherche, der Entwicklung und der Akquisition, die mehrere Zielsetzungen hat: Zusammenführung großer Abfallströme, Abdeckung aller
Branchen, Entwicklung und Integration von Technologien zur Identifikation
und Wiederverwertung der leistungsstärksten Materialien und Export unseres Know-hows in die gesamte Welt.
Diese Entwicklung der Industrie eröffnet zusätzlich neue soziale Perspektiven. Die Schaffung von weniger anstrengenden und höher qualifizierten
Arbeitsplätzen, die in direktem Zusammenhang mit der Entwicklung
dieser Aktivitäten steht, wird den Wegfall von Arbeitsplätzen als Ergebnis
der Mechanisierung bei Weitem aufwiegen.
Bis zur Einführung von Best Practices ist es zwar noch ein langer Weg,
aber das Wachstumspotential der verschiedenen Recyclingaktivitäten ist
erheblich. Sowohl bei Rohstoffen wie auch bei Energie haben wir keine
andere Wahl, als neue, nachhaltige Lösungen zu finden. Dies ist auch
eine Chance.
denis gasquet
Generaldirektor, Veolia Environmental Services
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Ein neuer Umgang
mit Ressourcen:
Alarmsignale und
Strategien
Das Konzept der nachhaltigen Entwicklung bricht mit der Logik des
unkontrollierten Wachstums gegenüber der natürlichen Umwelt. Es macht
Recycling zu einem der Instrumente des neuen, noch zu schaffenden
wirtschaftlichen, umweltbezogenen und sozialen Gleichgewichts. Wenn heute
die Länder der nördlichen Hemisphäre ihre Entwicklungsmodelle in Frage
stellen, müssen sie auch den Rest der Welt vom Interesse an vernünftigem
Verhalten überzeugen.
Im Jahr 1864, fünf Jahre nach dem Erscheinen
von Charles Darwins Über die Entstehung der
Arten und zwei Jahre bevor der deutsche Naturforscher Ernst Haeckel das Wort „Ökologie“ erfand, veröffentlichte George Perkins Marsh Man
and Nature1, ein Grundlagenwerk, in dem er die
Regierenden der jungen amerikanischen Republik
vor der Zerstörung der natürlichen Ressourcen
warnt. Marsh, damals Botschafter der Vereinigten
Staaten in Italien, erinnert daran, wie die mediterranen Zivilisationen durch die übermäßige
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Ausbeutung ihrer Umwelt zu ihrem eigenen
Untergang beitrugen. Eineinhalb Jahrhunderte
danach veröffentlichte Jared Diamond über das
gleiche Thema eine Arbeit mit dem Titel Kollaps2
und dem unmissverständlichen Untertitel Warum
Gesellschaften überleben oder untergehen.
1
2
Man and Nature, University of Washington Press, 2003
Collapse, Paperback, 2005; Kollaps, Fischer, 2005
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„Man muss von einer Cowboy-Wirtschaft
auf eine Kosmonauten-Wirtschaft übergehen“
Gespräch mit Gérard Bertolini,
Gérard Bertolini, Direktor für Forschung am CNRS (Centre National de la Recherche Scientifique, Nationales Zentrum für
wissenschaftliche Forschung), Wirtschaftswissenschaftler, seit Langem auf Abfallwirtschaft spezialisiert, ist Autor einer Reihe
von Werken, unter ihnen das als Referenzwerk angesehene Économie des déchets (Abfallwirtschaft), Éditions Technip.
gelegentlich verwenden sie den bildlichen ausdruck, dass wir von einer
cowboy-Wirtschaft auf eine Kosmonauten-Wirtschaft übergehen müssen.
Was meinen sie damit?
Im Gegensatz zur extensiven Wirtschaft,
die sich auf die Ausbeutung bestehender
Ressourcen und die Suche nach neuen
Ressourcen stützt, verlangt die Kosmonauten-Wirtschaft, dass man für einen
lange dauernden Flug die mitzunehmenden Mengen auf ein Minimum reduziert,
um die Dauer der Unabhängigkeit so weit
wie möglich auszudehnen. Dazu muss
man das Recycling in den miteinander
verbundenen Kreisläufen Energie, Wasser,
Luft und schließlich auch anderer Materialien sicherstellen. Hier reden wir von
einem kleinen, autonomen, sich selbst
erhaltenden System.
anfallenden umweltschädlichen Saft in
einen Fluss. Heute wird dieser Saft, nach
entsprechender Behandlung, bei der Zubereitung eines Diätprodukts verwendet,
das einen erheblich höheren Wert besitzt.
Es gibt außerdem eine Hierarchie in der
Behandlung von Rückständen, die auf
dem Konzept der Entropie aufbaut und
nach folgendem Prinzip funktioniert:
Ein Material so geringfügig wie möglich
herabstufen, um so den irreversiblen
Charakter seiner Anwendungsmöglichkeiten zu beschränken. Genauer gesagt
handelt es sich darum, ein Material nach
seinen besonderen Eigenschaften zu bewerten und nicht nach denen, die es mit
anderen Materialien gemeinsam hat.
Können sie dieses Prinzip
veranschaulichen?
Die Wiederverwendung steht auf der
Kann man dieses modell auch in großem obersten Hierarchiestufe, denn sie erhält
umfang anwenden?
nicht nur das Material selbst, sondern
auch seine Form. Recycling in einem
Selbst wenn die Zahlen immer mit einer
geschlossenen Kreislauf steht an zweiter
gewissen Vorsicht zu betrachten sind,
Stelle. Dabei wird das wiederverwertete
muss man sich vor Augen halten, dass
Material erneut bei der Herstellung des
die reichsten 20 % der Weltbevölkerung
Produktes eingesetzt, aus dem es gewon80 % der gesamten Produktion konsumieren. Selbst bei 100%igem Recycling, nen wurde. Das ist zum Beispiel bei der
Herstellung von neuen Glasflaschen der
das natürlich utopisch ist, wäre es unFall. Was das Prinzip der Unumkehrbarmöglich, die gesamte Bevölkerung zukeit betrifft, lässt sich leicht erkennen,
friedenzustellen, wenn alle so leben
dass man einen gewissen Prozentsatz
wollten, wie die Amerikaner heute. Aber
von Zeitungspapier bei der Herstellung
es gibt erheblichen Spielraum für eine
von Karton verwenden kann, aber nicht
bessere Wiederverwertung von Materialien in allen ihren Zuständen, vom
umgekehrt. Ebenso verhält es sich mit
Rohstoff bis hin zum Abfall, würde man
klarem Glas, das man mit Oxiden eindas Prinzip der Erhaltung anwenden, wie tönen kann. Getöntes Glas hingegen
es bereits in vormodernen Gesellschaften kann man nicht mehr klar machen. Als
praktiziert wurde. Sehen wir uns nur
Nächstes kommt dann das, was ich als
Ausgangsprodukte wie Wolle, Baumwolle Kaskaden-Recycling bezeichne, bei
oder Leder an, bei denen das Endprodukt dem das Material anderen Verwendungsschließlich weniger als die Hälfte der
zwecken zugeführt wird. Bei Kunststoffen
ursprünglichen Masse ausmacht, und
wird z. B. PET zu Fasern verarbeitet, die
dieses Verhältnis wird bei der Erzeugung bei der Herstellung von Fleece, Teppichvon vielen komplexeren Produkten noch
böden oder Füllmaterial wiederverwendet
erheblich beunruhigender. Hier ist ein
werden. Bleiben wir bei Kunststoffen,
ganz einfaches Beispiel: Bei der Herdie komplexer als andere Materialien
stellung von Dörrpflaumen leitete ein
sind, und deren Aufbereitung in den
Unternehmen den bei der Trocknung
vorstehenden Beispielen mechanisch
erfolgt: Die Makromoleküle des Materials
bleiben erhalten und man schmilzt sie
zur späteren Wiederverwendung ein.
die diskussion über die Entscheidung,
ob Kunststoffe wiederverwertet oder als
Energiequelle genutzt werden sollen,
wird also nach wie vor geführt?
Gebrauchter Kunststoff kann wegen seines
unbestrittenen Heizwerts tatsächlich
direkt als Brennstoff verwendet werden,
allerdings mit der Einschränkung, dass
die darin enthaltenen Schadstoffe kontrolliert werden müssen. Wenn man
jedoch die Energieeffizienz des Recyclings mit der der Verbrennung vergleicht,
fällt sie zugunsten des Recyclings aus,
außer in jenen Fällen, wo sich deren
Sammlung sehr schwierig gestaltet.
Deshalb ist es wichtig, dass man alternative Wege der Wiederverwertung prüft,
bevor man sich für die Verbrennung
entscheidet. So bietet, nach der mechanischen Verarbeitung, das chemische
Recycling, bei dem bestimmte molekulare Verbindungen aufgebrochen werden,
eine sehr interessante Möglichkeit der
Wiederverwertung. PET kann in Zwischenprodukte zerlegt werden, die dann
erneut bei der Herstellung von PET oder
von Polyurethanschaum Verwendung
finden oder man kann aus Polyolefinen,
also Polypropylen und Polyethylen, Wachse und Paraffine erzeugen, die einen
höheren Wert besitzen. Als letzte Möglichkeit bietet sich dann das thermische
Cracking an, bei dem Heizöl anfällt,
allerdings müssen dabei Schadstoffe
entfernt und die Vermarktungskosten
berücksichtigt werden.
ist diese Hierarchisierung als eine von
verschiedenen alternativen zu verstehen?
Man tendiert dazu, in diese Richtung
zu denken, und gerade im Falle von
Kunststoffen ist es angebracht, verschiedene Methoden zu vereinen:
Das Material so lange wiederzuverwerten,
solange dies möglich ist, und am
Ende das noch verbleibende Energiepotential auszunutzen. 
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auf dem Weg zu einem neuen globalen
umweltbewusstsein
Tatsächlich hat die übermäßige Ausbeutung von
Ressourcen seit dem Beginn der thermoindustriellen
Revolution einen anderen Maßstab angenommen.
Hochrangige Wissenschaftler begannen ihre Auswirkungen ab dem Anfang des 20. Jh. zu untersuchen, aber es dauerte bis nach dem 2. Weltkrieg,
bevor diese Problematik in vollem Umfang in das
politische und wirtschaftliche Denken Einzug hielt.
Im Jahr 1952 unterstrich eine mit der Erstellung
einer Prognose über benötigte Rohstoffe und Energiebedarf beauftrage Kommission in ihrem Bericht
an den Präsidenten der Vereinigten Staaten klar
die Gefahren der Erschöpfung natürlicher Ressourcen3. Im Jahr 1957 hob der Wirtschaftswissenschaftler Bertrand de Jouvenel die Notwendigkeit
des Übergangs von der „politischen Wirtschaft auf
die politische Ökologie“ hervor und folgt dabei
einem Gedankengang, der sich auf „Daten der
Umweltforschung zur Messung, Verminderung und
dem Abbau der negativen Auswirkungen industrieller Aktivitäten auf die Natur4“ stützt. Ab diesem
Zeitpunkt beginnt das Thema die öffentliche Meinung zu bewegen. Die Veröffentlichung des Buchs
Der stumme Frühling der amerikanischen Biologin
Rachel Carson im Jahr 1962 war die Geburtsstunde
der Umweltbewegung, deren erste Schlacht mit
dem Verbot von DDT endete. Zehn Jahre später
erschien das vom Klub von Rom bei einer Gruppe
von Forschern des Massachusetts Institute of
Technology in Auftrag gegebene Die Grenzen des
Wachstums mit dem bewusst tendenziösen französischen Titel: Halte à la croissance (Stopp dem
Wachstum), das auf einer mathematischen Model-
lierung aufbaut und großes Aufsehen erregte. Im
selben Jahr, 1972, bestätigte die Gründung des
UN-Umweltschutzprogramms den ernsthaften Willen der internationalen Gemeinschaft, sich der Umweltprobleme weltweit anzunehmen.
das Herzstück nachhaltiger
Entwicklung
„Es ist unabdingbar, die Art, wie Gesellschaften produzieren und konsumieren, radikal zu verändern,
wenn man eine nachhaltige Entwicklung sicherstellen will“, erklärte im Jahr 2002 der Bericht des
Weltgipfels für nachhaltige Entwicklung von Johannesburg, zehn Jahre nach der Umweltkonferenz der
Vereinten Nationen in Rio de Janeiro und 30 Jahre
nach der Erklärung von Stockholm. Im Jahr 2006
waren der Stern-Bericht und danach, im Jahr 2007,
die Verleihung des Nobelpreises an Al Gore und den
IPCC5 erneut Beweise für das inzwischen
globale Bewusstsein
über die Notwendigkeit zu handeln.
Mit dem BrundlandtBericht wurde im Jahr
1987 das Konzept der nachhaltigen Entwicklung geboren, das von den Vereinten Nationen beim Gipfel von Rio aufgenommen wird. Seine Grundzüge,
die im Bericht des Gipfels von Johannesburg wachgerufen und entwickelt wurden, stützen sich vor
allem auf die Entkoppelung des wirtschaftlichen
Die Art, in der Gesellschaften
produzieren und konsumieren,
radikal ändern
3
Jouvenel, Verkannter Pionier der politischen Ökologie, Ivo Rens, SEBES, 1996,
www.unige.ch/sebes
4
Ibid
5
Zwischenstaatlicher Ausschuss zum Klimawandel
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„Die grösste Herausforderung, der wir uns stellen
müssen, richtet sich an unsere Vorstellungskraft.“
Wachstums und der Zerstörung der Umwelt
„durch erhöhte Effizienz und Nachhaltigkeit bei
der Ressourcenverwendung und bei den Produktionsabläufen sowie durch die Verringerung der
Ressourcendegradation, der Verschmutzung und
der Abfallproduktion“6. Damit wird Recycling zum
natürlichen Instrument dieser Politik erklärt: Es
schützt natürliche Ressourcen, die damit verbundenen Prozesse sind weniger energieaufwendig
als jene des Rohstoffabbaus und es erzeugt daher
geringere Mengen an Treibhausgasen, wobei diese
im Falle von Aluminium sogar um bis zu 80 % reduziert werden. Recycling bietet auch auf sozialem
Niveau eine durchaus positive Bilanz und hervorragende Aussichten: Gemäß einem Bericht der Europäischen Kommission vom Dezember 2005 können
durch die Aufbereitung von 10.000 t Abfällen bis
zu 250 Arbeitsplätze geschaffen werden, gegenüber 20 bis 40 bei der Verbrennung, und sogar nur
zehn Arbeitsplätzen bei der Lagerung7. Diese soziale Dimension sollte man jedoch nicht alleine auf ein
quantitatives Kriterium reduzieren. Das Recyclinggewerbe, und dabei ganz besonders das Sortieren,
unterliegt traditionell schwierigen Arbeitsbedingungen und es erlebt eine Entwicklung, die durch den
Bau riesiger, zunehmend automatisierter Anlagen
gekennzeichnet ist, wobei die anstrengendsten manuellen Eingriffe Schritt für Schritt abgebaut werden. Dies führt einerseits dazu, dass Arbeitsplätze
in der Recyclingindustrie zwar weniger, andererseits
aber auf einem höheren Niveau wieder geschaffen
werden, was sich in verbesserter sozialer Integration
ausdrückt. Dabei sollte man sich jedoch nicht nur
mit dem westlichen Modell begnügen. Das „unkontrollierte Recycling“, das
in vielen Ländern mit
Abfällen erfolgt, bleibt
ein wirtschaftlicher und
sozialer Faktor, den man
keinesfalls einfach brutal umstoßen darf, und der von Großunternehmen,
die ihr Know-how exportieren, einen respektvollen
Umgang unter Einbeziehung aller lokalen Elemente
verlangt (siehe hierzu das Gespräch mit Michel
Ngapanoun). Recycling ist also aufgefordert, sich
neuen Anforderungen zu stellen. Umfassend definiert und wegen seiner wirtschaftlichen Fähigkeit,
die Industrie mit Sekundärrohstoffen zu versorgen,
steht es künftig am Kreuzweg von Befürchtungen,
250 Stellen, um 10.000 t
Abfall zu recyceln
die seine Tätigkeitsbereiche verändern. Hauptsächlich von Europa ausgehend haben Rechtsvorschriften über den Umweltschutz und zur Vorbeugung
von Gesundheitsrisiken den Bereich des Recyclings neu orientiert. Damit eröffnen sich neue Betätigungsfelder, und sie übertragen dem Recycling
und allen damit zusammenhängenden Prozessen
eine Aufgabe, die weit über die Bereitstellung von
wiedergewonnen Rohstoffen hinausgeht, und die
vor allem die Sicherstellung der umweltgerechten
Entsorgung betrifft.
des recyclings neue Kleider
Der in Rechtsvorschriften verwendete Begriff der
Dienstleistung, der reine Marktlogik durch Allgemeininteresse und Umweltschutz ersetzt, erhält eine ganz
andere Dimension. Das Prinzip der erweiterten Herstellerverantwortung, wie sie von der OECD definiert
wird, ist hierfür das wichtigste Beispiel. Die bei den
Herstellern und Konsumenten erhobenen Abgaben
erlauben die Finanzierung von neuen Segmenten –
nach dem Verpackungsmaterial jetzt auch die ausgedienter Produkte, wie z. B. elektronischer Geräte.
Diese Ausweitung des Tätigkeitsbereichs setzt jedoch
die Entwicklung von Technologien voraus, die eine
Verlagerung von Recycling auf industrielles Niveau
unterstützen. Die erweiterte Herstellerverantwortung
zielt ebenfalls auf die Verminderung von Abfällen am
Ort des Entstehens und auf die Entwicklung von
umweltfreundlichen und damit leichter verarbeitbaren Produkten ab. Ökologische Tugend und
wirtschaftliche Interessen treffen sich hier: Besser
und mit weniger Material von Anfang bis zum Ende
konzipiert, werden Produkte konkurrenzfähiger
und ihre Behandlung wird billiger. Die in den 60er
Jahren des letzten Jahrhunderts entstandenen Ecoparcs für die Industrie haben sich bereits der Logik der wirtschaftlich bewussten Behandlung von
Ressourcen verschrieben, nach der die Abfälle des
einen zu den Rohmaterialien der anderen werden.
China macht heute aus dem Prinzip der Kreislaufwirtschaft bereits ein Regierungsprogramm8.
Gespräch mit Dominique Bourg,
Dominique Bourg ist Professor an der Universität von Lausanne (UNIL) und Mitglied des Strategiekomitees der Stiftung Nicolas
Hulot. Er war als Mitglied der Coppens-Kommission mit dem Projekt der Umwelt-Charta beauftragt, und Vizepräsident einer der
Kommissionen des französischen Umweltgipfels „Grenelle de l’environnement“.
Ökologie ist ein thema, das uns alle
interessiert und nachhaltige Entwicklung ist ein allgemein akzeptierter
ansatz. Wie beurteilen sie das?
Die Verbreitung von Informationen über
diese Themen und das daraus resultierende öffentliche Bewusstsein haben
zweifelsohne einen enormen Schritt nach
vorne getan. Wir treten jedoch in eine
Phase ein, die mit Einschränkungen
verbunden ist, und in der gewisse
Widerstände entstehen könnten. Diese
Widerstände, die von verschiedenen
Interessengruppen ausgehen, stützen
sich vor allem auf isolierte Äußerungen
bestimmter Wissenschaftler, die außerhalb ihres Fachgebietes Kommentare
abgeben, und z. B. die Beurteilung des
Klimawandels durch Experten des IPCC
infrage stellen. Die Frage ist, ob dieser
Konsens, über den Sie sprechen, auch
halten wird, sobald Beschränkungsmaßnahmen ergriffen werden müssen.
recycling hat seine Existenzberechtigung bereits bewiesen und seine
grundsätze scheinen allgemein anerkannt zu sein.
Vor einigen Jahrzehnten wurden auf den
Bauernhöfen alle Abfälle in irgendeiner
Form wiederverwertet. Aber wie wirkt
sich das Recycling heute auf das Leben
der Konsumenten aus? Die EU-Richtlinie, die die Wiederverwertbarkeit eines
Altwagens mit 90 % festsetzt, schafft
Verpflichtungen für die Autoindustrie,
sie hat aber kaum Auswirkungen auf den
Verbraucher, außer dass dieser zufrieden
sein kann, ein „umweltfreundlicheres“
Produkt erworben zu haben. Die Frage
des Recyclings, wie auch die des
Klimawandels, muss im Kontext eines
weltweiten Problems betrachtet werden,
das von einer sich seit fünfzig Jahren
explosionsartig und exponentiell entwickelnden Nachfrage nach Ressourcen
gekennzeichnet ist.
Teil des Gerätes dar, eben jenen, der ganz
am Ende kommt. Der Gegenstand, auf
dem die Dienstleistung aufbaut, muss
schrittweise Verbesserungen integrieren
können.
ruft nachhaltige Entwicklung unabdingbar nach radikalen Veränderungen?
Meiner Meinung nach muss man über
die Einschränkung der materiellen Basis
unserer Gesellschaft nachdenken, wie
man es bei CO2 mit wirtschaftlichen
Instrumenten und Vorschriften versucht.
Eine schwerverdauliche Logik, die
zweifelsohne zu großen Veränderungen
führen wird. Aber es ist erfrischend zu
Wie kann man diesen trend verändern? beobachten, dass die Verringerung des
Die Grundsatzfrage geht in Richtung der Kohlenstoffs eine beachtliche Anzahl
Entkoppelung von Material- und Energie- Aktivitäten auslöst, ganz besonders
im Bereich der Innovation. Die größte
strömen einerseits, und der Schaffung
von Reichtum andererseits. Eine der Hy- Herausforderung, der wir uns stellen
pothesen, an denen wir zurzeit arbeiten, müssen, richtet sich an unsere Vorstelist die der Wirtschaft der Funktionalität. lungskraft. Sich etwas machbares Neues
vorzustellen, ist gleichzeitig eine Frage
Der Anwender wird dabei zum Mieter
der Technik, des Organisationsmodells
eines Gutes oder einer Dienstleistung.
und der politischen Regulierung. Diese
Man kauft kein Fahrzeug mehr, sonRegulierung verlangt eine globale Vordern Kilometer. In diesem Fall ist die
gangsweise. Aus dieser Sicht scheint mir
Lebensdauer eines Gegenstandes nicht
eine EU-Richtlinie, die alle Ressourcen
mehr ein Hindernis beim Aufbau von
Wohlstand, sondern, im Gegenteil, sogar einschließt und alle betroffenen Sektoren abdeckt, erheblich interessanter
die Voraussetzung dafür. Solange das
Wirtschaftsgut funktionsfähig ist, erzeugt als eine Reihe von nebeneinandergestellten Richtlinien. 
es Gewinne. Recycling stellt dann einen
Bericht des Weltgipfels für nachhaltige Entwicklung, Johannesburg,
Umsetzungsplan, Kapitel 3
Taking sustainable use of resources forward: A Thematic Strategy on the
prevention and recycling of waste, http://eur-lex.europa.eu/LexUriServ/site/en/
com/2005/com2005_0666en01.pdf
8
Siehe Werke und Aufsätze von Dominique Bourg: Le développement durable,
Gallimard, 2006; Environnement et Entreprises, Pearson, 2006; L’économie
circulaire en Chine, Futuribles, 2007.
6
7
Inhaltsverzeichnis
Inhaltsverzeichnis
DIE ARTEN DER WIRTSCHAFT
Massenkonsums aufwirft, hat aus Recycling ein Thema von so allgemeiner Akzeptanz gemacht, dass es
fast wie ein Wunderheilmittel betrachtet wird.
Aber kein Material ist unbegrenzt wiederverwertbar.
Seit dem Beginn des 21. Jh. hat das Bewusstsein
um die seit mehreren Jahrzehnten vorausgeahnten
oder bereits beobachteten Spannungen weiter zugenommen. Die steigende Nachfrage nach Energie
und Rohstoffen steht im Zeichen der beschleunigten
Entwicklung in Ländern wie China, Indien oder Brasilien, und mit der Zunahme der Weltbevölkerung
um 50 % im Laufe des nächsten Jahrhunderts stellt
sich die Frage, wie unsere Erde die Bedürfnisse ihrer
Bewohner befriedigen kann.
In die Überlegungen müssen ebenso die Probleme
der Schaffung eines Gleichgewichts auf weltweitem
Niveau zwischen den Vorschriften, die den Schutz
der Umwelt und der Gesundheit sicherstellen, der
Aufrechterhaltung der Konkurrenz zwischen nationalen und internationalen Recyclingunternehmen,
ohne damit jene zu bestrafen, die eine größere soziale Verantwortung zeigen, und die Möglichkeit des
Transports und der Verwendung von Abfällen nach
deren Wiederaufbereitung einbezogen werden.
nicht geahnte „Zukunften“ erfinden
mehr als ein Wunder: eine offenbarung
Globaler Markt und lokale Vorkommen, Verhalten
unserer Vorfahren und technologische Herausforderungen, wirtschaftliche Logik und Erfordernisse der Umwelt: Recycling ist der Ausdruck für die
Notwendigkeit einer Synthese, die es alleine nicht
bewältigen kann. Es geht bis in die Frühzeit der
Menschheit zurück, es ist ein Instrument, und es
legt gleichzeitig das Verhältnis des Menschen zu
seiner Umgebung offen. Das Problem, das die radikale Veränderung dieses Verhältnisses seit der
industriellen Revolution und dem Entstehen des
Inhaltsverzeichnis
Zwanzig Jahre nach dem Erscheinen des Berichtes
Die Grenzen des Wachstums hat dessen Mitautorin Donella Meadows im Jahr 1992 in ihrem Buch
Die neuen Grenzen des Wachstums die Warnung
vor der übermäßigen Ausbeutung von Ressourcen
und der zunehmenden Anhäufung von Abfällen
und Schadstoffen erneut ausgesprochen. Sie deutet aber auch die Möglichkeit eines optimistischen
Szenarios an: „Wir glauben, dass ein Übergang auf
eine Welt der Nachhaltigkeit technisch und wirtschaftlich möglich ist, aber wir wissen, dass dieser
Übergang psychologisch und politisch einschüchternd sein wird.9“
Auf globalem Niveau betrachtet ist die Umsetzung der Veränderungen in der Tat äußerst komplex und mit größten Schwierigkeiten verbunden.
Regulierungsinstrumente, technischer Fortschritt
und wirtschaftliche Mechanismen können jedoch
durchaus ein und dieselbe Logik unterstützen. Ein
Beweis dafür sind die Programme zur Reduzierung
des CO2-Ausstoßes, die sowohl die Recherche, wie
auch Studien in verschiedenen Bereichen fördern
(siehe hierzu das Gespräch mit Dominique Bourg).
lineare Wirtschaft, Kreislaufwirtschaft und
Wirtschaft der Funktionalität
Die lineare Wirtschaft beginnt mit der Entnahme von Ressourcen
und endet bei der Ansammlung von Abfällen. Es handelt sich um eine
„Wegwerfwirtschaft“.
Die Kreislaufwirtschaft lehnt sich an den Kreislauf der Ökosysteme
an. Sie ist darauf ausgerichtet, die Abfälle bestimmter Industrien in
Ressourcen für andere zu verwandeln, oder, verallgemeinert ausgedrückt, die Verwertung von Gütern bis zum Ende ihrer Nutzungsmöglichkeit zu systematisieren.
Die Wirtschaft der Funktionalität zielt darauf ab, die Menge des verwendeten Materials zu beschränken (weniger Material bei gleicher
Funktion). Der Verkauf einer Dienstleistung, die an die Stelle des Verkaufs eines Gutes tritt, ist eine mögliche Ausweitung dieser Strategie.
In diesem Fall wird der Industrielle, der die Verwendung und Instandhaltung verkauft, dazu angehalten, langlebige und erweiterungsfähige
Produkte zu entwickeln.
Quelle: Le développement durable, Dominique Bourg, Gilles-Laurent Rayssac, Éd. Gallimard, 2006
Es handelt sich hierbei um ein Modell, das auf den
Umgang mit Ressourcen anwendbar ist, und es
rechtfertigt, dass man der nachhaltigen Entwicklung
auch eine Gelegenheitsdimension zuordnet. René
Dubos10 ist gemeinsam mit der englischen Wirtschaftswissenschaftlerin Barbara Ward Autor des
Berichts über die erste internationale Umweltkonferenz, die in Stockholm
im Jahr 1972 stattfand. Im Jahr 197811
schloss er einen Vortrag mit den folgenden Worten: „Die Erfahrung von Jahrtausenden zeigt, dass der
Mensch beim Eingehen einer Symbiose mit der
Erde und von der bestehenden Ordnung der Dinge
ausgehend, nicht geahnte Zukünfte erfinden und
erschaffen, und sich damit an einem dauerhaften
Prozess der Schöpfung beteiligen kann.“ 
Der Übergang auf
eine nachhaltige Welt
ist technisch und
wirtschaftlich möglich
Zitiert von Hunter Lovins in Cinq défis et leurs solutions, französische
Bearbeitung von Andreé Mathieu, http://agora.qc.ca
10
Amerikanischer Biochemiker französischen Ursprungs, er war Forscher und
Professor am Rockefeller Institut in New York.
11
Die Wiederherstellung der Ökosysteme, Vortrag an der Universität von Colorado,
http://www.walloniebruxelles.org/mot.nsf/Dossiers/Rene_Dubos
9
Inhaltsverzeichnis
„Recycling von Abfällen in China: von Von-Hauszu-Haus-Sammlungen hin zu industriellen Lösungen“
Gespräch mit Hr. Haiyun XU,
Chefingenieur am chinesischen Institut für Forschung und Städtebau. Das staatliche Institut wurde im Jahr 1985
gegründet und beschäftigt bei einem Umsatz von RMB 80 Millionen 300 Angestellte. Es hat bisher die Konzeption für
über 10 Abfalldeponien und mehr als zehn Müllverbrennungsanlagen in China erstellt.
EIN „ABFALL-PROFESSOR“
an der Universität von Peking
Professor Huanzheng
Du, Vizepräsident
der Universität von
Jiaxing, stellt sich
gerne als einer der beiden „AbfallProfessoren“ Chinas dar. Er führt die
Bewegung für eine Kreislaufwirtschaft an,
deren Prinzipien sich langsam ausbreiten:
„Anfangs war es nur eine Theorie,
dann wurde es ein Konzept, und jetzt
wird daraus ein Rahmengesetz“. Das
Gesetz mit dem Titel „Gesetz über die
Kreislaufwirtschaft“ ist in erster Lesung
bereits im November 2007 durch die
chinesischen gesetzgebenden Instanzen
gegangen.
Professor Du sieht die Herausforderung
des Recyclings jedoch auch im Rahmen
des internationalen Austausches und
stützt sich dabei auf das Beispiel der Provinz Zhejiang (im Süden Schanghais), die
paradoxerweise eine der rohstoffärmsten Provinzen ist, aber nach Peking und
Schanghai das höchste Bruttonationalprodukt pro Einwohner aufweist. Gemäss
Prof. Du ist diese Provinz der Beweis für
den Reichtum, der in „Abfällen“ steckt.
Vor zwanzig Jahren wurde in den Strassen gesammelt und man verwertete das
Material recht und schlecht in kleinem
Massstab. Heute werden nicht nur Strassenabfälle wiederverwertet, sondern vor
allem auch Abfälle der lokalen Industrie
und aus dem Ausland, wobei man fortschrittliche Technologien einsetzt, die es
erlauben, Endprodukte mit internationaler
Qualität herzustellen.
Seiner Meinung nach muss man den
Import von Sekundärrohstoffen unterstützen. Die entsprechende Gleichung
sieht folgendermassen aus: China ist die
Fabrik der Welt und ihr Rohstoffbedarf
ist nicht zu stillen. Die Arbeitskosten
sind nennenswert niedriger, wodurch
die Gewinnung von Sekundärrohstoffen nicht nur machbar, sondern auch
gewinnbringend wird. Die Einfuhr von
westlichen Abfällen nach China dient
daher einem doppelten Zweck, nämlich
dem Umweltschutz auf globalem Niveau
und gleichzeitig der Versorgung Chinas
mit Rohstoffen. Sein Kommentar: „Durch
die Widerverwertung einer Tonne Papier
kann man 17 Bäume retten”.
Um wirklichen Fortschritt zu erzielen,
müsste die Welthandelsorganisation
nach Meinung von Prof. Du ihre Einstellung zur internationalen Bewegung von
Abfällen ändern. Abfälle sind ebenfalls
Rohstoffe und sie sollten Bestimmungen
unterliegen, die den Markterfordernissen
besser entsprechen, d. h. eine eigene
Klassifikation erhalten. In zunehmendem
Umfang beginnen NROs und Staaten
diese Idee zu aufnehmen, aber es bedarf
auch der Unterstützung internationaler
Grossunternehmen, um dieses Konzept
voranzutreiben. „Wir benötigen Vorschriften, die den Austausch von Abfällen
erleichtern, aber gleichzeitig deren
Zusammensetzung und Bestimmungsorte genauestens kontrollieren.” Seiner
Meinung nach ist es nicht schwierig,
Abfälle zu „kennzeichnen“. Damit liesse
sich z. B. feststellen, dass aus dem
Wrack eines deutschen Autos ein Sack
mit kleinen Metallkugeln in China wurde,
die zur Herstellung eines neuen Gegenstandes verwendet werden. Er möchte
überwachte internationale Zonen für die
Aufbereitung von Abfällen einrichten,
womit man Hygiene- und Sicherheitsprobleme lösen und Qualität garantieren
könnte. Diese Sonderzonen, die idealerweise in der Nähe von Häfen liegen
sollten, müssten unter der Kontrolle der
Regierung stehen.
Denn heute kommt viel über Hongkong,
dem Umschlagplatz für Rohmaterial,
insbesondre Kunststoffe. Die Gesetze
sind einfacher, und einmal in Hongkong
angekommen, ist die Weiterleitung nach
China unkompliziert.
Inhaltsverzeichnis
Wie stellt sich die situation der
Behandlung von abfällen in china
in groben Zügen dar?
Es gibt in China 661 Städte, die jährlich
155 Millionen Tonnen Abfall produzieren
(Zahlen aus dem Jahr 2005) und man
schätzt, dass davon 52 % über Deponien,
durch Verbrennung oder Kompostierung
entsorgt werden. Die verbleibenden 48
% werden also nicht behandelt. Man
muss außerdem berücksichtigen, dass wir
eine enorme Menge von „Abfallräubern“
haben, die bereits einen Großteil der
Arbeit ganz am Anfang des Sammel- und
Wiedergewinnungsprozesses übernehmen.
Darüber gibt es zwar keine offiziellen Statistiken, aber man schätzt, dass derzeit
mindestens 30 % der Abfälle durch diese
individuellen Recycler wiedergewonnen
werden, die man fast überall auf den
Straßen findet. Sie schieben oder ziehen
ihre Karren, die mit Bergen von Altpapier,
auf Baustellen gesammelten Brettern
oder Plastikflaschen beladen sind.
Zahlreiche Familien sammeln und verkaufen ebenfalls ihr Altpapier und Verpackungsmaterial (Kunststoffe, Konservendosen aus Blech oder Aluminium etc.).
Glasflaschen unterliegen normalerweise
einem Pfand.
Was geschieht mit Problemabfällen,
wie z. B. Batterien?
Seit ungefähr acht Jahren drängen verschiedene NROs darauf, dass es schlecht
und gefährlich für die Umwelt ist, Batterien mit dem Rest wegzuwerfen, aber im
Jahr 2004 hat SEPA, unsere staatliche
Umweltschutzorganisation, bekannt
gegeben, dass normale Batterien (z. B.
alkalische) keine Auswirkungen haben,
wenn man sie wegwirft, und das wird
derzeit auch gemacht. Man müsste Sammelstellen einrichten, was recht einfach
wäre, denn es handelt sich um trockene,
kompakte Abfälle, aber im Moment gibt
es sie nicht. Die Erzeuger von Batterien
müssten die Verantwortung übernehmen,
das Problem ihrer Behandlung zu lösen.
Wenn man eine Quellensteuer (sobald
eine Batterie die Fabrik verlässt) ein-
und die Maschinen, die sie verwenden,
sind sehr auf Handarbeit ausgelegt.
Dieser Sektor ist heute noch zu verteilt
und dezentralisiert, um ihn effizient
kontrollieren zu können. Aber es scheint
mir auch unrealistisch, diese Tätigkeiten
Wird recycling in china als eine wirtzentralisieren zu wollen. Zugegeben,
schaftliche chance oder als eine Pflicht
diese Tätigkeiten resultieren in enormer
gegenüber der umwelt gesehen?
Umweltverschmutzung, aber wenn wir
In der Folge des 17. Kongresses wurde
sie untersagen, landen die Abfälle auf
ein neues Gesetz über das Recycling von
Deponien und wir sind doppelte Verlierer.
elektronischen Produkten erlassen, aber
Selbst wenn man in diesem Bereich
für den Rest gibt es meines Wissens
keine Gesetzgebung. Trotzdem besitzt
Gesetze erlassen würde, wäre es viel zu
das Recycling in China eine durchaus
kostspielig, sie umzusetzen. Und würde
wirtschaftliche Logik. Nachdem uns Roh- man das Recycling von elektronischen
stoffe außerordentlich fehlen, betrachten Produkten durch Kleinbetriebe verbieten,
wir wiederverwertbare Abfälle als echte
müssten alle diese kleinen Unternehmer
Rohmaterialien, die auf ein zweites Leben
betriebsbedingte Kurzarbeit ankündigen.
warten. Für die meisten Menschen ist
Es wird mindestens noch fünf oder sogar
Recycling eine Einkommensquelle, für
zehn Jahre dauern, bevor man das in
die „Abfallräuber“ sogar die wichtigste,
den Griff bekommt. Für jemanden aus
und es stellt ein nicht zu unterschätzendem Westen ist das schwer zu verstehen,
des Zusatzgehalt für jene Familien dar,
die ihr Altpapier und Verpackungsmaterial aber wenn hier eine Familie einen alten
verkaufen.
Fernsehapparat auf die Straße stellt, weil
sie sich einen neuen gekauft hat, wissen
man sagt sehr oft, dass china die fabrik
alle, dass man von dem, der ihn haben
der Welt sei. manche behaupten jedoch
will, ein Angebot erwartet.
auch, dass china der mülleimer der Welt
werden könnte. Wie denken sie darüber?
Wie würden sie die HerausfordeWir sehen das ganz anders. Zunächst
rungen und Probleme des recyclings von
einmal verbietet China den Import von
abfällen zusammenfassen?
Abfällen, hingegen dürfen wir SekundärZurzeit bestehen wir auf Kreislauf- oder
rohstoffe importieren. Unsere ArbeitsZykluswirtschaft, aber ich glaube, dass
kosten sind erheblich niedriger als im
wir letztendlich auf dem „grünen“ Aspekt
Westen, unser Bedarf an Rohstoffen ist
des Recyclings bestehen sollten. Das
enorm, wir haben keine Wälder mehr:
alles das erklärt den Strom von „Ressour- größte Problem stellen die fehlenden
cen zur Wiederverwertung“,
Investitionen bei der Sammlung und
die nach China kommen.
Behandlung von Abfällen und der Einbeziehung von Umweltfragen in diesen
Wo steht china bei recyclingProzess dar. Es wäre wirklich notwendig
technologien?
von einem wirtschaftlichen Recycling auf
Was Papier anbelangt, keinerlei techein ökologisches Recycling überzugehen.
nisches Problem, denn wir haben die
Ich bin jedoch der Meinung, dass die
gleichen Fabriken wie Europa. Bei
Mittel dafür nicht nur vom Staat komelektrischem und elektronischem Müll
men dürfen, sondern es müssen sich der
hingegen fehlen uns Erfahrung und
Einzelne und die Industrie genauso daran
Know-how. Er wird weitestgehend von
kleinen Familienunternehmen verarbeitet beteiligen. 
führen würde, könnte man dieses Geld
zur Behandlung des Produkts am Ende
seines Wirtschaftszyklus verwenden. Dies
ist allerdings nur bis zu einem gewissen
Grad machbar.
Inhaltsverzeichnis
„Einen höheren Wissensstand erreichen, um
geänderten Anforderungen entsprechen zu können“
Gespräch mit Michel Ngapanoun,
Generaldirektor von Hysacam (Hygiéne et Salubrité du Cameroun, kamerunisches Unternehmen für Hygiene und Gesundheit),
gegründet im Jahr 1969, größter Anbieter von Umweltdienstleistungen in Kamerun.
der umgang mit abfällen unterscheidet
sich kulturbedingt in einzelnen ländern
und hängt vom Entwicklungsstand ab.
Wie ist die situation in Kamerun in
diesem Zusammenhang?
Abfälle werden in der Welt kultur- und
wirtschaftlich bedingt unterschiedlich
wahrgenommen und definiert. Was in
einem entwickelten Land als Abfall
betrachtet wird, weil das Produkt einen
gewissen Abnutzungsgrad erreicht hat,
oder weil ein Behälter leer ist, behält in
einem Land wie Kamerun nach wie vor
einen Gebrauchswert. Aber auch Kamerun, genauso wie alle anderen Länder,
er-lebt eine zunehmende Urbanisierung,
die zu einer Veränderung im Konsumverhalten führt, und dies spiegelt sich in
der Entwicklung der Abfallarten wider.
Papier, Karton und Kunststoffe nehmen
zu. Dies führt zu einer unterschiedlichen
Wahrnehmung von dem, was als Abfall
angesehen wird, und hängt davon ab, ob
man ihn aus städtischer oder ländlicher
Sicht betrachtet.
In Städten, wo nur beschränkter Platz
verfügbar ist, hat auch das Thema Abfall
einen höheren Stellenwert. In den Dörfern, wo es kaum Verpackungsmaterial
gibt oder der Abfall fast vollständig biologisch abbaubar ist und zumeist unter
Bananenstauden oder Kaffeebüschen
endet, trifft dies nicht zu. Wir setzen
daher unsere Prioritäten im städtischen
Raum, in dem die Herausforderung vor
allem gesundheitlicher Natur ist. Eine
Studie, die im Jahr 1999 in Yaoundé
durchgeführt wurde, zeigte, dass durch
die vernünftige Behandlung von Abfällen
bei bestimmten Krankheiten, wie Malaria
oder Hautkrankheiten, ein Rückgang um
bis zu 20 % verzeichnet werden konnte.
Wie weit ist die Bevölkerung hinsichtlich
dieser fragen sensibilisiert?
Es ist effektiv ein zunehmendes Bewusstsein festzustellen und unser
Unternehmen, das seit 40 Jahren
besteht, hätte sich ohne das Bestehen
eines entsprechenden Bedarfes nicht
entwickeln können. Die Sammlung von
Haushaltsmüll ist übrigens eine Aufgabe des öffentlichen Dienstes und in
unseren Gesetzen verankert, aber die
den Gemeinden zur Verfügung stehenden
Mittel steigen nicht notwendigerweise
mit den zunehmenden Anforderungen.
Es ist uns bewusst, dass es sich hier um
eine Priorität handelt und wir nehmen dieses Thema laufend in unseren
Gesprächen mit den Behörden auf. Als
die Paris-Dakar-Rallye im Jahr 1992
durch Yaoundé kam, stellten die Medien
unsere Hauptstadt nicht gerade im
besten Licht dar und jedermann kann
erkennen, dass ein so wenig erfreuliches
Bild weder dem Tourismus noch der
wirtschaftlichen Entwicklung förderlich
ist. Wir versuchen, die Bevölkerung auf
lokalem Niveau direkt zu sensibilisieren.
Unsere zahlreichen Standorte in Kamerun sind dabei sehr hilfreich, denn wir
sind in den sieben wichtigsten Städten
des Landes tätig und haben uns in unserem Tätigkeitsbereich ein Fachwissen
an-geeignet, das es uns erlaubt, nicht
nur die Stadtzentren, sondern auch die
Peripherie zu bedienen. Die Idee, dass
Sauberkeit ein Recht für alle darstellt,
aber auch eine Notwendigkeit ist, für die
jeder Einzelne Verantwortung hat, macht
langsam Fortschritte. Wir unterstützen
die Idee der Gründung einer nationalen
kamerunischen Vereinigung für Abfälle,
um dem Thema des Abfallmanagements
sowie der Erhaltung der städtischen
Umwelt eine breitere Basis zu geben.
Man darf dabei aber nicht vergessen,
dass unabhängig vom Grad der Sensibilisierung und des politischen Willens,
Kamerun ein Entwicklungsland ist, das
nur über beschränkte Mittel verfügt, und
dies trifft insbesondre auf Abfallmanagement zu.
ist in diesem Kontext recycling in
organisierter form überhaupt aktuell?
Mit der Zunahme von Abfällen in Zusammenhang mit Urbanisierung sind, wie
auch in zahlreichen anderen Regionen
der Welt, informelle Netze für die Wiederverwertung von Textilien, Kunststoffen
und anderen Materialien entstanden, die
in Abfällen in größeren Mengen vorkommen. Hier handelt es sich jedoch eher
um Wiederverwendung als um Recycling.
Das betrifft Metalle, aber auch Verpackungsmaterial aus Glas und Kunststoff,
die ihr zweites Leben bei der Verpackung
von handwerklichen Produkten finden,
wie z. B. von Palmöl, das in Kamerun
vorwiegend konsumiert wird. Vor einigen
Jahren untersuchte UNIDO, die Organistion der Vereinten Nationen für industrielle
Entwicklung, die Möglichkeit eines Programms, das diese Tätigkeiten gemeinsam mit Industrieunternehmen organisieren würde. Man wollte bei Investitionen
in Maschinen zur Veredelung von Abfällen
in Halbfertigprodukte helfen, die dann
wieder Eingang in die Produktion finden
sollten. Dieses Projekt wurde bedauerlicherweise nicht weiterverfolgt, aber man
muss zugeben, dass der Markt für widerverarbeitete Materialien in Kamerun sehr
klein ist, sodass es keinen Sinn macht
etwas zu produzieren, wofür keine Abnehmer vorhanden sind. In Europa wurden
Müllverwertungsanlagen entwickelt, die
das Recycling begünstigen, aber dies
setzt Investitionen und operative Budgets
voraus, die wir nicht besitzen. Diese Entwicklungsrichtung bleibt bei uns jedoch
auf der Tagesordnung, wie es die unter
dem Namen Mécanismes de Développement Propre12 (MDP) geplanten Projekte
beweisen. Eines dieser Projekte sieht die
Errichtung einer Kompostierungsanlage
vor, in der biologisch abbaubare Produkte
wiederverwertet werden sollen, die 82 %
bis 85 % unserer Abfälle ausmachen,
ebenso wie einer Biogasanlage, was
auch dem Wunsch des kamerunischen
Präsidenten entspricht, der sich vor der
UNO für die Teilnahme unseres Landes
am Kampf gegen die Klimaerwärmung
verpflichtet hat.
Das Mécanisme de Développement Propre, oder MDP, der Vereinten Nationen beschäftigt sich mit Projekten zur Verminderung
des Ausstoßes von Treibhausgas in Entwicklungsländern. Es
ermöglicht privaten oder öffentlichen Investoren aus Industrieländern, bestätigte Emissionskredite auf Basis der erzielten
Reduzierung zu erwerben.
12
Inhaltsverzeichnis
Wirtschaftliche tätigkeit produziert homogene abfälle, die man viel einfacher am
Entstehungsort sammeln kann, und deren
Wiederverwertung dort auch einfacher
ist. Können sie dies auch in Kamerun
feststellen, und ist ihr unternehmen ebenfalls in diesem Bereich tätig?
Diese Frage schließt eine ganze Reihe
von Herausforderungen ein, aber ganz besonders die des Gleichgewichts zwischen
industrieller Entwicklung und Achtung vor
der Umwelt. Ich habe bereits auf unser
Engagement bei Projekten des MDP und
anderen Projekten ähnlicher Natur hingewiesen, die im Bereich der Forstwirtschaft
und der Agrarindustrie mit dem Ziel der
Erzeugung von Energie aus Abfällen und
der Gewinnung von Biogas entstehen.
Was aber den Willen der Unternehmen
betrifft, ihre Abfälle zu kontrollieren und
wiederzuverwerten, so hat die Wahrheit
zwei Gesichter.
Der Bau der Pipeline zwischen dem
Tschad und unserer Küstenstadt Kribi hat
zahlreiche NROs auf den Plan gerufen,
die wegen der Umwelt besorgt sind. Der
hohe Bekanntheitsgrad dieses Projektes
hat alle daran Beteiligten gezwungen, die
Erdölkonzerne ebenso wie die beauftragen Bauunternehmen, sich sehr genau
an Umwelterfordernisse zu halten. Aber
nicht alle ausländischen Industrieunternehmen, die sich in Afrika niederlassen,
fühlen sich an dieselben Umweltauflagen
gebunden, wie sie in ihren Heimatländern
existieren. Natürlich bedeutet nach Afrika
zu gehen für verschiedene von ihnen
auch, dass man sich von bestimmten
Beschränkungen freimachen will, und sie
diesen Beschränkungen zu unterwerfen
hieße das Risiko eingehen, dass sie sich
woanders niederlassen. Aber auch in
dieser Frage machen wir Fortschritte.
Unsere Verwaltung hat Kontrollen und
Strafen für Unternehmen eingeführt, die
ihre Abfälle nicht ordnungsgemäß behandeln und diese Maßnahme trägt
bereits erste Früchte. In unserem Unternehmen sind wir auch der Meinung,
dass Industrieabfälle ein Entwicklungspotential beinhalten.
Während unseres fast 40jährigen Bestehens haben wir uns solides Fachwissen
angeeignet, das es uns erlaubte eine
Organisation aufzubauen, die den Verhältnissen in Kamerun angepasst, aber auch
sehr flexibel ist. Wir sind uns der Notwendigkeit bewusst, dass wir einen höhe-
ren Wissensstand erreichen müssen, um
geänderten Anforderungen, insbesondre
bei der Behandlung von gefährlichem
Abfall der Industrie und von Spitälern
gerecht zu werden. Vor allem aber ist es
wichtig, die Müllsammlung sicherzustellen und die Umwelt zu schützen. 
Inhaltsverzeichnis
DIE LEKTION VON PROFESSOR BABBAGE:
Kostenreduktion und Ressourceneinsparung
Charles Babbage, englischer Mathematiker an der Universität Cambridge, wird
als einer der Väter der Informatik angesehen. In seinem Werk On the
Economy Of Machinery And Manufac
tures, das 1832 veröffentlicht wurde,
verwendet er das Beispiel einer Gerberei
um die perfekte Ausnutzung eines Rohstoffes aufzuzeigen.
Zu den Ursachen, die zu einer Verringerung von Produktionskosten führen,
die aber zusätzliches Kapital verlangen,
gehört die besondere Aufmerksamkeit,
die man in grossen Fabriken der vollständigen Verwertung von Rohstoffen widmet.
Dies führt oft dazu, dass man in derselben Anlage zwei Arten von Tätigkeiten
ausübt, die an und für sich vollständig
getrennt sein müssten.
Um ein treffendes Beispiel für diese Art
von Wirtschaftlichkeit zu geben, scheint
es mir ausreichend, die verschiedenen
Arten handwerklicher Tätigkeit bei der
Verwertung von Tieren aufzuzählen. Der
Gerber, der die Häute kauft, entfernt die
Hörner und verkauft sie an Hersteller von
Kämmen und Laternen weiter. Das Horn
besteht aus zwei Teilen: einem äusseren,
Oben: Paris-La Plaine St Denis - Ein Enthornungsbetrieb
Unten: Déville-lès-Rouen - Klassifizierung von Hörnern
Rechts: Paris-Montreuil-sous-Bois – Einlagerung von aussortierten Häuten
Inhaltsverzeichnis
der die Hülle des Horns als solche darstellt, und einem inneren, der aus einem
kegelförmigen Material besteht, einem
Zwischending von Knochen und verhärtetem Haar. Die erste Tätigkeit besteht
darin, die zwei Teile zu trennen, indem
man das Horn gegen einen Holzblock
schlägt; dann zertrennt man die äussere
Hülle des Horns mit einer Säge in drei
Teile.
man stellt es zur Seite und verkauft es
später an die Hersteller von gewöhnlicher
Seife.
5. Das verbleibende Wasser nützt man
als eine Art Klebstoff, der von Appreteuren zur Behandlung von Stoffen verwendet wird.
6. Die verbleibenden Materialien werden
mit einem Mühlstein zermahlen und an
Bauern als Dünger verkauft.
1. Der untere Teil, die Wurzel des Horns,
wird verschiedenen Behandlungen unterzogen, die dazu dienen, ihn flach zu
machen und er wird in die Form eines
Kammes gebracht.
2. Der mittlere Teil, den man unter
Erhitzen flach, und durch Eintauchen in
Öl durchsichtiger macht, wird in dünne
Scheiben geschnitten, und er ersetzt in
dieser Form das Glas in gewöhnlichen
Laternen.
3. Die Spitze des Horns wird zur Herstellung von Messergriffen, Kreiseln für
Kinder oder anderen ähnlichen Gegenständen verwendet.
4. Das Innere oder der Kern des Horns
wird in Wasser gekocht. Dabei steigt eine
grosse Menge Fett an die Oberfläche,
Die beim Fabrikanten von Kämmen anfallenden Späne werden ebenfalls an Bauern als Dünger zu einem Preis von einem
Shilling pro Scheffel verkauft. Dieser Dünger zeigt zwar im Jahr der Ausbringung
noch keine Wirkung, diese macht sich
jedoch in den darauf folgenden vier oder
fünf Jahren durchaus bemerkbar. Das
Abfallmaterial der Hersteller von Laternen
besteht aus sehr dünnen Scheiben. Ein
Teil davon wird in Figuren geschnitten, die
man bemalt und wegen ihrer hygrometrischen Eigenschaft als Kinderspielzeug
verwendet, da sie sich durch die Hitze der
Hand verbiegen. Der grössere Teil wird
ebenfalls als Dünger verkauft, der seine
volle Wirkung bereits bei der ersten Ernte
entwickelt, da die Stücke sehr dünn sind.
Inhaltsverzeichnis
Die Globalisierung
des Recyclingmarkts
Der Anteil von Sekundärrohstoffen in der globalen Industrieproduktion nimmt
laufend zu. Der Aufschwung in den Entwicklungsländern, die explosionsartige
Entwicklung der Nachfrage und der Preise von Rohstoffen sowie die drohende
Verknappung machen Recycling in zunehmendem Maße unvermeidbar;
eine Grundtendenz, die zu zusätzlichen gesetzlichen Vorschriften über die
Abfallnutzung führt.
Ganz offensichtlich nimmt die Bedeutung und der
Umfang von Recycling auf dem Rücken der dynamischen Weltwirtschaft und des kometenhaften
Anstiegs der Nachfrage nach Rohstoffen weiter zu.
Seit den 60er Jahren des letzten Jahrhunderts weist
das weltweite Bruttoinlandsprodukt wegen der beschleunigten Entwicklung in den Schwellenländern
ein bisher noch nie erlebtes Wachstum auf: 4,4 %
im Durchschnitt zwischen den Jahren 2001 und
2006, und mehr als 5 % im Jahr 2006. Die Liste
wird von den asiatischen Ländern angeführt, allen
voran China (zwischen 10 % und 10,7 % jährliches
Wachstum zwischen 2003 und 2006), gefolgt von
Indien (zwischen 7 % und 9 % jährliches Wachstum seit 2003), aber auch von den Ländern Zen-
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tral- und Osteuropas sowie der Türkei (+ 6,8 %
durchschnittlich im Jahr 2006).
Das Ergebnis dieser wirtschaftlichen Vitalität ist die
anhaltende Steigerung der weltweiten Produktion,
wobei sich das Wachstum in Ländern wie China, der
Fabrik der Welt, sogar exponentiell entwickelte. Weltweit nahm zwischen den Jahren 2001 und 2006 die
Produktion von Rohstahl um 47,5 % und in China
um 194 % zu. Innerhalb von sechs Jahren ist die
weltweite Produktion von Papier um 9 % gestiegen,
die von China um das Doppelte.
Das Ergebnis: Die Nachfrage nach Rohstoffen explodiert, das Angebot an natürlichen Ressourcen kann
damit kaum Schritt halten, die Märkte für Sekundärrohstoffe boomen. Seit dem Jahr 2000 wurde die
Inhaltsverzeichnis
weltweite Kapazität von Elektroschmelzöfen für die
Herstellung von Stahl aus Schrott um das Dreifache
gesteigert. Heute schon stellt Schrott in Europa mehr
als 40 % des Rohmaterials für die Stahlerzeugung
und in Nordamerika sogar über 57 % dar. Ebenso
hat die Produktion von wiederverwertetem Aluminium in Europa seit dem Ende der 90er Jahre rasant
zugenommen und sich in 20 Jahren verdreifacht.
Regenerat-Zellulose hat im Jahr 2007 bei der Herstellung von neuem Papier vermutlich die symbolische 50 %-Marke überschritten. Zwischen den Jahren 1970 und 2006, in denen die Papierproduktion
um 167 % zunahm, ist der Verbrauch von neuem
Zellstoff nur um 96 %
gestiegen, während der
von
Recycling-Papier
um 386 % nach oben
schnellte!
Sekundärrohstoffe werden bei der
Herstellung einer zunehmenden Anzahl von
Produkten unabdingbar, umsomehr als Recyclingtechnologien weiterentwickelt wurden und sich die
wirtschaftliche Seite dieser neuen Ressourcen sehr
oft als vorteilhaft herausstellt. Nicht nur ist Recycling-Zellulose billiger als neuer Papierzellstoff, sondern ausgehend von diesem Material wird bei der
Herstellung von einer Tonne Neupapier um 67 %
weniger Energie verbraucht. Elektroschmelzöfen
haben einen erheblich geringeren Investitionsbedarf
als herkömmliche Hochöfen und die Herstellung von
Stahl aus Schrott anstelle von Eisenerz und Koks
konsumiert um 85 % weniger Energie. Eine ganze
Reihe von überzeugenden Argumenten, ganz besonders bei rapide steigenden Energiepreisen.
Die Schwellenländer
industrialisieren sich
über die Versorgung in
den reichen Ländern
globalisierung der märkte
Eine weitere Auswirkung dieser neuen Situation:
Recyclingmärkte werden global.
Mit der steigenden Nachfrage aus den Schwellenländern verlagern sich auch die Vorkommen in
Länder mit beschleunigtem Wirtschaftswachstum,
die so zu Produzenten von Abfällen und daher
Sekundärrohstoffen werden. Zwischen den Jahren 1998 und 2006 hat der weltweite Austausch
von Schrott z. B. um 65 % zugenommen, wobei
die Türkei inzwischen der weltweit größte Importeur ist. Die Vereinigten Staaten ihrerseits haben
den Export von wiederverwertbarem Papier, Metall,
Kunststoff und anderem Material um 62 % gesteigert. Ihre größten Kunden? Schwellenländer oder
neu industrialisierte Länder wie Indien, die Türkei,
Taiwan, Mexiko, Südkorea und vor allem China.
Hinter den Exporten der Luftfahrtindustrie folgten
Exporte von Sekundärrohstoffen in den USA im Jahr
2005 bereits an zweiter Stelle. Eine symbolische
Revolution der neuen Weltwirtschaftsordnung. Der
Norden baute seine Entwicklung auf den Rohstoffen
des Südens auf. Heute sind es die Schwellenländer,
die sich industrialisieren, indem sie sich bei den
reichen Ländern eindecken.
Die dritte Konsequenz des Aufstiegs der Schwellenländer und ihres unersättlichen Appetits nach
Rohstoffen: Recycling wird ertragsträchtiger und
es sollte dadurch noch weiter zu seiner eigenen
Entwicklung beitragen. Allein der Unterschied
in den Arbeitskosten der Schwellenländer und
der reichsten Länder lässt neue Betätigungsfelder entstehen und Abfälle (ohne Tauschwert)
werden zu Ressourcen, die einen Preis haben. Das
ist z. B. der Fall bei unsortierten Plastikfolien, die bei
der Industrie oder den Großverteilern abgeholt werden. „In Europa ist es unmöglich, sie wiederzuverwerten,“ erklärt Jacques Musa, Direktor der Abteilung Kunststoffe von Veolia Environmental Services
France Recycling. „Sie nach Materialtyp zu sortieren
und Klebestreifen sowie Etiketten zu entfernen wäre
einfach zu teuer. In den Ländern Asiens hingegen ist
dies machbar, und seit nunmehr fünf Jahren importiert China dieses Material. Heute nimmt man dort
ca. 40 % und in Indien 10 % des in Europa gesammelten Materials ab.“
dauerhafte Preissteigerung
Vor allem aber haben die Preise von Recyclingmaterial von der Tendenz steigender Preise bei Rohstoffen profitiert, wofür der Flirt des Fasses Rohöl mit
der 100-$-Grenze ein gutes Beispiel ist. Der Preis
für Eisenerz hat im Jahr 2005 um 71,5 % und im
Jahr 2006 um 19,5 % zugelegt. Die Gefahr einer
Verknappung aufgrund der sich explosionsartig entwickelnden Nachfrage und verspäteter Investitionen
der Montanindustrie in neue Produktionskapazitäten
sowie Spekulationen von Investitionsfonds haben
auch bei einer Anzahl von Nichteisenmetallen zu
rasanten Preissteigerungen geführt. Angetrieben von
der steigenden Nachfrage nach Batterien hat sich
der Preis von Blei verzehnfacht. Innerhalb von zwei
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Jahren ist Nickel, das besonders bei der Herstellung
von rostfreiem Stahl benötigt wird, um nahezu 150 %
gestiegen; Kupfer, das in großem Umfang bei elektrischen und elektronischen Geräten Einsatz findet,
um 200 %. Der Preis von Nichteisenschrott passt
sich dieser Entwicklung an, genauso wie der von
Eisenschrott und, in etwas geringerem Umfang, der
von recyceltem Kunststoff und Recycling-Papier.
„Was dabei zu Beginn des 21. Jh. neu ist, ist, dass
es sich um eine grundlegende Tendenz zu handeln
scheint,” unterstreicht Taïsei Miura, Direktor für Marketing und Entwicklung Frankreich von Veolia Environmental Services. „Die Märkte für Rohstoffe und
Recyclingmaterial waren immer schon sehr anfällig.
Aber ab jetzt werden die Preise, selbst wenn sie Fluktuationen unterliegen, langfristig eine Tendenz nach
oben aufweisen. Aus diesem Grund werden Ansätze
zur Wiederverwertung, die man gestern noch nicht
verwirklichen konnte, heute zunehmend Realität. Im
Osten Frankreichs hat z. B. SARP Industries, eine
unserer Tochtergesellschaften, eine Anlage zur Wiedergewinnung von Nickel aus Industrieabwässern in
Betrieb genommen. Diese Investition ist angesichts
der jüngsten hohen Preise auf dem Nickelmarkt
durchaus gerechtfertigt. Bisher war der Einsatz von
Technologie in unserem Tätigkeitsbereich eher beschränkt, das hat sich jedoch seit dem Anstieg der
Preise von Recyclingmaterial grundlegend geändert.
Heute stehen wir stärker im Blickfeld und wir können
in größerem Umfang in F&E investieren. Dies erlaubt
uns zunehmend komplexere Sortiertechnologien zu
entwickeln, die es uns in Zukunft ermöglichen, weitere Materialen wiederzuverwerten.“
Falls keine wirtschaftliche oder geopolitische Krise
auf uns zu kommt, verspricht die Nachfrage nach
Rohstoffen in den kommenden Jahrzehnten anzuhalten. Die Weltbevölkerung, die in einer Generation bereits um 46 % gestiegen ist (4,5 Milliarden Bewohner
im Jahr 1980, 6,5 Milliarden im Jahr 2005), wird bis
zum Jahr 2020 um weitere 1,3 Milliarden zunehmen.
Bis ins Jahr 2020 sollte die Wirtschaft Chinas jährlich
um 6,6 % und die Indiens um 5,5 % wachsen. Andere
asiatische Länder folgen diesem Beispiel: Indonesien
(223 Millionen Einwohner, ca. 6 % Wachstum im Jahr
2006), Vietnam (84,1 Millionen Einwohner, Wachstum über 8 %), Philippinen (84,6 Millionen Einwoh
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ner, Wachstum über 5 %) oder Thailand (64 Millionen Einwohner, Wachstum 5 %).
Der Bedarf wird also weiterhin steigen und die natürlichen Ressourcen werden abnehmen, besonders
Rohöl, aber auch Metalle. Selbst wenn die Erschließung neuer Vorkommen punktuell die Situation aufhalten kann, so ist deren Verknappung langfristig
unausbleiblich.
Zunahme der Vorkommen von
recyclingmaterial
Thomas Graedel, Professor für industrielle Ökologie an der Yale-Universität (Vereinigte Staaten) hat
z. B. errechnet, dass, falls im Jahr 2100 die gesamte
Welt den Lebens- und Technologiestandard der Vereinigten Staaten erreicht, der weltweite Bedarf an
Kupfer dauerhaft 1,7 Milliarden Tonnen betragen
wird13. Dabei liegen die derzeit bekannten Reserven
bei 1,6 Milliarden Tonnen, von denen jedoch mit
der heutigen Technologie nur ein Teil abgebaut
werden kann. Kupfer, aber auch Zink oder Platin
werden möglicherweise noch vor dem Ende dieses
Jahrhunderts zur Mangelware.
Im Gegensatz dazu werden die Vorkommen von
Sekundärrohstoffen notwendigerweise zunehmen.
„In Finnland, Frankreich und Deutschland ist eine
gewisse Entkoppelung von Konsumausgaben, die
nach wie vor steigen, und dem Anfall von Müll, der
beginnt abzunehmen, festzustellen, erklärt Bernard
Lanfranchi, Marktdirektor von Veolia Environmental Services. Aber wenn man berücksichtigt, dass
heute der Grad der Wiederverwertung von landwirtschaftlichen und kommunalen Abfällen in Ländern
wie Deutschland oder Österreich um oder über 60
% liegt, während er im Durchschnitt der EU nur 36
% beträgt, besteht hier nennenswerter Spielraum für
Verbesserungen. In dem Umfang, wie der Lebensstandard in den Entwicklungsländern zunimmt, werden auch diese mehr und mehr Abfälle und damit
wiederverwertbare Rohstoffe produzieren.“ Mit annähernd 500 kg kommunalen Abfällen pro Einwohner und Jahr sind die städtischen Gebiete Chinas
und der Türkei auf bestem Weg die USA, Osteuropa oder Australien einzuholen (zwischen 600 und
700 kg). Neben den Märkten selbst treibt ein weiterer Faktor das steigende Volumen von Recyclingmaterial: Die immer umfangreicheren gesetzlichen
Bestimmungen zur Förderung der Abfallnutzung,
unter ihnen ganz besonders die erweiterte Herstellerverantwortung, sind ein wichtiger Motor der Recy13
Alternatives économiques No. 250, Sept. 2006, Seite 50, Métaux en fusion,
Benjamin Barda.
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clingwirtschaft. In Europa hat die erweiterte Herstellerverantwortung bereits zu einem starken Anstieg
der Wiederverwertung von Verpackungsmaterial,
Altölen von Fahrzeugen, Batterien, Autoreifen und
Autowracks geführt, und sie ist auf dem besten Wege,
sich auch auf elektrische und elektronische Altgeräte auszuweiten. Diese Geräte stellen eine Quelle
für Sekundärrohstoffe dar, deren Bedeutung derzeit
noch nicht genau abgeschätzt werden kann (bisher wurden sie großteils vergraben oder verbrannt),
sie ist aber sicherlich nennenswert. In Frankreich
erzeugen Unternehmen und Haushalte davon derzeit 1,7 bis 2 Millionen Tonnen pro Jahr (alleine aus
Haushalten kommen ca. 16 kg pro Einwohner) und
diese Zahl nimmt pro Jahr um 3 - 5 % zu. Diese
Abfälle enthalten äußerst interessante Mengen Recyclingmaterial: Metalle (Stahl, Aluminium, Kupfer,
Blei, Zink, Silizium), Glas, Kunststoff, kleine Mengen
an Edelmetallen (Gold, Palladium, Platin, Silber). Im
Durchschnitt besteht ein Computer aus 22 % Kunstsoff, 20 % Stahl, 14 % Aluminium, 7 % Kupfer, 6 %
Blei, 2 % Zink, und man schätzt, dass 10 Millionen
Computer aus ca. 135.000 Tonnen wiederverwertbarem Material bestehen.
diversifikation der tätigkeitsbereiche
„In Zukunft, und dies folgt aus der bisherigen Entwicklung, wird sich das Konzept der erweiterten
Herstellerverantwortung, d. h., das Konzept ‚Umweltverschmutzer-Zahler‘, auch auf andere Arten
von Produkten ausweiten, die das Ende ihrer Nutzungsdauer erreicht haben“, stellt Taïsei Miura fest.
„Dies trifft z. B. bei einem Thema zu, das auch
verstärkt durch die Medien ging, nämlich auf ausgediente Schiffe. Die Internationale SeeschifffahrtsOrganisation stellt derzeit Überlegungen an, dieses
Prinzip auf Handelsschiffe anzuwenden, die zum
Abwracken bestimmt sind.“ Schiffe sind tatsächlich
eine Herausforderung: Weltweit werden jedes Jahr
zwischen 200 und 600 Schiffe über 2.000 Tonnen
abgewrackt und ab dem Jahr 2010 wird diese Zahl
explosionsartig zunehmen, denn bis zum Jahr 2015
müssen zwischen 800 und 1.300 Einhüllentanker
aus dem Verkehr genommen und verwertet werden.
Das wichtigste Ergebnis der erweiterten Herstellerverpflichtung wird in diesem Fall jedoch sein, dass
dieser Markt bereinigt, oder sich sogar vollständig
verändern wird. Heute werden zwei Drittel der nicht
mehr eingesetzten Schiffe in Südasien abgewrackt,
vorwiegend in Bangladesch, wo sie auch großteils
wiederverwertet werden (Verkauf von wiederverwertbaren Teilen). So stammen 80 - 90 % des in Bangladesch verwendeten Stahls aus diesem Bereich.
Allerdings erfolgt das Abwracken sehr oft unter
Bedingungen, die sowohl aus sanitärer als auch aus
ökologischer Sicht katastrophal sind. Die erweiterte
Herstellerverantwortung könnte daher zu neuen Recyclingaktivitäten mit Schiffen in entwickelten Ländern oder zur Gründung von „grünen“ Unternehmen
in Asien führen.
Aber auch auf Textilabfälle, ausgediente Möbel
oder Bauschutt könnte man dieses Konzept anwenden. In Frankreich z. B. beträgt das Volumen
von Bauschutt jährlich über 30 Millionen Tonnen
(25 % mehr als Haushaltsmüll), von dem der Großteil
nicht wiederverwertet wird. Europa hat sich als Ziel
gesetzt, bis zum Jahr
2012 ca. 75 - 85 %
dieser Abfälle wiederzuverwerten, ohne jedoch einschränkende Bestimmungen
aufzuerlegen. Diese
Situation könnte sich sehr schnell ändern, denn
auch in diesem Bereich werden Ressourcen immer
knapper. In der Region Paris können Steinbrüche
die Nachfrage nach Zuschlägen, die das Basismaterial bei der Herstellung von Beton darstellen,
nur zu ca. 60 % abdecken, und aufgrund demografischer und umweltbedingter Beschränkungen,
sowie wegen des Widerstands der Öffentlichkeit wird
es immer schwieriger, neue zu öffnen14. „In einer
endlichen Welt kann es keine unendlichen Ressourcen geben,“ sagt Dominique Maguin, Präsident des
internationalen Dachverbandes der Recyclingindustrie. „Wir können nicht unbeschränkt in der Erde
herumwühlen, um unsere Entwicklung abzusichern.
Wir müssen lernen, die uns verfügbaren Materialien wieder zu nutzen. Wir haben heute zweifelsohne
einen Wendepunkt erreicht, an dem uns bewusst
werden muss, dass dauerhafte Bemühungen gefordert sind. Recycling kann sicherlich nicht alle
Bedürfnisse der Menschheit abdecken, aber es wird
notwendigerweise eine der wichtigsten Industrien
des 21. Jh. werden.“ 
Die eingeschränkte
Herstellerverantwortung ist
der zweite grosse Treiber
der Recyclingwirtschaft
14
La Recherche N° 412, Okt. 2007, Construire demain, Seite 46, La maison
recyclée, Anne Le Duigou
Inhaltsverzeichnis
Nord-Süd, Ost-West:
Die Karten werden
neu gemischt
Die Nachfrage nach Sekundärrohstoffen verlagert sich zunehmend
nach Zentral- und Osteuropa, dem Mittleren Osten und Asien. In
dem Umfang, wie sich diese Regionen entwickeln, werden sich auch
die Abfallvorkommen, die bisher hauptsächlich im Westen zu finden
waren, dorthin verschieben.
Das Volumen und die Zusammensetzung von Abfällen, die in verschiedenen Ländern anfallen, stehen in
direktem Zusammenhang mit deren Lebensstandard.
In Nordamerika oder Westeuropa produziert jeder
Einwohner durchschnittlich 600 bis 700 kg Kommunalabfälle pro Jahr, während die Menge in Indien bei
100 kg liegt. Hinzu kommt, dass dieser Müll einen
nennenswert höheren Anteil an wiederverwertbaren
Feststoffen enthält. Nach einer Studie von Veolia
Environmental Services besteht Haushaltsmüll in den
entwickelten Ländern nur zu 30 % aus organischem
Material, während er in Entwicklungsländern 75 %
enthält. Andererseits ist der Anteil von Papier und
ähnlichen Produkten im Haushaltsmüll industrialisierter Länder erheblich höher; er liegt bei 30 % im Vergleich zu 17 % in den Schwellenländern und 10 % in
den am wenigsten entwickelten Staaten. Die Anteile
von Glas und Kunststoff verhalten sich ähnlich, allerdings auf niedrigerem Niveau. Heute sind es natürlich
die entwickelten Länder, die über die größten Vorkommen an Sekundärrohstoffen verfügen, aber sie sind
noch sehr weit davon entfernt, das Potenzial dieser
Ressourcen voll auszuschöpfen. Der Recyclinggrad in
den einzelnen Ländern weicht erheblich voneinander
ab (siehe nachstehende Grafik). In Europa werden
z. B. in Österreich 60 % der Kommunalabfälle wiederverwertet oder kompostiert, in Griechenland weniger
als 10 %.
Die weltweite Recyclinglandschaft ist also aufgefordert, sich zu entwickeln. Unter der Voraussetzung, dass die Sammlung von Müll in den heutigen
Schwellenländern ausgebaut wird, und vornehmlich
in asiatischen Ländern mit hoher Bevölkerungsdichte, werden sie sich zu den wichtigsten Quellen für
Sekundärrohstoffe entwickeln. Diese Verlagerung ist
bereits in vollem Gange und lässt sich sehr einfach an
dem folgenden Beispiel erkennen. Im Jahr 2007 lag
der jährliche Verbrauch von Papier in China bei 40 kg
pro Einwohner, verglichen mit 300 kg in Nordamerika
und 250 bis 280 kg in Europa, er hat sich allerdings
seit dem Jahr 2000 bereits verdoppelt. Ähnlich ver-
die weltweite abfallnutzung von Kommunalabfällen
(Quelle: Elisabeth Lacoste, Philippe Chalmin, Panorama Mondial des déchets 2006, Economica)
hält sich die Situation bei Kunststoffen, von denen in
Asien jährlich durchschnittlich 20 kg pro Einwohner
konsumiert werden, erheblich weniger als die 100 kg
der USA und Westeuropas, aber die Menge hat sich
seit dem Jahr 1980 verzehnfacht.
absatzmärkte: der osten, treiber der
globalisierung
Bestimmte Märkte für wiederverwertetes Material
bleiben mehrheitlich national oder sogar lokal, so
z. B. die für Glas, Kompost aus organischen Abfällen
etc., aber der Großteil operiert weltweit. Das ist bei
wiederverwendeten Textilien und hier vornehmlich
bei Bekleidung aus den wohlhabenden Ländern der
Fall, von der ein guter Teil traditionell nach Afrika und
Asien exportiert wird, aber auch bei Kunststoffen, für
die in Asien die Nachfrage enorm steigt. Vor allem
aber trifft es auf Papier/Karton und Metall zu, die das
größte gehandelte Volumen repräsentieren.
Der globale Markt für Schrott ist nichts wirklich Neues, nur eben steigen die Mengen und sie verschieben
sich mit der Entwicklung der Schwellenländer. Heute
ist die Türkei weltweit der bei weitem größte Importeur: 13,3 Millionen Tonnen im Jahr 2006. Aber es ist
nicht alleine das eigene beschleunigte wirtschaftliche
Wachstum, das hinter dem zunehmenden Bedarf an
Stahl steht, sondern auch die Tatsache, dass ein Teil
der Produktion in die Golfstaaten exportiert wird, die
ihren eigenen Boom erleben.
Der Champion der Stahlindustrie ist jedoch mit großem Abstand China, das im Jahr 2006 422 Millionen
Tonnen produzierte. Allerdings wird hauptsächlich
Rohstahl hergestellt, und obwohl das importierte
Schrottvolumen bedeutend ist, liegt es mit 5,4 Millionen Tonnen weit hinter dem der Türkei. Allerdings
kann man erwarten, dass diese Menge zunimmt.
Die Kapazität von Elektroschmelzöfen wird in China
von 55 Millionen Tonnen im Jahr 2006 auf mehr als
80 Millionen Tonnen im Jahr 2010 ausgebaut, eine
Steigerung um 45 %, während sie weltweit nur 25 %
betragen wird.
Inhaltsverzeichnis
40 % bis über 60 % Kommunalabfälle wiederverwertet oder kompostiert
20 % bis 40 % Kommunalabfälle wiederverwertet oder kompostiert
weniger als 20 % Kommunalabfälle wiederverwertet oder kompostiert
Zusammensetzung von Haushaltsmüll nach Bruttosozialprodukt
(Quelle: Veolia Environmental Services)
BsP/Einwohner < 7 000 $
4% Metalle
5% Sonstiger Abfall
BsP/Einwohner < 30.000 $
12% Sonstiger Abfall
4% Glas
10% Metalle
28% Organische Abfälle
12% Plastik
8% Glas
17% Papier
58% Organische Abfälle
12% Plastik
30% Papier
Inhaltsverzeichnis
in 2005, 9,8 Millionen in 2006. Die Nummer eins der
Exportländer sind die USA mit 14 Millionen Tonnen
im Jahr 2006, gegenüber 11,9 Millionen Tonnen in
2004. Europa, selbst ein wichtiger Verbraucher von
Schrott, liegt an dritter Stelle (9,9 Millionen Tonnen
im Jahr 2006). Der wichtigste Kunde ist die Türkei,
mit einer Steigerungsrate von 60 % im Jahr 2006.
Papier/Karton: unersättliches asien
Bisher war Russland der größte Schrottexporteur,
aber angesichts des anhaltenden Wirtschaftswachstums wird die eigene Stahlproduktion erweitert (Inbetriebnahme von ca. einem Dutzend neuer Elektroschmelzöfen zwischen den Jahren 2005
und 2009), und die Ausfuhr von Schrott wurde
mit Zöllen belegt, was zu einem entsprechenden
Rückgang bei den Exporten führte: 12,8 Millionen Tonnen im Jahr 2004, 12,4 Millionen Tonnen
Die Internationalisierung des Marktes für wiederverwertetes Papier/Karton ist eine relativ neue, aber
interessante Entwicklung, die weitestgehend von asiatischen Ländern getrieben wird, wobei man davon
ausgehen kann, dass diese Tendenz in den kommenden Jahren anhält. Zwischen den Jahren 2005
und 2012 wird der Verbrauch von RecyclingZellulose weltweit um 33 % zunehmen, in Asien
jedoch um 62 %: + 65,3 Millionen Tonnen, gegenüber + 15,5 Millionen Tonnen im Rest der Welt.
China ist hinter den USA der zweitgrößte Papierproduzent der Welt, aber der größte Importeur von
Recycling-Zellulose. Im Jahr 2005 hat es nahezu die
Hälfte der 41 Millionen Tonnen weltweit verfügbaren
Recycling-Zellulose absorbiert und seither ist der Bedarf weiter gestiegen. Aber auch Indien, Indonesien und Thailand importieren immer bedeutendere
Mengen Recycling-Zellulose, wobei besonders Indien
progressiv zu einem der weltweit wichtigsten Märkte
zu werden scheint. Im Jahr 2006 hat es 1,2 Millionen
Tonnen Recycling-Zellulose im Ausland gekauft und
diese Menge sollte sich bis 2010 auf 3,5 Millionen
Tonnen erhöhen15. Nicht nur wächst die Bevölkerung
Indiens rasant, sondern auch der Lebensstandard
und das Ausbildungsniveau werden besser, was sich
wiederum in der explosionsartigen Entwicklung des
Papierverbrauchs manifestiert. Man geht davon aus,
dass der Bedarf an Zeitungspapier bis ins Jahr 2020
jährlich um 5,6 % steigen wird, während er in Europa
in diesem Zeitraum nur um 1,2 % wachsen und in
Nordamerika und Japan sogar fallen sollte. Von dieser
Dynamik profitieren die Vereinigten Staaten, der heute
größte Exporteur von Recycling-Zellulose, aber auch
Europa, wobei Asien mit Abstand der wichtigste Markt
ist: Von den im Jahr 2005 exportierten 7,4 Millionen
Tonnen Recycling-Papier gingen 7 Millionen Tonnen
nach Asien. 
15
Wichtigste schrottströme im Jahr 2006 (in millionen tonnen)
(Quelle: Iron and Steel Statistics Bureau)
3
Kanada
1
4,1
5,8
3,1
1,5
russland
0,9
Europa
1,3
usa
1,1
türkei
südkorea
china
3,3
Japan
2,7
Ägypten
1,18
taïwan
mexiko
2,5
3,4
internationale recycling-Papier-ströme im Jahr 2005
(Quelle: Jaakko Pöyry Consulting)
8 China
3 Restliches Asien
2,3
0,2
4,5 China
11
0,5
0,1
1,3
3 Restliches
Asien
3,7
0,4
1,7
0,1
0,7
Recycling International, April 2007
Inhaltsverzeichnis
Inhaltsverzeichnis
China, Champion des
Recycling-Papiers
VOM ABFALL ZUR RESSOURCE: Weltweite Quellen
und Absatzmärkte der wichtigsten Recycling-Materialien
SCHROTT
Quellen
Wiedergewonnener Schrott stammt grösstenteils aus Fahrzeugwracks, ausgedienten Konsumgütern (grosse Elektrogeräte, Konservendosen etc.), Bauschrott und Industrieabfällen.
Verwendung
Stahl wird ohne Veränderung seiner Eigenschaften wiederverwertet und kann daher
in den üblichen Bereichen erneut eingesetzt
werden: Fahrzeuge, Elektrogeräte, Verpakkungen etc.
Recycling-Volumen
Im Jahr 2005 wurden weltweit ca. 434 Millionen
Tonnen Schrott von der Eisen- und Stahlindustrie wiederverwertet. In den USA werden
ca. 60 % des Stahls aus Schrott hergestellt,
mehr als 50 % in Europa und ca. 20 % in China.
NICHTEISENMETALLE
Quellen
Die wichtigsten Nichteisenmetalle sind Aluminium, Kupfer, Zink, Blei und Nickel. Die wiederverwertbaren Abfälle stammen aus der
Industrie, ausgedienten Produkten (Fahrzeuge,
Verpackungen, elektrische und elektronische
Geräte, Batterien etc.) sowie Bauschrott.
Verwendung
Ab einem bestimmten Reinheitsgrad können
Nichteisenmetalle ohne Verlust ihrer Eigenschaften in denselben Bereichen wie Primärmetalle eingesetzt werden.
Recycling-Volumen
Weltweit stammen ca. 60 % Blei, 40 % Nickel,
30 % Zink, 33 % Aluminium und Kupfer aus
dem Recycling wiederverwertbarer Metalle.
RECYCLING-ZELLULOSE
Quellen
Den Grossteil der Recycling-Zellulose liefern
Unternehmen (Produktionsabfälle von Druckereien und Zulieferern, Verpackungsabfälle,
Abfälle aus Handel und Industrie, Büropapier
etc.), der Rest kommt aus Kommunalabfällen
(Verpackungen, Zeitungen, Bücher und anderes
bedrucktes Material).
Verwendung
Bei der Herstellung von Karton, Verpackungsund Druckpapier aller Qualitäten. Papier wird bis
zu fünf Mal, Karton zehn Mal wiederverwertet.
Recycling-Volumen
Im Jahr 2005 wurden weltweit ca. 185 Millionen
Tonnen Papier/Karton wiederverwertet, ungefähr die Hälfte von neuem Papier/Karton wird
aus Recycling-Zellstoff hergestellt.
KUNSTSTOFFE
Quellen
Ein Grossteil des wiederverwerteten Kunststoffes stammt aus Verpackungsmaterial des
Handels, der Industrie und aus Haushalten.
Der Rest sind gebrauchte Landwirtschaftsfolien,
Teile abgewrackter Fahrzeuge und Bauabfälle.
Die Komplexität der in elektrischen und elek
tronischen Geräten verwendeten Kunststoffe
beschränkt derzeit noch ihre Wiederverwertbarkeit.
Verwendung
Thermoplastisches Material (Polystyren, Polyamide, Polyethylene, Polypropylen, Polyvinylchlorid
etc.) ist leichter wiederverwertbar und hat ein
grösseres Einsatzgebiet als Duroplaste: Autoteile,
die keinen Sicherheitscharakter haben (Gehäuse,
Türverschalungen, Teppiche etc.), Computermonitore, Kabelmäntel, Fleece, Isoliermaterial
aus Gebäuden, Gebinde etc.
Recycling-Volumen
Nur ein sehr kleiner Teil der weltweit jährlich
hergestellten 230 Millionen Tonnen Kunststoff
wird wiederverwertet. Im Jahr 2005 wurden
in Europa z. B. 4 Millionen Tonnen Kunststoffe
wiederverwertet (18 % der gesammelten Kunststoffe). Dieses Volumen nimmt allerdings jährlich um 10 % zu.
Quellen: International Iron and Steel Institute, Centre d’information du Cuivre, European Copper Institute, Plastics Europe, International
Zinc Association, Bureau International du Recyclage.
Inhaltsverzeichnis
China ist hinter den USA der zweitgrößte Papierproduzent der Welt, aber
der weltweit größte Importeur von Recycling-Zellulose, und es wird
in den kommenden Jahren seine Zukäufe noch erheblich steigern.
Hier haben wir eine Erfolgsgeschichte, die der wirtschaftlichen Expansion Chinas gleichkommt und
nur mit einem Wort beschrieben werden kann:
beeindruckend! Gegen Ende der 80er Jahre beginnt Zhang Yin mit importiertem Recycling-Papier
aus den USA zu handeln und die Papierindustrie zu beliefern, die bis dahin hauptsächlich aus
Stroh gewonnene Fasern einsetzte. Zwanzig Jahre später ist sie die reichste Frau Chinas und leitet
den größten chinesischen Papierhersteller, Nine
Dragons. „Ein Konzern, der unglaublich wächst
und der im Jahr 2010 durchaus zu den größten
Papierherstellern der Welt zählen könnte,“ meint
Marc-Antoine Belthé, Generaldirektor von Veolia
Environmental Services France Recycling.
Seit die chinesische Wirtschaft ihren Höhenflug antrat, hat sich der Lebensstandard allgemein enorm
verbessert, und damit nahm auch der Verbrauch von
Papier zu. Aus China wurde die Fabrik der Welt: 50 %
der weltweit erzeugten Schuhe, DVD-Player und Digitalkameras, 70 % des Spielzeugs etc. kommen aus
China und alle Exporte werden in Karton und Papier
verpackt. Das ist auch der Grund für den enormen
Bedarf an Zellulose. Seit dem Jahr 2000, in dem die
westliche Papierindustrie durch eine Krise ging, die
zur Schließung eines Teils ihrer Kapazitäten führte,
hat China seine Produktionskapazität verdoppelt (61
Millionen Tonnen im Jahr 2006). Dies führte zum
Aufstieg einiger Großunternehmen, die Papier zur
Herstellung von Wellpappe erzeugen, die ihrerseits
vorwiegend als Verpackungsmaterial Anwendung findet. Zu diesen Champions der Papierindustrie gehört
Nine Dragons (Produktionskapazität im Jahr 2007
5 Millionen Tonnen), aber auch Lee & Man, der zweitgrößte Papierhersteller des Landes (3,5 Millionen
Tonnen). Das ist aber noch nicht alles. China, das
heute schon der zweitgrößte Papierproduzent nach
den USA (102 Millionen Tonnen im Jahr 2006) ist,
plant seine Produktion in den nächsten fünf Jahren
auf 90 Millionen Tonnen hochzufahren. Bis dahin
werden die zwölf wichtigsten chinesischen Papierproduzenten ihre Kapazitäten von 17,2 Millionen
Tonnen auf 41,6 Millionen Tonnen ausbauen, wobei
Nine Dragons sie auf nahezu 10 Millionen Tonnen
verdoppeln will.
Vielversprechende aussichten
für recycler
Dies ist eine einmalige Gelegenheit für Recycler,
denn im Kielwasser von Nine Dragons greift die chinesische Papierindustrie in zunehmendem Maße
auf Recycling-Zellulose zurück. Bis jetzt liegt der
Prozentsatz zwar bei nur 31,6 % der Produktion,
verglichen mit ca. 50 % im weltweiten Durchschnitt, aber er hat sich in den letzten sechs Jahren
nahezu vervierfacht und eine weitere Zunahme
ist unvermeidbar. China besitzt kaum Wälder und
produziert daher auch nur sehr wenig Zellulose aus
Holz. Die chinesische Regierung hat drastische
Maßnahmen ergriffen, um die Herstellung von
Zellstoff aus Stroh einzuschränken, da sie maßgeblich für die Verschmutzung von Flüssen verantwortlich ist. Die Sammlung von Altpapier wird zwar
vorangetrieben, das Potenzial ist jedoch derzeit
noch sehr beschränkt. Der Papierverbrauch der
Bevölkerung liegt weit hinter dem des Westens,
und der Großteil des Papiers wird in der Form von
Verpackungsmaterial für Exportgüter in entwickelte
Länder transportiert, mit dem Resultat, dass der
lokalen Papierindustrie keine Alternativen bleiben,
als Recycling-Papier
zu importieren. Innerhalb von sechs
Jahren haben sich
die Zukäufe von
Recyc ling-Zellulose
auf 19,6 Millionen
Tonnen im Jahr 2006 nahezu verfünffacht (im
Jahr 2007 werden es voraussichtlich 22 Millionen
Tonnen sein), und damit ist China mit Abstand der
weltweit größte Importeur. Wer sind die Hauptnutznießer? Die USA (46,4 % der chinesischen
Importe im Jahr 2006), gefolgt von europäischen
Ländern (28,1 %), angeführt von Großbritannien,
Holland, Deutschland und Belgien, aber auch Asien (22,5 %) mit Japan an der Spitze. Frachter, die
ihre Ladung von Kleidung, Fernsehgeräten und anderen Produkten ‚Made in China‘ in den westlichen
Häfen löschen, kehren inzwischen nicht mehr leer
zurück, sondern beladen mit Ballen aus RecyclingPapier, das wegen der niedrigen Eastbound-Tarife
Nach den USA ist China
der zweitgrösste Papierproduzent der Welt
Inhaltsverzeichnis
Vergleich der Entwicklung der chinesischen Papierproduktion mit den importen von recycling-Zellulose
58
61
5
49,
80
9
30,
3,9
2000
32
5,9
2001
37,
43
7,5
9,3
2002
2003
3
12,
2004
17
2005
6
19,
2006
zu sehr günstigen Raten transportiert wird, und
gleichzeitig den Ballast für die Schiffe liefert.
Nine Dragons hat zwischenzeitlich ein Verkaufsbüro in Europa eröffnet, wo der Papierverbrauch nach
wie vor wächst, und bietet Papier zur Herstellung
von Wellpappe an. Könnte dies der erste Schritt einer
Investition in Produktionskapazitäten auf dem alten
Kontinent sein? Während wir auf die Antwort warten, ist jedoch eines bereits offensichtlich, die
Veränderungen im Papiermarkt sind Anzeichen
für eine beginnende Umschichtung der Weltwirtschaft, und sie haben für China, wo vor mehr als
2000 Jahren Papier erfunden wurde, ohne Zweifel
enorme symbolische Bedeutung. 
Papierproduktion (in Millionen Tonnen)
import von recycling-Zellulose (in Millionen Tonnen)
Quelle: Recycling International, April 2007.
„Was man exportieren muss,
sind Sekundärrohstoffe“
Gespräch mit Philippe Chalmin,
Professor an der Universität Paris-Dauphine, Gründer und Präsident von Cyclope, Forschungsinstitut für Rohstoffmärkte
und Rohstoffe, Mitautor des Panorama mondial des déchets 200616, Mitglied des Conseil d’analyse économique (Rat für
Wirtschaftsanalyse des französischen Premierministers) sowie Berater der Weltbank und der EU.
Was ist das Ergebnis ihrer analyse der
Entwicklung des recyclingmarktes?
Die großen Neuentwicklungen sind
kometenhaft steigende Rohmaterialpreise, die Erkenntnis, dass es sich um
Mangelware handelt, und die Tatsache,
dass Abfälle zunehmend als Rohstofflager angesehen werden. Dagegen
scheint die widersprüchliche Auslegung
von Recycling und Wiederverwertung
weiter zu bestehen. Muss man unbedingt zu den Ideologen des Recyclings
gehören oder sollte man pragmatischer
sein, und nach Wegen für eine intelligente Wiederverwertung suchen? Die
Radikalen wollen alles dem Recycling
zuführen. Aber das ist eine Utopie,
denn in bestimmten Fällen sind die
Kosten der getrennten Sammlung, der
Mülltrennung etc. dabei ein Hindernis.
Geben wir es doch zu, das finanzielle
Gleichgewicht stimmt hier einfach
nicht. Irgendwann kommt der Moment,
wo man eine Finanz- und Energiebilanz
erstellen muss. Bei Kunststoffen ist
z. B. die Energiebilanz des Recyclings
nicht unbedingt positiv. Man kann also
nicht alles dem Recycling zuführen,
aber wenn es darum geht, ein neues
Material oder Energie zu erzeugen,
kann man fast alles wiederverwerten.
Es ist also wichtig, energetische Nutzung und Recycling so weit es geht
zu kombinieren, um die bestmögliche
Mischung aus Umweltschutz und Behandlungskosten von Abfällen sicherzustellen.
Was könnte die Entwicklung des
recyclings bremsen?
Das Problem ist, zu entscheiden, wo die
Grenze zwischen Abfall und Sekundärrohstoff zu ziehen ist. Abfall hat an und
für sich keinen Wert, der Sekundärroh-
Inhaltsverzeichnis
stoff sehr wohl, und das ist der Knackpunkt. In dem Moment, wo man mit
der Trennung beginnt, bewegen wir uns
auf das Gebiet der Wertzuordnung und
befinden uns daher auf einem echten
Markt. Allerdings trifft man noch zu
oft auf die Vorstellung, dass Abfälle
schlecht und schmutzig sind. Heute
ist der internationale Handel einer der
Treiber der Wirtschaft mit Sekundärrohstoffen. Man muss einfach akzeptieren,
dass es durchaus legitim ist, Altpapier
oder Schrott in Länder wie China zu
exportieren, denn dort besteht Bedarf.
Konformistische Gruppierungen sind
der Meinung, die Länder des Nordens
sollten ihre Abfälle nicht exportieren,
das sei gesundheitsschädlich, und sie
sollten sie systematisch zu Hause behandeln. Aber in diesem Moment stellt
sich das Problem der Absatzmärkte und
der Märkte insgesamt. Wenn ich höre,
man sollte Altpapier nicht nach China
verkaufen, denn es wird in Fabriken verwertet, in denen möglicherweise Kinder
arbeiten, dann sage ich, dass man hier
zwei sehr unterschiedliche Problemstellungen durcheinanderbringt. Ganz
offensichtlich will man Kinderarbeit
nicht fördern und es kommt hinzu, dass
sich die chinesische Papierindustrie
nicht mehr im 19. Jh. befindet. Die
meisten Anlagen sind hochmodern und
automatisiert. Da gibt es keine Kinder,
und die Anzahl der Arbeiter nimmt ab.
Diese Form von Schuldzuweisung ist
sicherlich etwas, das die Entwicklung
des Recyclings bremst.
trotzdem kann man nicht leugnen, dass
es einen missbrauch und die notwendigkeit gesetzlicher regelung gibt.
Dass man Kontrolle ausüben und gegen
den Export alter Computer vorgehen
muss, die angeblich wiederverwendet
werden, aber in Wirklichkeit Elektronikschrott sind, ist offensichtlich. Hier
handelt es sich um gefährlichen Abfall,
der gesundheits- und umweltschädlich
sein kann, wenn er nicht nach allen
Regeln der Kunst behandelt wird. Hingegen ist die Klassifizierung von Altpapier
schon relativ weit fortgeschritten, und
die Chinesen kaufen nicht einfach alles.
Man sagt Abfälle, meint in Wirklichkeit
aber Sekundärrohstoffe. Wir sind hier
nach wie vor mit Hemmschwellen konfrontiert, einschließlich psychologischen,
hängen noch immer an der festgefahrenen Idee, dass man sich der Abfälle
entledigen muss, und übersehen dabei
ihren positiven Aspekt, nämlich dass es
sich in Wirklichkeit um Rohstoffvorkommen handelt. Immer wird von Abfällen
gesprochen, die in Entwicklungsländer
exportiert werden, während es in Wirklichkeit um den Export von Sekundärrohstoffen geht. Diese Einstellung ändert
sich nur sehr langsam, aber wir sind
bereits auf dem halben Weg in Richtung
einer Bewusstseinsveränderung, nämlich
dass der Umweltaspekt der Behandlung
von Abfällen nur ein Teil des Problems
ist, und dass man zugeben muss, dass
Sekundärrohstoffe eine Rohmaterialquelle sind, für die ein Markt besteht. 
16
Du rare à l’infini. Panorama mondial des déchets 2006.
Elisabeth Lacoste, Philippe Chalmin, Economica, 2006.
Inhaltsverzeichnis
Die Spielregeln:
welche Instrumente
für welche Politik?
Zwischen den Aspekten gesundheitlicher und ökologischer Sicherheit, und dem
unabdingbaren freien Warenverkehr, benötigt die Entwicklung des Recyclings
gesetzliche Vorschriften, die international anerkannt und angewandt werden,
um eine Verzerrung der Konkurrenzsituation zu verhindern. Trotz nach wie vor
bestehender nationaler Unterschiede, ebnet Europa hierzu den Weg und eine
internationale Bewusstseinsbildung lässt sich in verschiedenen Entscheidungen
auf allen Kontinenten erkennen.
Seit dem Beginn der 90er Jahre unterstützen nationale Programme in den Mitgliedsländern der OECD
und der EU aktiv das Recycling als ein Mittel zur
Reduzierung des Drucks auf die Ressourcen unserer Erde. Allerdings hat dabei jedes Land unterschiedliche Schwerpunkte gesetzt, die es jetzt gilt,
zu harmonisieren. So hat Großbritannien, das im
Jahr 1995 noch 80 % der Kommunalabfälle auf
Deponien entsorgte, enorme Schritte in Richtung
Recycling und Kompostierung unternommen. Es
wurde ein Aufschub von 4 Jahren gewährt, um den
Rückstand aufzuholen, und um die Reduktion der
Inhaltsverzeichnis
derzeitigen Abfallmenge von 450 kg pro Person im
Jahr 2000 auf 225 kg im Jahr 2020 sicherzustellen. Im Gegensatz dazu dürfen in Österreich oder
Deutschland Mülldeponien nur vorsortierte Abfälle
annehmen und das gesamte Verpackungsmaterial
wird gesammelt und widerverwertet, genau so wie
in der Schweiz oder in Norwegen, wo das Ende der
Verbringung von Müll auf Deponien bereits vorprogrammiert ist. Völlig anders ist die Situation in den
neuen Beitrittsländern der EU, wo enorme Anstrengungen unternommen werden müssen, um den gemeinschaftlichen Besitzstand umzusetzen und von
Inhaltsverzeichnis
„Die erweiterte Herstellerverantwortung: ein Erfolg
hinsichtlich des Recyclings, eine Hoffnung für die
Vorbeugung“
einer noch vorherrschenden Lagerung auf Deponien in eine Recyclinggesellschaft umzuschwenken,
wie sie von der EU-Kommission gefördert wird.
Welche Unterschiede auch immer bestehen, die
Marktentwicklung deutet auf gemeinsame Ziele
hin. Der drohende Rückgang von Ressourcen wie
Rohöl oder bestimmten Metallen, die enorme
Nachfrage in den Schwellenländern und steigende
Materialpreise sind überzeugende Argumente für
das Recycling.
abfall oder nicht-abfall,
das ist die frage
Rohstoffe und Sekundärrohstoffe haben jedoch
nicht den gleichen Status. In den Augen der europäischen Gesetzgebung sind alle Sekundärrohstoffe,
die nicht wiederverwendet wurden, rechtlich als Abfall einzustufen. Diese Unterscheidung ist das Herzstück der Grundsatzdebatte zwischen einer Politik,
die Recycling fördert, und die auch in Richtung
einer Vereinfachung des Austausches von Rohstoffen, Sekundärrohstoffe genannt, abzielt,
und einer Politik der
Kontrolle der Abfallbehandlung, die gesundheitliche und ökologische Sicherheit garantiert, und die Einführung von
Beschränkungen bei der Bewegung von Abfällen
bedeuten könnte. Mit dem Basler Abkommen aus
dem Jahr 1989 über die Kontrolle der grenzüberschreitenden Verbringung von gefährlichem Abfall
und seiner Beseitigung wurden entsprechende
Verpflichtungen eingeführt. Das Abkommen wurde
in die Entscheidungen des OECD-Rats17 ab dem
Jahr 1992 aufgenommen und ist seit dem Jahr
1994 in der EU verpflichtend. Im Jahr 2005 hatten
bereits 167 Länder das Abkommen unterzeichnet,
in den USA hingegen steht die Ratifizierung noch
aus (siehe auch den Artikel über Elektro- und Elektronikmüll). Oft umgangen - einige in Berichten der
UNO und verschiedener großer NROs dokumentierte Skandale sind sicher noch in aller Erinnerung
Bekämpfung der
illegalen Ausfuhr
gefährlicher Abfälle
– ist das Basler Abkommen jedoch niemals offiziell
in Frage gestellt worden. Anders sieht es mit der
EU-Verordnung18 aus, die seit Juli 2007, das Recht
auf Export von ungefährlichem Abfall an das von
gefährlichem Abfall anpasst.
Die Zielsetzung dieser neuen Verordnung ist offensichtlich; man will den Transfer von Abfällen ohne
Risiko für Umwelt und Gesundheit sicherstellen
und gegen den illegalen Export von gefährlichem
Abfall ankämpfen. Aber mehrere europäische
Staaten haben bereits gegen Vorschriften protestiert, die Produkte auf der grünen Liste betreffen,
da dadurch der Austausch von Sekundärrohstoffen
erschwert wird, und zwar zu einer Zeit, in der sich
die Märkte internationalisieren. Es kommt dadurch
zu einer Verzerrung der Konkurrenzsituation gegenüber Ländern, deren gesetzliche Vorschriften
weniger einschränkend sind. „Industrieunternehmen, die Endabnehmer von Sekundärrohstoffen
sind, haben ebenfalls gegen die Verpflichtung
regagiert, eine Empfangsbestätigung unterschreiben zu müssen19,“ erklärt Pascal Genneviève.
Gespräch mit Matthieu Glachant,
Forschungsleiter beim CERNA, der Bergwerkschule Paris und Wirtschaftsexperte für Umweltpolitik. Er arbeitet regelmäßig für
die OECD, die Europäische Kommission, das Umweltministerium und die ADEME bezüglich der Wasser- und Abfallpolitik oder
klimatischer Veränderungen.
matthieu glachant, worin besteht die erweiterte Herstellerverantwortung?
Wie beim „Verschmutzer-Zahler“-Prinzip
verdanken wir der OECD die Einführung
des Konzepts zur erweiterten Herstellerverantwortung in den 80er Jahren. Die erweiterte Herstellerverantwortung besteht
darin, dem Hersteller die Verantwortung
für das Lebensende eines Produktes
anzulasten und ihn zu zwingen, die Entsorgungskosten dafür teilweise oder ganz
zu finanzieren. Im Sinne ihrer Verfasser
sollte sie zuerst dazu dienen, die Hersteller anzuregen, ihre Produktion besser und
gemäß einer Kosteninternalisierungslogik
zu gestalten.
Konkret gesehen haben Unternehmen die
freie Wahl der Umsetzung: sie können
ihre Verantwortung individuell ausüben,
indem sie ihre Altprodukte entsorgen. Aber
meistens entscheiden sich Unternehmen
dazu, sich zu gruppieren, indem sie einer
durch die öffentliche Hand zugelassenen
Einrichtung beitreten. In diesem Fall organisiert die Ökoeinrichtung (ich übernehme
hier die französische Terminologie) die
Sammlung und die Behandlung der Abfälle im Auftrag ihrer Mitglieder. Meistens
entschädigt sie die vorhandenen Infrastrukturen der Gemeinden, damit diese die selektive Sammlung durchführen. In seltenen
Fällen verwaltet die Ökoeinrichtung direkt
ihre eigene Sammelinfrastruktur, so wie
es DSD in Deutschland für Verpackungsabfälle tut. Die erste Implementierung auf
weiter Ebene des Prinzips der erweiterten
Herstellerverantwortung in Europa stellt
die Richtlinie bezüglich der Verpackungen
und Verpackungsabfälle dar, welche in
Frankreich hauptsächlich durch „EcoEmballages“ und später durch „Adelphe“
umgesetzt wurde.
Hat die erweiterte Herstellerverantwortung
ihre ursprünglichen Zielsetzungen erreicht?
Nein, denn sie wurde hauptsächlich
dazu benutzt, die Entwicklung des Recyclings zu finanzieren. Nehmen wir die
Verpackungen als Beispiel. Die Richtlinie
zu Verpackungen enthält unter anderem
Zielsetzungen in puncto Recycling und
Wiederverwertung, und in dieser Hin-
Beschluss des OECD-Rats C(92)39/Endgültige Version C (2001°107 /Final,
geändert mit C (2004)20 – Quelle: Panorama Mondial des Déchets, Cyclope, 2006.
18
Verordnung CE 1013/2006
19
Ein Dokument, das den Transportweg von Abfall verfolgt: von seinem Ursprung
über das Transportunternehmen bis zu seiner Endbestimmung.
17
Inhaltsverzeichnis
sicht war sie erfolgreich. Hingegen sind
sich Beobachter darüber einig, dass ihre
Auswirkung bezüglich der Vorbeugung sehr
begrenzt ausgefallen ist.
Wir müssen uns also überlegen, welche
Mittel eingesetzt werden können, um die
Rolle der erweiterten Herstellerverantwortung bei der Vorbeugung von Abfällen zu
verstärken. Dies betrifft in erster Linie die
Finanzierungsmodalitäten der Ökoeinrichtungen durch die Hersteller. Wenn diese
einen Pauschalbetrag pro gesammeltes
Produkt zahlen, liegt keine Anregung zur
Ökogestaltung des Produktes vor. Nehmen
wir das Beispiel von Alliapur. Diese französische Ökoeinrichtung beschäftigt sich
mit dem Recycling von Reifen. Sie verlangt
vom Hersteller den gleichen Beitrag, auf
große Reifenkategorien bezogen. Dieses
Schema berücksichtigt also nicht spezifische Eigenschaften eines jeden Produkts. Demzufolge regt es den Hersteller
nicht an, sich zu bemühen, seine Reifen
recyclingfähiger zu machen oder Werkstoffe beizufügen, die weniger umweltbelastend sind: in finanzieller Hinsicht wird er
nicht dafür belohnt.
EcoEmballages hat ein gemischtes System
mit einem differenzierten Herstellerberechnungsschlüssel eingeführt. Dieser
variiert entsprechend dem Verpackungsgewicht und dem benutzten Materialtyp.
Die Lebensendkosten von Verpackungen
werden in seine Kalkulation miteinbezogen, was insbesondere Materialersetzungen
mit sich bringen könnte. Jedoch sind die
Kriterien nur wirtschaftlich. Sie berücksichtigen nicht umweltbezogene Konsequenzen
dieser oder jener Entscheidung. Außerdem
beeinflusst die globale Beitragshöhe natürlich die Bemühungen zur Ökogestaltung.
In Frankreich jedoch haben 2004 laut der
ADEME die Hersteller 43% der Sammlungs- und Behandlungskosten finanziert,
während die deutschen Hersteller sie zu
100% bezahlen.
Was empfehlen sie?
Was die Verpackungen betrifft, so sind die
umweltbezogenen Auswirkungen wenig
bekannt. Dies hindert uns im Moment
daran, Umwelterwägungen in die Kalku-
lation des Berechnungsschlüssels zu
integrieren. Lebenszyklusanalysen mit
dem Schwerpunkt Material durchzuführen,
scheint mir eine vorrangige Zielsetzung
für die Zukunft zu sein. In einer zweiten Etappe wäre es dann möglich, die
wirtschaftlichen UND die Kosten für die
Umwelt ganz in den Berechnungsschüssel
zu internalisieren. Diese Internalisierung
würde ein wirtschaftliches Signal setzen,
welches, von diesen Kosten und indirekt
auch durch die Verbraucher aufgrund der
Auswirkung auf die Preise hervorgerufen,
Vorbeugungsbemühungen auf angepasster
Ebene hervorrufen würde.
Ganz allgemein gesehen müssen auch
individuelle Bemühungen der Hersteller
finanziell belohnt werden, damit die erweiterte Herstellerverantwortung sich auf
die Vorbeugung auswirkt. Dies ermöglicht
die Anwendung auf den Anreiz bezogener
Berechnungsschlüssel. Nichtstaatliche
Organisationen wie Greenpeace denken,
dass es notwendig ist, noch einen Schritt
weiter zu gehen, indem der Rückgriff auf
Ökoeinrichtungen verboten werden soll. Sie
befürworten eher die individuelle als die
erweiterte Herstellerverantwortung. Jeder
würde die Sammlungs- und Recyclingkosten seiner Altprodukte, die durch ihre
Markenzeichen identifizierbar sind, selbst
tragen. Dieses Schema ohne Ökoeinrichtung kann einigen Sektoren, wie dem der
ausgedienten Fahrzeuge, entsprechen.
Automobilhersteller organisieren sich also
individuell, um die Autoschrotthändler zu
finanzieren. Jedoch erscheint die Organisierung der Abfallsammlung und -behandlung durch jeden Hersteller viel zu komplex
und zu kostspielig, um auf alle Produkte
erweitert zu werden.
Letztendlich müssen den Programmen
zur erweiterten Herstellerverantwortung
quantifizierte Vorbeugungszielsetzungen
auferlegt werden, wenn man wirklich von
ihnen erwartet, dass sie die Vorbeugung
fördern. Die ältesten Ökoeinrichtungen
haben es sehr wohl verstanden, die ihnen
auferlegten Recycling-Zielsetzungen einzuhalten. Ich traue es ihnen zu, dass sie auch
die Zielsetzungen im Bereich Vorbeugung
erreichen werden. 
Inhaltsverzeichnis
Wiederverwertete ressourcen: auf
dem Weg zu einem Zwischenstatus?
Sollen Regelungen nun aufgelockert werden, um
zu erkennen, dass ein Ball aus wiedergewonnenem
und nach Qualität sortiertem und gesäuberten
Papier sehr wohl den Wert einer Ressource hat,
welcher ihm von seinen industriellen Benutzern zugesagt wird? Oder soll die notwendige Strenge vor
den so oft festgestellten Missbräuchen weiterhin
herrschen? Für Alain Geldron, Leiter der Abteilung
Sektorenorganisation und Recycling der ADEME,
haben Regelungen normative Aspekte, die eher
positiv sind: „Die Rückverfolgbarkeit, verbunden
mit der Normung der Materialien, erlaubt einen
Übergang vom Abfallstatus, der bedeutet, das viele
Kontrollen sowohl auf dem Hoheitsgebiet als auch
an den Grenzen durchgefürt werden müssen, zum
Produktstatus, der im Handel mehr Leichtläufigkeit gewährt.“ Für Dominique Maguin, Präsident
des internationalen Dachverbandes der Recyclingindustrie, ist eine Anpassung der Gesetzgebung
erforderlich: „Ich vertraue unserer Fähigkeit, veraltete Regeln neu zu schreiben, indem wir von der
Feststellung ausgehen, dass etliche Produkte oder
Waren hauptsächlich aus Recyclingmaterial bestehen. Es ist nicht möglich, uns glauben machen
zu wollen, dass diese Produkte oder Waren selbst
Abfälle sind!“
Sollte man sich folglich vielleicht einen neuen Status für Recyclingmaterial ausdenken? Die Rahmenrichtlinie, die zur Zeit für die Europäische Union
überarbeitet wird, führt ein Verfahren ein, wonach
einige spezifische Abfälle, welche Qualitäts-, Umweltund Sanitärkriterien einhalten, ihren Status als
Abfall verlieren könnten. Dieses restriktive Verfahren wird momentan nur für einige Fälle untersucht:
Kompost, Metallneuschrott und Aggregate.
Hingegen ist die Einführung des Nebenproduktbzw. Subprodukt-Konzepts, wie es aus der Rechtsprechung des EuGH20 hervorgeht, in diesem
Text problematischer und „ungewisser“. Das Nebenprodukt muss aus einer Produktionseinheit stammen,
welche über eine Absatzmöglichkeit verfügt; ferner
muss es direkt anwendbar sein, ohne dass eine
vorherige Verarbeitung oder eine besondere Genehmigung notwendig wäre. Holzspäne aus einer
Schreinerei könnten z. B. diesen Status haben. Das
Prinzip aber unterliegt nochmals der Garantie, dass
dieser Status nicht dazu benutzt wird, um von den
Verpflichtungen der Regelung bezüglich potenziell
gefährlicher Flüsse abzuweichen.
rEacH und sekundärrohstoffe
Die Verschiebung vom Abfallstatus zum Produktoder Materialstatus stößt sich an einer anderen
Regelung, und zwar keiner der geringsten: die REACH-Regelung21, welche vom Europäischen Parlament im Dezember 2006 verabschiedet wurde.
Sie betrifft die Eintragung aller Chemikalien oder
chemikalienhaltiger Produkte vor ihrer Markteinführung. Aus dem Anwendungsbereich der am 1. Juni
2007 in Kraft getretenen Regelung sind Abfälle,
Medikamente und Biozide ausgeschlossen. Jedoch
unterliegen Sekundärrohstoffe, wenn sie nicht
durch die Gesetzgebung für Abfälle betroffen sind,
der REACH-Regelung. Anders gesagt muss man
also für jedes Recyclingmaterial in der Lage sein,
seine Zusammensetzung genau anzugeben. Mehrere europäische Föderationen - European Ferrous
Recovery & Recycling Federation, European Metal
Trade & Recycling Federation, European Recovered Paper Association – haben sich einstimmig zu
diesem Thema geäußert22. „Die Hauptsubstanzen,
welche in wiedergewonnenen/wiederverwerteten
Aggregaten aus Konstruktions- und Demolierungsabfällen, in aus gesondert gesammelten biologischen
Abfällen hergestelltem Kompost, in wiedergewonnenem Metall aus betriebsunfähigen Fahrzeugen oder
Elektronikaltgeräten oder in dem aus Verpackungsabfällen wiedergewonnenem/wiederverwertetem Papier
enthalten sind, sind im größten Maße bekannt.“
Über diese Feststellung hinaus, welche Sekundärrohstoffe betrifft, „die hergestellt wurden,
um strikten Spezifikationen bezüglich Umwelt und
Wiederverwertung zu entsprechen“23, argumentieren die selben Föderationen über die Unmöglichkeit, dieses Recyclingmaterial der REACHRegelung zu unterwerfen: „Aufgrund des geringen
Anteils an Unreinheiten, deren Zusammensetzung
bekannt sein muss [...], findet die REACHRegelung für dieses Material keine Anwendung. Sie
werden in größeren Mengen hergestellt (manche
Hersteller produzieren mehrere Millionen Tonnen
davon). Die Stoffe unbekannter Herkunft, welche
die Grenze von einer Tonne pro Jahr überschreiten,
müssen in diesen Millionen Tonnen Materials
nachgewiesen werden. Dabei handelt es sich um Konzentrationen, welche unter der Ermittlungsgrenze
aller heutzutage verfügbaren Analysemethoden
liegen.“24 (weiter auf Seite 42)
Mitteilung vom 11. Oktober 2006, REACH, Sekundärrohstoffe und aus Abfällen
wiedergewonnenen Produkte - Analyse und Empfehlungen infolge der Abstimmung des Umweltauschusses ENVI
23
Ibid.
24
Ibid.
22
Europäischer Gerichtshof
Registration, Evaluation, Authorisation and Restriction of Chemical substances
/ Registrierung, Einstufung und Genehmigung chemikalischer Substanzen
20
21
Inhaltsverzeichnis
VOLL- ODER TEILVERANTWORTUNG:
das deutsche und das
französische Beispiel
Zwischen den zwei Eingangsberechnungsschlüsseln, welche von der deutschen Ökoeinrichtung (DSD) einerseits
und der französischen Einrichtung
andererseits, beide sind mit dem Sammeln von Verpackungsabfällen beauftragt, eingeführt wurden, war am
1. Januar 2005 eine grosse Diskrepanz
festzustellen:
Recyclingmaterial DSD
EcoEmballages
(in Eurocents
pro Kilo)
Glas
7,60
0,36
Papier-Karton
20,60
12,21
Stahl
28
2,26
Aluminum
75,6
4,53
Kunststoff
140,3
17,78
Dieser grosse Unterschied - im Falle
von einigem Material bis zu 20-mal
höhere Rücknahmekosten - lässt sich
nur teilweise dadurch erklären, dass
in Frankreich eine Pauschalgebühr per
Verpackungseinheit (0,11 Cents) dazukommt. In Deutschland verwaltet die
Ökoeinrichtung DSD die Gesamtheit der
Sammlungs- und Behandlungskosten
mittels ihrer eigenen Struktur, dem
„Dualen System Deutschland“, welches
sehr teuer ist. Hingegen stützt sich
EcoEmballages auf bestehende Sammlungssysteme und bezahlt die wirtschaftlichen Kosten des Verpackungsrecyclings nur zur Hälfte.
Die deutsche Ökoeinrichtung bringt dem
gegenüber vor, dass die Implementierung von DSD es erlaubt hätte, zwischen
1991 und 1994 die Menge vermarkteter
Verpackungen um 14% zu reduzieren. In
Frankreich sind sich Beobachter darüber
einig, dass induzierte Reduzierungen
sehr geringfügig waren.
Quelle Matthieu Glachant, CERNA, Bergwerkschule Paris
Inhaltsverzeichnis
DIE BRITISCHE
DYNAMIK:
„Privat-öffentliche Partnerschaft: das
britische Beispiel in der Grafschaft Shropshire“
Gespräch mit Adrian Poller,
Leiter der Shropshire Waste Partnership seit 2006. Er hat erfolgreich die Implementierung des PFI-Verfahrens25 geleitet. Vorher
war er für das Abfallmanagement der Grafschaft Dorset verantwortlich; diese ist eine der leistungsfähigsten Grafschaften
Englands in puncto Recyclingrate.
Wie orientiert das Vereinigte Königreich
seine Politik neu, um das recycling
zu fördern? Vor nicht so langer Zeit galt
es als schlechter schüler im Bereich
des abfallmanagements.
In den letzten Jahren hat sich die
Mentalität im Vereinigten Königreich
fortlaufend geändert: die Menschen
sind sich bewusst geworden, dass wir
gegenüber den anderen europäischen
Ländern eine erhebliche Verspätung in
den Bereichen des Recyclings und der
Lagerung von Abfällen aufweisen. Diese
Veränderung ist teilweise auf Informationskampagnen der örtlichen Autoritäten
und Vereine wie Friends of the Earth
zurückzuführen. In der Tat stellt die
Förderung des Recyclings für lokale
Autoritäten eine besondere Angelegenheit dar, weil die Zentralmacht immer
strengere bezifferte Zielsetzungen auferlegt, wobei die europäische Richtlinie
zur Ablagerung der Abfälle im Hintergrund steht. Ich bin der Überzeugung,
dass das Vereinigte Königreich seine
Leistungen auf diesem Gebiet sowieso
verbessert hätte. Jedoch muss anerkannt werden, dass diese Richtlinie den
entscheidenden Impuls gegeben hat,
indem sie genaue Zielsetzungen sowie
Termine implementiert hat. Im Falle
von Nichtkonformitäten sind Strafgelder
damit verbunden.
Könnten sie uns kurz erklären, worin
die shropshire Waste Partnership
besteht? Wie hat diese Partnerschaft
die bis heute getroffenen Entscheidungen im Bereich der abfallbehandlung beeinflusst?
Shropshire ist eine Grafschaft durchschnittlicher Fläche. Ihre Bevölkerung jedoch ist so niedrig, dass sie in
Wirklichkeit eine der am wenigsten
bevölkerten Grafschaften Englands ist.
Außerdem verfügt Shropshire mit der
Ausnahme des County Council (die
lokale Autorität) über keine größeren
Arbeitgeber. Das bedeutet wiederum,
dass Durchschnittslöhne niedrig sind,
obwohl die Grafschaft auf globaler Ebene
nicht besonders von Armut betroffen
ist. Kriminalität und Angst vor Kriminalität sind hier begrenzt. Vom politischen
Standpunkt aus gesehen wird die Macht
zur Zeit überwiegend von den Konservativen ausgeübt, jedoch haben in den
letzten Jahren alle Hauptparteien ihren
Einfluss zur Geltung bringen können.
Die Frage des Abfallmanagements steht
aber nicht im Mittelpunkt der politischen Rivalitäten. Infolgedessen sind
die Mehrheitsschwankungen für die auf
diesem Gebiet geführten Bemühungen
nicht störend. Zudem gibt es in der
Grafschaft Shropshire außergewöhnliche
Landschaften in Hülle und Fülle. Ihre
Einwohner sind sich daher vielleicht der
Notwendigkeit bewusster, die Umwelt
zu schützen, was wahrscheinlich auch
verstärkte Forderungen zugunsten einer
Verbesserung der Praktiken zum Abfallmanagement erklärt.
Unsere Auswertung war hauptsächlich
auf die Studie von Umweltparametern
im weitesten Sinne gerichtet.
Warum haben sie sich für eine Pfi25
entschieden?
Uns für diese Lösung zu entscheiden,
war in finanzieller Hinsicht einfach: sie
erlaubte uns, von einem Zuschuss in
Höhe von nahezu 90 Millionen Pfund
Sterling über die Gesamtlaufzeit des
Vertrages zu profitieren (das sind circa
41 Millionen Pfund Sterling nach herkömmlichen Vorstellungen). Die anderen
Optionen boten uns aber nicht die gleichen Vorteile an. Ohne diesen Zuschuss
wäre das Projekt aus finanzieller Sicht
nicht lebensfähig gewesen, oder wir
hätten einige Schlüsselverbesserungen
im Bereich Service im Rahmen dieses
Vertrags opfern müssen. Eine Finanzierungsmethode vom Typ PFI zu wählen,
hat uns in der Tat dazu gezwungen, ein
klar definiertes Vertragsverhandlungsverfahren wortwörtlich einzuhalten. Diese
Haben sie im rahmen ihrer ausschrei- Methode hat uns in Bezug mancher
bung eine lebenszyklusanalyse der
strategischen Punkte eine sehr geringe
gewünschten abfallbehandlungssysteme Flexibilität angeboten.
durchführen müssen?
Jedoch wären die Probleme, mit denen
Wir haben keine ausführliche Lebenswir uns auseinandersetzen mussten,
zyklusanalyse dieser Systeme durchgesehr oft und ungeachtet des Vertragsführt, um diejenige auszusuchen, die
verhandlungsrahmens aufgetreten.
wir zu benutzen wünschten. Hingegen
Außerdem hat es uns diese mangelnde
haben wir uns natürlich im Rahmen
Flexibilität in Wirklichkeit ermöglicht,
des Auswertungsverfahrens der Angezu bestimmten Zeitpunkten das Verfahbote für den Nachhaltigkeitsaspekt der
ren zu beschleunigen. Es wurden nicht
angebotenen Lösungen interessiert.
endend wollende Verhandlungen über
Die Lebenszyklusanalyse erlaubt es,
Themen vermieden, bei denen weder
das theoretisch bestens angepasste
die eine noch die andere Partei bereit
Modell zu definieren (obwohl dieses
gewesen wäre, nachzugeben. 
selbst von den Ausgangshypothesen
abhängt). Jedoch und ungeachtet des
vorgeschlagenen Modells, muss dieses
auf technischer und finanzieller Ebene
25
machbar und vom UmweltsgesichtsPrivatfinanzierungsinitiative (Private Finance Initiative, in
englischer Sprache). Die PFI räumt zwischen den öffentlichen und
punkt aus gesehen interessant sein.
Wir haben uns also entschlossen, keine privaten Partnern eine große vertragsbezogene Flexibilität ein.
Das unterliegende Prinzip besteht darin, dass der private Partner
ausführliche Analyse durchzuführen.
den größten Teil der Risiken und Verantwortungen übernimmt.
Inhaltsverzeichnis
wie kommt man von 85%
abgelagerten Kommunalabfällen in 2000 auf 40%
wiederverwertete oder
kompostierte Abfälle in 2010?
Um sich den europäischen Zielsetzungen anzupassen, führt das
Vereinigte Königreich eine willensstarke Politik. Die nationalen Zielsetzungen bezüglich der Recyclingbzw. Kompostierungsrate von
Kommunalabfällen wurden für 2010
auf 40% gesetzt, 2006 wurde die Rate
von 30% bereits überschritten. Als
Werkzeug dieser Politik wurde die
Ablagerungsgebühr für gärungsfähige
Abfälle im April 2007 von 3 auf 18
Pfund pro Tonne angehoben. Ferner
soll sie nach und nach bis zu 35 Pfund
erhöht werden. Ausserdem hat der
Waste and Emissions Trading Act von
2003 ein System von verhandelbaren
Ablagerungsgenehmigungen eingeführt,
welches dem im Rahmen des KyotoAbkommens eingeführten CO2-Systems
vergleichbar ist. Die 121 betroffenen
lokalen Autoritäten können demzufolge
diese Genehmigungen verkaufen
oder kaufen. Bei Überschreitung
der zugelassenen Quote beträgt die
entsprechende Geldstrafe mehr als
150 Pfund pro Tonne. Eine Ablagerungsgenehmigung, die einer anderen,
leistungsstärkeren Kommunalverwaltung
abgekauft wurde, kostet hingegen nur
30 Pfund. Die Einführung von privatöffentlichen Partnerschaften für Zeiträume über 30 Jahre hat es zudem
ermöglicht, die Verwaltung und den Bau
entsprechender Infrastrukturen zu
finanzieren.
Parallel dazu, und immer im Rahmen
von Partnerschaften mit Privatunternehmen, wurde ein Aktionsprogramm - das WRAP (Waste and
Ressources Action Programme) zur Entwicklung der Wiederverwendung
und des Recyclings angenommen.
Es wird durch einen ehrgeizigen
Kommunikationsplan unterstützt, der
sich an die breite Öffentlichkeit richtet.
Inhaltsverzeichnis
DIE LEBENSZYKLUSANALYSE:
unumgänglicher Angelpunkt der Vorbeugung
die Herstellerverantwortung
Die Debatten zum Status von Abfällen und aus ihrer
Behandlung gewonnenen Rohstoffen werden hauptsächlich von den großen traditionellen Sektoren
animiert. Aus diesen geht hervor, dass sie den
Marktbedürfnissen mit Ressourcen entgegenkommen, deren Produktion global gesehen zum Umweltschutz beiträgt. Mit einer Tonne Recyclingpapier
kann man zum Beispiel 3 Tonnen Holz, 20.000 Liter
Wasser und 1.000 Liter Rohöl sparen. Im Vergleich
zur Produktion mit Frischfasern sinkt mit dieser
Tonne Recyclingpapier auch die Wasserverschmutzung um 35 % und reduziert die atmosphärischen
Emissionen um 74 %26.
Wenn Regelungen für diese Sektoren neue Zwänge schaffen, so sind sie im Gegenteil aufgrund der
anreizbezogenen Werkzeuge, mit denen sie ausgestattet wurden, die Bedingung zur Erscheinung
neuer Sektoren. Ab den 90er Jahren hat es nämlich
die Anwendung des Prinzips zur erweiterten Herstellerverantwortung (siehe Gespräch mit Matthieu
Glachant) erlaubt, neue Sektoren zu organisieren.
Diese hätte der Markt nicht spontan ins Leben
gerufen. Ferner wurden strengere Behandlungsbedingungen wie bei den ausgedienten Fahrzeugen auferlegt. Jedoch hat in 2005 ein Bericht der
Europäischen Kommission hervorgehoben, dass
„alle bestehenden Richtlinien zur Herstellerverantwortung bezüglich der Abfallflüsse nur 7 % des
Gesamtumfangs an Abfällen betreffen“. Die Erklärung dazu: diese Richtlinien wurden ausgearbeitet,
um besondere Probleme zu beantworten. Es stellt
sich die Frage, ob neue Maßnahmen gleicher Art
(das heißt: die Vervielfältigung spezifischer Sektoren) wirklich eine Lösung zu einer allgemeineren
Auswirkung darstellen können. Außerdem wird
manchmal den Ökoeinrichtungen, welche im Namen der von ihnen vertretenen Unternehmen mit
der Organisation der Abfallbehandlung beauftragt
sind, ihre Rolle strittig gemacht - und zwar sowohl
vom wirtschaftlichen Standpunkt aus gesehen als
auch wegen ihrer unzureichend anregenden Gestaltung in den Bereichen Vorbeugung oder Qualitätserhöhung der wiederverwendeten Ressourcen.
Jedoch hat gemäß seiner ursprünglichen Definition
das Prinzip der erweiterten Herstellerverantwortung
mehrere Zielsetzungen festgelegt: die Abfälle an
der Quelle zu reduzieren, die Ökogestaltung zu fördern und gleichzeitig einem besseren Ressourcenmanagement sowie der Entwicklung des Recyclings
beizutragen. In Wirklichkeit war es hauptsächlich
letztere Ausrichtung, die vorherrschte.
globaler ansatz und
lebenszyklusanalyse
Das 6. gemeinschaftliche Aktionsprogramm für die
Umwelt schlägt einen globalen Ansatz vor, welcher
mit der Vision einer Einbeziehung der Ressourcen-,
Produkt- und Abfallpolitiken verbunden ist. Als gemeinsames Werkzeug dieser Politiken erlaubt die
Lebenszyklusanalyse eine Auswertung der Umweltauswirkungen eines Produkts oder eines Verfahrens,
indem sie den gesamten Zyklus „von der Wiege bis
zur Bahre“ abdeckt. Wenn sie den Strategien zur
nachhaltigen Benutzung von natürlichen Ressourcen und zum Abfallrecycling zur Verfügung gestellt
26
Quelle: Internationaler Dachverband der Recyclingindustrie
Inhaltsverzeichnis
Die Lebenszyklusanalyse ist das Werkzeug, welches es ermöglicht, die Umweltauswirkungen von Produkten und
Dienstleistungen während ihrer gesamten Lebensdauer - „von der Wiege bis
zur Bahre“ – mit etwa zehn Kriterien
auszuwerten und zu quantifizieren. Die
Lebenszyklusanalyse, die in den ersten
Jahren ihres Bestehens auch Ökobilanz genannt wurde, ist zur ISO-Norm
geworden. Sie kann als Grundlage
benutzt werden, diverse Vorhaben wie
Umweltzeichen oder Ökogestaltung zu
unterstützen.
Auf allen Ebenen stellt die Lebenszyklusanalyse einen Multikriterienansatz dar:
• Extraktion der Rohstoffe;
• Transport;
• Herstellung und Verpackung;
• Vermarktung und Verbrauch;
• Lebensende und Abfallmanagement.
Sie ist auf internationaler Ebene genormt
(ISO 14040 bis 14043).
Eine Analyse umfasst drei Etappen:
• eine vollständige Bilanz zum Verbrauch
von natürlichen Ressourcen und Energie, sowie Emissionen in der Umwelt
(Luft, Wasser, Boden, Abfälle) aller
untersuchten Verfahren;
• eine Zusammensetzung der bei jeder
Etappe entnommenen und freigesetzten
Material- und Energieflüsse;
• eine Auswertung der Umweltauswirkungsindikatoren.
wird, erlaubt die Lebenszyklusanalyse Aktionen auf
allen Ebenen, obwohl ihre „wissenschaftlichen“
Eigenschaften relativ sind und ihre Parametrierung
verschiedene Kontexte berücksichtigen muss. Zum
Beispiel fällt die Auswirkung der Energieausgaben
gemäß des Ursprungs der verbrauchten Energie und
der daraus resultierenden Schadstoffemissionen
unterschiedlich aus.
Während sie in ihrem Anfangsstadium in den 90er
Jahren zum Gegenstand von Debatten wurde, wird
die Lebenszyklusanalyse heute als wahre Entscheidungshilfe betrachtet.
Auf industrieller Ebene ordnet sie sich den Ökogestaltungsaktionen zu. Diese sind nicht nur darauf
bedacht, die Umweltauswirkungen der Produktherstellung, der Verfahrensorganisation und der Definition der Dienstleistungen von Anfang an zu reduzieren.
Vielmehr sollten auch die Wiederverwendung oder
das Recycling der Produkte bei Lebensende vereinfacht werden.
Auf der Ebene der öffentlichen Politiken entspricht
sie dem Bedarf, Schiedsverfahren zwischen den
diversen Wiederverwertungsmethoden zu begründen. Die Lebenszyklusanalyse kann also dazu
führen, die Hierarchie der Behandlungen zu überdenken, welche dem Recycling gegenüber anderen Wiederverwertungsverfahren von vornherein
den Vorteil gibt, obwohl Einschätzungen sowie
Kosten-Gewinn-Analysen „deutlich zeigen, dass
eine andere Behandlungsmöglichkeit für einen
spezifischen Abfallfluss bessere Ergebnisse erbringen würde“.27
Der Lebenszyklusanalyse-Ansatz macht
es möglich:
• quantifizierbare Auswirkungen einer
Dienstleistung oder eines Produktes auf
die Umwelt einzuschätzen, und zwar von
der Extraktion der zur Herstellung benötigten natürlichen Ressourcen bis zu den
Behandlungssektoren des Lebensendes
• etwaige Verschiebungen der Verschmutzungen von einem natürlichen Lebensraum zum anderen oder von einer
Etappe des Lebenszyklus zur anderen
zu identifizieren
• Umweltbilanzen verschiedener Situationen auf der Grundlage der gleichen ausgeführten Dienstleistung
(z. B. die Behandlung einer Tonne
Abfalls) zu vergleichen.
Schließlich können die Abfallbehandlungs- und
Recyclingbetreiber auch auf die Lebenszyklusanalyse zurückgreifen.
Die Veolia-Gruppe hat
daraus einen Grundsatz gemacht, welcher
bei ihren industriellen
Verfahren und bei den
benutzten Produkten Anwendung findet, wobei direkte und indirekte Auswirkungen ihrer Aktivitäten
von oben nach unten berücksichtigt werden.
Der Bedarf, Schiedsverfahren
zwischen Wiederverwertungsmethoden zu begründen
für gemeinsame und
angewandte regeln
Seit längerer Zeit hat sich das Recycling über
große Sektoren entwickelt, für welche der Umweltschutz nicht die Haupttriebkraft war. Rund
um dieses ziemlich neue Anliegen hat sich eine
Gesetzgebungsapparatur gebildet. Heute deckt sie
ein weites Aktivitäten- und Sektorenfeld ab, aber
von Land zu Land wird sie in unterschiedlichen
Deklinationen umgesetzt. In Europa ergeben sich
diese Unterschiede aus dem Subsidiaritätsprinzip,
welches – wie es Pierre Rellet, Vorsitzender der
FNADE, vor kurzem betont hat – „den Mitgliedsstaaten viel Ermessensfreiheit bei der Umsetzung
der europäischen Texte einräumt.“28 Der FNADEVorsitzende hat die doppelte Konsequenz dieser
27
Europäisches Parlament, Februar 2007, P6_TA(2007)0029 und Bericht zum
Richtlinienvorschlag des Europäischen Parlaments und Rates bezüglich von
Abfällen, Dezember 2006 (COM(2005)0667 – C6-0009/2006 – 2005/0281(COD)
28
9. Sitzung zum Thema Abfälle, La Baule, September 2007
Inhaltsverzeichnis
NORWEGEN, TREIBENDE KRAFT DES
RECYCLINGS IN EUROPA dank dem bereits
1981 eingeführten „Verschmutzer-Zahler“-Prinzip
Als neue Staatsekretärin
beim norwegischen
Umweltministerium erklärt Heidi Sorensen
(Sprecherin der Sozialistischen Linken SV,
ehemalige Umweltmilitantin und Mitglied
des Parlaments) die norwegische Recyclingkultur und –politik.
Lage in Erinnerung gerufen: die Sicherheit und die
Rückverfolgbarkeit sind nicht einheitlich gewährleistet. Bei den Behandlungsbedingungen der Abfälle
auf den verschiedenen Binnenmärkten ruft dieser
Mangel an Harmonisierung Wettbewerbsverzerrungen hervor, welche sich auf wirtschaftlicher und
umweltbezogener Ebene nachteilig auswirken.
Die Homogenisierung des Rechtsrahmens und
die Wirksamkeit einer internationalen Ökopolizei
sind zweifelsohne Bedingungen für eine Entwicklung des Recyclings, welche Umweltschutz, wirtschaftliche Zwänge und industrielle Kapazitäten
in Einklang bringt. Behandlungseinrichtungen mit
gleichen Auflagen, ein fest aufgestelltes Werkstoffbezugssystem und
sofortige Sanktionen für Straftäter
würden es erlauben, den Markt zu
sanieren und die
Handelsmechanismen freizustellen, sobald die Garantien dafür in der
Wiederverwertungskette gegeben sind. Veolia Environmental Services hat sich in dieser Beziehung
schon geäußert29. Und einige europäische Initiativen zur Exportkontrolle wie Seaport drücken einen
gemeinsamen Willen aus, welcher auch ein Echo
auf Weltebene findet, wie es bei den getroffenen
Entwicklung von gemeinsamen
Minimalnormen zur
Förderung des Recyclings
Maßnahmen für Elektro- und Elektronikaltgeräte in
Japan, China und in den Vereinigten Staaten der
Fall ist.
Im September 2007 hat sich der europäische Umweltkommissar Stravros DIMAS in einem Interview
wie folgt geäußert: „Ein europäischer Rahmen und
gemeinsame Regeln sind erforderlich, damit Recycling und Abfallnutzung bevorzugt werden. Eine allzu nationale Annäherung der Recycling- und Wiederverwertungsregelung würde zur Folge haben,
dass die Märkte bröckeln und die Bemühungen im
Bereich Recycling entmutigt würden. Andererseits
generiert die Abwesenheit von klaren Umweltnormen zu Recyclingaktivitäten und Recyclingmaterial
Umweltbeschädigungsrisiken. Aus diesen Gründen
hat die Kommission es als besten Ansatz für Europa bezeichnet, gemeinsame Mindestnormen zu
entwickeln, welche es diesen für die Umwelt fortschrittstragenden Märkten erlauben würden, sich
weiterzuentwickeln.
Das Hervorkommen eines Abkommens auf europäischer Ebene verstärkt diese Wirkungen und erzeugt
Verbesserungen im Bereich Umwelt, welche die
Grenzen der Mitgliedstaaten überschreiten.30“ 
29
30
In Norwegen hat der Sektor des Abfallmanagements in den letzten fünfzehn Jahren ein sehr
starkes Wachstum erlebt. Diese Entwicklung
ist mit zahlreichen Faktoren verbunden. Eine
bessere Information bezüglich des Nutzens des
Recyclings und eine Sensibilisierung auf die
Notwendigkeit, die Umwelt zu schützen, haben
es insbesondere ermöglicht, die Wirksamkeit
der Abfallrückverfolgung zu verbessern sowie
gute Praktiken in puncto Abfallmanagement zu
verbreiten. Vom Zuschlag auf Deponierungsund Verbrennungsanlagen abgesehen hat der
Staat ein Gesetz mit der Bezeichnung „Herstellerverantwortung“ implementiert.
Die Zuschläge, welche in Norwegen für das
Abfallmanagement Anwendung finden, zählen
zu den höchsten der Welt. Diese Zuschläge
betreffen sowohl den Haushaltsmüll als auch
den Industrieabfall, wodurch insbesondere
das „Verschmutzer-Zahler“-Prinzip verdeutlicht wird.
„Es ist vollkommen normal, dass der Verschmutzer auch die Kosten für Recycling und
andere umweltbezogene Angelegenheiten
trägt, welche vom Konsum und vom Abfallmanagement unzertrennlich sind“, so Heidi
Sorensen. „Was den Haushaltsmüll betrifft, so
entledigt sich der Verschmutzer - in diesem
Fall der Verbraucher – seines finanziellen
Beitrags mittels Kommunalsteuern. In Norwegen wurde das „Verschmutzer-Zahler“-Prinzip
bereits 1981 eingeführt“.
In der Tat ist dieses Prinzip in der Umweltpolitik Norwegens sowohl auf nationaler als auch
auf internationaler Ebene fest verankert. Der
Verschmutzer ist also verpflichtet, einen Teil der
Umweltschutz-, Abfallmanagement- und Recyclingkosten zu decken.
In Norwegen finden die 1999 implementierten Zuschläge für die Abfallverbrennung und
-lagerung Anwendung. Ihre Zielsetzung besteht
darin, umweltbezogene Kosten des Abfallmanagements zu unterstreichen. Die Erhöhung
der Lagerungs- und Verbrennungskosten
erleichtert also die Bewusstseinsbildung der
Verschmutzer. Die Hauptzielsetzung besteht
darin, die Produktion von Abfällen von Anfang
an einzuschränken. „Mittelfristig hoffen wir,
dass die Last dieser Zuschläge den Recyclingsektor attraktiver und wirtschaftlicher, also
populärer, machen wird“, fährt Heidi Sorensen
fort. Die Klausel der Herstellerverantwortung
ist fester Bestandteil des „VerschmutzerZahler“-Systems. Sie erlaubt es der Industrie,
die Sammlungs- und Verwaltungsoperationen
für Industrieabfall zu organisieren und zu
finanzieren, sowie Profis des Abfallmanagements wie Veolia Environmental Services in
Anspruch zu nehmen. Ohne diese Regelungen
wäre die kontinuierliche Versorgung mit recycelfähigen oder wiederverwertbaren Abfällen
nicht sichergestellt.
Obwohl Norwegen kein Mitgliedstaat der Europäischen Union ist, werden hier die Mehrzahl
der Brüsseler Regeln und Richtlinien eingeführt
und angewandt. In einigen Bereichen spielt
Norwegen sogar unter den EU-Ländern eine
wegweisende Rolle.
Heidi Sorensen erklärt: „Da wir das Abkommen
zum Europäischen Wirtschaftsraum unterschrieben haben, ist Norwegen dazu verpflichtet, die europäischen Normen anzuwenden. In
manchen Bereichen sind es aber die norwegischen Normen gewesen, die der europäischen
Gesetzgebung als Grundlage gedient haben.
Zum Beispiel hinsichtlich der Lagerungssicherheit von Abfällen aus Elektro- und Elektronikaltgeräten wurden die Empfehlungen Norwegens
sehr ernst genommen und haben eine wesentliche Rolle bei der Gestaltung der entsprechenden europäischen Richtlinien gespielt“.
7 Vorschläge für ein verantwortungsvolles Abfallmanagement
9. Sitzung zum Thema Abfälle, La Baule, September 2007
Inhaltsverzeichnis
Inhaltsverzeichnis
„Wir verfügen über ein sehr umfangreiches und sehr strenges Konzept von
Umweltschutzmassnahmen.“
Gespräch mit Herrn Lee Yuen Hee,
Leiter der Nationalen Umweltagentur von Singapur seit 2005. Vorher hat er Schüsselpositionen in verschiedenen Ministerien
Singapurs innegehabt (Finanzen, Kommunikation, Handel und Industrie, Verteidigung).
singapur hat den ruf, eine der saubersten städte der Welt zu sein. Ein stück
Papier auf den Boden zu werfen stellt einen Verstoß dar, der mit einer sofortigen
geldstrafe behaftet ist. Wie behandeln
sie die frage der abfälle in singapur?
Singapur hat ein wesentliches Problem:
seine Fläche. 700 Quadratkilometer.
Und auf diesen 700 Quadratkilometern
müssen neben Wohnungen, Firmen, Betrieben, Grünflächen, Straßen und einem
internationalen Flughafen 4,5 Millionen Menschen leben und miteinander
auskommen. Das ist das Grundgleichnis
von Singapur. In diesem Kontext gibt
es keine andere Möglichkeit, als das
Problem der Abfälle und der Umwelt
im Allgemeinen mit der allergrößten
Sorgfalt anzugehen. Dementsprechend
verfügen wir seit längerer Zeit über ein
sehr umfangreiches und sehr strenges
Konzept von Umweltschutzmaßnahmen.
internationalen Verträge unterschrieben (Basler Abkommen, Rotterdamer
Vertrag, Kyoto-Protokoll, usw.), und
den hier ansässigen Unternehmen
erlegen wir die strengsten internationalen Kriterien auf. Eine der Rollen
unserer Agentur (sie beschäftigt 3.000
Personen) besteht darin, regelmäßig
Kontrollen durchzuführen. Sensoren
überprüfen laufend die Zusammensetzung der Luft. Die Erhöhung der
Kraftfahrzeuganzahl ist auf 3% pro
Jahr eingeschränkt.
Wie erfolgt die Behandlung des
Haushaltsmülls?
Bei der Abfallproduktion ist der Umfang
von 1.200 Tonnen pro Tag in den 70er
Jahren auf fast 8.000 Tonnen pro Tag in
2000 gestiegen. Zugegeben: im selben
Zeitraum haben wir einen starken wirtschaftlichen Aufschwung erlebt und die
Bevölkerung hat um 50 % zugenommen
seit wann gibt es in singapur
(von 3 auf 4,5 Millionen). Unsere Mülleine umweltpolitik?
deponien wurden schnell gefüllt, 1997
Das erste Antiumweltverschmutzungsamt waren sie im übrigen voll. Bereits 1979
wurde 1968 ins Leben gerufen. Seinerhaben wir die erste Verbrennungseinheit
zeit galt die Aufmerksamkeit besonders
eingeweiht. Heute gibt es davon vier.
der Nahrungsmittelhygiene. Es hatte
Zur Zeit wird eine fünfte gebaut, welche
einige Vergiftungsfälle gegeben und
2009 die allererste ersetzten wird.
es war erforderlich, die Sauberkeit der
Diese Methode hat es uns erlaubt, den
öffentlichen Einrichtungen, der Straßen
Abfallumfang um 90 % zu verringern.
und der Restaurants zu verbessern. Nach Wir schaffen es auch, pro Jahr 3.500
der Unabhängigkeit (1965) wurde der
Tonnen Metall wiederzugewinnen. Einer
Regierung außerdem bewusst, dass man unserer Sammlungsdienstleister hat uns
eine saubere Umgebung anbieten muss, vor kurzem ein Werkprojekt vorgeschlagen, um Abfall vor der Verbrennung
um ausländische Unternehmen hier
noch mehr auszusortieren. Er möchte
anzuziehen. Seit 1972 haben wir ein
die Verbrennungsanlagekosten, welche
Umweltministerium.
gewichtsmäßig berechnet werden, spaWie wird die Einhaltung der umweltren und gleichzeitig Sekundärrohstoffe
bezogenen regeln überprüft?
wiedergewinnen. Solche Initiativen
unterstützen wir.
Wir haben mehr oder weniger alle
Was wird aus der asche gemacht?
Wir haben eine Offshore-Deponie ins
Leben gerufen, indem wir zwei Mauern
zwischen zwei kleinen Inseln gebaut
haben. Nachdem diese Zone von Ihrem
Meereswasser geleert war, haben wir
sie in mehrere Bereiche unterteilt. In
jedem dieser Bereiche wird Asche und
Konstruktionsmüll gelagert (Bauschutt,
usw.). Wir untersuchen noch mehrere
andere Möglichkeiten um die Asche zu
verwenden, und zwar hauptsächlich bei
Straßengrundschichten.
ist die Bevölkerung singapurs empfänglich für die notwendigkeit, zu recyceln?
Die Mentalität entwickelt sich langsam,
aber wir haben noch einen weiten Weg
vor uns. Kinder hingegen sind darauf viel
mehr sensibilisiert. Sie kennen alle die
„3R“-Regel: „Reduce (den Verbrauch
reduzieren), Re-use (wiederverwenden),
Recycle (wiederverwerten)“. Alle Schulen
verfügen über Recyclingstationen. Und
da die Einwohner Singapurs viel reisen,
merken sie, dass zum Beispiel in Japan
die Leute viel mehr recyceln. Die Leute
im Auslandseinsatz, die hier leben,
wollen auch, dass Recycling einfacher
wird. Nach und nach fängt die Bevölkerung an, wahrzunehmen, dass es gut
ist, „grün“ zu sein. Jedoch wären alle
motivierter, wenn es einen finanziellen
Anreiz geben würde. Wir versuchen auch
zu verdeutlichen, dass es besser ist, ab
der Produktion den Umfang zukünftiger
Abfälle zu reduzieren, indem wir mit den
Verpackungsherstellern arbeiten. Ferner
versuchen wir, nach und nach unseren
Energieverbrauch zu senken, indem wir
die Bauträger dazu ermutigen, „ökologische“ Gebäude zu errichten, die Energierückgewinnung in den öffentlichen
Inhaltsverzeichnis
Offshore-Deponie Semakau (Singapur), zur Lagerung der Asche aus den Verbrennungseinheiten und des Bauschutts.
Verkehrsmitteln optimieren und Produkte
mit den besten energetischen Leistungen (hauptsächlich Klimaanlagen und
Kühlschränke) fördern. Es ist paradoxal
zu bemerken, dass wir fast alle unsere
Energiequellen importieren – und dass
die einzigen 3 % Strom, die wir nicht
importieren dürfen, aus unserem Abfall
gewonnen werden.
Wie steht es mit den recyclingraten?
Für Papier und Holz kommen wir auf
circa 36 %, aber wir müssen das Papier exportieren, weil wir keine Papierfabrik haben. Beim Bauschutt sind
es 98 %.
Im Allgemeinen lag unsere Durchschnittsrate 2001 bei 40 % und hat
heute 51 % erreicht. Unsere Zielsetzung
für 2012 lautet 60 %.
Wie sieht es mit dem recycling von
Elektronikgeräten aus?
Innerhalb kurzer Zeit sind in Singapur
vier im Recycling von Elektro- und Elektronikaltgeräten spezialisierte Werke gegründet worden, welche diesen Geräten
die Edelmetalle entnehmen. Wir sind damit einverstanden, solange die Verfahren
gut kontrolliert werden. Wir wollen nicht
als unverantwortlich bezeichnet werden
unter dem Vorwurf, dass wir in Singapur
die Einfuhr von Abfällen zulassen, die
als gefährlich betrachtet werden.
So wird eine gewisse Anzahl von Elektround Elektronikaltgeräten durch das
Basler Abkommen als „ gefährlich“
eingestuft, z.B. Computerbildschirme
mit Kathodenstrahlröhren. Wenn das
Produkt dann auseinandergenommen
ist, benötigen wir auch nicht so sehr alle
„Reste“. Man kann sagen, dass wir hinsichtlich dieser Thematik ziemlich vorsichtig sind und die Akten auf einer Fallzu-Fall Basis überprüfen. Dabei behalten
wir im Sinn, dass unsere Priorität darin
besteht, das Abfallproblem von Singapur
zu lösen, bevor wir uns für den Abfall der
restlichen Welt interessieren! 
Inhaltsverzeichnis
Eine Industrielandschaft
im Wandel
Durch die Integration industrieller Mittel beginnt Recycling mit enormer
Geschwindigkeit seinen bisherigen Rückstand abzubauen. Demontageketten,
spiegelbildlich verkehrte Montageketten, werden in Produktionseinheiten
für Recyclingmaterial installiert. Sortiertechnologien verwandeln die
Recyclingindustrie, ebenso wie Forschung und Entwicklung zur Erschließung
der Ressourcen neuer Vorkommen eingesetzt werden und für sie neue
Absatzmöglichkeiten schafft.
Ungefähr die Hälfte des auf der ganzen Welt hergestellten Papiers, Kartons und Stahls wird aus
Recyclingmaterial produziert. Dies trifft auch auf mehr
als die Hälfte von NE-Metallen sowie 60 % des Glases
auf europäischer Ebene zu31. Diese Zahlen, welche
den unentbehrlichen Beitrag des Recyclings für eine
funktionierende Weltwirtschaft klar zum Ausdruck
bringen, sind jedoch unzureichend, um die tief greifenden Veränderungen eines Wirtschaftssegments
verständlich zu machen, das lange Zeit hindurch mit
dem Wort Rückgewinnung abgetan wurde.
Bernard Lanfranchi, Marktleiter der Veolia Environmental Services, erklärt dazu: „Seit zehn Jahren
wirkt sich die europäische Gesetzgebung sehr strukturierend auf die Entwicklung unseres Segments
Inhaltsverzeichnis
aus, und zwar von unseren historischen Aktivitäten
der Abfallentsorgung ausgehend in Richtung von
Wiederverwertung.“ Abfallmanagement und Recycling müssen nun gemeinsam weiterentwickelt werden. Umweltgerechte Entsorgung fügt sich in den
Recyclingablauf ein, während die Zielsetzung einer
verstärkten Wiederverwertung es erforderlich macht,
zusätzliche Teile des Abfalls einzubeziehen, die
bisher wegen ihrer schwierigen Wiederverwertung
vernachlässigt wurden. Es muss besser und mehr
wiederverwertet werden, und zwar nach Verfahren,
welche die Gesundheits- und Umweltsicherheit
garantieren. „Alles annehmen, alles behandeln,
31
Abfallwirtschaft, Gérard Bertolini, Éditions Technip, 2005
Inhaltsverzeichnis
alles rückverfolgen“, wie es Michel Valache, Regionalleiter für den Großraum Paris der Veolia Environmental Services zusammenfasst, und dabei muss der
Unterschied zu weniger erschöpfenden und weniger
gewissenhaften Verfahrensweisen deutlich hervorhoben werden.
Hiermit verschwindet also eine Grenze, die bereits
einigermaßen durchlässig war. Von zwei traditionellen
Polen – Abfallmanagement und Wiedergewinnung
oder Recycling – ausgehend, kommt es wie in den anderen Wirtschaftsbereichen zu einer Konsolidierungsdynamik. Der Wirtschaftsexperte Gérard Bertolini
stellt dies folgendermaßen dar: In einer zunehmend
kapitalintensiven Aktivität, der Spitzentechnologien
zur Verfügung stehen, wird die „Eintrittskarte“ immer
teurer32. Die Investitionen sind umfangreich, ihre
Amortisierung hängt von der Beherrschung der
Ressourcen und von einer Vermassung der Ströme
ab. Die damit zusammenhängenden Antworten sind
komplex und erfordern auch Engineeringressourcen
sowie Mittel für Forschung und Entwicklung.
überlappende Konzentrationsdynamik
In Frankreich ist die Anzahl der Betriebe in den Recyclingsektoren zwischen den Jahren 1999 und 2006
von 4.700 auf 3.400 gesunken33. In den Vereinigten
Staaten kontrollieren die vier größten Betreiber 45 %
des Sammlungsmarktes und 30 % des Recyclingmarktes34. Die von Veolia Environmental Services
getätigten Übernahmen entsprechen dieser Logik.
„Alle sozialen, gesetzlichen und wirtschaftlichen
Faktoren laufen zusammen und spornen zum Recycling an“, so die Erklärung von Jérôme Le Conte,
Generaldirektor von Veolia Environmental Services
Frankreich und Verantwortlicher für Recycling in
Europa. „Unsere Zielsetzung ist klar: wir wollen die
Ressourcen bis zum Maximum des Mehrwertes, den
wir erbringen können, ausnutzen, das heißt, bis wir den
Verbraucherindustrien in allen Sektoren eine direkt
verwendbare Ressource liefern können.“
Ibid
Federec, Pressekonferenz vom 4. Juli 2007
34
Improving recycling markets, OECD 2006
32
33
MARGEN DES FORTSCHRITTS:
ungleich ausgenutzte Ressourcen
Von der energetischen Nutzung abgesehen,
liegt der Prozentsatz wiederverwerteter Kommunalabfälle in den Vereinigten Staaten nur
knapp über 30 %.
Im Europa der 15 liegt er bei 35 %, wobei allerdings dieser Mittelwert Schwankungen von 10 %
bis zu über 60 % verbirgt.
In den neuen Mitgliedstaaten der Union sowie
in China liegt er um 18 %, in Japan um 15 %35.
Eine Verpackung von zwei ...
In der Europäischen Union hat im Jahr 2001 die
durchschnittliche Recyclingrate für Verpackungen 53 % erreicht, die Zielsetzung für das Jahr
2009 liegt zwischen 55 % und 80 %.
Laut einem von Brüssel veröffentlichten Bericht
hatten im Jahr 2002 bereits 7 Länder die Zielsetzung für 2009 überschritten: Deutschland
(74 %), Belgien (70 %), Österreich (66 %),
Schweden (65 %) sowie Dänemark, Luxemburg und die Niederlande (57 %).
35
36
Biologisch abbaubare Abfälle
Die europäische Richtlinie zur Abfallreduzierung
aus dem Jahr 1999 schreibt vor, dass die Menge
der auf Deponien verbrachten, biologisch
abbaubaren Kommunalabfälle wie folgt reduziert
werden muss: auf 75 % bis 16. Juli 2006, 50 %
bis 16. Juli 2009, 35 % bis 16. Juli 2016. Diese
Prozentsätze beziehen sich auf die Gesamtmenge der im Jahr 1995 (bzw. auf die Gesamtmenge
des letzten Jahres, für welches standardisierte
Eurostat-Daten vorliegen) produzierten biologisch abbaubaren Kommunalabfälle. Anders herum gesagt, es müssen auf den Anteil gärfähiger Abfälle bezogen 50 % (2009) und danach
65 % (2016) wiederverwertet werden.
In Frankreich stellen die gärfähigen Abfälle 28 %
des Haushaltsmülls dar, wobei Papier und Karton ausgenommen sind. Jedoch liegt der durch
eine biologische Behandlung – Kompostierung
und Vergärung zu Methan – wiederverwertete
Anteil bei nur 6 %36.
Abfälle im Weltüberblick, op. cit.
ADEME – Abfälle in Zahlen - Ausgabe 2007
Inhaltsverzeichnis
Jedoch beschränkt sich die Herausforderung im
Wettbewerb nicht auf die vertikale Integration der
Bereiche von der Sammlung bis hin zur Produktion von Recyclingmaterial. „Über ein globales
Angebot zu verfügen, stellt einen Wettbewerbsvorteil dar, und so können wir unseren Kunden
zusätzlichen Mehrwert bieten, indem wir alle Behandlungsmethoden zusammenführen“, setzt
Jérôme Le Conte fort. „Insbesondre dann, wenn
diese Kunden selbst Großunternehmen sind und
sie von einem einzigen Dienstleister Lösungen für
alle herkömmlichen und gefährlichen Abfälle erwarten, einschließlich sachgemäßer Wiederverwertungsoptionen. Hinzu kommen noch alle weiteren
umweltbezogenen Dienstleistungen, die unsere
Gruppe anbietet.“
Eine neuere industrielle revolution
Die Industrialisierung des Recyclings ist die zweite
markante Facette des derzeitigen Veränderungsprozesses. Seit dem Ende der 50er Jahre und dem Erscheinen der ersten Zerkleinerungsmaschinen
schreitet das Recycling von Schrott und NE-Metallen zwar voran, die selektive Sammlung von
Verpackungen, welche zur Entwicklung von Haus-
haltsmüllsortierungstechnologien geführt hat, ist
jedoch erheblich jünger. Deutschland begann
damit im Jahr 1991, im Jahr 1992 wurden sie in
Frankreich eingeführt und seit dem Jahr 1994 ist
sie in einer europäischen Richtlinie festgehalten.
Während das Volumen des gesammelten Materials weiterhin stieg, wobei Verpackungen 50 %
des Volumens von Haushaltsmüll und vergleichbaren Abfällen in den OECD-Ländern darstellen,
wurden die verfügbaren (mechanischen, magnetischen, luftfördernden und optischen) Technologien integriert. Sie haben die weitestgehende Automatisierung der Anlagen der letzten Generation
ermöglicht, darunter diejenigen von Rillieux-la-Pape in Frankreich und Greenwich in England, welche
für Veolia Environmental Referenzbetriebe sind.
Dominique Hélaine, Leiter der strategischen Einheit
Technik und Investition in der Konzernzentrale, erklärt diesbezüglich: „Heutzutage haben wir bei der
Sortierung des Verpackungsabfalls ein gewisses
Niveau hinsichtlich der Effizienz erreicht. Es gilt noch
Fortschritte bei der Verbesserung der Sammlungsrate zu machen, da in Europa die durchschnittliche
Recyclingrate bei Verpackungen nur um 55 % liegt.
Allerdings sind diese Technologien nicht direkt
Inhaltsverzeichnis
auf andere Ströme übertragbar. Bei normalem
Industrieabfall zum Beispiel, bedarf es spezifischer
Entwicklungen von Sortierinstallationen.“
Die traditionellen Sektoren für Metalle und Papier
haben gelernt, bei den eingehenden Strömen Qualitätsunterschiede zu ermitteln. Danach hat die Verpackungssortierung begonnen, Trenntechniken bei
kontinuierlichen Strömen diverser Materialien anzuwenden, wobei diese jedoch zunächst auf gleichbleibende Formen und klar erkennbares Material – Flaschen, Flakons, Metalldosen, Zeitungen – beschränkt
waren. Neue Herausforderungen stellten sich bei
heterogeneren und komplexeren Strömen, darunter
diejenigen von Elektro- und Elektronikaltgeräten37.
Dieser ist wohl der
repräsentativste
Schritt in dieser
bedeutenden Entwicklung, bei dem
die Recyclingaktivität nicht nur
mit Werkstoff-, sondern auch mit Produktströmen
konfrontiert wird. „Die Behandlung dieser Produkte
fällt wegen ihrer gefährlichen Komponenten und
ihrer Miniaturisierung komplexer aus. Sie enthalten
auch weniger hochwertige Materialien“, ruft Bernard
Lanfranchi in Erinnerung.
Auseinandernehmen, zerkleinern, entsorgen, Ressourcen trennen und sie wiederverwerten: eine neue
Industrie strukturiert sich. Eine ihrer Herausforderungen besteht darin, eine Alternative zur unkontrollierten und gefährlichen Verarbeitung – welche
insbesondere in Asien praktiziert wird und sowohl
Computer und Mobiltelefone als auch ausgediente
Schiffe betrifft – anzubieten. Die Integration von Informationstechnologien ist schließlich ein entscheidender Fortschrittsfaktor bei der Bearbeitung von
Strömen und bringt einen beträchtlichen Vorteil in
Bezug auf Sicherheit und Rückverfolgbarkeit.
Die Alternative zur unkontrollierten und
gefährlichen Verarbeitung
unzureichend ausgebeutete
Vorkommen
Allerdings ist diese Herausforderung nicht auf durch
gesetzliche Regelungen neu definierte Vorkommen
beschränkt, deren Verarbeitung durch die Anwendung des erweiterten Herstellerverantwortungsprinzips und Beiträge der Verbraucher finanziert
wird. Unabhängig vom jeweiligen Land wird der
Großteil der Abfälle nach wie vor nicht sortiert und
endet auf Deponien und in Verbrennungsanlagen.
Ihr Wiederverwertungspotenzial ist jedoch nicht
unbedeutend.
Nachfrage besteht, wenn die Sortierung an der Quelle erfolgt (unabhängig davon, ob es sich um Produktionsabfälle oder Verpackungen handelt), jedoch
sind Abfälle aus Industrie und Handel weitgehend
unzureichend verwertet worden, da sie vermischt
gesammelt wurden. Dies betrifft auch Bauabfall,
der nunmehr berücksichtigt wird. Gleich wie bei
Verpackungen und mit den selben, jedoch anders
dimensionierten Grundtechnologien werden Spezialanlagen gebaut, welche es nach dem Schreddern
erlauben, Material zu trennen.
Gärfähige Abfälle stellen eine andere wichtige
Quelle dar. Die Menge der weltweit gesammelten
Kommunalabfälle wird auf 1,2 Milliarden Tonnen
geschätzt38, bei einem anfallenden Gesamtvolumen von ca. 1,8 Milliarden Tonnen39. In Europa
wird der Prozentsatz des organischen Anteils auf
30 bis 45 % geschätzt und in den Entwicklungsländern überschreitet er 75 %. Dieses Material
repräsentiert einen Reichtum, der für die Welt lebenswichtig ist, sowohl für die Ernährung, wie auch
um CO2 zu speichern. Die Verarmung der Böden
ist in der Tat ein brennendes Thema, das die Bevölkerungszunahme und die Intensivierung der Landwirtschaft noch verschärfen. Verschiedene Lösungen
werden in Erwägung gezogen, um die Verschmutzung gärfähiger Abfälle zu vermeiden. Entweder
müssen Kriterien für die Trennsammlung (siehe Darstellung auf Seite 55), oder Technologien entwickelt
werden, welche die Sortierung von Mischströmen
erlauben. Die Herstellung von Qualitätskompost kann
auch nach der energetischen Nutzung des Materials
bei der Erzeugung von Biogas erfolgen.
forschung und Entwicklung
bis zum Endabfall
Außer der Verbesserung der Trennsammlung und
den damit verbundenen Kosten – diese Vorgangsweise ist von vornherein ausgeschlossen und für
viele Länder nicht leistbar –, liegt das Entwicklungspotenzial des Recyclings in den Kapazitäten der
installierten Sortierungsverfahren. Dieser erste und
entscheidende Schritt bei der Abfallnutzung treibt
Abfälle aus Elektro- und Elektronikgeräten
Weltpanorama der Abfälle, CyclOpe, Ed. Economica 2006
39
Abfallwirtschaft, op. cit.
37
38
Inhaltsverzeichnis
„Besser produzieren: ein industrielles
und technologisches Anliegen, aber auch
ein menschlicher Fortschritt“
Gespräch mit Olivier Doyen,
Verantwortlicher der Abteilung Sortierung und Wiederverwertung des Sauberkeits- und Energie-Forschungszentrums von Veolia Environment
Wie würden sie ihre rolle definieren
und was sind ihre forschungsschwerpunkte?
Unsere Rolle besteht darin, es Veolia
Environment zu erlauben, ein Hersteller
von Sekundärrohstoffen und Brennstoffen aus Abfällen zu sein, welcher einen
höheren Mehrwert als die Wettbewerber
liefert. Um es klar auszudrücken: wir
verhelfen Veolia Environment dazu,
mehr und besser zu produzieren. In
diesem Kontext liegt unser Hauptschwerpunkt in der Automatisierung
unserer Sortieranlagen, was – wie ich
später erwähnen werde – nennenswerte
soziale Konsequenzen nach sich zieht.
Auf technischer Ebene müssen wir
folgende Fragen beantworten: wie kann
man auf einem Förderband mit einer
Geschwindigkeit von 3 Metern pro Sekunde jeden Gegenstand einer Analyse
unterziehen und dabei die Störungen
vermeiden, die durch Überlappen mit,
und die Nähe von Gegenständen unterschiedlicher Materialien entstehen?
Wie kann man die Überlappung von
Gegenständen feststellen und korrigieren? Und wie kann man die Gegenstände in Position halten, damit die
Extraktion erfolgreich verläuft? Dafür
verwenden wir nicht-intrusive Analysetechnologien – kurz- und mittelwelliges Infrarot sowie Röntgenstrahlen.
Diese können mit anderen Systemen
gekoppelt werden, um eine bessere
Identifizierung des Materials zu erreichen. Um Ihnen einen Vergleich der
Größenordnung zu geben: wenn eine
Flaschenabfüllanlage höchstens
80.000 identische Flaschen pro
Stunde verarbeitet, müssen wir in der
selben Zeit mehrere Hunderttausende
Gegenstände aller Arten sortieren.
zu bringen, welche sofort in unsere
Sortieranlagen integrierbar ist. Dieses
Jahr haben wir zum Beispiel die Anwendungsmöglichkeiten einer optischen
Sortiermaschine erweitert und zwar mit
einer Vorrichtung, mit welcher verschiedene Ausstoßbefehle bei der Analyse
eines Rundlaufes gegeben werden. Bei
jedem Durchgang werden die Auswahlkriterien geändert, was für Anlagen mit
geringer Kapazität und kleine Materialströme einen besonders interessanten
Fortschritt darstellt.
über die sortierung hinaus stellt sich
die frage der materialwiederverwertung.
Das ist die Frage der senkrechten
Integration. Wie weit geht man bei der
Vorbereitung des Materials? Je nachdem, wie die Antwort ausfällt, können
auch die Verfahren sehr unterschiedlich sein. Nehmen wir ein Beispiel.
Es kann versucht werden, eine bestimmte Art von Kunststoff wie PET in
unseren Sortierungsanlagen zu konzentrieren. Aber wenn das Lastenheft verlangt, gewaschenes Material und einen
gewissen Reinheitsgrad zu liefern, kann
die Sortierung vorher stattfinden, indem
diverse zerkleinerte Kunststoffe nach
ihrer Masse mittels Flotation getrennt
werden. Die senkrechte Integration
öffnet also den Weg für andere, potenziell interessantere Techniken. Indem
wir die ganze Produktionskette der
Sekundärrohstoffe kontrollieren, können
wir auf der relevantesten Ebene und
gemäß unseren Qualitäts-, Kostenreduzierungs- und Energieeinsparungszielsetzungen handeln, wobei das Umweltergebnis deutlich günstiger ausfällt.
Kann man daraus ein typisches
modell für zukünftige WiederverwerKönnen sie schon Ergebnisse vorweisen? tungsanlagen ableiten?
Unser Bestreben ist einfach: es geht da- Das Schlüsselwort hier ist Steuerung,
rum, der Gruppe jedes Jahr eine Lösung das heißt, die Fähigkeit, industrielle
Anlagen entsprechend der Herkunft des
Abfalls und des angestrebten Ergebnisses einzustellen, wobei Letztere vom
Absatzmarkt des erzeugten Materials
und den Bedürfnissen der Abnehmer
abhängt. Unsere Kenntnis der Materialien und der Bedürfnisse der Industrie erlauben auch einen vertiefenden
Dialog bezüglich Ökogestaltung. Der
Wiederverwertungsforscher wird in
Zukunft seine Legitimität bei der Beratung von Industriellen haben, indem
er ihnen zum Beispiel empfiehlt, eher
ein bestimmtes Harz als ein anderes
zu benutzen, und zwar aufgrund seiner
Eigenschaften für einen bestimmten
Verwendungszweck und seiner besseren
Lebenszyklusbilanz.
sie wollten auf die sozialen Konsequenzen der von ihnen beschriebenen
Entwicklung zurückkommen.
Ja, weil ich unterstreichen will, dass die
menschliche Dimension voll in unser
Vorhaben integriert ist. Wenn wir die
Automatisierung vorantreiben, geht dies
natürlich mit dem potenziellen Verlust
von Arbeitsplätzen einher. Die Automatisierung aber macht es möglich, Produktionskosten zu senken und Zugang
zu noch nicht sortierten Vorkommen
zu haben Sie schafft also auch Arbeitsplätze und unsere Simulationen ergeben
sogar, dass sie viel mehr Arbeitsplätze
schafft als sie abbaut. Außerdem ändert
sich das Wesen dieser Arbeitsplätze.
Sie entstehen im Bereich der Kontrolle,
der Wartung und der Logistik. Bei jeder
technischen Neuentwicklung analysieren wir die Auswirkungen auf die
Berufsbildung und suchen immer nach
dem besten Gleichgewicht zwischen
Mensch und Maschine. Für uns ist also
die Suche nach neuen technischen
Lösungen auf die Dauer untrennbar von
der beruflichen Entwicklung der Mitarbeiter der Gruppe. 
Inhaltsverzeichnis
bezüglich erklärt: „Recycling und Wiederverwertung
von Kunststoffen aus Schredderrückständen werden
erforderlich, wenn man die aktuellen Zielsetzungen
für das Jahr 2015 einhalten will“. Der Endabfall ist
auch derjenige, den man nicht sieht. Edelmetalle
werden in Spurenform aus giftigen Abwässern extrahiert und wiederverwertet und, wie es Michel Valache
ausdrückt, es finden „echte Materialverwandlungen“
dank der Chemietechnologie statt.
der Platz des menschen
In seiner industriellen Form erneuert Recycling die
Ressourcenwirtschaft und es klassifiziert gleichzeitig manche Bereiche des Abfallmanagements neu.
Lange Zeit wurden Sortierarbeiten mit niederrangigen
Aufgaben und unausweichlich mühsamen Arbeitsbedingungen gleichgesetzt, welche Beschwerden
hervorrufen und, bei denen man Gefahren ausgesetzt ist. Die Sortierung von Hand ist immer noch die
Regel, und kleine Unternehmen werden in Hinblick
auf die verfügbaren Geräte und ihre Kosten keine
GETRENNTE SAMMLUNG:
die Bemühungen von Forschung und Entwicklung.
Dominique Hélaine fasst die Grundsätze davon
zusammen: „Heutzutage gibt es komplexe Anlagen,
deren Betrieb hauptsächlich hinsichtlich der Gestaltung verbesserungsfähig ist. In diesem Fall
liegt unser Mehrwert darin, dass wir die Rolle eines
Entwicklungsingenieurs übernehmen. Das ist der
erste Forschungsschwerpunkt. Unsere Fähigkeit, in
anderen Bereichen angewandte Technologien zu
identifizieren, welche auf unsere Tätigkeit übertrag
bar wären, stellt den zweiten Schwerpunkt dar. Der
dritte Schwerpunkt liegt nicht mehr bei technischen
Installationen, sondern bei Materialien, die bis jetzt
durch unsere Sortiermöglichkeiten nicht erfasst
wurden. Betroffen davon sind hauptsächlich Pro-
dukte, welche zwar bis zu einem gewissen Grad
giftig, aber trotzdem für das Recycling wertvoll sind,
wie zum Beispiel bestimmte Metalle.“
Die Abfallanalyse, die in den Forschungszentren
durchgeführt wird, reduziert nach und nach den Bereich der „Endabfälle“, von denen der Präsident des
internationalen Dachverbandes der Recyclingindustrie gerne in Erinnerung ruft, dass ihre Einstufung
gemäß der offiziellen Definition „von den aktuellen
technischen und wirtschaftlichen Bedingungen“ abhängt. Die europäische Richtlinie bezüglich betriebsunfähiger Fahrzeuge gibt ein Beispiel dafür, wenn sie
für das Jahr 2015 die erwarteten Wiederverwertungsraten auf 95 % festsetzt. In einem Bericht aus dem
Januar 2007 hat die Europäische Kommission dies-
Inhaltsverzeichnis
Je mehr die Materialtrennung am Anfang
der Prozesskette erfolgt, um so effizienter ist sie. Es ist das Prinzip der selektiven Haushaltsmüllsammlung, welche von
Tür zu Tür organisiert wird oder die in
Abfallsortierungsanlagen und anderen
freiwilligen Einbringungspunkten erfolgt,
wobei Letztere wirtschaftlicher sind und
sich entwickeln. Die Kriterien für die
Trennung der Ströme und ihre Anzahl
variieren nach Ländern oder Regionen.
Das deutsche Beispiel
Regelmässig wird Deutschland wegen
seiner Recycling fördernden Politik als
Beispiel genannt. Mit einem Erlass aus
dem Jahr 1991 wurde der Bürger als
„Erzeuger und Sortierer“ seines Abfalls
bezeichnet. In Deutschland unterscheidet
man bei der Sammlung zwischen 7 Strömen, 5 davon bei der Haus-zu-HausSammlung: Karton, Verpackungen aller
Art (Plastiksäcke inbegriffen), biologisch
abbaubare Abfälle, Rest- und Sperrmüll.
automatisierten Lösungen integrieren können. Die
Automatisierung mag manche Arbeitsplätze gefährden, die auch mit Schwerarbeit verbunden sind,
aber als Gegenleistung kann die Entwicklung des
Recyclings neue Arbeitsplätze schaffen. Sie tut es
hauptsächlich im Rahmen von Partnerschaften mit
Wiedereingliederungsunternehmen, und das Hochfahren neuer Sektoren wird auch Arbeitsplätze schaffen. „Man kann sich vorstellen, dass in Zukunft fast
alle Ströme zum Gegenstand von Sortierung werden“,
erklärt Dominique Hélaine. „Es handelt sich nicht nur
um industriellen Fortschritt, sondern auch um einen
tiefschürfenden kulturellen Umschwung, welcher
dieser Funktion einen anderen Status verleiht“. Laufende technische Entwicklungen werden die Rolle
des Menschen als Kontrolleur erhalten, indem sie ihm
einen Ferneingriff ohne direkten Kontakt mit den Abfällen ermöglichen werden. Die Arbeitsbedingungen
ändern heißt auch, das Wesen der Arbeit zu ändern.
Es ist nicht die kleinste Herausforderung des Recyclings, auch diese Änderung zu bewältigen. 
auf der Suche nach dem besten Kompromiss
Glas und gefährliche Stoffe werden durch
freiwillige Einbringung gesammelt. Die
Abfallsortieranlagen unterscheiden bis zu
15 Abfallkategorien. Deutschland praktiziert auch das Flaschenpfand für Flaschen
aus Glas oder aus Kunststoff.
Diese Organisation zeugt von Umweltkultur und von fortschrittlichem Bürgergeist. Sie bringt jedoch auch hohe
Kosten mit sich. Andere europäische
Länder und manche amerikanische
Staaten wenden auch eine freiwillige,
wertgebundene Recyclingpolitik an
und entwickeln vermehrt die getrennte
Sammlung.
Die Grenzen des französischen Modells
In Frankreich wird im allgemeinsten Fall
zwischen 2 Strömen unterschieden
(Glassammlung nicht einbegriffen): Verpackungen und Zeitungen einerseits und
Restmüll andererseits.
Trotz eines gewissen Erfolgs hat dieses
System Nachteile. Die Sammlung von
Verpackungen, welche auf Flaschen
und Flakons eingeschränkt ist, schliesst
andere wiederverwertbare Kunststoffe aus. Die Sammlung von gärfähigen
Abfällen, mit dem Restmüll vermischt,
resultiert in Verschmutzungen, welche
sich nachteilig auf die Herstellung von
Qualitätskompost auswirken.
Eine Hypothese...
Bei diesen diskutierten Fragen führt die
Suche nach dem besten Kompromiss
zwischen Zwängen, Kosten und Effizienz zu einer Hypothese mit 3 Hauptströmen: Glas, biologisch abbaubare
Abfälle (inklusive Biokunststoffe) und alle
trockenen Abfälle, wobei Letztere mit
den bereits eingesetzten Technologien
sortiert werden können. Dieses Modell
löst jedoch nicht die Frage der giftigen
Abfälle. Diese impliziert einen stärkeren
Anreiz zu freiwilligen Einbringungen und
eine verstärkte Kommunikationspolitik
seitens der öffentlichen Hand.
Inhaltsverzeichnis
„Produktionsstandards, Produktnormen und
Rückverfolgbarkeit müssen verstärkt werden“
Gespräch mit Dominique Maguin,
Präsident des internationalen Dachverbandes der Recyclingindustrie40. Er war ebenfalls Vorsitzender von Federec, Vorsitzender der
European Paper Recycling Federation und Vorsitzender der Abteilung Papier des internationalen Dachverbandes der Recyclingindustrie.
Die französische Regierung hat ihn zum Mitglied des Nationalen Abfallrates ernannt.
seit einigen Jahren unterliegt der
recyclingmarkt einem allgemeinen
Konsolidierungstrend. dabei verschwindet die traditionelle grenze zwischen
abfallbetrieb und recycler. Wie analysieren sie diesen trend?
Das erste Produkt, dem das Interesse
der Abfallunternehmen galt, war Papier.
Das Beispiel kommt aus den Vereinigten
Staaten und hat den Namen Waste Management. Der Abfallsammler verwendet
dieselben Maschinen wie der Papierrückgewinner: dieselben Container, dieselben
Stampfer. Dieselben Geräte benutzen
heißt jedoch nicht, dass man dasselbe
Know-how meistert. Es entstand eine
Dynamik, die sich auf andere Sektoren
ausdehnte. Der zweite auslösende Faktor
ist politischer Natur. In den industrialisierten Ländern ist es die wachsende
Sorge um die Umwelt angesichts des
Anfalls von Abfällen und sie drückt
sich in Formulierungen wie „3R“ aus:
Reduce, Re-use, Recycle. Traditionelle
Abfallbetriebe befinden sich dann an
erster Stelle, um der neuen Anforderung
gerecht zu werden, und zwar insbesondere bei den Kommunalbehörden, die
ihre Kunden sind. Natürlich unterliegt
der traditionelle Recycler ebenfalls
zunehmenden Erwartungen. So erfolgt
die Konsolidierung gemäß zweier umgekehrter Dynamiken: die Abfallentsorger
finden sich alle am Ende der Prozesskette, während sich die traditionellen
Abfallverwerter in der Prozesskette weiter
nach hinten bewegen.
Welches sind deren jeweilige stärken?
Kann der ursprüngliche Beruf ihrer
meinung nach einen kulturellen und
technischen Vorteil geben, um sich
dieser Entwicklung anzunähern?
Man kann zwei Antworten darauf geben.
Erstens bemerke ich, dass die Betreiber,
von beiden Enden der Kette ausgehend,
zu gleichen Schlussfolgerungen gekommen sind und global gesehen dieselben
Zielsetzungen haben. Worin wird der
Unterschied in dieser Wettbewerbskonfrontation liegen? Ganz einfach im
Know-how. Recyclingmaterial muss gekannt und erkannt werden; es muss
rationell gesammelt werden. Sortieroperationen müssen nach Produktionsstandards erfolgen können weil (und ich
habe mich lange genug dafür eingesetzt, um mich jetzt darüber zu freuen)
Recyclingmaterial standardisiert wird.
Letztendlich muss man es verstehen,
dieses Material zu vermarkten. Das heißt,
man muss kontinuierlich die Weltmärkte
bearbeiten, um Abnehmer für die Produkte zu finden, mit ihnen verhandeln,
ihre Bedürfnisse verstehen, ihre Mittel
kennen und nicht jemand anderem, der
als Erster an die Türe klopfte, eine Chance
geben! Das alles muss man zusätzlich
zur Beobachtung von Technologien und
Gesetzen machen können, wenn man alle
Bereiche des Recyclings integrieren will.
Diese Bereiche aber sind mit anderen
Bereichen verbunden, was zu einer zweiten Antwort führt, wobei man nicht den
Wortlaut der Ersten vergessen darf. Aus
gesamtheitlicher Betrachtung tendiere
ich zu sagen ,,dass wenn derselbe Betreiber außer dem Recycling es noch versteht, gefährliche Abfälle zu behandeln,
technische Vergrabungszentren verwaltet,
den Betrieb von Verbrennungsanalgen
meistert und außerdem noch über ein
Forschungs- und Entwicklungszentrum
verfügt, er dann zweifelsohne bestens
positioniert ist, um künftigen Anforderungen zu entsprechen. Jedoch ist es offensichtlich, dass es nicht ausreicht, „alles
machen zu können“, um eine kohärente
und hoch professionelle Organisation
aller Bereiche zu gestalten.
die recyclingaktivitäten werden heutzutage mit den strömen aus ausgedienten
Produkten konfrontiert. Wie analysieren
sie die antworten, die diesem komplexen
Problem gegeben werden?
Hier befinden wir uns am Kern des
Themas. Was wird in der Tat aus diesen
Telefonen, Computern, Neonröhren und
anderen Produkten, die uns umgeben
und sich in Abfälle verwandeln? Das ist
eine Frage, welche die zunehmende
Komplexität der Recyclingaktivitäten
kennzeichnet, und bei der Implementierung von Lösungen werden Beiträge
aus Forschung und Entwicklung eine
entscheidende Rolle spielen. Jedoch
bleibt die Frage der Wirtschaftlichkeit
bestehen, wenn die technische Frage
des Zerlegens, der Sanierung und der
Wiederverwertung gelöst ist. Der aktuelle Trend, mit seinen Überlegungen in
Richtung produkttypbezogener Sektoren,
führt uns zu sehr kostspieligen Lösungen. In Frankreich kommt noch dazu,
dass es bei den Abfällen aus Elektro- und
Elektronikgeräten mehrere Ökoeinrichtungen gibt, welche die verschiedenen
Hersteller vertreten. Wenn man Dinge bis
ins Absurde weiterführt, kann man sich
die Frage stellen, warum es nicht einen
Sektor pro Produkt geben sollte und für
jeden Sektor so viel Verwaltungssysteme,
wie es Hersteller gibt! Es müssen also
Verbesserungen vorgenommen werden,
um die Betriebskosten der Vorrichtungen
in Grenzen zu halten und sicherzustellen,
dass Steuern so wirksam wie möglich
zur Behandlung des Problems eingesetzt werden, für welches sie eingeführt
wurden. Es liegt auf der Hand, dass wir
einen großen Schritt in die richtige Richtung machen würden, wenn wir dank der
Technologie mit dem Aufbau gemeinsamer Strukturen sowie Anlagen, welche
in der Lage wären, Produktgruppen zu
behandeln, die derzeitige Logik zur Trennung der Ströme durch eine Logik der
Zusammenführung der Ströme ersetzen
könnten. Die technische Lösung muss
aber nicht zwangsläufig als Reaktion
auf politische Entscheidungen kommen,
sondern sie sollte bereits am Anfang der
Prozesskette in Überlegungen einfließen
und betrieben werden. In Brüssel werden
noch viele Entscheidungen getroffen,
ohne dass Experten vorher dazu befragt
werden. Damit meine ich diejenigen, welche über technische Expertise verfügen,
Behandlungsinfrastrukturen verwalten,
und, die fähig sind, von einer bestimmten Zielsetzung ausgehend das industriell und wirtschaftlich Effizienteste
Inhaltsverzeichnis
und damit auch das für die Gesellschaft
billigste Modell vorzuschlagen. Zwar ist
Europa bei diesen Themen weit voraus,
aber es fehlt noch die notwendige Reife,
um eine echte Umweltschutzpolitik umzusetzen, was sich wiederum in der Art
der Gesetzgebung widerspiegelt.
in ihren verschiedenen Positionen haben
sie seit langem für die Einführung von
standards und Zertifizierung gekämpft.
stößt ihr Plädoyer für die Qualität der
Produktion von recyclingmaterial nicht
auf bestimmte marktwirklichkeiten und
auf die schwierigkeiten, regeln auf
internationaler Ebene anzuwenden?
Ich habe oft und ganz bewusst ein
wenig provozierend gesagt, dass eine der
Besonderheiten des Recyclingsegments
darin liegt, dass der für ein Material
bezahlte Preis in umgekehrtem Verhältnis zu seiner Qualität steht. Tatsache
ist, dass das Gesetz von Angebot und
Nachfrage die Käufer dazu führt, in einer
angespannten Marktsituation weniger
anspruchsvoll zu sein. Sie sind dann
bereit, ein qualitativ minderwertigeres
Material teurer zu kaufen, solange sie
ausreichende Mengen erhalten, um den
Bedarf ihrer Produktionsstätten abdecken zu können. Am Ende der Kette
wird dann der Verbraucher benachteiligt,
und manchmal sogar zweimal: zum
einen, weil er Beiträge zur Recyclingfinanzierung leistet und zum anderen,
weil er Kunde ist. Diese kurzfristige
Logik entspricht nicht den Anforderungen
und wir können damit nicht den kommerziellen und umweltbezogenen Kampf
gewinnen, der uns erwartet. Um eine
derartige Situation zu vermeiden, müssen
Produktionsstandards, Produktnormen
und die Möglichkeiten der Rückverfolgbarkeit erweitert werden. Um dies alles
zu gewährleisten, muss es ebenfalls zu
einer Weiterentwicklung der Zertifizierung
von Dienstleistungen für Unternehmen
in unserem Segment kommen. Das ist
der Grund für die Aktion, die ich seit
1997 im Rahmen der Föderation von
Recyclingunternehmen angeführt habe,
und zwar mit der Implementierung eines
Qualitätssiegels und später mit der Servicezertifizierung CERTIREC.
stehen diese forderungen mit der
kulturellen Entwicklung des recyclingsegments in Einklang?
Für lange Zeit stand das Segment der
Wiedergewinnung und des Recyclings
marginalisiert am Rande der Gesellschaft. Es waren Tätigkeiten, welche den
benachteiligten Schichten der Bevölkerung reserviert waren. Das Know-how
selbst wurde traditionellerweise geheim
gehalten und nur mündlich weitergegeben. Heute haben wir das Bedürfnis, Prozesse bekannt und sichtbar zu
machen, und sie schriftlich festzuhalten,
um sie nachverfolgen und eventuelle
Abweichungen korrigieren zu können.
Aus dieser Sicht spielen Großunternehmen eine wichtige Rolle, denn sie
bewegen sich in einem Umfeld industrieller Anforderungen und haben Prozesse
sowie strikte Prüf- und Kontrollmethoden
eingeführt. In einem Umfeld, das eine
minderwertige Produktionsbasis zulässt,
wirkt sich diese Forderung nach Qualität
nachteilig für sie aus, während sie, aus
einer anspruchsvolleren Perspektive,
vielleicht nicht unbedingt ein Leitbild
schafft, aber auf jeden Fall zu einer treibenden Kraft wird. Wenn ich das sage,
vergesse ich nicht kleinere Unternehmen,
welche ebenfalls ihre Qualitätskultur
entwickelt haben, und die, wenn sie von
großen Gruppen im Rahmen des von uns
erwähnten Konsolidierungstrends übernommen werden, durchaus Know-how,
Image und eine lokale Basis einbringen
und zwar für eine Tätigkeit, die heutzutage den unbestreitbaren Vorteil hat,
dass sie nicht von ihren lokalen Wurzeln
entfernt werden kann. 
40
Der internationale Dachverband der Recyclingindustrie ist
eine internationale Föderation, welche die Recycling- und Handelsindustrie weltweit vertritt. Er vereint 600 nationale Unternehmen
und Vereinigungen aus mehr als 60 Ländern.
Inhaltsverzeichnis
Sondermüll:
ein Leitbild für die Industrie
Mit ihrer soliden Industriebasis und der Beherrschung von HightechVerfahren sind Sondermüllunternehmen ein Leitbild. Sie stehen an
vorderster Front bei der Bekämpfung von Umweltverschmutzung
und bewegen sich auch im Bereich der Wiederverwertung auf vorgeschobenem Posten.
geschichte und Werte
Die Grenzen der Wiederverwertung von gefährlichen Abfällen weiten sich zunehmen aus. Auf jeden Fall trifft dies auf die Branchenführer zu, allen
voran Veolia Environment. „Wenn sich Marktführerschaft darin manifestiert, dass das Unternehmen
durch sein Beispiel die Referenzstandards anhebt
und sich technologischen Vorsprung sichert, dann
sind wir eindeutig der Branchenführer“, erklärt
Pascal Gauthier, Leiter des Spezialunternehmens
der Gruppe.
Getrieben von der ökologischen Notwendigkeit, auf
welcher ihre Werte aufbauen, hat sich die Industrie
für die Behandlung von Sondermüll zuerst mit der
Neutralisierung der Schadstoffe auseinandersetzten müssen, die Luft und Boden gefährden. Das
war vor dreißig Jahren.
Große Anlagen machten es damals möglich,
auch große Volumen zu
behandeln. Forschung
und Entwicklung haben
dann zur Integration spezifischerer Technologien
geführt, welche auf Wiederverwertung und energetische Abfallnutzung ausgerichtet waren. Aus den
damit zusammenhängenden Auflagen hat dieses
Segment einen entscheidenden Vorteil gezogen,
denn es hatte keine andere Wahl, als sich auf äußerst
effiziente Methoden zustützen und sich mit Hochleistungsanlagen auszustatten. Die Technologien,
die bei der Behandlung von Sondermüll eingesetzt
wurden, erlaubten es den Betreibern ein Fachwissen
über diese Stoffe anzusammeln, mit dem auch ihr
Wiederverwertungspotenzial erkennbar wurde.
Unsere Grenzen sind
vor allem die unserer
Vorstellungskraft
Eine fallstudie
Bei Veolia wurde mit der Abfallnutzung vor circa
fünfzehn Jahren begonnen. Zuerst beschäftigte
man sich mit der Regenerierung von Lösungsmitteln, die chemische Schadstoffe enthielten – heute
etwas ganz Alltägliches. Neue Ideen entstehen, sobald die Identifikation der Abfälle systematisiert wird.
Ein Beispiel von vielen ist das Folgende. Vor zehn
Jahren begann das Unternehmen mehrere Tausend
Tonnen eines mit Zink und Nickel belasteten
Abwassers zu behandeln. Nach der Behandlung
des Materials wurde ein an Metallhydroxiden reicher
Reststoff stabilisiert und verfestigt, um dann als
Endabfall abgelagert zu werden. Damals eignete
sich Pascal Gauthier eine Einstellung an, die er
nach wie vor für sehr zutreffend hält: „Einen Abfall
zu zerstören, heißt, eine Niederlage einzugestehen“. Man nahm diese Herausforderung an. Bereits
im Jahr 1997 wurde mit einer Studie begonnen.
Sechs Jahre später wurde nach den Ergebnissen
eines Pilotversuchs für eine Investition auf industriellem Niveau entschieden. Im Jahr 2004 produzierte man mit diesem Verfahren die ersten Tonnen
eines metallhaltigen Materials. Die Umsetzung der
Idee in eine industrielle Lösung hat sieben Jahre
in Anspruch genommen. Ohne die vertragliche
Verpflichtung eines Kunden für die Dauer von
fünf Jahren wäre sie nicht möglich gewesen. Zum
Zeitpunkt der Unterschrift war es nicht eine Frage
des Nickelpreises, aber aus der darauf folgenden
Kurserhöhung zieht Pascal Gauthier folgende
Lehre: „Bei den Zink- und Nickeloxiden haben wir
Reinheitsgrade von 80 bis 85 % erreicht. Als der
Markt dann verrückt gespielt hat, hätten wir unser
Verfahren auf Reinheitsgrade von 40 oder 45 %
einstellen können, und auch dafür hätten sich Abnehmer gefunden, aber wir haben uns an unsere
Zielsetzungen gehalten, weil sie unserer Definition
unseres Tätigkeitsbereiches entsprechen. Auf diesen hohen Ansprüchen basiert auch das Verhältnis
zu unseren Kunden.“
Verantwortung und Vorstellungskraft
Darauf stützt sich unsere Kultur. Gefährliche Abfälle wiederverwerten und neue Lösungen für neue
Vorkommen zu finden, sind die Treiber unseres
Forschungsbereichs. Diese Orientierung hat sowohl
wirtschaftliche Gründe, sie entspringt aber auch
dem Bewusstsein, dass Umweltauswirkungen weit
über die großen Industriegruppen hinausgehen, die
sich ihrer Verantwortung und ihres Images bewusst
sind. „Für Restaurantbesitzer ist es wichtig zu wissen, dass das bei ihnen gesammelte, verbrauchte
Inhaltsverzeichnis
Speiseöl zur Herstellung von Biokraftstoffen dient,
genauso wie es für die Autowerkstätten Sinn macht,
zu wissen, dass Ablassöle regeneriert werden“, fährt
Pascal Gauthier fort.
Zurzeit gibt es Neuentwicklungen, die allerdings
noch nicht veröffentlicht werden können. Zwei Forschungsbereiche sind jedoch bezüglich der Herausforderungen an die Umwelt besonders wichtig.
Mit Schadstoffen verseuchte, flüssige Abfälle, die
man behandeln und aus denen man Wasser, für die
erneute Verwendung in Industrieprozessen gewinnen kann, wodurch wertvolle Ressourcen gespart
werden. Sowie das Absaugen von CO2 am Kaminausgang in einem Werk der Gruppe, das nach
Extraktion der Schadstoffe und Verdichtung einem
industriellen Prozess zugeführt wird, der davon
Tausende Tonnen benötigt. „Unsere Grenzen liegen
vor allem bei unserer Vorstellungskraft“, behauptet
Pascal Gauthier.
Der Markt kann jedoch auch bremsend auf ambitiöse Pläne wirken, nämlich dann, wenn kurzfristige
Interessen Lösungen bevorzugen, die billiger sind,
weil sie die Umwelt nicht berücksichtigen. Dies ist
der Fall bei Metallen, die in Sondermüll enthalten
sind, wie z. B. in Elektro- und Elektronikaltgeräten
(siehe Artikel), deren illegale Ausfuhr über skrupellose Händler erfolgt. Aber es trifft auch auf bestimmte Arten energetischer Verwendung von Material zu, das nicht wiederverwertet werden kann;
es wird dadurch zwar ‚entsorgt’, allerdings auf eine
Art, die Schadstoffe ausstößt.
nicht definierte abfälle in der
Warteschlange
Nicht definierter Sondermüll aus Haushalten ist ein
ganz anderes Thema, das sich durch mangelnde
Sammlung und Information auszeichnet. Mit normalem Müll vermischt, schafft er zusätzliche Probleme
bei der Behandlung von Rauch aus Verbrennungsanlagen oder Abwässern aus Deponien. Die Reste
aus Farbverdünnern, mit denen von Haushaltsabwässern vermischt, verunreinigen den Schlamm in
Wasseraufbereitungsanlagen und führen dazu, dass
zur Verbrennung Spezialöfen benötigt werden. „Die
ökologische und wirtschaftliche Bilanz “, so Pascal
Gauthier, „sollte eigentlich zu einer Diskussion über
das Thema führen, da die Öffentlichkeit durchaus
bereit ist, darüber zu sprechen“. Auch wenn das
Sortieren am Entstehungsort die einfachste Vor-
SEAPORT,
eine europäische Hafenpolizei
In der Europäischen Union wird ein
Programm mit dem Namen Seaport
Project umgesetzt, um die internationale
Zusammenarbeit bei der Bekämpfung der
illegalen Ausfuhr von Abfällen zu stärken.
Das niederländische Umweltministerium
übernahm die Koordinierung.
Ein im Juni 2006 veröffentlichter Bericht
dokumentiert die Kontrollen, die zwischen
September 2004 und Mai 2006 durchgeführt wurden.
24052 Dokumente wurden kontrolliert
und 4198 Ladungen überprüft. 1103 davon
enthielten Abfälle, 564 waren illegal
(51 %) und bei 473 (43 %) wurden Verstösse festgestellt. In diesen Fällen wurden
Massnahmen ergriffen, die hauptsächlich
darin bestanden, dass die illegale Fracht
in ihre Ursprungsländer zurückgesandt
wurde.
beugungsmaßnahme darstellt, arbeitet F&E trotzdem an Sortiertechnologien, welche die gleichzeitige
Sammlung von gefährlichen Produkten und Restmüll ermöglichen. Auf jeden Fall ist die Trennung
dieser Abfälle eine Voraussetzung für die Steigerung
der Wiederverwertungsraten insgesamt. 
Inhaltsverzeichnis
Ausgediente Elektro- und
Elektronikgeräte: ein weltweites
Thema, ein Sektor im Aufbau
Man nimmt an, dass weltweit pro Jahr 40 bis 50 Millionen Tonnen ausgedienter Elektro- und Elektronikgeräte anfallen. China, Indien, Pakistan
und Afrika sind die Hauptimporteure dieser illegal ausgeführten Abfälle.
Das weltweite Wachstum bei ausgedienten Elektround Elektronikgeräten liegt mit 3 bis 5 % im Jahr
höher als das aller anderen Abfälle. Dies trägt, verbunden mit der Steigerung der Ausrüstungsrate in
den Schwellenländern, enorm zu der Dringlichkeit
bei, sich mit den zunehmenden Gesundheits-, Umwelt- und Sozialproblemen auseinanderzusetzen.
Die Herausforderungen sind jedoch auch wirtschaftlicher Art. Gesetzliche Vorschriften und die Reaktion
der Industrie lassen bereits die Konturen eines neuen
Marktes erkennen, auf dem technische Lösungen
das entscheidende Wettbewerbselement sind.
alarmierende feststellungen
Die Behandlung ausgedienter Elektro- und Elektronikgeräte unterliegt dem Basler Abkommen zur
Kontrolle der grenzüberschreitenden Transporte
gefährlicher Abfälle und deren Beseitigung sowie
der Ergänzung aus dem Jahr 1995. Diese verbieten den Unterzeichnerländern der Europäischen
Union und der OECD, gefährliche Abfälle in andere
Länder, insbesondre in Entwicklungsländer, auszuführen. Die Vereinigten Staaten haben weder
das Basler Abkommen noch die Ergänzung ratifiziert. Als größter Produzent von ausgedienten
Elektro- und Elektronikgeräten exportieren sie 50
bis 80 % davon. Die Europäer machen es nicht
besser. Zynismus und Verantwortungslosigkeit bei
den Exporteuren, Laxheit gegenüber den Vorschriften und die niedrigen Löhne in den Entwicklungsländern haben zu einer bedenklichen Situation
geführt. An einem chinesischen Fluss durchgeführte Stichproben haben Bleianteile aufgezeigt,
welche 2400 Mal höher als die von der Weltgesundheitsorganisation empfohlene Grenze waren41. Es ist
zwar schwer, diese ökologischen Katastrophen zu reparieren, aber die Situation verbessert sich.
Quelle: PNUE, Umweltalarmbulletin 2005 und StEPUniversity-Programm der Vereinigten Nationen (http://ewasteguide.info/); Basel Action Network (www.ban.org)
42
www.novethic.fr
43
http://ewasteguide.info/newsandevents/chin-0
44
Quelle: Handy and Harman Electronic Materials Corp. Aufgeführt in Exporting
Harm, The Basel Action Network (BAN) & Silicon Valley Toxics Coalition (SVTC), 2002
41
Inhaltsverzeichnis
die rechtlichen möglichkeiten
Die europäische Richtlinie aus dem Jahr 2002 über
Elektro- und Elektronikschrott wurde von den Mitgliedsstaaten nach einigen Anmahnungen der Kommission eingeführt. Seit dem Jahr 1998 trifft auch
Japan gewisse Vorbeugungsmaßnahmen, die im
Jahr 2003 durch Bestimmungen über der Sammlung und das Recycling verstärkt wurden. In den
Vereinigten Staaten haben Kalifornien, Washington,
Maine und Maryland Gesetze erlassen, die sich
mehr oder weniger an das europäische Modell
anlehnen42. China reagiert ebenfalls. Ab dem Jahr
2008 müssen in China
ausgediente Elektro- und
Elektronikgeräte von Unternehmen behandelt werden, welche nach national
festgesetzten Sicherheitsnormen zugelassen werden43. Ebenso ist das
europäische Projekt Seaport ein Zeichen für den
Willen zu einer verstärkten Exportüberwachung
(siehe Seite 59). Diese gesetzlichen Vorschriften
verfolgen mehrere Zielsetzungen: die Menge umweltverschmutzender Komponenten zu reduzieren,
die Produkte so zu gestalten, dass sie einfacher
wiederverwertbar sind, die Sanierung und Behandlung unter umwelt- und personenschonenden
Bedingungen vorzunehmen und schließlich die
Optimierung der Wiederverwertung von Materialien, von denen einige einen durchaus beträchtlichen Wert haben. So kann zum Beispiel Kupfer
bis zu 18 % des Gewichts eines elektronischen
Gerätes ausmachen.
Bleianteile, die 2400-mal
höher als die empfohlenen
WHO Grenzwerte liegen
Edelmetalle
Mobiltelefone und Computer enthalten Edelmetalle,
Gold, Silber sowie seltene Metalle, wie Palladium,
Kobalt und Indium, welche kürzlich enorme Preiserhöhungen erlebt haben. Diese Materialien befinden sich hauptsächlich in den Zentraleinheiten,
und zwar in sehr geringen Mengen: ca. 0,4 Gramm
Gold und Indium sowie 0,1 Gramm Palladium44
Inhaltsverzeichnis
pro PC. Außerdem sind sie oft von Kunststoff umhüllt oder mit giftigen Substanzen vermischt. Folglich kann man sich also die Technologie vorstellen,
welche erforderlich ist, um sie unter sicheren und
vernünftigen Konditionen wiederzuverwerten. Diese
Technologie ist kostspielig, was auch die geringe
Anzahl der auf diesem Gebiet spezialisierten Unternehmen erklärt.
Veolia ist mit der Firma Centillion ein Joint Venture mit dem Namen CentiOnyx in Singapur
eingegangen. Der Standort hat eine strategische
Bedeutung: einerseits sind die Materialvorkommen
auf lokaler Ebene infolge der bei der Herstellung
ausgestoßenen Produkte, von denen der größte Teil
aus Asien kommt, sehr umfangreich; andererseits
wird der Zufluss von ausgedientem Material aus
Europa und den Vereinigten Staaten durch die niedrigen Seefrachtraten ermutigt, die bei nur einem
Zehntel der Frachten von Asien nach Europa oder
den USA liegen. Mit einer Produktionskapazität,
die zu den höchsten für Neueinsteiger auf diesem
Markt zählt, konzentriert sich CentiOnyx hauptsächlich auf das Recycling von elektronischen Bauteilen,
aus welchen man Goldbarren herstellt.
menarbeit mit Thompson entstand. Dieses neue
Unternehmen, das größte Frankreichs, hat aber
noch eine andere Stärke. Als Einziges behandelt es
alle drei großen Kategorien der Elektro- und Elektronikaltgeräte: Bildschirme, kleine Haushaltsgeräte45
und Kälte erzeugende große Weißware45, wobei die
Wiederverwertungsrate mit über 90 % weit über der
PCS:
viel Material für eine
kurze Verwendungsdauer
Eine Veröffentlichung der Universität
der Vereinten Nationen, Computers and
the Environment46, stellt dar, dass für
die Herstellung eines PCs etwa das
Zehnfache seines Gewichts an fossiler Energie benötigt wird und der
Gesamtverbrauch an Material bei 1,8
Tonnen liegt.
Das sind: 240 kg fossile Energie, 22 kg
Chemikalien und 1.500 l Wasser. Im
Vergleich dazu wird bei der Herstellung
eines Kraftfahrzeuges oder eines
Kühlschranks nur so viel fossile Energie
benötigt, wie das Produkt wiegt. Laut
Greenpeace ist die durchschnittliche
Lebensdauer eines Computers zwischen
den Jahren 1997 und 2005 von 6 auf 2
Jahre gesunken.
Komplexe Behandlung
Wenn seltene Ressourcen nicht zum Alltag der Abfälle aus Elektro- und Elektronikaltgeräten gehören,
wird die Behandlung komplex. „Die Volumen sind
groß, aber die Produkte sehr unterschiedlich“, erklärt Françoise Weber, Recyclingleiterin bei Veolia
Environmental Services Ile-de-France, „und manche Materialien mit niedrigem Wert beschränken
die Möglichkeiten ihrer Behandlung“. Staubsauger
sind ein Beispiel dafür, und so solange es keine
besseren ökologischen Möglichkeiten gibt, nimmt
die sorgfältige Demontage eines Flachbildschirmes
zwei Stunden in Anspruch.
Kunststoffe sind ohnehin ein Thema für sich, da Harze nicht vermischt werden können. Die Anwesenheit von brom- oder chlorhaltigen Flammhemmern
erhöht die Problematik ihrer Wiederverwertung. Diese sind jetzt zwar in Europa verboten, kommen aber
immer noch in ausgedienten Elektro- und Elektronikgeräten vor.
Hier zeigt Veolia Environmental Services seine Innovationskapazität. In Angers implementiert die
Gruppe ein exklusives Verfahren zu Erkennung von
Kunststoffen, welches im Rahmen einer Zusam-
europäischen Zielsetzung liegt. Der für die Behandlung von große Elektro-Kühlgeräte eingeführte Prozess zeichnet sich nicht nur durch seine Sicherheit,
sondern auch durch die Datenerfassung aus, mit
der es möglich ist, für jedes einzelne verarbeitete
Gerät eine Materialbilanz zu erstellen (siehe Darstellung auf Seite 64).
der lokale, nationale und
internationale maßstab
Lange Zeit ist das Abfallmanagement eine lokale
Dienstleistung gewesen. „Das Recycling führt dazu,
eine andere Dimension bezüglich Dienstleistung und
Handel zu integrieren. Diese ist mit einem neuen
Ansatz im Bereich Logistik verbunden“, analysiert
Françoise Weber. „Der globale Ansatz ist nicht mehr
nur kaufmännischer Art. Die gesamte industrielle
Organisation wird global betrachtet und schließt die
Suche nach einem wirtschaftlichen und umweltbezogenen Gleichgewicht ein.“ Dieses Gleichgewicht
hängt von der Vernetzung des Gebiets sowie von
der Größe und Spezialisierung der Industrieanlagen
ab. Die Großunternehmen verlangen, dass auch
über die Binnenmärkte hinaus den Verpflichtungen
im Rahmen eines homogenen Plans nachgekommen wird, indem Dienstleistungen in jedem Land
zertifiziert werden. Veolia Environmental Services hat
dies bereits mit
einigen Industriekunden gemacht.
Die Weiterentwicklung der getrennten Sammlung, die
Ökogestaltung und die Reduzierung von Schadstoffen, welche immer noch bei der Herstellung der Geräte benutzt werden, werden durch die Richtlinien für
Elektro- und Elektronikaltgeräte sowie die RoHS
(Beschränkung der Verwendung bestimmter gefährlicher Stoffe in Elektro- und Elektronikgeräten)
vorgegeben. Sie werden weltweite Auswirkung haben, da die großen Marken auf allen Kontinenten
verkauft werden. Die erwartete Steigerung des zu
behandelnden Volumens erklärt die umfangreichen
Investitionen eines Sektors, der zwar noch im Aufbau
ist, aber trotzdem schon stark vom Wettbewerb
geprägt wird. 
Die Suche nach einem
wirtschaftlichen und umweltbezogenen Gleichgewicht
500 Millionen Computer......
Im Jahr 1999 schätzte eine vom National
Safety Council in Auftrag gegebene
Studie, dass in den Vereinigten Staaten
500 Millionen Computer zwischen den
Jahren 1997 und 2007 veraltet sein
würden. Zu diesem Zeitpunkt schätzten
die gleichen Analysten auch, dass allein
im Jahre 2001 41 Millionen PCs pro Tag
weggeworfen werden, wobei der Beitrag
Kaliforniens alleine bei 6000 Einheiten pro
Tag liegt.
500 Millionen Computer, das sind ungefähr 2,9 Millionen Tonnen Kunststoff,
718.000 Tonnen Blei, 1.300 Tonnen
Cadmium, 860 Tonnen Chrom und 280
Tonnen Quecksilber.46
http://www.unu.edu/zef/publications-d/flyer.pdf
Quelle: Exporting Harm, Basel Action Network & Silicon Valley Toxics Coalition,
http://www.ban.org/
45
46
Inhaltsverzeichnis
Inhaltsverzeichnis
EINE INNOVATIVE ANTWORT DER INDUSTRIE
Der Standort Angers von Veolia Environmental Services
Eine andere Dimension, eine andere Kultur
„Das Recycling von ausgedienten Elektro- und
Elektronikgeräten hat sich lange nur auf die
Zerlegung beschränkt, die es nicht erlaubte
„alles auf Deponien abzulagern“, erklärt RenéBernard Gallard, technischer Leiter des
Bereichs Elektrische und Elektronische Altgeräte von Veolia Environmental Services
Frankreich. „Heute hat diese Aktivität eine ganz
andere Dimension. Die Beherrschung von
Technologien, Fertigungskontrollen Planung
und Datenmanagement zeugen von einem
Kulturwechsel.“ Mess- und Kontrollgeräte für
Betriebsmittel und detaillierte Analysen der
Bedienungsprozesse zeigen Entwicklungspotenziale auf und sind ein Beweis dafür, dass
Recycling effektiv in das Industriezeitalter
eingetreten ist.
Veolia Environmental Services ist umso besser
auf diese Entwicklung vorbereitet, als das
Unternehmen bereits seit fünfzehn Jahren in
diesem Sektor aktiv tätig ist.
Identifizierung, Zerkleinerung und Extrudieren
von Kunststoffen
Das Recycling der in kleinen Haushaltsgeräten
enthaltenen Kunststoffe – je nach Gerät sind
es zwischen 20 und 50 % des Gewichts – ist
ein komplexes Problem. Vielfalt der Materialien,
Vorhandensein von Flammhemmern oder von
Zusatzstoffen und Entwicklung von Kompositwerkstoffen kennzeichnen diese Schwierigkeiten, denn die aussichtsreicheren Absatzmärkte – ausser diejenigen der energetischen
Abfallnutzung – benötigen homogenes Material:
Monopolymere. Die Automobilindustrie insbesondere benutzt sie seit mehreren Jahren.
Wenn die Ökogestaltung langfristig die Behandlung der Abfälle aus Elektro- und Elektronikaltgeräten erleichtern soll, sind heute die Erkennung und Trennung von Kunststoffen echte
Fragen des Wettbewerbs und Gegenstand
von Forschung und Entwicklung, die mehrere
Techniken vereinen.
Das von Veolia Environmental Services entwickelte Analyseverfahren verbindet infrarote
Spektralfotometrie mit der Benutzung der
umfangreichen Datenbank von Thomson. Die
Parametrisierung des Lesegerätes macht es
möglich, kompatible (das heisst vermischbare)
Kategorien von Kunststoffen zu unterscheiden,
die je nach ihren Spezifikationen wiederverwertet werden können. Dieses Verfahren
identifiziert auch bromhaltiges Material. Bei
dieser Art der Sortierung können Kunststoffe
anschliessend zu Granulaten verarbeitet
und an die verschiedenen Abnehmer versandt werden.
Spektrometrie und Fourier-Transformation
Der Spektrofotometer sendet ein Infrarotsignal, welches mittels Laser auf den Kunststoff gerichtet wird. Das Material wirft einen
Teil der erzeugten Energie zurück. Diese
Reflexion wird gemessen. Mit Hilfe einer
mathematischen Formel – der Fourier-Transformation – ist es möglich, seine chemische
Struktur festzustellen. Dieses Verfahren kann
unabhängig von der Farbe des Materials
angewandt werden, während kurzwelliges
Infrarot nur bei klarem oder lichtdurchlässigem Material benutzt werden kann.
Weisse Ware mit Kältetechnik: Sicherheit,
Leistung und Rückverfolgbarkeit
Das von Veolia in Angers entwickelte Verfahren zur Behandlung von weisser Ware, die
Kältetechnik beinhaltet, ist aus mehreren
Gründen bemerkenswert.
Nach dem Abwiegen und Erfassen der Geräte
werden mittels Unterdruck FKW und Öle aus
den Kompressoren abgesaugt. Die Öle werden
mit Ultraschall gereinigt und wiederverwendet.
Die FKW werden komprimiert, unter Druck in
Fässern gelagert und später entsorgt. Die Kompressoren werden auseinandergebaut.
Jeder Apparat wird dann in einer inerten Atmosphäre zerkleinert. Dieses Verfahren macht
es möglich, alle Kategorien von Geräten zu
behandeln, auch wenn ihre Kälteflüssigkeit
explosionsanfällig ist. Man kann also auf eine
kostspielige und ungenaue Vorsortierung
verzichten. Im gleichen Prozess werden die
FKW aus den Isolierschaumstoffen extrahiert,
wodurch eine Rückgewinnungsrate der FKW
von über 99,5 % erzielt wird.
Das voll automatisierte Verfahren trennt dann
Schaumstoffe, eisenhaltige Metalle, Aluminium
und Kunststoffe und wirft am Ende der Produktionslinie verwertbares Material aus.
Von der ursprünglichen Abwiegung bis zur
Materialbilanz ist die Rückverfolgbarkeit der gesamten Verfahrenskette gesichert. Insgesamt können dadurch 94 % eines Gerätes
wiederverwertet werden, wovon 85 % als
Sekundärrohstoffe gelten.
Inhaltsverzeichnis
Verbrauchte Batterien:
das Beispiel der Schweiz
Jedes Jahr werden in Europa 160000 Tonnen Batterien und tragbare
Akkus von den Verbrauchern weggeworfen. Aufgrund der Schwermetalle,
die bei ihrer Herstellung verwendet werden, stellen sie ein Gesundheitsund Umweltrisiko dar. Eine einzige Knopfzelle verschmutzt einen Kubikmeter Erde ein Jahrhundert lang.
VON DER
VERBRAUCHTEN
BATTERIE zum Rohstoff
Batrec ist das einzige Unternehmen, welches
ein von der japanische Firma Sumitomo
entwickeltes Hightech-Verfahren anwendet.
Salz- und Alkalibatterien werden einer Pyrolyse bei einer Temperatur von bis zu
700 Grad unterzogen. Wasser und Quecksilber verdunsten und werden samt den
gelösten organischen Komponenten (Papier,
Karton und Kunststoff) in eine Nachverbrennungskammer geleitet, wo die Dioxine und
Furane abgebaut werden.
Die dabei entstehenden Gase werden danach
chemisch gewaschen, bevor sie gekühlt und
zu Schlämmen verdichtet werden.
Diese Schlämme werden dann bis zur Verdunstungstemperatur des Quecksilbers
erhitzt, der Quecksilberdampf nochmals
kondensiert und dadurch ein nahezu reines
Material gewonnen.
Parallel dazu werden die Festbestandteile
aus der Pyrolysenphase bei einer Temperatur von 1500 Grad geschmolzen. Die
verkohlten organischen Stoffe fördern dabei
die Reduktion der Mangan- und Zinkoxide.
Bei dieser Temperatur werden Eisen und
Mangan im flüssigen Zustand aus dem Ofen
entnommen, während das als Gas vorhandene Zink in einer Kondensationskammer
zurückgewonnen wird.
Aus einer Tonne verbrauchter Batterien erzielt man mit diesem Verfahren 280 kg
Ferromangan, 230 kg Zink (Reinheitsgrad
98,5 %) und 1 kg Quecksilber (Reinheits
grad 99,99 %).
antizipation und innovation
Die neue europäische Richtlinie hat für jeden Mitgliedstaat die zu erzielende Mindestmenge für
die Sammlung festgelegt: 25 % im Jahr 2012 und
45 % im Jahr 2016. Dank den bereits bestehenden Sammlungsnetzen werden diese Zielsetzungen
heute bereits von sechs Ländern überschritten:
59 % in Belgien, 55 % in Schweden, 44 % in
Österreich, 39 % in Deutschland, 32 % in den
Niederlanden und in Frankreich.
Während in manchen Ländern noch sehr viel
unternommen werden muss, ist die Schweiz ein
absoluter Vorreiter, wo dank einer bereits in den 80er
Jahren eingeführten Politik der Grad der Sammlung
bereits bei 66 % liegt.
Die im Jahr 1989 gegründete Firma Batrec, die
inzwischen zu Veolia Environmental Services gehört, war eine der Ersten, die eine technologisch
effiziente Lösung für die Behandlung von Salz- und
Alkalibatterien vorgeschlagen hat. Damit werden bis
zu 50 % des Gewichts des behandelten Materials als
Metalle wiedergewonnen. 
Inhaltsverzeichnis
für die Veröffentlichung verantwortlich: Dominique Masson
chefredakteur: Roland Pilloni
Koordination: Céline Menain
redaktion: Nicole Aussedat, Florence de Changy, Bénédicte Haquin, Roland Pilloni
gestaltung: Dream On
Beiträge in dieser ausgabe: Jérôme Amar, Emmanuelle Aoustin, Marc-Antoine Belthé,
Jacques Binet, Kristin Brodtkorb Traavik, Grégory Cardot, Laurent Carrabin, Martin Champel,
Martin Curtois, Carol-Anne De Carolis, Gonzague Dejouany, Beate Delkach, Leila Elyafi, Emmanuelle Emonet,
Annica Fiedler, Gérard Fries, René-Bernard Gaillard, Pascal Gauthier, Pascal Geneviève, Philippe Grelon,
Dominique Hélaine, Ghislaine Hierso, Kevin Hurst, Xie Jing, Andreas Krebs, Bernard Lanfranchi, Stéphanie Laruelle,
Jérôme Le Conte, Ludovic Lelièvre, Clément Leveaux, Steffi Meissner, Taïsei Miura, Jorge Mora,
Yannick Morillon, Jean-Pierre Morot, Jacques Musa, Muriel Olivier, Léa Paperman, Fabienne Piotelat,
Delphine Robert, Wilhelm Rosenlund, Nina Steffenhagen, CW Tung, Michel Valache, Christophe Valès,
Françoise Weber, Ralf Witte, Jean-Pierre Ymele, Jinfeng Zhang.
fotos: Veolia Environmental Services, Veolia Environnement, Getty Images
Erik Borseth, Nicolas Guerin, Christophe Majani d’Inguimbert, Jean-Marie Ramès, Francis Sadier, Helge Skodvin
deckblatt: Agnès Marin (Model Maker), Raphaël Devic (Foto)
übersetzung: AGS Traduction, [email protected], +33.1.46.24.61.72
Auf ungestrichenem, holzfreiem Offsetpapier gedruckt, das zu 100 % aus wiederverwerteten Fasern und
ohne Schwermetalle hergestellt wurde. Mit reinen Pflanzentinten und –lacken gedruckt.
Imprim’vert-Siegel
galiléo
Veolia Environmental Services – 38, avenue Kleber, 75116 Paris – Frankreich
www.veolia-proprete.com
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