Austricksen Instinkte

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Austricksen Instinkte
Kurier Gesamtausgabe
25/01/2014
Artikelfläche
56935 mm²
Seite K29
Artikelwerbewert Euro nicht beauftragt
Auflage 245.109
Austricksen
Instinkte
Kopfsache. So kriegen wir unsere Reflexe im Büro in den Griff
VON MAGDALENA VACHOVA
Vor 300 Millionen Jahren war
das Gehirn der Säugetiere bei
Gefahr auf drei Reaktionen programmiert: den Kampf, die
Flucht oder schlicht auf das unauffällige Totstellen. In der Evolution haben uns diese Reflexe
das Leben gerettet. Und obwohl
uns heute am Arbeitsplatzeher
keine Lebensgefahrdroht, überrumpelnuns die uralten Instinkte bei Stress immer noch. Nur
müssen wir heute zivilisiert auf
sie reagieren: Der Kampf mit
Keulen weicht einer verbalen
Konfrontation, die Flucht endet
in einer Rauch-Pause im Meeting und das Totstellen nennt
man heute "Burn-out".
Auf Einladung der Projekt
ManagementAustria referierte
Hirnforscher und Managementtrainer Bernd Hufnagl am Montag über unsere biologischen
Verhaltensmuster und wie sie
unseren ArbeitsalltagbeeinflusSeine Erkenntnis: "Wir arbeiten nicht hirngerecht."
sen.
Innere Bremse ziehen
Zu komplex sei die tägliche Inintransparent unsere Aufgaben, zu unkreativ unsere Lösungen. Wir
versteinern im Angesicht unserer unsicheren Zukunft, das Gehirn schreit "Bleib auf der sicheren Seite" und der Fortschritt
stagniert. Das erzeugt Stress.
Unter diesem Druck schießt
eine Menge Adrenalin in den
Körper-er macht uns übermütig
und für den Kampf bereit. Um
nicht auszurasten, empfiehlt
formationsflut, zu
Bernd Hufnagl für zwei Minuten
auf Distanz zu den Kollegen zu
gehen. So lange braucht das
Stammhirn, um die Aufregung
wieder zu vergessen. "Gehen
Sie auf die Toilette, drehen Sie
kaltes Wasser auf und lassen
Sie es über Ihre Handgelenke
laufen", sagt der Experte.
Durch die Unterkühlung des
Nervus Vagus, unserer "inneren
Bremse", beruhigen wir uns
und bekommen den sprichwörtlichen kühlen Kopfwieder. Das
Gleiche gilt beün Verfassen emotionaler eMails: Zuerst abspeichern, später nochmal lesen und
erst dann gegebenenfalls abschicken.
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"Wir sind für zwei
Dinge gar nicht
gebaut: permanenten
Misserfolg und
permanenten Erfolg."
Bernd Hufnagl
Hirnforscher und Managementtrainer
Schwieriger wird es, sich aufzurappeln, wenn der Körperjegliches Wehren gegen Stress
(Flucht und Kampf) aufgibt.
"Das Herz schlägt, der Muskel
funktioniert, doch man kann
nicht mehr aufstehen." Die
Handlungsunfähigkeitsetzt ein.
Eine, von der sich laut der aktuellen Monster-Jobwechsler-Studie 87 Prozent der Österreicher
bedroht fühlen: Burn-out. Stellen sich Tiere tot, werden sie
von ihren Jägernals unattraktiv
empfunden oder schlicht übersehen. Auch bei Menschen
führt dieser Reflex dazu, dass sie
sich rar machen, in die soziale
Isolation abdriften. Amerikanische Studien fanden heraus, so
Hufnagl, dass das Hormon Oxytocin dafürverantwortlich ist, ob
wir an zu viel Stress erkranken
oder ihm standhalten. Oxytocin
wird bei Empathie und Fürsorge für andere Menschen produziert. Je mehr soziale Kontakte
wir also haben, desto resistenter werden wir bei Aufregung
nicht nur im Berufsleben.
Hirnforscher
Bernd Hufnagl
referierte auf
Einladung der
pma am Montag
in der Galerie
Westlicht in
Wien
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In der Erfolgsspirale
Auch das Aufstehen nach Rückschlägen,das innereMotivieren,
wird durch Hormone verursacht. Unser Gehirn versorgt uns
bei Erfolg mit Dopamin und
merkt sich, wie gut das dem Körper tut. Der Gehirnteil Hypocampus ist -wiederum dafür verantwortlich, dass wir Negatives
schnell vergessen. Die Kombination dieser beiden Reaktionen
pusht uns immer aufs Neue, der
Glückrausch will wieder erlebt
werden.
Läuft es allerdingseineWeile
zu gut, sind wir auch nicht glücklich, sagt Hufnagl. Schlimmer
noch: Die Trägheitsetzt ein. "Wir
sind für zweiDinge gar nicht gebaut: für permanenten Misserfolg und permanenten Erfolg."
Leichtes Spiel fordere uns
nicht. Stets bräuchte der Mensch
Situationen oder Mitstreiter, an
denen er sich messen und wachsen kann. Erst, wenn wir es uns
verdient haben, würde uns das
Gehirn mit Dopamin versorgen.
Und erst dann könne kreative Arbeit und Innovation entstehen.
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