Das Geldwäscherisiko

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Das Geldwäscherisiko
Focus
Januar 2009
Das Geldwäscherisiko:
Prävention, Brennpunkte, Perspektiven
Focus
2
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Januar 2009 /ist
Dasjedoch
Geldwäscherisiko:
Prävention, Brennpunkte, Perspektiven
Informationen
ausgeschlossen.
Verzeichnis
Einleitung
4
Der Einfluss von Schwarzgeld auf nationaler und internationaler Ebene
5
Definition der Geldwäsche
5
Typologie
5
Wie kann Geldwäsche bekämpft werden?
7
Die internationale polizeiliche Zusammenarbeit
7
Die Zusammenarbeit mit dem Privatsektor
7
Der Einfluss von Schwarzgeld: Warum ein Unternehmen wachsam sein muss
8
8
8
Mit welchem Ziel wendet sich ein Krimineller an eine Bank oder einen Versicherer?
Welches Risiko geht das Unternehmen ein?
Unternehmensinterne Anti-Geldwäsche-Verfahren und ihr Zweck
9
Risiko-Mapping
10
Produktbezogene Risiken
10
Kundenbezogene Risiken
10
Vertriebsbezogene Risiken
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Branchenspezifische Empfehlungen zur Erfüllung der strengen Auflagen
11
Bewertung und Anpassung der internen Prozesse bzw. der Richtlinien
12
Verdachtsanzeige
13
Die Finanzfahndungsgruppen (FIUs) stehen im Mittelpunkt
der staatlichen Anti-Geldwäsche Maßnahmen
13
Verdachtsanzeige an eine Finanzfahndungsgruppe (FIU)
16
Rückversicherungsgeschäft und Verhinderung von Geldwäsche
18
Rückversicherer und Compliance im Hinblick auf Anti-Geldwäsche-Regelungen
18
Risikoorientierte Vorsichtsmaßnahmen
18
Kenntnis des Kunden
18
Kenntnis des fakultativen Rückversicherungsgeschäfts
19
Überprüfung des Zahlungsverkehrs
21
Fazit
20
Anhang 1: Risiko-Scoring
21
Anhang 2: Wesentliche Punkte der FATF-Empfehlungen für Finanzdienstleister
und Versicherer zur Bekämpfung der Geldwäsche
23
Einleitung
Das Waschen von Schwarzgeld steht im Mittelpunkt aller
kriminellen Aktivitäten, die internationalen Experten
zufolge jährlich rund 1,5 Milliarden US-Dollar generieren.
Damit diese Finanzmittel in den legalen Wirtschaftskreislauf
eingeschleust werden können, muss das Geld den Anschein
der Legitimität erhalten. Hierfür muss es zunächst eine Reihe
von mehr oder weniger komplexen Transaktionen durchlaufen, wobei meist Verfahren und Technologien genutzt
werden, deren Zweck es eigentlich ist, den Abschluss von
Finanzgeschäften, den Kreislauf von sauberem Geld und
einen reibungslosen Wirtschaftsbetrieb zu erleichtern.
Die so gewaschenen Gelder tragen nicht nur zum Erhalt und zur
Ausbreitung der organisierten Kriminalität bei, sie bedrohen auch
das internationale Finanzsystem, auf institutioneller Ebene fördern
sie die Entwicklung von Korruption und können sogar zu einer
Bedrohung für die Fundamente des Rechtsstaates werden.
Zu dieser Bedrohung durch die grenzüberschreitende Kriminalität
kommt seit den Anschlägen des 11. September 2001 die Bedrohung durch die Finanzierung des internationalen Terrorismus hinzu.
Auf Empfehlung der FATF1 gehen die internationale Gemeinschaft
sowie zahlreiche Einzelstaaten gegen beide Phänomene gleichermaßen vor. Die doppelte Bedrohung hat letztlich dazu geführt, dass
internationale und nationale Instanzen zunehmend Druck auf die
Finanzinstitute ausüben.
Seit der Gründung der FATF durch die G7-Staaten im Jahr 1989
demonstrieren umfangreiche und erweitende Regelwerke den
Willen der Staaten, die partnerschaftlichen Beziehungen zwischen
den Finanzfahndungsgruppen, deren Aufgabe es ist, Verdachtsanzeigen entgegenzunehmen und zu bearbeiten, und den der Sorgfaltspflicht unterliegenden Berufsgruppen und Einrichtungen2 zu
stärken und auszubauen.
Die Berufsverbände haben ihrerseits Empfehlungen erarbeitet, die
für alle ihre Mitglieder verbindlich sind.
Die dritte Europäische Richtlinie vom 26. Oktober 2005, die nach
den Anschlägen in Madrid vom März 2004 verabschiedet wurde,
enthält zwei Neuerungen:
• die Ausdehnung der präventiven Maßnahmen,
• eine
entsprechend
dem
Geldwäscherisiko
abgestufte
Vorgehensweise.
Im Zuge der Anpassung ihrer internen Verfahren an die Richtlinie werden sich die Versicherer gezwungen sehen, das jeweilige
produktspezifische Geldwäscherisiko festzulegen und Profile von
Risikokunden zu definieren.
Diese Richtlinie wird in den Versicherungsunternehmen die Professionalisierung der Geldwäschebeauftragten als Schnittstelle zu den
Finanzfahndungsgruppen (auch als FIU, Financial Intelligence Units,
bezeichnet) vorantreiben.
Mit einem internationalen Netz von Geschäftsstellen, Tochtergesellschaften und Niederlassungen verfügt SCOR Global Life als
einer der weltweit fünf größten Lebensrückversicherer über eine
starke lokale Präsenz und ist damit gegenüber der Geldwäscheproblematik besonders sensibilisiert. Vor diesem Hintergrund haben
wir im Januar 2008 in Paris ein Symposium ausgerichtet, mit dem
Ziel, die aktuellen Entwicklungen des Geldwäschephänomens
vorzustellen und fachliche Denkanstöße zu geben, wie die Sorgfaltspflicht im Finanzbereich mit Bezug auf das neue Regelwerk
umgesetzt werden kann. Ein Teil der vorliegenden Veröffentlichung
ist folglich aus den Vorträgen und Diskussionen dieses Symposiums
hervorgegangen. So auch die Problematik der Rückversicherung im
Kontext der Geldwäsche, die zum Schluss behandelt wird.
Den Vortragenden dieser Veranstaltung möchten wir für ihre
Beiträge danken:
• Béatrice Créancier von der Ermittlungsabteilung bei TRACFIN3
• Christophe Perez-Baquey, Polizeidirektor, Leiter der Zentralen
Behörde zur Bekämpfung von schwerem Finanzbetrug (OCRGDF)
• Jérôme Robin, leitender Zollbeamter, ehemals Referent für Geldwäschebekämpfung bei der frz. Versicherungsaufsichtsbehörde.
Unser Dank geht auch an unsere Kunden, die zahlreich zu diesem
Symposium erschienen sind und es durch viele Fragen bereichert
haben.
(1)Die Financial Action Task Force ist eine zwischenstaatliche Einrichtung,
deren Ziel es ist, Strategien zur Bekämpfung der Geldwäsche
auf nationaler und internationaler Ebene zu entwickeln. Das
Generalsekretariat der FATF befindet sich am Sitz der OECD in Paris.
(2)Die Zahl der Sorgfaltspflichtigen nimmt konstant zu: Finanzberufe
(Banken, Versicherungen, Investmentgesellschaften …), Rechtsberufe
(Notare, Gerichtsvollzieher …), Glücksspielunternehmen sowie
bestimmte Dienstleister (Immobilienagenturen, Edelstein- und
Antiquitätenhandel …).
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(3)TRACFIN: Traitement du Renseignement et Actions contre les Circuits
Financiers clandestins – französische Finanzfahndungsgruppe (FIU).
Der Einfluss von Schwarzgeld auf
nationaler und internationaler Ebene
Definition der Geldwäsche
Die Logik, die der Geldwäschebekämpfung zugrunde liegt, besteht
darin, den Anreiz für diese Form der Kriminalität dadurch zu verringern, dass mögliche Gewinne verhindert werden. Die Umsetzung dieses Ziels setzt insbesondere voraus, dass die Geldwäsche
zu einem Straftatbestand erhoben wird und in möglichst vielen
Ländern eine homogene Rechtsdefinition eingeführt wird, damit
sie grenzüberschreitend verfolgt werden kann.
In Anlehnung an das Übereinkommen der Vereinten Nationen
(Wiener Übereinkommen vom 20. Dezember 1988) und an das
Übereinkommen des Europarats vom 8. November 1990 in Straßburg hat die Financial Action Task Force on Money Laundering
(FATF) maßgeblich dazu beigetragen, den Bereich des Straftatbestands der Geldwäsche zu erweitern. Die wesentlichen Kriterien
hierfür sind nach Auffassung der FATF-Experten:
• „die Umwandlung oder die Verschiebung von Vermögenswerten,
wenn diese aus strafbaren Handlungen stammen, zum Zwecke
der Verheimlichung oder Verschleierung ihres illegalen Ursprungs
oder zur Unterstützung von Personen, die an solchen Handlungen
beteiligt sind, damit diese Personen den Rechtsfolgen ihrer Tat
entgehen,
• die Verheimlichung oder Verschleierung der wahren Natur,
Herkunft, Lage und Abtretung solcher Vermögenswerte in
Kenntnis der Tatsache, dass sie aus einer strafbaren Handlung
stammen,
• der Erwerb, der Besitz oder die Verwendung von Vermögenswerten, wenn demjenigen, der sie erwirbt, besitzt oder verwendet,
bekannt ist, dass sie aus einer strafbaren Handlung stammen.“
Die schrittweise Anwendung eines allgemeinen Geldwäschetatbestands durch die beteiligten Staaten sowie seine Einführung in
das jeweilige nationale Recht gemäß den Empfehlungen der FATF
stellt einen wichtigen rechtlichen Durchbruch im Bereich der strafrechtlichen Verfolgung der Geldwäscheproblematik dar. Betroffen
hiervon sind fortan nicht nur die Gewinne aus dem Drogenhandel,
sondern auch die umfangreichen Erlöse aus verschiedenen Straftaten: illegaler Waffenhandel, Terrorismus, Schmuggel, Betrug,
Korruption, Computerbetrug, Zuhälterei, Veruntreuung von Gesellschaftsvermögen usw.
Formalrechtlich setzt Geldwäsche das „Zusammentreffen mehrerer
strafbarer Handlungen“ voraus, insbesondere eine zugrunde
liegende Straftat, wie beispielsweise den Handel mit gestohlenen
Fahrzeugen. Es ist Aufgabe der Justizbehörden, den doppelten
Beweis zu erbringen: für die Verbindung zwischen den beiden
strafbaren Handlungen und dafür, dass der Geldwäscher Kenntnis
davon hatte.
Die Geldwäscher haben sich jedoch auf die regelmäßige Weiterentwicklung der Anti-Geldwäsche-Systeme im Laufe der letzten
zwanzig Jahre eingestellt und sind auf neue Strategien ausgewichen. Es ist wichtig, hierzu eine entsprechende Typologie zu
erstellen, um Banken und Versicherer bei der Aufdeckung verdächtiger Transaktionen zu unterstützen.
Kein Land bleibt von diesem Phänomen verschont. Ebenso wie
andere europäische Länder, die zwar durchaus Kontrollmechanismen etabliert haben, ist Frankreich nach wie vor ein Empfängerland für kriminelle Gelder. Beispielhaft sind hier die Geschäfte
im Zusammenhang mit den russischen Oligarchen zu nennen, die
in prächtige Immobilien an der Côte d’Azur investiert haben. Das
Kapital stammte aus der Veruntreuung von öffentlichen Geldern
und der Steuerhinterziehung im Zuge der sagenhaften Anhäufung
von Vermögen, die auf die Liberalisierung der russischen Wirtschaft
folgte.
Frankreich ist außerdem ein Ursprungsland für Geldwäscheaktivitäten, deren Erlöse ins Ausland exportiert werden. Hierbei handelt
es sich um gewaschenes Geld aus dem Drogenhandel, mit dem
Personen oder Familiennetzwerke einen Jahresumsatz von rund
600.000 € erwirtschaften. Die Geldwäsche dient als Grundlage
für den Erwerb von Vermögenswerten, oft Immobilien, in ihrem
Herkunftsland.
Typologie
Geldwäsche befindet sich in stetigem Wandel und passt sich
ständig an die neuen Bedingungen an. Die Polizei entdeckt die
neuen Geldwäsche-Muster häufig erst dann, wenn sie bereits von
Kriminellen genutzt wurden. Klammert man Schwarzgeld aus, das
sofort oder später ausgegeben wird, ohne dass es in ein Geldwäschegeschäft mündet, kann Geldwäsche nach drei Gesichtspunkten
unterschieden werden:
von einfach bis kompliziert
Nehmen wir als Beispiel den Drogenhandel, der auf einer familiär
strukturierten Organisation basiert, deren Erlöse über eine Immobiliengesellschaft bürgerlichen Rechts, welche die Möglichkeit des
Erwerbs und der Verwaltung von Immobilien bietet, in Liegenschaften oder Handelsgüter investiert werden.
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Die Polizei wird auf Einzelhandelsgeschäfte aufmerksam, die
scheinbar grundlos in bestimmten städtischen Bereichen prosperieren. Zunächst ging der Trend zu Sportgeschäften, die hochwertige Produkte in den Randzonen einiger Großstädte verkauften.
Darauf folgten Telefonshops und schließlich Kebab-Restaurants,
deren Einrichtung freilich mit illegalen Geldern finanziert wurde.
Letztere haben den zusätzlichen Vorteil, dass Einkünfte aus
anderen Geschäften gewaschen werden können; der Umsatz kann
beträchtlich sein, für die zuständigen Stellen ist eine Überprüfung
der Kundschaft schwierig.
Anlässlich einer Ermittlung konnte die Polizei sogar die Verbindung
zwischen einem solchen Restaurant und der Terrorismusfinanzierung feststellen. Die Gäste hatten die Möglichkeit, Spenden in eine
im Restaurant aufgestellte Spendendose einzuwerfen; das gesammelte Geld wurde dann an eine Vereinigung gezahlt, welche Überweisungen an eine Person tätigte, gegen die wegen Beteiligung an
einem Anschlag ein internationaler Haftbefehl vorlag.
Es gibt auch kompliziertere Muster unter Beteiligung von Mantelgesellschaften, Holdings usw. Hierzu gehört der Betrug mit „Timesharing“, d. h. mit dem Verkauf von Teilzeit-Wohnungen.
Geschädigte aus Frankreich und Spanien kauften nicht existierende
Wohnungen als „Timesharing“. Die beträchtlichen Erlöse aus
diesem Betrug wurden in ein Schloss in der Normandie investiert,
nachdem das Geld über Scheinkonten einmal rund um die Welt
geflossen war. Ein banaler, zufälliger Brand brachte nun aber Geldbewegungen zur Finanzierung der Instandsetzung in Gang. Diese
Geldbewegungen zogen die Aufmerksamkeit der Polizei auf sich,
welche eine Untersuchung einleitete: Ermittlungen deckten auf,
dass das Schloss dazu diente, die aus dem Betrug erzielten Gelder zu
waschen. Der Eigentümer, ein Brite, stand kurz davor, das Schloss,
das er in den 1990er Jahren für 2 Millionen Francs erworben hatte,
für einen Preis von 10 Millionen Francs zu verkaufen. Es wäre ein
spektakulärer Gewinn gewesen, wenn die Transaktion hätte abgeschlossen werden können.
vom Amateur zum Profi
Das Muster des Normandie-Schlosses geht über die Kompetenzen
eines einfachen Geldwäschers hinaus und macht die Inanspruchnahme von Profis notwendig. So wurde gegen zwei Anwälte, die
die kompletten zur Geldwäsche benötigten rechtlichen Strukturen
aufgebaut hatten, ein Ermittlungsverfahren eingeleitet. Es muss
betont werden, dass die Weiterleitung von Geldern zweifelhafter
Herkunft immer häufiger Sache von Spezialisten ist, die als Dienstleister diesen Service kriminellen Organisationen anbieten, welche
ihre illegal erworbenen Gelder schnell in den legalen Bereich überführen wollen.
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Wenn Geldwäschegeschäfte vor Gericht kommen, müssen sich
auch Bankangestellte rechtfertigen. Bei einer Untersuchung zeigte
sich, dass einige französische Bankfilialen sogar die Bareinzahlung
von Geldern in Blecheimern akzeptierten. Das Geld wurde anschließend ins Ausland transferiert. Die Bank hatte zwar eine Anti-Geldwäsche-Schulung durchgeführt, diese erwies sich aber aufgrund
menschlicher Schwächen als unwirksam.
Auch mit Versicherungsfachleuten sieht sich die Polizei konfrontiert.
Kürzlich wurden Ermittlungen wegen des Mordes an einem Makler
in Afrika geführt. Dieser arbeitete für eine französische Versicherungsgesellschaft. Die Ermittlungen ergaben, dass er zweifelhafte
Investitionen für seinen einzigen Kunden getätigt hatte, der bei der
örtlichen Polizeidienststelle überdies gut bekannt war.
Seitdem die Banken Instrumente zur Aufdeckung von Geldwäschevorgängen eingeführt haben, verlagert sich ein Teil der Transaktionen auf parallele Wege. So werden die Gelder an Vertrauenspersonen übergeben, die sie verwahren und dem Kriminellen auf
Wunsch wieder aushändigen. In der Zwischenzeit kann das Geld zu
hohen Zinsen verliehen werden. Kasinos sind eine bevorzugte Zielscheibe krimineller Organisationen, weil die Banken dieser Einrichtungen über die Gelder nach Belieben verfügen können.
Neben diesen professionell geführten Aktivitäten gibt es wahre
Amateure. Der Erlös der illegalen Tätigkeit wird auf einem Bankkonto des Kriminellen deponiert, der daraufhin eine Versicherung
abschließt. Die Nachverfolgung ist einfach und die Beweise leicht
zu erbringen.
international oder lokal
Geldwäsche findet einerseits international über Briefkastenfirmen
statt; andererseits kann sie lokal begrenzt auftreten. Dies ist hauptsächlich beim Drogenhandel der Fall.
Jede Geldwäscheaktivität beruht auf gegensätzlichen Zielsetzungen:
• schnelle Durchführung, da die Kriminellen ihre Gelder zeitnah
benötigen,
• komplizierte Verfahren, um die Spuren zu verwischen und eine
Rückverfolgung zu verhindern,
• Bestreben nach ständiger Sicherheit für die am Geldwäscheprozess beteiligten Personen und Gruppierungen.
Hierfür werden ausgefeilte Methoden eingesetzt, die scheinbar
gesetzeskonform sind. So zum Beispiel durch die Gründung von
Tarnfirmen, die eine echte Geschäftstätigkeit haben, aber als
Vorwand genutzt werden, um legal erwirtschaftetes Vermögen
mit Schwarzgeld zu vermischen. Oder auch fiktive Firmen, von der
FATF als Scheinfirmen bezeichnet, die keinerlei Geschäftstätigkeit
haben und nur dazu dienen, den Anschein von Seriosität zu geben
und die Anonymität zu wahren. Diese Firmen sind im Allgemeinen
über mehrere Kontinente verstreut und haben ihren Sitz oft in
Rechtsparadiesen.
Die missbräuchliche Verwendung von Dokumentenakkreditiven
beispielsweise impliziert die Beteiligung von mehreren Handelsgesellschaften, die unter der Kontrolle von kriminellen Organisationen
eine fiktive Verschiffung von Waren vornehmen. Die Internationalisierung des Geldwäscheverfahrens macht die Rückverfolgung der
Gelder freilich sehr schwierig.
Der Drogenhandel von Afghanistan aus illustriert perfekt, wie eine
Schattenwirtschaft in weltweitem Umfang funktioniert: Aus der
Jahresernte von 6.000 Tonnen Opium können 1.200 Tonnen Heroin
mit einem Marktwert von 195 Milliarden US-Dollar hergestellt
werden. Der Vertrieb der Ware und die Verschiebung des gigantischen Erlöses bedingen ein wahres „Kriminalitätsmanagement“
mit einer perfekten Organisation und Verzweigungen rund um den
Globus unter Einsatz der verschiedensten Techniken: Briefkastenfirmen, elektronische Überweisungen, Investitionen in Lebensversicherungen, Scheinrechnungen, Börsengeschäfte, Devisenhandel
usw.
Geldwäsche tritt aber auch lokal auf. So werden die Barsummen,
die ein Drogenhändler bei seinen zahlreichen Dealern einsammelt,
um keinen Verdacht zu erregen, nicht auf ein einziges Bankkonto,
sondern in Splitterbeträgen auf vielen Konten eingezahlt, die bei
mehreren Banken auf den Namen verschiedener Personen eingerichtet wurden. Diese Finanzmittel können dann bei mehreren
Lebensversicherungsgesellschaften angelegt werden. Bei dieser
vorwiegend lokal angewendeten Methode, die vor einigen Jahren
durch die Polizei aufgedeckt wurde, gibt es keine internationalen
Strukturen.
Wie kann Geldwäsche bekämpft
werden?
Die Mobilisierung der internationalen Staatengemeinschaft und die
Schaffung eines rechtlichen Rahmens zur Bekämpfung der Geldwäsche gehen Hand in Hand mit einer Verstärkung der Ermittlungskapazitäten der Strafverfolgungsbehörden, einer besseren Koordination der Justiz und der Zusammenarbeit der Finanzinstitute.
Die internationale polizeiliche Zusammenarbeit
Die Internationale Kriminalpolizeiliche Organisation (IKPOINTERPOL) ist mit 187 vertretenen Mitgliedsstaaten nach den
Vereinten Nationen eine der größten internationalen Organisationen der Welt. Sie spielt weltweit die tragende Rolle beim polizeilichen Informationsaustausch. Jeder Mitgliedsstaat unterhält ein
sogenanntes Nationales Zentralbüro (NZB), das der Koordination
zwischen dem INTERPOL-Generalsekretariat in Lyon und den NZB
aller Mitgliedstaaten dient. INTERPOL hat die Bekämpfung der
Geldwäsche zu einer ihrer Prioritäten erhoben. Sie hat jüngst das
Millenium-Projekt erarbeitet, das aus einem gemeinsamen Informationssystem besteht, einer Zusammenführung der elektronischen
Daten aller registrierten Straftäter, also von mehr als 125 000
Personen. Parallel zur Verwaltung dieser operativen Datensammlung aktualisiert INTERPOL alle qualitativen Daten über die Entwicklung der großen illegalen Handelsgeschäfte auf internationaler
Ebene und stellt auf Anfrage der Justizbehörden internationale
Haftbefehle aus.
EUROPOL wurde erst in jüngerer Zeit als europäisches Amt für
polizeiliche Zusammenarbeit gegründet und umfasst Vertreter der
Polizeikräfte aus allen Staaten der Europäischen Union. Die Kompetenzen der Behörde wurden auf die Bekämpfung der Geldwäsche
ausgeweitet. Sie hat die Aufgabe, die Maßnahmen im Kampf gegen
die Kriminalität in der EU zu erleichtern, indem sie die Ermittlungen
der staatlichen Strafverfolgungsbehörden mit Beratung und technischer Hilfe unterstützt und den Datenaustausch zwischen den
Verbindungsbeamten organisiert, die von den Staaten an ihren Sitz
in Den Haag entsendet werden. Zwischen INTERPOL und EUROPOL
besteht eine enge Zusammenarbeit, wobei zu betonen ist, dass
letztere keine Unterabteilung von INTERPOL auf europäischer
Ebene ist.
Viele Länder verfügen über spezielle Behörden zur Bekämpfung
von Finanzkriminalität und insbesondere auch von Geldwäsche.
Diese Behörden haben im Allgemeinen den Auftrag, die Strafverfolgung auf nationaler Ebene zu koordinieren, sämtliche Informationen der lokalen Dienststellen zu analysieren sowie die Regierung
und die internationalen Organisationen über die Entwicklung zu
informieren.
Die Zusammenarbeit mit dem Privatsektor
Seit dem Ende der 1980er Jahre haben die meisten Staaten, die
nationale Rechtsvorschriften zur Geldwäsche erlassen haben, ein
System eingeführt, das die Finanzinstitute verpflichtet, jede Transaktion, die im Verdacht steht, Geldwäscheaktivitäten zu verschleiern,
den Behörden zu melden.
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Die Bekämpfung der Geldwäsche lässt sich daher mit einer Kette
von Alarmglocken vergleichen. Die erste Alarmglocke wird von den
meldepflichtigen Instanzen geläutet. Der Alarm wird an die FIU
weitergeleitet, die ihrerseits Alarm schlägt und den Staatsanwalt
und auch die zuständige Polizeidienststelle informiert. Wenn eine
der Alarmglocken nicht angestoßen wird, funktioniert das System
nicht. Die Beziehungen zum Privatsektor sind also eine Frage der
partnerschaftlichen Zusammenarbeit.
Dies kann allerdings dazu führen, dass die meldepflichtige Instanz
in die Untersuchungen mit einbezogen wird. Bei ihren Ermittlungen
gegen kriminelle Organisationen führt die Polizei Hausdurchsuchungen durch. Findet man dabei Unterlagen zu einem Versicherungsportfolio, wird der Versicherer befragt, um weitere Informationen über die von den Kriminellen getätigten Investitionen zu
erhalten sowie über die Bedingungen, unter denen die Verträge
abgeschlossen wurden.
Die Partnerschaft mit dem Privatsektor wird in allen Ländern, die
die FATF-Standards in ihre Gesetzgebung aufgenommen haben, in
ähnlicher Weise umgesetzt. Zurzeit gibt es weltweit etwa 106 FIUs.
Sie haben die Aufgabe, Meldungen über verdächtige Transaktionen
entgegenzunehmen.
Der Einfluss von Schwarzgeld: Warum
ein Unternehmen wachsam sein muss
Mit welchem Ziel wendet sich ein Krimineller an
eine Bank oder einen Versicherer?
Der Kriminelle will sein Geld anlegen, waschen und auf sichere
Weise wieder in seinen Besitz bringen. Kolumbianische Drogenhändler hatten in den 1980er Jahren beträchtliche Dollar-Summen
angehäuft, die ohne Verwendung blieben. Die Geldwäsche war die
einzige Möglichkeit, diese Gelder durch Firmengründungen, Eröffnung von Bankkonten, Kauf von Immobilien oder Versicherungsprodukten einer Verwendung zuzuführen.
Wichtigstes Ziel der Kriminellen ist, einen Zugangspunkt in den
Wirtschaftskreislauf zu finden. Dafür sind sie zu allem bereit:
Täuschung, Korruption, Erpressung, Drohung. Für die Angehörigen
der Finanzberufe gilt es, diese Art von Praktiken aufzudecken.
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Die Behörden verlangen dabei nichts Unmögliches von ihnen; es
geht darum zu melden, was auffällig ist. Typisches Beispiel ist
der Traumkunde, den niemand kennt, der aber große Geldsummen
bringt.
Bei einigen Bankfilialen in Frankreich waren die Umsatzzahlen
das Problem. Der Druck von oben zur Steigerung der Geschäftstätigkeit war so groß, dass ein Filialleiter nach einfachen Wachstumslösungen suchte. Er willigte schließlich ein, mit einem kolumbianischen Drogenhändler zu verhandeln, der Geld aus seinen
Kokaingeschäften waschen wollte.
Welches Risiko geht das Unternehmen ein?
Es gibt ein doppeltes Risiko: Es drohen Straffälligkeit und Imageschaden. Eine Strafsache oder ein polizeiliches Ermittlungsverfahren
hat dieselbe Wirkung wie ein Gerücht. Wir leben in einer Informationsgesellschaft. Das Imagerisiko ist reell, jeder Fehler wird sofort
bekannt. Ist die Medienmaschinerie erst einmal in Gang gebracht,
kann sie nicht mehr gestoppt werden. Das Image eines Unternehmens spielt aber eine wichtige Rolle für sein Geschäftsergebnis.
Wie kann ein Finanzdienstleister ein sauberes Image bewahren,
wenn er möglicherweise in eine Geldwäscheaffäre verwickelt ist?
Indem er beweist, dass er alles Nötige zur Aufdeckung getan hat.
Polizei und Justiz können durchaus einen fahrlässigen von einem
vorsätzlichen Fehler unterscheiden.
In strafrechtlicher Hinsicht riskiert der Mitarbeiter, der sich durch
sein Wegsehen an der Geldwäscheaktion beteiligt, ein Ermittlungsverfahren. Es ist das Ergebnis einer ganzen Fehlerkette: Durchlässigkeit eines Angestellten für das organisierte Verbrechen, Nichtaufdeckung eines verdächtigen Kunden, Schwäche gegenüber
dem Traumkunden, der einen „Mehrwert“ bedeutet, aber, wenn
er aufgedeckt wird, ein maximales Strafrisiko darstellt.
Schwarzgeld übt also einen starken Druck auf alles aus, was den
Kriminellen einen Zugang zum legalen Wirtschaftskreislauf ermöglicht. Letztere sind dabei sehr erfindungsreich, und ihre heutigen
Methoden unterscheiden sich von den gestrigen. Die Aufgabe der
Beteiligten im Finanzbereich ist nicht einfach, aber sie ist vor allem
eine Frage des gesunden Menschenverstands und des Reaktionsvermögens. Die Behörden verlangen nicht, dass Geldwäscheringe
oder Netzwerke der Terrorismusfinanzierung aufgedeckt werden,
was schwierig wäre, sondern schlicht und einfach Auffälligkeiten
zu erkennen und eine Reaktionskette in Gang zu setzen, die mit
einer Verdachtsanzeige an die FIU beginnt.
Unternehmensinterne Anti-GeldwäscheVerfahren und ihr Zweck
Die Internationale Vereinigung der Versicherungsaufsichtsbehörden
(International Association of Insurance Supervisors - IAIS), in der
Kontrollgremien aus ca. 160 Ländern vertreten sind, hat auf der
Grundlage der FATF-Empfehlungen einen Leitfaden für die Ausarbeitung eines internen Verfahrens für Versicherungsgesellschaften
entwickelt4. Insgesamt ist zu beobachten, dass die Aufsichtsbehörden bei der Überwachung der Compliance eine immer wichtigere Rolle spielen. Dies ist damit zu erklären, dass diese Branche
ihre internen Verfahren erst später als die Banken entwickelt hat.
In Frankreich, beispielsweise, hat die französische Versicherungsaufsicht ACAM5 nach der Einleitung von Ermittlungen gegen
Führungskräfte französischer Finanzinstitute und den Ereignissen
vom 11. September 2001 eine Reihe spezieller Maßnahmen zur
Bekämpfung der Geldwäsche im Versicherungswesen entwickelt.
Ein Bericht über Stichproben bei einem Panel von Versicherungsund Kapitalisierungsunternehmen hatte nämlich, vor allem im
Vergleich zum Bankensektor, einige Schwachstellen in Bezug auf
die Anti-Geldwäsche-Regelungen dieser Unternehmen aufgedeckt.
Seitdem hat sich die Situation verbessert. Geldwäsche wird nun
nicht mehr als isoliertes Risiko, sondern im Gesamtzusammenhang
wahrgenommen.
In Großbritannien hat die Finanzaufsicht Financial Services Authority (FSA) den Geldinstituten strenge Regeln auferlegt, um sie zur
Zusammenarbeit mit den Behörden zu bewegen.
In mehreren lateinamerikanischen Ländern haben die Aufsichtsbehörden die Versicherungsgesellschaften aufgefordert, innerhalb
einer bestimmten Frist Anti-Geldwäsche-Prozesse umzusetzen
und im Falle einer nicht fristgerechten Umsetzung mit Sanktionen
gedroht.
Wie für die Aufsichtsbehörden vieler anderer Staaten
besteht auch für die Financial Services Authority eine
Auskunftspflicht gegenüber Justiz und Polizei, wenn
im Zuge einer Überprüfung in einem Kreditinstitut
Unregelmäßigkeiten aufgedeckt werden.
„Die FSA arbeitet bei der Bekämpfung der
Geldwäsche eng mit der Polizei und anderen
Strafverfolgungsbehörden zusammen. In diesem
Fall (es ging um einen Versicherungsmakler, der
verdächtigt wurde, 8 Millionen Pfund gewaschen zu
haben) war es die Polizei. Alle Finanzinstitute müssen
ihre Rolle wahrnehmen und die Vorschriften der FSA
zur Identifizierung, Meldung und Verhinderung von
Geldwäsche einhalten. Wenn wir Schwachstellen
entdecken, zögern wir nicht, entsprechende
Maßnahmen zu ergreifen.“
Carol Sergeant, Generaldirektorin der FSA.
Ziel eines internen Prozesses zur Bekämpfung der Geldwäsche ist
die Verringerung des Geldwäscherisikos für das Unternehmen.
Die Ausarbeitung und Umsetzung solcher Prozesse sind für ein
Unternehmen zwar aufwendig, aber letztendlich geht es vor
allem um die Absicherung der Geschäftstätigkeit, den Schutz des
Firmen- und Mitarbeiterimages und schließlich um den Schutz des
Finanzvermögens.
Die Geldmengen, die von den Versicherungsgesellschaften verwaltet
werden, sind beträchtlich: 75 % des Prämienaufkommens werden
im Lebensversicherungsbereich generiert, der Rest verteilt sich auf
die Schadenversicherung und die anderen Sparten. Die meisten
Experten sind nun aber der Auffassung, dass gerade die Lebensversicherung am anfälligsten für Geldwäsche ist. Zwar ist die Schadenversicherung auch nicht ohne Risiko, allerdings steht sie weniger
im Fokus. Das Risiko betrifft also vorwiegend, wenn auch nicht
ausschließlich, die Lebensversicherung.
(4)International Association of Insurance Supervisors – Guidance Paper on
anti-money laundering and combating the financing of terrorism, 2004.
(5)ACAM: Autorité de Contrôle des Assurances et des Mutuelles –
Frankreich (www.acam-france.fr).
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Risiko-Mapping
Beim Anti-Geldwäsche-Prozess kommt es darauf an, dass das
Unternehmen in der Lage ist, seine Risiken einzustufen. Es gibt drei
Arten von Risiken:
1. produktbezogene Risiken
2. kundenbezogene Risiken
3. vertriebsbezogene Risiken
Diese können in ein Scoring-System eingetragen und dort dargestellt werden6. Ihre Bewertung ist also die Grundlage für den AntiGeldwäsche-Prozess, dessen Ziel es ist, die Risiken zu antizipieren.
Versicherer – und dies gilt in noch größerem Ausmaß für Banken
– sagen immer wieder und ganz zu Recht, dass sie keine Polizisten sind. Ihnen obliegt eine Sorgfaltspflicht, d.h. diese Branche
ist verpflichtet, bestimmte Vorkehrungen zu treffen, sie unterliegt
jedoch keiner Leistungspflicht.
Die Anti-Geldwäsche-Verfahren sind zunächst eine Verpflichtung,
die sich aus einem Gesetz ergibt, das sich an den FATF-Empfehlungen orientiert. Im Konzept dieser Verfahren kommt der angelsächsische Einfluss zum Ausdruck: Anti-Geldwäsche-Verfahren,
interne Revision und Wirtschaftsprüfung gehen hier ineinander
über.
Die internationalen Standards der FATF umfassen alle dem Finanzsektor auferlegten Verpflichtungen; sie sind in den 40 Empfehlungen aus dem Jahr 1990 enthalten, in die bei der Überarbeitung
im Jahr 2003 u.a. die Bekämpfung der Terrorismusfinanzierung neu
aufgenommen wurde.
Empfehlung 15 schreibt den Finanzinstituten vor, „Programme
gegen Geldwäsche und Terrorismusfinanzierung zu entwickeln“.
Diese sollten Folgendes beinhalten:
ie Entwicklung interner Richtlinien, Verfahren und Kontrollen
d
einschließlich geeigneter Vereinbarungen zur Erfüllungsorganisation sowie geeigneter Kontrollverfahren, um bei der Anwerbung
von Angestellten hohe Standards wahren zu können,
fortlaufende Weiterbildungsprogramme für die Beschäftigten,
evisionssysteme bzw. eine Buchprüfungsfunktion, um das
R
System zu testen.
(6)s. Beispiel eines Risiko-Scorings im Anhang.
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Produktbezogene Risiken
Diese Risiken betrifft die sich aus dem Versicherungsvertrag ergebende Anfälligkeit für Geldwäscheaktivitäten: Art und Dauer der
Leistungen, eventueller Rückkauf, vorzeitige Leistungen oder
Verzicht, Flexibilität bei der Kapitalbildung und Anpassungsmöglichkeit des Versicherungsschutzes. Das Anti-Geldwäsche-Verfahren
muss den unterschiedlichen Merkmalen der Produkte Rechnung
tragen und die zu ergreifenden Maßnahmen definieren, um bestehende Risiken so gut wie möglich eindämmen zu können.
Kundenbezogene Risiken
Hierbei geht es um die „Customer Due Diligence – Know Your
Customer”, die Feststellung der Kundenidentität, auch „KYC“
genannt. Diese Konzepte kommen eigentlich aus dem Bankenbereich, sie wurden ursprünglich vom Basler Ausschuss7 definiert.
Heute werden sie von Finanzinstituten wie Banken, Investmentfirmen und Versicherungen angewendet.
Ist der Finanzdienstleister mit einem Risiko oder einer verdächtigen
Transaktion konfrontiert, muss er auf Grundlage einer verfeinerten
Analyse des Kundenprofils reagieren. Anhand dieser Überprüfung
muss er die Gesamtheit der Transaktionen dieses Kunden verstehen
und gegebenenfalls eine Verdachtsanzeige abgeben.
Seinen Kunden zu kennen bedeutet zuerst einmal, sein berufliches
Umfeld zu kennen. Jemand, der über geringe finanzielle Mittel
verfügt oder ein soziales und berufliches Profil hat, das nicht zum
Abschluss einer hohen Versicherungssumme passt, sollte als erstes
Alarmzeichen gewertet werden. Im Zuge einer Überprüfung, die
dann zu Sanktionen seitens der Aufsichtsbehörde führte, wurde
festgestellt, dass eine Versicherungsgesellschaft in sehr kurzer Zeit
sehr hohe Bareinzahlungen verzeichnete, und zwar von Personen,
die soweit bekannt über keine finanziellen Mittel verfügten, Anfang
(7)bzw. „Basler Ausschuss für Bankenaufsicht“: ein Gremium, das 1974
von den Präsidenten der Zentralbanken der G10-Staaten bei der Bank
für internationalen Zahlungsausgleich in Basel gegründet wurde. Er tagt
viermal im Jahr und setzt sich derzeit aus Vertretern der Zentralbanken
und Bankaufsichtsbehörden der folgenden 13 Länder zusammen:
Belgien, Deutschland, Frankreich, Italien, Japan, Kanada, Luxemburg,
Niederlande, Schweden, Schweiz, Spanien, USA und Großbritannien.
Aufgaben des Basler Ausschusses für Bankenaufsicht:
• Stärkung der Sicherheit und Verlässlichkeit des Finanzsystems
• Erlass von Mindeststandards und Richtlinien für die Bankenaufsicht
• Verbreitung und Förderung von Bank- und Aufsichtspraktiken mit
Vorbildcharakter
• Förderung der internationalen Zusammenarbeit der Aufsichtsbehörden.
Außerdem dient der Ausschuss als informelles Forum, um
Informationen über die Entwicklung der Vorschriften und
Aufsichtspraktiken auf nationaler Ebene und über aktuelle Ereignisse
im Finanzbereich auszutauschen.
zwanzig waren und aus einem Ballungsgebiet stammten. Hätte
man genauere Kenntnisse über diese Kunden gehabt, wären diese
Vertragsabschlüsse womöglich gar nicht erst zustande gekommen.
Die Frage der Feststellung der Kundenidentität ist aber nicht immer
einfach, denn die Versicherer bewegen sich in einem wettbewerbsintensiven Umfeld. Einen Kunden um bestimmte Auskünfte
über seine Person und seine Vermögens- oder sogar seine steuerliche Situation zu bitten, kann für den Kunden, aber auch den
Kundenberater unangenehm sein. Dabei konkurrieren – verständlicherweise – Geschäftsinteressen mit den Forderungen der
Behörden.
Hier liegt zweifellos eine der Hauptschwierigkeiten, nämlich das
richtige Gleichgewicht zwischen der genauen und umfassenden
Kenntnis der Kunden, den Geschäftsinteressen und der Erfüllung
gesetzlicher Pflichten zu finden.
Das Risiko kann auch geografischer oder geopolitischer Natur sein.
Es kann juristische Personen betreffen, insbesondere im Zusammenhang mit bestimmten rechtlichen Strukturen, die ein größeres
Risiko bergen.
Vertriebsbezogene Risiken
Ein Vertriebsnetz aus eigenen Mitarbeitern ermöglicht eine bessere
Beherrschung der Risken, da die Unternehmensmitarbeiter die
betriebsintern vorgeschriebenen Verfahren auch anwenden. Das
gilt auch für ein Vertreternetz. Dagegen kann ein Maklernetz mit
Schwierigkeiten behaftet sein: Welche Anforderungen kann man
gegenüber einem Vermittler stellen?
Die Versicherungsaufsicht ist, analog zur Bankenaufsicht und den
von ihr erlassenen Sanktionsmaßnahmen, der Auffassung, dass der
Makler eine spezifische Verantwortung im Hinblick auf die Bekämpfung der Geldwäsche trägt, die sowohl zivil- als auch berufsstandesund sogar strafrechtliche Sanktionen nach sich ziehen kann. Versicherungsgesellschaft und Makler sind zwei getrennte juristische
Personen, die jeweils haftbar sind. Sie unterhalten vertraglich geregelte Beziehungen. Die Aufsichtsbehörde will so erreichen, dass der
Makler ein dem Anti-Geldwäsche-System des Versichers vergleichbares Verfahren einrichtet.
Darüber hinaus stellt sich die Frage, ob die Versicherung den Makler
kontrollieren muss. Die Aufsichtsbehörde dürfte dies eher bejahen,
aber ohne vorherige Übereinkunft zwischen den beiden Parteien
scheint dies sowohl praktisch als auch rechtlich problematisch zu
sein.
Diese unterschiedlichen Risikokriterien können im Prozess zur
Bekämpfung der Geldwäsche mithilfe eines Risiko-Scorings umgesetzt werden. Hintergrund für dieses Scoring ist eine besondere
Sorgfaltspflicht und die Verpflichtung der Versicherungsgesellschaft bzw. des Maklers, eine entsprechende Präventionsstrategie
zu entwickeln. Diese Sorgfaltspflicht, die mit vielen Vorgaben und
viel Bürokratie verbunden, aber unabdingbar ist, ergibt sich aus
komplexen Rechtstexten, die den Finanzdienstleistern allerdings
große Freiheiten bei der Gestaltung ihres Systems zur Bekämpfung
der Geldwäsche lassen.
Branchenspezifische Empfehlungen zur Erfüllung
der strengen Auflagen
Dieser große Freiraum spiegelt sich auch in den von der Aufsichtsbehörde 2005 veröffentlichten Empfehlungen wider. Allerdings hat
die Behörde bei einigen Verpflichtungen Anforderungen festgelegt,
die über die gesetzlichen Vorgaben hinausgehen. Gleichwohl hat
jeder Anbieter völlig freie Hand, wie er die Umsetzung gestaltet.
Die Empfehlungen betonen insbesondere die folgenden Punkte:
• Abfassung und Verabschiedung von schriftlich niedergelegten
Regeln und Verfahrensweisen zur Vermarktung von Verträgen
und der Kundenbetreuung,
• Verteilung dieser Regeln und Verfahrensweisen als Papierversion
und, falls möglich, zusätzlich als Online-Version,
• IT-gestützte Analyse der Aktivitäten, um fragwürdige Transaktionen leichter zu entdecken und regelmäßige Reportings zu
erstellen. Die IT-gestützte Analyse muss eine Nachverfolgung
der Zahlungen und Erstattungen nach Betrag, Datum, Herkunft,
Empfänger und Gesamtaufstellung der Verträge je Kunde
ermöglichen,
• Erstellung von Kundenidentifizierungsbögen mit Informationen
über die Vertragsparteien (Legitimationsprüfung),
• bei sog. untypischen Transaktionen oder hohen Beträgen: die
Aufsichtsbehörde empfiehlt in diesen Fällen eine erhöhte Sorgfalt
in Bezug auf die innere Logik der Transaktion, die Identität der
Vertragsparteien und eine gute Kenntnis der Letzteren, Herkunft
und Bestimmung der finanziellen Mittel, Einholung von Informationen über das Finanzinstitut, von dem die Mittel stammen und
über das Empfängerinstitut, an das das Geld geht und verwendete Zahlungsmittel (Scheck, Überweisung usw.).
Januar 2009 / Das Geldwäscherisiko: Prävention, Brennpunkte, Perspektiven
11
Bewertung und Anpassung der internen Prozesse
bzw. der Richtlinien
Ein Verfahren muss auditiert, bewertet und fortlaufend verbessert werden.
Interne Richtlinien zur Bekämpfung der Geldwäsche sind kein totes
Dokument, sondern im Gegenteil ein Hilfsmittel für betriebliche
Abläufe, das ständig weiterentwickelt wird und daher neu angebotene Vertragsarten, neue Partner und neue Vorschriften berücksichtigen muss.
Kurz gesagt, handelt es sich hier um einen dynamischen Prozess,
der je nach Unternehmen, Produkten und Unternehmensstruktur
weiterentwickelt werden kann.
Wie die Banken- und die Finanzmarktaufsicht bewertet auch die
Versicherungsaufsicht zuerst die Übereinstimmung der internen
Richtlinien mit den geltenden Bestimmungen.
Wurden alle für das Finanzinstitut geltenden rechtlichen Pflichten
in den Richtlinien richtig umgesetzt, d.h. Themen wie Überprüfung der Identität, Kenntnis der Kunden, Bestellung eines Geldwäschebeauftragten, Stichhaltigkeit und Inhalte der Verdachtsanzeige
usw.? Nachdem die Übereinstimmung des Verfahrens mit den rechtlichen
Vorschriften überprüft worden ist, bewertet die Aufsichtsbehörde
mittels Stichproben aus den vorhandenen Unterlagen seine operative Umsetzung.
So versucht sie, Rolle, Stellung und Einfluss der Geldwäschebeauftragten zu bewerten, die Art, wie die Identität eines Kunden überprüft wird und wie sein Profil beurteilt wird. Gründlich überprüft
wird auch, wie das Unternehmen den Grundsatz des Herkunftsnachweises anwendet.
12
Januar 2009 / Das Geldwäscherisiko: Prävention, Brennpunkte, Perspektiven
Die Identifizierung der Herkunft der Gelder ist in der Beziehung
zwischen Kunde und Versicherer ein äußerst sensibles Thema;
wenn ein Anlageberater einem extrem anspruchsvollen und sehr an
Diskretion gelegenen Kunden eine mehrere Millionen Euro umfassende Anlage anbietet, kann das für das Unternehmen riskant
sein: Es ist hier in der Tat schwieriger, die Information zusammenzutragen als bei einem Kunden mit Standardprofil. Aber so sieht
es eben in der Praxis aus. Die Sanktionsmaßnahmen, die von der
Versicherungsaufsicht, aber auch von der Bankenaufsicht verhängt
wurden, betrafen größtenteils die mangelnde Sorgfalt der Versicherung oder des Kreditinstituts bei der Ermittlung der Herkunft
der Gelder.
Die Kontrolle umfasst auch die Analyse des Vertriebsnetzes für
die Produkte und seine Auswirkungen auf die Anti-Geldwäsche-Maßnahmen. Die Analyse des Netzes ermöglicht es, spezifische Risiken des Unternehmens aufzuzeigen, je nachdem,
ob es mit eigenen Mitarbeitern, Maklern oder Bankpartnern
zusammenarbeitet.
Die Aufsichtsbehörde erstellt einen Bericht, der einem Wirtschaftsoder Betriebsprüfungsbericht ähnelt. An dieser Stelle muss angemerkt werden, dass die Behörde kein Kontrollmonopol innehat;
Versicherungsinspektoren, Revisionsabteilungen und die Risikomanagementabteilungen der Unternehmen haben die Aufgabe,
regelmäßige Audits über die Umsetzung der internen Richtlinien
durchzuführen.
Verdachtsanzeige
Die Verdachtsanzeige ist das konkrete Ergebnis des partnerschaftlichen Prozesses, bei dem die meldepflichtigen Berufsgruppen mit
den mit der Bekämpfung von Geldwäsche beauftragten Behörden
zusammenarbeiten. Das von der FATF empfohlene Prinzip basiert
auf dem Gedanken, dass die Bekämpfung des Geldwäschephänomens nur wirklich erfolgreich sein kann, wenn die entsprechenden
Abteilungen Zugriff auf bestimmte Finanzinformationen oder Transaktionen haben. Folglich muss der Staat die Mitarbeit bestimmter
Marktteilnehmer bei der Überwachung von kriminellen Vorgängen
oder Transaktionen einfordern.
Der Egmont-Gruppe8 gebührt das Verdienst einer Definition der
FIU:
Erfassung und Auswertung der Verdachtsanzeigen sind Aufgabe
einer Finanzfahndungsgruppe (Financial Intelligence Unit - FIU),
eine darauf spezialisierte Stelle, deren Aufgabenbereich in der
jeweiligen nationalen Gesetzgebung festgelegt ist. Im Folgenden
wird die FIU vorgestellt, der Verdachtsbegriff weiter vertieft und
dargestellt, unter welchen Bedingungen eine Verdachtsanzeige
erstattet wird; außerdem werden die für eine erfolgreiche Auswertung relevanten Kriterien vorgestellt.
2. in von der Gesetzgebung oder nationalen Vorschriften vorgeschriebenen Fällen,
„Eine zentrale, nationale Stelle mit der Aufgabe, Finanzinformationen entgegenzunehmen (und, soweit zulässig, um solche Informationen zu ersuchen), sie zu analysieren und sie an die zuständigen Behörden weiterzugeben:
1. bei Verdacht auf Gewinne aus kriminellen Aktivitäten und potentieller Terrorismusfinanzierung
oder
um Geldwäsche und Terrorismusfinanzierung zu bekämpfen.“
Vor dem Hintergrund der mit der Schaffung eines
Netzwerks von FIUs verbundenen Vorteile hat ein 1995
im Egmont-Arenberg-Palast in Brüssel tagender Kreis
von FIUs beschlossen, sich auf informeller Ebene zu
einer Gruppe zusammenzuschließen, um die internationale Zusammenarbeit zu fördern. Diese FIUs sind
seitdem unter dem Namen „Egmont-Gruppe“ bekannt
und treffen sich regelmäßig, um Möglichkeiten der
Zusammenarbeit zu finden, insbesondere im Bereich des
Informationsaustauschs, der Weiterbildung und des
Austauschs über besondere Fachkenntnisse9.
Die Finanzfahndungsgruppen (FIUs)
stehen im Mittelpunkt der staatlichen
Anti-Geldwäsche Maßnahmen
Es überrascht vielleicht, dass die 40 FATF-Empfehlungen aus dem
Jahr 1990 die FIUs nicht ausdrücklich erwähnen. Dort wird lediglich empfohlen, dass die Meldungen über verdächtige Transaktionen den „zuständigen Behörden“ übermittelt werden müssen,
ohne diese zu definieren; es werden aber einige Aufgaben der
genannten Behörden aufgezählt: Erfassung der Verdachtsanzeigen,
Weisungen an Finanzinstitute, Datenbankverwaltung, internationaler Austausch usw. Allerdings gründeten einige Länder schon
damals die ersten FIUs.
Erst 2003 hat die FATF in der überarbeiteten Version der 40
Empfehlungen das erste Mal den Begriff der FIU verwandt, an die
die Verdachtsmeldungen gerichtet werden sollen. So forderte die
FATF die Staaten klar auf, eine entsprechend spezialisierte Zentralstelle einzurichten, die das Herzstück der Geldwäschebekämpfung
auf nationaler Ebene bilden sollte.
89
Die Zahl der FIUs steigt ständig. Anfang der 1990er Jahre waren es
ca. 40, heute liegt ihre Zahl bei 106 und ihre Mittel werden permanent aufgestockt. So hat sich die Zahl der Mitarbeiter bei der französischen Zentralstelle TRACFIN von 50 im Jahr 2005 auf heute 70
erhöht. Im Übrigen sind vor dem Hintergrund der Weiterentwicklung der Arbeitsmethoden der Geldwäscher und des Anstiegs der
Verdachtsmeldungen auch die den FIUs zur Verfügung stehenden
technischen Mittel, insbesondere für die Datenbankverarbeitung,
heute wesentlich leistungsfähiger.
Diese Entwicklung spiegelt den politischen Willen der Staaten
wider, ihre Bemühungen bei der Bekämpfung der Geldwäsche und
der Terrorismusfinanzierung zu verstärken.
(8)s. Text im Kasten.
(9)Financial Intelligence Units: An overview. International Monetary Fund.
Januar 2009 / Das Geldwäscherisiko: Prävention, Brennpunkte, Perspektiven
13
Obwohl alle FIUs dieselben Ziele verfolgen, unterscheiden sie sich
doch in gewisser Weise in Bezug auf die Umstände, unter denen
sie gegründet worden sind und in ihrer Arbeitsweise. Hier kommen
Besonderheiten im Zusammenhang mit der Größe der Staaten, den
jeweiligen Rechts- und Verwaltungssystemen, dem Ausmaß der
Finanzkriminalität, dem der Zentralstelle zur Verfügung gestellten
Budget usw. zum Tragen. Daher gibt es drei verschiedene Grundtypen von FIUs:
administrative FIU
Sie wird außerhalb jeglicher Polizei- oder Justizstrukturen eingerichtet. Im Allgemeinen untersteht sie dem Finanzministerium oder
der Zentralbank. Ihre Aktivität hängt davon ab, wie viele Informationen sie erhält, denn sie ist nicht berechtigt, selbst aktiv zu
werden. Sie bildet einen „Puffer“ zwischen den meldepflichtigen
Berufsgruppen und den Strafverfolgungsbehörden. Die meldenden
Einrichtungen zeigen im Allgemeinen ihren Verdacht lieber einer
solchen FIU an: Die Weitergabe von Informationen an eine Polizeistelle kann nämlich das Gefühl vermitteln, dass es sich eher um
eine Anschuldigung als um einen Verdacht handelt. Die administrative FIU, für die sich die meisten Länder entschieden haben, hat
den Vorteil einer Entlastung der Strafverfolgungsbehörden, da sie
sich nicht mit dem Vorsortieren der Verdachtsanzeigen befassen
müssen, die analysiert und in auswertbare und einzustellende
Vorgänge unterteilt werden müssen. Länder, die sich für dieses
Modell entschieden haben, sind z.B. Andorra, Australien, Belgien,
Bulgarien, Frankreich, Kanada, Kolumbien, Malta, Polen, Russland,
Spanien, die Ukraine, Venezuela, die USA usw.
polizeiliche FIU
Die Behörden sparen sich die Einrichtung eines neuen Gremiums und
die übermittelten Informationen können mithilfe der Ermittlungskapazitäten und der polizeilichen Datenbanken schnell ausgewertet
werden. Allerdings tendieren die meldepflichtigen Berufsgruppen
dazu, Transaktionen, die einfach nur verdächtig erscheinen, den
Strafverfolgungsbehörden nur zögerlich zu melden. Beispiele für
Länder, die diese Art der FIU eingerichtet haben, sind Deutschland,
Österreich, Schweden, Ungarn und Großbritannien.
der Justiz zugeordnete FIU
Sie gehört zum Justizministerium und ist im Allgemeinen der Staatsanwaltschaft unterstellt. Die Verdachtsanzeigen können schnell in
ein Gerichtsverfahren münden, bei den Ermittlungen werden die
gesetzlichen Zwangsmittel eingesetzt: Beschlagnahme, Durchsuchung, Vernehmung. Die meldepflichtigen Berufsgruppen haben
aber bei dieser Art der FIU eventuell die gleichen Vorbehalte im
Hinblick auf die Übermittlung von Informationen wie gegenüber
den Polizeistrukturen. Zu den Ländern, die dieses Modell gewählt
haben, gehören u.a. Luxemburg und Zypern.
Jede FIU hat die Aufgabe, über die mit der FATF, der EgmontGruppe und den ausländischen FIUs bestehenden institutionellen
Verbindungen auf internationaler Ebene zu kooperieren. Die französische FIU, TRACFIN, ist also dafür zuständig, Ermittlungen ihrer
ausländischen Kollegen auf französischem Boden weiterzuführen.
Umgekehrt könnte ein Geldwäschevorgang, dessen Ausgangspunkt in Frankreich liegt und der auch Großbritannien und Italien
betrifft, dank der Zusammenarbeit von TRACFIN mit den anderen
beiden Zentralstellen, dem „Ufficio Italiano dei Cambi/Servizio
Antiriciclaggio“ und dem „National Criminal Intelligence Service/
Financial Intelligence Division“ aufgearbeitet werden.
Grundkonzept einer FIU
Finanzinstitut
Finanzinstitut
1
3
FIU
Finanzinstitut
Finanzinstitut
ausländische
FIU
4
2
Staatsanwaltschaft
Strafverfolgungsbehörden
1. An die FIU übermittelte Informationen
2. D
ie FIU erhält von den Strafverfolgungsbehörden zusätzliche Informationen
3. M
öglichkeit des Austauschs mit einer ausländischen
Partnerbehörde
4. N
ach Analyse gibt die FIU den Fall zur weiteren
Bearbeitung an den Staatsanwalt ab
* Quelle: E gmont-Gruppe –
FIU: Financial Intelligence Unit
14
Januar 2009 / Das Geldwäscherisiko: Prävention, Brennpunkte, Perspektiven
Verdachtsanzeige an eine
Finanzfahndungsgruppe (FIU)
Die Verdachtsanzeige ist eine Pflicht sui generis, die sich von anderen
gesetzlichen Pflichten, z.B. der Pflicht, ein zu verhinderndes oder in
seinen Auswirkungen abzumilderndes Verbrechen oder Vergehen
anzuzeigen, oder auch der Anzeigepflicht von Kindesmisshandlung, unterscheidet.
In den oben genannten Fällen kann eine Anzeigenerstattung ohne
Weiteres erfolgen, weil sie sich auf einen bereits vorliegenden
Tatbestand beziehen, der also leicht zu identifizieren ist, während
der Verdacht seinem Wesen nach subjektiv ist.
Einige meldepflichtige Berufsgruppen waren zu Unrecht der Auffassung, dass das Gesetz von ihnen eine der eines Polizeibeamten
ähnliche Ermittlungsarbeit forderte, allerdings mit dem Unterschied,
dass sie ohne die der Polizei und Justiz zur Verfügung stehenden
Mittel auskommen müssen. Genau dieser Punkt hat bei den Betroffenen für Unruhe gesorgt. Vom subjektiven Wesen des Verdachtsbegriffs verunsichert, fürchteten sie, dass das Gesetz ihnen eine
schwer zu erfüllende Pflicht aufbürdet. Dieses Problem besteht nur
scheinbar, denn der Bank- oder Versicherungsmitarbeiter muss nur
einen einfachen Verdacht melden, der sich aus ihm vorliegenden
Informationen ergibt, während der Polizist anhand der Tatbestandsmerkmale eine Straftat nachweisen muss.
Für den britischen Autor Alastair N. Brown umfasst der englische
Begriff „suspicion“ die Vorstellung, „sich etwas ohne Beweise oder
auf der Grundlage von dürftigen Indizien auszudenken“. Dieser
Autor ist der Auffassung, dass im Rahmen einer Meldepflicht „der
Begriff Verdacht eine Denkweise bezeichnet, in der man der Auffassung ist, dass eine reelle Möglichkeit besteht, dass jemand kriminell
ist“10. Diese Definition kann noch durch die einer IWF-Studie zu
diesem Thema ergänzt werden: „Verdacht ist die Schlussfolgerung,
zu der eine meldepflichtige Einrichtung kommt, nachdem sie alle
relevanten Faktoren berücksichtigt hat“11.
Der Verdacht ergibt sich aus einer Kombination von Warnsignalen,
die als Kriterien in das unternehmensinterne Verfahren der Versicherungsgesellschaft aufgenommen wurden. Eine verdächtige Transaktion (die eine Meldung begründet) kann nur entdeckt werden,
wenn der Finanzdienstleister seinen Kunden und das Wesen der
Transaktion, die er ausführt, ausreichend kennt und wenn er für
das Problem der Geldwäsche sensibilisiert ist. Nach Analyse der
Transaktion muss er beurteilen, ob damit gegebenenfalls verdächtige Machenschaften gedeckt werden sollen.
(10) Alastair N. Brown: Money Laundering - A European and UK
perspective, vom Internationalen Währungsfond übernommen in:
Financial Intelligence Units: An Overview.
(11) Financial Intelligence Units: An Overview. International Monetary
Fund.
Die von den entsprechenden Berufsgruppen an die FIUs
der Egmont-Gruppe gerichteten Meldungen haben sich
in den letzten acht Jahren fast verdoppelt. Die starken
Unterschiede bei den Zahlen erklären sich dadurch, dass
einige Länder in ihrer Gesetzgebung vorsehen, dass
nicht nur verdächtige Transaktionen, sondern jede Transaktion in bar, die über einen bestimmten Betrag hinausgeht, sowie der grenzüberschreitende Transport von
Barmitteln meldepflichtig sind. Es handelt sich hierbei
um ein interessantes automatisches Meldesystem, mit
dem man Informationen über den Bargeldfluss erhält.
Belgien verzeichnete 2007 12.820 Meldungen, Kanada
mehr als 17 Millionen (davon 39.000 Verdachtsanzeigen), Chile 3.778 (davon 419 Verdachtsanzeigen),
Kolumbien 8.390, Spanien 748.275 Meldungen über
Geldbewegungen und 2.783 Verdachtsanzeigen, die
USA fast 20 Millionen, davon ca. 1 Million Verdachtsanzeigen, Frankreich 12.481 Verdachtsanzeigen, Großbritannien 220.484 und Singapur 7.621.
Die Überwachung der Finanzen erfordert in einem Unternehmen
den Einsatz von entsprechend ausgebildetem Personal, das regelmäßig für das Thema sensibilisiert werden muss. Sie basiert auf
einem internen System, dessen wesentliche Eckpunkte in der
nationalen Gesetzgebung verankert sind, die wiederum auf den
Empfehlungen der FATF beruht.12
Die Finanzfahndungsgruppen erwarten von den Finanzdienstleistern im Falle einer Verdachtsanzeige eine klare Definition des
vorliegenden Verdachts. Das ist aber leider nicht immer der Fall, zu
oft ist das Dokument nicht auswertbar, weil die Beschreibung des
Verdachts vage ist oder manchmal sogar ganz fehlt. Das Gesetz
verlangt von den Finanzanbietern darzulegen, was ihnen an einer
Transaktion verdächtig erscheint oder anders gesagt, die Hinweise
zu nennen, die in Anbetracht des Kundenprofils, des Produkts oder
der Transaktion unklar erscheinen oder eventuell im Zusammenhang mit Geldwäsche stehen könnten.
Dazu gehören derzeit Drogenhandel, Aktivitäten der organisierten
Kriminalität, Korruption, Betrugsdelikte zu Lasten der finanziellen
Interessen der Gemeinschaft und Terrorismusfinanzierung. Aber
welche Faktoren lassen darauf schließen, dass eine Transaktion mit
einer Straftat in Zusammenhang stehen könnte?
(12) In den USA müssen Finanzinstitute alle Bartransaktionen über
10 000 $ melden, Australien, Chile, Kanada und Spanien haben
ähnliche Vorschriften erlassen.
Januar 2009 / Das Geldwäscherisiko: Prävention, Brennpunkte, Perspektiven
15
Diese drei Fallbeispiele können dabei helfen, den Verdachtsbegriff
klar abzugrenzen:
• LV-Vertrag, der Versicherungsnehmer ist eine ältere, dem Unternehmen schon seit langem bekannte Person, die völlig unverdächtig ist. Plötzlich sind auf ihrem Konto sehr hohe Ein- und
Auszahlungen zu verzeichnen. Der Versicherer wird gewahr, dass
ein naher Verwandter hinter den Kontobewegungen steckt. Weil
die Transaktionen wirtschaftlich gesehen keinen Sinn ergeben
und auch nicht zum Kundenprofil passen, ist eine Verdachtsanzeige gerechtfertigt.
• In einem zweiten Fall, in dem verschachtelte finanzielle Transaktionen zwischen mehreren Firmen in Frankreich und im Ausland
durchgeführt werden, gehen einige Beträge auf Konten von
minderjährigen Kindern ein und werden dann auf den Lebensversicherungsvertrag eingezahlt, den der Vater der Kinder für
sich selbst abgeschlossen hat. Die Höhe der Beträge und die
ungewöhnliche Tatsache, dass Zahlungen für einen vom Vater
abgeschlossenen Vertrag über das Konto der Kinder abgewickelt
werden, rechtfertigen eine Verdachtsanzeige des entsprechenden
Unternehmens.
• Eine Person mit unklarem Berufsprofil schließt eine Lebensversicherung über 500.000 € ab. Sie leistet mittels mehrerer Schecks,
die auf ihre Bankkonten gezogen werden, eine erste Zahlung. In
der Folge werden die Prämienzahlungen wiederholt per Scheck
oder Überweisung von Konten Dritter geleistet. Diese ungewöhnliche Zahlungsweise zieht die Aufmerksamkeit des Versicherers auf
sich und dieser fordert seinen Kunden auf, dafür eine Erklärung
zu liefern. Da diese nicht überzeugend ist, meldet der Versicherer
einen Verdacht. Die Ermittlungen ergeben, dass der Kunde in
Wirklichkeit mit Drogen handelt und das mit dem Drogenhandel
verdiente schmutzige Geld auf mehrere Konten, die auf seinen
eigenen oder den Namen von Dritten lauten, verteilt, um die
Aufmerksamkeit der Bankangestellten nicht auf sich zu ziehen.
16
Verdachtsmeldung rechtfertigen. Deshalb muss man sich vor einer
Verdachtsanzeige die richtigen Fragen stellen.
Diese Fragen müssen außerdem zum richtigen Zeitpunkt gestellt
werden, denn zu oft hinterfragen die Mitarbeiter eines Versicherers
eine Transaktion erst, wenn die Zahlung erfolgt und nicht schon
beim Versicherungsabschluss. Als Beispiel sei hier der Fall eines
Kunden genannt, der seinen Vertrag sechs Jahre nach Versicherungsabschluss zurückkaufte. Obwohl er aus einfachen Verhältnissen stammte, war er in der Lage, hohe Beträge einzuzahlen,
ohne dass dies den geringsten Verdacht erregt hätte. Es ist zwar
nicht sinnlos, sich sechs Jahre später diese Frage zu stellen, aber der
Zweifel kommt zu spät, da die Verjährung schon greift.
Nach zwei Jahren Ermittlungsarbeit deckten die
amerikanische Zoll- und Einwanderungsbehörde, der Zoll
der Isle of Man und die kolumbianischen Sicherheitskräfte
einen Geldwäschevorgang von 80 Millionen Dollar auf.
Kolumbianische Drogenhändler hatten über Makler
schmutziges Geld hauptsächlich bei in den USA und auf der
Isle of Man ansässigen Versicherungsgesellschaften angelegt.
Die Prämien wurden per elektronischer Überweisung und
Schecks von Dritten aus unterschiedlichen Ländern bezahlt.
Die Verträge wurden dann vorzeitig abgelöst oder gekündigt,
was zu Überweisungen der Versicherer auf die Konten der
Drogenhändler führte.
In diesem Fall gab es zahlreiche Warnsignale, wie der
Abschluss in Ländern, in denen die Versicherungsnehmer
keinen Wohnsitz hatten, Zahlungen, die von Dritten
vorgenommen wurden, und vorzeitiger Rückkauf.
Operation Capstone – Okt. 2000 - Dez. 2002
Die Analysen einiger FIUs zeigen, dass Geldwäsche bei bestimmten
Finanz- oder Wirtschaftsstraftaten schwer nachzuweisen ist. So
kommt die Wäsche von Einkünften aus Veruntreuung von Gesellschaftsvermögen oder Schwarzarbeit mittels eines Lebensversicherungsvertrags relativ häufig vor und ist paradoxerweise schwerer
aufzudecken als punktuelle Geldwäschevorfälle, die auf komplexen
Konstruktionen beruhen, bei denen die Zahlungen aus exotischen Ländern stammen. Denn im zweiten Fall gibt es eine Reihe
von Warnsignalen, im erstgenannten sind diese nicht immer so
offensichtlich.
Abschluss von 250
Versicherungspolicen
über insgesamt
80 Mio. $
kolumbianische
Drogenhändler
Versicherungsmakler
Prämienüberweisungen
aus dem Ausland
Es wird von den Finanzakteuren nicht verlangt, dass sie Ermittlungen über ihre Kunden anstellen, sondern dass sie im Hinblick
auf die Transaktion selbst Faktoren aufdecken, die eventuell eine
• USA
• Isle of Man
• weiteren Ländern
Januar 2009 / Das Geldwäscherisiko: Prävention, Brennpunkte, Perspektiven
Versicherungsgesellschaften in
zahlreiche
vorzeitige
Ablösungen
Empfänger: Kartelle
Allerdings darf man dabei nicht den eigentlichen Zweck einer
Verdachtsanzeige vergessen. Es macht keinen Sinn, solche Anzeigen
aus purem Selbstschutz zu erstatten. So verfassen einige Versicherungsunternehmen Verdachtsanzeigen in großer Zahl, welche
allerdings kaum sachdienliche Angaben enthalten und daher nicht
weiter auswertbar sind. Die Analyse muss sich auf die Angaben
in den Antragsunterlagen beziehen und diese rechtfertigen nicht
immer eine Anzeige. Man sollte also versuchen, dem Automatismus
einer quasi systematischen Verdachtsmitteilung zu widerstehen. Für
die Versicherer ist das nicht immer einfach, da sie es mit Vermittlern
und insbesondere mit Maklern zu tun haben, die der Gesellschaft
und dem Kunden zwischengeschaltet sind. Im Bankensektor sieht
es dagegen anders aus, da dort direkte Kontakte mit dem Kunden
bestehen können.
An dieser Stelle ist anzumerken, dass sich das Allfinanzmodell inzwischen stark entwickelt hat. So kann der Versicherungsbereich eines
Allfinanzanbieters davon profitieren, dass der Kunde aufgrund des
bestehenden Bankgeschäfts gut bekannt ist. Eine ungewöhnliche
Transaktion kann nur analysiert werden, wenn die persönliche Situation und das wirtschaftliche Umfeld des Kunden berücksichtigt
werden.
Finanzdienstleister kritisieren häufig, dass im Rahmen der Analyse
von bestimmten Antragsunterlagen kein Abgleich mit polizeilichen Daten möglich ist. Aus Datenschutzgründen und aufgrund
der Wahrung des Ermittlungsgeheimnisses ist ein solcher Zugriff
auf Daten in Frankreich und den übrigen Ländern natürlich nicht
möglich.
Die Umsetzung der dritten EU-Richtlinie, die ursprünglich bis zum
15. Dezember 2007 abgeschlossen sein sollte, hat sich in mehreren
Ländern verzögert. Die vollständige Umsetzung in allen Mitgliedstaaten wird erst im Verlauf des ersten Halbjahres 2009 erfolgen.
Einige Länder wie Frankreich haben die Umsetzung in nationales
Recht genutzt, um ihre entsprechenden einzelstaatlichen Bestimmungen klarer und verständlicher zu gestalten. Es ist davon auszugehen, dass die neuen Bestimmungen zu einer deutlichen Zunahme
von Verdachtsanzeigen führen werden, da die Sorgfalts- und Anzeigepflicht auf den Bereich der schweren Straftaten ausgeweitet
wurde. Schwere Straftaten sind laut Richtlinie „alle Straftaten, die
mit einer Freiheitsstrafe (…) von mehr als einem Jahr (…) belegt
werden können“. Hunderte von Verbrechen und Vergehen werden
also davon betroffen sein. Diese Rechtsvorschrift leitet eine neue
Etappe in der Bekämpfung des organisierten Verbrechens ein. Die
dort verankerten und auf den Empfehlungen der FATF beruhenden
Pflichten dürften mittelfristig von den Ländern der Organisation
für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (OECD) übernommen werden.
Warnkriterien (unvollständige Liste)13:
✔ der potenzielle Kunde möchte die Vertragszeichnung nicht
in der Nähe seines Wohnortes vornehmen, obwohl er vor
Ort das gleiche Produkt bekäme
✔ der Kontakt kommt über einen Versicherungsagenten/
Vermittler zustande, der aus einem Land ohne bzw. mit
nur lückenhafter Anti-Geldwäsche-Gesetzgebung kommt
oder aus einem Land, in dem organisierte Kriminalität und
Korruption weit verbreitet sind
✔ Einholung von zusätzlichen Auskünften oder verzögerte
Angaben zur Vervollständigung der Überprüfungen
✔ ungewöhnliche vorzeitige Zahlung von
Versicherungsprämien
✔ der Kunde akzeptiert äußerst ungünstige, zu seinem
Gesundheitszustand oder Alter in keinem Verhältnis
stehende Bedingungen
✔ Sicherheitsleistung durch Verpfändung auf der Grundlage
einer aus dem Ausland erfolgten Zahlung
✔ Einmalprämie oder erste Prämienzahlung erfolgt über eine
Bank im Ausland
✔ die Prämienhöhe passt nicht zum augenscheinlichen
Lebensstandard des Kunden
✔ der Kunde verlangt ein für ihn wirtschaftlich nicht sinnvolles Produkt und will dafür keine Gründe nennen
✔ Transaktion, in die ein unbekannter Dritter involviert ist
✔ Ersetzen des Begünstigten während der Vertragslaufzeit durch eine andere Person ohne Bezug zum
Versicherungsnehmer
✔ außergewöhnlich hohe Zahlung, während der Versicherungsnehmer normalerweise regelmäßig kleinere Beträge
entrichtet
✔ bei Vertragsabschluss wird versucht, den Scheck eines
Dritten einzusetzen
✔ der Kunde scheint mehr an seinem vorzeitigen Kündigungsrecht als an der Rentabilität seiner Anlage interessiert zu sein
✔ der Kunde möchte eine sehr hohe Zahlung per elektronischer Banküberweisung oder in ausländischen Devisen
vornehmen
✔ der Kunde zahlt bei Vertragsabschluss einen hohen Betrag
ein, kündigt kurz darauf den Vertrag und verlangt, dass
die Rückzahlung an einen Dritten erfolgt.
13
(13) Quelle: International Association of Insurance Supvervisors, Guidance
paper on anti-money laundering and combating the financing of
terrorism, 2004.
Januar 2009 / Das Geldwäscherisiko: Prävention, Brennpunkte, Perspektiven
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Rückversicherungsgeschäft und
Verhinderung von Geldwäsche
Man kann sich fragen, wie gefährdet Rückversicherer in Bezug auf
Geldwäsche sind, denn es liegt in der Natur der Sache, dass sie
nicht direkt mit verdächtigen Transaktionen zu tun haben: Sind sie
denn nicht im Vorfeld durch die Sorgfalt des Erstversicherers und
der Bank abgesichert?
Aufgrund des beträchtlichen Kapitalvolumens, das einen Weg in
den legalen Wirtschaftskreislauf sucht, und des Einfallsreichtums von
Kriminellen muss diesem Risiko jedoch Rechnung getragen werden.
Der von der FATF 2004/2005 veröffentlichte Bericht über die Anfälligkeit des Versicherungssektors unterstreicht, dass das Rückversicherungsgeschäft nicht gegen schmutziges Geld immun ist.
Das 2004 von der International Association of Insurance Supervisors (IAIS) veröffentlichte „Guidance paper on anti-money laundering and combating the financing of terrorism“ enthält einige
entsprechende Empfehlungen für Rückversicherer.
Rückversicherer und Compliance
im Hinblick auf Anti-GeldwäscheRegelungen
Im Unterschied zu den Erstversicherern, die relativ einheitlichen
Vorschriften unterliegen – Einführung eines Verfahrens, Benennung eines Geldwäschebeauftragten, Mitarbeiterschulungen – sind
die finanziellen Sorgfaltspflichten der Rückversicherer sehr uneinheitlich. In einigen Ländern unterliegen sie den gleichen Verpflichtungen wie Erstversicherer (z.B. Kolumbien, Australien, Marokko),
in anderen hingegen gibt es diesbezügliche Lücken in der jeweiligen
nationalen Gesetzgebung (Deutschland, Spanien, Schweiz usw.). In
Frankreich ist der Rückversicherer verpflichtet, der Oberstaatsanwaltschaft „ihm bekannte Transaktionen mit Geldern, von denen
er weiß, dass sie aus der organisierten Kriminalität stammen“ zu
melden. Die mangelnde Harmonisierung von Bestimmungen in
Bezug auf das Rückversicherungsgeschäft erklärt sich dadurch,
dass keine Rechtsbeziehung zwischen dem Versicherungsnehmer
und dem Rückversicherer besteht und der Rückversicherer letztlich
das Vermögen des Erstversicherers absichert und folglich keine
Kenntnis der jeweiligen Einzelheiten der Vertragszeichnung haben
kann.
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Januar 2009 / Das Geldwäscherisiko: Prävention, Brennpunkte, Perspektiven
Ganz gleich, wie die rechtliche Situation aussieht – präzise
Vorschriften oder Gesetzeslücken – die Justizbehörden hätten bei
verdächtigen Transaktionen mit einem Versicherungsunternehmen
allen Grund nachzuprüfen, ob der Rückversicherer nicht doch
Kenntnis von der betrügerischen Transaktion hatte. Er könnte unter
dem Aspekt der Beihilfe bzw. Mitwisserschaft zur Verantwortung
gezogen werden.
Risikoorientierte Vorsichtsmaßnahmen
Die Vorsichtsmaßnahmen eines Rückversicherers können nur in
Bezug auf die Informationen, von denen er im Rahmen seines
Geschäfts Kenntnis haben kann, festgelegt und angewendet
werden. Das schließt sämtliche Vertragsabschlüsse im Rahmen des
Versicherungsbestands der zedierenden Gesellschaft aus, welche
dem Rückversicherer nicht im Einzelnen vorliegen. Der Rückversicherer muss allerdings seinen Kunden, d.h. den Erstversicherer,
sowie dessen Geschäfte kennen, die dieser ihm im Rahmen der
fakultativen Rückversicherung vorlegt. Darüber hinaus gewinnt der
Rückversicherer Einblick in die Kapitalbewegungen zwischen ihm
und dem Zedenten.
Kenntnis des Kunden
Das Prinzip der Kenntnis des Kunden („Know Your Customer“) gilt
auch für das Rückversicherungsgeschäft. Vor dem Eingehen einer
Geschäftsbeziehung mit dem Zedenten muss der Rückversicherer
nicht nur dessen geschäftliches Ansehen und Bonität, sondern
auch dessen Führungsgremien überprüfen, und gegebenenfalls
Auskünfte über die Aufsichtsorgane des Zedenten einholen. Er
muss sich natürlich auch vergewissern, ob der Zedent über eine
entsprechende Genehmigung seitens der Aufsichtsbehörden
verfügt. Darüber hinaus muss der Rückversicherer beurteilen, ob
der Zedent die gesetzlichen Kontrollanforderungen erfüllt, sofern
dieser seinen Sitz in einem Land hat, das die FATF-Standards in
nationale Gesetze umgesetzt hat. Diese Empfehlung hat die oben
erwähnte IAIS deutlich ausgesprochen. Dementsprechend fällt
die sorgfältige Überprüfung von Gesellschaften, die ihren Sitz in
Ländern mit aufsichtsrechtlichen Lücken haben, strenger aus.
Die FATF erwähnt das Problem von Versicherungsunternehmen, die reine Scheinfirmen sind und nur zum Zweck
der Geldwäsche gegründet wurden. INTERPOL berichtet
von einer kriminellen Vereinigung, die die Kontrolle
über eine Versicherungsgesellschaft erlangt. Diese Vereinigung erwirbt daraufhin ein Schifffahrtsunternehmen,
dessen Flotte unter einer Billigflagge fährt. Das Versicherungsunternehmen begutachtet die mit „schmutzigem“
Geld erworbenen Schiffe und überbewertet diese deutlich. Unglücklicherweise sinken daraufhin die Schiffe am
anderen Ende der Welt und der Reeder bekommt von
der Versicherung den Verlust erstattet, da er die Zahlung
der Versicherungsprämie nachweisen kann14.
In dem Bericht wird nicht näher erläutert, ob das Versicherungsunternehmen einen Rückversicherungsvertrag
abgeschlossen hatte. Falls ja, wäre der Rückversicherer
zweifelsohne der Beihilfe in einem schweren Fall von
Geldwäsche beschuldigt worden. Dieser Fall stammt aus
dem Bereich der Schadenversicherung, aber ähnliche
„Modelle“ könnten auch für den Bereich der Lebensversicherung ersonnen werden.
Kenntnis des fakultativen
Rückversicherungsgeschäfts
Der Rückversicherer kann und muss selbst die fakultativen Rückversicherungen überprüfen, die ihm von den Zedenten angeboten
werden. Die Antragsunterlagen müssen es ihm ermöglichen nachzuprüfen, ob das Geschäft zulässig und wirtschaftlich gerechtfertigt
ist und wie es im Falle von komplexen Transaktionen strukturiert
ist. Treten Ungereimtheiten auf, muss der Rückerversicherer beim
Erstversicherer Zusatzinformationen einfordern, der wiederum bei
seinem Kunden nachhaken muss, um sämtliche Unklarheiten zu
beseitigen.14
Bisweilen ermöglichen es die von den Zedenten zur Verfügung
gestellten Informationen dem Rückversicherer nicht, sich eine
eigene Meinung zu bilden: ungenaue Angaben zur Identität des
Antragstellers, vage Beschreibung der Tätigkeit, mangelhafte
Einkommensangaben, komplexe Finanzierungsstruktur. Können
die Ungereimtheiten und Verdachtsmomente nicht ausgeräumt
werden, so entscheidet der Rückversicherer in Absprache mit dem
Zedenten über das weitere Vorgehen in Bezug auf den Versicherungsantrag und je nach nationaler Gesetzeslage darüber, ob gegebenenfalls eine Verdachtsanzeige erstattet wird.
Überprüfung des Zahlungsverkehrs
In der Regel müssen die ein- und ausgehenden Zahlungsflüsse
zwischen dem Rückversicherer und seinen Kunden eindeutig identifizierbaren geschäftlichen Transaktionen zugeordnet werden
können, die zuvor ordnungsgemäß, entsprechend den internen
Verfahren des Unternehmens, freigegeben wurden. Bestimmte
Geldbewegungen könnten nämlich auch einen Anhaltspunkt für
eine verdächtige Transaktion darstellen, wie z.B. Zahlungseingänge,
die den geschuldeten Prämienbetrag überschreiten und denen ein
Antrag auf Rückerstattung des zu viel bezahlten Betrages folgt. Die
unterschiedlichen Formen des sogenannten „alternativen Risikotransfers“ (ART) können ebenfalls zu Geldwäschezwecken missbraucht werden. Insgesamt dürften jedoch die Risiken in Bezug auf
Finanztransaktionen geringer ausfallen, wenn der Rückversicherer
zum Zeitpunkt des Eingehens einer Geschäftsbeziehung seinen
Kunden entsprechend sorgfältig prüft.
(14) Revue Internationale de Police Criminelle (Internationale Zeitschrift
der Kriminalpolizei). Nr. 482/2000. Damien Hendrickx, Le blanchiment
d’argent.
Januar 2009 / Das Geldwäscherisiko: Prävention, Brennpunkte, Perspektiven
19
Fazit
Geldwäsche ist eine vielschichtige Problematik: Sie kann eine grenzüberschreitende Dimension annehmen, wobei dann sehr ausgeklügelte Mechanismen zum Einsatz kommen, oder auf
ein kleineres Gebiet begrenzt sein – die eingesetzten Mittel sind dann entsprechend einfacher
und räumlich begrenzt. In jedem Fall verfolgt Geldwäsche jedoch das Ziel, eine kriminelle
Aktivität aufrechtzuerhalten bzw. auszubauen, was der wirtschaftlichen Grundlage und dem
Ansehen von Unternehmen erheblichen Schaden zufügen kann. Angesichts der Schwierigkeiten, mit denen sich die internationale Gemeinschaft und die nationalen Behörden bei der
Bekämpfung dieses Übels konfrontiert sehen, haben sie private Partner um Mithilfe gebeten.
Das System beruht auf der Mitwirkung der Finanzdienstleister und anderer Berufsgruppen,
die sich in der entsprechenden Organisationsstruktur und der Mobilisierung der Mitarbeiter
niederschlagen muss.
Um sich vor Geldwäsche zu schützen und an ihrer Bekämpfung mitzuwirken, hat SCOR Global Life
ein ihrem Rückversicherungsgeschäft angepasstes Verfahren eingerichtet und ihre Mitarbeiter entsprechend geschult und sensibilisiert. Die Gesellschaft möchte sich dadurch selbst schützen, aber in erster
Linie auch ihren Kunden in diesem Bereich folgende Hilfestellungen bieten:
• Mitarbeiterschulungen,
• Beratung bei der Ausarbeitung und Einführung von geeigneten Prozessen,
• Beratung bei der Vertragszeichnung,
• Mitwirkung bei der Schadenkontrolle.
Zu den Hauptaufgaben eines Rückversicherers gehört, seine Kunden über wichtige Entwicklungen im
Bereich der Risikoprüfung zu informieren; diese Informationspflicht muss auch das neue Risiko der
Geldwäsche einschließen.
Sollten Sie weitere Informationen oder Unterstützung bei der Einführung eines internen Verfahrens zur
Bekämpfung der Geldwäsche benötigen, wenden Sie sich bitte an Ihren üblichen Ansprechpartner bei
SCOR Global Life.
20
Januar 2009 / Das Geldwäscherisiko: Prävention, Brennpunkte, Perspektiven
Anhang 1 RISIKO-SCORING
N° Risikoindikator
Risikobewertung (1 bis 4)
Gesamt
1. PRODUKTBEZOGENE RISIKEN
1.1. Kapitalisierungsprodukte
1
Kapitalisierungsprodukte (auf den Namen des Anlegers lautend)
2
Kapitalisierungsprodukte (anonym)
4
3,5
1.2. Reine Risikoversicherungsprodukte
3
Zeitlich begrenzte Risikoversicherungen
4
Lebenslängliche Risikoversicherungen
5
Flexible lebenslängliche Risikoversicherungen
0,5
1
0,5
1.3. Erlebensfallversicherungen
3,5
6
Fondsgebundene Versicherungen
7
Gemischte / Kapitalbildende Lebensversicherungen
3
8
Termfix-Versicherungen
2
1.4. Rentenversicherungen
9
Leibrenten
1,5
10
Von Einzelnen abgeschlossene Kollektivverträge für Rentensparpläne(*)
0,5
11
Nicht eindeutig definierte Aktivitäten
3
1.5. Geografische Risiken
4
12
Erweiterte schwarze Liste
13
Offshore-Zentren
14
Besonders von organisierter Kriminalität betroffenes Land
4
15
Land mit ausgeprägter Korruption (Top 20 von TI)
4
16
Kritische Region
17
Andere Länder mit FATF-Regelungen (z.B. EU)
3,5
3,5
1
2. KUNDENBEZOGENE RISIKEN
2.1. Berufliches Umfeld des Kunden
Stellung im Unternehmen: Gewichtung mit 1, 2 oder 4 (Angestellter, mittleres oder oberes Management)
4
18
Liquiditätsrisiko
19
Liquiditätsrisiko bei bestehenden gesetzlichen Vorgaben
20
Beruf in der Anlageberatungsbranche
3
21
Korruptionsanfällige Branchen
4
3,5
2.2. Juristische Personen
22
Briefkastenfirmen
4
23
Einpersonen-GmbH/ SCI (frz. Immobiliengesellschaft) /
wirt. Interessengemeinschaften bzw. ARGE
3
24
Missbrauchs- bzw. betrugsanfällige Kunden
2
(*) Ohne Rückkaufsklausel, nicht übertragbar und ohne Möglichkeit der Nutzung als Sicherung.
Januar 2009 / Das Geldwäscherisiko: Prävention, Brennpunkte, Perspektiven
21
3. VERTRIEBSBEZOGENE RISIKEN
3.1. Mitarbeiternetz
25
Versicherungsgesellschaft mit wirtschaftlichen Schwierigkeiten
2,5
26
Risikobehafteter Standort
2,5
27
Keine Wertekultur: ethische/moralische Werte
2
28
Hohe Fluktuation bei Vermittlern
2
29
Hohe Fluktuation im mittleren u. oberen Management
30
Kürzlich erfolgte Übernahme/Fusion
31
Tochtergesellschaft/anderes Marktsegment
32
Keine Synergien/Arbeitsteilung zwischen den Abteilungen
3
33
Vermittlerbezogenes Kundenportfolio
3
34
Ungewöhnliche Entwicklung des Kundenportfolios des Abschlussagenten
(Vermittlers)
3,5
35
Portfolio-Manager-bezogene Abschlüsse
2,5
36
Kein integriertes IT-System
2,5
37
Keine jährlichen Schulungen
3,5
3,5
3
2,5
3.2. Versicherungsagentennetz
38
Keine Vertragskontrolle beim Agenten (1 pro Jahr)
3
39
Aufstellung der Verträge mit ähnlichen Adressen wie die der Agentur
3
40
Ungewöhnlich viele Abschlüsse/Kunde
41
Risikobehafteter Standort
42
Mitarbeiteranzahl = ein Agent
43
Vermittlerbezogenes Kundenportfolio
44
Betriebszugehörigkeit des Agenten < 5 Jahre
45
Weniger als ein Besuch/Jahr zur Sensibilisierung
46
Mehr als drei Partner
2,5
3
2,5
3
2,5
4
1,5
3.3. Maklernetz
2
47
Kleine Strukturen (Belegschaft < 5 MA)
48
Risikobehafteter Standort
49
Hohe Beiträge pro Vermittler/Jahr
50
Vermittlerbezogenes Kundenportfolio
51
Mehr als drei Partner
52
Anzahl der Kontakte mit Versicherungsinspektor < 5/Jahr
53
Weniger als ein Besuch/Jahr zur Sensibilisierung
4
54
Ungewöhnlich viele Abschlüsse pro Kunde und pro Maklerbüro
3
55
Aufstellung der Verträge mit ähnlichen Adressen wie die der Agentur
3
3,5
4
3,5
2
2,5
GESAMTPUNKTZAHL
Quelle: J. Robin, 2008.
22
Januar 2009 / Das Geldwäscherisiko: Prävention, Brennpunkte, Perspektiven
Anhang 2 Wesentliche Punkte der FATF-Empfehlungen für Finanzdienstleister
und Versicherer zur Bekämpfung der Geldwäsche
Einführung eines unternehmensinternen Verfahrens
Benennung eines Geldwäschebeauftragten
Das Verfahren muss die Unternehmensstrategie zur Verhinderung
von Geldwäsche und Terrorismusfinanzierung im Hinblick auf
folgende Risiken umsetzen:
produktbezogene Risiken,
kundenbezogene Risiken,
vertriebsbezogene Risiken.
Die oder der Geldwäschebeauftragte kann unterschiedlichen Stellen
innerhalb der Unternehmensstruktur zugeordnet sein: Abteilung
für Betrugsbekämpfung, der Revisions- oder Rechtsabteilung. Sie
oder er muss:
entsprechend geschult sein, um von den Underwritern als kompetenter Ansprechpartner akzeptiert zu werden,
über die aktuellen Entwicklungen im Zusammenhang mit der
Geldwäscheproblematik und der Gesetzgebung informiert sein,
entsprechend in den Informationsfluss des Unternehmens eingebunden sein, damit er zu verdächtigen Transaktionen Stellung
nehmen kann.
Es muss in den betrieblichen Ablauf integriert sein und die
Maßnahmen und Vorkehrungen für die verschiedenen bei der
Vertragszeichnung auftretenden Fälle klar aufführen und auf
Grundlage der Kombination verschiedener Warnkriterien (geografische Kriterien, Höhe und wirtschaftlicher Gegenstand der Transaktion, eingesetzte Devisen usw.) eine Entscheidung ermöglichen.
Dieses Verfahren muss insbesondere Folgendes vorschreiben:
Feststellung der Kundenidentität und gute Kenntnis des Kunden
und des Begünstigten (natürliche oder juristische Person),
Dokumentierte Analyse von komplexen, ungewöhnlichen oder
untypischen Transaktionen,
Aufbewahrung sämtlicher Vertragsunterlagen gemäß der gesetzlichen Aufbewahrungsfrist (5 oder 10 Jahre),
Modalitäten in Bezug auf die Erstattung von Verdachtsanzeigen.
Das Verfahren muss die Bedingungen für die Erstattung von
Verdachtsanzeigen angeben: Art der Informationsweitergabe, letztinstanzliche Stelle, die über Annahme eines Versicherungsantrags
und Zweckmäßigkeit einer Verdachtsmeldung entscheidet, Name
des Geldwäschebeauftragten, dem die Erstattung der Verdachtsanzeige und die Kontaktaufnahme mit der FIU obliegt.
Mitarbeiterschulung
Die Analyse der Abschlüsse und das Aufspüren von verdächtigen
Versicherungsgeschäften können nicht allein vom Geldwäschebeauftragen geleistet werden. Sämtliche Abteilungen müssen hieran
aktiv mitwirken. Folglich sollten sämtliche Mitarbeiter, die an der
Prüfung von Vertragsabschlüssen mitwirken, über Grundkenntnisse
zur Geldwäscheproblematik verfügen.
Kontrolle über die Anwendung der Vorschriften
Diese Anwendungskontrolle ist in der Empfehlung Nr. 19 der FATF
vorgesehen. In der Praxis kann sie durch die folgenden Maßnahmen
umgesetzt werden:
Erstellung eines jährlichen Berichts des Geldwäschebeauftragten,
Durchführung regelmäßiger Kontrollen,
Aktualisierung der Verfahren, um ihre Wirksamkeit
sicherzustellen.
Die Unterzeichnerstaaten der FATF-Empfehlungen verpflichten sich,
vier Hauptprinzipien in ihre nationale Gesetzgebung aufzunehmen:
Die Finanzdienstleister werden zu zentralen Partnern des
staatlichen Systems zur Verhinderung von Geldwäsche,
Sie sind vom Bankgeheimnis entbunden,
Die Finanzdienstleister werden verpflichtet, den staatlichen FIUs
verdächtige Transaktionen zu melden. Die Meldung ist vertraulich
und ihr Verfasser vor jeglichen Regressansprüchen geschützt.
Die Mitwirkung der Finanzdienstleister setzt voraus, dass sie ihre
Kunden und deren Geschäfte gut kennen,
Januar 2009 / Das Geldwäscherisiko: Prävention, Brennpunkte, Perspektiven
23
– Conception/Réalisation : Adding
Gedruckt in Frankreich und unter Beachtung des Umweltschutzes von DEJAGLMC –
Das Geldwäscherisiko:
Prävention, Brennpunkte, Perspektiven
Autor
Gérard Voilqué
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Herausgeber
Gilles Meyer
Redaktion
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