Recht im Alltag
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Recht im Alltag
2006 / 2007 FGQ FÖRDERGEMEINSCHAFT DER QUERSCHNITTGELÄHMTEN IN DEUTSCHLAND e.V. Recht im Alltag f a h c 2 ie ns m ge e g r itt e rd schn ö F er ten e r u aJ h er Q lähm d 5 t Wohnen zu Hause. Wir stehen Ihnen zur Seite, wenn Sie Ihren Wohnraum barrierefrei gestalten möchten oder einen Neubau planen. Ob es sich um schwellenlose Bäder, rollstuhlgerechte Eingänge oder behindertengerechte Aufzüge handelt, wir erarbeiten speziell für Ihr Handicap die richtigen Lösungen. Deutschlandweit barrierefrei. Wir stehen an Ihrer Seite! Wir begutachten Ihre Wohnung und entwickeln in Abstimmung mit den Betroffenen individuelle Wohnkonzepte, die ein möglichst eigenständiges Leben in den eigenen vier Wänden ermöglichen. Wir planen Ihren barrierefreien Lebensraum und begleiten Sie von der ersten Idee bis zum Einzug in Ihr neues Heim. Dabei werden wir von unserem Partner, der Gen Re Rehabilitations-Dienst GmbH, unterstützt. Vertrauen Sie unserer langjährigen Erfahrung. Mit unserer Kompetenz werden wir Ihre Lebensqualität in den eigenen vier Wänden deutlich steigern. Wir planen Ihr Zuhause! Planungsbüro Peters Zum Rohland 8 Postfach 17 12 - 59857 Meschede Fon +49 (0) 291 56 704 - Fax +49 (0) 291 56 705 [email protected] - www.barrierefreies-planen.de Der Rehabilitations-Dienst Gemeinsame Ziele. Seit 1996 beraten und unterstützen wir Unfallopfer. Mehr als 6.000 Menschen haben bereits unsere Hilfe in Anspruch genommen. In den meisten Fällen konnten wir für die Betroffenen und den zuständigen Versicherern bessere Lösungen finden. Wir werden von Ihrem Unfallversicherer eingeschaltet. Zusammen mit Ihnen und Ihren Angehörigen besprechen wir dann die Situation, entwickeln einen maßgeschneiderten Plan und setzen diesen mit Ihnen um. Kreativität und Flexibilität sind unsere Markenzeichen. Vertrauen Sie der langjährigen RehabilitationsErfahrung unserer Spezialisten. Sie erhalten einen persönlichen Betreuer, der in Ihrer Nähe wohnt. Gemeinsam mit Ihrem Berater wird es Ihnen gelingen, Ihre Lebenssituation zu verbessern. Wir helfen Ihnen dabei! Der Gen Re Rehabilitations-Dienst GmbH Theodor-Heuss-Ring 11 - 50668 Köln Tel 0221 9738 638 - Fax 0221 9738 906 www.rehabilitations-dienst.de Besuchen Sie uns auch auf der RehaCare Düsseldorf. 18. - 21. Okt. 2006 Halle: 03 Stand-Nr.: E54 Editorial Liebe Leserin, lieber Leser, früher war alles viel einfacher. Hatte man ein Problem, ging man zum zuständigen Sachbearbeiter bei der Krankenkasse, dem Sozialamt, der Berufsgenossenschaft oder man rief einfach dort an. Im persönlichen Gespräch konnten so die meisten Probleme gelöst werden, man kannte sich und wusste um die Probleme und Möglichkeiten. Das ist leider schon lange her. Durch Zentralisierungen, Zusammenschlüsse, neue Gesetze und Verordnungen und vor allem auch, weil alle weniger Geld in der Kasse haben, wird es immer schwieriger, einen eigentlich vorhandenen Anspruch durchzusetzen. In vielen Fällen wird zuerst einmal abgelehnt, ohne überhaupt zu prüfen, ob es einen Ablehnungsgrund gibt – in der leider oft berechtigten Erwartung, dass der Patient resigniert und die Kosten selbst übernimmt oder auf die Anschaffung eines eigentlich benötigten Hilfsmittels verzichtet. Aus den Kostenzusagen z.B. der Krankenkassen, die eigentlich für ihre Mitglieder da sein sollten und nicht umgekehrt, sind fast behördliche Hoheitsakte geworden. Die Mitarbeiter des Medizinischen Dienstes der Krankenkassen, die laut Gesetz nur dem eigenen Gewissen verpflichtet sein sollten, erstellen überwiegend kassenfreundliche Gutachten, die der gerichtlichen Überprüfung fast ausnahmslos nicht standhalten. Aus Angst vor Regressansprüchen weigern sich Ärzte, Verordnungen für dringend benötigte Arzneimittel oder Heilmittel wie Krankengymnastik auszustellen. Selbst offensichtliche Gesetzesverstöße, Zitate von nicht existierenden Aktenzeichen oder nicht vorhandene Gutachten werden bei Auseinandersetzungen so lange verteidigt, bis man das Gegenteil bewiesen bekommt. Der 25. Geburtstag der Fördergemeinschaft der Querschnittgelähmten in Deutschland e.V. war uns ein willkommener Anlass diese Broschüre zu erstellen, überwiegend unter dem Gesichtspunkt der FGQ als Selbsthilfeorganisation querschnittgelähmter Menschen. Aber auch andere behinderte Menschen werden nützliche Informationen darin finden. Natürlich kann diese Sammlung keine Rechtsbibliothek ersetzen. Sie Bitte besuchen Sie uns auf der REHACARE am Stand 4 B 17 soll auch kein Allzwecknachschlagewerk sein. Sie soll diejenigen unterstützen, die sich nicht unterkriegen lassen und ihre Rechtsansprüche weiter durchsetzen werden. Sie soll auch zeigen, dass es keinen Grund gibt, zu resignieren und auf gesundheitlich und oft auch finanziell wichtige Ansprüche zu verzichten. Dabei haben wir versucht, die für viele schweroder unverständliche Sprache der Juristen und Gesetze in „Deutsch für Jedermann“ zu übersetzen und vor allem Klartext zu reden. Denn von unverbindlichen Auskünften mit „Wenn“, „Möglicherweise“ oder „Unter Umständen“ hat keiner etwas. Eine große und wichtige Aufgabe, die laut Satzung auch zu den Aufgaben der FGQ gehört. Sie kann und darf Betroffene in Rechtsfragen beraten und auch vor den Gerichten vertreten wie nur wenige andere Behindertenorganisationen in Deutschland. Das hat auch das LSG Hessen in seinem Beschluss vom 22. 2. 2006 (AZ L 8 B 225/05 KR) bestätigt. Für Fragen des Zivilrechts (z.B. Schadensersatz, Schmerzensgeld usw.) gibt es die Arge Recht, die bei Bedarf auch Kontakte zu qualifizierten Anwälten vermittelt. Für Sozialrechtsfragen hat der Vorstand der FGQ mich als Rechtsbeistand im Sozialrecht bevollmächtigt. Denn nicht das examinierte juristische Studium ist dafür wichtig, sondern das Wissen und die Erfahrung in diesem vielfältigen Bereich. Beides ist (nicht nur) für die Menschen wichtig, als deren Selbsthilfeorganisation und kompetente Vertretung die FGQ sich versteht. Herzlichst Ihr Herbert Müller, FGQ-Rechtsbeistand im Sozialrecht 3 Inhalt Editorial 3 6 8 Altersvorsorge für Pflegepersonen: Krankenkasse will sparen Hinzuverdienstgrenzen bei Erwerbsminderung: Die Crux mit dem Gesetzesdeutsch 10 FGQ-Rechtsbeistand für Sozialrecht: 12 Untersuchungen im Querschnittzentrum: Die richtigen Argumente finden Krankenkassen dürfen nicht ablehnen! 15 Wohnen in Deutschland: 20 Behinderte Mieter: Gesetze, Vorschriften, Formulare Gute Chancen 24 28 30 4 Liebe Leserin, lieber Leser Zugewinn, Versorgung, Gütertrennung: Ehe als Risiko? Befreiung von den Rundfunkgebühren Zum Verbrauch bestimmte Pflegehilfsmittel: Kostenerstattung bis 31 €/Monat Inhalt 32 36 41 Bundessozialgericht: Medikamentengabe gehört zur Pflege 25 Jahre FGQ: Eine Erfolgsgeschichte ARGE Recht: Hilfe für Unfallopfer 46 Vom Antrag bis zum Ende: 57 Arzneimittel-Zuzahlungen: Verfahren zur Beantragung eines Hilfsmittels Allgemeine Verunsicherung 62 Arzneimittel-Richtlinien 68 Krankentransport-Richtlinien Markt: 23 Cayman mit Handgas 60 More Mobility Center Neu-Ulm 60 Barrierefrei mit Hilfe von Liften 61 Neue Kathetersysteme 61 Wilhelm Meyer gestorben 74 FGQ / Impressum Titelfoto: www.handicapbildagentur.de 5 Aktuell Altersvorsorge für Pflegepersonen: Krankenkasse will sparen Mit der Einführung der Pflegeversicherung wurde 1995 erstmals auch etwas zur Altersvorsorge derjenigen geschaffen, die nur in Teilzeit arbeiten oder ganz zu Hause bleiben, um verwandte (oder befreundete) Personen zu pflegen und zu versorgen. Nur auf Antrag der Pflegeperson zahlt die Pflegekasse für sie Beiträge an die Rentenversicherung. Die Ansprüche sind in § 44 SGB XI (Pflegeversicherung) genau geregelt. Wenn der MDK in seinem Pflegegutachten den Pflegebedarf bestätigt hat, gab es bisher auch keine Probleme. Alljährlich erhielt die Pflegeperson eine Bescheinigung, dass die Pflegekasse entsprechende Beiträge an die Rentenversicherung geleistet hatte und welches Jahreseinkommen den Beiträgen zu Grunde gelegt worden ist. 6 Diese Rentenversicherungsbeiträge sind nach Zeitaufwand gestaffelt und entsprechen zur Zeit zum Besipiel bei Pflegestufe II (mehr als 14 Stunden pro Woche) einem Jahreseinkommen von rund 15 000 €. Weitere Voraussetzungen sind a) die Pflegeperson darf nicht in einem abhängigen Beschäftigungsverhältnis mehr als 30 Jetzt hat die Kaufmännische Krankenkasse (KKH) einen neuen Weg entdeckt, wie sie Kosten einsparen will. Dass sie dabei gegen das Gesetz verstößt, scheint ihr unwichtig. Sie verschickt rückwirkend ab 1995 „Stornierungen einer Jahresmeldung“ und gleichzeitig Jahresmeldungen mit niedrigeren Beträgen, wenn der Pflegegeldempfänger im Laufe eines Jahres einen Klinik- oder Sanatoriumsaufenthalt gehabt hatte. Ähnlich waren die Krankenkassen bei der Einführung der Pflegeversicherung ja auch bei den Zahlungen von Pflegegeld vorgegangen, ehe das Gesetz umgehend klarstellend ergänzt wurde. Damals wurde festgelegt, dass für die ersten vier Wochen des Aufenthalts in einem Krankenhaus oder in einer Rehaeinrichtung weder bei Pflegegeld noch bei Leistungen an die Pflegeperson nach § 44 Leistungen gekürzt werden dürfen. Das Glei- Wochenstunden arbeiten und b) sie darf das 65. Lebensjahr noch nicht überschritten haben, weil dann keine Rentenansprüche mehr erworben werden können. che gilt übrigens auch für Auslandsaufenthalte bis zu sechs Wochen. Dabei zählt jeder Krankenhausaufenthalt einzeln. Es darf also nicht addiert werden. Aktuell Schon ein einziger Tag zu Hause lässt die Frist wieder neu laufen. Weil per Computer heute alles einfach zu erfassen ist („der gläserne Patient“) wurden dann z. B. auch für einen einwöchigen Klinikaufenthalt im Jahre 1999 rund 250 Euro bei der Bemessungsgrundlage gekürzt. Nicht viel, wenn man ausrechnet, um wieviel die spätere Rente dadurch geringer ausfällt, aber für die Krankenkasse rund 50 € weniger Beiträge an die Rentenversicherung. Deshalb der dringende Rat an alle, denen von ihrer Krankenkasse/Pflegekasse solche falschen „berichtigten“ Meldungen zugeschickt werden: Unbedingt Widerspruch einlegen und darauf hinweisen, dass die Krankenkasse damit gegen § 34 Abs. 3 SGB XI verstößt. Wichtig: Der Widerspruch muss nicht von der pflegebedürftigen Person eingelegt werden, sondern von der Pflegeperson, für die diese Leistungen gezahlt werden. Wenn kein Widerspruch eingelegt wird, erlangen die neuen, aber falschen Bescheide Bestandskraft – und weil das nicht jeder weiß, hätte dann die KKH (oder eine andere Krankenkasse) das gewünschte Ziel erreicht, nämlich durch eine rechtswidrige Maßnahme Kosten einzusparen. Herbert Müller Hinzuverdienstgrenzen bei Erwerbsminderung: Die Crux mit dem Gesetzesdeutsch Zwar werden normalerweise in jedem Rentenbescheid die individuellen Werte für den möglichen Hinzuverdienst bei voller oder teilweiser Zahlung einer Erwerbsminderungsrente mit aufgeführt, aber die dabei gebrauchten Formulierungen sind nicht unbedingt auf Anhieb verständlich. Deshalb – und weil mancher überlegt, einen Rentenantrag zu stellen und nebenher noch etwas Geld zu verdienen – wollen wir hier Übersetzungshilfe leisten für Begriffe wie Bezugsgröße, Rentenwert, Entgeltpunkte, Durchschnittsverdienst usw. Es geht hierbei nicht um „Altrentner“, die schon vor dem 1. 1. 2001 einen Rentenanspruch hatten, sondern um das jetzt geltende neue Rentenrecht. Das unterscheidet zwischen einer Rente wegen voller Erwerbsminderung (VE = max. drei Stunden Arbeitsbelastung pro Tag) und Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung (TE = max. sechs Stunden pro Tag). Diese TE-Rente beträgt tel gezahlt werden, je nach Hinzuverdienst. Ein entscheidender Unterschied zwischen beiden Rentenarten ist, dass bei einem Hinzuverdienst bei voller Erwerbsminderung keine Beiträge zur Arbeitslosenversicherung gezahlt werden (aber Beiträge zur Kranken-, Renten- und Pflegeversicherung), während Bezieher von Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung auch Arbeitslo- 50 % der vollen Erwerbsminderungsrente. senversicherungsbeiträge zahlen müssen, weil sie ja dem Arbeitsmarkt noch zur Verfügung stehen. Dafür bekommen sie auch für den Fall der Arbeitslosigkeit Arbeitslosengeld. Eine volle Erwerbsminderungsrente kann ganz, zu drei Vierteln, zur Hälfte oder zu einem Vier- 8 Aktuell Die nachstehenden Richtwerte sind unverbindliche Durchschnittswerte für einen „Durchschnittsverdiener“. Sie können Anhaltspunkte geben, so dass sich jeder seine individuelle Hinzuverdienstgrenze (mindestens die Hälfte dieser Werte) in etwa ausrechnen kann. Die Vollrente wird ohne Abzüge ausgezahlt, wenn der Hinzuverdienst den Betrag von 350 € / Monat (Rentengebiet Ost: 295 €) nicht überschreitet (Das Gesetz sagt „Ein Siebtel der monatlichen Bezugsgröße 2006“). ¾ VE; Hinzuverdienst bis ca. 1 225 € (max. 15 Std. / Woche) ½ VE = volle TE; Hinzuverdienst bis ca. 1 630 € (max. 30 Std. / Woche) ¼ VE = ½ TE; Hinzuverdienst bis ca. 2 040 € (max. 30 Std. / Woche) Diese Werte dürfen zweimal pro Jahr bis zum Doppelten dieser Beträge überschritten werden, ohne dass es weitere Kürzungen gibt. Werden diese Werte mit dem persönlichen Prozentsatz des „allgemeinen Durchschnittsverdienstes“ der letzten drei Jahre vor Rentenbeginn multipliziert, ergibt sich daraus der (ungefähre) mögliche individuelle Hinzuverdienst. Die Durchschnittsverdienste der letzten drei Jahre: 2003 – 29 230 € 2004 – 29 428 € 2005 – 29 569 € Beispiel für die Ermittlung der individuellen Hinzuverdienstgrenze: Das eigene Einkommen in den letzten drei Jahren lag bei 160 % vom Durchschnittsverdienst. Danach ergeben sich für ¾-Vollrente ca. 1 940 €, für die halbe Rente ca. 2 600 € und für die Rente in Höhe von ¼ ca. 3 260 €. Die vorstehen- den Werte gelten für den Rentenbereich Westdeutschland, in Ostdeutschland sind sie ca. 12 % niedriger (Rentenwert West 2006: 26,13 € bzw. Ost: 22,97 €). Wichtiger Hinweis: Die von der Deutschen Rentenversicherung (früher BfA bzw. LVA) mitgeteilten Hinzuverdienstgrenzen sind wirklich solche. Wird der genannte Betrag auch nur um einen einzigen € überschritten, wird die Auszahlung auf die nächst niedrigere Stufe gekürzt oder möglicherweise sogar ganz eingestellt. Der Rentenanspruch ruht jedoch nur. Es muss also kein neuer Antrag gestellt werden, wenn der Grenzwert für die Auszahlung der Rente wieder unterschritten wird. Text: Herbert Müller -Anzeige- FGQ-Rechtsbeistand für Sozialrecht: Die richtigen Argumente finden Ämter, Behörden, Krankenkassen haben leider oft eine andere Auffassung als diejenigen, die sich dorthin wenden, wenn es z. B. um die Kostenübernahme für ein Hilfsmittel, für Rehasport, Krankengymnastik, einen Zweitstimulator nach einer Brindley-OP, einen Treppenlift o. ä. geht, Pflegegeld gestrichen oder gekürzt, Zuschüsse für Umbauten abgelehnt werden oder es Auseinandersetzungen über den Hinzuverdienst zu Renten gibt. Die Liste lässt sich beliebig fortsetzen. bis die Gerichte diesen Rahmen mit wegweisenden Entscheidungen ausgefüllt haben. Betroffene, die nicht regelmäßig damit zu tun haben, machen dann gelegentlich den Fehler, nicht so zu argumentieren, wie es gerade für diese Behörde und dieses Gesetz erforderlich wäre, denn die jeweiligen rechtlichen Grundlagen sind völlig unterschiedlich, je nach dem ob es sich um eine Krankenkasse handelt, ein Sozialamt oder z. B. die Pflegeversicherung. Die Folge: Ein berechtigter Anspruch wird aufgegeben, weil man vor dem Papierkrieg resigniert, Frust baut sich auf und „denen da oben“ wird die Schuld zugewiesen. 10 Grund für Ablehnungen und/oder schleppende Bearbeitung sind nicht nur die immer leerer werdenden öffentlichen Kassen, sondern oft auch Unkenntnis der besonderen Situation, Unwissenheit oder Überlastung der Sachbearbeiter, neue Gesetze wie z.B. das 2001 in Kraft getretene SGB IX, mit dem Ziel, die Rechte behinder- Andere haben gar Angst, sich gegen falsche Bescheide zu wehren, weil sie glauben, damit ihren persönlichen Sachbearbeiter zu verärgern und sich damit bei ihrem nächsten Bedarf noch mehr Schwierigkeiten einzuhandeln. Dabei werden Entscheidungen heute meist nicht mehr vor ter Menschen besser durchzusetzen, aber auch mit dem Problem, dass „Leistungsträger“ und „Anspruchsteller“ dieses unterschiedlich interpretieren und es wohl viele Jahre dauern wird, Ort gefällt, sondern in “Kompetenz-Zentren”, “Fachbereichs-Kommissionen” usw., die bundesweit einheitliche Entscheidungskriterien verwirklichen sollen. Erfahrung und Wissen Auch hier kann die FGQ als Selbsthilfeorganisation weiterhelfen: Herbert Müller, Jahrgang 1946, selbst durch einen Unfall 1988 querschnittgelähmt und seit 1990 Ansprechpartner der FGQ für den Stützpunkt Koblenz, wollte seine eigenen Erfahrungen im Umgang mit Behörden, Krankenkassen usw. nicht so ohne weiteres hinnehmen, sondern diese nutzen, um andere Menschen in vergleichbaren Situationen fachgerecht zu beraten und zu unterstützen. Einige Semester Jura, die er seinerzeit bei seinem Studium als Betriebswirt belegt hatte, kamen ihm dabei zugute. Viel entscheidender ist jedoch die Erfahrung und das Wissen um die aktuelle gesetzliche Situation, neue Gesetze, wichtige Urteile im Sozialrecht und auch Informationen darüber, welche Themenkreise z. Zt. aktuell sind und wie in anderen Fällen etwas erreicht werden konnte. Denn oft ist es nur eine Frage des richtigen Wegs, der zum Erfolg führt. Als Beispiel sei nur die Versorgung von „Brindley-Patienten“ mit einem Zweitstimulator genannt: Acht Mal wurde Herbert Müller nach einer Ablehnung durch die Krankenkasse eingeschaltet, in sechs Fällen wurde anschließend die Kostenübernahme doch genehmigt, Zwei Mal mussten die Gerichte bemüht werden, ehe die Krankenkasse – noch vor einem Urteil – ihre Auffassung änderte. Offiziell bevollmächtigt Das neue SGB IX und die Änderungen im Sozialgerichtsgesetz zum 1. 1. 2002 erleichtern auch ihm die Arbeit, (und führen zu größerer Effektivität) weil er jetzt nicht mehr nur beraten und Briefe formulieren darf, die dann unterzeichnet und weitergeschickt werden müssen. jetzt darf er auch als bevollmächtigter Rechtsbeistand auftreten. Weil auch das zur satzungsgemäßen „Förderung der Interessen der Querschnittgelähmten“ gehört, nämlich die „Informationsund Beratungstätigkeit Betroffener“ hat ihn der Vorstand der FGQ offiziell dazu bevollmächtigt, in Fragen des Sozialrechts als Rechtsbeistand für betroffene Menschen tätig zu werden. So ist es jetzt Herbert Müller auch möglich, als Vertreter vor Gerichten usw. aufzutreten, nicht nur zu zeigen, dass die Menschen in ihren Auseinandersetzungen mit „der Obrigkeit“ nicht alleine da stehen, sondern auch mit seinem Fachwissen im Sozialrecht Erfolge für die Menschen zu erzielen, die aufgrund ihrer Behinderung ohnehin genug Probleme haben. Wichtig: die Tätigkeit übt der FGQ-Rechtsbeistand für Sozialrecht ehrenamtlich für jeden aus, der sich an ihn wendet (soweit es sich um einen Fachbereich handelt, in dem er sich auskennt - und das sind im Sozialrecht viele). Weder die Mitgliedschaft in der FGQ noch die Zahlung von Honorar sind Bedingung für sein Engagement. Allerdings findet jeder seiner Klienten schon im ersten Schreiben den Hinweis, dass sich der Schatzmeister der FGQ in Mölsheim bei einem positiven Ergebnis der Bemühungen über eine Spende zur Unterstützung der Arbeit zugunsten Querschnittgelähmter freuen würde und dass die Mitgliedschaft in der FGQ für Querschnittgelähmte nur 15 € jährlich kostet. Kontakt: Herbert Müller Postfach 210 102 56538 Neuwied-Engers Tel.: (tags): 0 26 22-88 96 32 Fax: 0 26 22-38 73 E-Mail: [email protected] 11 Untersuchungen im Querschnittzentrum: Krankenkassen dürfen nicht ablehnen! Immer häufiger kommt es vor, dass Krankenkassen bei querschnittgelähmten Patienten die Übernahme von Fahrkosten für eine regelmäßige Nachsorge in einem Querschnittzentrum mit der Begründung ablehnen, eine solche Untersuchung sei auch in einer näher gelegenen Klinik möglich. Dort gibt es zwar dann Abteilungen, die isoliert urologische oder orthopädische Untersuchungen usw. vornehmen können, sie sind aber nicht in der Lage, eine Querschnittlähmung in der Gesamtheit zu beurteilen. Eine solche Ablehnung ist rechtswidrig. So hat auch das Sozialgericht Freiburg (Aktenzeichen S 11 KR 3430/04) in einem Fall ent- die Behandlung im Klinikum Karlsbad-Langensteinbach medizinisch erforderlich war. Wie schieden, bei dem ein querschnittgelähmter Mann aus Freiburg nicht damit einverstanden war, dass seine Krankenkassen ihm statt rund 300 € nur 14,40 € für die Fahrt bis zur Universitätsklinik Freiburg vor Ort ersetzen wollte. Mit Unterstützung des Rechtsbeistands der Fördergemeinschaft der Querschnittgelähmten in Deutschland e.V. klagte er dagegen und hatte Erfolg. der sachverständige Zeuge für die Kammer überzeugend darlegte, leidet der Kläger unter einer Querschnittlähmung mit Funktionsausfällen verschiedener Organe, die sich nur in ihrer Gesamtheit beurteilen lässt. Die Behandlung von Querschnittlähmungen hat sich zu einer eigenständigen Berufsdisziplin mit detaillierten Zusammenhangskenntnissen entwickelt, die für andere Bereiche weniger oder überhaupt nicht vorhanden sind. Die für querschnittgelähmte Patienten erforderliche und lebenslang notwendige Nachsorge muss deshalb in Zentren für Querschnittgelähmte erfolgen, die über die hier- Auszug aus der Urteilsbegründung: Die Beklagte hat die Kosten der Fahrt zum Klinikum Karlsbad-Langensteinbach zu erstatten, weil -Anzeige- - Anzeige - für notwendigen Kenntnisse und Erfahrungen verfügen. Im Universitätsklinikum (Freiburg) könnte lediglich eine auf die verschiedenen Fachgebiete Neurologie, Orthopädie und Urologie isolierte Untersuchung und Beurteilung erfolgen. Eine umfassende Bewertung der Folgen der Querschnittlähmung wäre nicht möglich. Damit ist wieder einmal klargestellt, dass mündliche oder allgemein formulierte (Pauschal-)Absagen nicht rechtens sein müssen. Jeder querschnittgelähmte Mensch hat das Recht, die notwendigen Nachsorgeuntersuchungen dort durchführen zu lassen, wo qualifizierte Fachärzte interdisziplinär ihr Wissen und ihre Erfahrungen mit dem Krankheitsbild einer Querschnittlähmung einbringen. Das sind die 25 bundesdeutschen Querschnittzentren, für die neben der Erstversorgung von Frischunfallverletzten die lebenslange Nachsorge von querschnittgelähmten Menschen eine zentrale Aufgabe ist. Fazit: Manchmal muss man die Krankenkassen eben zu ihrem Glück zwingen. Denn bei regelmäßigen Nachsorgeuntersuchungen in qualifizierten Querschnittzentren werden gesundheitliche Veränderungen normalerweise eher erkannt, so dass eine Behandlung wesentlich schneller in die Wege geleitet werden kann und deshalb (fast) immer kürzer und weniger kostenaufwändig ist. Damit wird dem Wirtschaftlichkeitsgebot, das das Gesetz den Krankenkassen auferlegt hat und von ihnen gerne zitiert wird, wenn sie eine Leistung ablehnen, mehr Genüge getan als mit Pauschalablehnungen nur um vordergründig ein paar (hundert) EURO zu sparen. Inzwischen (2006) hat das Sozialgericht Freiburg in einem anderen Verfahren diesen Grundsatz auch bei Versorgung von Patienten der Berufsgenossenschaften als richtig erachtet. Text: Herbert Müller Wohnen in Deutschland: Gesetze, Vorschriften, Formulare Ob man ein Haus/eine Wohnung baut, kauft oder mietet, immer ist eine Vielzahl von Vorschriften zu beachten, sind Anträge zu stellen und Unterschriften zu leisten. Dazu gibt es eine Vielzahl von Veröffentlichungen, die für alle gelten. Deshalb geht es hier nur um Besonderheiten, die behinderte Menschen dabei beachten sollen oder müssen. So wäre z. B. für Eheleute zu klären, ob sie aus romantischen Gründen gemeinsam Hausbesitzer sein wollen oder ob sie der praktischen Vernunft den Vorrang lassen. Ein behindertengerecht gebautes oder umgebautes Haus sollte grundsätzlich nicht auf die Eheleute eingetragen werden, sondern auf den behinderten Partner. Dann hat der andere bei einer Trennung nur einen Anspruch auf eine Geldleistung (die Hälfte des Wertes der Immobilie minus Darlehen), jedoch nicht auf die Hälfte des Hauses, und ein Streit darüber, wer in dem Haus wohnen bleibt, wird ausgeschlossen. Besonders wichtig ist das, wenn eine Berufsgenossenschaft oder ein anderer Leistungsträger einen Zuschuss für die behindertengerechte Ausstattung gezahlt hat, die eigentlich nicht werterhöhend ist, aber den Unterschied zwischen einem für Rollstuhlfahrer bewohnbaren Haus und einem unüberwindlichen Hindernis darstellt. Den einen oder anderen Stolperstein gilt es in einem solchen Fall auch zu vermeiden. Auch wenn in einem Haus ein Aufzug nur deshalb eingebaut wurde, damit der Rollstuhlfahrer auch das Obergeschoss erreichen kann, während andere problemlos über die Treppe nach oben kommen, gilt ein Aufzug als werterhöhend, ebenso wie eine größere Heizungsanlage (weil Querschnittgelähmte oft frieren), elektrische Rolladenbedienungen oder Garagentoröffner. Zuschüsse zum Einbau eines Aufzuges oder eines Treppenlifts gibt es – wenn überhaupt – norma- lerweise nur bei einem Umbau oder weil die Situation so besonders ist, dass sich bei der Planung eines Neubaus eine ebenerdige Bauweise zumindest des größten Teils der Wohnung nicht verwirklichen lässt. (Zusätzliche Räume im OG z. B. bei einer kinderreichen Familie, die nicht erreichbar sind, sind zumutbar.) Baut man trotzdem einen Lift kann man auf das preissteigernde Siegel „Behindertenaufzug“ gut verzichten. Auch „normale“ Aufzüge erfüllen diesen Zweck. Seit 2004 muss der Aufzug in einem Ein- bis Zweifamilienhaus nicht mehr in regelmäßigen Abständen vom TÜV überprüft werden. Aus Sicherheitsgründen sollte man aber mit einem Fachunternehmen einen Wartungsvertrag abschließen. 15 Wohngeld Ein wichtiges Thema ist die Finanzierung der Wohnkosten. Wohngeld kann als Mietzuschuss oder als Lastenzuschuss für ein Eigenheim gezahlt werden. Für behinderte Menschen sind dabei zwei verschiedene Aspekte zu berücksichtigen: Beim Einkommen werden 1 500 € pro Jahr als Freibetrag abgesetzt, wenn ein Grad der Behinderung von 100 % vorliegt, 1 200 € bei einem GdB von 80 % und gleichzeitiger häuslicher Pflegebedürftigkeit. Das Wohngeldgesetz geht von einem „angemessenen“ Wohnflächenbedarf aus. Daraus ergibt sich die zu berücksichtigende Miete. Für Menschen, die auf den Rollstuhl angewiesen sind, kann ein zusätzlicher Flächenbedarf von 10 m² angesetzt werden. Seit dem 1. Januar 2005 erhalten allerdings Empfänger von Arbeitslosengeld II und Sozialgeld nach SGB II, Grundsicherung gemäß SGB XII, Hilfe zum Lebensunterhalt nach SGB XII oder Ergänzender Hilfe zum Lebensunterhalt nach dem Bundesversorgungsgesetz kein Wohngeld mehr, weil die Kosten der Unterkunft jetzt zu den Leistungen gehören, die nach diesen Gesetzen gezahlt werden. Leistungen der Pflegeversicherung (Pflegestufen I, II oder III) gehören nicht dazu und werden auch nicht bei der Berechnung des Wohngelds berücksichtigt. Die erhöhten Werte nach dem Wohngeldgesetz gelten auch für die Erteilung eines Wohnberechtigungsscheins (WBS), der benötigt wird, wenn man eine Wohnung beziehen möchte, die mit öffentlichen Mitteln gefördert wurde. Den WBS gibt es bei den zuständigen Stellen der Städte und Gemeinden (meist Wohnungsamt, Amt für Soziales und Senioren etc.) Damit hat man zwar noch keine Wohnung, aber man kommt auf eine Warteliste für eine geeignete Wohnung. Früher lag die Schwierigkeit darin, dass es zu wenige rollstuhlgeeignete Wohnungen gab. 16 Heute sind die Fälle gar nicht so selten, dass eigentlich geeignete Räumlichkeiten von anderen Mietern belegt sind, weil sich kein behinderter Interessent gemeldet hat. Diese kann man jetzt ja nicht so ohne weiteres vor die Tür setzen. Also ist unter Umständen Warten angesagt. Wenn Mieter einer Sozialwohnung im Laufe der Zeit die dafür vorgesehenen Einkommensgrenzen (je nach Bundesland um 5 bis 20 %) überschreiten, müssen sie eventuell eine „Fehlbelegungsabgabe“ bezahlen. Auch dabei gelten die oben aufgeführten erhöhten Freigrenzen. Zuschüsse fürs Eigenheim Plant man einen Umzug in die eigenen vier Wände, ist die wichtigste Frage meist die nach dem Geld. „Wieviel kann ich selbst aufbringen, wer zahlt Zuschüsse, wo bekomme ich besonders günstige Darlehn? Kann ich mir/können wir uns das auf Dauer leisten?“ Das Eigenkapital besteht nicht nur aus dem hoffentlich gut gefüllten Bankkonto, sondern auch aus Eigenleistungen, die man nicht unbedingt selbst aufbringen muss. Da ist auch Familien- und Nachbarschaftshilfe möglich. Finanzierungen und Zuschüsse gibt es auch nur dann, wenn das Eigenkapital mindestens 20 % ausmacht, besser mehr. So will man vermeiden, dass sich jemand total verschuldet und später sein Haus doch veräußern muss. Zuschüsse können berufstätige Behinderte über das Integrationsamt, das in diesem Zusammenhang seit dem 1. Januar 2005 auch die Leistungen übernommen hat, die vorher vom Arbeitsamt erfolgten (§§ 33 und 55 SGB IX), bei der Rentenversicherung (§ 16 SGB VI) und - nach einem Arbeitsunfall oder bei einer Berufskrankheit - bei den Berufsgenossenschaften beantragen(§ 41 SGB VII). Die Höhe ist je nach Behinderung, Wohnsituation, Familienverhältnis usw. unterschiedlich, richtet sich nach den Wohnungshilferichtlinien und in der Höhe bis zu einem gewissen Grad Ermessens- (= Verhandlungs-) sache. Deshalb sollte man möglichst umfangreich die behinderungsbedingten Mehraufwendungen erläutern: größerer Flächenbedarf, größere Heizung, Rollstuhlabstellplatz, breitere Türen, besondere Türzargen, mehr Bewegungsflächen im Bad, höhenverstellbare Spiegel und Waschbecken, elektrische Rollladenbedienungen, eine größere Garage (mit Heizung), Gymnastikraum, besondere Bodenversiegelung bei befahrbarer Dusche, stufenlose Terrassentüren usw. Wer nicht berufstätig ist, kann Zuschüsse beim Sozialamt (einkommens- bzw. vermögensabhängig – § 54 SGB XII) und – sofern eine Pflegestufe festgestellt wurde – bei der Pflegeversicherung stellen (§ 40 SGB XI). Die Pflegeversicherung zahlt je Maßnahme einen Betrag von bis zu 2 557 €, wobei bis auf Ausnahmen 10 % Eigenleistung zu erbringen sind. Als „eine Maßnahme“ -Anzeige- zählt das, was gleichzeitig beantragt/durchgeführt wird z.B. Badumbau und eine größere Garagentür. Später – z. B. nach einem Jahr – kann soweit erforderlich ein erweiterter Umbau im Bad wiederum teilfinanziert werden. Zur Frage, ob ein fest eingebauter Treppenlift oder ein fest installierter Hebelifter mit Schienen an der Decke eine Leistung der Krankenkasse oder der Pflegeversicherung ist, gibt es von Kasse zu Kasse unterschiedliche Meinungen, über die verhandelt werden kann. Sicher sind Handgriffe usw. im Bad, verstellbare Spiegel usw. Hilfsmittel, die die Krankenkasse übernehmen muss. Darlehn vom Land Wenn dann Eigenkapital und Zuschüsse immer noch nicht ausreichen – was meist der Fall ist – geht es darum, ob neben den üblichen Darlehn bei der Bank und besonders zinsgünstigen Darlehen nach dem 1. und 2. Wohnraumförderungsgesetz, die jeder bekommt, der die allgemeinen Bedingungen erfüllt, für behinderte Menschen zusätzliche Finanzierungsmöglichkeiten zu finden sind. Je nach Bundesland können Anträge nach den o. a. Gesetzen entweder nur über die Banken oder auch direkt bei den zuständigen Behörden gestellt werden (Wohnungsämter). Die Höhe der zusätzlichen Darlehensmöglichkeiten ist je nach Bundesland unterschiedlich, manchmal haben auch Gemeinden zusätzliche Fördermittel zu vergeben. Deshalb können die nachstehenden Werte nur Beispiele sein, zumal sich die schwache Finanzlage der Länder auch auf solche „freiwilligen“ Leistungen negativ auswirkt. Generell ist Anfang eines Jahres die Chance auf eine Genehmigung immer höher als gegen Jahresende, wenn die Töpfe meist schon ziemlich leer sind. Vor einem Antrag ist eine Nachfrage immer sinnvoll, ob die unten aufgezählten Programme bzw. die kommunalen Sonderförderungen noch existieren oder verändert wurden. Nordrhein-Westfalen: Nachträgliche zusätzliche Maßnahmen bei vorhandenem Wohnraum werden gefördert. Voraussetzungen für Mittel aus der Wohnungsbauförderung sind ein Grad der Behinderung des Bewohners von mindestens 80 %. Je nach Kostenaufwand und Haushaltseinkommen beträgt die Höhe der Förderung bis zu 15 500 €. Rheinland-Pfalz: Behindertenbedingte Mehraufwendungen beim Neu- oder Umbau werden mit Zusatzdarlehen bis zu 13 000 € gefördert. Brandenburg: Gewährung von Zusatzdarlehen im Rahmen der Wohnungsbauförderung zur Deckung nachgewiesener Mehrkosten beim Neubau oder Ersterwerb eines Gebäudes oder zur nachträg- 18 lichen Anpassung von Wohneigentum an die Anforderung der DIN 18025. Zusatzdarlehen in Höhe von 7 669 € (Ersterwerb) bzw. 17 895 € (Anpassung). Hamburg: Darlehen für Schwerbehinderte, sofern besondere bauliche Maßnahmen nach DIN 18025 erforderlich sind. Das Darlehen entspricht der Höhe der anerkannten (nachgewiesenen) Mehrkosten, es beträgt höchstens 7 669 €. Sachsen: Neubau / Um- und Ausbau bzw. Erwerb von Wohneigentum. Berücksichtigt werden Personen, deren Grad der Behinderung mindestens 80 % beträgt. Schwerbehinderte als Einzelpersonen, deren Einkommen die Einkommensgrenze nicht überschreitet, erhalten bei Neubau ein Baudarlehen bis zu 51 129 € bei Erwerb einer Bestandsimmobilie bis zu 25 565 €. Bei einem nachgewiesenen (anerkannten) Mehraufwand Erhöhung um bis zu 20 452 € möglich. Die Einkommensgrenze darf bis 30 677 € überschritten werden. Thüringen: Förderung des Erwerbs vorhandenen Wohnraums durch kinderreiche Familien und Familien mit schwerbehinderten Angehörigen durch zinsverbilligte Kapitalmarktdarlehen. Einhaltung der Einkommensgrenzen erforderlich – aus den förderfähigen Gesamtkosten muss sich mindestens ein Darlehensbetrag von 10 226 € errechnen, Gesamtdarlehenshöhe (nicht nur wegen Behinderung) zwischen 30 677 € und 79 761€. Baden – Württemberg: Anpassung/Neuerrichtungvonselbstgenutztem Wohneigentum an die tatsächlich notwendigen individuellen Bedürfnisse (zur Deckung nachgewiesener Mehrkosten). Finanzhilfen (Darlehen) -Anzeige- zur Schaffung von selbstgenutzten Eigenheimen und Eigentumswohnungen. Die einzelnen Fördersätze sind in den Verwaltungsvorschriften zu den jährlichen Wohnraumförderprogrammen festgelegt. Rechte und Pflichten Lediglich bei den Berufsgenossenschaften als Leistungsträger können (nach einem entsprechenden Urteil des BSG) Förderungen auch mehrfach beantragt werden, wenn ein Umzug nicht beruflich, sondern privat bedingt ist. Wenn aus beruflicher Veranlassung ein erneuter Umbau erforderlich wird, entscheiden Integrationsamt und Rentenversicherung von Fall zu Fall. Sonderdarlehen werden als Maßnahme zur Förderung von Wohneigentum nur einmalig gewährt. Wohnt man dann im eigenen Haus, hat auch der behinderte Mensch die gleichen Pflichten wie seine nicht behinderten Nachbarn. Er muss sich um die ordnungsmäßige Müllabfuhr kümmern und auch - was gerne vergessen wird - im Winter Schneeschippen. Eine Behinderung ist kein Grund, diese öffentliche Pflicht zu versäumen. Ob er damit jemanden beauftragt, liegt bei ihm, aber in diesem Fall muss er es nachweisen können. (Auch so ein Urteil, das man so oder so sehen kann) Und weil jeder älter wird und vielleicht lieber in eine Seniorenresidenz oder ein Altenheim umziehen möchte, das auf Dauer seine finanziellen Möglichkeiten überschreiten könnte, an dieser Stelle noch ein wichtiger Hinweis: Wer sich selbst arm macht, indem er sein Vermögen verschenkt oder vorzeitig vererbt, der muss das zehn Jahre vor dem Termin tun, zu dem er voraussichtlich die Allgemeinheit zur Finanzierung seines Lebensunterhalts in Anspruch nehmen muss. Denn die Sozialämter können solche Maßnahmen zehn Jahre rückwirkend für nichtig erklären und vom neuen Hauseigentümer die Zahlungen rückfordern. Auch aus dem Erbe können die Sozialämter die Erstattung ihrer Zahlungen fordern. „Aber das ist wieder eine andere Geschichte (Zitat: ‚Irma la douce’)“. Text: Herbert Müller Foto: P. Mand Behinderte Mieter: Gute Chancen Die Rechte behinderter Mieter sind inzwischen gesetzlich ganz gut verankert. Das Mietrecht ist im Wesentlichen im BGB (Bürgerliches Gesetzbuch) geregelt. Dort finden sich Regelungen zum Kündigungsschutz und zur Frage, ob Ansprüche auf Umbauten bestehen. Zum Umbau einer Mietwohnung entsprechend des Bedürfnisses der Barrierefreiheit heißt es in der Vorschrift des § 554a BGB: „ 1 Der Mieter kann vom Vermieter die Zustimmung zu baulichen Veränderungen oder sonstigen Einrichtungen verlangen, die für eine behindertengerechte Nutzung der Mietsache oder den Zugang zu ihr erforderlich sind, wenn er ein berechtigtes Interesse daran hat. Der Vermieter kann seine Zustimmung verweigern, wenn sein Interesse an der unveränderten Erhaltung der Mietsache oder des Gebäudes das Interesse des Mieters an einer behindertengerechten Nutzung der Mietsache überwiegt. Dabei sind auch die berechtigten Interessen anderer Mieter in dem Gebäude zu berücksichtigen. 2 Der Vermieter kann seine Zustimmung von der Leistung einer angemessenen zusätzlichen Sicherheit für die Wiederherstellung des ursprünglichen Zustandes abhängig machen. § 551 Abs. 3 und 4 gilt entsprechend. 3 Eine zum Nachteil des Mieters von Absatz 1 abweichende Vereinbarung ist unwirksam.“ Der behinderte Mieter hat damit einen gesetzlich festgelegten Anspruch darauf, dass ihm der Vermieter die Zustimmung für einen behinder- 20 tengerechten Umbau der Wohnung erteilt. Dies gilt nicht nur, wenn der Mieter selbst die behinderte Person ist, sondern auch für einen behinderten Haushaltsangehörigen. Gute Chancen für behinderte Mieter Wenn der Mieter die Zustimmung verlangt, ist eine Abwägung zwischen den Interessen des Mieters und des Vermieters vorzunehmen. Als zu berücksichtigende Aspekte kommen z.B. Art, Dauer und Schwere der Behinderung, Umfang und Erforderlichkeit der Maßnahme, Auswirkungen auf andere Mieter, Rückbaumöglichkeit und weiteres in Betracht. Der Vermieter kann -Anzeige- die Zustimmung nur verweigern, wenn sein Interesse überwiegt. Schon bei gleichgewichtigen Interessen muss er die Zustimmung erteilen. Der Vermieter muss darlegen und ggf. beweisen können, dass seine Interessen überwiegen. Verweigert der Vermieter die Zustimmung, hat der Mieter die Möglichkeit die Zustimmung beim zuständigen Amtsgericht einzuklagen. Da der Vermieter die Beweislast trägt, hat er gegenüber dem Mieter in der Regel die schlechtere Ausgangsposition. Der Vermieter darf die Zustimmung aber davon abhängig machen, dass der Mieter eine angemessene Kaution für die Umbauten leistet. Dies wird damit begründet, dass der Mieter bei seinem Auszug verpflichtet ist, seine Umbauten zurück zu bauen. Die Kaution soll sich in angemessener Höhe an diesen Kosten orientieren. Räumlich ist der Anspruch nicht nur auf die Wohnung beschränkt. Vielmehr umfasst der Anspruch auch den Zugang zur Wohnung, da ansonsten der behindertengerechte Umbau ins Leere laufen würde, wenn nicht auch der Zugang entsprechend umgebaut wird. Hier ist an verbreiterte Eingänge, Rampe oder Treppenlifte zu denken. Das Bundesverfassungsgericht (Urteil vom 28. März 2000 Az. 1 BvR 1460/99) hat in einem Verfahren eines Mieters bestätigt, dass ein Anspruch auf Einbau eines elektrischen Treppenliftes bereits aus verfassungsrechtlichen Gründen bestehen kann. Der Mieter begehrte vom Vermieter die Zustimmung zum Einbau des Treppenliftes, da er seine querschnittgelähmte Lebensgefährtin immer die Treppe hoch in das zweite Obergeschoss tragen musste. Der Mieter wollte die Kosten für den Einbau selbst tragen und verpflichtete sich, den Treppenlift im Falle eines Auszugs wieder auszubauen. Trotzdem verweigerte der Vermieter die Zustimmung. Nachdem die unteren Gerichte dem Vermieter noch Recht gaben, hat das Bundsverfassungsgericht die Rechte behinderte Mieter in seinem Urteil deutlich gestärkt, in dem es die Grundrechte des Mieters betonte und ihm daher Recht gab. Bei der Abwägung der oft gegensätzlichen Interessen von Mieter und Vermieter gelten diese Grundsätze auch für die Zukunft. Letztlich ist noch zu beachten, dass der Vermieter nicht zum Nachteil des Mieters abweichende Vereinbarungen in den Mietvertrag aufnehmen darf, die seinen Anspruch auf Umbau beeinträchtigen könnten. 22 Kündigungsschutz Der Vermieter kann ein Mietverhältnis nur kündigen, wenn er ein berechtigtes Interesse an der Kündigung hat. Voraussetzung für die Wirksamkeit der Kündigung ist, dass sie schriftlich erklärt wird. Sie soll den Mieter auf die Möglichkeit des Widerspruchs hinweisen. Das Recht des Widerspruchs gibt dem Mieter die Möglichkeit auch bei zulässiger Kündigung das Mietverhältnis fortzusetzen. Dies ist in den Fällen möglich, wenn die Beendigung des Mietverhältnisses für den Mieter und/oder seine Familie eine Härte bedeuten würde, die auch unter Berücksichtigung der berechtigten Interessen nicht zu rechtfertigen ist. Der Widerspruch muss wie die Kündigung schriftlich erfolgen und dem Vermieter zwei Monate vor Ablauf der Kündigungsfrist zugehen. Da es auf den Zugang ankommt, sollte man entweder das Einschreiben/Rückschein oder die persönliche Zustellung mittels Bote (z.B. ein Freund oder Bekannter) wählen. Eine Härte haben die Gerichte bisher z.B. anerkannt, wenn psychisch Kranke nicht in der Lage sind, eine Kündigung zu verarbeiten, die Kündigung nachteilige Auswirkungen auf den Krankheitsverlauf hat, der Mieter ein erhebliches Alter hat oder erheblich gesundheitsgefährdet ist. Eine Härte kann aber auch vorliegen, wenn aufgrund einer Behinderung keine neue angemessene Wohnung gefunden werden kann. Soweit eine solche Härte besteht und der Mieter den Widerspruch schriftlich erklärt, hat der Mieter Anspruch auf Fortsetzung des Mietverhältnisses, auch wenn die Kündigung zu Recht erfolgte. Text: Jörg Hackstein, Rechtsanwalt Foto: P. Mand Markt Cayman mit Handgas Der Cayman ist ein echter Porsche mit Mittelmotor, sicherer Straßenlage, dem typischen Sound und echtem Stuttgarter Sportlerherzen. Je nach Ausführung ist er bis 260 km/h schnell. Dieser Cayman ist zusätzlich für einen gehandikapten Autofahrer umgerüstet vom Spezialisten Paravan, womit sich zwei Welten begegnen, die Motoren- und Fahrwerkstechnik von Porsche und die handwerklich perfekte Umrüstung von Paravan. Unterwegs mit dem Cayman zwischen Niedernhausen und Limburg. Notorische Linksfahrer, die das Licht von hinten kommen sehen, weichen schnell nach rechts aus. Der Boxer heult auf, die Gänge flutschen schnell in die Kulisse, während der Sound Gefühle weckt und die sichere Straßenlage bei hoher Geschwindigkeit den Piloten daran erinnern, dass er ein deutsches Sportwa- - Anzeige - gen-Spitzenprodukt bewegt. Frank H. aus Ludwigsburg ist halbseitig gelähmt. Ihm wurde sein Porsche von der Firma Paravan so umgerüstet, dass er zu seiner Behinderung passt. Für Frank H. wurde ein Handbediengerät für Bremse und Gas in den Cayman implantiert. Mit einer speziellen Fußvorrichtung werden alle so genannten Sekundärfunktionen ausgeübt, wobei noch eine besondere Sitzanpassung und eine Blinkhebelverlegung notwendig waren. „Super Auto, super die Anpassung, jetzt kann ich meinen Porsche leicht und zuverlässig bewegen – und genießen“, sagt der frischgebackene Porsche-Pilot. Zugewinn, Versorgung, Gütertrennung: Ehe als Risiko? Es ist heute völlig normal, dass auch behinderte Menschen mit Partner oder Partnerin zusammen leben. Genauso normal ist es aber auch, dass solche Beziehungen wieder auseinander gehen, leider sogar überdurchschnittlich häufig. Mann oder Frau im Rollstuhl sollten sich grundsätzlich Gedanken machen. 1988, in dem Jahr, als meine Füße Räder bekamen, hieß es „Nur jede zehnte Ehe, die schon vorher bestand, übersteht auf Dauer diesen Schicksalsschlag, aber nur 10 % aller Ehen, die danach – in Kenntnis der Behinderung – geschlossen wurden, werden wieder getrennt“. Das ist sicher etwas überzeichnet, aber tendenziell ist es noch heute so. Doch leider sind Mann und Frau im Rollstuhl eben nicht ganz so „normal“. Es gilt einiges zusätzlich zu überlegen, um zusätzlichen Problemen in der Zukunft aus dem Weg zu gehen. Gedanken an eine Zeit, in der nicht mehr alles so reibungslos läuft, werden in rosaroten Zeiten gerne verdrängt, aber was 24 man dann trotzdem vereinbart, macht schlechte Zeiten weniger schwierig. Wollen wirklich beide Partner heiraten? Heute wird oft erst geheiratet, wenn ein Kind da oder unterwegs ist. Gleichgeschlechtliche Partner können heute zwar (fast) heiraten, aber sie müssen nicht, und das Kinderproblem entfällt bei ihnen schon aus biologischen Gründen. Haben sich beide entschieden, diesen Weg einzuschlagen, sollte man sachlich und nüchtern einige Punkte vorher klären. Eine Partnerschaft, die das nicht aushält, steht von vorne herein auf tönernen Füßen. Zugewinn oder Gütergemeinschaft? So wäre vor allem zu klären, ob der gesetzliche Güterstand der „Zugewinngemeinschaft“ oder eine „Gütertrennung“ gewählt wird oder ob sogar in einem Ehevertrag bestimmte Punkte detailliert festgelegt werden. Wenn es nicht ausdrücklich anders vereinbart wurde, gilt die Zugewinngemeinschaft: Beide Partner bringen ihre „Vermögen“ ein, die sie, falls noch vorhanden, bei einer Scheidung auch wieder mitnehmen. Das, was während der Ehe hinzugekommen ist („der Zugewinn“) wird bei der Trennung fifty-fifty geteilt. Das gilt für alle Vermögenswerte, die während der Ehe hinzu kommen, also auch für einen Lottogewinn oder für die Leistung einer Versicherung, wenn ein Partner während der Ehe verunglückt, auch wenn dadurch der finanzielle Mehraufwand für ein Leben mit Behinderung nach dem Unfall erleichtert werden soll. Im Scheidungsrecht gibt es kein „Behindertenprivileg“. Da viele Partnerschaften die Belastung nicht verkraften (siehe oben), kann es bei einer Trennung also ein großer finanzieller Unterschied sein, ob mit der Versicherung regelmäßige Zahlungen auf Dauer vereinbart wurden oder ob eine einmalige Abfindung erfolgte. Bei der Gütertrennung hat jeder Partner eigene Einnahmen/Vermögenssteigerungen (oder auch nicht) und auch die in die Ehe eingebrachten Vermögenswerte bleiben persönliches Eigentum usw. Dabei gibt es einiges zu berücksichtigen, was den Rahmen dieses Artikel sprengen würde. Am Besten läßt man sich von einem Rechtsanwalt oder Notar beraten. In einem Ehevertrag können einzelne Punkte exakt festgelegt werden, z. B., dass bei einer Trennung die einem Partner persönlich zustehenden Ansprüche auf Pflegegeld nicht in den Vermögensausgleich und eventuelle Versorgungsansprüche einflie- ßen, dass beispielsweise (Erwerbsminderungs-) Renten dabei nicht berücksichtigt werden, wer im Falle einer Trennung in der gemeinsamen Wohnung bleibt (z. B. weil diese behindertengerecht ist) usw. Manches klingt zwar ungerecht, aber leider Gottes gibt es immer wieder den Fall, dass insbesondere durch eine BG oder durch eine Versicherung gut versorgte Personen nicht der Liebe wegen geheiratet werden, sondern als sichere Versorgungsquelle. Das ist zwar legitim, aber wenn das dann auf Dauer nicht klappt, sollte vorher geklärt sein, ob der/die „Versorger“ auch noch nachträglich dafür bezahlen muss. Mein Haus, mein Auto Egal welche Rechtsstellung man wählt, ein behindertengerecht gebautes oder umgebautes Haus sollte grundsätzlich nicht auf die Eheleute eingetragen werden, sondern auf den behinderten Partner. Das gilt auch, wenn die Investition während der Ehe vorgenommen oder abgezahlt wird. Dann hat der andere bei einer Trennung nur einen Anspruch auf eine Geldleistung in Höhe des Zugewinns, jedoch nicht auf die Hälfte des Hauses und ein Streit darüber, wer in dem Haus wohnen bleibt und ob das Haus verkauft wird oder nicht, wird ausgeschlossen. Besonders wichtig ist das, wenn eine Berufsgenossenschaft oder ein anderer Leistungsträger einen Zuschuss für die behindertengerechte Ausstattung gezahlt hat, die eigentlich nicht werterhöhend ist, aber den Unterschied zwischen einem für Rollstuhlfahrer bewohnbaren Haus und einem unüberwindlichen Hindernis darstellt. Außerdem: Auch wenn die Raten für das Haus oder die Eigentumswohnung nach einer Trennung nicht mehr zu finanzieren sind und ein Verkauf erforderlich wird, hat der behinderte Partner in diesem Fall eine Wohnung, in der er leben kann, bis er eine geeignete Alternative gefunden hat. 25 Das Gleiche gilt auch für einen PKW, der behindertengerecht umgebaut wurde. Und weil es immer wieder Richter gibt, die von der Materie sehr wenig Ahnung haben, empfiehlt es sich, in einen Ehevertrag auch das Auto mit einzubeziehen und insbesondere die persönlichen Zuschüsse von Integrationsamt, Rentenversicherung, Arbeitsamt oder Sozialamt auszuschließen., damit von einem solchen Zuschuss, der nicht mehr bringt als die Möglichkeit sich im Auto fortzubewegen, im Trennungsfalle nicht die Hälfte aus eigener Tasche ausgezahlt werden muss. Fahren darf das Auto ja ohnedies nur die/der Behinderte oder derjenige, der extra für den Behinderten unterwegs ist. Übrigens: Wenn das Fahrzeug von einem anderen benutzt wird, ohne dass es für die Erledigung von Dingen eingesetzt wird, die (im weitesten Sinne) der Versorgung der behinderten Person dienen, entfallen nicht nur die Steuerbefreiung und der Behindertenrabatt bei der Versicherung (falls diese noch einen solchen einräumt). Es können auch Zuschüsse zurückgefordert werden und außerdem handelt es sich dabei sogar um den Strafbestand der Steuerverkürzung. „Eheliche Pflichten?“ Aber es geht ja nicht nur um das liebe Geld. Auch andere Aspekte sind zu berücksichtigen: Bei wem sollen die Kinder nach einer Trennung leben? Meist ist das bei uns in Deutschland die Frau, es sei denn, sie ist behindert… Das ist zwar unsinnig, aber so normal sind behinderte Menschen auch heute noch nicht, dass ihnen generell zugestanden wird, ihre Kinder ebenso erziehen zu können wie Nichtbehinderte. Eine Regelung im Ehevertrag ist zwar nicht bindend, erhöht aber im Fall der Trennung die Chance, dass es auch so kommen wird. Manche Paare wollen keine eigenen Kinder, sondern ein Kind adoptieren. Vorsicht, Adoptionen sind so schon 26 nicht einfach zu realisieren. Weicht aber ein Partner von der Norm ab, wird es umso schwieriger. Auch hier gilt es, ein extra dickes Fell zu haben und nicht zu erwarten, dass sich dieser Wunsch einfach erfüllen lässt. Auch das gehört zum Recht in der Partnerschaft: Es gibt keine „Pflicht“ dem Partner die Ausübung „ehelicher Rechte“ zu gestatten. (Nicht nur) die behinderte Frau hat das Recht, sich zu verweigern. Das heißt natürlich nicht, dass man nicht miteinander schlafen soll oder will. Hier geht es um die Entscheidung, die die Frau selbst treffen muss, wenn sie es nicht selbst will. Wieviel ist es mir wert, nicht alleine zu sein, lasse ich mich be- und ausnutzen, nur weil ich mit diesem (oder überhaupt einem) Partner zusammen sein will? Habe ich dann die Stärke „Nein“ zu sagen? Und dann war da noch die „Ehefrau aus dem Katalog“ nicht nur für behinderte Männer, bei der es wohl weniger um die Liebe geht, sondern um die Versorgung usw. All die aufgezählten Punkte gelten auch für diese Frauen. Hinzu kommt, dass ausländische Frauen, die nicht aus der EU kommen, in den ersten Jahren kein eigenständiges Aufenthaltsrecht haben, also bei einer Trennung innerhalb der ersten drei Jahre wieder abgeschoben werden könnten. Das heißt aber nicht (Warnung an Voreilige), dass ihnen nicht trotzdem in Anspruch auf Zugewinn, Versorgungsausgleich usw. zusteht. Nach Ablauf der Frist kann die Ehefrau dann ein eigenständiges Aufenthaltsrecht beantragen, das auch nach einer Trennung weiter gilt. Im Einzelnen gibt es gerade hier eine Vielzahl unterschiedlicher Regelungen, und in Berlin sind neue Gesetze in Arbeit. Beispielsweise gibt es ungewöhnliche Unterscheidungen der Herkunftsländer nach einzel- nen Ländergruppen. Alle Menschen sind noch lange nicht gleich. Ein Beispiel von vielen: Führerscheine aus den Industrieländern gelten hier weiter und müssen nur umgeschrieben werden. Kommt man aus einem weniger „zivilisierten“ Land, muss eine zusätzliche theoretische Prüfung abgelegt werden. Und dann gibt es noch die Länder, deren Führerschein überhaupt nicht anerkannt wird, so dass man eine theoretische und eine praktische Prüfung abzulegen hat. Vorsicht Panne! Sind diese Dinge alle geklärt, kann man endlich daran gehen, die Hochzeit zu planen. Prompt stehen die nächsten Probleme vor der Tür: Wo wollen wir heiraten? Ist das Standesamt überhaupt mit dem Rollstuhl zugänglich? Welche Kirche hat eine Rampe? Wo soll gefeiert werden, gibt es dort auch Behindertentoiletten in ausreichender Anzahl (wichtig, wenn man Freunde/Freundinnen im Rollstuhl mit einladen will) und natürlich alle übrigen Hochzeitsvorbereitungen, das Lampenfiber und noch alles mögliche, bis es so weit ist, dass eine Verbindung durch die offizielle Eheschließung auch nach außen dokumentiert ist. Meist soll auch noch vorher vom Junggesellenleben Abschied feierlich Abschied genommen werden - und schon tauchen die nächsten Fragen auf: Soll es nur ein Umtrunk sein oder ein richtiger Polterabend? Der ist ein nicht zu unterschätzendes Risiko. Nicht alle Rollstühle sind mit einer pannensicheren Bereifung ausgerüstet, und es wäre sicher ein schlechtes Omen für die gemeinsame Zukunft, wenn die Zeit davor sich mit dem lauten Knall eines geplatzten Reifens verabschiedet. Text & Foto: Herbert Müller Befreiung von den Rundfunkgebühren Früher wurde meist in den Schwerbehindertenausweis zu den Stempeln aG, H, B auch noch RF für die Rundfunkgebührenbefreiung gestempelt. Das hat sich schon seit einiger Zeit geändert und die ausstellenden Behörden streiten vor den Gerichten um die Vergabe dieses Merkzeichens so vehement, dass man glauben möchte, der einzelne Sachbearbeiter würde für den Ausfall der Rundfunkgebühren persönlich haftbar gemacht. Manchmal wird so intensiv nachgeforscht, dass die Privatsphäre verletzt und das Datenschutzgesetz zumindest angekratzt wird. Für den einen oder anderen, dem die Befreiung bisher abgelehnt wurde, gibt es seit dem letzten Jahr eine Alternative: Mit Wirkung vom 1. 4. 2005 wurde der Rundfunkgebührenstaatsvertrag geändert. Seitdem sind nicht mehr die Länder und Kommunen für die Befreiung von den Gebühren zuständig. Anträge sind jetzt generell bei der GEZ (Postfach 11 03 63, 50403 Köln) zu stellen. Befreit werden können: der Haushaltsvorstand, dessen Ehegatte und andere Haushaltsangehörige für von ihnen selbst zum Empfang bereit gehaltene Geräte. Die Voraussetzungen für eine Befreiung sind bundeseinheitlich in zehn Punkten neu geregelt: 1.) Empfänger von Sozialhilfe (Hilfe zum Lebensunterhalt nach SGB XII) oder von Leistungen nach § 27a oder 27 d des Bundesversorgungsgesetzes. 2.) Empfänger von Grundsicherung im Alter oder bei Erwerbsminderung (Grundsicherungsgesetz). 3.) Empfänger von ALG II und Sozialgeld einschließlich Leistungen nach § 22, aber nur dann, wenn keine Zuschläge nach § 24 SGB II gezahlt werden. 4.) Empfänger von Leistungen nach dem Asylbewerberleistungsgesetz. 5.) BAFÖG-Empfänger, die nicht bei den Eltern leben. 28 6.) Sonderfürsorgeberechtigte nach § 27e des Bundesversorgungsgesetzes. 7. a)Blinde oder nicht nur vorübergehend wesentlich sehbehinderte Menschen mit einem GdB von mindestens 60 % alleine wegen der Sehbehinderung b)Hörgeschädigte Menschen, die gehörlos sind oder denen eine ausreichende Verständigung über das Gehör auch mit Hörhilfen nicht möglich ist. 8.) Behinderte Menschen mit einem GdB von wenigstens 80 %, die deshalb an öffentlichen Veranstaltungen ständig nicht teilnehmen können. Wann das der Fall ist, bleibt nach wie vor umstritten und gehört zu den Fragen, die in der Vergangenheit oft von den Gerichten zu entscheiden waren – und daran wird sich voraussichtlich in der Zukunft auch nichts ändern. 9.) Empfänger von Hilfe zur Pflege nach dem Siebten Kapitel SGB XII oder von Hilfe zur Pflege als Leistung der Kriegsopferfürsorge oder von Pflegegeld nach den landesgesetzlichen Vorschriften. 10.) Empfänger von Pflegezulagen nach § 267 Absatz 1 des Lastenausgleichsgesetzes oder Personen, denen wegen Pflegebedürftigkeit nach § 267 Absatz 2 Satz 1 Nr. 2 Buchstabe c dieses Gesetzes ein Freibetrag zuerkannt wird. Daneben gibt es noch besondere Härtefälle wegen persönlicher oder sachlicher Unbilligkeit, auf die hier aber nicht eingegangen wird, weil die Bedingungen nur für sehr spezielle Sonderfälle gelten. (Geringes Einkommen ist z. B. kein Befreiungsgrund.) Gepflegt Radiohören Neben der Information für Leistungsempfänger nach Hartz IV und dem Grundsicherungsgesetz, für die das jetzt eindeutig geregelt wurde, ist Punkt 9 der Auflistung besonders interessant, weil hier dem Gesetzgeber ein kleiner Lapsus unterlaufen ist, der dem einen oder anderen die Chance eröffnet, die unsozialen Zuzahlungen in der Krankenversicherung seit dem 1. 1. 2004 an anderer Stelle wieder auszugleichen: a) Empfänger von Hilfe zur Pflege nach dem BSHG können jetzt erfolgreich die Befreiung beantragen, auch wenn für sie Punkt 8 nicht zutrifft. Das gilt auch für diejenigen, die diese Leistung wegen der Besitzstandswahrung beim Inkrafttreten der Pflegeversicherung zum 1. 1. 1995 neben Leistungen der Pflegeversicherung weiterhin bekommen. b) Mancher erhält weiterhin als Besitzstandsleistung Pflegegeld nach den Vorschriften des jeweiligen Bundeslandes, entweder weil keine Pflegestufe festgestellt wurde oder weil das Landespflegegeld den Betrag der Pflegestufe I in Höhe von 205 Euro überstiegen hat/übersteigt. Auch er/sie kann die Befreiung von den Rundfunkgebühren beantragen. Da es keine Ausschlusstatbestände gibt, gilt das auch in den Bundesländern wie Rheinland-Pfalz oder Thüringen, in denen Landespflegegeld nicht vom Einkommen abhängig ist. Der Antrag muss grundsätzlich schriftlich gestellt werden. Formulare kann man bei der GEZ anfordern. Das ist auch im Internet unter www.GEZ.de möglich. Dort kann man sogar ein PDF-Formular online ausfüllen und ausdrucken – und auch die Hilfe zum Ausfüllen ist sehr übersichtlich. Stempel kostet nichts Allerdings sollte man dem Antrag dann eine beglaubigte Kopie des Bewilligungsbescheides für die Hilfe zur Pflege nach dem BHSG oder für Landespflegegeld beifügen und nicht dem anderen Vorschlag der GEZ folgen. Man kann nämlich auch unbeglaubigte Kopien beifügen und sich auf dem Formular von einer Behörde bestätigen lassen, dass das Original vorgelegen hat. Warum man diesen bürokratischen Unsinn vorgesehen hat, weiß man wohl bei der GEZ selbst nicht. Sinnvoll wäre das ja nur, wenn dann keine Kopien beigefügt werden müssten. Es ist schon mehrfach geschehen, dass ein Antrag abgelehnt wurde, „weil die Kopien nicht beglaubigt waren“ (aber der Stempel einer Behörde an der vorgesehenen Stelle im Formular fehlte nicht...). Man spart sich also Zeit, Porto und Ärger, wenn dem Antrag direkt beglaubigte Kopien beigefügt sind. Was viele nicht wissen: eine Kopie kann von jeder „Siegel führenden“ Stelle beglaubigt werden, also auch vom Ortsbürgermeister, vom Ortsbeirat, von der Polizei, der Schule oder auch von den Krankenkassen. Und dieser Stempel kostet nichts. Diese Stellen sind sogar verpflichtet, eine Beglaubigung vorzunehmen, können das also nicht ablehnen. Meistens ist dort auch ein Kopiergerät vorhanden. Notfalls macht man die Kopien selbst im Copy-Shop oder mit dem Scanner über den PC. Nur mit einfachen Faxgeräten, die mit hitzeempfindlichem Papier arbeiten, geht das nicht. Solche Kopien verblassen zu schnell und sind nicht „registraturfähig“. Text: Herbert Müller 29 Zum Verbrauch bestimmte Pflegehilfsmittel: Kostenerstattung bis 31 €/Monat Seit Anfang 2004 tun sich die Krankenkassen noch schwerer damit, die Kosten für solche Hilfsmittel zu übernehmen, die gerade bei Inkontinenz regelmäßig anfallen wie Einmalhandschuhe, Bettschutzeinlagen usw. Dabei gibt es eine Alternative, diese Kosten trotzdem nicht selbst tragen zu müssen – die Pflegeversicherung. Gemäß § 40 SGB XI stellen die Pflegekassen zur Erleichterung der Pflege und zur Linderung der Beschwerden der Pflegebedürftigen oder zur Ermöglichung einer selbständigen Lebensführung den Pflegebedürftigen Pflegehilfsmittel zur Verfügung, wenn für den Versicherten eine Pflegestufe anerkannt wurde. Die „zum Verbrauch bestimmten Pflegehilfsmittel“ sind im Hilfsmittelkatalog unter Position 54 aufgeführt: – Saugende Bettschutzeinlagen zum Einmalgebrauch (also keine Einlagen, die am Körper getragen werden) – Fingerlinge – Einmalhandschuhe - auch sterilisiert, sofern diese nicht von der KV zu übernehmen sind – Mundschutz – Schutzschürzen (auch Overalls) – Hände- und Flächendesinfektionsmittel (einschließlich Desinfektionswaschmitteln) -Anzeige- Eigentlich ist diese Aufstellung erschöpfend. Aber nach einem Urteil am SG München (Az. S 3 P 5060/01) dürfen Pflegehilfsmittel auch dann von der Pflegekasse gezahlt werden, wenn sie nicht im Hilfsmittelverzeichnis der Pflegeversicherung enthalten sind. Dazu müssten dann Ärzte und MDK eine positive Stellungnahme abgeben usw. Ob das aber bei den relativ geringen Kosten z. B. für Glyzerin als Gleitmittel bei der digitalen Darmentleerung sinnvoll und angemessen ist, bleibt dahingestellt. (Gilt nicht für andere Pflegehilfsmittel und technische Hilfen. Darum geht es hier aber nicht.) Keine Zuzahlung Die Kosten für die Pflegehilfsmittel werden nur im Rahmen der häuslichen Pflege von der Pflegekasse übernommen. Bei der stationären Versor- gung z.B. in einem Pflegeheim muss das Heim diese vorhalten. Voraussetzung ist außerdem, dass die Hilfsmittel überwiegend die Pflege erleichtern und nicht für die Behandlung einer Erkrankung oder zum Ausgleich für eine Behinderung eingesetzt werden. (Dann wäre wieder die Krankenkasse zur Zahlung verpflichtet.) Eine ärztliche Bescheinigung (Rezept) ist nicht notwendig. ausreichend ist, um nicht Probleme mit der Abrechnung zu bekommen oder eventuell selbst etwas zuzahlen zu müssen, weil der Rechnungsbetrag größer als 31 € war. Pauschalzahlungen in Höhe von 31 €/Monat wie sie früher von manchen Kassen aus Vereinfachungsgründen geleistet wurden, sind nach einem BSG-Urteil nicht mehr möglich. Für Pflegehilfsmittel ist keine Zuzahlung zu leisten. Sie können – mit Beleg – auch dort eingekauft werden, wo sie am günstigsten zu erwerben sind. Weil auch für Pflegehilfsmittel ein Sachleistungsanspruch gegenüber der Krankenkasse besteht, haben manche Kassen Vereinbarungen mit regionalen Sanitätshäusern getroffen, bei denen die Pflegehilfsmittel bezogen werden sollen. Das kann aber nur verlangt werden, wenn diese wirklich in der Nähe sind oder wenn die Lieferung frei Haus erfolgt. Ist das nicht der Fall, muss die Pflegekasse auch andere Einkaufsbelege akzeptieren. Neuerdings verlangen zwar manche Pflegekassen auch für Pflegehilfsmittel eine ärztliche Bescheinigung (kein Rezept). Aber da genügt normalerweise ein Hinweis auf die dort vorliegenden Patientenunterlagen, den internen Verwaltungsaufwand oder die Frage (notfalls an höherer Stelle), ob damit ein gesetzlich geregelter Anspruch „abgewimmelt“ werden soll. Nicht abwimmeln lassen Erfahrungsgemäß ist der eigene Antrag ohne Rezept mit der Bitte um Überweisung unproblematischer als die Abrechnung über Apotheke oder Sanitätshaus. Es genügt ein kurzer formloser Antrag. Erwähnt werden müssen: der Name des Patienten, Geburtsdatum und Art des beantragten Pflegehilfsmittels - mehr ist nicht notwendig. Wer will, kann zusätzlich den § 40 SGB XI zitieren z. B.: „Das Hilfsmittel „dient zur Erleichterung der Pflege“ oder „zur Linderung der Beschwerden“ oder „soll eine selbständigere Lebensführung ermöglichen“. Da Verpackungsgrößen z. B. bei Bettschutzeinlagen meist nicht mit dem Monatsbedarf übereinstimmen, empfiehlt es sich, bei der Abrechnung aufzuführen, für wie viele Monate der Einkauf Text: Herbert Müller -Anzeige- Bundessozialgericht: Medikamentengabe gehört zur Pflege Mit Urteil vom 17. 3. 2005 (B 3 KR 8/04 R) hat das BSG entschieden, dass die Medikamentengabe als Bestandteil der häuslichen Krankenpflege auch weiterhin eine Leistung der gesetzlichen Krankenversicherung (GKV) darstellt. Klägerin war eine 86 jährige Versicherte, die Leistungen der sozialen Pflegeversicherung nach der Pflegestufe 1 erhält. Der behandelnde Arzt verordnete ihr zweimal täglich Medikamentengabe in Form von häuslicher Krankenpflege. Die beklagte Krankenkasse lehnte den Antrag jedoch ab, mit der Begründung, dass sie nicht zuständig sei, da die Medikamentengabe in einem unmittelbaren zeitlichen Zusammenhang mit der Nahrungsaufnahme stehe und deshalb im Rahmen der Pflegeversicherung als Grundpflege zu berücksichtigen sei. Der Klage wurde in erster und zweiter Instanz stattgegeben und die Krankenkasse zur Zahlung der Medikamentengabe verurteilt. Der 3. Senat hat jetzt auch die Revision der beklagten Krankenkasse zurückgewiesen und klargestellt, 32 dass es sich bei der Medikamentengabe um eine Form der Behandlungspflege handelt, die vom Verrichtungskatalog des § 14 Abs. 4 SGB XI (Sozialgesetzbuch) nicht erfasst wird. Insbesondere handelt es sich nicht um eine Pflegemaßnahme im Rahmen der Verrichtung der „Nahrungsaufnahme“ im Sinne des (Leistungs-)Katalogs. Es verbleibt daher für die Medikamentengabe bei der Leistungspflicht der gesetzlichen Krankenkassen nach § 37 SGB V. Medikamente sind nach den Feststellungen des Gerichts keine „Nahrung“ im Sinne des § 14 Abs. 4 SGB XI. Dazu zählen nur die festen und flüssigen Nahrungsmittel, die der Mensch zu seiner Ernährung, das heißt zur Aufrechterhaltung der Stoffwechselfunktionen zu sich nimmt. Die Regelung des § 14 Abs. 4 Nr. 2 SGB XI spricht ausdrücklich nur von der „Aufnahme der Nahrung“, nicht aber z. B. von der Aufnahme von verdaulichen Stoffen jeder Art. Deshalb stellt die Medikamentengabe grundsätzlich keine Verrichtung der Grundpflege i. S. d. § 14 Abs. 4 SGB XI dar und kann ihr auch nicht gleichgestellt werden. Für den Bereich der Medikamentengabe ist somit endgültig geklärt, dass die gesetzlichen Krankenkassen nach wie vor leistungspflichtig sind. Den Krankenkassen ist damit einmal mehr untersagt worden, eigene Zuständigkeiten auf die Pflegekassen abzuwälzen. Wahlrecht für Pflegebedürftige Darüber hinaus hat der 3. Senat mit seinem Urteil klargestellt, dass sich die Regelung des § 37 SGB V nicht nur auf die seit dem 1. 1. 2004 im Gesetzestext geregelten Kompressionsstrümpfe bezieht, sondern auf sämtliche krankheitsspezifischen Pflegemaßnahmen. Gleichzeitig hat der Senat mit seiner Entscheidung den Pflegebedürftigen ein Wahlrecht eingeräumt. Hintergrund für die Entscheidung des BSG sind verfassungsrechtliche Bedenken zu der Neuregelung des § 37 Abs. 2 Satz 1 SGB V. Zum einen könnte sich eine dem Wesen der Sozialversicherung fremde gleichzeitige Zuständigkeit von sozialer Pflegeversicherung und GKV ergeben, wenn der Pflegebedürftige einen Anspruch auf häusliche Krankenpflege in Form der Hilfe beim An- und Ausziehen von Kompressionsstrümpfen ab Kompressionsklasse 2 hätte und der Hilfebedarf bei der Feststellung der Pflegebedürftigkeit ebenfalls berücksichtigt würde. - Anzeige - Zum anderen erschien dem 3. Senat die Vorschrift des neuen § 37 Abs. 2 Satz 1 SGB V unter dem Aspekt des allgemeinen Gleichheitsgrundsatzes bedenklich: Für den vergleichsweise weniger gravierenden Fall des Tragens von Kompressionsstrümpfen hatte man eine Ausnahmeregelung geschaffen, während wesentlich schwerwiegendere Fälle der Behandlungspflege (z. B. Beatmung oder Stoffwechsel) ungeregelt geblieben waren. Behandlungs- und Grundpflege Demzufolge hat der 3. Senat mit seiner Entscheidung die Neuregelung des § 37 Abs. 2 Satz 1 SGB V über seinen Wortlaut hinaus erweitert und hat die bisherige Rechtsprechung des BSG in diesem Bereich mit Wirkung ab Januar 2004 wie folgt verändert: 1. Maßnahmen der Behandlungspflege können weiterhin nur dann der Grundpflege zugeordnet werden, wenn sie entweder untrennbarer Bestandteil einer Verrichtung der Grundpflege sind oder sie mit einer solchen Maßnahme objektiv notwendig in einem unmittelbaren zeitlichen und rechtlichen Zusammenhang stehen. 2. Dem Pflegebedürftigen wird ein Wahlrecht zugestanden, ob er eine Zuordnung der Behandlungspflege zur Grundpflege wünscht oder nicht. Dadurch soll verhindert werden, dass die Zuordnung ggf. im Falle der Inanspruchnahme von Sachleistungen zu Nachteilen für den Versicherten führt. Das Wahlrecht soll der Pflegebedürftige bei der erstmaligen Antragstellung bzw. vor Abschluss des Verwaltungsverfahrens gegenüber der Pflegekasse ausüben, indem er Pflegegeld, Pflegesachleistungen oder Kombinationsleistungen beantragt. Er kann es aber auch bei einem späteren Wechsel vom Pflegegeld zur Sachleistung oder umgekehrt geltend machen. 3. Der MDK (Medizinische Dienst der Krankenkassen) hat in dem zu erstellenden Gutachten die notwendigen Behandlungsmaßnahmen, die der Grundpflege zugeordnet werden können, gesondert aufzuführen und den entsprechenden Pflegeumfang auszuweisen. Bei einem Antrag auf Pflegegeld erfolgt in der Gesamtbetrachtung des Pflegebedarfs eine Addition des Pflegeumfangs für die verrichtungsbezogenen Behandlungspflegemaß- nahmen; bei Beantragung von Pflegesachleistungen unterbleibt die Addition: Wird die Kombinationsleistung gewählt, hängt die Berücksichtigung des Pflegeumfangs für die verrichtungsbezogene Behandlungspflege davon ab, ob der Antragsteller diese Pflegemaßnahmen ehrenamtlich (dann Addition) oder durch einen Pflegedienst (dann keine Addition) durchführen lassen möchte. An seine Entscheidung, in welchem Verhältnis er Geld- und Sachleistungen in Anspruch nehmen will, ist der Pflegebedürftige für sechs Monate gebunden. Umgekehrt hat das BSG aber auch klargestellt, dass die Krankenkasse ihre Leistungspflicht für häusliche Krankenpflege nach § 37 SGB V nicht mit dem Argument bestreiten kann, dass an sich eine Zurechnung des Pflegeaufwands zur Grundpflege hätte erfolgen müssen, wenn bei einem Pflegebedürftigen eine an sich berücksichtigungsfähige Hilfe bei einer verrichtungsbezogenen Behandlungspflegemaßnahme beim Grundpflegebedarf außer Ansatz geblieben ist und sich der Pflegebedürftige der Hilfe durch einen Pflegedienst bedient hat. Es bleibt nunmehr abzuwarten, ob sich die veränderte Rechtsprechung des BSG zu § 37 SGB V auch in der Praxis ohne weiteres umsetzen lässt. Fest steht jedenfalls, dass sich der Pflegebedürftige schon früh gut überlegen muss, auf welche Weise er sein neues Wahlrecht ausüben will. Den MDK trifft bei seiner Begutachtung sicherlich eine höhere Sorgfaltspflicht, und nicht zuletzt auch die Pflegekasse, die den Versicherten im Antragsverfahren viel umfangreicher aufklären muss als bisher. Text: Dr. Heike Bennemann, Rechtsanwältin Foto: Schütze & Hartmann Rechtsanwälte AG, Lünen 34 25 Jahre FGQ 25 Jahre FGQ: Eine Erfolgsgeschichte Am Anfang war eine gute Idee. So gut, dass sie wie eine Illusion wirkte, ein Traumbild, das niemals zu verwirklichen sein würde. Es brauchte eine gute Zeit, ein paar Spinner (im guten Sinne), einige engagierte Geburtshelfer, viele Mitstreiter und mehrere Leistungsträger mit langem Atem, um der Idee zum Leben zu verhelfen und sie lebendig zu erhalten: Ein deutschlandweiter Selbsthilfeverein für querschnittgelähmte Menschen. In diesem Jahr feiert die Fördergemeinschaft der Querschnittgelähmten in Deutschland e.V. (FGQ) ihr 25 jähriges Bestehen, still und bescheiden, wie es ihre Art ist… Wirklich bescheiden waren die Anfänge. Ein Treppenwitz, dass ein frühes Treffen der Vereinsaktivisten in einem Ort namens „machtlos“ stattfand. Gründungsmitglieder, von denen einige noch dabei sind, erinnern sich, dass auch damals schon Themen diskutiert wurden, die heute oft noch erschreckend aktuell sind. Helmut Weiß, Ideengeber der ersten Stunde und erster Chefredakteur der ersten Publikation (paraplegiker) des neuen Vereins ging bereits in der Ausgabe engagiert an die Themenbereiche Arbeit, Freizeit, Sport, Urlaub und Sozialpolitik. Gründungsvorsitzender (und bis heute im Amt) Prof. (damals noch Dr.) Hans Jürgen Gerner umriss klar und eindeutig das Ziel der FGQ (damals noch Fördergemeinschaft der Paraplegiker) „im Einzelfall da Starthilfe (zu) geben, wo das Netz der sozialen Sicherheit zu grobmaschig ist.“ Von Anfang an war auch allen Beteiligten klar, dass die Probleme und Interessen der Querschnittgelähmten an die Öffentlichkeit gehören. Die so genannte Einzelfallhilfe war von Gründung an ein Schwerpunkt der Arbeit der mittlerweile vom Finanzamt als „mildtätig“ anerkannten Fördergemeinschaft. Zwei Beispiele: Einem querschnittgelähmten Autofahrer wurde von der Fördergemeinschaft ein elektrischer Garagentü- 36 rantrieb finanziert um ihm eine direkte Einfahrt in die Garage und über diese einen Zugang ins Haus zu ermöglichen. 2002, im Jahr der Oderflut wurde einem dringend auf einen PKW angewiesenen Querschnittgelähmten in den neuen Bundesländern vorübergehend ein PKW zur Verfügung gestellt – sein bisheriges Fahrzeug war vom Hochwasser zerstört worden, sein Arbeitsplatz dadurch akut in Gefahr. Die Fördergemeinschaft hält einen Fahrzeugpool bereit um denjenigen, die keine Möglichkeiten auf finanzielle Unterstützung zur Fahrzeuganschaffung haben, die dringend benötigte Mobilität zu ermöglichen. Die Fahrzeughilfe ist aber nur ein Beispiel für die Hilfeleistungen der FGQ. Häufig geraten Familien in wirtschaftliche Not, weil ihnen nicht oder nicht schnell genug geholfen wird, wenn z.B. der Haupternährer durch eine erlittene Querschnittlähmung plötzlich ausfällt. Die FGQ kann nicht die Existenz der Betroffenen sichern, aber sie kann überbrücken helfen und doch immer wieder Lösungsmöglichkeiten aufzeigen. Starthilfe und Forschungsförderung Seit Jahren betreibt die Fördergemeinschaft in mehreren Städten so genannte „Startpunkt- 25 Jahre FGQ Wohnungen“. Nach der Entlassung aus der Erstreha finden Betroffene dort für bis zu sechs Monate eine Übergangswohnung bis sie auf dem freien Wohnungsmarkt fündig geworden sind oder ihre eigene Wohnung umgebaut haben. Die erste Startpunktwohnung wurde schon 1992 auf Initiative des Chefarztes an der Bayreuther Klinik für Querschnittgelähmte, Prof. Dr. Werner Grüninger, in Kliniknähe eingerichtet. Allerdings stößt dieses Konzept inzwischen an seine Grenzen. Geänderter Wohnungsmarkt und andererseits rigide Sparpolitik der Rehabilitationsträger sorgen dafür, dass Querschnittgelähmte nach der immer hastiger verlaufenden Erstreha schnell in der eigenen Wohnung oder schlimmstenfalls gegen ihren Willen im Pflegeheim landen… Gegen gesellschaftliche Tendenzen kann auch das Engagement der FGQ nur im Einzelfall etwas ausrichten. Die Einzelfallhilfe ist die wichtigste, wenn auch oft unspektakulärste Aufgabe geblieben. Glücklicherweise haben sich die finanziellen Möglichkeiten des Vereins durch seriöse und hartnäckige Arbeit wesentlich verbessert. Eisern gespart werden muss trotzdem, dafür sorgte und sorgt Schatzmeister Franz Kniel. Er weiß, dass die Zeiten für Gemeinnützigkeit nicht besser werden, es gibt immer mehr Konkurrenten um den Spendenkuchen. Und auf der anderen Seite hat die Politik in den letzten Jahrzehnten flächendeckend ihre absolute Hilflosigkeit bewiesen das Problem Arbeitslosigkeit in den Griff zu bekommen. Gleichzeitig hat sich nichts daran verändert, dass behinderte Arbeitnehmer von dieser negativen Tendenz besonders hart getroffen werden. Auch jede von wem auch immer angeleierte „Reform“ in Gesundheits- oder Sozialwesen (im Grunde alles Versuche auf Kosten Schwacher Geld zu sparen) ging tendenziell zu Lasten von Menschen mit eingeschränkter Gesundheit. Eine Ausnahme muss allerdings gemacht werden. Dass es jetzt eine wahrnehmbare Forschung zum Thema Querschnittlähmung in unserem Land gibt, hat auch mit der FGQ zu tun. Die Tatsache, dass ein bekannter Spitzenpolitiker (Dr. Wolfgang Schäuble) seit einem Attentat zur betroffenen Bevölkerungsgruppe gehört, hat den Weg dazu bereiten helfen. Ein wichtiger Ansatz war sicherlich auch die von der FGQ initiierte Gründung der Deutschen Stiftung Querschnittlähmung, die sich vor allem für die Grundlagenforschung einsetzt. Unübersehbar ist es der Verdienst des kürzlich verstorbenen Hans Werner Kämpgen, das Thema „Schmerz bei Querschnittlähmung“ öffentlich bekannt gemacht zu haben. Noch vor wenigen -Anzeige- 25 Jahre FGQ Jahren wurden die teilweise unerträglichen Missempfindungen Betroffener nicht ernst genommen, sogar psychiatrisiert. Aktivität der Mitglieder Die Unterstützung und Beratung Betroffener lief zunächst nur zentral oder über Einzelpersonen. Auf FGQ-Gründungsmitglied Christian Joachimi, damals Geschäftsführer, geht das „Stützpunkt“Netzzurück.DieIdeewaranallenmitQuerschnittRehabilitation befassten Kliniken Deutschlands Ansprechpartner zu haben, auf medizinischer, sozialer und Betroffenenseite. Das ist in der Regel erreicht worden, mit einigen Schwankungen über die Jahre. Die einzelnen Stützpunkte haben sich dabei zum Teil spezialisiert und bieten neben ihrer Zusammenarbeit mit den Kliniken zu wichtigen Themen wie Mobilität, Rechtsberatung, Rollstuhlsport etc. Informationen und Unterstützung. Einige Ansprechpartner arbeiten eng mit anderen Ämtern, Organisationen und Institutionen zusammen, wirken an der Gestaltung von Stadtführern mit oder betreuen Betroffene in örtlichen Wohnheimen. Inzwischen gibt es auch ein stärker werdendes Netzt von selbstbetroffenen Beratern. Die Zukunft wird zeigen, welche vielleicht auch neuen Wege die FGQ einschlagen muss, um ihren Beratungsaufgaben gerecht werden zu können. Eins wird jedoch immer gelten: Der Verein kann nur so gut sein wie die Aktivität seiner Mitglieder. Eine Hierarchie im herkömmlichen Sinn gibt es in der FGQ nicht. Man hat sich früh dazu entschlossen, bei der Organisationsform „bundesweiter Verein“ zu bleiben. Das hält die Bürokratie winzig. Es gibt einen gewählten Vorstand, der sich mehrmals jährlich trifft, sich ansonsten per E-Mail abstimmt. Es gibt die Zentrale in Mölsheim, wo alle Fäden zusammenlaufen. Und es gibt die Arbeitsgemeinschaften (ARGE), die sich 38 schwerpunktmäßig mit Themen wie Schmerz, Ambulante Dienste, Bauen & Umwelt, Urlaub, Öffentlichkeitsarbeit und Schule, Studium & Beruf beschäftigen. In den letzten Jahren neu hinzugekommen sind die ARGE Recht sowie ein Rechtsbeistand im Sozialrecht. Zu den über die Jahre wichtigen Themen, die auch heute noch im Mittelpunkt stehen, gehören Fragen der Mobilität und Integration in den Alltag. Es waren Veröffentlichungen der FGQ, die entscheidend mithalfen, dass die Verkehrsmittel in Deutschland die Weichen in Richtung Barrierefreiheit stellten – auch wenn dieser Weg noch nicht zu Ende ist. Die ARGE Urlaub organisierte Anfang der 80er Jahre, als es zum Beispiel kaum auf Rollstuhlfahrer zugeschnittene Reiseangebote gab, eine Gesprächsrunde mit den großen deutschen Reiseveranstaltern. Es waren nicht zuletzt die Anregungen aus diesem Gespräch und die Kontakte der Folgezeit, die zu einer Verbesserung der Situation geführt haben. Mehrere Reiseveranstalter geben heute Zusatzkataloge heraus, bieten speziell zugeschnittene Reisen an und auch beim Umgang mit Behinderungen ist man fachkundiger geworden. Es hat sich sogar ein eigener Markt für „Handikap-Reisen“ gebildet, der von der Fördergemeinschaft sorgsam beobachtet wird. Die ARGE Ambulante Dienste hat unzählige Hilfesuchende beraten und sich auch kritisch in den politischen Prozess eingeschaltet. Oft fand sie Gehör, allerdings wurden viele Ansätze wie die Ausgestaltung der Pflegeversicherung besonders für Härtefälle wie Beatmungspflichtige zunehmend ohne die Anhörung Betroffener politisch entschieden und durchgesetzt. Verstärkt hat sich in den letzten Jahren allgemein die Tendenz, Gesetze mit unabsehbaren sozialen Folgen schnell und diskussionslos durchzupeitschen, wobei sich viele Schnellschüsse immer wieder als -Anzeige- Rasso Bruckert; QA-Einblicke Der querschnittgelähmte Fotograf ist bekannt geworden durch seine Akt- und Portraitaufnahmen behinderter Menschen. Als einer der ersten hat er damit Sehgewohnheiten in Frage gestellt, die nur unversehrte genormte Attraktivität gelten lassen. Bruckert nimmt uns in diesem Buch mit auf eine direkte und emotionale Reise in eine ernste Wirklichkeit. Der Untertitel des aufwändig ausgestatteten Schwarz-Weiß-Fotobandes verrät, wohin die „Einblicke“ gehen – „in eine Station für Querschnittgelähmte der Orthopädischen Universitätsklinik in Heidelberg/Schlierbach“, dessen Chef übrigens der langjährige erste Vorsitzende der Fördergemeinschaft der Querschnittgelähmten (FGQ) ist, Prof. Dr. Hans Jürgen Gerner. Folgerichtig ist das Buch auch von der FGQ unterstützt worden und über ihre Zentrale erhältlich. Herausgeber: Fördergemeinschaft der Querschnittgelähmten e.V. Hardcover, 115 Seiten, 70 Abbildungen ISBN 3-00-015874-X Humanis-Verlag Fördergemeinschaft der Querschnittgelähmten Silcherstraße 15, 67591 Mölsheim QUE GEL Ä H M TE TT DERGEMEIN ÖR HAFT DER SC N F i 19,90 € plus Versand bei RSCHN I IN DEUTSCHLAND e.V. Tel.: 0 62 43-52 55 E-Mail: [email protected] Internet: www.fgq.de 25 Jahre FGQ Rohrkrepierer herausstellten… Themen wie behindertengerechtes Bauen und Wohnen, selbstbestimmtes Leben und Hilfsmittelversorgung wurden schon in den ersten Jahren des Bestehens der FGQ thematisiert. Bei der Rollstuhlentwicklung schaltete sich die Fördergemeinschaft mit Verbesserungsvorschlägen und Anregungen aktiv ein. Neben den Arbeitsgemeinschaften und dem Sekretariat (Kontaktadressen finden Sie auf der letzten Seite dieser Broschüre) präsentiert sich die Fördergemeinschaft traditionell auf den wichtigen themenbezogenen Messen um die überregionalen Kontakte zu verbessern und persönliche Gespräche zu ermöglichen. Weg in die Zukunft Seit Anfang August 2006 ist die FGQ Eigentümerin des HUMANIS-Verlages, der vor allem Zeitschriften und Bücher aus dem Behinderten- und Selbsthilfebereich herausgibt. Damit setzt sich eine erfreuliche Tendenz konsequent fort: Die Fördergemeinschaft bietet immer mehr Informationsmaterialen für Betroffene an. In einer eigenen sehr erfolgreichen Reihe von Broschüren gibt es inzwischen Ausgaben mit den Themen Gesundheit, Familie & Partnerschaft, Wohnen, hier vorliegend Recht und zur allgemeinen Orientierung: „Info“. Weitere werden folgen. Neben dem o.e. offiziellen Organ der FGQ richtet sich „B - Journal für behinderte Menschen“ dagegen an alle Körperbehinderten, ihre Angehörigen und alle am Thema Interessierten. Für querschnittgelähmte Leser gibt es darin den Durchhefter „Q – die Seiten für Querschnittgelähmte“ jeweils in der Heftmitte. FGQ und HUMANIS-Verlag glauben, dass es wichtig ist in diesen materialistischen Zeiten die eigenen Ziele nicht aus den Augen zu verlieren. Einen Verein zu führen ist kein Geschäft. Zwar ist gerade hier der besonders sensible Umgang mit den Finanzen gefragt, auf die satzungsgemäße Ver- 40 wendung der Gelder schaut nicht zuletzt das Finanzamt. Aber Geld ersetzt keine Inhalte. Wer in einem solchen Verein mitarbeiten will, sollte wissen, dass es vorrangig eben nicht um sein eigenes Fortkommen gehen kann, sondern um die Interessen der Bevölkerungsgruppe und der ihr angehörenden bedürftigen Einzelpersonen, die von dem jeweiligen Zusammenschluss vertreten werden. Ähnliches gilt für Selbsthilfe-Zeitschriften. Das darf kein Geschäftsfeld werden, in dem die Überzeugungen der Eigentümer keine Rolle mehr spielen und nur die reine Geldvermehrung von Bedeutung ist. Allerdings kann niemand in diesem Land daran gehindert werden, sich angebliche Botschaften unter den Nagel zu reißen um eine Grundlage für ein vermeintlich sicheres Geschäft zu haben. Es mag nicht zeitgemäß wirken, aber Verein und Verlag vertrauen darauf, dass die Mehrheit der Leser auf Dauer erkennt, was eine echte Selbsthilfezeitschrift ist. Die braucht Macher und Autoren, die ein Konzept haben und mit Herzblut dabei sind. Die darum kämpfen, sich auch gegen eine wirtschaftlich stärkere Konkurrenz zu behaupten. Die einen langen Atem haben und nicht vergessen wessen Interessen sie vertreten. Und die nicht gleich jedem modischen Schnickschnack auf den Leim zu gehen, den gerade irgendwelche selbsternannten Marketingexperten propagieren. In Deutschland wird oft kleinkarierte Vereinsmeierei beklagt, gerade auch im Bereich der Behindertenselbsthilfe. Das mag gelegentlich zutreffen. Wer sich aber als Bevölkerungsgruppe im brutaler und kälter werdenden Verteilungskampf behaupten will, muss zusammenhalten. Die FGQ hat das gelernt. Sie wird ihren Weg in die Zukunft finden. Peter Mand, FGQ Schriftführer ARGE Recht: Hilfe für Unfallopfer Die jüngste Arbeitsgemeinschaft der FGQ ist jetzt auch schon drei Jahre alt. Wie groß der Bedarf tatsächlich war, hat die Initiatoren selbst überrascht. Mittlerweile gehen bei Koordinator Gottfried Weller jede Woche mehrere Anfragen ein. Die Bandbreite reicht von Fragen zur Pflegeeinstufung über Probleme mit eigenen Versicherungen (Berufsgenossenschaft und auch Unfallversicherung) bis hin zum klassischen Verkehrsunfall inklusive Einschätzung der Schadensquote. Auffällig ist die Tendenz der Leistungsträger (primär Sozialkassen und Berufsgenossenschaften) von Jahr zu Jahr weniger Mittel für behindertengerechtes Leben zur Verfügung zu stellen. Dies geht stellenweise so weit, dass die Berufsgenossenschaften den Geschädigten vorschreiben wollen, wo sie ihre Bedarfsartikel (Katheter etc.) zu kaufen haben. Gibt es dort nur Artikel minderer Qualität, hat der Betroffene eben Pech gehabt. Hauptthema ist aber nach wie vor das zögerliche Regulierungsverhalten der Schadensversicherer. Sowohl die eigene Unfallversicherung als auch die gegnerische Haftpflichtversicherung ziehen die Regulierung oft über Jahre hinaus, obwohl die Eintrittspflicht und auch das Vorliegen eines Dauerschadens unstreitig sind. Hier konnte die ARGE oft aus Erfahrung heraus Hilfe betreffend der Höhe des zu fordernden Schadensersatzes anbieten und Anrufer vor zu kleinen Abfindungsangeboten warnen. In vielen Fällen ist es darüber hinaus gelungen, den Betroffenen durch Rat bei der Entscheidungsfindung zu helfen und neuen Mut zu geben. In Einzelfällen wurden auch mit guten Ergebnissen die jeweiligen Verantwortlichen angeschrieben und dadurch Druck ausgeübt. ARGE Recht Mitinitiator RA Oliver Negele. Konkret plant die ARGE derzeit sich mit dem Bundestag in Verbindung zu setzen, da sie die Mindestversicherungssummen von 2,5 Millionen € pro Person für nicht mehr zeitgemäß erachtet. Es liegen Fälle von Betroffenen vor, bei denen allein die monatliche Pflege ca. 25 000.-€ beträgt. Nach etwa acht Jahren wären bei einer Mindestversicherungssumme von 2,5 Mio. € die Leistungen der Versicherer verbraucht, danach muss der Sozialstaat einspringen, was dieser – zum Nachteil der Geschädigten – in der Regel nicht in dem Umfang wie eine Versicherung tun kann. Ziel der ARGE Recht ist 41 eine unbegrenzte Deckung, wie es manche Versicherer bereits anbieten, mindestens aber eine Deckung von 10 Mio. €. Bei einer Querschnittlähmung als Unfallfolge ist es besonders wichtig, dass ein im Schadensrecht versierter Anwalt eingeschaltet wird. Die ARGE Recht arbeitet mit Rechtsanwälten zusammen, die sich auf das Verkehrs- und Schadensersatzrecht spezialisiert haben, unter anderem mit der Kanzlei Fleischmann, einer der bekanntesten Rechtsanwälte für Verkehrsrecht in Deutschland. Rechtsanwalt Thomas Reiche aus Köln ist selbst Betroffener, er arbeitet ebenfalls mit der ARGE zusammen. Rechtsanwalt Oliver Negele aus Augsburg, Mitgründer der Arbeitsgemeinschaft Recht, ist ebenfalls schwerpunktmäßig in der Großschadensregulierung (besonders Querschnittlähmung) tätig. Die ARGE hat sich zum Ziel gesetzt, über die rechtlichen Problematiken nach einer Querschnittlähmung aufzuklären und eine erste Hilfestellung für den schwierigen Kampf mit den Versicherern und den Sozialkassen zu geben. Die folgende Liste zusammengestellt ist als erster Denkansatz gedacht, erhebt keinesfalls Anspruch auf Vollständigkeit und kann auch nicht die anwaltliche Beratung im Einzelfall ersetzen. 1. Die Haftungsquote Die Höhe der einzelnen Ansprüche wird bei Verkehrsunfällen maßgeblich von der Haftungsquote bestimmt. Nur wenn das Unfallopfer kein Mitverschulden trifft, liegt die Haftungsquote bei 100 %. Wurden die Unfallfolgen jedoch durch das Unfallopfer mit verursacht, da beispielsweise gegen die Anschnallpflicht verstoßen wurde, kann u. U. eine Mithaftung berücksichtigt werden, wodurch sich die Höhe der Ansprüche – und zwar sämtlicher Ansprüche – um die Quote der Mithaftung reduziert. 42 2. Materieller Schaden bei Körperverletzungen Neben dem Sachschaden ist oft die weitaus größte Schadensposition der materielle Schaden bei Körperverletzungen. Dieser kann grob in die Bereiche Gesundheitsschaden, Mehrbedarfsschaden, Erwerbsschaden und Haushaltsführungsschaden untergliedert werden. Der Gesundheitsschaden umfasst natürlich die Heilbehandlungskosten. Diese werden zwar größtenteils von der Krankenversicherung getragen, in Einzelfällen muss jedoch die gegnerische Versicherung über das Maß des Leistungskataloges der gesetzlichen Krankenkassen hinaus Ersatz leisten. Auch Gesundheitsschaden sind Begleitkosten wie z.B. Attestgebühren und Fahrkosten zum Arzt. Ebenso werden die Besuchskosten naher Angehöriger in der Regel ersetzt. Der Mehrbedarfsschaden umfasst „große“ Positionen wie den behindertengerechten Umbau eines Hauses als auch kleinere Positionen wie erhöhte Nebenkosten für Heizung, Strom und Wasser, sofern diese auf die Behinderung zurückzuführen sind. Weiterhin können unter den Mehrbedarfsschaden auch Pflegekosten und die Kosten für ein behindertengerechtes Kraftfahrzeug gefasst werden. Insbesondere ist es bei einer Querschnittlähmung auch üblich, dass der höhere Kleiderverschleiß durch das ständige Sitzen im Rollstuhl durch eine monatliche Geldzahlung abgegolten wird. Grundsätzlich tritt der Erwerbsschadensersatz an die Stelle des nunmehr nicht oder nur in Rentenform gezahlten Arbeitsentgeltes. Jedoch können auch Schüler und Studenten in den Genuss dieses Schadenersatzes kommen. Mithin wird auch für die Zukunft geschätzt, welcher Beruf ergriffen worden wäre und was in einem solchen Beruf verdient worden wäre. Letztlich kümmert sich jeder Mensch in gewissen Sinne selbst um seinen Haushalt, manchmal werden auch Familienangehörige mit versorgt. All dies kann nach einer Querschnittlähmung nicht mehr in dem Maße erfolgen wie bisher. Diesen Schaden nennt man Haushaltsführungsschaden. Auch dieser ist einsatzfähig, und zwar dergestalt, dass eine Haushaltshilfe von der gegnerischen Versicherung oder den Sozialversicherungsträger bezahlt wird, bzw. die hierfür nötigen Mittel zur Verfügung gestellt werden. Immaterieller Schaden Eine weitere, immer mehr an Bedeutung erlangende Schadensposition ist der immaterielle Schaden, bzw. das Schmerzensgeld. Dieses wird als Ausgleich für Schmerzen und Unzulänglichkeiten bezahlt. Beim Schmerzensgeld handelt es -Anzeige- sich um sog. Schonvermögen, das nicht zur Bestreitung der Lebenshaltungskosten herangezogen werden muss, sondern allein dem Geschädigten zugute kommen soll. Zwischenzeitlich werden für Querschnittlähmungen im Bereich der Tetraplegie Summen bis zu 500 000 € bezahlt. Bei schwersten Verletzungen wie Querschnittlähmungen wird oft auch eine Schmerzensgeldrente bezahlt. Hierbei handelt es sich regelmäßig um einen kleineren Fixbetrag um 250 €. Sonstiges Die Mindestdeckungssumme ist derjenige Betrag, den eine gegnerische Haftpflichtversicherung im ungünstigsten Fall bezahlen muss. Seit Anfang des Jahres 2002 gelten für die Mindestdeckungssummen diese gesetzlichen Vorschriften: • Die Mindestdeckungssumme pro geschädigter Person muss 2,5 Mio. € betragen. • Bei Tötung oder Verletzung von drei und mehr Personen muss die Mindestdeckungssumme insgesamt 7,5 Mio. € betragen. Worten: Diejenigen Kosten, für die die Krankenkasse leistungspflichtig ist, können nicht beim Schädiger geltend gemacht werden. • Bei Sachschäden beläuft sich die Mindestdeckungssumme auf 500 000 €. Vorsorgevollmacht ! • Bei reinen Vermögensschäden (keine Personen- oder Sachschäden) beläuft sich die Mindestdeckungssumme auf 50 000 €. • In der Praxis beträgt die Haftpflichtdeckung heutzutage jedoch in der Regel zwischen 8 und 10 Mio. € pro geschädigter Person. Verjährung / Obliegenheiten (Pflichten): Bei einem Schadensfall treffen den Geschädigten eine Vielzahl von Obliegenheiten, deren Nichterfüllung finanzielle Einbußen zur Folge haben kann. Auch droht bei zögerlicher Regulierung durch die Versicherer die Verjährung. Die Beratung durch einen Anwalt ist hier zwingend erforderlich. Die Rechtsanwaltskosten werden bei Verkehrsunfällen in der Regel auch ohne vorherige Inverzugsetzung (schriftlich geforderter Termin) von der gegnerischen Haftpflichtversicherung übernommen. Die gegnerische Versicherung bezahlt jedoch die Anwaltskosten nur aus dem Betrag, den sie letztendlich reguliert (d.h. bezahlt), so dass insoweit bei einem Mitverschulden oder bei einer zu hohen Forderung hier nicht alle Anwaltskosten übernommen werden. Hier springt jedoch oft eine Rechtsschutzversicherung ein (soweit vorhanden). Nach § 116 Sozialgesetzbuch X (SGB X) gehen bei gesetzlich Versicherten im Unfallzeitpunkt alle Schadenersatzansprüche, die im Leistungskatalog der Krankenkassen enthalten sind, auf die Sozialversicherungsträger über. Mit anderen 44 Sehr wichtig ist, dass noch während der Zeit nach einem schweren Unfall mit Querschnittlähmung in Akutklinik und Reha bereits die Weichen für das spätere Leben mit der Behinderung gestellt werden. Hier empfiehlt es sich dringend, eine Vertrauensperson zur Erledigung dieser Aufgaben einzuschalten, da der Betroffene selbst in der Zeit unmittelbar nach dem Unfall zu sehr mit sich selbst beschäftigt ist und wie die Erfahrung zeigt regelmäßig keine Energie auf den „Papierkram“ verwenden kann. Bereits vorher, in jedem Fall aber nach dem Unfall, empfiehlt es sich eine so genannte „Vorsorgevollmacht“ für den Fall der Fälle auszustellen. Entsprechende Formulare finden sich auf der Homepage des Bundesjustizministeriums (http:// www.bmj.bund.de/media/archive/533.pdf). Wer will kann sich als Betroffener oder Angehöriger jederzeit an die Arbeitsgemeinschaft wenden. Zum Thema Entschädigung bei Querschnittlähmung nach Verkehrsunfall gibt es bei der ARGE einen Leitfaden, der als E-Mail verschickt wird. Kontakt: ARGE Recht der FGQ Gottfried Weller Dr. Loeffelladstraße 127 86609 Donauwörth Tel.: 09 06-83 34; Fax: 9 99 97 16 E-Mail: [email protected] Ein aufschlussreicher Briefwechsel: An das Bundesaufsichtsamt für das Versicherungswesen Sehr geehrte Damen und Herren Frau Sabine U. hatte am 2002 als Beifahrerin einen Autounfall mit folgenden Verletzungen: komplette Querschnittlähmung unterhalb Halswirbelsegment vier/ fünf. Komplette Lähmung beider Beine sowie der Bauch- und Rückenmuskulatur und teilweise der Handmuskulatur sowie fast vollständig der Fingermuskulatur. Es besteht eine komplette Blasen- und Mastdarmlähmung. Im Rahmen des Unfalles kam es noch zu weiteren schweren Verletzungen. Die Versicherung beruft sich auf eine Mindestdeckungssumme von 2,5 Mio. Euro, da der Vorbesitzer des Unfall-Pkw seinen Vertrag gekündigt hatte. Die Gesellschaft ist der Meinung, dass sie aufgrund der Beendigung des Vertragsverhältnisses lediglich mit der Mindestdeckungssumme von 2,5 € gegenüber der Verletzten hafte. Rechtsanwalt Lachner aus der Kanzlei Fleischmann vertritt die Meinung, dass die Argumentation der Versicherung nicht stichhaltig ist. Sehr geehrte Damen und Herrn, die Versicherung hat bis heute, also vier Jahre nach dem Ereignis den Nachweis noch nicht erbracht, warum sie nur mit der gesetzlichen Mindestdeckungssumme von 2,5 Millionen haftet. Wir haben daher die Bitte, dass von ihrer Institution geprüft wird, ob der Versicherer gegen das Gesetz verstoßen hat. Für ihre Bemühungen im voraus herzlichen Dank. Fazit aus der Antwort des Bundesaufsichtsamtes „Im vorliegenden Sachverhalt komme ich zu dem Ergebnis, dass die Nachhaftung ab den Zeitpunkt der Beendigung des Versicherungsverhältnis begann und das der Versicherer für die Folgen des Verkehrsunfalles mit den gesetzlichen Mindestversicherungssummen (2.5 Millionen €) haftet.“ Der Rechtsanwalt der Betroffenen hat ca. vier Jahre mit der Versicherung über die Haftungsquote (Sabine war nicht angegurtet) verhandelt. Man einigt sich auf 80 %. Bei einer Mindestversicherungssummen von 2,5 Millionen € ist es egal, ob die Haftungsquote 80 oder 100 % beträgt. Daher hat der Rechtsanwalt von Sabine vor, eine Einmalzahlung der 2,5 Millionen anzustreben. Die Krankenkasse (AOK Bayern) hat bis jetzt ca. 200 000 € von der Versicherung für ihre Leistungen bekommen. Es gibt ein Grundsatzurteil, dass die Leistungen der Versicherer (Kfz) ausschließlich den Betroffenen zur Verfügung gestellt werden muss. Fazit ARGE Recht Die ARGE wird an das zuständige Ministerium schreiben mit der Bitte zu überprüfen ob die Mindestversicherungssummen von 2,5 Millionen € noch zeitgemäß ist. Es liegen Fälle von Betroffenen vor, bei denen die monatliche Pflege ca. 25 000 € beträgt. Nach ca. acht Jahren wären bei einer Mindestversicherungssummen von 2,5 Millionen € die Leistungen der Versicherer verbraucht. ARGE Recht Koordinator Gottfried Weller. 45 Vom Antrag bis zum Ende: Verfahren zur Beantragung eines Hilfsmittels Bei der Versorgung mit einem Hilfsmittel durch eine gesetzliche Krankenkasse, aber auch bei Leistungen anderer Sozialleistungsträger stellt sich regelmäßig die Frage, welche Rechte die Betroffenen in diesem Verfahren haben. Es kann für den Antragsteller nur von Vorteil sein, wenn er den Ablauf kennt. Gesetzliche Krankenkassen sind öffentlich-rechtliche Körperschaft und damit auch Behörden, die ihre Entscheidungen in einem Verwaltungsverfahren treffen. Sie sind Sozialleistungsträger, für die die Verfahrensvorschriften im 10. Buch Sozialgesetzbuch (SGB X) gelten. Der Verfahrensbeginn: In der Regel beginnt es mit einem Antrag des Betroffenen auf Versorgung mit einem bestimmten Hilfsmittel. Hierbei handelt es sich nicht um ein formelles Antragsformular, sondern der Antrag wird z.B. gestellt durch den Kostenvoranschlag eines Sanitätshaus oder eines anderen Leistungserbringers, der zur Hilfsmittelversorgung berechtigt ist. Da es immer um Ansprüche des einzelnen Versicherten auf ein konkretes Hilfsmittel geht, ist der Versicherte immer Beteiligter des mit dem 46 Kostenvoranschlag eingeleiteten Verfahren und ihm stehen alle gesetzlichen Rechte in dem Verfahren zu. Die Entscheidung der Krankenkasse Über Anträge der Versicherten muss die Krankenkasse durch einen Verwaltungsakt (auch Bescheid genannt) entscheiden. Hierbei handelt es sich um die abschließende Entscheidung über einen Anspruch des Einzelnen mit rechtlicher Wirkung. Solche Verwaltungsakte können mündlich, schriftlich oder in elektronischer Form getroffenen werden. Also auch die mündliche Ablehnung einer beantragten Rollstuhlversorgung stellt einen ablehnenden Verwaltungsakt dar. Da mündliche Entscheidungen in der Regel nicht in ausreichender Form dokumentiert sind, hat der Versicherte einen Anspruch auf schriftliche oder elektronische Bestätigung, wenn hieran ein berechtigtes Interesse besteht und der Betroffene dies unverzüglich verlangt, wie sich aus der Vorschrift des § 33 Abs. 2 Satz 2 SGB X ergibt. Ein berechtigtes Interesse liegt auf jeden Fall dann vor, wenn es sich um eine belastende Entscheidung handelt, gegen die Rechtsmittel eingelegt werden sollen. Für die schriftliche Entscheidung reicht es nicht aus, wenn lediglich mit einem Satz ohne weitere Ausführungen ein Anspruch abgelehnt wird. Vielmehr hat die Krankenkasse ihre Entscheidung zu begründen, wie es § 35 SGB X vorgibt. Aus der Begründung müssen sich alle wesentlichen tatsächlichen und rechtlichen Gründe ergeben, die zu der Entscheidung geführt haben. Das Begründungserfordernis spielt natürlich vor allem bei belastenden Entscheidungen eine Rolle. Bei einer bewilligenden Entscheidung kann hierauf sicherlich verzichtet werden, da dem Anspruch entsprochen wurde. Der Verfahrensablauf bis zur Entscheidung Um ihre Entscheidung zu treffen, hat die Krankenkasse zu prüfen, ob ein Anspruch auf die begehrte Leistung besteht. Bei der Versorgung mit einem Hilfsmittel, wie z.B. einem Rollstuhl hat die Krankenkasse zu prüfen, ob die Voraussetzungen gemäß § 33 Abs. 1 Satz SGB V (Das Recht der gesetzlichen Krankenversicherung) vorliegen. Sie muss also prüfen, ob das beantragte Hilfsmittel das im Einzelfall für den Behinderungsausgleich oder die Krankenbehandlung erforderliche Hilfsmittel ist. In der Regel liegen hierfür der Krankenkasse die ärztliche Verordnung und der Kostenvoranschlag vor. Soweit der entscheidende Mitarbeiter aufgrund dieser Unterlagen eine Entscheidung treffen kann, muss er keine weiteren Ermittlungen treffen. Ansonsten hat er nicht nur die Möglichkeit, sondern auch die Verpflichtung ggf. weitere Ermittlungen anzustellen und auch den Versicherten entsprechend zu beraten, wie sich aus der Vorschrift des § 14 SGB I ergibt, in der es heißt, dass jeder Anspruch auf Beratung über seine Rechte und Pflichten nach diesem Gesetzbuch hat, wobei zuständig für die sich aus dem SGB V ergebenden Leistungsansprüche die Krankenkasse ist. Der Beratungsanspruch Beratungsanspruch bedeutet, dass dem einzelnen alle erforderlichen Kenntnisse vermittelt werden, die er benötigt, um seine Rechte und Pflichten nach dem SGB wahrnehmen zu können; es handelt sich um eine individuelle, auf die Umstände des Einzelfalls zugeschnittene Vermittlung der rechtlichen und tatsächlichen Grundlagen für vom einzelnen zu treffende Entscheidungen. Da der einzelne Versicherte einen individuellen Anspruch auf Beratung hat, muss diese nach Inhalt und Form dem besonderen Bedarf angepasst sein, der die Beratungspflicht ausgelöst hat. Die Krankenkassen haben also nicht nur über den Antrag zu entscheiden, indem sie einen Anspruch bewilligen oder ablehnen, sondern individuell beraten. Z.B stellt ein Versicherter einen Antrag auf einen E-Rollstuhl, der mit der Begründung abgelehnt wird, dass er nicht fahrtauglich sei. Es erfolgt nur die Ablehnung, aber keine weitere Tätigkeit. Hier stellt sich die Frage, ob nicht die Krankenkasse auch darauf hingewiesen hat, dass nicht nur ein Anspruch auf das Hilfsmittel besteht, sondern auch ein Anspruch auf die Ausbildung im Gebrauch des Hilfsmittels, wodurch das Problem der fehlenden Fahrtauglichkeit gelöst sein könnte. Damit würde der Beratungsanspruch seinem Ziel gerecht werden, die sozialen Ansprüche des Einzelnen zu verwirklichen. Wird die Beratungspflicht verletzt – gänzlich unterbliebene Beratung, unrichtige oder unvollständige Beratung – kann ein Anspruch auf Schadensersatz aus dem Gesichtspunkt der Amtshaftung bestehen oder ein so- 48 zialrechtlicher Herstellungsanspruch entstehen, durch den der Einzelnen so zu stellen ist als wäre er richtig beraten worden. Die Voraussetzungen für solche Ansprüche unterliegen strengen Kriterien, so dass nicht jede fehlerhafte Beratung diese Ansprüche hervorruft. Einholung eines Gutachtens – Der Medizinischen Dienst Vor Bewilligung eines Hilfsmittels können die Krankenkassen in geeigneten Fällen durch den Medizinischen Dienst prüfen lassen, ob das Hilfsmittel erforderlich ist. Auch der Medizinische Dienst hat nach dem Wortlaut des § 275 SGB V den Versicherten zu beraten. Da er häufig nur nach Aktenlage entscheidet und die Verwaltungsakte meistens nur aus ärztlicher Verordnung, Kostenvoranschlag und vielleicht noch einem früheren Gutachten der Pflegeversicherung besteht, konnte eine echte Beratung durch den Medizinische Dienst vom Autor bisher nicht festgestellt werden. Der Medizinische Dienst prüft also, ob ein bestimmtes Hilfsmittel im Einzelfall zur Krankenbehandlung oder zum Behinderungsausgleich erforderlich ist. Hierbei handelt es sich um tatsächliche Fragen, nämlich ob die ärztliche Verordnung wirklich ein erforderliches Hilfsmittel beinhaltet. Aufgabe des Medizinischen Dienstes ist es jedoch nicht, rechtliche Aussagen zu treffen, wie sie sich immer wieder in Stellungnahmen des Medizinischen Dienstes finden. Ob ein Anspruch aus Rechtsgründen besteht oder nicht, hat die Krankenkasse zu entscheiden. Erst die Krankenkasse trifft die Entscheidung gegenüber dem Versicherten. Der Medizinische Dienst nimmt lediglich eine Überprüfung intern vor, so dass nur die Entscheidung der Krankenkasse und nicht die des Medizinischen Dienstes mit Rechtsmittel angefochten werden kann. Externe Hilfsmittelberater Einige Krankenkassen sind dazu übergegangen, dass sie zur Überprüfung eines Hilfsmittelanspruchs externe Hilfsmittelberater einsetzen. Hierbei handelt es sich um selbständige private Unternehmen, die im Auftrag der Krankenkasse prüfen, ob ein beantragtes Hilfsmittel erforderlich ist. Diese sind also nicht bei den Krankenkassen angestellt oder in anderer Form zur Krankenkasse gehörend. Über welche Ausbildung oder Qualifikationen diese verfügen, ist in der Regel zumindest Außenstehenden nicht bekannt. Die Einschaltung solcher externen Hilfsmittelberater ist nach Auffassung des Autors rechtswidrig! Entscheidungen der Sozialgerichte zu dieser Frage sind bisher nicht bekannt geworden. Die Krankenversicherung und Gesundheitsfürsorge ist eine hoheitliche Aufgabe, die durch die gesetzlichen Krankenkassen durchzuführen ist. Nur der Medizinische Dienst ist in § 275 SGB V genannt, der die Erforderlichkeit eines Hilfsmittels zu überprüfen hat. Für die Einschaltung privater Unternehmen fehlt jede Rechtsgrundlage. Da es sich bei den externen Hilfsmittelberatern um private Unternehmen handelt, ist davon auszugehen, dass sie eine entsprechende Vergütung von der Krankenkasse erhalten. Nach welchen Maßstäben eine solche Vergütung gezahlt wird, könnte nur vermutet werden, ist bisher jedoch nicht bekannt. Aber es muss zumindest gefragt werden, warum die Krankenkassen einerseits den Medizinischen Dienst finanzieren, anderseits zusätzlich externe Hilfsmittelberater, die die Erforderlichkeit des Hilfsmittels feststellen sollen. Dem Autor sind Fälle bekannt, in denen sogar beide tätig geworden sind. Mit dem von den Krankenkassen immer wieder gerne zitierten Wirtschaftlichkeitsgebot hat dies sicherlich nichts mehr zu tun. Das zweite Problem ist der Sozialdatenschutz, der häufig missachtet wird, indem an private Unternehmen geschützte und sensible persönliche Daten der Versicherten weitergegeben werden. Was ist also zu tun, wenn die Krankenkasse externe Berater einschaltet und Sie wollen dies ablehnen? Sie müssen damit rechnen, dass die Krankenkasse auf Ihre Mitwirkungspflichten hinweist und dass ansonsten keine Entscheidung getroffen werden könnte. Sie sollten die Krankenkasse dann auf § 14 SGB IX hinweisen, der für Begutachtungen vorsieht, dass die Krankenkasse drei wohnortnahe Gutachter vorschlägt, unter denen Sie ein Auswahlrecht haben. 49 Sollte die Krankenkasse hierauf nicht eingehen, stellt sich die Frage, ob man das Risiko eingehen will, dass alleine wegen der Ablehnung des externen Hilfsmittelberaters eine Ablehnung des Antrags erfolgt. Die Alternative hierzu ist die Zustimmung unter dem Vorbehalt, dass man die Vorgehensweise der Krankenkasse aus den oben genannten Gründen für rechtswidrig erklärt und hierauf schriftlich hinweist. Sollte dann eine ablehnende Entscheidung kommen, besteht die Möglichkeit die weiter unten genannten Rechtsmittel einzulegen. Vorteil dieser Vorgehensweise ist, dass man nicht nur aus formellen Gründen eine Ablehnung erhält, sondern auch eine inhaltliche Ablehnung bekommt, die im Widerspruchs- oder gerichtlichen Verfahren überprüft werden kann. Soweit der Datenschutz verletzt wird, besteht die Möglichkeit, sich an den zuständigen Datenschutzbeauftragten zu wenden. Was tun bei ablehnenden Entscheidungen? – Die Rechtsmittel Welche Rechte bestehen, wenn die Krankenkasse z.B. die Versorgung mit einem neuen Rollstuhl ablehnt oder die Pflegekasse die Pflegestufe II auf die Pflegestufe I kürzt? Vergleichbares gilt aber auch wenn das Versorgungsamt den GdB (Grad der Behinderung) kürzt oder einen Nachteilsausgleich wie das „aG“ (außergewöhnlich gehbehindert) auf „G“ beschränkt oder gänzlich wegnimmt. In allen diesen Fällen handelt es sich um belastende Entscheidungen eines Sozialleistungsträgers, gegen die das Rechtsmittel des Widerspruchs möglich ist. Eine belastende Entscheidung liegt aber auch vor, wenn z. B. der Rollstuhl, aber erforderliches Zubehör nicht bewilligt wird. Dazu gehören auch die Fälle, in denen von der Krankenkas- 50 se das Recht des Patienten zur Auswahl seines Leistungserbringers (z.B. eines bestimmten Sanitätshaus) missachtet und ein anderes Unternehmen von der Krankenkasse beauftragt wird oder der Patient einen Eigenanteil leisten soll. Auch hier ist gegen den belastenden Teil der Entscheidung der Widerspruch möglich. Rechtsmittelbelehrung Grundsätzlich sind alle Sozialleistungsträger und damit auch die Krankenkassen gesetzlich verpflichtet, eine ablehnende Entscheidung mit einer Rechtsmittel- oder Rechtsbehelfsbelehrung zu versehen. In dieser muss sinngemäß enthalten sein, dass der Versicherte innerhalb einer Frist von einem Monat (nicht nur vier Wochen) das Recht hat, gegen die ablehnende Entscheidung schriftlich Widerspruch einzulegen. Des Weiteren muss die Stelle genau benannt sein, bei der der Widerspruch eingelegt werden kann. Aus der korrekten und vollständigen Belehrung ergibt sich, dass der Widerspruch innerhalb eines Monats nach Zugang beim Versicherten schriftlich bei der erlassenden Stelle eingegangen sein muss. Es reicht nicht aus, dass der Widerspruch innerhalb von einem Monat abgeschickt wird, sondern er muss innerhalb der Frist von einem Monat auch bei der Krankenkasse eingehen. Dies geht per Post, Fax oder persönliche Abgabe bei der Behörde, jedoch nicht mündlich, telefonisch oder per Mail. Bei der persönlichen Abgabe sollten man sich immer eine Empfangsbestätigung geben lassen, die z. B. auf der Kopie vermerkt werden kann. Eine Kopie sollte man übrigens immer machen. Bei der Versendung durch die Post sollte Einschreiben/ Rückschein oder Einwurf-Einschreiben gewählt werden, da ein einfaches Einschreiben nur die Bestätigung der Absendung, aber nicht des maßgeblichen Eingangs gibt. Wenn die Frist versäumt wird, wird die ablehnende Entscheidung bestandskräftig und gilt damit als richtig, unabhängig vom Inhalt. Sie haben aber die Möglichkeit einen Überprüfungsantrag gemäß § 44 SGB X zu stellen, mit dem Sie die Behörde zur nochmaligen Entscheidung bringen können. Sie verlieren aber auf jeden Fall Zeit, was bei der erheblichen Bearbeitungsdauer der Krankenkassen sicherlich von Bedeutung ist. Sie müssen den Widerspruch auch nicht begründen, sondern können diesen zur Fristwahrung erst einmal vorsorglich einlegen, um ihn dann später zu begründen oder zurückzunehmen. Eine Begründung empfiehlt sich auf jeden Fall, da ansonsten es der Behörde einfach fällt, bei ihrer ablehnenden Haltung zu bleiben. Im Gegensatz zu den meisten anderen Sozialleistungsträgern kommen viele gesetzlichen Krankenkassen der gesetzlichen Verpflichtung zur Rechtsmittelbelehrung nicht nach. Offensichtlich besteht dort die Annahme, dass man die Bürger lieber nicht über ihre Rechte aufklären sollte, da ansonsten noch davon Gebrauch gemacht wird. Um einen Widerspruch einzulegen, braucht es nicht einer Rechtsmittelbelehrung. Da es aber an der gesetzlichen Aufklärung über zustehende Rechte fehlt, verlängert sich in diesen Fällen die Frist für den Widerspruch auf ein Jahr. Widerspruchsverfahren Durch den Widerspruch wird das Widerspruchsverfahren eingeleitet, in welchem die Behörde ihre Entscheidung noch mal überprüfen muss. Zum Teil wird hierzu auch der medizinische Dienst der Krankenkassen eingeschaltet, um die Argumente des Widerspruchs zu überprüfen. Über den Widerspruch muss innerhalb von drei Monaten entschieden werden, da ansonsten eine Untätigkeitsklage beim zuständigen Sozialgericht erhoben werden kann, mit der die untätige Behörde zur Entscheidung gezwungen werden kann. Spätestens im Widerspruchsverfahren haben Sie auch das Recht auf Akteneinsicht gemäß § 25 SGB X. Sie haben hierdurch die Möglichkeit, in den Räumen der Krankenkassen in die Akte Einsicht zu nehmen. Alternativ kommt in Betracht, dass Sie die Krankenkasse bitten Ihnen eine Kopie der Stellungnahme des Medizinischen Dienstes zur Verfügung zu stellen. In der Regel reicht dies aus, da dies in streitigen Fällen meistens die Entscheidungsgrundlage der Krankenkasse ist. Die Akteneinsicht hat den Vorteil, dass Sie sich in ihrer Begründung des Widerspruchs besser mit den ablehnenden Gründen auseinandersetzen können. Endet das Widerspruchsverfahren mit einem Abhilfebescheid, ist alles gut, da Sie Recht bekommen haben. Sollten Sie jedoch einen Widerspruchsbescheid bekommen, wurde Ihr Widerspruch abgewiesen. Auch der Widerspruchsbescheid muss wieder mit einer Rechtsmittelbelehrung versehen sein, die sinngemäß lauten muss, dass man gegen den Widerspruchsbescheid innerhalb eines Monats schriftlich Klage beim zuständigen Sozialgericht erheben kann. Im Gegensatz zu der ablehnenden Entscheidung ist bei Widerspruchsbescheiden immer eine richtige und vollständige Rechtsmittelbelehrung zu finden. Klage Für die Erhebung der Klage gelten die Ausführungen zum Widerspruch entsprechend. Die Klagefrist von einem Monat und die Schriftlichkeit sind zu beachten und ebenso kann eine Klage erst einmal fristwahrend ohne Begründung eingereicht werden. 52 Die Vertretung durch einen Anwalt ist nicht zwingend. Wenn er einen Anwalt einschalten will, sollte darauf achten, dass er auf dem Gebiet des Sozialrechtes und des Krankenversicherungsrechts seinen Schwerpunkt hat, da viele Grundsätze und Regeln von den üblichen Verfahren abweichen. Das Sozialgericht überprüft die Entscheidung der Behörde auf ihre Richtigkeit. Soweit erforderlich werden hierzu auch medizinische Gutachten eingeholt. Es werden unabhängige Gutachter beauftragt, aber nicht der medizinische Dienst der Krankenkassen. In der Regel entscheidet das Gericht durch Urteil nach einer mündlichen Verhandlung, in der alle Beteiligten noch mal Gelegenheit haben, ihren Standpunkt darzulegen. Hier legt das Gericht meistens seine rechtliche Überzeugung deutlich dar und versucht eine der beiden Beteiligten davon zu überzeugen, dass entweder der Kläger die Klage zurück nimmt oder dass die Krankenkasse anerkennt. In den Fällen, in denen das Gericht den Beteiligten z. B. nur zum Teil Recht gibt, wird häufig ein Vergleich vorgeschlagen. Ein Vergleich ist nicht grundsätzlich schlechter als ein Urteil, da man auf diesem Weg auch seine Leistung bekommt und zum Teil ein länger dauerndes Verfahren bis zum Urteil vermeiden kann. Ob ein Vergleich sinnvoll ist, muss man immer im konkreten Einzelfall entscheiden. Kosten Von Bedeutung sind immer die Kosten für das Widerspruchs- und Klageverfahren. Grundsätzlich sind beide Verfahren für Versicherte kostenfrei, dass heißt es müssen unabhängig vom Ausgang des Verfahrens keine Gebühren an die Behörde für das Widerspruchsverfahren oder das Sozialgericht für das Klageverfahren gezahlt werden. Hierzu gehören auch die Kosten eines vom Gericht bestellten Gutachters. Der Gesetzgeber plant aber diese Regelung zu ändern und zumindest eine gewisse Kostenbeteiligung einzuführen, da angeblich zu viele unnötige oder unsinnige Klagen geführt werden. Kosten können also nur entstehen, wenn Sie einen Rechtsanwalt beauftragen. Im Falle des Obsiegens hat die unterlegene Behörde die Kosten zu tragen. Dies gilt für das Widerspruchsund das Klageverfahren. Wenn Sie verlieren sollten, müssen Sie aber nicht die Kosten der Behördenvertreter übernehmen, da von diesen in der Regel keine Anwälte beauftragt werden und selbst wenn, wären diese Kosten nicht erstattungsfähig. Eine Absicherung des Kostenrisikos kann im gerichtlichen Verfahren über die Prozesskostenhilfe oder eine Rechtsschutzversicherung erfolgen. Prozesskostenhilfe setzt voraus, dass man über Einkünfte verfügt, die vereinfacht gesagt, nur unwesentlich höher als die Sozialhilfesätze sind und die Klage Aussicht auf Erfolg hat. Außergerichtlich, also im Widerspruchsverfahren geht dies über die so genannte Beratungshilfe. Rechtschutzversicherungen gelten aufgrund der Allgemeinen Versicherungsbedingungen immer erst für das Klageverfahren, nicht für das Widerspruchsverfahren. Sollten Sie einen Anwalt beauftragen wollen, sprechen Sie die Frage der Kosten immer vorab an. Was tun bei Untätigkeit der Krankenkasse? Bekanntermaßen lassen sich Krankenkassen bei der Bearbeitung von Anträgen und Kostenvoranschlägen zur Bewilligung von Hilfsmitteln oft monatelang Zeit, obwohl der Bedarf sofort besteht. Beliebt ist es, den Medizinischen Dienst der Krankenkassen (MDK) einzuschalten, der die zeitnahe und sachgerechte Bearbeitung nochmals verzögert. Eine einstweilige Anordnung beim zuständigen Sozialgericht kommt nur ausnahmsweise in Betracht. Eine Untätigkeitsklage ist auch erst sechs Monate nach Antragstellung bzw. drei Monate nach Einlegung des Widerspruchs zulässig. Eine Hilfe zur zeitnahen Bearbeitung kann das seit Mitte 2001 bestehende SGB IX, das Gesetz zur Rehabilitation und Teilhabe behinderter Menschen, geben. Das SGB IX hat sich leider in der täglichen Praxis gerade im Hinblick auf die gesetzliche Krankenversicherung bisher nicht durchgesetzt, obwohl es für alle Rehabilitationsträger und damit auch für die gesetzliche Krankenversicherung gilt. Es schafft gleichartige Ansprüche und sorgt für übereinstimmende Qualitätsstandards. Das SGB IX gilt für alle behinderten oder von Behinderung bedrohten Menschen. Dies setzt voraus, dass die gesundheitliche Beeinträchtigung länger als sechs Monate andauert oder zu erwarten ist. Das SGB IX sieht in den §§ 14; 15 Regelungen vor, um eine schnelle Sachentscheidung der Rehabilitationsträger herbei zu führen. Die nachfolgende Grafik stellt den besonderen Verfahrensweg des SGB IX mit seinen kurzen Bearbeitungsfristen dar. Werden Leistungen 53 zur Rehabilitation beantragt, dazu gehören unter anderem auch die Versorgung mit Hilfsmitteln, sind diese Fristen auch von den Krankenkassen zu beachten. 1. Stufe Falls die Zuständigkeit des Rehabilitationsträgers unklar ist, hat der angerufenen Träger innerhalb einer Frist von zwei Wochen die Zuständigkeit zu klären. Unterbleibt eine Klärung, gilt der angerufene Träger als zuständig. 2. Stufe Ist die Zuständigkeit geklärt oder von Anfang an klar gewesen, stellt sich die Frage nach der Einholung eines Gutachtens. Wenn kein Gutachten erforderlich ist, hat die Krankenkasse als Rehabilitationsträger den Bedarf binnen drei Wochen ab Antragseingang 54 unverzüglich festzustellen. Wird ein Gutachten benötigt, ist unverzüglich ein Sachverständiger zu benennen, der sein Gutachten innerhalb von zwei Wochen ab dem Folgetag der Untersuchung zu erstellen hat. Bei der Gutachterbenennung steht dem Versicherten ein Auswahlrecht zur Seite. Nicht der MDK wird eingeschaltet, sondern die Krankenkasse schlägt mindestens drei wohnortnahe Gutachter vor, aus denen ausgewählt werden kann. Daneben kann vom Versicherten auch ein anderer Gutachter benannt werden. Der Wunsch ist in der Regel von der Krankenkasse zu akzeptieren. Weitere zwei Wochen nach Gutachteneingang bleiben der Krankenkasse, um eine Entscheidung über den Antrag zu treffen. Die Krankenkasse hat unter Angabe von Gründen mitzuteilen, wenn sie diese Fristen nicht einhält. Teilt sie dies mit oder hat keinen ausreichenden Grund für ihre Nichtentscheidung, kann der Versicherte der Krankenkasse eine angemessene Frist zur Entscheidung setzen und nach Fristablauf die Leistung selbst beschaffen. Ihm steht dann ein Kostenerstattungsanspruch zur Seite. In der Praxis reicht jedoch oft der Hinweis auf die speziellen Fristenregelungen des SGB IX, um eine beschleunigte Entscheidung zu erhalten. Die Frage der Fahrtauglichkeit bei Elektrorollstühlen Bei der Genehmigung von Elektrorollstühlen durch die gesetzlichen Krankenkassen stellt sich zum Teil die Frage, ob von den Betroffenen eine Fahrtauglichkeitsprüfung durchgeführt werden muss. Dies kann weder mit einem pauschalen Ja noch mit einem pauschalen Nein beantwortet werden. Bei der Beantwortung dieser Frage ist erst einmal § 33 Abs. 1 S. 1 SGB V heranzuziehen, der den Anspruch des einzelnen Versicherten auf eine Hilfsmittelversorgung regelt. Neben anderen Voraussetzungen muss die Versorgung mit dem E-Rollstuhl im Einzelfall erforderlich sein. Die Erforderlichkeit einer E-Rollstuhlversorgung setzt auch voraus, dass der Betroffene in der Lage ist, mit dem E-Rollstuhl umzugehen, da ansonsten der Behinderungsausgleich nicht gewährleistet wäre. Grundsätzlich ist also festzustellen, dass eine Fahrtauglichkeitsprüfung verlangt werden kann. Dies bedeutet aber nicht gleichzeitig, dass in jedem Einzelfall nunmehr die Fahrtauglichkeit geprüft werden muss. Ob der Betroffene in eine Fahrtauglichkeitsprüfung einwilligen muss, ergibt sich aus den so genannten Mitwirkungspflichten gemäß der Vorschriften der §§ 60 ff. SGB I. In diesen Vorschriften heißt es unter anderem, dass derjenige, der Sozialleistungen wie eine E-Rollstuhlversorgung beantragt, ggf. Beweismittel zu bezeichnen und auf Verlangen des zuständigen Leistungsträgers Beweisurkunden vorzulegen hat. Soweit eine Fahrtauglichkeitsuntersuchung somit erforderlich wäre, um die Erforderlichkeit der E-Rollstuhlversorgung festzustellen, wären entsprechende Beweismittel, wie z. B. die Absolvierung einer Fahrtauglichkeitsprüfung im Rahmen der Mitwirkungspflichten vom Betroffenen zu erbringen. Die Mitwirkungspflichten finden jedoch ihre Grenze, sowohl in der Zumutbarkeit als auch in der Angemessenheit zur beantragten Leistung. Auf die Fahrtauglichkeitsprüfung für eine E-Rollstuhlversorgung übertragen bedeutet dieses, dass konkrete Anhaltspunkte vorliegen müssen, aufgrund derer sich Zweifel an der Fahrtauglichkeit ergeben. Die pauschale Anforderung von Fahrtauglichkeitsüberprüfungen in jedem Einzelfall ist somit durch die gesetzlichen Vorschriften zur Mitwirkungspflicht nicht gedeckt. Wenn beispielsweise ein E-Rollstuhlfahrer seit Jahren ohne Probleme seinen E-Rollstuhl nutzt und keine Veränderung in seiner Situation eingetreten ist, besteht kein Anlass eine Fahrtauglichkeitsuntersuchung zu fordern. Wenn der betroffene E-Rollstuhlfahrer in diesem Falle eine Fahrtauglichkeitsuntersuchung ablehnen würde, würde er nicht seine Mitwirkungspflichten verletzen. Soweit aber in diesem Beispiel eine erhebliche Änderung in der gesundheitlichen Verfassung eingetreten wäre, wäre die Situation unter Umständen anders zu bewerten. Wichtig ist hier, wie immer den Einzelfall zu beachten. Ferner ist im Rahmen einer Fahrtauglichkeitsüberprüfung zu beachten, dass dem Betroffenen hierdurch keine Kosten entstehen dürfen. Gemäß § 64 SGB X besteht Kostenfreiheit für das Verfahren bei Sozialleistungsträger, wozu auch die Krankenkassen gehören. Dies bedeutet nicht nur, dass die gesetzlichen 55 Krankenkassen keine Gebühren für ihre Tätigkeit erheben dürfen, sondern gilt nach dem Willen des Gesetzgebers für alle Geschäfte und Verhandlungen, die im Rahmen der Leistungserbringung nach dem Sozialgesetzbuch notwendig werden. Dies ist bei Anforderungen durch den Sozialleistungsträger immer zu bejahen (Hauffe SGB Office, Elektronischer Kommentar zu § 64 SGB X). Da die Fahrtauglichkeitsprüfungen seitens der Krankenkassen angefordert werden, besteht demgemäß auch Kostenfreiheit. Die Kostenfreiheit gilt unabhängig davon, ob eine solche Fahrtauglichkeitsprüfung erfolgreich oder erfolglos abgeschlossen wurde. Anspruch auf Selbständigkeit Krankenkasse verweisen in ablehnenden Entscheidungen gerne darauf, dass der Anspruchsteller das beantragte Hilfsmittel nicht benötige, dass ihm ein naher Angehörige ohne weiteres helfen könne oder doch eine Pflegeperson vorhanden wäre, da Leistungen aus der Pflegeversicherung bezogen werden. Das Bundessozialgericht (BSG) hat mit Urteil vom 24.05.2006 (Az. B 3 KR 00/05) betont, dass Hilfsmittel auch der selbständigen Lebensweise dienen. Wörtlich hat es hierzu geurteilt: „Es ist ein wesentliches Ziel der Hilfsmittelversorgung, dass behinderte Menschen nach Möglichkeit von der Hilfe anderer Menschen unabhängig, zumindest aber deutlich weniger abhängig werden.“ Also der Rückgriff auf die Hilfe anderer, insbesondere fremder Personen ist damit nicht zulässig. Ziel der Hilfsmittelversorgung ist also nach den Maßstäben des BSG die selbstständige Lebensführung und die zeitliche Dispositionsfreiheit sicher zustellen und nicht auf die Angebote anderer Personen angewiesen zu sein. 56 Man sollte sich auch nicht durch den Hinweis der Krankenkasse abschrecken lassen, dass dies Auswirkung auf die Pflegestufe habe. Es handelt sich um unterschiedliche Verfahren, bei denen unterschiedliche Voraussetzungen zu prüfen sind. Autoreninfo Rechtsanwalt Jörg Hackstein ist Vorstand der Schütze & Hartmann Rechtsanwälte AG. Die auf Unternehmen des Gesundheitsmarktes spezialisierte Kanzlei vertritt u.a. namhafte Leistungserbringer, Hersteller, Verbände und Versicherte im Hilfsmittelsektor. Die mittlerweile sieben Rechtsanwälte/innen bieten qualifizierte Rechtsberatung in allen, den Gesundheitsmarkt tangierenden Fragen. Hierzu gehören neben den typischen sozialrechtlichen Fragestellungen aus dem Recht der Krankenversicherung u.a. solche aus den Bereichen Arbeitsrecht, Vertragsrecht, Wettbewerbsrecht, Marken- und Warenzeichenrecht, sowie Regress und Haftung, aber immer mit Bezug zum Thema Gesundheit. Weitere Infos unter : www.schuetze-hartmann.de Text: Jörg Hackstein, Rechtsanwalt Arzneimittel-Zuzahlungen: Allgemeine Verunsicherung Oft wissen weder Krankenkassen noch Ärzte oder Betroffene genau, was der Stand bzgl. Zuzahlung bei Arzneimitteln ist. Die Presse war voll mit Beispielen, je nach politischer Haltung mal mehr, mal weniger kritisch, aber immer mit dem Hinweis, dass individuelle Fragen mit der Krankenkasse zu klären sind. Darum hier einiges im Klartext, speziell für Menschen mit Querschnittlähmung. Was heißt „chronisch kranke Menschen“? Voraussetzungen: – Arztbesuch mindestens 1 × pro Quartal und – Grad der Behinderung (GdB) mindestens 60 % und/oder Pflegestufe II/III (Pflegeversicherung). Entsprechende Bescheinigungen stellen die Hausärzte aus, Formulare liegen dort vor. Die Gesamtsumme aller Zuzahlungen wird auf 1 % des Familieneinkommens begrenzt. Dazu zählen alle Einnahmen, also auch Renten, Mieterträge und Zinserträge. Nicht dazu zählen Renten nach dem BVG und Pflegegeld (Pflegeversicherung, Landespflegegeld, Hilfe zur Pflege nach BSHG). Vom Einkommen werden Freibeträge von 4 347 € (Partner) bzw. 3 648 € (je Kind) abgesetzt. Für Personen, die Hilfe zum Lebensunterhalt (nicht Hilfe zur Pflege!) nach dem BSHG oder Leistungen nach dem Grundsicherungsgesetz erhalten, wird nur der Regelsatz (des Haushaltsvorstandes) zugrunde gelegt d.h. 345 € (West) bzw. 331 € (Ost). Davon 2 % sind 82,80 bzw. 66,10 €/Jahr. weis von der Krankenkasse anfordern. Mit dem Befreiungsausweis, den die Krankenkasse dann zuschickt, sind dann keine Zuzahlungen mehr zu leisten. Das gilt auch für Ehepartner und familienversicherte Kinder. Selbst versicherte Kinder gehören nicht dazu. Umgekehrt ist ihr Einkommen auch nicht zu berücksichtigen. Die meisten Krankenkassen bieten ab dem zweiten Jahr zum Jahresanfang ihren Mitgliedern die Möglichkeit, durch Zahlung eines Betrages, der auf dem Familieneinkommen des Vorjahrs basiert, direkt den Nachweis zur Befreiung für das laufende Jahr zu bekommen, so dass keine Belege mehr gesammelt und möglicherweise überzahlte Beträge zurück überwiesen werden müssen. Zuzahlungen, wo gelten sie? Für Verheiratete gilt: Nach § 62 SGB V Abs. 2 werden die Zuzahlungen und die Bruttoeinnahmen gemeinsam ermittelt, d. h. sobald die Zuzahlungen aller Familienangehörigen insgesamt 1 % erreichen, kann die Person mit der schweren Verschreibungspflichtige Arzneimittel: Bis zur Belastungsgrenze keine Sonderregelungen. Nicht verschreibungspflichtige Arzneimittel müssen voll bezahlt werden. Ausnahme: Nicht verschreibungsfähige Arzneimittel, die bei bestimmten Krankheiten als „anerkannter Therapiestandard“ gelten, können wie bisher auch mit Angabe der Diagnose auf der Verordnung weiter zu Lasten der Kassen verordnet werden. Dazu gehören z. B. auch Abführmittel bei Querschnittlähmung, Desinfektionsmittel bei ISK (Katheterisieren) oder methioninhaltige Medika- chronischen Erkrankung einen Befreiungsnach- mente zur Vorbeugung von 57 Nierensteinen. (Siehe „Ausnahmeliste“ im Anhang dieser Broschüre). Tipp/Beispiel: Desinfektionsmittel bei Selbstkatheterisierung sind zwar Arzneimittel, aber weder verschreibungspflichtig noch unbedingt apothekenpflichtig. Deshalb ist es eine Überlegung wert, ob man diese z. B. im Sanitätshaus bezieht, das einen auch mit Kathetern versorgt (siehe unter „Was gilt für Hilfsmittel?“). Dort wird es wahrscheinlich preiswerter sein. Denn der Grundbetrag von 8,20 €, den Apotheken jetzt pro Arzneimittel erhalten ist es ja, der dort die preiswerten Arzneimittel erheblich teurer macht - und eine Preisbindung wie bisher gibt es nicht mehr. Die Belastung für Heilmittel ist u.U. sogar niedriger als früher. Da waren 15 % zu zahlen, jetzt 10 €/Verordnung und 10 %/Leistung Das heißt, bei Verordnungen für 3 oder 6 mal Krankengymnastik ist es teurer als vor 2004, bei der Verordnung von 20, 30 oder 50 Behandlungen - außerhalb des „Regelfalls“ – ist die Zuzahlung jetzt niedriger. (Anmerkung: Bei Diagnosen wie Querschnittlähmung, Spina bifida, Multiple Sklerose etc. ist die heiß diskutierte „Unterbrechung“ von 6 oder 12 Wochen nicht vorgesehen. Das sollte jeder Arzt wissen!) Ob das nach den positiven Gerichtsurteilen in der Vergangenheit auch für Potenzmittel wie z. B. Viagra zutrifft, ist noch unklar. Zur Zeit werden die Kosten nicht übernommen, aber es laufen derzeit einige Gerichtsverfahren beim BSG zu dieser Frage. Es lohnt sich also, die Presse zu verfolgen. Nach den rückwirkend ab Anfang 2004 geltenden „Krankentransport-Richtlinien“ übernehmen die Kassen die Kosten für Personen, die einen Schwerbehindertenausweis mit den Merkzeichen „aG“, „Bl“ oder „H“ haben oder in der Pflegeversicherung in die Pflegestufe II oder III eingestuft sind. Was gilt für Hilfsmittel? Damit haben Querschnittgelähmte bis auf ganz seltene Ausnahmen einen Anspruch auf Kostenübernahme. Eine Verordnung auf einem speziellen Formular ist nicht erforderlich, wenn ein privates Kraftfahrzeug benutzt wird oder es sich um Fahrten zu ambulanten oder stationären Rehabilitationsmaßnahmen handelt. In solchen Fällen kann die Abrechnung ohne Verordnung im Nachhinein erfolgen. Auch wenn einige Krankenkassen das nicht akzeptieren wollen, haben die Gerichte entsprechend auch für Rehabilitationssport entschieden z.B. Sozialgericht Koblenz AZ S 11 KR 766/03 v. 23.09.2004, Sozialgericht Trier AZS 4 KR 163/04 v. 13.12.2005, Sozialgericht Chemnitz AZ S 11 KR 642/05 v. 18.08.2006. Erstattet werden bei der Fahrt mit dem privaten PKW die gefahrenen Kilometer nach dem Bundesreisekostengesetz (z. Zt. 0,40 Euro/Entfernungskilometer nach dem Bundesreisekostenge- Bei Hilfsmitteln aller Art müssen 10 % Zuzahlungen geleistet werden; mindestens 5 €, maximal 10, jedoch nie mehr, als das Hilfsmittel selbst kostet. Auch hier sind einige Besonderheiten zu berücksichtigen: – Bei Hilfsmitteln, die zum Verbrauch bestimmt sind (z.B. Inkontinenzversorgung) beträgt die maximale Zuzahlung je Indikation (nicht je Artikel oder Packung!) 10 €/Monat – Reparaturen von Hilfsmitteln/Ersatzteile sind keine eigenständigen Hilfsmittel. Es ist deshalb keine Zuzahlung zu leisten (z.B. Rollstuhlbereifung). – Auch Pflegehilfsmittel nach SGB XI (Pflegeversicherung) wie Einmalhandschuhe, Unterlagen etc. zählen nicht unter dieses Gesetz. Es ist keine Zuzahlung zu leisten (siehe dazu den entspr. Beitrag in dieser Broschüre). 58 Regelung der Fahrtkosten setz, also 0,20 Euro je gefahrenem Kilometer). Fr -Anzeige- Fahrten mit dem Taxi oder einem Krankentransportwagen empfiehlt sich zur Vermeidung von Auseinandersetzungen mit der Krankenkasse die Vorlage eines (Dauer-) Beförderungsverordnung durch einen Arzt. In allen anderen Fällen ist zu unterscheiden, ob es sich um eine „ambulante Behandlung“ oder um eine „Rehabilitationsmaßnahme“ handelt. Bei ambulanten Behandlungen wie Arztbesuch, Krankengymnastik etc. oder Fahrten mit dem Taxi oder Fahrdienst wegen eines stationären Krankenhausaufenthalt (nicht mit dem eigenen PKW) muss die Übernahme der Kosten vorher verordnet und genehmigt werden. Bei einer ambulanten oder stationären Rehabilitationsmaßnahme (z.B. Kur) nicht. Außerdem übernehmen die Kassen nach vorheriger Genehmigung alle Fahrten zur Dialysebehandlung, zur onkologischen Strahlentherapie und zur onkologischen Chemotherapie - auch wenn die genannten Voraussetzungen für eine Kostenübernahme nicht erfüllt sind. Dabei handelt es sich - im Gegensatz zu der Auffassung mancher Kassen nur um Beispiele. Es könnten aber auch andere Krankheiten sein, die die regelmäßige Behandlung erforderlich machen. Grundsätzlich gilt für alle vorgenannten Fahrtkosten (mit Ausnahme von Fahrten zum Rehasport, dafür gilt nicht § 60 SGB V, sondern § 53 SGB IX), dass je Fahrt 10 %, mindestens 5 €, maximal 10 € selbst zu tragen sind, so lange man nicht von Zuzahlungen befreit ist. Ein Fehler im Gesetz? Im Gegensatz zu anderen Leistungen gilt diese Fahrtkostenregelung auch bei Kindern und Jugendlichen bis 18 Jahre - jedenfalls bis zum Erreichen der Familienbelastungsgrenze von 1 % bzw. 2 %. Da Kinder jedoch weder bei Arzneimitteln noch bei Krankenhausaufenthalten etc. Zuzahlungen leisten müssen, handelt es sich wohl um einen redaktionellen Fehler im Gesetz, der bei den angekündigten Korrekturen hoffentlich beseitigt wird. Einen „Musterpatienten“ gibt es nicht. Ein Gesetz ohne Auslegungsprobleme noch viel weniger. Deshalb kann dieser Artikel nur wichtige Punkte (nach dem Stand vom 31. 8. 2006) erläutern und klarstellen. Er soll zur Information unserer selbst betroffenen Leser dienen, um ihnen in Gesprächen mit ihren Krankenkassen mehr Sicherheit zu geben, wenn diese, aus welchem Grund auch immer, einen Anspruch „anders beurteilen“. Und das wird sicher geschehen. Denn Krankenkassen sind genauso parteiisch wie der Autor dieses Artikels. Text: Herbert Müller Markt More Mobility Center Neu-Ulm Als bundesweit erster Standort eröffnete das More Mobility Center (MMC) Neu-Ulm 2004 dieses Kompetenzzentrum für Menschen mit eingeschränkter Mobilität. Speziell geschulte Verkäufer, von denen einer selbst im Rollstuhl sitzt, bieten seither interessierten Kunden eine professionelle Beratung sowohl für serienproduzierte Behindertenfahrzeuge, als auch für individuelle Sonderanfertigungen quer durch alle Marken von DaimlerChrysler an. Erklärtes Ziel des MMC ist es, behinderten Menschen durch eine auf ihre persönliche Einschränkung zugeschnittene Fahrzeuglösung ein Mehr an Bewegungsfreiheit zu ermöglichen. Im Mittelpunkt der neuen Ausstellung in der Von-Liebig-Straße 10 stehen Fahrzeuge und Ausbauten für Selbst- und Passivfahrer. Diese werden sowohl in Form von Lösungen renommierter Aufbauhersteller als auch in Gestalt erster werkseitiger Umbauten aus dem Hause DaimlerChrysler angeboten. Der Standort Ulm/Neu-Ulm hat sich mittlerweile als fester Anlaufpunkt in Süddeutschland einen Namen gemacht. Weitere Infos unter: www.mercedes-benz-erleben.de. Weitere Infos von DaimlerChrysler: www.media.daimlerchrysler.com Barrierefrei mit Hilfe von Liften Wird ein Treppenlift zur Aufrechterhaltung der Mobilität benötigt, gibt es von der Pflegeversicherung Zuschüsse bis zu 2 557 €. Kann man noch selbst auf einem Sitz Platz nehmen, ist der Treppen-Sitzlift das geeignete Gerät – z.B. bei modie-trans bereits ab 2 998 € inkl. MWSt. erhältlich. Ist man auf den Rollstuhl angewiesen, gibt es Treppen-Plattformlifte – diese werden ebenfalls konkret angepasst für den Innen- und Außenbereich. Bei einem Treppen-Hängelift mit Rollstuhladaption wird ein Sitz bzw. der Rollstuhl schwebend über die Treppenstufen in die gewünschte Etage befördert. Zu den BehindertenLiften gehören auch Senkrechtaufzüge, die ausschließlich dem Transfer mit oder ohne Rollstuhl und ggf. einer Begleitperson dienen. Beispiel: „Liftboy“ MHP 100 60 Treppen-Hängelift mit Rollstuhladaption Für Höhen bis 2 m gibt es die einfache Hubplattform. Die mobilen Hubplattformen der Serie „Liftboy“ können auf Rollen von einer Person an den Einsatzort gefahren werden – es werden lediglich eine ebene Stellfläche und eine Steckdose benötigt. Die Hub-Plattform der Serie „Liftmaster“ ist mit einer Tür an der unteren Zufahrt ausgestattet, so dass man wie in einem Aufzugschacht fährt. Auch bei diesem Gerät werden lediglich eine ebene Stellfläche sowie der Stromanschluss von 230 Volt benötigt. Mehr Beweglichkeit im häuslichen Bereich Leben bieten Deckenfahr- und Wandlifter, die z.B. zum einfachen Transfer vom Rollstuhl ins Bett oder im sanitären Bereich eingesetzt werden. Mit Dekkenfahrliftern kann man sich frei im Raum bewegen, sie sind leicht durch ein Handbedienteil zu bedienen (Heben und Senken, Fahren in der Schiene). Die Halterung des Wandlifters Phoenix wird an der Wand oder an einem Ständer befestigt, der Schwenkarm mit Antriebseinheit kann mit wenigen Griffen aus der Halterung gelöst Markt und in eine andere Halterung in einem anderen Raum wieder eingeklinkt werden. In Ruhestellung wird der Lifter Platz sparend an die Wand geklappt. Hebegeräte für den häuslichen oder pflegerischen Bedarf werden meist komplett von Kostenträgern übernommen. modie-trans GmbH & Co. KG Mobilitätshilfen für Behinderte Adelsbachstraße 10 b 35216 Biedenkopf-Wallau Tel.: 0 64 61-7 59 78-0 – Fax: -99 www.modie-trans.de Neue Kathetersysteme Gleitmittel oder hydrophile Beschichtung? Mit den neuesten Systemen Liquick® PLUS und SafetyCat® PLUS bietet Medical Service optimale Voraussetzungen für eine sichere und schonende Katheterisierung. Und in beiden Versionen findet sich alles Notwendige bequem in einer Verpackung. Das Liquick® PLUS System ist ein Kathetersystem mit hydrophiler Beschichtung. Durch die integrierte sterile Kochsalzlösung kann ganz auf Gleitmittel verzichtet werden. Die SoftWave-Katheterführung erleichtert das Herausschieben. Durch den integrierten Auffangbeutel eignet sich das System hervorragend für eine Katheterisierung unterwegs, aber auch zu Hause. Bei SafetyCat® PLUS sind Sicherheitskatheter und die Endosgel®-Spritze in einer Verpackung. Beide Kathetersysteme enthalten den einzigar- tigen SafetyCat® Sicherheitskatheter, der über speziell entwickelte SCE-Katheteraugen (SCE = Soft Cat Eye) verfügt, die innen und außen weich abgerundet sind. Die empfindliche Harnröhrenschleimhaut wird geschont und dadurch das Verletzungsrisiko minimiert. Der flexible Ergothan-Kopf des SafetyCat® Sicherheitskatheters folgt der Harnröhre optimal, dadurch kann der Katheter ohne große Druckeinwirkung sicher eingeführt werden. Fragen, kostenlose Produktmuster unter Tel.: 0800 – 403 1001 (kostenfrei). Medical Service GmbH, Luisenstraße 8 75378 Bad Liebenzell E-Mail: [email protected] www.medical-service.de Wilhelm Meyer gestorben Wilhelm Meyer ist im Alter von 66 Jahren nach schwerer Krankheit gestorben. Bis zuletzt war er noch Vorsitzender des Beirates der MEYRA-ORTOPEDIA-Gruppe in Kalletal-Kalldorf. Sein Vater, Wilhelm Meyer sen., hatte 1936 in Vlotho eine kleine Werkstatt gegründet, in der Krankenfahrzeuge und der erste Krankenstuhl konstruiert wurden. In den Sechzigern beschäftigte MEYRA bereits über 300 Mitarbeiter. Mit Wilhelm Meyer wurde die zweite Generation aktiv im Einsatz für das aufstrebende Unternehmen. In Kalldorf entstanden auf 30 000 qm Produktion, Verwaltung, Lager, Versorgung und Sozialräume. 1993 erwarb MEYRA die Firma ORTOPEDIA aus Kiel. Wilhelm Meyer hat in 40 Jahren für das Unternehmen mit Kompetenz und menschlicher Wärme Außerordentliches bewegt. Sein Sohn Frank Meyer führt nun als geschäftsführender Gesellschafter in dritter Generation verantwortlich das Unternehmen. 61 Richtlinien Arzneimittel-Richtlinien § (aus BAnz. Nr. 65 (S. 5416) vom 7. 4. 2005) F. Gesetzliche Verordnungsausschlüsse bei der Arzneimittelversorgung und zugelassene Ausnahmen 16. 16.1 16.2 16.3 16.4 16.4.1 Apothekenpflichtige nicht verschreibungspflichtige Arzneimittel gemäß § 34 Abs. 1 Satz 2 SGB V Apothekenpflichtige nicht verschreibungspflichtige Arzneimittel sind von der Versorgung nach § 31 SGB V ausgeschlossen. Die Verordnung dieser Arzneimittel ist nach § 34 Abs. 1 Satz 2 ausnahmsweise zulässig, wenn die Arzneimittel bei der Behandlung schwerwiegender Erkrankungen als Therapiestandard gelten. Eine Krankheit ist schwerwiegend, wenn sie lebensbedrohlich ist oder wenn sie aufgrund der Schwere der durch sie verursachten Gesundheitsstörung die Lebensqualität auf Dauer nachhaltig beeinträchtigt. Ein Arzneimittel gilt als Therapiestandard, wenn der therapeutische Nutzen zur Behandlung der schwerwiegenden Erkrankung dem allgemein anerkannten Stand der medizinischen Erkenntnisse entspricht. Schwerwiegende Erkrankungen und Standardtherapeutika zu deren Behandlung sind: Abführmittel nur zur Behandlung von Erkrankungen im Zusammenhang mit Tumorleiden, Megacolon, Divertikulose, Divertikulitis, Mukoviszidose, neurogener Darmlähmung, vor diagnostischen Eingriffen, bei phosphatbindender Medikation bei chronischer Niereninsuffizienz, Opiat-sowie Opioidtherapie und in der Terminalphase. 62 16.4.2 16.4.3 16.4.4 16.4.5 16.4.6 16.4.7 16.4.8 16.4.9 Acetylsalicylsäure (bis 300 mg/ Dosiseinheit) als Thrombozyten- Aggregationshemmer in der Nachsorge von Herzinfarkt und Schlaganfall sowie nach arteriellen Eingriffen Acetylsalicylsäure und Paracetamol nur zur Behandlung schwerer und schwerster Schmerzen in Co-Medikation mit Opioiden Acidosetherapeutika nur zur Behandlung von dialysepflichtiger Nephropathie und chronischer Niereninsuffizienz sowie bei Neoblase Antihistaminika − nur in Notfallsets zur Behandlung bei Bienen-, Wespen-, HornissengiftAllergien, − nur zur Behandlung schwerer, rezidivierender Urticarien − nur bei schwerwiegendem, anhaltendem Pruritus Antimykotika nur zur Behandlung von Pilzinfektionen im Mund- und Rachenraum. Antiseptika und Gleitmittel nur für Patienten mit Selbstkatheterisierung. Arzneistofffreie Injektions/Infusions-, Träger- und Elektrolytlösungen. Calciumverbindungen (mind. 300 mg Calcium-Ion/ Dosiereinheit) und Vitamin D (freie oder fixe Kombination). − nur zur Behandlung der manifesten Osteoporose − nurzeitgleichzurSteroidtherapiebei Erkrankungen, die voraussichtlich einer mindestens sechsmonatigen § Steroidtherapie in einer Dosis von wenigstens 7,5 mg Prednisolonäquivalent bedürfen − bei Bisphosphonat- Behandlung gemäß Angabe in der jeweiligen Fachinformation bei zwingender Notwendigkeit. 16.4.10 Calciumverbindungen als Monopräparate nur − bei Pseudohypo- und Hypoparathyreodismus − bei Bisphosphonat-Behandlung gemäß Angabe in der jeweiligen Fachinformation bei zwingender Notwendigkeit. 16.4.11 nicht besetzt 16.4.12 Citrate nur zur Behandlung von Harnkonkrementen. -Anzeige- Richtlinien 16.4.13 E. coli Stamm Nissle 1917 nur zur Behandlung der Colitis ulcerosa in der Remissionsphase bei Unverträglichkeit von Mesalazin 16.4.14 Eisen-(II)-Verbindungen nur zur Behandlung von gesicherter Eisenmangelanaemie. 16.4.15 Flohsamenschalen nur zur unterstützenden Quellmittel-Behandlung bei Morbus Crohn, Kurzdarmsyndrom und HIV assoziierter Diarrhoen. 16.4.16 Folsäure und Folinate nur bei Therapie mit Folsäureantagonisten sowie zur Behandlung des kolorektalen Karzinoms. 16.4.17 Gingko biloba blätter-Extrakt (AcetonWasser-Auszug, standardisiert) nur zur Behandlung der Demenz. -Anzeige- Richtlinien § 16.4.18 Hypericum perforatum-Extrakt (hydroalkoholischer Extrakt, mind. 300 mg pro Applikationsform) nur zur Behandlung mittelschwerer depressiver Episoden. 16.4.19 Iodid nur zur Behandlung von Schilddrüsenerkrankungen. 16.4.20 Iod-Verbindungen nur zur Behandlung von Ulcera und Dekubitalgeschwüren. 16.4.21 Kaliumverbindungen als Monopräparate nur zur Behandlung der Hypokaliaemie. 16.4.22 Lactulose und Lactitol nur zur Senkung der enteralen Ammoniak-resorption bei Leberversagen im Zusammenhang mit der hepatischen Enzephalopathie. 16.4.23 Lösungen und Emulsionen zur parenteralen Ernährung einschließlich der notwendigen Vitamine und Spurenelemente. 16.4.24 Magnesiumverbindungen, oral, nur bei angeborenen Magnesiumverlusterkrankungen. 16.4.25 Magnesiumverbindungen, parenteral, nur zur Behandlung bei nachgewiesen-em Magnesiummangel und zur Behand-lung bei erhöhtem Eklampsierisiko. 16.4.26 Metixenhydrochlorid nur zur Behandlung des Parkinson-Syndroms. 16.4.27 Mistel-Präparate, parenteral, auf Mistellektin normiert, nur in der palliativen Therapie von malignen Tumoren zur Verbesserung der Lebensqualität. 16.4.28 Niclosamid nur zur Behandlung von Bandwurmbefall . 16.4.29 Nystatin nur zur Behandlung von Mykosen bei immunsupprimierten Patienten. 16.4.30 Ornithinaspartat nur zur Behandlung des hepatischen (Prae-) Coma und der episodischen, hepatischen Enzephalopathie . 64 16.4.31 Pankreasenzyme nur zur Behandlung chronischer, exokriner Pankreasinsuffizienz oder Mukoviszidose. 16.4.32 Phosphatbinder nur zur Behandlung der Hyperphosphatämie bei chronischer Niereninsuffizienz und Dialyse 16.4.33 Phosphatverbindungen bei Hypophosphatämie, die durch eine entsprechende Ernährung nicht behoben werden kann. 16.4.34 Salicylsäurehaltige Zubereitungen in der Dermatotherapie als Teil der Behandlung der Psoriasis und hyperkeratotischer Ekzeme. 16.4.35 Synthetischer Speichel nur zur Behandlung krankheitsbedingter Mundtrockenheit bei rheumatischen oder onkologischen Erkrankungen. 16.4.36 Synthetische Tränenflüssigkeit bei Sjögren-Syndrom mit deutlichen Funktionsstörungen des Grades 2, Epidermolysis bullosa, occulärem Pemphigoid, Fehlen oder Schädigung der Tränendrüse, Fazialisparese oder bei Lagophthalmus. 16.4.37 Vitamin K als Monopräparate nur bei nachgewiesenem, schwerwiegendem Vitaminmangel, der durch eine entsprechende Ernährung nicht behoben werden kann. 16.4.38 Wasserlösliche Vitamine auch in Kombinationen nur bei der Dialyse. 16.4.39 Wasserlösliche Vitamine, Benfotiamin und Folsäure als Monopräparate nur bei nachgewiesenem, schwerwiegendem Vitaminmangel, der durch eine entsprechende Ernährung nicht behoben werden kann (Folsäure: 5 mg/ Dosiseinheit). 16.4.40 Zinkverbindungen als Monopräparat nur zur Behandlung der enteropathischen Akrodermatitis und durch § Richtlinien Haemodialysebehandlung bedingten nachgewiesenen Zinkmangel sowie zur Hemmung der Kupferaufnahme bei Morbus Wilson. 16.4.41 Arzneimittel zur sofortigen Anwendung − Antidote bei akuten Vergiftungen − Lokalanaesthetika zur Injektion − Apothekenpflichtige nicht verschreibungspflichtige Arzneimittel, die im Rahmen der ärztlichen Behandlung zur sofortigen Anwendung in der Praxis verfügbar sein müssen, können verordnet werden, wenn entsprechendeVereinbarungenzwischen den Verbänden der Krankenkassen und den Kassenärztlichen Vereinigungen getroffen werden. 16.4.42 Topische Anästhetika und/ oder Antiseptika nur zur Selbstbehandlung schwerwiegender generalisierter blasenbildender Hauterkrankungen (z.B. Epidermolysis bullosa, hereditaria; Pemphigus). 16.4.43 L- Methionin nur zur Vermeidung der Steinneubildung bei Phosphatsteinen bei neurogener Blasenlähmung, wenn Ernährungsempfehlungen und Blasenentleerungstraining erfolglos geblieben sind. 16.5 Für die in diesen Richtlinien im Abschnitt F aufgeführten Indikationsgebiete kann der Arzt bei schwerwiegenden Erkrankungen auch Arzneimittel der Anthroposophie und Homöopathie verordnen, sofern die Anwendung dieser Arzneimittel für diese Indikationsgebiete nach dem Erkenntnisstand als Therapiestandard in der jeweiligen Therapierichtung angezeigt ist. Der Arzt hat zur Begründung der Verordnung die zugrunde liegende Diagnose 16.6 16.7 -Anzeige- in der Patientendokumentation aufzuzeichnen. Die Verordnung der Arzneimittel in den zugelassenen Fällen, ist in der ärztlichen Dokumentation durch Angabe der entsprechenden Diagnose zu begründen. Die Vorschriften in Nr.16.1 bis 6 regeln abschließend, unter welchen Voraussetzungen nicht verschreibungspflichtige Arzneimittel Richtlinien 16.8 16.9 17.1 66 § zu Lasten der gesetzlichen Krankenversicherung verordnungsfähig sind. Insoweit finden die Vorschriften anderer Abschnitte der Arzneimittel-Richtlinien, insbesondere die Vorschriften der Nr. 20 ff. der Arzneimittel-Richtlinien, keine Anwendung. Die Verpflichtung des Vertragsarztes zur wirtschaftlichen Verordnungsweise von nicht verschreibungspflichtigen Arzneimitteln bleibt von diesen Regelungen unberührt. Der Vertragsarzt soll nicht verschreibungspflichtige Arzneimittel zu Lasten des Versicherten verordnen, wenn sie zur Behandlung einer Erkrankung medizinisch notwendig, zweckmäßig und ausreichend sind. In diesen Fällen kann die Verordnung eines verschreibungspflichtigen Arzneimittels unwirtschaftlich sein. Die Regelungen in Nr. 16.1 bis 8 gelten nicht für versicherte Kinder bis zum vollendeten 12. Lebensjahr und versicherte Jugendliche bis zum vollendeten 18. Lebensjahr mit Entwicklungsstörungen. 17. Verschreibungspflichtige Arzneimittel gemäß § 34 Abs.1 Satz 6 SGB V Folgende verschreibungspflichtige Arzneimittel sind nach § 34 Abs. 1 SGB V bei Versicherten, die das 18. Lebensjahr vollendet haben, von der Versorgung ausgeschlossen: Arzneimittel zur Anwendung bei Erkältungskrankheiten und grippalen Infekten einschließlich der bei diesen Krankheiten anzuwendenden Schnupfenmittel, Schmerzmittel, hustendämpfenden und hustenlösenden Mittel, sofern es sich um geringfügige Gesundheitsstörungen handelt. 17.2 17.3 17.4 18. 18.1 Mund-undRachentherapeutika,ausgenommen bei Pilzinfektionen, geschwürigen Erkrankungen der Mundhöhle und nach chirurgischen Eingriffen im Hals-, Nasen-, Ohrenbereich. Abführmittel außer zur Behandlung von Erkrankungen z.B. im Zusammenhang mit Tumorleiden, Megacolon, Divertikulose, Divertikulitis, Mukoviszidose, neurogener Darmlähmung, vor diagnostischen Eingriffen, bei phosphat-bindender Medikation bei chronischer Niereninsuffizienz, bei der Opiat- sowie Opioidtherapie und in der Terminalphase. Arzneimittel gegen Reisekrankheit (unberührt bleibt die Anwendung gegen Erbrechen bei Tumortherapie und anderen Erkrankungen z.B. Menièrescher Symptom-komplex). Arzneimittel zur Erhöhung der Lebensqualität gemäß § 34 Abs.1 Satz 7 SGB V Arzneimittel, bei deren Anwendung eine Erhöhung der Lebensqualität im Vordergrund steht, sind von der Versorgung ausgeschlossen. Dies sind Arz-neimittel, deren Einsatz im Wesentlichen durch die private Lebensführung bedingt ist oder die aufgrund ihrer Zweckbestimmung insbesondere − nicht oder nicht ausschließlich zur Behandlung von Krankheiten dienen, − zur individuellen Bedürfnisbefriedigung oder zur Aufwertung des Selbstwertgefühls dienen, − zur Behandlung von Befunden angewandt werden, die lediglich Folge natürlicher Alterungsprozesse sind und deren Behandlung medizinisch nicht notwendig ist oder 18.2 18.3 -Anzeige- § − zur Anwendung bei kosmetischen Befunden angewandt werden, deren Behandlung in der Regel medizinisch nicht notwendig ist. Ausgeschlossen sind insbesondere Arzneimittel, die überwiegend zur Behandlung der erektilen Dysfunktion, der Anreizung sowie Steigerung der sexuellen Potenz, zur Raucherentwöhnung, zur Abmagerung oder zur Zügelung des Appetits, zur Regulierung des Körpergewichts oder zur Verbesserung des Haarwuchses dienen. Die nach Nr.18.2 ausgeschlossenen Fertigarzneimittel sind in einer Übersicht als Anlage 8 der Arzneimittel-Richtlinien zusammengestellt. 19. Richtlinien Verordnungsausschluss aufgrund der Rechtsverordnung nach § 34 Abs. 3 SGB V Arzneimittel, welche aufgrund von § 34 Abs. 3 SGB V durch die Rechtsverordnung vom 21.2.1990 in der jeweils aktuellen Fassung als „unwirtschaftliche Arzneimittel“ von der Leistungspflicht ausgeschlossen sind (so genannte Negativliste). Dies sind Arzneimittel, die für das Therapieziel oder zur Minderung von Risiken nicht erforderliche Bestandteile enthalten oder deren Wirkungen wegen der Vielzahl der enthaltenen Wirkstoffe nicht mit ausreichender Sicherheit beurteilt werden können oder deren therapeutischer Nutzen nicht nachgewiesen ist. Richtlinien § Krankentransport-Richtlinien § (aus BAnz. Nr. 18 (S. 5416) vom 28. 1. 2004) Inhaltsverzeichnis §1 §2 §3 §4 §5 §6 §7 §8 Allgemeines Verordnung Notwendigkeit der Beförderung Auswahl des Beförderungsmittels Rettungsfahrten Krankentransporte Krankenfahrten Ausnahmefälle für Krankenfahrten zur ambulanten Behandlung § 9 Genehmigung § 10 Information des Versicherten § 11 Überprüfung der Richtlinien § 12 Inkrafttreten Anlage 1: „Inhalt der Verordnung“ Anlage 2: „Ausnahmefälle nach § 8 der Richtlinien“ 1 § 68 § 1 Allgemeines (1) Diese Richtlinien gemäß § 92 Abs.1 SGB V regeln die Verordnung von Krankenfahrten, Krankentransporten und Rettungsfahrten in der vertragsärztlichen Versorgung. Die Leistungen sind nach § 73 Abs. 2 Nr. 7 SGB V vom Vertragsarzt zu verordnen. (2) Gesetzliche Grundlage für die Kostenübernahme von Krankenbeförderungsleistungen ist § 60 SGB V. § 2 Verordnung (1) Für die Verordnung einer Krankenbeförderungsleistung hat der Vertragsarzt – die Notwendigkeit der Beförderung nach § 3 zu prüfen und – das erforderliche Transportmittel nach Maßgabe der §§ 4 bis 7 auszuwählen. (2) (3) (4) Die Verordnung ist auf dem vereinbarten Vordruck auszustellen. Die Inhalte der Verordnung sind in Anlage 1 geregelt. Der Vertragsarzt soll die Verordnung vor der Beförderung ausstellen. In Notfällen kann er nachträglich verordnen. Ein Notfall liegt vor, wenn sich der Versicherte in Lebensgefahr befindet oder schwere gesundheitliche Schäden zu befürchten sind, wenn er nicht unverzüglich die erforderliche medizinische Versorgung erhält. Bei Fahrten mit dem privaten Kraftfahrzeug oder mit einem öffentlichen Verkehrsmittel ist eine Verordnung nicht erforderlich. Für die Fahrten zu ambulanten oder stationären Rehabilitationsmaßnahmen ist ebenfalls keine Verordnung auszustellen, sondern der Versicherte zur Klärung der An- und Abreise direkt an seine Krankenkasse zu verweisen. § 3 Notwendigkeit der Beförderung (1) Voraussetzung für die Verordnung von Beförderungsleistungen ist, dass die Fahrt im Zusammenhang mit einer Leistung der Krankenkasse zwingend medizinisch notwendig ist. Der zwingende medizinische Grund ist auf der Verordnung anzugeben. Eine Verordnung zum Abstimmen von Terminen, Erfragen von Befunden, Abholen von Verordnungen ist unzulässig. (2) Notwendig im Zusammenhang mit einer Leistung der Krankenkasse sind in der Regel nur die Fahrten auf dem direkten Weg zwischen dem jeweiligen Aufenthaltsort des Versicherten und der nächst erreich- Richtlinien baren geeigneten Behandlungsmöglichkeit. Die Notwendigkeit der Beförderung ist für den Hin- und Rückweg gesondert zu prüfen. § 4 Auswahl des Beförderungsmittels Maßgeblich für die Auswahl des Beförderungsmittels gemäß der §§ 5 bis 7 ist ausschließlich die zwingende medizinische Notwendigkeit im Einzelfall unter Beachtung des Wirtschaftlichkeitsgebots. Für die Auswahlentscheidung ist deshalb insbesondere der aktuelle Gesundheitszustand des Versicherten und seine Gehfähigkeit zu berücksichtigen. § 5 Rettungsfahrten (1) Der Versicherte bedarf einer Rettungsfahrt, wenn er aufgrund seines Zustands -Anzeige- (2) (3) mit einem qualifizierten Rettungsmittel (Rettungswagen, Notarztwagen, Rettungshubschrauber) befördert werden muss oder der Eintritt eines derartigen Zustands während des Transports zu erwarten ist. Rettungswagen (RTW) sind für Notfallpatienten zu verordnen, die vor und während des Transportes neben den Erste-Hilfe-Maßnahmen auch zusätzlicher Maßnahmen bedürfen, die geeignet sind, die vitalen Funktionen aufrecht zu erhalten oder wieder herzustellen. Notarztwagen (NAW) sind für Notfallpatienten zu verordnen, bei denen vor oder während des Transportes lebensrettende Sofortmaßnahmen durchzuführen oder zu erwarten sind, für die ein Notarzt erforderlich ist. Dies gilt entsprechend -Anzeige- § Richtlinien § (4) (5) § 70 für die Verordnung von Notarzteinsatzfahrzeugen (NEF). Rettungshubschrauber (RTH) sind zu verordnen, wenn ein schneller Transport des Patienten mit einem bodengebundenen Rettungsmittel nicht ausreichend ist. Darüber hinaus sind Rettungshubschrauber anzufordern, wenn eine schnellere Heranführung des Notarztes an den Notfallort zur Durchführung lebensrettender Maßnahmen oder zur Herstellung der Transportfähigkeit des Patienten mit dem jeweils geeigneten Transportmittel notwendig ist. Rettungswagen, Notarztwagen, Notarzteinsatzfahrzeuge und Rettungshubschrauber sind über die örtlich zuständige Rettungsleitstelle anzufordern. gilt nicht für Fahrten zu einer vor- oder nachstationären Behandlung gemäß § 115 a SGB V oder zu einer ambulanten Operation gemäß § 115 b SGB V. § § 6 Krankentransporte (1) Ein Krankentransport kann verordnet werden, wenn der Versicherte während der Fahrt einer fachlichen Betreuung oder der besonderen Einrichtungen des Krankentransportwagens (KTW) bedarf oder deren Erforderlichkeit aufgrund seines Zustandes zu erwarten ist. Die fachliche Betreuung in Krankentransportwagen wird nach den maßgeblichen landesrechtlichen Vorschriften durch qualifiziertes nichtärztliches Personal gewährleistet. Die medizinischtechnische Einrichtung ist auf die Beförderung von Nicht-Notfallpatienten ausgelegt. (2) Der Krankentransport soll auch dann verordnet werden, wenn dadurch die Übertragung schwerer, ansteckender Krankheiten der Versicherten vermieden werden kann. (3) Krankentransporte zur ambulanten Behandlung bedürfen der vorherigen Genehmigung durch die Krankenkasse. Dies § 7 Krankenfahrten (1) Krankenfahrten sind Fahrten, die mit öffentlichen Verkehrsmitteln, privaten Kraftfahrzeugen, Mietwagen oder Taxen durchgeführt werden. Zu den Mietwagen zählen z. B. auch Wagen mit behindertengerechter Einrichtung zur Beförderung von Rollstuhlfahrern. Eine medizinischfachliche Betreuung des Versicherten findet in diesen Fällen nicht statt. (2) Die Verordnung einer Krankenfahrt mit einem Taxi oder Mietwagen ist zulässig, bei a) Fahrten zu Leistungen, die stationär erbracht werden (§ 60 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 SGB V), b) Fahrten zu einer vor- oder nachstationären Behandlung gemäß § 115 a SGB V, wenn dadurch eine aus medizinischer Sicht gebotene vollstationäre oder teilstationäre Krankenhausbehandlung verkürzt oder vermieden werden kann, c) Fahrten zu einer ambulanten Operation gemäß § 115 b SGB V im Krankenhaus oder in der Vertragsarztpraxis mit im Zusammenhang mit dieser Operation erfolgender Vor- oder Nachbehandlung. Einzelheiten zu den Regelungen zu b) und c) sind in § 60 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4 SGB V i. V. m. §§ 115 a und 115 b SGB V und den darauf beruhenden Vereinbarungen einschließlich dem gem. § 115 b Abs. 1 SGB V gültigen Katalog geregelt. (3) Die Krankenfahrt mit einem Mietwagen oder einem Taxi ist nur dann zu verordnen, (4) (5) -Anzeige- § wenn der Versicherte aus zwingenden medizinischen Gründen öffentliche Verkehrsmittel oder ein privates Kraftfahrzeug nicht benutzen kann. Kann der Versicherte mit einem privaten Kraftfahrzeug oder öffentlichen Verkehrsmitteln fahren, stellt der Vertragsarzt in den Fällen des Absatzes 2 Buchstabe c und des § 8 keine Verordnung, aber auf Wunsch des Versicherten eine Anwesenheitsbescheinigung zur Vorlage bei seiner Krankenkasse aus. Falls mehrere Patienten gleichzeitig zum selben Ziel gefahren werden müssen, hat der Vertragsarzt je Patient eine Sammelfahrt unter Angabe der Patientenzahl zu verordnen, sofern keine medizinischen Gründe dagegen stehen. Richtlinien § 8 Ausnahmefälle für Krankenfahrten zur ambulanten Behandlung (1) In besonderen Ausnahmefällen können auch Fahrten zur ambulanten Behandlung außer der in § 7 Abs. 2 Buchstaben b) und c) geregelten Fälle bei zwingender medizinischer Notwendigkeit von der Krankenkasse übernommen und vom Vertragsarzt verordnet werden. Sie bedürfen der vorherigen Genehmigung durch die Krankenkasse. (2) Voraussetzungen für eine Verordnung und eine Genehmigung sind, – dass der Patient mit einem durch die Grunderkrankung vorgegebenen Therapieschema behandelt wird, das eine hohe Behandlungsfrequenz über einen längeren Zeitraum aufweist, § Richtlinien § (3) (4) § 72 § und – dass diese Behandlung oder der zu dieser Behandlung führende Krankheitsverlauf den Patienten in einer Weise beeinträchtigt, dass eine Beförderung zur Vermeidung von Schaden an Leib und Leben unerlässlich ist. Diese Voraussetzungen sind in den in Anlage 2 dieser Richtlinien genannten Ausnahmefällen in der Regel erfüllt. Diese Liste ist nicht abschließend. Daneben kann die Fahrt zur ambulanten Behandlung für Versicherte verordnet und genehmigt werden, die einen Schwerbehindertenausweis mit dem Merkzeichen “aG“, “Bl“ oder “H“ oder einen Einstufungsbescheid gemäß SGB XI in die Pflegestufe 2 oder 3 bei der Verordnung vorlegen. Die Krankenkassen genehmigen auf ärztliche Verordnung Fahrten zur ambulanten Behandlung von Versicherten, die keinen Nachweis nach Satz 1 besitzen, wenn diese von einer der Kriterien von Satz 1 vergleichbaren Beeinträchtigung der Mobilität betroffen sind und einer ambulanten Behandlung über einen längeren Zeitraum bedürfen. Die zwingende medizinische Notwendigkeit einer Verordnung der Fahrt und des Beförderungsmittels ist zu begründen. Fahrten zum Abstimmen von Terminen, Erfragen von Befunden, Abholen von Rezepten etc. sind keine Krankenkassenleistung. § 9 Genehmigung Fahrten nach § 6 Abs. 3 sowie § 8 dieser Richtlinienbedürfen einer vorherigen Genehmigung durch die Krankenkasse. Genehmigungspflichtige Verordnungen sind der Krankenkasse frühzeitig vorzulegen. Dauer und Umfang (z. B. Transportmittel, Hin- und Rückfahrt) der Genehmigung werden von der Krankenkasse festgelegt. § 10 Information des Versicherten Der Versicherte soll darüber unterrichtet werden, dass seine Zuzahlung gemäß § 61 Satz 1 SGB V grundsätzlich zehn von Hundert der Kosten je Fahrt – mindestens jedoch 5 Euro und höchstens 10 Euro, allerdings jeweils nicht mehr als die Kosten der Fahrt – beträgt. Nur Versicherte, deren Zuzahlungen die Belastungsgrenze nach § 62 SGB V überschritten haben, sind bei Vorlage einer entsprechenden Bescheinigung der Krankenkasse für den Rest des Kalenderjahres von weiteren Zuzahlungen befreit. § 11 Überprüfung der Richtlinien Die Auswirkungen dieser Richtlinien werden bis zum 31.12.2004 überprüft. § 12 Inkrafttreten Diese Richtlinien treten mit Wirkung vom 01. Januar 2004 in Kraft. Bonn, den 22.01.2004; Gemeinsamer Bundesausschuss; Der Vorsitzende, Dr. Hess Anlage 1: Inhalt der Verordnung In der Verordnung hat der Vertragsarzt insbesondere anzugeben: 1. Das medizinisch notwendige Transportmittel 2. Die Begründung der zwingenden medizinischen Notwendigkeit unter Angabe des Diagnoseschlüssels nach ICD 10 3. Die Hauptleistung der Krankenkasse, für die der Transport als Nebenleistung erbracht wird: – vollstationäre Leistung – vor- oder nachstationäre Behandlung im Krankenhaus unter Angabe der Behandlungsdaten (bei Organtransplantationen mit Angabe des Datums der Transplantation) Richtlinien – – 4. 5. 6. 7. -Anzeige- § teilstationäre Leistung ambulante Behandlung im Krankenhaus – ambulante Behandlung in der Vertragsarztpraxis – Vor- und Nachbehandlung bei ambulanter Operation unter Angabe der Behandlungsdaten – ambulante Operation mit Angabe des Datums der Operation Ausgangsort: – Wohnung – Arztpraxis – Krankenhaus – sonstiger Ausgangsort mit entsprechender Angabe Zielort: – Wohnung – Arztpraxis – Krankenhaus – sonstiger Zielort mit entsprechender Angabe Art des Transportes: – Sammelfahrt ja/nein; Anzahl der Mitfahrer – Wartezeit ja/nein; Dauer der Wartezeit Mitteilung von Krankheitsursachen und drittverursachten Gesundheitsschäden (§ 294 a SGB V): 8. 9. Anhaltspunkte für: – Arbeitsunfall / -folgen, – sonstiger Unfall, sonstige Unfallfolgen – Berufskrankheit – Versorgungsleiden (u.a. BVG) – Gewaltanwendung – Sonstiges besonders anzugebende Leistungen: – Zeitraum bei Serienverordnung gemäß § 8 der Richtlinie – erforderliche Ausstattung bei Krankenfahrten (z. B. rollstuhlgerechte Vorrichtung) - erforderliche Betreuung während des Transports (notärztlich, fachlich, Trageleistung etc.) bei Fahrten zur ambulanten Behandlung Angabe des Ausnahmefalles gemäß § 8 Anlage 2: Ausnahmefälle nach § 8 der Richtlinien Ausnahmefälle gemäß § 8 sind in der Regel: - Dialysebehandlung - onkologische Strahlentherapie - onkologische Chemotherapie § § § Impressum Fördergemeinschaft der Querschnittgelähmten in Deutschland e.V. Vorstand Erster Vorsitzender: Prof. Dr. med. Hans Jürgen Gerner Stellvertretender Vorsitzender: Christian Joachimi Schatzmeister: Franz Kniel Schriftführer: Peter Mand Beisitzer: Jürgen Buchholz, Jörg Schmekel Sekretariat Silcherstraße 15 67591 Mölsheim Tel.: 0 62 43-52 56 E-Mail: fgq-moelsheim.de Internet. www.fgq.de Arbeitsgemeinschaften (ARGE) Ambulante Dienste Milan Kadlec Bornberg 94 42109 Wuppertal Tel.: 02 02-45-02 71, Fax: -39 42 E-Mail: [email protected] Bauen & Umwelt Dipl. Ing. Dirk Michalski Im Hohnsiefen 1 53819 Neunkirchen-Seelscheid Tel.: 0 22 47-60 70 E-Mail: [email protected] Internet: www.DirkMichalski.de FGQ-Rechtsbeistand im Sozialrecht Herbert Müller Freiherr-vom-Stein-Straße 47 56566 Neuwied-Engers Tel.: 0 26 22-88 96-32; Fax -36 E-Mail: [email protected] Öffentlichkeitsarbeit Kevin Schultes Radsäcker 9 69234 Dielheim / Unterhof Tel.: 0 62 22-77 23 13 E-Mail: [email protected] Recht Gottfried Weller Oliver Negele Dr. Loeffelladstr. 127 86609 Donauwörth Tel.: 09 06-83 34; Fax: 9 99 97 16 [email protected] Schmerz bei Querschnittlähmung Kirstin Glatz & Chris Bartholmeß Sonnenweg 2 99444 Blankenhain Tel.: 03 64 59-4 25 02 E-Mail: [email protected] Schule & Studium Karen Fischer Tel.: 02 31-75 97 55 E-Mail: [email protected] Urlaub Pia & Jürgen Buchholz Weißenportz 20 c 53804 Much Tel.: 0 22 45-60-08 45, Fax: -03 70 E-Mail: [email protected] Internet: www.argeurlaub.de Broschüren Im Sekretariat sind außer dieser noch folgende Broschüren erhältlich: „FGQINFO“ (mit Stützpunkten und Ansprechpartnern), „Familie & Partnerschaft“, „Gesundheit“ und „Wohnen“. 74 IMPRESSUM Herausgeber Fördergemeinschaft der Querschnittgelähmten in Deutschland e.V. Silcherstraße 15, 67591 Mölsheim Telefon (0 62 43) 52 55 Telefax (0 62 43) 905 920 [email protected] www.fgq.de Spendenkonto Deutsche Bank Ludwigshafen Kontonr. 0 179 200 BLZ 545 700 94 Mildtätigkeit anerkannt beim Finanzamt Worms Aktenzeichen: GEM 44.0237 HUMANIS Verlag für Gesundheit GmbH Silcherstraße 15 D-67591 Mölsheim Telefon (0 62 43) 900 704 Telefax (0 62 43) 903 569 [email protected] www.humanis-verlag.de Verlagsleitung Roger Kniel Marketingleitung Gisela Werner Anzeigenbetreuung Rolf Schneider Layout Yvonne Stalter Redaktionsleitung Peter Mand Mitarbeit Herbert Müller, RA Jörg Hackstein, RA Dr. Heike Bennemann, Gottfried Weller, RA Oliver Negele. Der gesamte Inhalt der Broschüre ist urheberrechtlich geschützt, jede unzulässige Verwertung ohne Zustimmung des Verlages wird verfolgt. Druck NINO Druck GmbH Im Altenschemel 21 D-67435 Neustadt/Weinstraße Telefon (0 63 27) 97 43-0 Telefax (0 63 27) 97 43-33 [email protected] www.ninodruck.de FGQ REcht 2006/2007