Recht im Alltag

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Recht im Alltag
2006 / 2007
FGQ
FÖRDERGEMEINSCHAFT DER QUERSCHNITTGELÄHMTEN IN DEUTSCHLAND e.V.
Recht im Alltag
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18. - 21. Okt. 2006
Halle: 03
Stand-Nr.: E54
Editorial
Liebe Leserin, lieber Leser,
früher war alles viel einfacher. Hatte man ein
Problem, ging man zum zuständigen Sachbearbeiter bei der Krankenkasse, dem Sozialamt,
der Berufsgenossenschaft oder man rief einfach
dort an. Im persönlichen Gespräch konnten
so die meisten Probleme gelöst werden, man
kannte sich und wusste um die Probleme und
Möglichkeiten. Das ist leider schon lange her.
Durch Zentralisierungen, Zusammenschlüsse,
neue Gesetze und Verordnungen und vor allem
auch, weil alle weniger Geld in der Kasse haben,
wird es immer schwieriger, einen eigentlich vorhandenen Anspruch durchzusetzen.
In vielen Fällen wird zuerst einmal abgelehnt,
ohne überhaupt zu prüfen, ob es einen Ablehnungsgrund gibt – in der leider oft berechtigten Erwartung, dass der Patient resigniert
und die Kosten selbst übernimmt oder auf die
Anschaffung eines eigentlich benötigten Hilfsmittels verzichtet. Aus den Kostenzusagen z.B.
der Krankenkassen, die eigentlich für ihre Mitglieder da sein sollten und nicht umgekehrt,
sind fast behördliche Hoheitsakte geworden.
Die Mitarbeiter des Medizinischen Dienstes der
Krankenkassen, die laut Gesetz nur dem eigenen Gewissen verpflichtet sein sollten, erstellen
überwiegend kassenfreundliche Gutachten, die
der gerichtlichen Überprüfung fast ausnahmslos nicht standhalten. Aus Angst vor Regressansprüchen weigern sich Ärzte, Verordnungen für
dringend benötigte Arzneimittel oder Heilmittel wie Krankengymnastik auszustellen. Selbst
offensichtliche Gesetzesverstöße, Zitate von
nicht existierenden Aktenzeichen oder nicht
vorhandene Gutachten werden bei Auseinandersetzungen so lange verteidigt, bis man das
Gegenteil bewiesen bekommt.
Der 25. Geburtstag der Fördergemeinschaft der
Querschnittgelähmten in Deutschland e.V. war
uns ein willkommener Anlass diese Broschüre
zu erstellen, überwiegend unter dem Gesichtspunkt der FGQ als Selbsthilfeorganisation querschnittgelähmter Menschen. Aber auch andere
behinderte Menschen werden nützliche Informationen darin finden. Natürlich kann diese
Sammlung keine Rechtsbibliothek ersetzen. Sie
Bitte besuchen Sie uns auf der
REHACARE am Stand 4 B 17
soll auch kein Allzwecknachschlagewerk sein.
Sie soll diejenigen unterstützen, die sich
nicht unterkriegen lassen und ihre Rechtsansprüche weiter durchsetzen werden. Sie soll
auch zeigen, dass es keinen Grund gibt, zu resignieren und auf gesundheitlich und oft auch
finanziell wichtige Ansprüche zu verzichten.
Dabei haben wir versucht, die für viele schweroder unverständliche Sprache der Juristen und
Gesetze in „Deutsch für Jedermann“ zu übersetzen und vor allem Klartext zu reden. Denn
von unverbindlichen Auskünften mit „Wenn“,
„Möglicherweise“ oder „Unter Umständen“ hat
keiner etwas.
Eine große und wichtige Aufgabe, die laut Satzung auch zu den Aufgaben der FGQ gehört.
Sie kann und darf Betroffene in Rechtsfragen
beraten und auch vor den Gerichten vertreten
wie nur wenige andere Behindertenorganisationen in Deutschland. Das hat auch das LSG Hessen in seinem Beschluss vom 22. 2. 2006 (AZ L 8
B 225/05 KR) bestätigt.
Für Fragen des Zivilrechts (z.B. Schadensersatz,
Schmerzensgeld usw.) gibt es die Arge Recht,
die bei Bedarf auch Kontakte zu qualifizierten
Anwälten vermittelt. Für Sozialrechtsfragen hat
der Vorstand der FGQ mich als Rechtsbeistand
im Sozialrecht bevollmächtigt. Denn nicht das
examinierte juristische Studium ist dafür wichtig, sondern das Wissen und die Erfahrung in
diesem vielfältigen Bereich. Beides ist (nicht
nur) für die Menschen wichtig, als deren Selbsthilfeorganisation und kompetente Vertretung
die FGQ sich versteht.
Herzlichst
Ihr
Herbert Müller, FGQ-Rechtsbeistand
im Sozialrecht
3
Inhalt
Editorial
3
6
8
Altersvorsorge für Pflegepersonen:
Krankenkasse will sparen
Hinzuverdienstgrenzen bei Erwerbsminderung:
Die Crux mit dem Gesetzesdeutsch
10
FGQ-Rechtsbeistand für Sozialrecht:
12
Untersuchungen im Querschnittzentrum:
Die richtigen Argumente finden
Krankenkassen dürfen nicht ablehnen!
15
Wohnen in Deutschland:
20
Behinderte Mieter:
Gesetze, Vorschriften, Formulare
Gute Chancen
24
28
30
4
Liebe Leserin, lieber Leser
Zugewinn, Versorgung, Gütertrennung:
Ehe als Risiko?
Befreiung von den
Rundfunkgebühren
Zum Verbrauch bestimmte Pflegehilfsmittel:
Kostenerstattung bis 31 €/Monat
Inhalt
32
36
41
Bundessozialgericht:
Medikamentengabe gehört zur Pflege
25 Jahre FGQ:
Eine Erfolgsgeschichte
ARGE Recht:
Hilfe für Unfallopfer
46
Vom Antrag bis zum Ende:
57
Arzneimittel-Zuzahlungen:
Verfahren zur Beantragung eines Hilfsmittels
Allgemeine Verunsicherung
62
Arzneimittel-Richtlinien
68
Krankentransport-Richtlinien
Markt:
23
Cayman mit Handgas
60
More Mobility Center Neu-Ulm
60
Barrierefrei mit Hilfe von Liften
61
Neue Kathetersysteme
61
Wilhelm Meyer gestorben
74
FGQ / Impressum
Titelfoto: www.handicapbildagentur.de
5
Aktuell
Altersvorsorge für Pflegepersonen:
Krankenkasse will sparen
Mit der Einführung der Pflegeversicherung wurde 1995 erstmals auch etwas zur Altersvorsorge derjenigen geschaffen, die nur in Teilzeit arbeiten oder ganz zu Hause bleiben, um
verwandte (oder befreundete) Personen zu pflegen und zu versorgen. Nur auf Antrag der
Pflegeperson zahlt die Pflegekasse für sie Beiträge an die Rentenversicherung.
Die Ansprüche sind in § 44 SGB XI (Pflegeversicherung) genau geregelt. Wenn der MDK in
seinem Pflegegutachten den Pflegebedarf bestätigt hat, gab es bisher auch keine Probleme.
Alljährlich erhielt die Pflegeperson eine Bescheinigung, dass die Pflegekasse entsprechende Beiträge an die Rentenversicherung geleistet hatte
und welches Jahreseinkommen den Beiträgen
zu Grunde gelegt worden ist.
6
Diese Rentenversicherungsbeiträge sind nach
Zeitaufwand gestaffelt und entsprechen zur
Zeit zum Besipiel bei Pflegestufe II (mehr als 14
Stunden pro Woche) einem Jahreseinkommen
von rund 15 000 €. Weitere Voraussetzungen
sind a) die Pflegeperson darf nicht in einem abhängigen Beschäftigungsverhältnis mehr als 30
Jetzt hat die Kaufmännische Krankenkasse
(KKH) einen neuen Weg entdeckt, wie sie Kosten einsparen will. Dass sie dabei gegen das
Gesetz verstößt, scheint ihr unwichtig. Sie
verschickt rückwirkend ab 1995 „Stornierungen einer Jahresmeldung“ und gleichzeitig Jahresmeldungen mit niedrigeren
Beträgen, wenn der Pflegegeldempfänger
im Laufe eines Jahres einen Klinik- oder Sanatoriumsaufenthalt gehabt hatte. Ähnlich waren
die Krankenkassen bei der Einführung der Pflegeversicherung ja auch bei den Zahlungen von
Pflegegeld vorgegangen, ehe das Gesetz umgehend klarstellend ergänzt wurde. Damals wurde festgelegt, dass für die ersten vier Wochen
des Aufenthalts in einem Krankenhaus oder in
einer Rehaeinrichtung weder bei Pflegegeld
noch bei Leistungen an die Pflegeperson nach §
44 Leistungen gekürzt werden dürfen. Das Glei-
Wochenstunden arbeiten und b) sie darf das
65. Lebensjahr noch nicht überschritten haben,
weil dann keine Rentenansprüche mehr erworben werden können.
che gilt übrigens auch für Auslandsaufenthalte
bis zu sechs Wochen. Dabei zählt jeder Krankenhausaufenthalt einzeln. Es darf also nicht
addiert werden.
Aktuell
Schon ein einziger Tag zu Hause lässt die Frist
wieder neu laufen. Weil per Computer heute
alles einfach zu erfassen ist („der gläserne Patient“) wurden dann z. B. auch für einen einwöchigen Klinikaufenthalt im Jahre 1999 rund 250
Euro bei der Bemessungsgrundlage gekürzt.
Nicht viel, wenn man ausrechnet, um wieviel
die spätere Rente dadurch geringer ausfällt,
aber für die Krankenkasse rund 50 € weniger
Beiträge an die Rentenversicherung.
Deshalb der dringende Rat an alle, denen von
ihrer Krankenkasse/Pflegekasse solche falschen
„berichtigten“ Meldungen zugeschickt werden:
Unbedingt Widerspruch einlegen und darauf
hinweisen, dass die Krankenkasse damit gegen
§ 34 Abs. 3 SGB XI verstößt. Wichtig: Der Widerspruch muss nicht von der pflegebedürftigen
Person eingelegt werden, sondern von der Pflegeperson, für die diese Leistungen gezahlt werden. Wenn kein Widerspruch eingelegt wird,
erlangen die neuen, aber falschen Bescheide Bestandskraft – und weil das nicht jeder weiß, hätte
dann die KKH (oder eine andere Krankenkasse)
das gewünschte Ziel erreicht, nämlich durch eine
rechtswidrige Maßnahme Kosten einzusparen.
Herbert Müller
Hinzuverdienstgrenzen bei Erwerbsminderung:
Die Crux mit dem Gesetzesdeutsch
Zwar werden normalerweise in jedem Rentenbescheid die individuellen Werte für den
möglichen Hinzuverdienst bei voller oder teilweiser Zahlung einer Erwerbsminderungsrente mit aufgeführt, aber die dabei gebrauchten Formulierungen sind nicht unbedingt auf
Anhieb verständlich. Deshalb – und weil mancher überlegt, einen Rentenantrag zu stellen
und nebenher noch etwas Geld zu verdienen – wollen wir hier Übersetzungshilfe leisten
für Begriffe wie Bezugsgröße, Rentenwert, Entgeltpunkte, Durchschnittsverdienst usw.
Es geht hierbei nicht um „Altrentner“, die schon
vor dem 1. 1. 2001 einen Rentenanspruch hatten, sondern um das jetzt geltende neue Rentenrecht. Das unterscheidet zwischen einer Rente
wegen voller Erwerbsminderung (VE = max. drei
Stunden Arbeitsbelastung pro Tag) und Rente
wegen teilweiser Erwerbsminderung (TE = max.
sechs Stunden pro Tag). Diese TE-Rente beträgt
tel gezahlt werden, je nach Hinzuverdienst. Ein
entscheidender Unterschied zwischen beiden
Rentenarten ist, dass bei einem Hinzuverdienst
bei voller Erwerbsminderung keine Beiträge zur
Arbeitslosenversicherung gezahlt werden (aber
Beiträge zur Kranken-, Renten- und Pflegeversicherung), während Bezieher von Rente wegen
teilweiser Erwerbsminderung auch Arbeitslo-
50 % der vollen Erwerbsminderungsrente.
senversicherungsbeiträge zahlen müssen, weil
sie ja dem Arbeitsmarkt noch zur Verfügung
stehen. Dafür bekommen sie auch für den Fall
der Arbeitslosigkeit Arbeitslosengeld.
Eine volle Erwerbsminderungsrente kann ganz,
zu drei Vierteln, zur Hälfte oder zu einem Vier-
8
Aktuell
Die nachstehenden Richtwerte sind unverbindliche Durchschnittswerte für einen „Durchschnittsverdiener“. Sie können Anhaltspunkte
geben, so dass sich jeder seine individuelle Hinzuverdienstgrenze (mindestens die Hälfte dieser Werte) in etwa ausrechnen kann. Die Vollrente wird ohne Abzüge ausgezahlt, wenn der
Hinzuverdienst den Betrag von 350 € / Monat
(Rentengebiet Ost: 295 €) nicht überschreitet
(Das Gesetz sagt „Ein Siebtel der monatlichen
Bezugsgröße 2006“).
¾ VE; Hinzuverdienst bis ca. 1 225 € (max. 15
Std. / Woche)
½ VE = volle TE; Hinzuverdienst bis ca. 1 630 €
(max. 30 Std. / Woche)
¼ VE = ½ TE; Hinzuverdienst bis ca. 2 040 €
(max. 30 Std. / Woche)
Diese Werte dürfen zweimal pro Jahr bis zum
Doppelten dieser Beträge überschritten werden, ohne dass es weitere Kürzungen gibt.
Werden diese Werte mit dem persönlichen Prozentsatz des „allgemeinen Durchschnittsverdienstes“ der letzten drei Jahre vor Rentenbeginn
multipliziert, ergibt sich daraus der (ungefähre)
mögliche individuelle Hinzuverdienst. Die Durchschnittsverdienste der letzten drei Jahre:
2003 – 29 230 €
2004 – 29 428 €
2005 – 29 569 €
Beispiel für die Ermittlung der individuellen Hinzuverdienstgrenze:
Das eigene Einkommen in den letzten drei Jahren lag bei 160 % vom Durchschnittsverdienst.
Danach ergeben sich für ¾-Vollrente ca. 1 940 €,
für die halbe Rente ca. 2 600 € und für die Rente in Höhe von ¼ ca. 3 260 €. Die vorstehen-
den Werte gelten für den Rentenbereich Westdeutschland, in Ostdeutschland sind sie ca. 12 %
niedriger (Rentenwert West 2006: 26,13 € bzw.
Ost: 22,97 €).
Wichtiger Hinweis: Die von der Deutschen Rentenversicherung (früher BfA bzw. LVA) mitgeteilten Hinzuverdienstgrenzen sind wirklich
solche. Wird der genannte Betrag auch nur um
einen einzigen € überschritten, wird die Auszahlung auf die nächst niedrigere Stufe gekürzt
oder möglicherweise sogar ganz eingestellt.
Der Rentenanspruch ruht jedoch nur. Es muss
also kein neuer Antrag gestellt werden, wenn
der Grenzwert für die Auszahlung der Rente
wieder unterschritten wird.
Text: Herbert Müller
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FGQ-Rechtsbeistand für Sozialrecht:
Die richtigen Argumente finden
Ämter, Behörden, Krankenkassen haben leider oft eine andere Auffassung als diejenigen,
die sich dorthin wenden, wenn es z. B. um die Kostenübernahme für ein Hilfsmittel, für
Rehasport, Krankengymnastik, einen Zweitstimulator nach einer Brindley-OP, einen Treppenlift o. ä. geht, Pflegegeld gestrichen oder gekürzt, Zuschüsse für Umbauten abgelehnt
werden oder es Auseinandersetzungen über den Hinzuverdienst zu Renten gibt. Die Liste
lässt sich beliebig fortsetzen.
bis die Gerichte diesen Rahmen mit
wegweisenden Entscheidungen ausgefüllt haben.
Betroffene, die nicht regelmäßig
damit zu tun haben, machen dann
gelegentlich den Fehler, nicht so zu
argumentieren, wie es gerade für
diese Behörde und dieses Gesetz erforderlich wäre, denn die jeweiligen
rechtlichen Grundlagen sind völlig
unterschiedlich, je nach dem ob es
sich um eine Krankenkasse handelt,
ein Sozialamt oder z. B. die Pflegeversicherung. Die Folge: Ein berechtigter Anspruch wird aufgegeben,
weil man vor dem Papierkrieg resigniert, Frust baut sich auf und „denen da oben“ wird die Schuld zugewiesen.
10
Grund für Ablehnungen und/oder schleppende
Bearbeitung sind nicht nur die immer leerer werdenden öffentlichen Kassen, sondern oft auch
Unkenntnis der besonderen Situation, Unwissenheit oder Überlastung der Sachbearbeiter,
neue Gesetze wie z.B. das 2001 in Kraft getretene SGB IX, mit dem Ziel, die Rechte behinder-
Andere haben gar Angst, sich gegen falsche
Bescheide zu wehren, weil sie glauben, damit
ihren persönlichen Sachbearbeiter zu verärgern
und sich damit bei ihrem nächsten Bedarf noch
mehr Schwierigkeiten einzuhandeln. Dabei werden Entscheidungen heute meist nicht mehr vor
ter Menschen besser durchzusetzen, aber auch
mit dem Problem, dass „Leistungsträger“ und
„Anspruchsteller“ dieses unterschiedlich interpretieren und es wohl viele Jahre dauern wird,
Ort gefällt, sondern in “Kompetenz-Zentren”,
“Fachbereichs-Kommissionen” usw., die bundesweit einheitliche Entscheidungskriterien verwirklichen sollen.
Erfahrung und Wissen
Auch hier kann die FGQ als Selbsthilfeorganisation weiterhelfen: Herbert Müller, Jahrgang
1946, selbst durch einen Unfall 1988 querschnittgelähmt und seit 1990 Ansprechpartner
der FGQ für den Stützpunkt Koblenz, wollte seine eigenen Erfahrungen im Umgang mit Behörden, Krankenkassen usw. nicht so ohne weiteres
hinnehmen, sondern diese nutzen, um andere
Menschen in vergleichbaren Situationen fachgerecht zu beraten und zu unterstützen. Einige
Semester Jura, die er seinerzeit bei seinem Studium als Betriebswirt belegt hatte, kamen ihm
dabei zugute. Viel entscheidender ist jedoch
die Erfahrung und das Wissen um die aktuelle
gesetzliche Situation, neue Gesetze, wichtige
Urteile im Sozialrecht und auch Informationen
darüber, welche Themenkreise z. Zt. aktuell
sind und wie in anderen Fällen etwas erreicht
werden konnte. Denn oft ist es nur eine Frage
des richtigen Wegs, der zum Erfolg führt.
Als Beispiel sei nur die Versorgung von „Brindley-Patienten“ mit einem Zweitstimulator genannt: Acht Mal wurde Herbert Müller nach
einer Ablehnung durch die Krankenkasse eingeschaltet, in sechs Fällen wurde anschließend
die Kostenübernahme doch genehmigt, Zwei
Mal mussten die Gerichte bemüht werden, ehe
die Krankenkasse – noch vor einem Urteil – ihre
Auffassung änderte.
Offiziell bevollmächtigt
Das neue SGB IX und die Änderungen im Sozialgerichtsgesetz zum 1. 1. 2002 erleichtern auch
ihm die Arbeit, (und führen zu größerer Effektivität) weil er jetzt nicht mehr nur beraten und
Briefe formulieren darf, die dann unterzeichnet
und weitergeschickt werden müssen. jetzt darf
er auch als bevollmächtigter Rechtsbeistand
auftreten. Weil auch das zur satzungsgemäßen
„Förderung der Interessen der Querschnittgelähmten“ gehört, nämlich die „Informationsund Beratungstätigkeit Betroffener“ hat ihn der
Vorstand der FGQ offiziell dazu bevollmächtigt,
in Fragen des Sozialrechts als Rechtsbeistand für
betroffene Menschen tätig zu werden.
So ist es jetzt Herbert Müller auch möglich, als
Vertreter vor Gerichten usw. aufzutreten, nicht
nur zu zeigen, dass die Menschen in ihren Auseinandersetzungen mit „der Obrigkeit“ nicht alleine da stehen, sondern auch mit seinem Fachwissen im Sozialrecht Erfolge für die Menschen
zu erzielen, die aufgrund ihrer Behinderung ohnehin genug Probleme haben.
Wichtig: die Tätigkeit übt der FGQ-Rechtsbeistand für Sozialrecht ehrenamtlich für jeden aus,
der sich an ihn wendet (soweit es sich um einen
Fachbereich handelt, in dem er sich auskennt
- und das sind im Sozialrecht viele). Weder die
Mitgliedschaft in der FGQ noch die Zahlung von
Honorar sind Bedingung für sein Engagement.
Allerdings findet jeder seiner Klienten schon
im ersten Schreiben den Hinweis, dass sich der
Schatzmeister der FGQ in Mölsheim bei einem
positiven Ergebnis der Bemühungen über eine
Spende zur Unterstützung der Arbeit zugunsten Querschnittgelähmter freuen würde und
dass die Mitgliedschaft in der FGQ für Querschnittgelähmte nur 15 € jährlich kostet.
Kontakt:
Herbert Müller
Postfach 210 102
56538 Neuwied-Engers
Tel.: (tags): 0 26 22-88 96 32
Fax: 0 26 22-38 73
E-Mail: [email protected]
11
Untersuchungen im Querschnittzentrum:
Krankenkassen dürfen
nicht ablehnen!
Immer häufiger kommt es vor, dass Krankenkassen bei querschnittgelähmten Patienten die
Übernahme von Fahrkosten für eine regelmäßige Nachsorge in einem Querschnittzentrum
mit der Begründung ablehnen, eine solche Untersuchung sei auch in einer näher gelegenen
Klinik möglich. Dort gibt es zwar dann Abteilungen, die isoliert urologische oder orthopädische Untersuchungen usw. vornehmen können, sie sind aber nicht in der Lage, eine Querschnittlähmung in der Gesamtheit zu beurteilen. Eine solche Ablehnung ist rechtswidrig.
So hat auch das Sozialgericht Freiburg (Aktenzeichen S 11 KR 3430/04) in einem Fall ent-
die Behandlung im Klinikum Karlsbad-Langensteinbach medizinisch erforderlich war. Wie
schieden, bei dem ein querschnittgelähmter
Mann aus Freiburg nicht damit einverstanden
war, dass seine Krankenkassen ihm statt rund
300 € nur 14,40 € für die Fahrt bis zur Universitätsklinik Freiburg vor Ort ersetzen wollte. Mit
Unterstützung des Rechtsbeistands der Fördergemeinschaft der Querschnittgelähmten in
Deutschland e.V. klagte er dagegen und hatte
Erfolg.
der sachverständige Zeuge für die Kammer
überzeugend darlegte, leidet der Kläger unter
einer Querschnittlähmung mit Funktionsausfällen verschiedener Organe, die sich nur in ihrer
Gesamtheit beurteilen lässt. Die Behandlung
von Querschnittlähmungen hat sich zu einer
eigenständigen Berufsdisziplin mit detaillierten
Zusammenhangskenntnissen entwickelt, die für
andere Bereiche weniger oder überhaupt nicht
vorhanden sind. Die für querschnittgelähmte
Patienten erforderliche und lebenslang notwendige Nachsorge muss deshalb in Zentren für
Querschnittgelähmte erfolgen, die über die hier-
Auszug aus der Urteilsbegründung: Die Beklagte hat die Kosten der Fahrt zum Klinikum
Karlsbad-Langensteinbach zu erstatten, weil
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für notwendigen Kenntnisse und Erfahrungen
verfügen. Im Universitätsklinikum (Freiburg)
könnte lediglich eine auf die verschiedenen
Fachgebiete Neurologie, Orthopädie und Urologie isolierte Untersuchung und Beurteilung erfolgen. Eine umfassende Bewertung der Folgen
der Querschnittlähmung wäre nicht möglich.
Damit ist wieder einmal klargestellt, dass mündliche oder allgemein formulierte (Pauschal-)Absagen nicht rechtens sein müssen. Jeder querschnittgelähmte Mensch hat das Recht, die
notwendigen Nachsorgeuntersuchungen dort
durchführen zu lassen, wo qualifizierte Fachärzte
interdisziplinär ihr Wissen und ihre Erfahrungen
mit dem Krankheitsbild einer Querschnittlähmung einbringen. Das sind die 25 bundesdeutschen Querschnittzentren, für die neben der
Erstversorgung von Frischunfallverletzten die
lebenslange Nachsorge von querschnittgelähmten Menschen eine zentrale Aufgabe ist.
Fazit: Manchmal muss man die Krankenkassen
eben zu ihrem Glück zwingen. Denn bei regelmäßigen Nachsorgeuntersuchungen in qualifizierten Querschnittzentren werden gesundheitliche Veränderungen normalerweise eher
erkannt, so dass eine Behandlung wesentlich
schneller in die Wege geleitet werden kann und
deshalb (fast) immer kürzer und weniger kostenaufwändig ist. Damit wird dem Wirtschaftlichkeitsgebot, das das Gesetz den Krankenkassen
auferlegt hat und von ihnen gerne zitiert wird,
wenn sie eine Leistung ablehnen, mehr Genüge
getan als mit Pauschalablehnungen nur um vordergründig ein paar (hundert) EURO zu sparen.
Inzwischen (2006) hat das Sozialgericht Freiburg
in einem anderen Verfahren diesen Grundsatz
auch bei Versorgung von Patienten der Berufsgenossenschaften als richtig erachtet.
Text: Herbert Müller
Wohnen in Deutschland:
Gesetze, Vorschriften, Formulare
Ob man ein Haus/eine Wohnung baut, kauft oder mietet, immer ist eine Vielzahl von
Vorschriften zu beachten, sind Anträge zu stellen und Unterschriften zu leisten. Dazu gibt
es eine Vielzahl von Veröffentlichungen, die für alle gelten. Deshalb geht es hier nur um
Besonderheiten, die behinderte Menschen dabei beachten sollen oder müssen.
So wäre z. B. für Eheleute zu klären, ob sie aus
romantischen Gründen gemeinsam Hausbesitzer sein wollen oder ob sie der praktischen
Vernunft den Vorrang lassen. Ein behindertengerecht gebautes oder umgebautes Haus sollte
grundsätzlich nicht auf die Eheleute eingetragen
werden, sondern auf den behinderten Partner.
Dann hat der andere bei einer Trennung nur einen Anspruch auf eine Geldleistung (die Hälfte
des Wertes der Immobilie minus Darlehen), jedoch nicht auf die Hälfte des Hauses, und ein
Streit darüber, wer in dem Haus wohnen bleibt,
wird ausgeschlossen. Besonders wichtig ist das,
wenn eine Berufsgenossenschaft oder ein anderer Leistungsträger einen Zuschuss für die behindertengerechte Ausstattung gezahlt hat, die
eigentlich nicht werterhöhend ist, aber den Unterschied zwischen einem für Rollstuhlfahrer bewohnbaren Haus und einem unüberwindlichen
Hindernis darstellt.
Den einen oder anderen Stolperstein gilt es in
einem solchen Fall auch zu vermeiden. Auch
wenn in einem Haus ein Aufzug nur deshalb eingebaut wurde, damit der Rollstuhlfahrer auch
das Obergeschoss erreichen kann, während
andere problemlos über die Treppe nach oben
kommen, gilt ein Aufzug als werterhöhend,
ebenso wie eine größere Heizungsanlage (weil
Querschnittgelähmte oft frieren), elektrische
Rolladenbedienungen oder Garagentoröffner.
Zuschüsse zum Einbau eines Aufzuges oder eines
Treppenlifts gibt es – wenn überhaupt – norma-
lerweise nur bei einem Umbau oder weil die Situation so besonders ist, dass sich bei der Planung
eines Neubaus eine ebenerdige Bauweise zumindest des größten Teils der Wohnung nicht verwirklichen lässt. (Zusätzliche Räume im OG z. B.
bei einer kinderreichen Familie, die nicht erreichbar sind, sind zumutbar.) Baut man trotzdem einen Lift kann man auf das preissteigernde Siegel
„Behindertenaufzug“ gut verzichten. Auch „normale“ Aufzüge erfüllen diesen Zweck. Seit 2004
muss der Aufzug in einem Ein- bis Zweifamilienhaus nicht mehr in regelmäßigen Abständen vom
TÜV überprüft werden. Aus Sicherheitsgründen
sollte man aber mit einem Fachunternehmen einen Wartungsvertrag abschließen.
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Wohngeld
Ein wichtiges Thema ist die Finanzierung der
Wohnkosten. Wohngeld kann als Mietzuschuss
oder als Lastenzuschuss für ein Eigenheim gezahlt werden. Für behinderte Menschen sind
dabei zwei verschiedene Aspekte zu berücksichtigen: Beim Einkommen werden 1 500 €
pro Jahr als Freibetrag abgesetzt, wenn ein
Grad der Behinderung von 100 % vorliegt, 1
200 € bei einem GdB von 80 % und gleichzeitiger häuslicher Pflegebedürftigkeit. Das Wohngeldgesetz geht von einem „angemessenen“
Wohnflächenbedarf aus. Daraus ergibt sich die
zu berücksichtigende Miete. Für Menschen, die
auf den Rollstuhl angewiesen sind, kann ein zusätzlicher Flächenbedarf von 10 m² angesetzt
werden. Seit dem 1. Januar 2005 erhalten allerdings Empfänger von Arbeitslosengeld II und
Sozialgeld nach SGB II, Grundsicherung gemäß
SGB XII, Hilfe zum Lebensunterhalt nach SGB
XII oder Ergänzender Hilfe zum Lebensunterhalt nach dem Bundesversorgungsgesetz kein
Wohngeld mehr, weil die Kosten der Unterkunft
jetzt zu den Leistungen gehören, die nach diesen Gesetzen gezahlt werden. Leistungen der
Pflegeversicherung (Pflegestufen I, II oder III)
gehören nicht dazu und werden auch nicht bei
der Berechnung des Wohngelds berücksichtigt.
Die erhöhten Werte nach dem Wohngeldgesetz
gelten auch für die Erteilung eines Wohnberechtigungsscheins (WBS), der benötigt wird, wenn
man eine Wohnung beziehen möchte, die mit
öffentlichen Mitteln gefördert wurde. Den WBS
gibt es bei den zuständigen Stellen der Städte
und Gemeinden (meist Wohnungsamt, Amt
für Soziales und Senioren etc.) Damit hat man
zwar noch keine Wohnung, aber man kommt
auf eine Warteliste für eine geeignete Wohnung. Früher lag die Schwierigkeit darin, dass es
zu wenige rollstuhlgeeignete Wohnungen gab.
16
Heute sind die Fälle gar nicht so selten, dass eigentlich geeignete Räumlichkeiten von anderen
Mietern belegt sind, weil sich kein behinderter
Interessent gemeldet hat. Diese kann man jetzt
ja nicht so ohne weiteres vor die Tür setzen.
Also ist unter Umständen Warten angesagt.
Wenn Mieter einer Sozialwohnung im Laufe der
Zeit die dafür vorgesehenen Einkommensgrenzen (je nach Bundesland um 5 bis 20 %) überschreiten, müssen sie eventuell eine „Fehlbelegungsabgabe“ bezahlen. Auch dabei gelten die
oben aufgeführten erhöhten Freigrenzen.
Zuschüsse fürs Eigenheim
Plant man einen Umzug in die eigenen vier
Wände, ist die wichtigste Frage meist die nach
dem Geld. „Wieviel kann ich selbst aufbringen,
wer zahlt Zuschüsse, wo bekomme ich besonders günstige Darlehn? Kann ich mir/können
wir uns das auf Dauer leisten?“
Das Eigenkapital besteht nicht nur aus dem
hoffentlich gut gefüllten Bankkonto, sondern
auch aus Eigenleistungen, die man nicht unbedingt selbst aufbringen muss. Da ist auch
Familien- und Nachbarschaftshilfe möglich. Finanzierungen und Zuschüsse gibt es auch nur
dann, wenn das Eigenkapital mindestens 20 %
ausmacht, besser mehr. So will man vermeiden,
dass sich jemand total verschuldet und später
sein Haus doch veräußern muss.
Zuschüsse können berufstätige Behinderte
über das Integrationsamt, das in diesem Zusammenhang seit dem 1. Januar 2005 auch die
Leistungen übernommen hat, die vorher vom
Arbeitsamt erfolgten (§§ 33 und 55 SGB IX),
bei der Rentenversicherung (§ 16 SGB VI) und
- nach einem Arbeitsunfall oder bei einer Berufskrankheit - bei den Berufsgenossenschaften
beantragen(§ 41 SGB VII). Die Höhe ist je nach
Behinderung, Wohnsituation, Familienverhältnis usw. unterschiedlich, richtet sich nach den
Wohnungshilferichtlinien und in der Höhe bis
zu einem gewissen Grad Ermessens- (= Verhandlungs-) sache. Deshalb sollte man möglichst umfangreich die behinderungsbedingten Mehraufwendungen erläutern: größerer Flächenbedarf,
größere Heizung, Rollstuhlabstellplatz, breitere
Türen, besondere Türzargen, mehr Bewegungsflächen im Bad, höhenverstellbare Spiegel und
Waschbecken,
elektrische
Rollladenbedienungen, eine größere Garage (mit Heizung),
Gymnastikraum, besondere Bodenversiegelung
bei befahrbarer Dusche, stufenlose Terrassentüren usw.
Wer nicht berufstätig ist, kann Zuschüsse beim
Sozialamt (einkommens- bzw. vermögensabhängig – § 54 SGB XII) und – sofern eine Pflegestufe
festgestellt wurde – bei der Pflegeversicherung
stellen (§ 40 SGB XI). Die Pflegeversicherung
zahlt je Maßnahme einen Betrag von bis zu
2 557 €, wobei bis auf Ausnahmen 10 % Eigenleistung zu erbringen sind. Als „eine Maßnahme“
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zählt das, was gleichzeitig beantragt/durchgeführt wird z.B. Badumbau und eine größere Garagentür. Später – z. B. nach einem Jahr – kann
soweit erforderlich ein erweiterter Umbau im
Bad wiederum teilfinanziert werden.
Zur Frage, ob ein fest eingebauter Treppenlift
oder ein fest installierter Hebelifter mit Schienen an der Decke eine Leistung der Krankenkasse oder der Pflegeversicherung ist, gibt es von
Kasse zu Kasse unterschiedliche Meinungen,
über die verhandelt werden kann. Sicher sind
Handgriffe usw. im Bad, verstellbare Spiegel
usw. Hilfsmittel, die die Krankenkasse übernehmen muss.
Darlehn vom Land
Wenn dann Eigenkapital und Zuschüsse immer
noch nicht ausreichen – was meist der Fall ist
– geht es darum, ob neben den üblichen Darlehn bei der Bank und besonders zinsgünstigen
Darlehen nach dem 1. und 2. Wohnraumförderungsgesetz, die jeder bekommt, der die allgemeinen Bedingungen erfüllt, für
behinderte Menschen zusätzliche Finanzierungsmöglichkeiten zu finden sind. Je nach Bundesland können Anträge nach den o. a. Gesetzen entweder nur über die Banken oder auch
direkt bei den zuständigen Behörden gestellt
werden (Wohnungsämter).
Die Höhe der zusätzlichen Darlehensmöglichkeiten ist je nach Bundesland unterschiedlich,
manchmal haben auch Gemeinden zusätzliche
Fördermittel zu vergeben. Deshalb können die
nachstehenden Werte nur Beispiele sein, zumal
sich die schwache Finanzlage der Länder auch
auf solche „freiwilligen“ Leistungen negativ
auswirkt. Generell ist Anfang eines Jahres die
Chance auf eine Genehmigung immer höher als
gegen Jahresende, wenn die Töpfe meist schon
ziemlich leer sind. Vor einem Antrag ist eine
Nachfrage immer sinnvoll, ob die unten aufgezählten Programme bzw. die kommunalen Sonderförderungen noch existieren oder verändert
wurden.
Nordrhein-Westfalen:
Nachträgliche zusätzliche Maßnahmen bei
vorhandenem Wohnraum werden gefördert.
Voraussetzungen für Mittel aus der Wohnungsbauförderung sind ein Grad der Behinderung
des Bewohners von mindestens 80 %. Je nach
Kostenaufwand und Haushaltseinkommen beträgt die Höhe der Förderung bis zu 15 500 €.
Rheinland-Pfalz:
Behindertenbedingte Mehraufwendungen beim
Neu- oder Umbau werden mit Zusatzdarlehen
bis zu 13 000 € gefördert.
Brandenburg:
Gewährung von Zusatzdarlehen im Rahmen der
Wohnungsbauförderung zur Deckung nachgewiesener Mehrkosten beim Neubau oder
Ersterwerb eines Gebäudes oder zur nachträg-
18
lichen Anpassung von Wohneigentum an die
Anforderung der DIN 18025. Zusatzdarlehen in
Höhe von 7 669 € (Ersterwerb) bzw. 17 895 €
(Anpassung).
Hamburg:
Darlehen für Schwerbehinderte, sofern besondere bauliche Maßnahmen nach DIN 18025
erforderlich sind. Das Darlehen entspricht der
Höhe der anerkannten (nachgewiesenen)
Mehrkosten, es beträgt höchstens 7 669 €.
Sachsen:
Neubau / Um- und Ausbau bzw. Erwerb von
Wohneigentum. Berücksichtigt werden Personen, deren Grad der Behinderung mindestens
80 % beträgt. Schwerbehinderte als Einzelpersonen, deren Einkommen die Einkommensgrenze nicht überschreitet, erhalten bei Neubau ein
Baudarlehen bis zu 51 129 € bei Erwerb einer
Bestandsimmobilie bis zu 25 565 €. Bei einem
nachgewiesenen (anerkannten) Mehraufwand
Erhöhung um bis zu 20 452 € möglich. Die Einkommensgrenze darf bis 30 677 € überschritten werden.
Thüringen:
Förderung des Erwerbs vorhandenen Wohnraums durch kinderreiche Familien und Familien
mit schwerbehinderten Angehörigen durch zinsverbilligte Kapitalmarktdarlehen. Einhaltung
der Einkommensgrenzen erforderlich – aus den
förderfähigen Gesamtkosten muss sich mindestens ein Darlehensbetrag von 10 226 € errechnen, Gesamtdarlehenshöhe (nicht nur wegen
Behinderung) zwischen 30 677 € und 79 761€.
Baden – Württemberg:
Anpassung/Neuerrichtungvonselbstgenutztem
Wohneigentum an die tatsächlich notwendigen
individuellen Bedürfnisse (zur Deckung nachgewiesener Mehrkosten). Finanzhilfen (Darlehen)
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zur Schaffung von selbstgenutzten Eigenheimen und Eigentumswohnungen. Die einzelnen Fördersätze sind in den Verwaltungsvorschriften zu den jährlichen Wohnraumförderprogrammen festgelegt.
Rechte und Pflichten
Lediglich bei den Berufsgenossenschaften als Leistungsträger
können (nach einem entsprechenden Urteil des BSG) Förderungen auch mehrfach beantragt werden, wenn ein Umzug
nicht beruflich, sondern privat bedingt ist. Wenn aus beruflicher Veranlassung ein erneuter Umbau erforderlich wird,
entscheiden Integrationsamt und Rentenversicherung von Fall
zu Fall. Sonderdarlehen werden als Maßnahme zur Förderung
von Wohneigentum nur einmalig gewährt.
Wohnt man dann im eigenen Haus, hat auch der behinderte Mensch die gleichen Pflichten wie seine nicht behinderten Nachbarn. Er muss sich um die ordnungsmäßige Müllabfuhr kümmern und auch - was gerne vergessen wird - im Winter Schneeschippen. Eine Behinderung ist kein Grund, diese
öffentliche Pflicht zu versäumen. Ob er damit jemanden
beauftragt, liegt bei ihm, aber in diesem Fall muss er es
nachweisen können. (Auch so ein Urteil, das man so oder so
sehen kann)
Und weil jeder älter wird und vielleicht lieber in eine Seniorenresidenz oder ein Altenheim umziehen möchte, das auf
Dauer seine finanziellen Möglichkeiten überschreiten könnte,
an dieser Stelle noch ein wichtiger Hinweis: Wer sich selbst
arm macht, indem er sein Vermögen verschenkt oder vorzeitig vererbt, der muss das zehn Jahre vor dem Termin tun,
zu dem er voraussichtlich die Allgemeinheit zur Finanzierung
seines Lebensunterhalts in Anspruch nehmen muss. Denn die
Sozialämter können solche Maßnahmen zehn Jahre rückwirkend für nichtig erklären und vom neuen Hauseigentümer die
Zahlungen rückfordern. Auch aus dem Erbe können die Sozialämter die Erstattung ihrer Zahlungen fordern. „Aber das ist
wieder eine andere Geschichte (Zitat: ‚Irma la douce’)“.
Text: Herbert Müller
Foto: P. Mand
Behinderte Mieter:
Gute Chancen
Die Rechte behinderter Mieter sind inzwischen gesetzlich ganz gut verankert. Das Mietrecht ist im Wesentlichen im BGB (Bürgerliches Gesetzbuch) geregelt. Dort finden sich Regelungen zum Kündigungsschutz und zur Frage, ob Ansprüche auf Umbauten bestehen.
Zum Umbau einer Mietwohnung entsprechend
des Bedürfnisses der Barrierefreiheit heißt es in
der Vorschrift des § 554a BGB:
„ 1 Der Mieter kann vom Vermieter die Zustimmung zu baulichen Veränderungen
oder sonstigen Einrichtungen verlangen,
die für eine behindertengerechte Nutzung
der Mietsache oder den Zugang zu ihr erforderlich sind, wenn er ein berechtigtes
Interesse daran hat. Der Vermieter kann
seine Zustimmung verweigern, wenn sein
Interesse an der unveränderten Erhaltung
der Mietsache oder des Gebäudes das Interesse des Mieters an einer behindertengerechten Nutzung der Mietsache überwiegt. Dabei sind auch die berechtigten
Interessen anderer Mieter in dem Gebäude zu berücksichtigen.
2 Der Vermieter kann seine Zustimmung
von der Leistung einer angemessenen
zusätzlichen Sicherheit für die Wiederherstellung des ursprünglichen Zustandes
abhängig machen. § 551 Abs. 3 und 4 gilt
entsprechend.
3 Eine zum Nachteil des Mieters von
Absatz 1 abweichende Vereinbarung ist
unwirksam.“
Der behinderte Mieter hat damit einen gesetzlich festgelegten Anspruch darauf, dass ihm der
Vermieter die Zustimmung für einen behinder-
20
tengerechten Umbau der Wohnung erteilt. Dies
gilt nicht nur, wenn der Mieter selbst die behinderte Person ist, sondern auch für einen behinderten Haushaltsangehörigen.
Gute Chancen
für behinderte Mieter
Wenn der Mieter die Zustimmung verlangt, ist
eine Abwägung zwischen den Interessen des
Mieters und des Vermieters vorzunehmen. Als
zu berücksichtigende Aspekte kommen z.B. Art,
Dauer und Schwere der Behinderung, Umfang
und Erforderlichkeit der Maßnahme, Auswirkungen auf andere Mieter, Rückbaumöglichkeit
und weiteres in Betracht. Der Vermieter kann
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die Zustimmung nur verweigern, wenn sein Interesse überwiegt. Schon bei gleichgewichtigen
Interessen muss er die Zustimmung erteilen.
Der Vermieter muss darlegen und ggf. beweisen können, dass seine Interessen überwiegen.
Verweigert der Vermieter die Zustimmung, hat
der Mieter die Möglichkeit die Zustimmung
beim zuständigen Amtsgericht einzuklagen. Da
der Vermieter die Beweislast trägt, hat er gegenüber dem Mieter in der Regel die schlechtere Ausgangsposition.
Der Vermieter darf die Zustimmung aber davon
abhängig machen, dass der Mieter eine angemessene Kaution für die Umbauten leistet.
Dies wird damit begründet, dass der Mieter bei
seinem Auszug verpflichtet ist, seine Umbauten
zurück zu bauen. Die Kaution soll sich in angemessener Höhe an diesen Kosten orientieren.
Räumlich ist der Anspruch nicht nur auf die
Wohnung beschränkt. Vielmehr umfasst der
Anspruch auch den Zugang zur Wohnung, da
ansonsten der behindertengerechte Umbau
ins Leere laufen würde, wenn nicht auch der
Zugang entsprechend umgebaut wird. Hier ist
an verbreiterte Eingänge, Rampe oder Treppenlifte zu denken.
Das Bundesverfassungsgericht (Urteil vom 28.
März 2000 Az. 1 BvR 1460/99) hat in einem
Verfahren eines Mieters bestätigt, dass ein Anspruch auf Einbau eines elektrischen Treppenliftes bereits aus verfassungsrechtlichen Gründen bestehen kann. Der Mieter begehrte vom
Vermieter die Zustimmung zum Einbau des
Treppenliftes, da er seine querschnittgelähmte
Lebensgefährtin immer die Treppe hoch in das
zweite Obergeschoss tragen musste. Der Mieter
wollte die Kosten für den Einbau selbst tragen
und verpflichtete sich, den Treppenlift im Falle
eines Auszugs wieder auszubauen. Trotzdem
verweigerte der Vermieter die Zustimmung.
Nachdem die unteren Gerichte dem Vermieter
noch Recht gaben, hat das Bundsverfassungsgericht die Rechte behinderte Mieter in seinem Urteil deutlich gestärkt, in dem es die Grundrechte
des Mieters betonte und ihm daher Recht gab.
Bei der Abwägung der oft gegensätzlichen Interessen von Mieter und Vermieter gelten diese Grundsätze auch für die Zukunft. Letztlich
ist noch zu beachten, dass der Vermieter nicht
zum Nachteil des Mieters abweichende Vereinbarungen in den Mietvertrag aufnehmen darf,
die seinen Anspruch auf Umbau beeinträchtigen könnten.
22
Kündigungsschutz
Der Vermieter kann ein Mietverhältnis nur kündigen, wenn er ein berechtigtes Interesse an der
Kündigung hat. Voraussetzung für die Wirksamkeit der Kündigung ist, dass sie schriftlich erklärt
wird. Sie soll den Mieter auf die Möglichkeit des
Widerspruchs hinweisen.
Das Recht des Widerspruchs gibt dem Mieter die Möglichkeit auch bei zulässiger Kündigung das Mietverhältnis fortzusetzen. Dies ist
in den Fällen möglich, wenn die Beendigung
des Mietverhältnisses für den Mieter und/oder
seine Familie eine Härte bedeuten würde, die
auch unter Berücksichtigung der berechtigten
Interessen nicht zu rechtfertigen ist. Der Widerspruch muss wie die Kündigung schriftlich
erfolgen und dem Vermieter zwei Monate vor
Ablauf der Kündigungsfrist zugehen. Da es auf
den Zugang ankommt, sollte man entweder das
Einschreiben/Rückschein oder die persönliche
Zustellung mittels Bote (z.B. ein Freund oder
Bekannter) wählen.
Eine Härte haben die Gerichte bisher z.B. anerkannt, wenn psychisch Kranke nicht in der Lage
sind, eine Kündigung zu verarbeiten, die Kündigung nachteilige Auswirkungen auf den Krankheitsverlauf hat, der Mieter ein erhebliches Alter hat oder erheblich gesundheitsgefährdet
ist. Eine Härte kann aber auch vorliegen, wenn
aufgrund einer Behinderung keine neue angemessene Wohnung gefunden werden kann.
Soweit eine solche Härte besteht und der Mieter den Widerspruch schriftlich erklärt, hat der
Mieter Anspruch auf Fortsetzung des Mietverhältnisses, auch wenn die Kündigung zu Recht
erfolgte.
Text: Jörg Hackstein, Rechtsanwalt
Foto: P. Mand
Markt
Cayman mit Handgas
Der Cayman ist ein echter Porsche mit Mittelmotor, sicherer Straßenlage, dem typischen
Sound und echtem Stuttgarter Sportlerherzen. Je nach Ausführung ist er bis 260 km/h
schnell.
Dieser Cayman ist zusätzlich für einen gehandikapten Autofahrer umgerüstet vom Spezialisten
Paravan, womit sich zwei Welten begegnen, die
Motoren- und Fahrwerkstechnik von Porsche
und die handwerklich perfekte Umrüstung von
Paravan.
Unterwegs mit dem Cayman zwischen Niedernhausen und Limburg. Notorische Linksfahrer, die
das Licht von hinten kommen sehen, weichen
schnell nach rechts aus. Der Boxer heult auf, die
Gänge flutschen schnell in die Kulisse, während
der Sound Gefühle weckt und die sichere Straßenlage bei hoher Geschwindigkeit den Piloten
daran erinnern, dass er ein deutsches Sportwa-
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gen-Spitzenprodukt bewegt. Frank H. aus Ludwigsburg ist halbseitig gelähmt. Ihm wurde sein
Porsche von der Firma Paravan so umgerüstet,
dass er zu seiner Behinderung passt. Für Frank
H. wurde ein Handbediengerät für Bremse und
Gas in den Cayman implantiert. Mit einer speziellen Fußvorrichtung werden alle so genannten Sekundärfunktionen ausgeübt, wobei noch
eine besondere Sitzanpassung und eine Blinkhebelverlegung notwendig waren.
„Super Auto, super die Anpassung, jetzt kann
ich meinen Porsche leicht und zuverlässig bewegen – und genießen“, sagt der frischgebackene
Porsche-Pilot.
Zugewinn, Versorgung, Gütertrennung:
Ehe als Risiko?
Es ist heute völlig normal, dass auch behinderte Menschen mit Partner oder Partnerin zusammen leben. Genauso normal ist es aber auch, dass solche Beziehungen wieder auseinander gehen, leider sogar überdurchschnittlich häufig.
Mann oder Frau im Rollstuhl sollten sich grundsätzlich Gedanken machen.
1988, in dem Jahr, als meine Füße Räder bekamen, hieß es „Nur jede zehnte Ehe, die schon
vorher bestand, übersteht auf Dauer diesen
Schicksalsschlag, aber nur 10 % aller Ehen, die
danach – in Kenntnis der Behinderung – geschlossen wurden, werden wieder getrennt“.
Das ist sicher etwas überzeichnet, aber tendenziell ist es noch heute so. Doch leider sind Mann
und Frau im Rollstuhl eben nicht ganz so „normal“. Es gilt einiges zusätzlich zu überlegen, um
zusätzlichen Problemen in der Zukunft aus dem
Weg zu gehen. Gedanken an eine Zeit, in der
nicht mehr alles so reibungslos läuft, werden
in rosaroten Zeiten gerne verdrängt, aber was
24
man dann trotzdem vereinbart, macht schlechte Zeiten weniger schwierig.
Wollen wirklich beide Partner heiraten? Heute wird oft erst geheiratet, wenn ein Kind da
oder unterwegs ist. Gleichgeschlechtliche Partner können heute zwar (fast) heiraten, aber sie
müssen nicht, und das Kinderproblem entfällt
bei ihnen schon aus biologischen Gründen. Haben sich beide entschieden, diesen Weg einzuschlagen, sollte man sachlich und nüchtern einige Punkte vorher klären. Eine Partnerschaft,
die das nicht aushält, steht von vorne herein auf
tönernen Füßen.
Zugewinn oder
Gütergemeinschaft?
So wäre vor allem zu klären, ob der gesetzliche
Güterstand der „Zugewinngemeinschaft“ oder
eine „Gütertrennung“ gewählt wird oder ob
sogar in einem Ehevertrag bestimmte Punkte
detailliert festgelegt werden. Wenn es nicht
ausdrücklich anders vereinbart wurde, gilt die
Zugewinngemeinschaft: Beide Partner bringen
ihre „Vermögen“ ein, die sie, falls noch vorhanden, bei einer Scheidung auch wieder mitnehmen. Das, was während der Ehe hinzugekommen ist („der Zugewinn“) wird bei der Trennung
fifty-fifty geteilt. Das gilt für alle Vermögenswerte, die während der Ehe hinzu kommen, also
auch für einen Lottogewinn oder für die Leistung
einer Versicherung, wenn ein Partner während
der Ehe verunglückt, auch wenn dadurch der
finanzielle Mehraufwand für ein Leben mit Behinderung nach dem Unfall erleichtert werden
soll. Im Scheidungsrecht gibt es kein „Behindertenprivileg“. Da viele Partnerschaften die Belastung nicht verkraften (siehe oben), kann es bei
einer Trennung also ein großer finanzieller Unterschied sein, ob mit der Versicherung regelmäßige Zahlungen auf Dauer vereinbart wurden
oder ob eine einmalige Abfindung erfolgte.
Bei der Gütertrennung hat jeder Partner eigene Einnahmen/Vermögenssteigerungen (oder
auch nicht) und auch die in die Ehe eingebrachten Vermögenswerte bleiben persönliches
Eigentum usw. Dabei gibt es einiges zu berücksichtigen, was den Rahmen dieses Artikel sprengen würde. Am Besten läßt man sich von einem
Rechtsanwalt oder Notar beraten. In einem Ehevertrag können einzelne Punkte exakt festgelegt
werden, z. B., dass bei einer Trennung die einem
Partner persönlich zustehenden Ansprüche auf
Pflegegeld nicht in den Vermögensausgleich
und eventuelle Versorgungsansprüche einflie-
ßen, dass beispielsweise (Erwerbsminderungs-)
Renten dabei nicht berücksichtigt werden, wer
im Falle einer Trennung in der gemeinsamen
Wohnung bleibt (z. B. weil diese behindertengerecht ist) usw. Manches klingt zwar ungerecht,
aber leider Gottes gibt es immer wieder den Fall,
dass insbesondere durch eine BG oder durch
eine Versicherung gut versorgte Personen nicht
der Liebe wegen geheiratet werden, sondern als
sichere Versorgungsquelle. Das ist zwar legitim,
aber wenn das dann auf Dauer nicht klappt,
sollte vorher geklärt sein, ob der/die „Versorger“
auch noch nachträglich dafür bezahlen muss.
Mein Haus, mein Auto
Egal welche Rechtsstellung man wählt, ein behindertengerecht gebautes oder umgebautes
Haus sollte grundsätzlich nicht auf die Eheleute
eingetragen werden, sondern auf den behinderten Partner. Das gilt auch, wenn die Investition während der Ehe vorgenommen oder
abgezahlt wird. Dann hat der andere bei einer
Trennung nur einen Anspruch auf eine Geldleistung in Höhe des Zugewinns, jedoch nicht auf
die Hälfte des Hauses und ein Streit darüber, wer
in dem Haus wohnen bleibt und ob das Haus
verkauft wird oder nicht, wird ausgeschlossen.
Besonders wichtig ist das, wenn eine Berufsgenossenschaft oder ein anderer Leistungsträger
einen Zuschuss für die behindertengerechte
Ausstattung gezahlt hat, die eigentlich nicht
werterhöhend ist, aber den Unterschied zwischen einem für Rollstuhlfahrer bewohnbaren
Haus und einem unüberwindlichen Hindernis
darstellt. Außerdem: Auch wenn die Raten für
das Haus oder die Eigentumswohnung nach
einer Trennung nicht mehr zu finanzieren sind
und ein Verkauf erforderlich wird, hat der behinderte Partner in diesem Fall eine Wohnung,
in der er leben kann, bis er eine geeignete Alternative gefunden hat.
25
Das Gleiche gilt auch für einen PKW, der behindertengerecht umgebaut wurde. Und weil es
immer wieder Richter gibt, die von der Materie
sehr wenig Ahnung haben, empfiehlt es sich, in
einen Ehevertrag auch das Auto mit einzubeziehen und insbesondere die persönlichen Zuschüsse von Integrationsamt, Rentenversicherung,
Arbeitsamt oder Sozialamt auszuschließen., damit von einem solchen Zuschuss, der nicht mehr
bringt als die Möglichkeit sich im Auto fortzubewegen, im Trennungsfalle nicht die Hälfte aus
eigener Tasche ausgezahlt werden muss. Fahren
darf das Auto ja ohnedies nur die/der Behinderte oder derjenige, der extra für den Behinderten
unterwegs ist. Übrigens: Wenn das Fahrzeug
von einem anderen benutzt wird, ohne dass es
für die Erledigung von Dingen eingesetzt wird,
die (im weitesten Sinne) der Versorgung der behinderten Person dienen, entfallen nicht nur die
Steuerbefreiung und der Behindertenrabatt bei
der Versicherung (falls diese noch einen solchen
einräumt). Es können auch Zuschüsse zurückgefordert werden und außerdem handelt es sich
dabei sogar um den Strafbestand der Steuerverkürzung.
„Eheliche Pflichten?“
Aber es geht ja nicht nur um das liebe Geld.
Auch andere Aspekte sind zu berücksichtigen:
Bei wem sollen die Kinder nach einer Trennung
leben? Meist ist das bei uns in Deutschland
die Frau, es sei denn, sie ist behindert… Das ist
zwar unsinnig, aber so normal sind behinderte
Menschen auch heute noch nicht, dass ihnen
generell zugestanden wird, ihre Kinder ebenso
erziehen zu können wie Nichtbehinderte. Eine
Regelung im Ehevertrag ist zwar nicht bindend,
erhöht aber im Fall der Trennung die Chance,
dass es auch so kommen wird. Manche Paare
wollen keine eigenen Kinder, sondern ein Kind
adoptieren. Vorsicht, Adoptionen sind so schon
26
nicht einfach zu realisieren. Weicht aber ein
Partner von der Norm ab, wird es umso schwieriger. Auch hier gilt es, ein extra dickes Fell zu
haben und nicht zu erwarten, dass sich dieser
Wunsch einfach erfüllen lässt.
Auch das gehört zum Recht in der Partnerschaft: Es gibt keine „Pflicht“ dem Partner die
Ausübung „ehelicher Rechte“ zu gestatten.
(Nicht nur) die behinderte Frau hat das Recht,
sich zu verweigern. Das heißt natürlich nicht,
dass man nicht miteinander schlafen soll oder
will. Hier geht es um die Entscheidung, die die
Frau selbst treffen muss, wenn sie es nicht selbst
will. Wieviel ist es mir wert, nicht alleine zu sein,
lasse ich mich be- und ausnutzen, nur weil ich
mit diesem (oder überhaupt einem) Partner
zusammen sein will? Habe ich dann die Stärke
„Nein“ zu sagen?
Und dann war da noch die „Ehefrau aus dem
Katalog“ nicht nur für behinderte Männer, bei
der es wohl weniger um die Liebe geht, sondern um die Versorgung usw. All die aufgezählten Punkte gelten auch für diese Frauen. Hinzu
kommt, dass ausländische Frauen, die nicht aus
der EU kommen, in den ersten Jahren kein eigenständiges Aufenthaltsrecht haben, also bei
einer Trennung innerhalb der ersten drei Jahre wieder abgeschoben werden könnten. Das
heißt aber nicht (Warnung an Voreilige), dass
ihnen nicht trotzdem in Anspruch auf Zugewinn, Versorgungsausgleich usw. zusteht. Nach
Ablauf der Frist kann die Ehefrau dann ein eigenständiges Aufenthaltsrecht beantragen,
das auch nach einer Trennung weiter gilt. Im
Einzelnen gibt es gerade hier eine Vielzahl unterschiedlicher Regelungen, und in Berlin sind
neue Gesetze in Arbeit.
Beispielsweise gibt es ungewöhnliche Unterscheidungen der Herkunftsländer nach einzel-
nen Ländergruppen. Alle Menschen sind noch
lange nicht gleich. Ein Beispiel von vielen: Führerscheine aus den Industrieländern gelten hier
weiter und müssen nur umgeschrieben werden.
Kommt man aus einem weniger „zivilisierten“
Land, muss eine zusätzliche theoretische Prüfung abgelegt werden. Und dann gibt es noch
die Länder, deren Führerschein überhaupt nicht
anerkannt wird, so dass man eine theoretische
und eine praktische Prüfung abzulegen hat.
Vorsicht Panne!
Sind diese Dinge alle geklärt, kann man endlich
daran gehen, die Hochzeit zu planen. Prompt
stehen die nächsten Probleme vor der Tür: Wo
wollen wir heiraten? Ist das Standesamt überhaupt mit dem Rollstuhl zugänglich? Welche
Kirche hat eine Rampe? Wo soll gefeiert werden, gibt es dort auch Behindertentoiletten
in ausreichender Anzahl (wichtig, wenn man
Freunde/Freundinnen im Rollstuhl mit einladen
will) und natürlich alle übrigen Hochzeitsvorbereitungen, das Lampenfiber und noch alles
mögliche, bis es so weit ist, dass eine Verbindung durch die offizielle Eheschließung auch
nach außen dokumentiert ist.
Meist soll auch noch vorher vom Junggesellenleben Abschied feierlich Abschied genommen
werden - und schon tauchen die nächsten Fragen auf: Soll es nur ein Umtrunk sein oder ein
richtiger Polterabend? Der ist ein nicht zu unterschätzendes Risiko. Nicht alle Rollstühle sind mit
einer pannensicheren Bereifung ausgerüstet,
und es wäre sicher ein schlechtes Omen für die
gemeinsame Zukunft, wenn die Zeit davor sich
mit dem lauten Knall eines geplatzten Reifens
verabschiedet.
Text & Foto:
Herbert Müller
Befreiung von den Rundfunkgebühren
Früher wurde meist in den Schwerbehindertenausweis zu den Stempeln aG, H,
B auch noch RF für die Rundfunkgebührenbefreiung gestempelt. Das hat sich
schon seit einiger Zeit geändert und die ausstellenden Behörden streiten vor den
Gerichten um die Vergabe dieses Merkzeichens so vehement, dass man glauben
möchte, der einzelne Sachbearbeiter würde für den Ausfall der Rundfunkgebühren persönlich haftbar gemacht. Manchmal wird so intensiv nachgeforscht, dass
die Privatsphäre verletzt und das Datenschutzgesetz zumindest angekratzt wird.
Für den einen oder anderen, dem die Befreiung
bisher abgelehnt wurde, gibt es seit dem letzten
Jahr eine Alternative: Mit Wirkung vom 1. 4. 2005
wurde der Rundfunkgebührenstaatsvertrag geändert. Seitdem sind nicht mehr die Länder und
Kommunen für die Befreiung von den Gebühren
zuständig. Anträge sind jetzt generell bei der
GEZ (Postfach 11 03 63, 50403 Köln) zu stellen.
Befreit werden können:
der Haushaltsvorstand, dessen Ehegatte und andere Haushaltsangehörige für von ihnen selbst
zum Empfang bereit gehaltene Geräte.
Die Voraussetzungen für eine Befreiung sind bundeseinheitlich in zehn Punkten neu geregelt:
1.) Empfänger von Sozialhilfe (Hilfe zum Lebensunterhalt nach SGB XII) oder von
Leistungen nach § 27a oder 27 d des Bundesversorgungsgesetzes.
2.) Empfänger von Grundsicherung im Alter
oder bei Erwerbsminderung (Grundsicherungsgesetz).
3.) Empfänger von ALG II und Sozialgeld einschließlich Leistungen nach § 22, aber nur
dann, wenn keine Zuschläge nach § 24 SGB
II gezahlt werden.
4.) Empfänger von Leistungen nach dem Asylbewerberleistungsgesetz.
5.) BAFÖG-Empfänger, die nicht bei den Eltern
leben.
28
6.) Sonderfürsorgeberechtigte nach § 27e des
Bundesversorgungsgesetzes.
7. a)Blinde oder nicht nur vorübergehend wesentlich sehbehinderte Menschen mit
einem GdB von mindestens 60 % alleine
wegen der Sehbehinderung
b)Hörgeschädigte Menschen, die gehörlos
sind oder denen eine ausreichende Verständigung über das Gehör auch mit Hörhilfen
nicht möglich ist.
8.) Behinderte Menschen mit einem GdB von
wenigstens 80 %, die deshalb an öffentlichen Veranstaltungen ständig nicht teilnehmen können. Wann das der Fall ist,
bleibt nach wie vor umstritten und gehört
zu den Fragen, die in der Vergangenheit
oft von den Gerichten zu entscheiden waren – und daran wird sich voraussichtlich in
der Zukunft auch nichts ändern.
9.) Empfänger von Hilfe zur Pflege nach dem
Siebten Kapitel SGB XII oder von Hilfe zur
Pflege als Leistung der Kriegsopferfürsorge
oder von Pflegegeld nach den landesgesetzlichen Vorschriften.
10.) Empfänger von Pflegezulagen nach § 267
Absatz 1 des Lastenausgleichsgesetzes
oder Personen, denen wegen Pflegebedürftigkeit nach § 267 Absatz 2 Satz 1 Nr. 2
Buchstabe c dieses Gesetzes ein Freibetrag
zuerkannt wird.
Daneben gibt es noch besondere Härtefälle wegen persönlicher oder sachlicher Unbilligkeit, auf
die hier aber nicht eingegangen wird, weil die
Bedingungen nur für sehr spezielle Sonderfälle
gelten. (Geringes Einkommen ist z. B. kein Befreiungsgrund.)
Gepflegt Radiohören
Neben der Information für Leistungsempfänger
nach Hartz IV und dem Grundsicherungsgesetz,
für die das jetzt eindeutig geregelt wurde, ist
Punkt 9 der Auflistung besonders interessant,
weil hier dem Gesetzgeber ein kleiner Lapsus
unterlaufen ist, der dem einen oder anderen die
Chance eröffnet, die unsozialen Zuzahlungen in
der Krankenversicherung seit dem 1. 1. 2004 an
anderer Stelle wieder auszugleichen:
a) Empfänger von Hilfe zur Pflege nach dem
BSHG können jetzt erfolgreich die Befreiung
beantragen, auch wenn für sie Punkt 8 nicht
zutrifft. Das gilt auch für diejenigen, die diese
Leistung wegen der Besitzstandswahrung beim
Inkrafttreten der Pflegeversicherung zum 1. 1.
1995 neben Leistungen der Pflegeversicherung
weiterhin bekommen.
b) Mancher erhält weiterhin als Besitzstandsleistung Pflegegeld nach den Vorschriften des
jeweiligen Bundeslandes, entweder weil keine
Pflegestufe festgestellt wurde oder weil das
Landespflegegeld den Betrag der Pflegestufe
I in Höhe von 205 Euro überstiegen hat/übersteigt. Auch er/sie kann die Befreiung von den
Rundfunkgebühren beantragen. Da es keine
Ausschlusstatbestände gibt, gilt das auch in den
Bundesländern wie Rheinland-Pfalz oder Thüringen, in denen Landespflegegeld nicht vom Einkommen abhängig ist.
Der Antrag muss grundsätzlich schriftlich gestellt
werden. Formulare kann man bei der GEZ anfordern. Das ist auch im Internet unter www.GEZ.de
möglich. Dort kann man sogar ein PDF-Formular
online ausfüllen und ausdrucken – und auch die
Hilfe zum Ausfüllen ist sehr übersichtlich.
Stempel kostet nichts
Allerdings sollte man dem Antrag dann eine beglaubigte Kopie des Bewilligungsbescheides für
die Hilfe zur Pflege nach dem BHSG oder für Landespflegegeld beifügen und nicht dem anderen
Vorschlag der GEZ folgen. Man kann nämlich
auch unbeglaubigte Kopien beifügen und sich
auf dem Formular von einer Behörde bestätigen lassen, dass das Original vorgelegen hat.
Warum man diesen bürokratischen Unsinn vorgesehen hat, weiß man wohl bei der GEZ selbst
nicht. Sinnvoll wäre das ja nur, wenn dann keine
Kopien beigefügt werden müssten. Es ist schon
mehrfach geschehen, dass ein Antrag abgelehnt
wurde, „weil die Kopien nicht beglaubigt waren“
(aber der Stempel einer Behörde an der vorgesehenen Stelle im Formular fehlte nicht...). Man
spart sich also Zeit, Porto und Ärger, wenn dem
Antrag direkt beglaubigte Kopien beigefügt
sind.
Was viele nicht wissen: eine Kopie kann von jeder „Siegel führenden“ Stelle beglaubigt werden, also auch vom Ortsbürgermeister, vom
Ortsbeirat, von der Polizei, der Schule oder auch
von den Krankenkassen. Und dieser Stempel kostet nichts. Diese Stellen sind sogar verpflichtet,
eine Beglaubigung vorzunehmen, können das
also nicht ablehnen. Meistens ist dort auch ein
Kopiergerät vorhanden. Notfalls macht man die
Kopien selbst im Copy-Shop oder mit dem Scanner über den PC. Nur mit einfachen Faxgeräten,
die mit hitzeempfindlichem Papier arbeiten, geht
das nicht. Solche Kopien verblassen zu schnell
und sind nicht „registraturfähig“.
Text: Herbert Müller
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Zum Verbrauch bestimmte Pflegehilfsmittel:
Kostenerstattung bis 31 €/Monat
Seit Anfang 2004 tun sich die Krankenkassen noch schwerer damit, die Kosten für solche
Hilfsmittel zu übernehmen, die gerade bei Inkontinenz regelmäßig anfallen wie Einmalhandschuhe, Bettschutzeinlagen usw. Dabei gibt es eine Alternative, diese Kosten trotzdem nicht selbst tragen zu müssen – die Pflegeversicherung.
Gemäß § 40 SGB XI stellen die Pflegekassen zur
Erleichterung der Pflege und zur Linderung der
Beschwerden der Pflegebedürftigen oder zur Ermöglichung einer selbständigen Lebensführung
den Pflegebedürftigen Pflegehilfsmittel zur Verfügung, wenn für den Versicherten eine Pflegestufe anerkannt wurde. Die „zum Verbrauch
bestimmten Pflegehilfsmittel“ sind im Hilfsmittelkatalog unter Position 54 aufgeführt:
– Saugende Bettschutzeinlagen zum Einmalgebrauch (also keine Einlagen, die am Körper
getragen werden)
– Fingerlinge
– Einmalhandschuhe - auch sterilisiert, sofern
diese nicht von der KV zu übernehmen sind
– Mundschutz
– Schutzschürzen (auch Overalls)
– Hände- und Flächendesinfektionsmittel (einschließlich Desinfektionswaschmitteln)
-Anzeige-
Eigentlich ist diese Aufstellung erschöpfend.
Aber nach einem Urteil am SG München (Az. S
3 P 5060/01) dürfen Pflegehilfsmittel auch dann
von der Pflegekasse gezahlt werden, wenn sie
nicht im Hilfsmittelverzeichnis der Pflegeversicherung enthalten sind. Dazu müssten dann Ärzte
und MDK eine positive Stellungnahme abgeben
usw. Ob das aber bei den relativ geringen Kosten
z. B. für Glyzerin als Gleitmittel bei der digitalen
Darmentleerung sinnvoll und angemessen ist,
bleibt dahingestellt. (Gilt nicht für andere Pflegehilfsmittel und technische Hilfen. Darum geht
es hier aber nicht.)
Keine Zuzahlung
Die Kosten für die Pflegehilfsmittel werden nur
im Rahmen der häuslichen Pflege von der Pflegekasse übernommen. Bei der stationären Versor-
gung z.B. in einem Pflegeheim muss das Heim diese vorhalten. Voraussetzung ist außerdem, dass
die Hilfsmittel überwiegend die Pflege erleichtern und nicht für die Behandlung einer Erkrankung oder zum Ausgleich für eine Behinderung
eingesetzt werden. (Dann wäre wieder die Krankenkasse zur Zahlung verpflichtet.) Eine ärztliche
Bescheinigung (Rezept) ist nicht notwendig.
ausreichend ist, um nicht Probleme mit der Abrechnung zu bekommen oder eventuell selbst
etwas zuzahlen zu müssen, weil der Rechnungsbetrag größer als 31 € war. Pauschalzahlungen
in Höhe von 31 €/Monat wie sie früher von manchen Kassen aus Vereinfachungsgründen geleistet wurden, sind nach einem BSG-Urteil nicht
mehr möglich.
Für Pflegehilfsmittel ist keine Zuzahlung zu leisten. Sie können – mit Beleg – auch dort eingekauft werden, wo sie am günstigsten zu erwerben sind. Weil auch für Pflegehilfsmittel ein
Sachleistungsanspruch gegenüber der Krankenkasse besteht, haben manche Kassen Vereinbarungen mit regionalen Sanitätshäusern getroffen, bei denen die Pflegehilfsmittel bezogen
werden sollen. Das kann aber nur verlangt werden, wenn diese wirklich in der Nähe sind oder
wenn die Lieferung frei Haus erfolgt. Ist das
nicht der Fall, muss die Pflegekasse auch andere
Einkaufsbelege akzeptieren.
Neuerdings verlangen zwar manche Pflegekassen auch für Pflegehilfsmittel eine ärztliche
Bescheinigung (kein Rezept). Aber da genügt
normalerweise ein Hinweis auf die dort vorliegenden Patientenunterlagen, den internen Verwaltungsaufwand oder die Frage (notfalls an höherer Stelle), ob damit ein gesetzlich geregelter
Anspruch „abgewimmelt“ werden soll.
Nicht abwimmeln lassen
Erfahrungsgemäß ist der eigene Antrag ohne Rezept mit der Bitte um Überweisung unproblematischer als die Abrechnung über Apotheke oder
Sanitätshaus. Es genügt ein kurzer formloser
Antrag. Erwähnt werden müssen: der Name des
Patienten, Geburtsdatum und Art des beantragten Pflegehilfsmittels - mehr ist nicht notwendig.
Wer will, kann zusätzlich den § 40 SGB XI zitieren
z. B.: „Das Hilfsmittel „dient zur Erleichterung der
Pflege“ oder „zur Linderung der Beschwerden“
oder „soll eine selbständigere Lebensführung ermöglichen“.
Da Verpackungsgrößen z. B. bei Bettschutzeinlagen meist nicht mit dem Monatsbedarf übereinstimmen, empfiehlt es sich, bei der Abrechnung
aufzuführen, für wie viele Monate der Einkauf
Text: Herbert Müller
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Bundessozialgericht:
Medikamentengabe gehört
zur Pflege
Mit Urteil vom 17. 3. 2005 (B 3 KR 8/04 R) hat das BSG entschieden, dass die Medikamentengabe als Bestandteil der häuslichen Krankenpflege auch weiterhin eine Leistung der
gesetzlichen Krankenversicherung (GKV) darstellt.
Klägerin
war
eine 86 jährige
Versicherte, die
Leistungen der
sozialen
Pflegeversicherung
nach der Pflegestufe 1 erhält.
Der behandelnde Arzt verordnete ihr zweimal
täglich Medikamentengabe in
Form von häuslicher
Krankenpflege. Die
beklagte Krankenkasse lehnte
den Antrag jedoch ab, mit der
Begründung,
dass sie nicht zuständig sei, da die Medikamentengabe in einem unmittelbaren zeitlichen Zusammenhang mit der Nahrungsaufnahme stehe
und deshalb im Rahmen der Pflegeversicherung
als Grundpflege zu berücksichtigen sei.
Der Klage wurde in erster und zweiter Instanz
stattgegeben und die Krankenkasse zur Zahlung der Medikamentengabe verurteilt. Der 3.
Senat hat jetzt auch die Revision der beklagten
Krankenkasse zurückgewiesen und klargestellt,
32
dass es sich bei der Medikamentengabe um eine
Form der Behandlungspflege handelt, die vom
Verrichtungskatalog des § 14 Abs. 4 SGB XI (Sozialgesetzbuch) nicht erfasst wird. Insbesondere
handelt es sich nicht um eine Pflegemaßnahme
im Rahmen der Verrichtung der „Nahrungsaufnahme“ im Sinne des (Leistungs-)Katalogs. Es
verbleibt daher für die Medikamentengabe bei
der Leistungspflicht der gesetzlichen Krankenkassen nach § 37 SGB V.
Medikamente sind nach den Feststellungen des
Gerichts keine „Nahrung“ im Sinne des § 14 Abs.
4 SGB XI. Dazu zählen nur die festen und flüssigen Nahrungsmittel, die der Mensch zu seiner
Ernährung, das heißt zur Aufrechterhaltung
der Stoffwechselfunktionen zu sich nimmt. Die
Regelung des § 14 Abs. 4 Nr. 2 SGB XI spricht
ausdrücklich nur von der „Aufnahme der Nahrung“, nicht aber z. B. von der Aufnahme von
verdaulichen Stoffen jeder Art. Deshalb stellt
die Medikamentengabe grundsätzlich keine
Verrichtung der Grundpflege i. S. d. § 14 Abs.
4 SGB XI dar und kann ihr auch nicht gleichgestellt werden.
Für den Bereich der Medikamentengabe ist
somit endgültig geklärt, dass die gesetzlichen
Krankenkassen nach wie vor leistungspflichtig
sind. Den Krankenkassen ist damit einmal mehr
untersagt worden, eigene Zuständigkeiten auf
die Pflegekassen abzuwälzen.
Wahlrecht für
Pflegebedürftige
Darüber hinaus hat der 3. Senat mit seinem Urteil klargestellt, dass sich die Regelung des § 37
SGB V nicht nur auf die seit dem 1. 1. 2004 im
Gesetzestext geregelten Kompressionsstrümpfe
bezieht, sondern auf sämtliche krankheitsspezifischen Pflegemaßnahmen. Gleichzeitig hat der
Senat mit seiner Entscheidung den Pflegebedürftigen ein Wahlrecht eingeräumt.
Hintergrund für die Entscheidung des BSG sind
verfassungsrechtliche Bedenken zu der Neuregelung des § 37 Abs. 2 Satz 1 SGB V. Zum einen
könnte sich eine dem Wesen der Sozialversicherung fremde gleichzeitige Zuständigkeit von
sozialer Pflegeversicherung und GKV ergeben,
wenn der Pflegebedürftige einen Anspruch auf
häusliche Krankenpflege in Form der Hilfe beim
An- und Ausziehen von Kompressionsstrümpfen
ab Kompressionsklasse 2 hätte und der Hilfebedarf bei der Feststellung der Pflegebedürftigkeit ebenfalls berücksichtigt würde.
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Zum anderen erschien dem 3. Senat
die Vorschrift des neuen § 37 Abs. 2
Satz 1 SGB V unter dem Aspekt des
allgemeinen Gleichheitsgrundsatzes bedenklich:
Für den vergleichsweise weniger gravierenden
Fall des Tragens von Kompressionsstrümpfen
hatte man eine Ausnahmeregelung geschaffen,
während wesentlich schwerwiegendere Fälle
der Behandlungspflege (z. B. Beatmung oder
Stoffwechsel) ungeregelt geblieben waren.
Behandlungs- und
Grundpflege
Demzufolge hat der 3. Senat mit seiner Entscheidung die Neuregelung des § 37 Abs. 2 Satz
1 SGB V über seinen Wortlaut hinaus erweitert
und hat die bisherige Rechtsprechung des BSG
in diesem Bereich mit Wirkung ab Januar 2004
wie folgt verändert:
1. Maßnahmen der Behandlungspflege können weiterhin nur dann der Grundpflege zugeordnet werden, wenn sie entweder
untrennbarer Bestandteil einer Verrichtung
der Grundpflege sind oder sie mit einer
solchen Maßnahme objektiv notwendig in
einem unmittelbaren zeitlichen und rechtlichen Zusammenhang stehen.
2. Dem Pflegebedürftigen wird ein Wahlrecht
zugestanden, ob er eine Zuordnung der Behandlungspflege zur Grundpflege wünscht
oder nicht. Dadurch soll verhindert werden, dass die Zuordnung ggf. im Falle der
Inanspruchnahme von Sachleistungen zu
Nachteilen für den Versicherten führt. Das
Wahlrecht soll der Pflegebedürftige bei der
erstmaligen Antragstellung bzw. vor Abschluss des Verwaltungsverfahrens gegenüber der Pflegekasse ausüben, indem er
Pflegegeld, Pflegesachleistungen oder Kombinationsleistungen beantragt. Er kann es
aber auch bei einem späteren Wechsel vom
Pflegegeld zur Sachleistung oder umgekehrt
geltend machen.
3. Der MDK (Medizinische Dienst der Krankenkassen) hat in dem zu erstellenden Gutachten
die notwendigen Behandlungsmaßnahmen,
die der Grundpflege zugeordnet werden
können, gesondert aufzuführen und den entsprechenden Pflegeumfang auszuweisen. Bei
einem Antrag auf Pflegegeld erfolgt in der
Gesamtbetrachtung des Pflegebedarfs eine
Addition des Pflegeumfangs für die verrichtungsbezogenen Behandlungspflegemaß-
nahmen; bei Beantragung von Pflegesachleistungen unterbleibt die Addition: Wird die
Kombinationsleistung gewählt, hängt die
Berücksichtigung des Pflegeumfangs für die
verrichtungsbezogene Behandlungspflege
davon ab, ob der Antragsteller diese Pflegemaßnahmen ehrenamtlich (dann Addition)
oder durch einen Pflegedienst (dann keine
Addition) durchführen lassen möchte.
An seine Entscheidung, in welchem Verhältnis er
Geld- und Sachleistungen in Anspruch nehmen
will, ist der Pflegebedürftige für sechs Monate
gebunden. Umgekehrt hat das BSG aber auch
klargestellt, dass die Krankenkasse ihre Leistungspflicht für häusliche Krankenpflege nach
§ 37 SGB V nicht mit dem Argument bestreiten
kann, dass an sich eine Zurechnung des Pflegeaufwands zur Grundpflege hätte erfolgen müssen, wenn bei einem Pflegebedürftigen eine an
sich berücksichtigungsfähige Hilfe bei einer verrichtungsbezogenen Behandlungspflegemaßnahme beim Grundpflegebedarf außer Ansatz
geblieben ist und sich der Pflegebedürftige der
Hilfe durch einen Pflegedienst bedient hat.
Es bleibt nunmehr abzuwarten, ob sich die veränderte Rechtsprechung des BSG zu § 37 SGB
V auch in der Praxis ohne weiteres umsetzen
lässt. Fest steht jedenfalls, dass sich der Pflegebedürftige schon früh gut überlegen muss, auf
welche Weise er sein neues Wahlrecht ausüben
will. Den MDK trifft bei seiner Begutachtung sicherlich eine höhere Sorgfaltspflicht, und nicht
zuletzt auch die Pflegekasse, die den Versicherten im Antragsverfahren viel umfangreicher
aufklären muss als bisher.
Text: Dr. Heike Bennemann,
Rechtsanwältin
Foto: Schütze & Hartmann
Rechtsanwälte AG, Lünen
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25 Jahre FGQ
25 Jahre FGQ:
Eine Erfolgsgeschichte
Am Anfang war eine gute Idee. So gut, dass sie wie eine Illusion
wirkte, ein Traumbild, das niemals zu verwirklichen sein würde.
Es brauchte eine gute Zeit, ein paar Spinner (im guten Sinne),
einige engagierte Geburtshelfer, viele Mitstreiter und mehrere
Leistungsträger mit langem Atem, um der Idee zum Leben zu verhelfen und sie lebendig
zu erhalten: Ein deutschlandweiter Selbsthilfeverein für querschnittgelähmte Menschen.
In diesem Jahr feiert die Fördergemeinschaft der Querschnittgelähmten in Deutschland
e.V. (FGQ) ihr 25 jähriges Bestehen, still und bescheiden, wie es ihre Art ist…
Wirklich bescheiden waren die Anfänge. Ein
Treppenwitz, dass ein frühes Treffen der Vereinsaktivisten in einem Ort namens „machtlos“
stattfand. Gründungsmitglieder, von denen einige noch dabei sind, erinnern sich, dass auch
damals schon Themen diskutiert wurden, die
heute oft noch erschreckend aktuell sind. Helmut Weiß, Ideengeber der ersten Stunde und
erster Chefredakteur der ersten Publikation
(paraplegiker) des neuen Vereins ging bereits in
der Ausgabe engagiert an die Themenbereiche
Arbeit, Freizeit, Sport, Urlaub und Sozialpolitik.
Gründungsvorsitzender (und bis heute im Amt)
Prof. (damals noch Dr.) Hans Jürgen Gerner umriss klar und eindeutig das Ziel der FGQ (damals
noch Fördergemeinschaft der Paraplegiker) „im
Einzelfall da Starthilfe (zu) geben, wo das Netz
der sozialen Sicherheit zu grobmaschig ist.“ Von
Anfang an war auch allen Beteiligten klar, dass
die Probleme und Interessen der Querschnittgelähmten an die Öffentlichkeit gehören.
Die so genannte Einzelfallhilfe war von Gründung
an ein Schwerpunkt der Arbeit der mittlerweile
vom Finanzamt als „mildtätig“ anerkannten Fördergemeinschaft. Zwei Beispiele: Einem querschnittgelähmten Autofahrer wurde von der
Fördergemeinschaft ein elektrischer Garagentü-
36
rantrieb finanziert um ihm eine direkte Einfahrt
in die Garage und über diese einen Zugang ins
Haus zu ermöglichen. 2002, im Jahr der Oderflut
wurde einem dringend auf einen PKW angewiesenen Querschnittgelähmten in den neuen Bundesländern vorübergehend ein PKW zur Verfügung gestellt – sein bisheriges Fahrzeug war vom
Hochwasser zerstört worden, sein Arbeitsplatz
dadurch akut in Gefahr. Die Fördergemeinschaft
hält einen Fahrzeugpool bereit um denjenigen,
die keine Möglichkeiten auf finanzielle Unterstützung zur Fahrzeuganschaffung haben, die
dringend benötigte Mobilität zu ermöglichen.
Die Fahrzeughilfe ist aber nur ein Beispiel für die
Hilfeleistungen der FGQ. Häufig geraten Familien in wirtschaftliche Not, weil ihnen nicht oder
nicht schnell genug geholfen wird, wenn z.B. der
Haupternährer durch eine erlittene Querschnittlähmung plötzlich ausfällt. Die FGQ kann nicht
die Existenz der Betroffenen sichern, aber sie
kann überbrücken helfen und doch immer wieder Lösungsmöglichkeiten aufzeigen.
Starthilfe und
Forschungsförderung
Seit Jahren betreibt die Fördergemeinschaft in
mehreren Städten so genannte „Startpunkt-
25 Jahre FGQ
Wohnungen“. Nach der Entlassung aus der Erstreha finden Betroffene dort für bis zu sechs
Monate eine Übergangswohnung bis sie auf
dem freien Wohnungsmarkt fündig geworden
sind oder ihre eigene Wohnung umgebaut
haben. Die erste Startpunktwohnung wurde
schon 1992 auf Initiative des Chefarztes an der
Bayreuther Klinik für Querschnittgelähmte, Prof.
Dr. Werner Grüninger, in Kliniknähe eingerichtet. Allerdings stößt dieses Konzept inzwischen
an seine Grenzen. Geänderter Wohnungsmarkt
und andererseits rigide Sparpolitik der Rehabilitationsträger sorgen dafür, dass Querschnittgelähmte nach der immer hastiger verlaufenden
Erstreha schnell in der eigenen Wohnung oder
schlimmstenfalls gegen ihren Willen im Pflegeheim landen…
Gegen gesellschaftliche Tendenzen kann auch
das Engagement der FGQ nur im Einzelfall etwas ausrichten. Die Einzelfallhilfe ist die wichtigste, wenn auch oft unspektakulärste Aufgabe geblieben. Glücklicherweise haben sich die
finanziellen Möglichkeiten des Vereins durch
seriöse und hartnäckige Arbeit wesentlich verbessert. Eisern gespart werden muss trotzdem,
dafür sorgte und sorgt Schatzmeister Franz
Kniel. Er weiß, dass die Zeiten für Gemeinnützigkeit nicht besser werden, es gibt immer mehr
Konkurrenten um den Spendenkuchen. Und
auf der anderen Seite hat die Politik in den letzten Jahrzehnten flächendeckend ihre absolute
Hilflosigkeit bewiesen das Problem Arbeitslosigkeit in den Griff zu bekommen. Gleichzeitig
hat sich nichts daran verändert, dass behinderte Arbeitnehmer von dieser negativen Tendenz
besonders hart getroffen werden. Auch jede
von wem auch immer angeleierte „Reform“ in
Gesundheits- oder Sozialwesen (im Grunde alles
Versuche auf Kosten Schwacher Geld zu sparen)
ging tendenziell zu Lasten von Menschen mit
eingeschränkter Gesundheit.
Eine Ausnahme muss allerdings gemacht werden. Dass es jetzt eine wahrnehmbare Forschung zum Thema Querschnittlähmung in
unserem Land gibt, hat auch mit der FGQ zu
tun. Die Tatsache, dass ein bekannter Spitzenpolitiker (Dr. Wolfgang Schäuble) seit einem
Attentat zur betroffenen Bevölkerungsgruppe
gehört, hat den Weg dazu bereiten helfen. Ein
wichtiger Ansatz war sicherlich auch die von der
FGQ initiierte Gründung der Deutschen Stiftung
Querschnittlähmung, die sich vor allem für die
Grundlagenforschung einsetzt. Unübersehbar
ist es der Verdienst des kürzlich verstorbenen
Hans Werner Kämpgen, das Thema „Schmerz
bei Querschnittlähmung“ öffentlich bekannt
gemacht zu haben. Noch vor wenigen
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25 Jahre FGQ
Jahren wurden die teilweise unerträglichen
Missempfindungen Betroffener nicht ernst genommen, sogar psychiatrisiert.
Aktivität der Mitglieder
Die Unterstützung und Beratung Betroffener lief
zunächst nur zentral oder über Einzelpersonen.
Auf FGQ-Gründungsmitglied Christian Joachimi,
damals Geschäftsführer, geht das „Stützpunkt“Netzzurück.DieIdeewaranallenmitQuerschnittRehabilitation befassten Kliniken Deutschlands
Ansprechpartner zu haben, auf medizinischer,
sozialer und Betroffenenseite. Das ist in der Regel erreicht worden, mit einigen Schwankungen
über die Jahre. Die einzelnen Stützpunkte haben
sich dabei zum Teil spezialisiert und bieten neben
ihrer Zusammenarbeit mit den Kliniken zu wichtigen Themen wie Mobilität, Rechtsberatung,
Rollstuhlsport etc. Informationen und Unterstützung. Einige Ansprechpartner arbeiten eng mit
anderen Ämtern, Organisationen und Institutionen zusammen, wirken an der Gestaltung von
Stadtführern mit oder betreuen Betroffene in
örtlichen Wohnheimen. Inzwischen gibt es auch
ein stärker werdendes Netzt von selbstbetroffenen Beratern. Die Zukunft wird zeigen, welche
vielleicht auch neuen Wege die FGQ einschlagen
muss, um ihren Beratungsaufgaben gerecht werden zu können. Eins wird jedoch immer gelten:
Der Verein kann nur so gut sein wie die Aktivität
seiner Mitglieder.
Eine Hierarchie im herkömmlichen Sinn gibt es in
der FGQ nicht. Man hat sich früh dazu entschlossen, bei der Organisationsform „bundesweiter Verein“ zu bleiben. Das hält die Bürokratie
winzig. Es gibt einen gewählten Vorstand, der
sich mehrmals jährlich trifft, sich ansonsten per
E-Mail abstimmt. Es gibt die Zentrale in Mölsheim, wo alle Fäden zusammenlaufen. Und es
gibt die Arbeitsgemeinschaften (ARGE), die sich
38
schwerpunktmäßig mit Themen wie Schmerz,
Ambulante Dienste, Bauen & Umwelt, Urlaub,
Öffentlichkeitsarbeit und Schule, Studium &
Beruf beschäftigen. In den letzten Jahren neu
hinzugekommen sind die ARGE Recht sowie ein
Rechtsbeistand im Sozialrecht.
Zu den über die Jahre wichtigen Themen, die
auch heute noch im Mittelpunkt stehen, gehören Fragen der Mobilität und Integration in den
Alltag. Es waren Veröffentlichungen der FGQ, die
entscheidend mithalfen, dass die Verkehrsmittel
in Deutschland die Weichen in Richtung Barrierefreiheit stellten – auch wenn dieser Weg noch
nicht zu Ende ist. Die ARGE Urlaub organisierte
Anfang der 80er Jahre, als es zum Beispiel kaum
auf Rollstuhlfahrer zugeschnittene Reiseangebote gab, eine Gesprächsrunde mit den großen
deutschen Reiseveranstaltern. Es waren nicht zuletzt die Anregungen aus diesem Gespräch und
die Kontakte der Folgezeit, die zu einer Verbesserung der Situation geführt haben. Mehrere
Reiseveranstalter geben heute Zusatzkataloge
heraus, bieten speziell zugeschnittene Reisen an
und auch beim Umgang mit Behinderungen ist
man fachkundiger geworden. Es hat sich sogar
ein eigener Markt für „Handikap-Reisen“ gebildet, der von der Fördergemeinschaft sorgsam
beobachtet wird.
Die ARGE Ambulante Dienste hat unzählige Hilfesuchende beraten und sich auch kritisch in den
politischen Prozess eingeschaltet. Oft fand sie
Gehör, allerdings wurden viele Ansätze wie die
Ausgestaltung der Pflegeversicherung besonders
für Härtefälle wie Beatmungspflichtige zunehmend ohne die Anhörung Betroffener politisch
entschieden und durchgesetzt. Verstärkt hat sich
in den letzten Jahren allgemein die Tendenz, Gesetze mit unabsehbaren sozialen Folgen schnell
und diskussionslos durchzupeitschen, wobei sich
viele Schnellschüsse immer wieder als
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Rasso Bruckert; QA-Einblicke
Der querschnittgelähmte Fotograf ist bekannt
geworden durch seine Akt- und Portraitaufnahmen behinderter Menschen. Als einer der ersten
hat er damit Sehgewohnheiten in Frage gestellt,
die nur unversehrte genormte Attraktivität gelten lassen.
Bruckert nimmt uns in diesem Buch mit auf eine
direkte und emotionale Reise in eine ernste Wirklichkeit. Der Untertitel des aufwändig ausgestatteten Schwarz-Weiß-Fotobandes verrät, wohin
die „Einblicke“ gehen – „in eine Station für Querschnittgelähmte der Orthopädischen Universitätsklinik in Heidelberg/Schlierbach“, dessen
Chef übrigens der langjährige erste Vorsitzende der Fördergemeinschaft der Querschnittgelähmten (FGQ) ist, Prof. Dr. Hans Jürgen Gerner.
Folgerichtig ist das Buch auch von der FGQ unterstützt worden und über ihre Zentrale erhältlich.
Herausgeber:
Fördergemeinschaft der
Querschnittgelähmten e.V.
Hardcover, 115 Seiten, 70 Abbildungen
ISBN 3-00-015874-X
Humanis-Verlag
Fördergemeinschaft der
Querschnittgelähmten
Silcherstraße 15, 67591 Mölsheim
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19,90 € plus Versand bei
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IN DEUTSCHLAND e.V.
Tel.: 0 62 43-52 55
E-Mail: [email protected]
Internet: www.fgq.de
25 Jahre FGQ
Rohrkrepierer herausstellten… Themen wie behindertengerechtes Bauen und Wohnen, selbstbestimmtes Leben und Hilfsmittelversorgung
wurden schon in den ersten Jahren des Bestehens der FGQ thematisiert. Bei der Rollstuhlentwicklung schaltete sich die Fördergemeinschaft
mit Verbesserungsvorschlägen und Anregungen
aktiv ein. Neben den Arbeitsgemeinschaften
und dem Sekretariat (Kontaktadressen finden
Sie auf der letzten Seite dieser Broschüre) präsentiert sich die Fördergemeinschaft traditionell
auf den wichtigen themenbezogenen Messen
um die überregionalen Kontakte zu verbessern
und persönliche Gespräche zu ermöglichen.
Weg in die Zukunft
Seit Anfang August 2006 ist die FGQ Eigentümerin des HUMANIS-Verlages, der vor allem Zeitschriften und Bücher aus dem Behinderten- und
Selbsthilfebereich herausgibt. Damit setzt sich
eine erfreuliche Tendenz konsequent fort: Die
Fördergemeinschaft bietet immer mehr Informationsmaterialen für Betroffene an. In einer
eigenen sehr erfolgreichen Reihe von Broschüren gibt es inzwischen Ausgaben mit den Themen Gesundheit, Familie & Partnerschaft, Wohnen, hier vorliegend Recht und zur allgemeinen
Orientierung: „Info“. Weitere werden folgen.
Neben dem o.e. offiziellen Organ der FGQ richtet sich „B - Journal für behinderte Menschen“
dagegen an alle Körperbehinderten, ihre Angehörigen und alle am Thema Interessierten. Für
querschnittgelähmte Leser gibt es darin den
Durchhefter „Q – die Seiten für Querschnittgelähmte“ jeweils in der Heftmitte. FGQ und
HUMANIS-Verlag glauben, dass es wichtig ist in
diesen materialistischen Zeiten die eigenen Ziele
nicht aus den Augen zu verlieren. Einen Verein
zu führen ist kein Geschäft. Zwar ist gerade
hier der besonders sensible Umgang mit den
Finanzen gefragt, auf die satzungsgemäße Ver-
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wendung der Gelder schaut nicht zuletzt das Finanzamt. Aber Geld ersetzt keine Inhalte. Wer
in einem solchen Verein mitarbeiten will, sollte
wissen, dass es vorrangig eben nicht um sein
eigenes Fortkommen gehen kann, sondern um
die Interessen der Bevölkerungsgruppe und der
ihr angehörenden bedürftigen Einzelpersonen,
die von dem jeweiligen Zusammenschluss vertreten werden.
Ähnliches gilt für Selbsthilfe-Zeitschriften. Das
darf kein Geschäftsfeld werden, in dem die
Überzeugungen der Eigentümer keine Rolle
mehr spielen und nur die reine Geldvermehrung
von Bedeutung ist. Allerdings kann niemand in
diesem Land daran gehindert werden, sich angebliche Botschaften unter den Nagel zu reißen
um eine Grundlage für ein vermeintlich sicheres
Geschäft zu haben. Es mag nicht zeitgemäß wirken, aber Verein und Verlag vertrauen darauf,
dass die Mehrheit der Leser auf Dauer erkennt,
was eine echte Selbsthilfezeitschrift ist. Die
braucht Macher und Autoren, die ein Konzept
haben und mit Herzblut dabei sind. Die darum
kämpfen, sich auch gegen eine wirtschaftlich
stärkere Konkurrenz zu behaupten. Die einen
langen Atem haben und nicht vergessen wessen Interessen sie vertreten. Und die nicht gleich
jedem modischen Schnickschnack auf den Leim
zu gehen, den gerade irgendwelche selbsternannten Marketingexperten propagieren.
In Deutschland wird oft kleinkarierte Vereinsmeierei beklagt, gerade auch im Bereich der Behindertenselbsthilfe. Das mag gelegentlich zutreffen. Wer sich aber als Bevölkerungsgruppe
im brutaler und kälter werdenden Verteilungskampf behaupten will, muss zusammenhalten.
Die FGQ hat das gelernt. Sie wird ihren Weg in
die Zukunft finden.
Peter Mand, FGQ Schriftführer
ARGE Recht:
Hilfe für Unfallopfer
Die jüngste Arbeitsgemeinschaft der FGQ ist jetzt auch schon drei Jahre alt. Wie groß
der Bedarf tatsächlich war, hat die Initiatoren selbst überrascht. Mittlerweile gehen bei
Koordinator Gottfried Weller jede Woche mehrere Anfragen ein. Die Bandbreite reicht
von Fragen zur Pflegeeinstufung über Probleme mit eigenen Versicherungen (Berufsgenossenschaft und auch Unfallversicherung) bis hin zum klassischen Verkehrsunfall inklusive
Einschätzung der Schadensquote.
Auffällig ist die Tendenz der Leistungsträger (primär Sozialkassen und Berufsgenossenschaften) von Jahr zu
Jahr weniger Mittel für behindertengerechtes Leben zur Verfügung zu stellen. Dies geht stellenweise so weit, dass
die Berufsgenossenschaften den Geschädigten vorschreiben wollen, wo sie
ihre Bedarfsartikel (Katheter etc.) zu
kaufen haben. Gibt es dort nur Artikel
minderer Qualität, hat der Betroffene
eben Pech gehabt.
Hauptthema ist aber nach wie vor das
zögerliche Regulierungsverhalten der
Schadensversicherer. Sowohl die eigene
Unfallversicherung als auch die gegnerische Haftpflichtversicherung ziehen
die Regulierung oft über Jahre hinaus, obwohl
die Eintrittspflicht und auch das Vorliegen eines
Dauerschadens unstreitig sind. Hier konnte die
ARGE oft aus Erfahrung heraus Hilfe betreffend
der Höhe des zu fordernden Schadensersatzes
anbieten und Anrufer vor zu kleinen Abfindungsangeboten warnen. In vielen Fällen ist
es darüber hinaus gelungen, den Betroffenen
durch Rat bei der Entscheidungsfindung zu helfen und neuen Mut zu geben. In Einzelfällen
wurden auch mit guten Ergebnissen die jeweiligen Verantwortlichen angeschrieben und dadurch Druck ausgeübt.
ARGE Recht Mitinitiator RA Oliver Negele.
Konkret plant die ARGE derzeit sich mit dem
Bundestag in Verbindung zu setzen, da sie die
Mindestversicherungssummen von 2,5 Millionen € pro Person für nicht mehr zeitgemäß erachtet. Es liegen Fälle von Betroffenen vor, bei
denen allein die monatliche Pflege ca. 25 000.-€
beträgt. Nach etwa acht Jahren wären bei einer
Mindestversicherungssumme von 2,5 Mio. € die
Leistungen der Versicherer verbraucht, danach
muss der Sozialstaat einspringen, was dieser
– zum Nachteil der Geschädigten – in der Regel
nicht in dem Umfang wie eine Versicherung tun
kann. Ziel der ARGE Recht ist
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eine unbegrenzte Deckung, wie es manche Versicherer bereits anbieten, mindestens aber eine
Deckung von 10 Mio. €.
Bei einer Querschnittlähmung als Unfallfolge ist
es besonders wichtig, dass ein im Schadensrecht
versierter Anwalt eingeschaltet wird. Die ARGE
Recht arbeitet mit Rechtsanwälten zusammen,
die sich auf das Verkehrs- und Schadensersatzrecht spezialisiert haben, unter anderem mit der
Kanzlei Fleischmann, einer der bekanntesten
Rechtsanwälte für Verkehrsrecht in Deutschland. Rechtsanwalt Thomas Reiche aus Köln ist
selbst Betroffener, er arbeitet ebenfalls mit der
ARGE zusammen. Rechtsanwalt Oliver Negele
aus Augsburg, Mitgründer der Arbeitsgemeinschaft Recht, ist ebenfalls schwerpunktmäßig in
der Großschadensregulierung (besonders Querschnittlähmung) tätig. Die ARGE hat sich zum
Ziel gesetzt, über die rechtlichen Problematiken
nach einer Querschnittlähmung aufzuklären
und eine erste Hilfestellung für den schwierigen
Kampf mit den Versicherern und den Sozialkassen zu geben. Die folgende Liste zusammengestellt ist als erster Denkansatz gedacht, erhebt
keinesfalls Anspruch auf Vollständigkeit und
kann auch nicht die anwaltliche Beratung im
Einzelfall ersetzen.
1. Die Haftungsquote
Die Höhe der einzelnen Ansprüche wird bei
Verkehrsunfällen maßgeblich von der Haftungsquote bestimmt. Nur wenn das Unfallopfer
kein Mitverschulden trifft, liegt die Haftungsquote bei 100 %. Wurden die Unfallfolgen jedoch durch das Unfallopfer mit verursacht, da
beispielsweise gegen die Anschnallpflicht verstoßen wurde, kann u. U. eine Mithaftung berücksichtigt werden, wodurch sich die Höhe der
Ansprüche – und zwar sämtlicher Ansprüche
– um die Quote der Mithaftung reduziert.
42
2. Materieller Schaden bei
Körperverletzungen
Neben dem Sachschaden ist oft die weitaus
größte Schadensposition der materielle Schaden bei Körperverletzungen. Dieser kann grob
in die Bereiche Gesundheitsschaden, Mehrbedarfsschaden, Erwerbsschaden und Haushaltsführungsschaden untergliedert werden.
Der Gesundheitsschaden umfasst natürlich die
Heilbehandlungskosten. Diese werden zwar
größtenteils von der Krankenversicherung getragen, in Einzelfällen muss jedoch die gegnerische Versicherung über das Maß des Leistungskataloges der gesetzlichen Krankenkassen
hinaus Ersatz leisten. Auch Gesundheitsschaden
sind Begleitkosten wie z.B. Attestgebühren
und Fahrkosten zum Arzt. Ebenso werden die
Besuchskosten naher Angehöriger in der Regel
ersetzt.
Der Mehrbedarfsschaden umfasst „große“ Positionen wie den behindertengerechten Umbau
eines Hauses als auch kleinere Positionen wie
erhöhte Nebenkosten für Heizung, Strom und
Wasser, sofern diese auf die Behinderung zurückzuführen sind. Weiterhin können unter den
Mehrbedarfsschaden auch Pflegekosten und
die Kosten für ein behindertengerechtes Kraftfahrzeug gefasst werden. Insbesondere ist es
bei einer Querschnittlähmung auch üblich, dass
der höhere Kleiderverschleiß durch das ständige Sitzen im Rollstuhl durch eine monatliche
Geldzahlung abgegolten wird.
Grundsätzlich tritt der Erwerbsschadensersatz
an die Stelle des nunmehr nicht oder nur in Rentenform gezahlten Arbeitsentgeltes. Jedoch
können auch Schüler und Studenten in den Genuss dieses Schadenersatzes kommen. Mithin
wird auch für die Zukunft geschätzt, welcher
Beruf ergriffen worden wäre und was in einem
solchen Beruf verdient worden wäre.
Letztlich kümmert sich jeder Mensch in gewissen Sinne selbst um seinen Haushalt, manchmal
werden auch Familienangehörige mit versorgt.
All dies kann nach einer Querschnittlähmung
nicht mehr in dem Maße erfolgen wie bisher.
Diesen Schaden nennt man Haushaltsführungsschaden. Auch dieser ist einsatzfähig, und zwar
dergestalt, dass eine Haushaltshilfe von der
gegnerischen Versicherung oder den Sozialversicherungsträger bezahlt wird, bzw. die hierfür
nötigen Mittel zur Verfügung gestellt werden.
Immaterieller Schaden
Eine weitere, immer mehr an Bedeutung erlangende Schadensposition ist der immaterielle
Schaden, bzw. das Schmerzensgeld. Dieses wird
als Ausgleich für Schmerzen und Unzulänglichkeiten bezahlt. Beim Schmerzensgeld handelt es
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sich um sog. Schonvermögen, das nicht zur Bestreitung der Lebenshaltungskosten herangezogen werden muss, sondern allein dem Geschädigten zugute kommen soll. Zwischenzeitlich
werden für Querschnittlähmungen im Bereich
der Tetraplegie Summen bis zu 500 000 € bezahlt.
Bei schwersten Verletzungen wie Querschnittlähmungen wird oft auch eine Schmerzensgeldrente bezahlt. Hierbei handelt es sich regelmäßig um einen kleineren Fixbetrag um 250 €.
Sonstiges
Die Mindestdeckungssumme ist derjenige Betrag,
den eine gegnerische Haftpflichtversicherung im
ungünstigsten Fall bezahlen muss. Seit Anfang
des Jahres 2002 gelten für die Mindestdeckungssummen diese gesetzlichen Vorschriften:
• Die Mindestdeckungssumme pro geschädigter Person muss 2,5 Mio. € betragen.
• Bei Tötung oder Verletzung von drei und
mehr Personen muss die Mindestdeckungssumme insgesamt 7,5 Mio. € betragen.
Worten: Diejenigen Kosten, für die die Krankenkasse leistungspflichtig ist, können nicht beim
Schädiger geltend gemacht werden.
• Bei Sachschäden beläuft sich die Mindestdeckungssumme auf 500 000 €.
Vorsorgevollmacht !
• Bei reinen Vermögensschäden (keine Personen- oder Sachschäden) beläuft sich die
Mindestdeckungssumme auf 50 000 €.
• In der Praxis beträgt die Haftpflichtdeckung
heutzutage jedoch in der Regel zwischen
8 und 10 Mio. € pro geschädigter Person.
Verjährung / Obliegenheiten (Pflichten):
Bei einem Schadensfall treffen den Geschädigten eine Vielzahl von Obliegenheiten, deren
Nichterfüllung finanzielle Einbußen zur Folge
haben kann. Auch droht bei zögerlicher Regulierung durch die Versicherer die Verjährung.
Die Beratung durch einen Anwalt ist hier zwingend erforderlich.
Die Rechtsanwaltskosten werden bei Verkehrsunfällen in der Regel auch ohne vorherige Inverzugsetzung (schriftlich geforderter Termin) von
der gegnerischen Haftpflichtversicherung übernommen. Die gegnerische Versicherung bezahlt
jedoch die Anwaltskosten nur aus dem Betrag,
den sie letztendlich reguliert (d.h. bezahlt), so
dass insoweit bei einem Mitverschulden oder
bei einer zu hohen Forderung hier nicht alle Anwaltskosten übernommen werden. Hier springt
jedoch oft eine Rechtsschutzversicherung ein
(soweit vorhanden).
Nach § 116 Sozialgesetzbuch X (SGB X) gehen
bei gesetzlich Versicherten im Unfallzeitpunkt
alle Schadenersatzansprüche, die im Leistungskatalog der Krankenkassen enthalten sind, auf
die Sozialversicherungsträger über. Mit anderen
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Sehr wichtig ist, dass noch während der Zeit nach
einem schweren Unfall mit Querschnittlähmung
in Akutklinik und Reha bereits die Weichen für
das spätere Leben mit der Behinderung gestellt
werden. Hier empfiehlt es sich dringend, eine
Vertrauensperson zur Erledigung dieser Aufgaben einzuschalten, da der Betroffene selbst in
der Zeit unmittelbar nach dem Unfall zu sehr
mit sich selbst beschäftigt ist und wie die Erfahrung zeigt regelmäßig keine Energie auf den
„Papierkram“ verwenden kann.
Bereits vorher, in jedem Fall aber nach dem Unfall, empfiehlt es sich eine so genannte „Vorsorgevollmacht“ für den Fall der Fälle auszustellen.
Entsprechende Formulare finden sich auf der Homepage des Bundesjustizministeriums (http://
www.bmj.bund.de/media/archive/533.pdf).
Wer will kann sich als Betroffener oder Angehöriger jederzeit an die Arbeitsgemeinschaft
wenden.
Zum Thema Entschädigung bei Querschnittlähmung nach Verkehrsunfall gibt es bei der ARGE
einen Leitfaden, der als E-Mail verschickt wird.
Kontakt:
ARGE Recht der FGQ
Gottfried Weller
Dr. Loeffelladstraße 127
86609 Donauwörth
Tel.: 09 06-83 34; Fax: 9 99 97 16
E-Mail: [email protected]
Ein aufschlussreicher Briefwechsel:
An das Bundesaufsichtsamt für das Versicherungswesen
Sehr geehrte Damen und Herren
Frau Sabine U. hatte am 2002 als Beifahrerin einen Autounfall mit folgenden
Verletzungen: komplette Querschnittlähmung unterhalb Halswirbelsegment vier/
fünf. Komplette Lähmung beider Beine
sowie der Bauch- und Rückenmuskulatur
und teilweise der Handmuskulatur sowie
fast vollständig der Fingermuskulatur. Es
besteht eine komplette Blasen- und Mastdarmlähmung. Im Rahmen des Unfalles
kam es noch zu weiteren schweren Verletzungen.
Die Versicherung beruft sich auf eine Mindestdeckungssumme von 2,5 Mio. Euro,
da der Vorbesitzer des Unfall-Pkw seinen
Vertrag gekündigt hatte. Die Gesellschaft
ist der Meinung, dass sie aufgrund der Beendigung des Vertragsverhältnisses lediglich mit der Mindestdeckungssumme von
2,5 € gegenüber der Verletzten hafte.
Rechtsanwalt Lachner aus der Kanzlei
Fleischmann vertritt die Meinung, dass
die Argumentation der Versicherung
nicht stichhaltig ist.
Sehr geehrte Damen und Herrn, die Versicherung hat bis heute, also vier Jahre
nach dem Ereignis den Nachweis noch
nicht erbracht, warum sie nur mit der gesetzlichen Mindestdeckungssumme von
2,5 Millionen haftet. Wir haben daher die
Bitte, dass von ihrer Institution geprüft
wird, ob der Versicherer gegen das Gesetz verstoßen hat. Für ihre Bemühungen
im voraus herzlichen Dank.
Fazit aus der Antwort des
Bundesaufsichtsamtes
„Im vorliegenden Sachverhalt komme ich zu
dem Ergebnis, dass die Nachhaftung ab den
Zeitpunkt der Beendigung des Versicherungsverhältnis begann und das der Versicherer für
die Folgen des Verkehrsunfalles mit den gesetzlichen Mindestversicherungssummen (2.5 Millionen €) haftet.“
Der Rechtsanwalt der Betroffenen hat ca. vier
Jahre mit der Versicherung über die Haftungsquote (Sabine war nicht angegurtet) verhandelt. Man einigt sich auf 80 %. Bei einer Mindestversicherungssummen von 2,5 Millionen €
ist es egal, ob die Haftungsquote 80 oder 100
% beträgt. Daher hat der Rechtsanwalt von Sabine vor, eine Einmalzahlung der 2,5 Millionen
anzustreben. Die Krankenkasse (AOK Bayern)
hat bis jetzt ca. 200 000 € von der Versicherung für ihre Leistungen bekommen. Es gibt ein
Grundsatzurteil, dass die Leistungen der Versicherer (Kfz) ausschließlich den Betroffenen zur
Verfügung gestellt werden muss.
Fazit ARGE Recht
Die ARGE wird an das zuständige Ministerium schreiben
mit der Bitte zu überprüfen
ob die Mindestversicherungssummen von 2,5 Millionen €
noch zeitgemäß ist. Es liegen
Fälle von Betroffenen vor, bei
denen die monatliche Pflege
ca. 25 000 € beträgt. Nach
ca. acht Jahren wären bei
einer Mindestversicherungssummen von 2,5 Millionen €
die Leistungen der Versicherer verbraucht.
ARGE Recht Koordinator
Gottfried Weller.
45
Vom Antrag bis zum Ende:
Verfahren zur Beantragung
eines Hilfsmittels
Bei der Versorgung mit einem Hilfsmittel durch eine gesetzliche Krankenkasse, aber auch
bei Leistungen anderer Sozialleistungsträger stellt sich regelmäßig die Frage, welche Rechte die Betroffenen in diesem Verfahren haben. Es kann für den Antragsteller nur von Vorteil sein, wenn er den Ablauf kennt.
Gesetzliche Krankenkassen sind
öffentlich-rechtliche
Körperschaft und damit
auch Behörden,
die ihre Entscheidungen in einem
Verwaltungsverfahren treffen.
Sie sind Sozialleistungsträger, für
die die Verfahrensvorschriften
im 10. Buch Sozialgesetzbuch
(SGB X) gelten.
Der Verfahrensbeginn: In der Regel beginnt es mit einem Antrag des Betroffenen auf Versorgung mit einem
bestimmten Hilfsmittel. Hierbei handelt es sich
nicht um ein formelles Antragsformular, sondern der Antrag wird z.B. gestellt durch den Kostenvoranschlag eines Sanitätshaus oder eines
anderen Leistungserbringers, der zur Hilfsmittelversorgung berechtigt ist.
Da es immer um Ansprüche des einzelnen Versicherten auf ein konkretes Hilfsmittel geht, ist
der Versicherte immer Beteiligter des mit dem
46
Kostenvoranschlag eingeleiteten Verfahren und
ihm stehen alle gesetzlichen Rechte in dem Verfahren zu.
Die Entscheidung der
Krankenkasse
Über Anträge der Versicherten muss die Krankenkasse durch einen Verwaltungsakt (auch
Bescheid genannt) entscheiden. Hierbei handelt es sich um die abschließende Entscheidung
über einen Anspruch des Einzelnen mit rechtlicher Wirkung. Solche Verwaltungsakte können
mündlich, schriftlich oder in elektronischer Form
getroffenen werden. Also auch die mündliche
Ablehnung einer beantragten Rollstuhlversorgung stellt einen ablehnenden Verwaltungsakt
dar. Da mündliche Entscheidungen in der Regel
nicht in ausreichender Form dokumentiert sind,
hat der Versicherte einen Anspruch auf schriftliche oder elektronische Bestätigung, wenn hieran ein berechtigtes Interesse besteht und der
Betroffene dies unverzüglich verlangt, wie sich
aus der Vorschrift des § 33 Abs. 2 Satz 2 SGB X
ergibt. Ein berechtigtes Interesse liegt auf jeden
Fall dann vor, wenn es sich um eine belastende
Entscheidung handelt, gegen die Rechtsmittel
eingelegt werden sollen.
Für die schriftliche Entscheidung reicht es nicht
aus, wenn lediglich mit einem Satz ohne weitere
Ausführungen ein Anspruch abgelehnt wird.
Vielmehr hat die Krankenkasse ihre Entscheidung zu begründen, wie es § 35 SGB X vorgibt.
Aus der Begründung müssen sich alle wesentlichen tatsächlichen und rechtlichen Gründe ergeben, die zu der Entscheidung geführt haben.
Das Begründungserfordernis spielt natürlich vor
allem bei belastenden Entscheidungen eine Rolle. Bei einer bewilligenden Entscheidung kann
hierauf sicherlich verzichtet werden, da dem
Anspruch entsprochen wurde.
Der Verfahrensablauf bis zur
Entscheidung
Um ihre Entscheidung zu treffen, hat die Krankenkasse zu prüfen, ob ein Anspruch auf die
begehrte Leistung besteht. Bei der Versorgung
mit einem Hilfsmittel, wie z.B. einem Rollstuhl
hat die Krankenkasse zu prüfen, ob die Voraussetzungen gemäß § 33 Abs. 1 Satz SGB V (Das
Recht der gesetzlichen Krankenversicherung)
vorliegen. Sie muss also prüfen, ob das beantragte Hilfsmittel das im Einzelfall für den Behinderungsausgleich oder die Krankenbehandlung erforderliche Hilfsmittel ist.
In der Regel liegen hierfür der Krankenkasse
die ärztliche Verordnung und der Kostenvoranschlag vor. Soweit der entscheidende Mitarbeiter aufgrund dieser Unterlagen eine Entscheidung treffen kann, muss er keine weiteren
Ermittlungen treffen. Ansonsten hat er nicht nur
die Möglichkeit, sondern auch die Verpflichtung
ggf. weitere Ermittlungen anzustellen und auch
den Versicherten entsprechend zu beraten, wie
sich aus der Vorschrift des § 14 SGB I ergibt, in
der es heißt, dass jeder Anspruch
auf Beratung über seine Rechte und Pflichten
nach diesem Gesetzbuch hat, wobei zuständig für die sich aus dem SGB V ergebenden
Leistungsansprüche die Krankenkasse ist.
Der Beratungsanspruch
Beratungsanspruch bedeutet, dass dem einzelnen alle erforderlichen Kenntnisse vermittelt
werden, die er benötigt, um seine Rechte und
Pflichten nach dem SGB wahrnehmen zu können; es handelt sich um eine individuelle, auf
die Umstände des Einzelfalls zugeschnittene
Vermittlung der rechtlichen und tatsächlichen
Grundlagen für vom einzelnen zu treffende Entscheidungen. Da der einzelne Versicherte einen
individuellen Anspruch auf Beratung hat, muss
diese nach Inhalt und Form dem besonderen
Bedarf angepasst sein, der die Beratungspflicht
ausgelöst hat.
Die Krankenkassen haben also nicht nur über
den Antrag zu entscheiden, indem sie einen
Anspruch bewilligen oder ablehnen, sondern
individuell beraten. Z.B stellt ein Versicherter
einen Antrag auf einen E-Rollstuhl, der mit der
Begründung abgelehnt wird, dass er nicht fahrtauglich sei. Es erfolgt nur die Ablehnung, aber
keine weitere Tätigkeit. Hier stellt sich die Frage,
ob nicht die Krankenkasse auch darauf hingewiesen hat, dass nicht nur ein Anspruch auf das
Hilfsmittel besteht, sondern auch ein Anspruch
auf die Ausbildung im Gebrauch des Hilfsmittels, wodurch das Problem der fehlenden Fahrtauglichkeit gelöst sein könnte. Damit würde
der Beratungsanspruch seinem Ziel gerecht
werden, die sozialen Ansprüche des Einzelnen
zu verwirklichen. Wird die Beratungspflicht verletzt – gänzlich unterbliebene Beratung, unrichtige oder unvollständige Beratung – kann ein
Anspruch auf Schadensersatz aus dem Gesichtspunkt der Amtshaftung bestehen oder ein so-
48
zialrechtlicher Herstellungsanspruch entstehen,
durch den der Einzelnen so zu stellen ist als wäre
er richtig beraten worden. Die Voraussetzungen
für solche Ansprüche unterliegen strengen Kriterien, so dass nicht jede fehlerhafte Beratung
diese Ansprüche hervorruft.
Einholung eines Gutachtens
– Der Medizinischen Dienst
Vor Bewilligung eines Hilfsmittels können die
Krankenkassen in geeigneten Fällen durch
den Medizinischen Dienst prüfen lassen, ob
das Hilfsmittel erforderlich ist. Auch der Medizinische Dienst hat nach dem Wortlaut des §
275 SGB V den Versicherten zu beraten. Da er
häufig nur nach Aktenlage entscheidet und die
Verwaltungsakte meistens nur aus ärztlicher
Verordnung, Kostenvoranschlag und vielleicht
noch einem früheren Gutachten der Pflegeversicherung besteht, konnte eine echte Beratung
durch den Medizinische Dienst vom Autor bisher nicht festgestellt werden.
Der Medizinische Dienst prüft also, ob ein bestimmtes Hilfsmittel im Einzelfall zur Krankenbehandlung oder zum Behinderungsausgleich
erforderlich ist. Hierbei handelt es sich um
tatsächliche Fragen, nämlich ob die ärztliche
Verordnung wirklich ein erforderliches Hilfsmittel beinhaltet. Aufgabe des Medizinischen
Dienstes ist es jedoch nicht, rechtliche Aussagen
zu treffen, wie sie sich immer wieder in Stellungnahmen des Medizinischen Dienstes finden. Ob
ein Anspruch aus Rechtsgründen besteht oder
nicht, hat die Krankenkasse zu entscheiden.
Erst die Krankenkasse trifft die Entscheidung
gegenüber dem Versicherten. Der Medizinische
Dienst nimmt lediglich eine Überprüfung intern
vor, so dass nur die Entscheidung der Krankenkasse und nicht die des Medizinischen Dienstes
mit Rechtsmittel angefochten werden kann.
Externe
Hilfsmittelberater
Einige
Krankenkassen
sind dazu übergegangen, dass sie zur Überprüfung eines Hilfsmittelanspruchs
externe
Hilfsmittelberater
einsetzen. Hierbei handelt
es sich um selbständige
private Unternehmen,
die im Auftrag der Krankenkasse prüfen, ob ein
beantragtes Hilfsmittel
erforderlich ist. Diese
sind also nicht bei den Krankenkassen angestellt
oder in anderer Form zur Krankenkasse gehörend. Über welche Ausbildung oder Qualifikationen diese verfügen, ist in der Regel zumindest
Außenstehenden nicht bekannt.
Die Einschaltung solcher externen Hilfsmittelberater ist nach Auffassung des Autors rechtswidrig! Entscheidungen der Sozialgerichte zu dieser
Frage sind bisher nicht bekannt geworden.
Die Krankenversicherung und Gesundheitsfürsorge ist eine hoheitliche Aufgabe, die durch die
gesetzlichen Krankenkassen durchzuführen ist.
Nur der Medizinische Dienst ist in § 275 SGB V
genannt, der die Erforderlichkeit eines Hilfsmittels zu überprüfen hat. Für die Einschaltung privater Unternehmen fehlt jede Rechtsgrundlage.
Da es sich bei den externen Hilfsmittelberatern
um private Unternehmen handelt, ist davon
auszugehen, dass sie eine entsprechende Vergütung von der Krankenkasse erhalten. Nach
welchen Maßstäben eine solche Vergütung
gezahlt wird, könnte nur vermutet werden,
ist bisher jedoch nicht bekannt. Aber es muss
zumindest gefragt werden, warum die Krankenkassen einerseits den Medizinischen Dienst
finanzieren, anderseits zusätzlich externe Hilfsmittelberater, die die Erforderlichkeit des Hilfsmittels feststellen sollen. Dem Autor sind Fälle
bekannt, in denen sogar beide tätig geworden
sind. Mit dem von den Krankenkassen immer
wieder gerne zitierten Wirtschaftlichkeitsgebot
hat dies sicherlich nichts mehr zu tun. Das zweite Problem ist der Sozialdatenschutz, der häufig
missachtet wird, indem an private Unternehmen
geschützte und sensible persönliche Daten der
Versicherten weitergegeben werden.
Was ist also zu tun, wenn die Krankenkasse
externe Berater einschaltet und Sie wollen
dies ablehnen?
Sie müssen damit rechnen, dass die Krankenkasse auf Ihre Mitwirkungspflichten hinweist und
dass ansonsten keine Entscheidung getroffen
werden könnte. Sie sollten die Krankenkasse
dann auf § 14 SGB IX hinweisen, der für Begutachtungen vorsieht, dass die Krankenkasse drei
wohnortnahe Gutachter vorschlägt, unter denen Sie ein Auswahlrecht haben.
49
Sollte die Krankenkasse hierauf nicht eingehen,
stellt sich die Frage, ob man das Risiko eingehen will, dass alleine wegen der Ablehnung des
externen Hilfsmittelberaters eine Ablehnung
des Antrags erfolgt. Die Alternative hierzu ist
die Zustimmung unter dem Vorbehalt, dass
man die Vorgehensweise der Krankenkasse aus
den oben genannten Gründen für rechtswidrig
erklärt und hierauf schriftlich hinweist. Sollte
dann eine ablehnende Entscheidung kommen,
besteht die Möglichkeit die weiter unten genannten Rechtsmittel einzulegen. Vorteil dieser Vorgehensweise ist, dass man nicht nur
aus formellen Gründen eine Ablehnung erhält,
sondern auch eine inhaltliche Ablehnung bekommt, die im Widerspruchs- oder gerichtlichen
Verfahren überprüft werden kann. Soweit der
Datenschutz verletzt wird, besteht die Möglichkeit, sich an den zuständigen Datenschutzbeauftragten zu wenden.
Was tun bei
ablehnenden Entscheidungen?
– Die Rechtsmittel
Welche Rechte bestehen, wenn die Krankenkasse z.B. die Versorgung mit einem neuen Rollstuhl
ablehnt oder die Pflegekasse die Pflegestufe II
auf die Pflegestufe I kürzt? Vergleichbares gilt
aber auch wenn das Versorgungsamt den GdB
(Grad der Behinderung) kürzt oder einen Nachteilsausgleich wie das „aG“ (außergewöhnlich
gehbehindert) auf „G“ beschränkt oder gänzlich wegnimmt. In allen diesen Fällen handelt es
sich um belastende Entscheidungen eines Sozialleistungsträgers, gegen die das Rechtsmittel
des Widerspruchs möglich ist.
Eine belastende Entscheidung liegt aber auch
vor, wenn z. B. der Rollstuhl, aber erforderliches
Zubehör nicht bewilligt wird. Dazu gehören
auch die Fälle, in denen von der Krankenkas-
50
se das Recht des Patienten zur Auswahl seines
Leistungserbringers (z.B. eines bestimmten Sanitätshaus) missachtet und ein anderes Unternehmen von der Krankenkasse beauftragt wird
oder der Patient einen Eigenanteil leisten soll.
Auch hier ist gegen den belastenden Teil der
Entscheidung der Widerspruch möglich.
Rechtsmittelbelehrung
Grundsätzlich sind alle Sozialleistungsträger und
damit auch die Krankenkassen gesetzlich verpflichtet, eine ablehnende Entscheidung mit einer Rechtsmittel- oder Rechtsbehelfsbelehrung
zu versehen. In dieser muss sinngemäß enthalten sein, dass der Versicherte innerhalb einer
Frist von einem Monat (nicht nur vier Wochen)
das Recht hat, gegen die ablehnende Entscheidung schriftlich Widerspruch einzulegen. Des
Weiteren muss die Stelle genau benannt sein, bei
der der Widerspruch eingelegt werden kann.
Aus der korrekten und vollständigen Belehrung
ergibt sich, dass der Widerspruch innerhalb
eines Monats nach Zugang beim Versicherten
schriftlich bei der erlassenden Stelle eingegangen sein muss. Es reicht nicht aus, dass der Widerspruch innerhalb von einem Monat abgeschickt wird, sondern er muss innerhalb der Frist
von einem Monat auch bei der Krankenkasse
eingehen. Dies geht per Post, Fax oder persönliche Abgabe bei der Behörde, jedoch nicht
mündlich, telefonisch oder per Mail. Bei der persönlichen Abgabe sollten man sich immer eine
Empfangsbestätigung geben lassen, die z. B.
auf der Kopie vermerkt werden kann. Eine Kopie sollte man übrigens immer machen. Bei der
Versendung durch die Post sollte Einschreiben/
Rückschein oder Einwurf-Einschreiben gewählt
werden, da ein einfaches Einschreiben nur die
Bestätigung der Absendung, aber nicht des
maßgeblichen Eingangs gibt.
Wenn die Frist versäumt wird, wird die ablehnende Entscheidung bestandskräftig und gilt damit
als richtig, unabhängig vom Inhalt. Sie haben
aber die Möglichkeit einen Überprüfungsantrag
gemäß § 44 SGB X zu stellen, mit dem Sie die
Behörde zur nochmaligen Entscheidung bringen
können. Sie verlieren aber auf jeden Fall Zeit,
was bei der erheblichen Bearbeitungsdauer der
Krankenkassen sicherlich von Bedeutung ist.
Sie müssen den Widerspruch auch nicht begründen, sondern können diesen zur Fristwahrung
erst einmal vorsorglich einlegen, um ihn dann
später zu begründen oder zurückzunehmen.
Eine Begründung empfiehlt sich auf jeden Fall,
da ansonsten es der Behörde einfach fällt, bei
ihrer ablehnenden Haltung zu bleiben.
Im Gegensatz zu den meisten anderen Sozialleistungsträgern kommen viele gesetzlichen Krankenkassen der gesetzlichen Verpflichtung zur
Rechtsmittelbelehrung nicht nach. Offensichtlich
besteht dort die Annahme, dass man die Bürger
lieber nicht über ihre Rechte aufklären sollte, da
ansonsten noch davon Gebrauch gemacht wird.
Um einen Widerspruch einzulegen, braucht es
nicht einer Rechtsmittelbelehrung. Da es aber
an der gesetzlichen Aufklärung über zustehende Rechte fehlt, verlängert sich in diesen Fällen
die Frist für den Widerspruch auf ein Jahr.
Widerspruchsverfahren
Durch den Widerspruch wird das Widerspruchsverfahren eingeleitet, in welchem die Behörde
ihre Entscheidung noch mal überprüfen muss.
Zum Teil wird hierzu auch der medizinische
Dienst der Krankenkassen eingeschaltet, um die
Argumente des Widerspruchs zu überprüfen.
Über den Widerspruch muss innerhalb von drei
Monaten entschieden werden, da ansonsten
eine Untätigkeitsklage beim zuständigen
Sozialgericht erhoben werden kann, mit der die
untätige Behörde zur Entscheidung gezwungen
werden kann.
Spätestens im Widerspruchsverfahren haben Sie
auch das Recht auf Akteneinsicht gemäß § 25
SGB X. Sie haben hierdurch die Möglichkeit, in
den Räumen der Krankenkassen in die Akte Einsicht zu nehmen. Alternativ kommt in Betracht,
dass Sie die Krankenkasse bitten Ihnen eine
Kopie der Stellungnahme des Medizinischen
Dienstes zur Verfügung zu stellen. In der Regel
reicht dies aus, da dies in streitigen Fällen meistens die Entscheidungsgrundlage der Krankenkasse ist. Die Akteneinsicht hat den Vorteil, dass
Sie sich in ihrer Begründung des Widerspruchs
besser mit den ablehnenden Gründen auseinandersetzen können.
Endet das Widerspruchsverfahren mit einem
Abhilfebescheid, ist alles gut, da Sie Recht bekommen haben. Sollten Sie jedoch einen Widerspruchsbescheid bekommen, wurde Ihr
Widerspruch abgewiesen. Auch der Widerspruchsbescheid muss wieder mit einer Rechtsmittelbelehrung versehen sein, die sinngemäß
lauten muss, dass man gegen den Widerspruchsbescheid innerhalb eines Monats schriftlich Klage beim zuständigen Sozialgericht erheben kann. Im Gegensatz zu der ablehnenden
Entscheidung ist bei Widerspruchsbescheiden
immer eine richtige und vollständige Rechtsmittelbelehrung zu finden.
Klage
Für die Erhebung der Klage gelten die Ausführungen zum Widerspruch entsprechend. Die
Klagefrist von einem Monat und die Schriftlichkeit sind zu beachten und ebenso kann eine Klage erst einmal fristwahrend ohne Begründung
eingereicht werden.
52
Die Vertretung durch einen Anwalt ist nicht
zwingend. Wenn er einen Anwalt einschalten
will, sollte darauf achten, dass er auf dem Gebiet des Sozialrechtes und des Krankenversicherungsrechts seinen Schwerpunkt hat, da viele
Grundsätze und Regeln von den üblichen Verfahren abweichen.
Das Sozialgericht überprüft die Entscheidung
der Behörde auf ihre Richtigkeit. Soweit erforderlich werden hierzu auch medizinische
Gutachten eingeholt. Es werden unabhängige
Gutachter beauftragt, aber nicht der medizinische Dienst der Krankenkassen. In der Regel
entscheidet das Gericht durch Urteil nach einer
mündlichen Verhandlung, in der alle Beteiligten
noch mal Gelegenheit haben, ihren Standpunkt
darzulegen. Hier legt das Gericht meistens seine rechtliche Überzeugung deutlich dar und
versucht eine der beiden Beteiligten davon zu
überzeugen, dass entweder der Kläger die Klage zurück nimmt oder dass die Krankenkasse
anerkennt. In den Fällen, in denen das Gericht
den Beteiligten z. B. nur zum Teil Recht gibt,
wird häufig ein Vergleich vorgeschlagen. Ein
Vergleich ist nicht grundsätzlich schlechter als
ein Urteil, da man auf diesem Weg auch seine Leistung bekommt und zum Teil ein länger
dauerndes Verfahren bis zum Urteil vermeiden
kann. Ob ein Vergleich sinnvoll ist, muss man
immer im konkreten Einzelfall entscheiden.
Kosten
Von Bedeutung sind immer die Kosten für das
Widerspruchs- und Klageverfahren. Grundsätzlich sind beide Verfahren für Versicherte kostenfrei, dass heißt es müssen unabhängig vom
Ausgang des Verfahrens keine Gebühren an die
Behörde für das Widerspruchsverfahren oder
das Sozialgericht für das Klageverfahren gezahlt
werden. Hierzu gehören auch die Kosten eines
vom Gericht bestellten Gutachters. Der Gesetzgeber plant aber diese Regelung zu ändern und
zumindest eine gewisse Kostenbeteiligung einzuführen, da angeblich zu viele unnötige oder
unsinnige Klagen geführt werden.
Kosten können also nur entstehen, wenn Sie
einen Rechtsanwalt beauftragen. Im Falle des
Obsiegens hat die unterlegene Behörde die Kosten zu tragen. Dies gilt für das Widerspruchsund das Klageverfahren. Wenn Sie verlieren
sollten, müssen Sie aber nicht die Kosten der
Behördenvertreter übernehmen, da von diesen
in der Regel keine Anwälte beauftragt werden
und selbst wenn, wären diese Kosten nicht erstattungsfähig.
Eine Absicherung des Kostenrisikos kann im gerichtlichen Verfahren über die Prozesskostenhilfe oder eine Rechtsschutzversicherung erfolgen. Prozesskostenhilfe setzt voraus, dass man
über Einkünfte verfügt, die vereinfacht gesagt,
nur unwesentlich höher als die Sozialhilfesätze
sind und die Klage Aussicht auf Erfolg hat. Außergerichtlich, also im Widerspruchsverfahren
geht dies über die so genannte Beratungshilfe.
Rechtschutzversicherungen gelten aufgrund
der Allgemeinen Versicherungsbedingungen
immer erst für das Klageverfahren, nicht für
das Widerspruchsverfahren. Sollten Sie einen
Anwalt beauftragen wollen, sprechen Sie die
Frage der Kosten immer vorab an.
Was tun bei Untätigkeit der
Krankenkasse?
Bekanntermaßen lassen sich Krankenkassen bei
der Bearbeitung von Anträgen und Kostenvoranschlägen zur Bewilligung von Hilfsmitteln oft
monatelang Zeit, obwohl der Bedarf sofort besteht. Beliebt ist es, den Medizinischen Dienst
der Krankenkassen (MDK) einzuschalten, der
die zeitnahe und sachgerechte Bearbeitung
nochmals verzögert. Eine einstweilige Anordnung beim zuständigen Sozialgericht kommt
nur ausnahmsweise in Betracht. Eine Untätigkeitsklage ist auch erst sechs Monate nach Antragstellung bzw. drei Monate nach Einlegung
des Widerspruchs zulässig.
Eine Hilfe zur zeitnahen Bearbeitung kann das
seit Mitte 2001 bestehende SGB IX, das Gesetz
zur Rehabilitation und Teilhabe behinderter
Menschen, geben. Das SGB IX hat sich leider in
der täglichen Praxis gerade im Hinblick auf die
gesetzliche Krankenversicherung bisher nicht
durchgesetzt, obwohl es für alle Rehabilitationsträger und damit auch für die gesetzliche
Krankenversicherung gilt. Es schafft gleichartige
Ansprüche und sorgt für übereinstimmende
Qualitätsstandards.
Das SGB IX gilt für alle behinderten oder von
Behinderung bedrohten Menschen. Dies setzt
voraus, dass die gesundheitliche Beeinträchtigung länger als sechs Monate andauert oder zu
erwarten ist.
Das SGB IX sieht in den §§ 14; 15 Regelungen
vor, um eine schnelle Sachentscheidung der Rehabilitationsträger herbei zu führen.
Die nachfolgende Grafik stellt den besonderen
Verfahrensweg des SGB IX mit seinen kurzen
Bearbeitungsfristen dar. Werden Leistungen
53
zur Rehabilitation beantragt, dazu gehören unter anderem auch die Versorgung mit Hilfsmitteln, sind diese Fristen auch von den Krankenkassen zu beachten.
1. Stufe
Falls die Zuständigkeit des Rehabilitationsträgers unklar ist, hat der angerufenen Träger innerhalb einer Frist von zwei Wochen die Zuständigkeit zu klären. Unterbleibt eine Klärung, gilt
der angerufene Träger als zuständig.
2. Stufe
Ist die Zuständigkeit geklärt oder von Anfang
an klar gewesen, stellt sich die Frage nach der
Einholung eines Gutachtens.
Wenn kein Gutachten erforderlich ist, hat die
Krankenkasse als Rehabilitationsträger den Bedarf binnen drei Wochen ab Antragseingang
54
unverzüglich festzustellen. Wird ein Gutachten
benötigt, ist unverzüglich ein Sachverständiger
zu benennen, der sein Gutachten innerhalb von
zwei Wochen ab dem Folgetag der Untersuchung zu erstellen hat. Bei der Gutachterbenennung steht dem Versicherten ein Auswahlrecht
zur Seite. Nicht der MDK wird eingeschaltet,
sondern die Krankenkasse schlägt mindestens
drei wohnortnahe Gutachter vor, aus denen
ausgewählt werden kann. Daneben kann vom
Versicherten auch ein anderer Gutachter benannt werden. Der Wunsch ist in der Regel von
der Krankenkasse zu akzeptieren.
Weitere zwei Wochen nach Gutachteneingang
bleiben der Krankenkasse, um eine Entscheidung über den Antrag zu treffen. Die Krankenkasse hat unter Angabe von Gründen mitzuteilen, wenn sie diese Fristen nicht einhält. Teilt sie
dies mit oder hat keinen ausreichenden Grund
für ihre Nichtentscheidung, kann der Versicherte der Krankenkasse eine angemessene Frist zur
Entscheidung setzen und nach Fristablauf die
Leistung selbst beschaffen. Ihm steht dann ein
Kostenerstattungsanspruch zur Seite.
In der Praxis reicht jedoch oft der Hinweis
auf die speziellen Fristenregelungen des SGB IX,
um eine beschleunigte Entscheidung zu erhalten.
Die Frage der Fahrtauglichkeit
bei Elektrorollstühlen
Bei der Genehmigung von Elektrorollstühlen
durch die gesetzlichen Krankenkassen stellt sich
zum Teil die Frage, ob von den Betroffenen eine
Fahrtauglichkeitsprüfung durchgeführt werden
muss. Dies kann weder mit einem pauschalen Ja
noch mit einem pauschalen Nein beantwortet
werden. Bei der Beantwortung dieser Frage ist
erst einmal § 33 Abs. 1 S. 1 SGB V heranzuziehen, der den Anspruch des einzelnen Versicherten auf eine Hilfsmittelversorgung regelt. Neben
anderen Voraussetzungen muss die Versorgung
mit dem E-Rollstuhl im Einzelfall erforderlich
sein. Die Erforderlichkeit einer E-Rollstuhlversorgung setzt auch voraus, dass der Betroffene in
der Lage ist, mit dem E-Rollstuhl umzugehen,
da ansonsten der Behinderungsausgleich nicht
gewährleistet wäre. Grundsätzlich ist also festzustellen, dass eine Fahrtauglichkeitsprüfung
verlangt werden kann.
Dies bedeutet aber nicht gleichzeitig, dass in
jedem Einzelfall nunmehr die Fahrtauglichkeit
geprüft werden muss. Ob der Betroffene in
eine Fahrtauglichkeitsprüfung einwilligen muss,
ergibt sich aus den so genannten Mitwirkungspflichten gemäß der Vorschriften der §§ 60
ff. SGB I. In diesen Vorschriften heißt es unter
anderem, dass derjenige, der Sozialleistungen
wie eine E-Rollstuhlversorgung beantragt, ggf.
Beweismittel zu bezeichnen und auf Verlangen
des zuständigen Leistungsträgers Beweisurkunden vorzulegen hat. Soweit eine Fahrtauglichkeitsuntersuchung somit erforderlich wäre, um
die Erforderlichkeit der E-Rollstuhlversorgung
festzustellen, wären entsprechende Beweismittel, wie z. B. die Absolvierung einer Fahrtauglichkeitsprüfung im Rahmen der Mitwirkungspflichten vom Betroffenen zu erbringen. Die
Mitwirkungspflichten finden jedoch ihre Grenze, sowohl in der Zumutbarkeit als auch in der
Angemessenheit zur beantragten Leistung. Auf
die Fahrtauglichkeitsprüfung für eine E-Rollstuhlversorgung übertragen bedeutet dieses, dass
konkrete Anhaltspunkte vorliegen müssen, aufgrund derer sich Zweifel an der Fahrtauglichkeit
ergeben. Die pauschale Anforderung von Fahrtauglichkeitsüberprüfungen in jedem Einzelfall
ist somit durch die gesetzlichen Vorschriften
zur Mitwirkungspflicht nicht gedeckt. Wenn
beispielsweise ein E-Rollstuhlfahrer seit Jahren
ohne Probleme seinen E-Rollstuhl nutzt und keine Veränderung in seiner Situation eingetreten
ist, besteht kein Anlass eine Fahrtauglichkeitsuntersuchung zu fordern. Wenn der betroffene
E-Rollstuhlfahrer in diesem Falle eine Fahrtauglichkeitsuntersuchung ablehnen würde, würde
er nicht seine Mitwirkungspflichten verletzen.
Soweit aber in diesem Beispiel eine erhebliche
Änderung in der gesundheitlichen Verfassung
eingetreten wäre, wäre die Situation unter Umständen anders zu bewerten. Wichtig ist hier,
wie immer den Einzelfall zu beachten.
Ferner ist im Rahmen einer Fahrtauglichkeitsüberprüfung zu beachten, dass dem Betroffenen
hierdurch keine Kosten entstehen dürfen. Gemäß § 64 SGB X besteht Kostenfreiheit für das
Verfahren bei Sozialleistungsträger, wozu auch
die Krankenkassen gehören. Dies bedeutet
nicht nur, dass die gesetzlichen
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Krankenkassen keine Gebühren für ihre Tätigkeit erheben dürfen, sondern gilt nach dem
Willen des Gesetzgebers für alle Geschäfte und
Verhandlungen, die im Rahmen der Leistungserbringung nach dem Sozialgesetzbuch notwendig werden. Dies ist bei Anforderungen durch
den Sozialleistungsträger immer zu bejahen
(Hauffe SGB Office, Elektronischer Kommentar
zu § 64 SGB X). Da die Fahrtauglichkeitsprüfungen seitens der Krankenkassen angefordert
werden, besteht demgemäß auch Kostenfreiheit. Die Kostenfreiheit gilt unabhängig davon,
ob eine solche Fahrtauglichkeitsprüfung erfolgreich oder erfolglos abgeschlossen wurde.
Anspruch auf Selbständigkeit
Krankenkasse verweisen in ablehnenden Entscheidungen gerne darauf, dass der Anspruchsteller das beantragte Hilfsmittel nicht benötige,
dass ihm ein naher Angehörige ohne weiteres
helfen könne oder doch eine Pflegeperson vorhanden wäre, da Leistungen aus der Pflegeversicherung bezogen werden.
Das Bundessozialgericht (BSG) hat mit Urteil
vom 24.05.2006 (Az. B 3 KR 00/05) betont, dass
Hilfsmittel auch der selbständigen Lebensweise
dienen. Wörtlich hat es hierzu geurteilt: „Es ist
ein wesentliches Ziel der Hilfsmittelversorgung,
dass behinderte Menschen nach Möglichkeit
von der Hilfe anderer Menschen unabhängig,
zumindest aber deutlich weniger abhängig
werden.“
Also der Rückgriff auf die Hilfe anderer, insbesondere fremder Personen ist damit nicht zulässig. Ziel der Hilfsmittelversorgung ist also nach
den Maßstäben des BSG die selbstständige Lebensführung und die zeitliche Dispositionsfreiheit sicher zustellen und nicht auf die Angebote
anderer Personen angewiesen zu sein.
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Man sollte sich auch nicht durch den Hinweis
der Krankenkasse abschrecken lassen, dass dies
Auswirkung auf die Pflegestufe habe. Es handelt sich um unterschiedliche Verfahren, bei denen unterschiedliche Voraussetzungen zu prüfen sind.
Autoreninfo
Rechtsanwalt Jörg Hackstein ist Vorstand
der Schütze & Hartmann Rechtsanwälte
AG. Die auf Unternehmen des Gesundheitsmarktes spezialisierte Kanzlei vertritt u.a. namhafte Leistungserbringer,
Hersteller, Verbände und Versicherte im
Hilfsmittelsektor. Die mittlerweile sieben
Rechtsanwälte/innen bieten qualifizierte
Rechtsberatung in allen, den Gesundheitsmarkt tangierenden Fragen. Hierzu
gehören neben den typischen sozialrechtlichen Fragestellungen aus dem Recht der
Krankenversicherung u.a. solche aus den
Bereichen Arbeitsrecht, Vertragsrecht,
Wettbewerbsrecht,
Marken- und Warenzeichenrecht,
sowie Regress und
Haftung, aber immer mit Bezug
zum Thema Gesundheit.
Weitere Infos unter :
www.schuetze-hartmann.de
Text: Jörg Hackstein, Rechtsanwalt
Arzneimittel-Zuzahlungen:
Allgemeine Verunsicherung
Oft wissen weder Krankenkassen noch Ärzte oder Betroffene genau, was der Stand bzgl.
Zuzahlung bei Arzneimitteln ist. Die Presse war voll mit Beispielen, je nach politischer Haltung mal mehr, mal weniger kritisch, aber immer mit dem Hinweis, dass individuelle Fragen
mit der Krankenkasse zu klären sind. Darum hier einiges im Klartext, speziell für Menschen
mit Querschnittlähmung.
Was heißt „chronisch kranke Menschen“?
Voraussetzungen:
– Arztbesuch mindestens 1 × pro Quartal und
– Grad der Behinderung (GdB) mindestens 60 %
und/oder Pflegestufe II/III (Pflegeversicherung). Entsprechende Bescheinigungen stellen
die Hausärzte aus, Formulare liegen dort vor.
Die Gesamtsumme aller Zuzahlungen wird auf
1 % des Familieneinkommens begrenzt. Dazu
zählen alle Einnahmen, also auch Renten, Mieterträge und Zinserträge. Nicht dazu zählen
Renten nach dem BVG und Pflegegeld (Pflegeversicherung, Landespflegegeld, Hilfe zur Pflege
nach BSHG). Vom Einkommen werden Freibeträge von 4 347 € (Partner) bzw. 3 648 € (je Kind)
abgesetzt.
Für Personen, die Hilfe zum Lebensunterhalt
(nicht Hilfe zur Pflege!) nach dem BSHG oder
Leistungen nach dem Grundsicherungsgesetz
erhalten, wird nur der Regelsatz (des Haushaltsvorstandes) zugrunde gelegt d.h. 345 € (West)
bzw. 331 € (Ost). Davon 2 % sind 82,80 bzw.
66,10 €/Jahr.
weis von der Krankenkasse anfordern. Mit dem
Befreiungsausweis, den die Krankenkasse dann
zuschickt, sind dann keine Zuzahlungen mehr zu
leisten. Das gilt auch für Ehepartner und familienversicherte Kinder. Selbst versicherte Kinder
gehören nicht dazu. Umgekehrt ist ihr Einkommen auch nicht zu berücksichtigen.
Die meisten Krankenkassen bieten ab dem zweiten Jahr zum Jahresanfang ihren Mitgliedern
die Möglichkeit, durch Zahlung eines Betrages,
der auf dem Familieneinkommen des Vorjahrs
basiert, direkt den Nachweis zur Befreiung für
das laufende Jahr zu bekommen, so dass keine
Belege mehr gesammelt und möglicherweise
überzahlte Beträge zurück überwiesen werden
müssen.
Zuzahlungen, wo gelten sie?
Für Verheiratete gilt: Nach § 62 SGB V Abs. 2
werden die Zuzahlungen und die Bruttoeinnahmen gemeinsam ermittelt, d. h. sobald die Zuzahlungen aller Familienangehörigen insgesamt
1 % erreichen, kann die Person mit der schweren
Verschreibungspflichtige Arzneimittel: Bis zur
Belastungsgrenze keine Sonderregelungen.
Nicht verschreibungspflichtige Arzneimittel
müssen voll bezahlt werden. Ausnahme: Nicht
verschreibungsfähige Arzneimittel, die bei bestimmten Krankheiten als „anerkannter Therapiestandard“ gelten, können wie bisher auch
mit Angabe der Diagnose auf der Verordnung
weiter zu Lasten der Kassen verordnet werden.
Dazu gehören z. B. auch Abführmittel bei Querschnittlähmung, Desinfektionsmittel bei ISK (Katheterisieren) oder methioninhaltige Medika-
chronischen Erkrankung einen Befreiungsnach-
mente zur Vorbeugung von
57
Nierensteinen. (Siehe „Ausnahmeliste“ im Anhang dieser Broschüre). Tipp/Beispiel: Desinfektionsmittel bei Selbstkatheterisierung sind zwar
Arzneimittel, aber weder verschreibungspflichtig noch unbedingt apothekenpflichtig. Deshalb
ist es eine Überlegung wert, ob man diese z.
B. im Sanitätshaus bezieht, das einen auch mit
Kathetern versorgt (siehe unter „Was gilt für
Hilfsmittel?“). Dort wird es wahrscheinlich preiswerter sein. Denn der Grundbetrag von 8,20 €,
den Apotheken jetzt pro Arzneimittel erhalten
ist es ja, der dort die preiswerten Arzneimittel
erheblich teurer macht - und eine Preisbindung
wie bisher gibt es nicht mehr.
Die Belastung für Heilmittel ist u.U. sogar niedriger als früher. Da waren 15 % zu zahlen, jetzt
10 €/Verordnung und 10 %/Leistung Das heißt,
bei Verordnungen für 3 oder 6 mal Krankengymnastik ist es teurer als vor 2004, bei der Verordnung von 20, 30 oder 50 Behandlungen - außerhalb des „Regelfalls“ – ist die Zuzahlung jetzt
niedriger. (Anmerkung: Bei Diagnosen wie Querschnittlähmung, Spina bifida, Multiple Sklerose
etc. ist die heiß diskutierte „Unterbrechung“ von
6 oder 12 Wochen nicht vorgesehen. Das sollte
jeder Arzt wissen!)
Ob das nach den positiven Gerichtsurteilen in
der Vergangenheit auch für Potenzmittel wie z.
B. Viagra zutrifft, ist noch unklar. Zur Zeit werden die Kosten nicht übernommen, aber es laufen derzeit einige Gerichtsverfahren beim BSG
zu dieser Frage. Es lohnt sich also, die Presse zu
verfolgen.
Nach den rückwirkend ab Anfang 2004 geltenden „Krankentransport-Richtlinien“ übernehmen die Kassen die Kosten für Personen, die
einen Schwerbehindertenausweis mit den Merkzeichen „aG“, „Bl“ oder „H“ haben oder in der
Pflegeversicherung in die Pflegestufe II oder III
eingestuft sind.
Was gilt für Hilfsmittel?
Damit haben Querschnittgelähmte bis auf ganz
seltene Ausnahmen einen Anspruch auf Kostenübernahme. Eine Verordnung auf einem speziellen Formular ist nicht erforderlich, wenn ein
privates Kraftfahrzeug benutzt wird oder es sich
um Fahrten zu ambulanten oder stationären
Rehabilitationsmaßnahmen handelt. In solchen
Fällen kann die Abrechnung ohne Verordnung
im Nachhinein erfolgen. Auch wenn einige Krankenkassen das nicht akzeptieren wollen, haben
die Gerichte entsprechend auch für Rehabilitationssport entschieden z.B. Sozialgericht Koblenz
AZ S 11 KR 766/03 v. 23.09.2004, Sozialgericht
Trier AZS 4 KR 163/04 v. 13.12.2005, Sozialgericht Chemnitz AZ S 11 KR 642/05 v. 18.08.2006.
Erstattet werden bei der Fahrt mit dem privaten
PKW die gefahrenen Kilometer nach dem Bundesreisekostengesetz (z. Zt. 0,40 Euro/Entfernungskilometer nach dem Bundesreisekostenge-
Bei Hilfsmitteln aller Art müssen 10 % Zuzahlungen geleistet werden; mindestens 5 €, maximal 10, jedoch nie mehr, als das Hilfsmittel selbst
kostet. Auch hier sind einige Besonderheiten zu
berücksichtigen:
– Bei Hilfsmitteln, die zum Verbrauch bestimmt
sind (z.B. Inkontinenzversorgung) beträgt die
maximale Zuzahlung je Indikation (nicht je
Artikel oder Packung!) 10 €/Monat
– Reparaturen von Hilfsmitteln/Ersatzteile sind
keine eigenständigen Hilfsmittel. Es ist deshalb keine Zuzahlung zu leisten (z.B. Rollstuhlbereifung).
– Auch Pflegehilfsmittel nach SGB XI (Pflegeversicherung) wie Einmalhandschuhe, Unterlagen etc. zählen nicht unter dieses Gesetz. Es
ist keine Zuzahlung zu leisten (siehe dazu den
entspr. Beitrag in dieser Broschüre).
58
Regelung der Fahrtkosten
setz, also 0,20 Euro je gefahrenem Kilometer). Fr
-Anzeige-
Fahrten mit dem Taxi oder einem Krankentransportwagen empfiehlt sich
zur Vermeidung von Auseinandersetzungen mit der Krankenkasse die Vorlage eines (Dauer-) Beförderungsverordnung durch einen Arzt.
In allen anderen Fällen ist zu unterscheiden, ob es sich um eine „ambulante Behandlung“ oder um eine „Rehabilitationsmaßnahme“ handelt. Bei
ambulanten Behandlungen wie Arztbesuch, Krankengymnastik etc. oder
Fahrten mit dem Taxi oder Fahrdienst wegen eines stationären Krankenhausaufenthalt (nicht mit dem eigenen PKW) muss die Übernahme der
Kosten vorher verordnet und genehmigt werden. Bei einer ambulanten
oder stationären Rehabilitationsmaßnahme (z.B. Kur) nicht.
Außerdem übernehmen die Kassen nach vorheriger Genehmigung alle
Fahrten zur Dialysebehandlung, zur onkologischen Strahlentherapie und
zur onkologischen Chemotherapie - auch wenn die genannten Voraussetzungen für eine Kostenübernahme nicht erfüllt sind. Dabei handelt es
sich - im Gegensatz zu der Auffassung mancher Kassen nur um Beispiele.
Es könnten aber auch andere Krankheiten sein, die die regelmäßige Behandlung erforderlich machen. Grundsätzlich gilt für alle vorgenannten
Fahrtkosten (mit Ausnahme von Fahrten zum Rehasport, dafür gilt nicht
§ 60 SGB V, sondern § 53 SGB IX), dass je Fahrt 10 %, mindestens 5 €,
maximal 10 € selbst zu tragen sind, so lange man nicht von Zuzahlungen
befreit ist.
Ein Fehler im Gesetz?
Im Gegensatz zu anderen Leistungen gilt diese Fahrtkostenregelung auch
bei Kindern und Jugendlichen bis 18 Jahre - jedenfalls bis zum Erreichen
der Familienbelastungsgrenze von 1 % bzw. 2 %. Da Kinder jedoch weder
bei Arzneimitteln noch bei Krankenhausaufenthalten etc. Zuzahlungen
leisten müssen, handelt es sich wohl um einen redaktionellen Fehler im Gesetz, der bei den angekündigten Korrekturen hoffentlich beseitigt wird.
Einen „Musterpatienten“ gibt es nicht. Ein Gesetz ohne Auslegungsprobleme noch viel weniger. Deshalb kann dieser Artikel nur wichtige Punkte
(nach dem Stand vom 31. 8. 2006) erläutern und klarstellen. Er soll zur
Information unserer selbst betroffenen Leser dienen, um ihnen in Gesprächen mit ihren Krankenkassen mehr Sicherheit zu geben, wenn diese,
aus welchem Grund auch immer, einen Anspruch „anders beurteilen“. Und
das wird sicher geschehen. Denn Krankenkassen sind genauso parteiisch
wie der Autor dieses Artikels.
Text: Herbert Müller
Markt
More Mobility Center Neu-Ulm
Als bundesweit erster Standort eröffnete das
More Mobility Center (MMC) Neu-Ulm 2004
dieses Kompetenzzentrum für Menschen mit
eingeschränkter Mobilität. Speziell geschulte
Verkäufer, von denen einer selbst im Rollstuhl
sitzt, bieten seither interessierten Kunden eine
professionelle Beratung sowohl für serienproduzierte Behindertenfahrzeuge, als auch für individuelle Sonderanfertigungen quer durch alle
Marken von DaimlerChrysler an. Erklärtes Ziel
des MMC ist es, behinderten Menschen durch
eine auf ihre persönliche Einschränkung zugeschnittene Fahrzeuglösung ein Mehr an Bewegungsfreiheit zu ermöglichen.
Im Mittelpunkt der neuen Ausstellung in der
Von-Liebig-Straße 10 stehen Fahrzeuge und Ausbauten für Selbst- und Passivfahrer. Diese werden sowohl in Form von Lösungen renommierter
Aufbauhersteller als auch in Gestalt erster werkseitiger Umbauten aus dem Hause DaimlerChrysler angeboten. Der Standort Ulm/Neu-Ulm
hat sich mittlerweile als fester Anlaufpunkt in
Süddeutschland einen Namen gemacht.
Weitere Infos unter:
www.mercedes-benz-erleben.de.
Weitere Infos von DaimlerChrysler:
www.media.daimlerchrysler.com
Barrierefrei mit Hilfe von Liften
Wird ein Treppenlift zur Aufrechterhaltung der
Mobilität benötigt, gibt es von der Pflegeversicherung Zuschüsse bis zu 2 557 €. Kann man
noch selbst auf einem Sitz Platz nehmen, ist der
Treppen-Sitzlift das geeignete Gerät – z.B. bei
modie-trans bereits ab 2 998 € inkl. MWSt. erhältlich. Ist man auf den Rollstuhl angewiesen,
gibt es Treppen-Plattformlifte – diese werden
ebenfalls konkret angepasst für den Innen- und
Außenbereich. Bei einem Treppen-Hängelift mit
Rollstuhladaption wird ein Sitz bzw. der Rollstuhl schwebend über die Treppenstufen in die
gewünschte Etage befördert.
Zu den BehindertenLiften gehören auch
Senkrechtaufzüge,
die
ausschließlich
dem Transfer mit
oder ohne Rollstuhl
und ggf. einer Begleitperson dienen.
Beispiel: „Liftboy“
MHP 100
60
Treppen-Hängelift mit
Rollstuhladaption
Für Höhen bis 2 m
gibt es die einfache Hubplattform. Die mobilen
Hubplattformen der Serie „Liftboy“ können auf
Rollen von einer Person an den Einsatzort gefahren werden – es werden lediglich eine ebene Stellfläche und eine Steckdose benötigt. Die
Hub-Plattform der Serie „Liftmaster“ ist mit einer
Tür an der unteren Zufahrt ausgestattet, so dass
man wie in einem Aufzugschacht fährt. Auch bei
diesem Gerät werden lediglich eine ebene Stellfläche sowie der Stromanschluss von 230 Volt
benötigt.
Mehr Beweglichkeit im häuslichen Bereich Leben
bieten Deckenfahr- und Wandlifter, die z.B. zum
einfachen Transfer vom Rollstuhl ins Bett oder im
sanitären Bereich eingesetzt werden. Mit Dekkenfahrliftern kann man sich frei im Raum bewegen, sie sind leicht durch ein Handbedienteil
zu bedienen (Heben und Senken, Fahren in der
Schiene). Die Halterung des Wandlifters Phoenix
wird an der Wand oder an einem Ständer befestigt, der Schwenkarm mit Antriebseinheit kann
mit wenigen Griffen aus der Halterung gelöst
Markt
und in eine andere Halterung in einem anderen
Raum wieder eingeklinkt werden. In Ruhestellung wird der Lifter Platz sparend an die Wand
geklappt. Hebegeräte für den häuslichen oder
pflegerischen Bedarf werden meist komplett
von Kostenträgern übernommen.
modie-trans GmbH & Co. KG
Mobilitätshilfen für Behinderte
Adelsbachstraße 10 b
35216 Biedenkopf-Wallau
Tel.: 0 64 61-7 59 78-0 – Fax: -99
www.modie-trans.de
Neue Kathetersysteme
Gleitmittel oder hydrophile Beschichtung? Mit
den neuesten Systemen Liquick® PLUS und SafetyCat® PLUS bietet Medical Service optimale
Voraussetzungen für eine sichere und schonende Katheterisierung. Und in beiden Versionen
findet sich alles Notwendige bequem in einer
Verpackung. Das Liquick® PLUS System ist ein
Kathetersystem mit hydrophiler Beschichtung.
Durch die integrierte sterile Kochsalzlösung
kann ganz auf Gleitmittel verzichtet werden.
Die SoftWave-Katheterführung erleichtert das
Herausschieben. Durch den integrierten Auffangbeutel eignet sich das System hervorragend
für eine Katheterisierung unterwegs, aber auch
zu Hause.
Bei SafetyCat® PLUS sind Sicherheitskatheter
und die Endosgel®-Spritze in einer Verpackung.
Beide Kathetersysteme enthalten den einzigar-
tigen SafetyCat® Sicherheitskatheter, der über
speziell entwickelte SCE-Katheteraugen (SCE
= Soft Cat Eye) verfügt, die innen und außen
weich abgerundet sind. Die empfindliche Harnröhrenschleimhaut wird geschont und dadurch
das Verletzungsrisiko minimiert. Der flexible Ergothan-Kopf des SafetyCat® Sicherheitskatheters folgt der Harnröhre optimal, dadurch kann
der Katheter ohne große Druckeinwirkung sicher eingeführt werden.
Fragen, kostenlose Produktmuster
unter Tel.: 0800 – 403 1001 (kostenfrei).
Medical Service GmbH, Luisenstraße 8
75378 Bad Liebenzell
E-Mail: [email protected]
www.medical-service.de
Wilhelm Meyer gestorben
Wilhelm Meyer ist im Alter von 66 Jahren nach
schwerer Krankheit gestorben. Bis zuletzt war er
noch Vorsitzender des Beirates der MEYRA-ORTOPEDIA-Gruppe in Kalletal-Kalldorf. Sein Vater,
Wilhelm Meyer sen., hatte 1936 in Vlotho eine
kleine Werkstatt gegründet, in der Krankenfahrzeuge und der erste Krankenstuhl konstruiert
wurden. In den Sechzigern beschäftigte MEYRA
bereits über 300 Mitarbeiter. Mit Wilhelm Meyer
wurde die zweite Generation aktiv im Einsatz
für das aufstrebende Unternehmen. In Kalldorf
entstanden auf 30 000 qm Produktion, Verwaltung, Lager, Versorgung und Sozialräume. 1993
erwarb MEYRA die Firma ORTOPEDIA aus Kiel.
Wilhelm Meyer hat in 40 Jahren für das Unternehmen mit Kompetenz und menschlicher Wärme Außerordentliches bewegt. Sein Sohn Frank
Meyer führt nun als geschäftsführender Gesellschafter in dritter Generation verantwortlich das
Unternehmen.
61
Richtlinien
Arzneimittel-Richtlinien
§
(aus BAnz. Nr. 65 (S. 5416) vom 7. 4. 2005)
F. Gesetzliche Verordnungsausschlüsse bei der Arzneimittelversorgung und
zugelassene Ausnahmen
16.
16.1
16.2
16.3
16.4
16.4.1
Apothekenpflichtige nicht verschreibungspflichtige Arzneimittel gemäß
§ 34 Abs. 1 Satz 2 SGB V
Apothekenpflichtige nicht verschreibungspflichtige Arzneimittel sind von
der Versorgung nach § 31 SGB V ausgeschlossen. Die Verordnung dieser
Arzneimittel ist nach § 34 Abs. 1 Satz 2
ausnahmsweise zulässig, wenn die Arzneimittel bei der Behandlung schwerwiegender Erkrankungen als Therapiestandard gelten.
Eine Krankheit ist schwerwiegend,
wenn sie lebensbedrohlich ist oder
wenn sie aufgrund der Schwere der
durch sie verursachten Gesundheitsstörung die Lebensqualität auf Dauer
nachhaltig beeinträchtigt.
Ein Arzneimittel gilt als Therapiestandard, wenn der therapeutische Nutzen zur Behandlung der schwerwiegenden Erkrankung dem allgemein
anerkannten Stand der medizinischen
Erkenntnisse entspricht.
Schwerwiegende Erkrankungen und
Standardtherapeutika zu deren Behandlung sind:
Abführmittel nur zur Behandlung von
Erkrankungen im Zusammenhang
mit Tumorleiden, Megacolon, Divertikulose, Divertikulitis, Mukoviszidose,
neurogener Darmlähmung, vor diagnostischen Eingriffen, bei phosphatbindender Medikation bei chronischer
Niereninsuffizienz, Opiat-sowie Opioidtherapie und in der Terminalphase.
62
16.4.2
16.4.3
16.4.4
16.4.5
16.4.6
16.4.7
16.4.8
16.4.9
Acetylsalicylsäure (bis 300 mg/ Dosiseinheit) als Thrombozyten- Aggregationshemmer in der Nachsorge von
Herzinfarkt und Schlaganfall sowie
nach arteriellen Eingriffen
Acetylsalicylsäure und Paracetamol
nur zur Behandlung schwerer und
schwerster Schmerzen in Co-Medikation mit Opioiden
Acidosetherapeutika nur zur Behandlung von dialysepflichtiger Nephropathie und chronischer Niereninsuffizienz sowie bei Neoblase
Antihistaminika
− nur in Notfallsets zur Behandlung
bei Bienen-, Wespen-, HornissengiftAllergien,
− nur zur Behandlung schwerer, rezidivierender Urticarien
− nur bei schwerwiegendem, anhaltendem Pruritus
Antimykotika nur zur Behandlung von
Pilzinfektionen im Mund- und Rachenraum.
Antiseptika und Gleitmittel nur für Patienten mit Selbstkatheterisierung.
Arzneistofffreie Injektions/Infusions-,
Träger- und Elektrolytlösungen.
Calciumverbindungen (mind. 300 mg
Calcium-Ion/ Dosiereinheit) und Vitamin D (freie oder fixe Kombination).
− nur zur Behandlung der manifesten
Osteoporose
− nurzeitgleichzurSteroidtherapiebei
Erkrankungen, die voraussichtlich
einer mindestens sechsmonatigen
§
Steroidtherapie in einer Dosis von
wenigstens 7,5 mg Prednisolonäquivalent bedürfen
− bei Bisphosphonat- Behandlung gemäß Angabe in der jeweiligen Fachinformation bei zwingender Notwendigkeit.
16.4.10 Calciumverbindungen als Monopräparate nur
− bei Pseudohypo- und Hypoparathyreodismus
− bei Bisphosphonat-Behandlung gemäß Angabe in der jeweiligen Fachinformation bei zwingender Notwendigkeit.
16.4.11 nicht besetzt
16.4.12 Citrate nur zur Behandlung von Harnkonkrementen.
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Richtlinien
16.4.13 E. coli Stamm Nissle 1917 nur zur Behandlung der Colitis ulcerosa in der
Remissionsphase bei Unverträglichkeit
von Mesalazin
16.4.14 Eisen-(II)-Verbindungen nur zur Behandlung von gesicherter Eisenmangelanaemie.
16.4.15 Flohsamenschalen nur zur unterstützenden Quellmittel-Behandlung bei
Morbus Crohn, Kurzdarmsyndrom und
HIV assoziierter Diarrhoen.
16.4.16 Folsäure und Folinate nur bei Therapie
mit Folsäureantagonisten sowie zur
Behandlung des kolorektalen Karzinoms.
16.4.17 Gingko biloba blätter-Extrakt (AcetonWasser-Auszug, standardisiert) nur zur
Behandlung der Demenz.
-Anzeige-
Richtlinien
§
16.4.18 Hypericum perforatum-Extrakt (hydroalkoholischer Extrakt, mind. 300 mg pro
Applikationsform) nur zur Behandlung
mittelschwerer depressiver Episoden.
16.4.19 Iodid nur zur Behandlung von Schilddrüsenerkrankungen.
16.4.20 Iod-Verbindungen nur zur Behandlung
von Ulcera und Dekubitalgeschwüren.
16.4.21 Kaliumverbindungen als Monopräparate nur zur Behandlung der Hypokaliaemie.
16.4.22 Lactulose und Lactitol nur zur Senkung
der enteralen Ammoniak-resorption
bei Leberversagen im Zusammenhang
mit der hepatischen Enzephalopathie.
16.4.23 Lösungen und Emulsionen zur parenteralen Ernährung einschließlich der
notwendigen Vitamine und Spurenelemente.
16.4.24 Magnesiumverbindungen, oral, nur
bei angeborenen Magnesiumverlusterkrankungen.
16.4.25 Magnesiumverbindungen, parenteral,
nur zur Behandlung bei nachgewiesen-em Magnesiummangel und zur
Behand-lung bei erhöhtem Eklampsierisiko.
16.4.26 Metixenhydrochlorid nur zur Behandlung des Parkinson-Syndroms.
16.4.27 Mistel-Präparate, parenteral, auf Mistellektin normiert, nur in der palliativen Therapie von malignen Tumoren
zur Verbesserung der Lebensqualität.
16.4.28 Niclosamid nur zur Behandlung von
Bandwurmbefall .
16.4.29 Nystatin nur zur Behandlung von Mykosen bei immunsupprimierten Patienten.
16.4.30 Ornithinaspartat nur zur Behandlung
des hepatischen (Prae-) Coma und der
episodischen, hepatischen Enzephalopathie .
64
16.4.31 Pankreasenzyme nur zur Behandlung
chronischer, exokriner Pankreasinsuffizienz oder Mukoviszidose.
16.4.32 Phosphatbinder nur zur Behandlung
der Hyperphosphatämie bei chronischer Niereninsuffizienz und Dialyse
16.4.33 Phosphatverbindungen bei Hypophosphatämie, die durch eine entsprechende Ernährung nicht behoben werden kann.
16.4.34 Salicylsäurehaltige Zubereitungen in
der Dermatotherapie als Teil der Behandlung der Psoriasis und hyperkeratotischer Ekzeme.
16.4.35 Synthetischer Speichel nur zur Behandlung krankheitsbedingter Mundtrockenheit bei rheumatischen oder onkologischen Erkrankungen.
16.4.36 Synthetische Tränenflüssigkeit bei
Sjögren-Syndrom mit deutlichen Funktionsstörungen des Grades 2, Epidermolysis bullosa, occulärem Pemphigoid, Fehlen oder Schädigung der
Tränendrüse, Fazialisparese oder bei
Lagophthalmus.
16.4.37 Vitamin K als Monopräparate nur bei
nachgewiesenem, schwerwiegendem
Vitaminmangel, der durch eine entsprechende Ernährung nicht behoben
werden kann.
16.4.38 Wasserlösliche Vitamine auch in Kombinationen nur bei der Dialyse. 16.4.39
Wasserlösliche Vitamine, Benfotiamin
und Folsäure als Monopräparate nur
bei nachgewiesenem, schwerwiegendem Vitaminmangel, der durch eine
entsprechende Ernährung nicht behoben werden kann (Folsäure: 5 mg/
Dosiseinheit).
16.4.40 Zinkverbindungen als Monopräparat
nur zur Behandlung der enteropathischen Akrodermatitis und durch
§
Richtlinien
Haemodialysebehandlung bedingten
nachgewiesenen Zinkmangel sowie
zur Hemmung der Kupferaufnahme
bei Morbus Wilson.
16.4.41 Arzneimittel zur sofortigen Anwendung
− Antidote bei akuten Vergiftungen
− Lokalanaesthetika zur Injektion
− Apothekenpflichtige nicht verschreibungspflichtige Arzneimittel, die
im Rahmen der ärztlichen Behandlung zur sofortigen Anwendung in
der Praxis verfügbar sein müssen,
können verordnet werden, wenn
entsprechendeVereinbarungenzwischen den Verbänden der Krankenkassen und den Kassenärztlichen
Vereinigungen getroffen werden.
16.4.42 Topische Anästhetika und/ oder Antiseptika nur zur Selbstbehandlung
schwerwiegender generalisierter blasenbildender Hauterkrankungen (z.B.
Epidermolysis bullosa, hereditaria;
Pemphigus).
16.4.43 L- Methionin nur zur Vermeidung der
Steinneubildung bei Phosphatsteinen
bei neurogener Blasenlähmung, wenn
Ernährungsempfehlungen und Blasenentleerungstraining erfolglos geblieben sind.
16.5
Für die in diesen Richtlinien im Abschnitt F aufgeführten Indikationsgebiete kann der Arzt bei schwerwiegenden Erkrankungen auch Arzneimittel der Anthroposophie und Homöopathie verordnen, sofern die Anwendung
dieser Arzneimittel für diese Indikationsgebiete nach dem Erkenntnisstand
als Therapiestandard in der jeweiligen
Therapierichtung angezeigt ist. Der
Arzt hat zur Begründung der Verordnung die zugrunde liegende Diagnose
16.6
16.7
-Anzeige-
in der Patientendokumentation aufzuzeichnen.
Die Verordnung der Arzneimittel in
den zugelassenen Fällen, ist in der ärztlichen Dokumentation durch Angabe
der entsprechenden Diagnose zu begründen.
Die Vorschriften in Nr.16.1 bis 6 regeln
abschließend, unter welchen Voraussetzungen nicht verschreibungspflichtige Arzneimittel
Richtlinien
16.8
16.9
17.1
66
§
zu Lasten der gesetzlichen Krankenversicherung verordnungsfähig sind.
Insoweit finden die Vorschriften anderer Abschnitte der Arzneimittel-Richtlinien, insbesondere die Vorschriften
der Nr. 20 ff. der Arzneimittel-Richtlinien, keine Anwendung.
Die Verpflichtung des Vertragsarztes
zur wirtschaftlichen Verordnungsweise von nicht verschreibungspflichtigen
Arzneimitteln bleibt von diesen Regelungen unberührt. Der Vertragsarzt
soll nicht verschreibungspflichtige Arzneimittel zu Lasten des Versicherten
verordnen, wenn sie zur Behandlung
einer Erkrankung medizinisch notwendig, zweckmäßig und ausreichend
sind.
In diesen Fällen kann die Verordnung
eines verschreibungspflichtigen Arzneimittels unwirtschaftlich sein.
Die Regelungen in Nr. 16.1 bis 8 gelten
nicht für versicherte Kinder bis zum
vollendeten 12. Lebensjahr und versicherte Jugendliche bis zum vollendeten
18. Lebensjahr mit Entwicklungsstörungen. 17. Verschreibungspflichtige
Arzneimittel gemäß § 34 Abs.1 Satz 6
SGB V
Folgende verschreibungspflichtige Arzneimittel sind nach § 34 Abs. 1 SGB V
bei Versicherten, die das 18. Lebensjahr
vollendet haben, von der Versorgung
ausgeschlossen:
Arzneimittel zur Anwendung bei Erkältungskrankheiten und grippalen
Infekten einschließlich der bei diesen Krankheiten anzuwendenden
Schnupfenmittel, Schmerzmittel, hustendämpfenden und hustenlösenden
Mittel, sofern es sich um geringfügige
Gesundheitsstörungen handelt.
17.2
17.3
17.4
18.
18.1
Mund-undRachentherapeutika,ausgenommen bei Pilzinfektionen, geschwürigen Erkrankungen der Mundhöhle
und nach chirurgischen Eingriffen im
Hals-, Nasen-, Ohrenbereich.
Abführmittel außer zur Behandlung
von Erkrankungen z.B. im Zusammenhang mit Tumorleiden, Megacolon,
Divertikulose, Divertikulitis, Mukoviszidose, neurogener Darmlähmung, vor
diagnostischen Eingriffen, bei phosphat-bindender Medikation bei chronischer Niereninsuffizienz, bei der Opiat- sowie Opioidtherapie und in der
Terminalphase.
Arzneimittel gegen Reisekrankheit
(unberührt bleibt die Anwendung gegen Erbrechen bei Tumortherapie und
anderen Erkrankungen z.B. Menièrescher Symptom-komplex).
Arzneimittel zur Erhöhung der Lebensqualität gemäß § 34 Abs.1 Satz 7
SGB V
Arzneimittel, bei deren Anwendung
eine Erhöhung der Lebensqualität im
Vordergrund steht, sind von der Versorgung ausgeschlossen. Dies sind
Arz-neimittel, deren Einsatz im Wesentlichen durch die private Lebensführung bedingt ist oder die aufgrund
ihrer Zweckbestimmung insbesondere
− nicht oder nicht ausschließlich zur
Behandlung von Krankheiten dienen,
− zur individuellen Bedürfnisbefriedigung oder zur Aufwertung des
Selbstwertgefühls dienen,
− zur Behandlung von Befunden angewandt werden, die lediglich Folge
natürlicher Alterungsprozesse sind
und deren Behandlung medizinisch
nicht notwendig ist oder
18.2
18.3
-Anzeige-
§
− zur Anwendung bei kosmetischen
Befunden angewandt werden, deren Behandlung in der Regel medizinisch nicht notwendig ist.
Ausgeschlossen sind insbesondere
Arzneimittel, die überwiegend zur Behandlung der erektilen Dysfunktion,
der Anreizung sowie Steigerung der
sexuellen Potenz, zur Raucherentwöhnung, zur Abmagerung oder zur Zügelung des Appetits, zur Regulierung des
Körpergewichts oder zur Verbesserung
des Haarwuchses dienen.
Die nach Nr.18.2 ausgeschlossenen Fertigarzneimittel sind in einer Übersicht
als Anlage 8 der Arzneimittel-Richtlinien zusammengestellt.
19.
Richtlinien
Verordnungsausschluss aufgrund der
Rechtsverordnung nach § 34 Abs. 3 SGB
V Arzneimittel, welche aufgrund von §
34 Abs. 3 SGB V durch die Rechtsverordnung vom 21.2.1990 in der jeweils aktuellen Fassung als „unwirtschaftliche
Arzneimittel“ von der Leistungspflicht
ausgeschlossen sind (so genannte Negativliste). Dies sind Arzneimittel, die für
das Therapieziel oder zur Minderung
von Risiken nicht erforderliche Bestandteile enthalten oder deren Wirkungen
wegen der Vielzahl der enthaltenen
Wirkstoffe nicht mit ausreichender Sicherheit beurteilt werden können oder
deren therapeutischer Nutzen nicht
nachgewiesen ist.
Richtlinien
§
Krankentransport-Richtlinien
§
(aus BAnz. Nr. 18 (S. 5416) vom 28. 1. 2004)
Inhaltsverzeichnis
§1
§2
§3
§4
§5
§6
§7
§8
Allgemeines
Verordnung
Notwendigkeit der Beförderung
Auswahl des Beförderungsmittels
Rettungsfahrten
Krankentransporte
Krankenfahrten
Ausnahmefälle für Krankenfahrten zur
ambulanten Behandlung
§ 9 Genehmigung
§ 10 Information des Versicherten
§ 11 Überprüfung der Richtlinien
§ 12 Inkrafttreten
Anlage 1: „Inhalt der Verordnung“
Anlage 2: „Ausnahmefälle nach § 8 der
Richtlinien“ 1
§
68
§ 1 Allgemeines
(1) Diese Richtlinien gemäß § 92 Abs.1 SGB V
regeln die Verordnung von Krankenfahrten, Krankentransporten und Rettungsfahrten in der vertragsärztlichen Versorgung. Die Leistungen sind nach § 73 Abs.
2 Nr. 7 SGB V vom Vertragsarzt zu verordnen.
(2) Gesetzliche Grundlage für die Kostenübernahme von Krankenbeförderungsleistungen ist § 60 SGB V.
§ 2 Verordnung
(1) Für die Verordnung einer Krankenbeförderungsleistung hat der Vertragsarzt
– die Notwendigkeit der Beförderung
nach § 3 zu prüfen und
– das erforderliche Transportmittel nach
Maßgabe der §§ 4 bis 7 auszuwählen.
(2)
(3)
(4)
Die Verordnung ist auf dem vereinbarten
Vordruck auszustellen. Die Inhalte der Verordnung sind in Anlage 1 geregelt.
Der Vertragsarzt soll die Verordnung
vor der Beförderung ausstellen. In Notfällen kann er nachträglich verordnen.
Ein Notfall liegt vor, wenn sich der Versicherte in Lebensgefahr befindet oder
schwere gesundheitliche Schäden zu befürchten sind, wenn er nicht unverzüglich
die erforderliche medizinische Versorgung
erhält.
Bei Fahrten mit dem privaten Kraftfahrzeug oder mit einem öffentlichen Verkehrsmittel ist eine Verordnung nicht erforderlich.
Für die Fahrten zu ambulanten oder stationären Rehabilitationsmaßnahmen ist
ebenfalls keine Verordnung auszustellen,
sondern der Versicherte zur Klärung der
An- und Abreise direkt an seine Krankenkasse zu verweisen.
§ 3 Notwendigkeit der Beförderung
(1) Voraussetzung für die Verordnung von
Beförderungsleistungen ist, dass die Fahrt
im Zusammenhang mit einer Leistung der
Krankenkasse zwingend medizinisch notwendig ist. Der zwingende medizinische
Grund ist auf der Verordnung anzugeben.
Eine Verordnung zum Abstimmen von Terminen, Erfragen von Befunden, Abholen
von Verordnungen ist unzulässig.
(2) Notwendig im Zusammenhang mit einer
Leistung der Krankenkasse sind in der Regel nur die Fahrten auf dem direkten Weg
zwischen dem jeweiligen Aufenthaltsort
des Versicherten und der nächst erreich-
Richtlinien
baren geeigneten Behandlungsmöglichkeit. Die Notwendigkeit der Beförderung
ist für den Hin- und Rückweg gesondert zu
prüfen.
§ 4 Auswahl des Beförderungsmittels
Maßgeblich für die Auswahl des Beförderungsmittels gemäß der §§ 5 bis 7 ist ausschließlich die zwingende medizinische
Notwendigkeit im Einzelfall unter Beachtung des Wirtschaftlichkeitsgebots. Für die
Auswahlentscheidung ist deshalb insbesondere der aktuelle Gesundheitszustand
des Versicherten und seine Gehfähigkeit
zu berücksichtigen.
§ 5 Rettungsfahrten
(1) Der Versicherte bedarf einer Rettungsfahrt, wenn er aufgrund seines Zustands
-Anzeige-
(2)
(3)
mit einem qualifizierten Rettungsmittel
(Rettungswagen, Notarztwagen, Rettungshubschrauber) befördert werden
muss oder der Eintritt eines derartigen Zustands während des Transports zu erwarten ist.
Rettungswagen (RTW) sind für Notfallpatienten zu verordnen, die vor und
während des Transportes neben den Erste-Hilfe-Maßnahmen auch zusätzlicher
Maßnahmen bedürfen, die geeignet sind,
die vitalen Funktionen aufrecht zu erhalten oder wieder herzustellen.
Notarztwagen (NAW) sind für Notfallpatienten zu verordnen, bei denen vor oder
während des Transportes lebensrettende
Sofortmaßnahmen durchzuführen oder
zu erwarten sind, für die ein Notarzt erforderlich ist. Dies gilt entsprechend
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§
Richtlinien
§
(4)
(5)
§
70
für die Verordnung von Notarzteinsatzfahrzeugen (NEF).
Rettungshubschrauber (RTH) sind zu verordnen, wenn ein schneller Transport des
Patienten mit einem bodengebundenen
Rettungsmittel nicht ausreichend ist. Darüber hinaus sind Rettungshubschrauber
anzufordern, wenn eine schnellere Heranführung des Notarztes an den Notfallort zur Durchführung lebensrettender
Maßnahmen oder zur Herstellung der
Transportfähigkeit des Patienten mit dem
jeweils geeigneten Transportmittel notwendig ist.
Rettungswagen, Notarztwagen, Notarzteinsatzfahrzeuge und Rettungshubschrauber sind über die örtlich zuständige
Rettungsleitstelle anzufordern.
gilt nicht für Fahrten zu einer vor- oder
nachstationären Behandlung gemäß § 115
a SGB V oder zu einer ambulanten Operation gemäß § 115 b SGB V.
§
§ 6 Krankentransporte
(1) Ein Krankentransport kann verordnet
werden, wenn der Versicherte während
der Fahrt einer fachlichen Betreuung oder
der besonderen Einrichtungen des Krankentransportwagens (KTW) bedarf oder
deren Erforderlichkeit aufgrund seines Zustandes zu erwarten ist. Die fachliche Betreuung in Krankentransportwagen wird
nach den maßgeblichen landesrechtlichen
Vorschriften durch qualifiziertes nichtärztliches Personal gewährleistet. Die medizinischtechnische Einrichtung ist auf die
Beförderung von Nicht-Notfallpatienten
ausgelegt.
(2) Der Krankentransport soll auch dann verordnet werden, wenn dadurch die Übertragung schwerer, ansteckender Krankheiten der Versicherten vermieden werden
kann.
(3) Krankentransporte zur ambulanten Behandlung bedürfen der vorherigen Genehmigung durch die Krankenkasse. Dies
§ 7 Krankenfahrten
(1) Krankenfahrten sind Fahrten, die mit
öffentlichen Verkehrsmitteln, privaten
Kraftfahrzeugen, Mietwagen oder Taxen
durchgeführt werden. Zu den Mietwagen
zählen z. B. auch Wagen mit behindertengerechter Einrichtung zur Beförderung
von Rollstuhlfahrern. Eine medizinischfachliche Betreuung des Versicherten findet in diesen Fällen nicht statt.
(2) Die Verordnung einer Krankenfahrt mit
einem Taxi oder Mietwagen ist zulässig,
bei
a) Fahrten zu Leistungen, die stationär
erbracht werden (§ 60 Abs. 2 Satz 1
Nr. 1 SGB V),
b) Fahrten zu einer vor- oder nachstationären Behandlung gemäß § 115 a SGB
V, wenn dadurch eine aus medizinischer
Sicht gebotene vollstationäre oder teilstationäre Krankenhausbehandlung
verkürzt oder vermieden werden
kann,
c) Fahrten zu einer ambulanten Operation gemäß § 115 b SGB V im Krankenhaus oder in der Vertragsarztpraxis mit
im Zusammenhang mit dieser Operation erfolgender Vor- oder Nachbehandlung.
Einzelheiten zu den Regelungen zu b) und
c) sind in § 60 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4 SGB V i.
V. m. §§ 115 a und 115 b SGB V und den
darauf beruhenden Vereinbarungen einschließlich dem gem. § 115 b Abs. 1 SGB V
gültigen Katalog geregelt.
(3) Die Krankenfahrt mit einem Mietwagen
oder einem Taxi ist nur dann zu verordnen,
(4)
(5)
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§
wenn der Versicherte aus zwingenden medizinischen Gründen öffentliche Verkehrsmittel oder ein privates Kraftfahrzeug nicht
benutzen kann.
Kann der Versicherte mit einem privaten
Kraftfahrzeug oder öffentlichen Verkehrsmitteln fahren, stellt der Vertragsarzt in
den Fällen des Absatzes 2 Buchstabe c
und des § 8 keine Verordnung, aber auf
Wunsch des Versicherten eine Anwesenheitsbescheinigung zur Vorlage bei seiner
Krankenkasse aus.
Falls mehrere Patienten gleichzeitig zum
selben Ziel gefahren werden müssen, hat
der Vertragsarzt je Patient eine Sammelfahrt unter Angabe der Patientenzahl zu
verordnen, sofern keine medizinischen
Gründe dagegen stehen.
Richtlinien
§ 8 Ausnahmefälle für Krankenfahrten zur
ambulanten Behandlung
(1) In besonderen Ausnahmefällen können
auch Fahrten zur ambulanten Behandlung außer der in § 7 Abs. 2 Buchstaben
b) und c) geregelten Fälle bei zwingender
medizinischer Notwendigkeit von der
Krankenkasse übernommen und vom Vertragsarzt verordnet werden. Sie bedürfen
der vorherigen Genehmigung durch die
Krankenkasse.
(2) Voraussetzungen für eine Verordnung
und eine Genehmigung sind,
– dass der Patient mit einem durch die
Grunderkrankung vorgegebenen Therapieschema behandelt wird, das eine
hohe Behandlungsfrequenz über einen längeren Zeitraum aufweist,
§
Richtlinien
§
(3)
(4)
§
72
§
und – dass diese Behandlung oder
der zu dieser Behandlung führende Krankheitsverlauf den Patienten in einer Weise
beeinträchtigt, dass eine Beförderung zur
Vermeidung von Schaden an Leib und Leben unerlässlich ist.
Diese Voraussetzungen sind in den in Anlage 2 dieser Richtlinien genannten Ausnahmefällen in der Regel erfüllt. Diese Liste ist nicht abschließend.
Daneben kann die Fahrt zur ambulanten
Behandlung für Versicherte verordnet
und genehmigt werden, die einen Schwerbehindertenausweis mit dem Merkzeichen
“aG“, “Bl“ oder “H“ oder einen Einstufungsbescheid gemäß SGB XI in die Pflegestufe 2 oder 3 bei der Verordnung vorlegen. Die Krankenkassen genehmigen
auf ärztliche Verordnung Fahrten zur ambulanten Behandlung von Versicherten,
die keinen Nachweis nach Satz 1 besitzen,
wenn diese von einer der Kriterien von
Satz 1 vergleichbaren Beeinträchtigung
der Mobilität betroffen sind und einer ambulanten Behandlung über einen längeren
Zeitraum bedürfen.
Die zwingende medizinische Notwendigkeit einer Verordnung der Fahrt und des
Beförderungsmittels ist zu begründen.
Fahrten zum Abstimmen von Terminen, Erfragen von Befunden, Abholen von Rezepten etc. sind keine Krankenkassenleistung.
§ 9 Genehmigung
Fahrten nach § 6 Abs. 3 sowie § 8 dieser
Richtlinienbedürfen einer vorherigen Genehmigung durch die Krankenkasse. Genehmigungspflichtige Verordnungen sind
der Krankenkasse frühzeitig vorzulegen.
Dauer und Umfang (z. B. Transportmittel,
Hin- und Rückfahrt) der Genehmigung
werden von der Krankenkasse festgelegt.
§ 10 Information des Versicherten
Der Versicherte soll darüber unterrichtet
werden, dass seine Zuzahlung gemäß §
61 Satz 1 SGB V grundsätzlich zehn von
Hundert der Kosten je Fahrt – mindestens
jedoch 5 Euro und höchstens 10 Euro, allerdings jeweils nicht mehr als die Kosten
der Fahrt – beträgt. Nur Versicherte, deren Zuzahlungen die Belastungsgrenze
nach § 62 SGB V überschritten haben, sind
bei Vorlage einer entsprechenden Bescheinigung der Krankenkasse für den Rest des
Kalenderjahres von weiteren Zuzahlungen
befreit.
§ 11 Überprüfung der Richtlinien
Die Auswirkungen dieser Richtlinien werden bis zum 31.12.2004 überprüft.
§ 12 Inkrafttreten
Diese Richtlinien treten mit Wirkung
vom 01. Januar 2004 in Kraft. Bonn, den
22.01.2004; Gemeinsamer Bundesausschuss; Der Vorsitzende, Dr. Hess
Anlage 1: Inhalt der Verordnung
In der Verordnung hat der Vertragsarzt
insbesondere anzugeben:
1.
Das medizinisch notwendige Transportmittel
2.
Die Begründung der zwingenden medizinischen Notwendigkeit unter Angabe des
Diagnoseschlüssels nach ICD 10
3.
Die Hauptleistung der Krankenkasse, für
die der Transport als Nebenleistung erbracht wird:
– vollstationäre Leistung
– vor- oder nachstationäre Behandlung
im Krankenhaus unter Angabe der Behandlungsdaten (bei Organtransplantationen mit Angabe des Datums der
Transplantation)
Richtlinien
–
–
4.
5.
6.
7.
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§
teilstationäre Leistung
ambulante Behandlung im Krankenhaus
– ambulante Behandlung in der Vertragsarztpraxis
– Vor- und Nachbehandlung bei ambulanter Operation unter Angabe der Behandlungsdaten
– ambulante Operation mit Angabe des
Datums der Operation
Ausgangsort:
– Wohnung
– Arztpraxis
– Krankenhaus
– sonstiger Ausgangsort mit entsprechender Angabe
Zielort:
– Wohnung
– Arztpraxis
– Krankenhaus
– sonstiger Zielort mit entsprechender
Angabe
Art des Transportes:
– Sammelfahrt ja/nein; Anzahl der Mitfahrer
– Wartezeit ja/nein; Dauer der Wartezeit
Mitteilung von Krankheitsursachen und
drittverursachten
Gesundheitsschäden
(§ 294 a SGB V):
8.
9.
Anhaltspunkte für:
– Arbeitsunfall / -folgen,
– sonstiger Unfall, sonstige Unfallfolgen
– Berufskrankheit
– Versorgungsleiden (u.a. BVG)
– Gewaltanwendung
– Sonstiges
besonders anzugebende Leistungen:
– Zeitraum bei Serienverordnung gemäß
§ 8 der Richtlinie
– erforderliche Ausstattung bei Krankenfahrten (z. B. rollstuhlgerechte Vorrichtung)
- erforderliche Betreuung während des
Transports (notärztlich, fachlich, Trageleistung etc.)
bei Fahrten zur ambulanten Behandlung
Angabe des Ausnahmefalles gemäß § 8
Anlage 2: Ausnahmefälle nach § 8 der Richtlinien
Ausnahmefälle gemäß § 8 sind in
der Regel:
- Dialysebehandlung
- onkologische Strahlentherapie
- onkologische Chemotherapie
§
§
§
Impressum
Fördergemeinschaft der
Querschnittgelähmten in
Deutschland e.V.
Vorstand
Erster Vorsitzender:
Prof. Dr. med. Hans Jürgen Gerner
Stellvertretender Vorsitzender:
Christian Joachimi
Schatzmeister: Franz Kniel
Schriftführer: Peter Mand
Beisitzer: Jürgen Buchholz,
Jörg Schmekel
Sekretariat
Silcherstraße 15
67591 Mölsheim
Tel.: 0 62 43-52 56
E-Mail: fgq-moelsheim.de
Internet. www.fgq.de
Arbeitsgemeinschaften
(ARGE)
Ambulante Dienste
Milan Kadlec
Bornberg 94
42109 Wuppertal
Tel.: 02 02-45-02 71, Fax: -39 42
E-Mail: [email protected]
Bauen & Umwelt
Dipl. Ing. Dirk Michalski
Im Hohnsiefen 1
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Tel.: 0 22 47-60 70
E-Mail: [email protected]
Internet: www.DirkMichalski.de
FGQ-Rechtsbeistand im Sozialrecht
Herbert Müller
Freiherr-vom-Stein-Straße 47
56566 Neuwied-Engers
Tel.: 0 26 22-88 96-32; Fax -36
E-Mail: [email protected]
Öffentlichkeitsarbeit
Kevin Schultes
Radsäcker 9
69234 Dielheim / Unterhof
Tel.: 0 62 22-77 23 13
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Recht
Gottfried Weller
Oliver Negele
Dr. Loeffelladstr. 127
86609 Donauwörth
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Schmerz bei Querschnittlähmung
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Sonnenweg 2
99444 Blankenhain
Tel.: 03 64 59-4 25 02
E-Mail: [email protected]
Schule & Studium
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Tel.: 02 31-75 97 55
E-Mail: [email protected]
Urlaub
Pia & Jürgen Buchholz
Weißenportz 20 c
53804 Much
Tel.: 0 22 45-60-08 45, Fax: -03 70
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Im Sekretariat sind außer dieser noch folgende Broschüren erhältlich: „FGQINFO“ (mit Stützpunkten und Ansprechpartnern), „Familie & Partnerschaft“,
„Gesundheit“ und „Wohnen“.
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Querschnittgelähmten
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