23 Tour Bericht von Peter Kübli 2014

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23 Tour Bericht von Peter Kübli 2014
Haleakala Nationalpark (Hawaii) 2014
von Peter Kübli
Reisebericht
Velotour von Wailea Maui auf den (ruhenden) Vulkan Haleakala Von 0 auf 3'055 m.ü.M.
Die Nervosität steigt definitiv, Morgen und morgens um 5.00 Uhr solls losgehen, noch aus der Stadt
sein, bevor die Sonne aufgeht und die Rushhour beginnt, immerhin Montag hier...
Mit dem Auto heute schon mal den Weg bis zum Beginn der Steigung zur Rekognoszierung befahren:
Das sollte mal zu schaffen sein. Es sind 30 km flach, absolut flach, riesig breite Strassen, die gesamte
Tour soll etwa 120 Meilen sein, das wären dann etwa 192 km. Aber immerhin ist man bei der Hälfte
einfach oben und es geht nirgends mehr hoch nachher!
Den Reisebericht von Fredi, Furkajoch, fand ich interessant und - auf jeden Fall geht es auch mir
absolut unbedingt auch so, dass ich mich heute ernsthaft frage, schaffe ich das wirklich?
Das Training dieses Jahr war gut, einige lange und grosse Touren habe ich schon bewältigt, aber nun
schon fast 3 Wochen nicht mehr auf dem Velo gewesen...
Neuer Sattel, neues Velo, andere Schaltung, anderes Land, anderes Wetter...der schnellste sei mal
innerhalb 3,5 h oben gewesen, rechnen soll man mit 4 - 5, ich habe mal 5 - 6 eingeplant, nur für ab
Beginn der Steigung bis wieder auf 0. Ohne die An- und Hinfahrt.
Die letzten 20 - 30 km hat es kein Wasser, kein Restaurant, nichts. Nicht mal oben kann man sich
irgendwie ein Cüpli bestellen anscheinend, was sind denn das für Aussichten....
So, morgen mehr! Wenn's geschafft ist!
Seit 04.38 wach und auf.
Gefrühstückt
warten auf etwas Licht draussen, bei Dunkelheit fahre ich nicht los.
Zur Beruhigung etwas arbeiten....
Lange wird's nicht mehr gehen, jetzt ist 05:42 - ich glaub, ich gehe jetzt los!
Und wie! Den Sattel noch einmal richtig einstellen und es ist grad so hell geworden, dass ich das
Vorderrad gut erkennen kann. Zum Glück kein Verkehr, bis es richtig hell geworden ist!
Die erste wichtige Abzweigung - perfekt - falsch erwischt! Habe ich erst am Abend bemerkt, es kam
mir einfach komisch vor, dass ich am Tag davor noch einen Veloweg gemeint gesehen gehabt zu
haben, aber auf meinem heutigen Highway einfach nichts da war. Gut, manchmal ändert schnell
etwas, heutzutage eh, aber ein Veloweg einfach über Nacht? Also es waren dann noch 10 km mehr...
Der Gegenwind war auch schon aufgestanden, es war bewölkt, es war einfach normal heiss - und
feucht. Soviel geschwitzt habe ich vermutlich noch nie.
Die ersten 30 km gingen flott, dann kam der Start der Steigung.
Bereits nach der ersten Stunde war der Hunger extrem und ich genehmigte mir Omelette mit Gemüse
drin. Ich sass draussen mit Blick auf die Strasse, neben mir eine nette junge Dame, die sich für mich
interessierte! Mal was ganz neues!
Viele Rennräder fahren nicht da hoch, viel mehr lassen sich wirklich 100te mit dem Auto&Anhänger
hochfahren, den Sonnenaufgang erleben und radeln runter. Wobei radeln natürlich höchstens mal aus
einem Stopp heraus notwendig wird, zum Anfahren quasi - und auch da wird gar noch der eine oder
andere vom Chef der Gruppe angeschoben....
Also, wo waren wir?
Genau, noch im Restaurant. Wie im Starbucks wird das Essen oder der Kaffee vorbereitet und man
wird mit Namen aufgerufen, sobald abholbereit. In dem besagten Restaurant hat dann die Dame
hinter der Theke, gut ich habe ihr gesagt, ich höre nicht so gut..., meinen Namen dermassen laut
geschrien, als die Omelette fertig war, dass einigen die Kaffeetasse aus den Händen fiel, einem Auto
auf der Strasse ist sogar grad die Stossstange abgefallen.
So oder so, das Essen tat sehr gut und war noch nicht kalt.
Ich war ja erst auf knapp über 500 Höhenmeter.
Zur Sicherheit habe ich mir noch eine Cola gekauft, als Belohnung dann oben.
Die nächsten 500 Höhenmeter waren steil, und ich wurde mir immer mehr bewusst, dass es wohl gar
nicht so schlecht gewesen ist, dass ich mir am Abend zuvor und in der ganzen Nacht.... schon gesagt
habe, ich muss nicht mal zwingend oben ankommen, schon 2000 HM sind doch nicht schlecht...
Ich schwitze mir alles raus.
Schon bei 1'500 m.ü.M. sind 1,5 Liter Wasser weg, verdunstet, aus meinem Körper. Die Sonne hat
sich dann noch keine Minute gezeigt... Die 2 Liter Wasser in den Getränkebidons und in meinem
Rucksack können dem Ansturm an Bedarf nicht standhalten.
Aber der Wille ist gross, so versuche ich die grosse Luftfeuchtigkeit irgendwie herauszufiltern.
Zwischen den Zähnen hindurch atmen, die Zunge direkt dahinter, gelingt es - fast.
Auf 2'000 HM angekommen ist die Aussicht einfach genial! Man könnte es mindestens erahnen, wenn
da nicht ein paar Wolken wären....aber die Aussicht ist ja eigentlich egal. Wichtig ist, schaffe ich es
und wann....
Also mit meiner Schätzung, dass ich vielleicht schon Mittag zurück sein könnte, liege ich so was von
falsch, wie der Ueli Maurer mit seinen Flugzeugen.
Aber nun erst Mal die 5 Dollar hervorkramen für den Nationalpark! Hier wird bezahlt, egal wie man
hochkommt. Der Beamte ist nett, wie alle Ami's hier in Hawaii, irre nett, wirklich sagenhafte Nettigkeit
ist uns überall entgegnet! Nur schon das zu erleben, lohnt es sich, nach Hawaii zu reisen! Kaum
nimmt man die Karte in die Hand, stehen mindestens 12 Leute um einen herum und möchten helfen!
Ich habe mich ab und zu nicht mehr getraut, auf die Karte zu schauen! Vor allem nicht fahrend auf
dem Velo, die wären nach gerannt!
Nein, es war nicht unangenehm, im Gegenteil, man fühlt sich irgendwie angenommen, umsorgt, man
ist wer!
Also 20 Meter nach dieser Zahlstation konnte ich nicht mehr anders. Ich musste die Cola saufen!
Noch 11 Meilen und 3'000 feet....das sind die facts. Kein Baum, keine Wiese, nur Strasse, perfekte im
übrigen, die sich den Berg hoch schlängelt! Nach einer Meile kommt das Visitor-Center, da darf man
kostenlos Wasser abfüllen! Aber ansonsten gibts keine Getränke. Da ich kurz vor dieser
Zwischenankunft eine leichte Zuckung eines Muskelkrampfes gespürt habe, wollte ich noch was
salziges zu Essen. Das gab's, entweder leicht gesalzene Nüsse, war mir aber zu mühsam, bei jedem
Nüssli das Salz abzuschlecken. Dann war noch ein Beutel Trockenfleisch, mit klar den höchsten
Salzwerten! Schwierig, weil das Salz irgendwie mit verarbeitet wurde, also nicht ausserhalb liegend,
weder sicht- noch sonstwie bemerkbar - somit habe ich mich dann entschieden, dieses Trockenfleisch
teilweise zu essen. Ja ich kämpfte dagegen, weil es geschmacklich eher nach leicht kaubarem
Kaugummi mit Honig und Käse überbacken schmeckte. Vielleicht noch etwas angereichert mit
Wasabi. (es leben viele Japaner in Hawaii - und nicht erst seit Pearl Harbour...)
Trotzdem, es half! Kein Krampf in Sicht, alles gut, spannend! Also die 2'000er-Marke geknackt und
voller Tatendrang!
Die letzten 1'000 Höhenmeter! Immer noch kein anderes Velo, kein anderer Wahnsinniger, dafür viele
Daumen, die aus den Autofenster gezeigt werden. Nein, es waren nicht die Mittelfinger!
Die Sonne ist also nun aus dem Wolkenvorhang heraus-, der Schatten in den Ausstand getreten. Es
war hier oben dafür immerhin bedeutend kühler!
Ich zähle nicht mehr die Höhenmeter, sondern die Höhenfüsse, da kann man schneller zählen....
Ich zähle, also fahre ich....nur noch 2'000 Höhenfüsse...zum Glück hat man dabei immer was zu
rechnen. Wieviel sind das nun in Meter? Und wieviel sind nun etwa 15 Grad Celsius in Fahrenheit?
Bei den Getränkebidons hielt ich leider die günstigsten für die besten....immer und immer wieder die
falsche Überlegung! Erst bei der Abfahrt habe ich herausgefunden, wie ich wenigstens etwas mehr als
die Hälfte des Wassers in meinen Mund kriege...So eine Fabrik müsste man sprengen!
Endlich sind ein paar knappe Silhouetten von Hausdächer zu erkennen! Das müsste "oben" sein!
Immer noch 1'000 Höhenfüsse, es will einfach nicht enden, es hört nicht auf.
Und wirklich, es ging ein einziges Mal auf diesen ganzen 3'000 Meter auf etwa 100 Meter ca. 10 Meter
runter! Gnadenlos!
Die letzte Meile - und nun doch noch, ein Krampf im rechten Oberschenkel wird klar und deutlich.
Pause.
Der Pausen waren einige! Natürlich nur um die Umgebung anzuschauen, die Höhe zu geniessen und
die Aussicht! Je besser allerdings die Aussicht wurde, desto weniger Kraft hatte ich...
Sämtliche Gels, Banane und Riegel habe ich vertilgt, keiner zuviel, einige zu wenig mitgenommen....
Die 10'000 er Marke erreicht! Der Krampf im linken Bein ist grösser als im rechten....also die nächsten
50 Meter heisst es laufen. Nur um es wirklich zu erzwingen, bin ich dann doch noch für die allerallerletzten Meter aufs Rad gestiegen und habe vor Freude fast geweint.
Und es war bereits halb Vier! Auch die 2te Schätzung, dass ich vielleicht so ca. 3 zu Hause wäre,
scheint damit überstanden.....
Das Coci zur Belohnung habe ich mir ja bereits vorweg genommen, ich hab's mir einfach nochmals
vorgestellt und pantomimenartig die Büchse geöffnet...wieso musste dieser Vulkan auch dermassen
hoch wachsen?
Die Fahrt nach unten war also bedeutend weniger anstrengend! Auf Bremsen könnte man fast
verzichten, die Kurven sind extrem gut zu nehmen, die Übersicht gigantisch, die Strassen perfekt und
breit genug. Das Tempo wird nie über 50-60 km, vielleicht mal Meilen...aber weit über eine Stunde
einfach nur runter fahren, ohne einen Pedal-Tritt, traumhaft, gigantisch, unbezahlbar!
Unten angekommen war ich dermassen fit und berauscht, ich fuhr sicher mit 40-50 km/h die flachen
35 km zurück. Der Wind kam mir sicher auch entgegen, also ich meine der Rückenwind, und die
grossen Amischlitten, die ein paar Meter neben mir mit 120 km/h fuhren, halfen nach. (Highway...)
Gefühlt waren es eher 80 km/h...
Trotzdem, nur um ein paar wenige Minuten habe ich es verpasst. Ich wollte bis um 6 wenigstens noch
das Rennrad in den Shop zurückbringen.....aber man kann nicht immer alle Ziele erreichen...
Nach etwas mehr als 12 Stunden auf dem Sattel war ich etwas ermüdet, aber glücklich. Jetzt, wo ich
die Strecke und die Strapazen kenne, weiss ich, so was mache ich nie mehr, höchstens vielleicht in
einem Jahr wieder...
Peter