Bulletin Frühling 2015
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Bulletin Frühling 2015
Kantonsschule Frauenfeld Kanti Bulletin Frühling 2015 begabung erkennen fördern nutzen Kanti Bulletin Frühling 2015 02 03 05 07 08 10 11 12 14 17 19 21 B EGAB U NG Mit Begabung und Fleiss zur Höchstform Begabungen erkennen und fördern Livia Strauss – Umsteigen. Und weiter geht die Reise Von der Schönheit der Mathematik Von der Herausforderung, sich selbst zu organisieren Eine Reise durch die Welt der Chemie Labornachmittage: Kanti-Luft schnuppern Feinfühlige Fachmaturaarbeit über ein heikles Thema Begabung in künstlerischen Darstellungen entdecken Dons, talents, compétence, aptitudes Singen muss man müssen Sporttalent und Bewegungsfreude unterstützen 25 30 33 34 35 36 VE R A N S TA LT U N G E N Ist das Paradies so eine Art Mediothek? Schreiben heisst: Welten erschaffen Joseph Joffo – Kindheit auf der Flucht Freeze – tierisches Frieren und Gefrieren im Showroom Kanti Frauenfeld – wertvoll für alle Schülertat im Schülerrat 37 40 MENSCHEN Im Gespräch mit Ivo Breu Verabschiedungen E D ITO R IAL Pascale Chenevard Prorektorin b e g a bu n g i s t… Liebe Leserin, lieber Leser Was können Sie besonders gut? Kunstvoll zeichnen, komplexe Matheprobleme lösen, schnell kraulen, schön singen, phantasievolle Geschichten schreiben, fliessend Französisch sprechen, Pirouetten drehen, Brine Shrimps züchten oder Bäume richtig schneiden? Nichts von alledem und dafür etwas ganz anderes? Wenn Sie aber neugierig sind auf diese besonderen Talente und Begabungen, dann sind Sie hier goldrichtig. Wir haben uns in diesem Frühlingsbulletin die Frage gestellt, inwiefern wir an unserer Schule spezielles Können, Begabungen und Talente fördern. Und wir haben eine Palette gefunden, die uns zum Staunen bringen kann. Den Begabungen der Schülerinnen und Schüler werde eine Lehrperson dann gerecht, wenn es ihr gelinge, diese zu erkennen und im Rahmen des individualisierenden Unterrichts angemessen zu fördern, schreibt Prorektor Beat Brüllmann. In seinem Artikel über Begabungsförderung an der Mittelschule sowie in der Einleitung von Rektor Hanspeter Hitz stecken wir das Feld ab, in dem an einer Mittelschule, im Besonderen an der Kanti Frauenfeld, begabte Schülerinnen und Schüler Förderung erfahren. Wir öffnen aber auch einen Raum, in dem sich Talent entfalten und zeigen kann. Und damit ist der Reigen an spannenden Artikeln eröffnet! Livia Strauss, das Multitalent blickt auf ihre Kanti-Zeit zurück, eine Gruppe naturwissenschaftlich-interessierter Schülerinnen und Schüler berichten von ihrer ersten Herausforderung im Rahmen des Wettbewerbs «Science on the move». Weiter können Sie als Leserin oder Leser die märchenhafte Geschichte einer schreibtalentierten Jungautorin mit dem Titel «Der Wortflechter» lesen oder sich von phantasievollen Skizzen und filigranen Zeichnungen verzaubern lassen. Singen Sie nur unter der Dusche, weil Sie sich nicht als Gesangstalent sehen? Dann lesen Sie nach, wie mit etwas Ehrgeiz, vor allem aber Gesangsschulung und Stimmbildung eine Stimme gefördert werden kann. Erfahren Sie etwas über Talentförderung im Sport und wie bewegungstalentierte Schülerinnen und Schüler bei uns an der Kanti Spitzensport und Schule unter einen Hut bringen. Und last, but not least: Auch unter den Lehrpersonen und Mitarbeitenden gibt es verborgene und unerwartete Begabungen! Ivo Breu, Mitarbeiter im Hausdienst, zeigt uns sein ganz besonderes Talent, das viel Feingefühl, Wissen und Erfahrung erfordert. Bereits zum zweiten Mal dürfen wir im Bulletin über die Aktivitäten von Pro Kanti Frauenfeld berichten. Wir freuen uns, in diesem «Förderverein» eine weitere Stimme für unsere Schule bekommen zu haben. Und wir lassen den Schülerrat auf das letzte Semester zurückblicken. Ich wünsche Ihnen, liebe Bulletin-Leserin, lieber Bulletin-Leser viel Freude mit dieser Ausgabe und viel Spass beim Entdecken der vielfältigen Begabungen unserer Schulangehörigen – ganz im Wissen, dass da noch viel mehr wäre und dass in jeder und jedem ein Talent lebt. … d i e sum m e a ll er ga be M IT B E G AB U N G U N D F L E I S S Z U R H ÖC H STF O R M Hier die Begabten, Talentierten und Cleveren. Dort die Normalen, Mittelmässigen und Durchschnittlichen. Die Ersten gehören zur Elite. Die Anderen, die Überzahl, zum Fussvolk. So weit, so wahr. Fragt man in die Runde, warum jemand zur bewunderten – und oft beneideten – Gruppe gehört, fällt ganz schnell das Wort Begabung, womit dann meist auch insinuiert wird, dass diesen Menschen halt ein besonderes Talent in die Wiege gelegt worden sei. Diese Annahme ist nicht falsch, erklärt aber den Unterschied zwischen den beiden Gruppen nur ansatzweise. Hanspeter Hitz Rektor Kein Wunder, dass Wissenschaftler schon seit Jahrzehnten versuchen, die Ursachen oder Voraussetzungen für eine Begabung zu erforschen. Sind es genetische Bedingungen, die aus einem Physiker einen Albert Einstein machen? Ist das Hirn von Watson oder Crick grösser, anders oder besser ausgebildet als jenes eines Durchschnittsmenschen, der nie im Leben die Doppelhelix entdecken würde? Wo und in welchen Molekülen liegt der Grund, dass aus Steve Jobs der herausragende Unternehmer wurde, der Apple zu den grossen Erfolgen führte? Allen Hoffnungen zum Trotz hat bis heute kein Wissenschaftler eine auch nur annähernd befriedigende, abstrakttheoretische Begründung liefern können, warum die einen an die Spitze gelangen – sei es in den Natur- oder Geisteswissenschaften, in der Musik, in der Kunst oder in einem Unternehmen. Dann kann vielleicht die Familienbiografie Aufschluss geben? Da gelingt es schon eher, einen Zusammenhang herzustellen. Zum einen ist ein inspirierendes Umfeld mitverantwortlich, dass eine Vorliebe zur Begabung hinwächst; zum andern sind es Menschen, die Vorbilder sind, und denen man nacheifern möchte. Und zum dritten sind es schliesslich die realen Umstände, damit sich eine Begabung entfalten kann. So betrachtet verlieren Begriffe wie Talent und Begabung zwar ihre Magie. Einerseits mag man das bedauern, andererseits aber kommen sie im doppelten Wortsinn in Griffnähe. Begabung ist sozusagen der Ausgangspunkt, der Rest ist Fleiss, Einsatz und Identifikation – egal um welches Talent es sich handelt. Einstein, Watson, Crick und Jobs sind zweifelsohne talentierte Menschen. Aber sie wären nicht geworden, für was sie die Welt bewundert, wenn sie nicht hart gearbeitet hätten. In diesem Umfeld und in diesem Auftrag sehe ich unsere Schule: Jede und jeder soll bei uns ein Biotop finden, in dem sie oder er sich bestmöglich entwickeln kann, damit die eigene Vorliebe oder – wenn Sie lieber wollen – die eigene Begabung zur Bestform auflaufen kann. Wir stehen allen zur Seite, die mit dem Mittelmass nicht zufrieden sind, die von sich selbst mehr erwarten, weil sie neugierig, offen und vorwärtsdrängend sind. Diese Schülerinnen und Schüler unterstützen wir mit allen uns zur Verfügung stehenden Mitteln. Wer auf die Spitze will, muss sich am Berg bewähren, darf keine Angst vor dem Aufstieg haben, muss schwindelfrei sein und wissen, wie und wo der Pickel einzuschlagen ist. Einiges kann man lernen, klettern allerdings muss jede und jeder selber. en… 3 B EGAB U NG E N E R K E N N E N U N D FÖR DE R N Begabungs- und Begabtenförderung Beat Brüllmann Prorektor Die Mittelschule ist der Ort, an welchem sowohl Begabungen als auch Begabte in idealer Art und Weise gefördert werden. Mit und nach dieser Aussage könnte man bereits einen Schlusspunkt unter die Thematik setzen. Doch so einfach dürfen wir es uns nicht machen. Es ist trotz der Tatsache und des Privilegs, dass an der Mittelschule leistungsstarke Schülerinnen und Schüler gemeinsam unterrichtet werden, ein umfassender und präziser Blick auf die Begabungs- und Begabtenförderung sinnvoll. Grundlagen der Begabungsund Begabtenförderung Der Umgang mit Begabungen und Begabten ist ein Thema, welches das gesamte Bildungswesen im Inund Ausland seit geraumer Zeit beschäftigt. Während es an der Volksschule eine Fachstelle dafür gibt, existiert an unserer Schule seit sieben Jahren ein Leitfaden zur Begabungsförderung. Mit Konzepten und Handreichungen hat man selbstverständlich noch keine Wirkung erzielt, doch dienen sie als Basis zur Annäherung an den Begriff und zur gemeinsamen Verständigung. Worin unterscheiden sich denn nun also die Begriffe Begabungen und Begabte? «Die allgemeine Begabungsförderung konzentriert sich auf Stärkenorientierung in Bezug auf alle Kinder und Jugendlichen sowie den kompetenten Umgang mit Heterogenität im Klassenverband. Begabungsförderung bezeichnet Massnahmen, die im Rahmen der Binnendifferenzierung des Unterrichts stattfinden und sich an alle Kinder und Jugendlichen richten.»1 Den Begabungen der Schülerinnen und Schüler wird eine Lehrperson dann gerecht, wenn es ihr gelingt, diese zu erkennen und im Rahmen des individualisierenden Unterrichts angemessen zu fördern. Dies be1 Kanton Thurgau. trifft alle Schulstufen, auch wenn Departement für Erziehung und Kultur. die Leistungsheterogenität in den Mittelschulen tatsächlich geringer 17. 2. 2015. Begasein dürfte als in der Volksschule. bungs- und Begabtenförderung im Thur- Die Interessenheterogenität wird tendenziell dafür umso grösser. gau. Strategische «Die Begabtenförderung setzt sich Grundlagen und Umsetzungsplanung. mit der Schulung und Integration von Kindern auseinander, die in S. 2. einem oder mehreren Bereichen 2 ebd. über eine besondere Begabung verfügen und die Schule mit speziellen Anforderungen konfrontiert. Sie betrifft sämtliche Bereiche und Beteiligten der Schule und erfordert eine funktionierende interdisziplinäre Zusammenarbeit. Begabtenförderung bezeichnet pädagogische und schulorganisatorische Massnahmen für einzelne, besonders begabte Jugendliche, welche die Fördermöglichkeiten im Unterricht übersteigen.»2 Die Herausforderung im Umgang mit Begabten ist vor allem auf Volksschulstufe eine beachtliche und sehr ressourcenintensiv. Bedeutung der Begabungsund Begabtenförderung für die Mittelschulen Auch an der Mittelschule findet Begabungsförderung binnendifferenzierend im Regelunterricht statt. Im Rahmen von Workshops, Leseprojekten und weiteren selbstorganisierten Projekten haben die Schülerinnen und Schüler die Möglichkeit, sich ihren Interessen und ihrer individuellen Leistungsfähigkeit entsprechend einzubringen. Die Lehrpersonen helfen ihnen bei der Selbsteinschätzung, unterstützen sie bei der Themenwahl und während des Lernprozesses. Zusätzlich hält die Schule als Ganzes eine Palette von Möglichkeiten zur Begabungsförderung bereit. Freikurse Unsere Schülerinnen und Schüler können sich für jedes Semester für Freikurse einschreiben. Das Angebot umfasst Sprachen wie Japanisch, Chinesisch, Spanisch, Italie- nisch und Latein. Wer sich in einer bereits unterrichteten Sprache vertiefen will, besucht die Vorbereitungskurse für die Sprachzertifikatsprüfungen. Weitere Vertiefungsmöglichkeiten bestehen in Philosophie, Geschichte und Politik. Schliesslich bestehen auch Angebote aus den Bereichen Astronomie, Musik und Sport. Wettbewerbe Die Maturaarbeit eröffnet den Schülerinnen und Schülern nicht nur die Möglichkeit, sich so intensiv wie gewünscht mit einem selbst gewählten Thema auseinanderzusetzen, sondern eröffnet auch Chancen zur Teilnahme an vielfältigen Wettbewerben. So kann die betreuende Lehrperson eine Arbeit für die schuleigene Prämierung vorschlagen. Auch externe Organisationen bieten für Maturaarbeiten Wettbewerbe an, so beispielsweise die Stiftung Think Tank Thurgau, die Thurgauische Naturforschende Gesellschaft, die ETH oder historische Vereinigungen. Auch ausserhalb der Maturaarbeiten werden unsere Schülerinnen und Schüler zur Teilnahme an Wettbewerben eingeladen. So messen sich Schreibbegabte regelmässig im Wettbewerb «Junge Texte». In den Naturwissenschaften finden die Physikund Chemieolympiaden statt, an welchen immer wieder Delegationen unserer Schule teilnehmen. Schliesslich kehren jährlich Schülergruppen erfolgreich von einem Mathematikwettbewerb zurück, welcher in Konstanz durchgeführt wird. Kanti Bulletin 4 … d ie ic h von an Begabungen erkennen und fördern Studienwochen der Universitäten Einzelne Universitäten und Hochschulen bieten schon seit längerer Zeit Studienwochen für interessierte Mittelschülerinnen und Mittelschüler an. Die Jugendlichen erhalten so die Möglichkeit, sich während einer Woche in einem Fachgebiet zu vertiefen und lernen gleichzeitig den universitären Betrieb kennen. Maturité bilingue Unsere Schülerinnen und Schüler des Gymnasiums können das dritte Schuljahr im Schüleraustausch am Gymnase d’Yverdon verbringen. Dieses Angebot wurde vor über zehn Jahren als Begabungsförderungsprojekt ins Leben gerufen. Seither schlossen rund hundert Schülerinnen und Schüler mit der zweisprachigen Matura DeutschFranzösisch ab. Ausserschulische Talente Etliche unserer Schülerinnen und Schüler beanspruchen die von der Schule bereitgestellten Angebote nicht. Entweder können wir auf ihr besonderes Talent gar nicht eingehen oder sie möchten sich ihrer Begabung ganz bewusst nicht innerhalb des Schulalltags widmen. So dürfen wir uns immer wieder freuen über Schülerinnen und Schüler, welche im sportlichen, musischen oder kreativen Bereich Höchstleistungen erbringen. Herausforderungen Mit einer Fülle von Angeboten ist es nicht getan. Die Schülerinnen und Schüler müssen angeregt und ermutigt werden, einmal ein kleines Wagnis einzugehen und sich für einmal in einem Thema etwas zu exponieren, um dafür unter Umständen für die aussergewöhnlichen Leistungen eine ansprechende Wertschätzung zu erhalten. Diese Motivationsaufgabe fällt den Lehrpersonen zu, welche der Zurückhaltung und Bescheidenheit dann etwas nachhelfen müssen. Starthilfe für helle Köpfe Die Schweizerische Studienstiftung fördert Studierende, die sich mit überdurchschnittlichen Leistungen und grossem Engagement auszeichnen. Es sind junge Menschen, die für die Gesellschaft Verantwortung übernehmen und für die Probleme von heute Lösungen finden möchten. Neudeutsch spricht man von «High Potentials», deren Persönlichkeit, Kreativität und intellektuelle Fähigkeiten auf zukünftige Leistungen in Wissenschaft, Wirtschaft, Kultur und Politik hinweisen. Die Stiftung wurde 1991 gegründet. Sie wird einerseits vom Bund unterstützt und andererseits zu weiten Teilen durch private Gönner bzw. Unternehmen getragen. Das Angebot der Schweizerischen Studienstiftung ist vielseitig: Kernstück sind Veranstaltungen und Seminare (z.B. «Sommerakademien» oder «Intellectual Tools»), bei denen sich Studienstiftlerinnen und Studienstiftler interdisziplinär weiterbilden und austauschen. Diese studienergänzenden Programme geben der Neugier der jungen Menschen Nahrung und bieten eine hervorragende Grundlage, neue persönliche Netzwerke aufzubauen. Neben diesen Bildungsangeboten, leistet die Stiftung individuelle Beratung, finanzielle Unterstützung sowie die Vernetzung mit Ehemaligen und Dozierenden sowie Arbeitgebern. Wer von dieser Horizonterweiterung, den stimulierenden Anlässen und der Möglichkeit der Vernetzung profitieren möchte, der bewirbt sich schriftlich bei der Stiftung. Die Maturitätsschulen der Schweiz (auch die Kantonsschule Frauenfeld) können ebenfalls für ihre besten Abgängerinnen und Abgänger Empfehlungen aussprechen. Schlussendlich entscheidet im Bewerbungsverfahren ein umfangreiches Assessment über die Auswahl der finalen Kandidaten. Für mehr Informationen siehe www.studienstiftung.ch Jimmy Bauer-Preis Die Kantonsschule zeichnet jedes Jahr überdurchschnittliche Schulleistungen aus: Der Jimmy BauerPreis wird an mehrere Schülerinnen und Schüler verliehen. Die Auszeichnung geht auf das Vermächtnis eines ehemaligen Kantonsschülers zurück, der während vieler Jahre als Lehrer für Naturwissenschaften an einer englischen Mittelschule wirkte. Jakob Bauer von Amriswil bestand 1893 die Maturitätsprüfung und richtete alsdann eine Stiftung ein. In den testamentarischen Bestimmungen hat er unter anderem festgehalten: «Buchwissen soll nicht der entscheidende Faktor bei der Auswahl eines Empfängers der Spende sein, sondern vielmehr ein gesunder Geist in einem gesunden Körper und das eifrige Interesse am Schulbetrieb.» Der Jimmy Bauer-Preis wird einerseits durch den Jimmy BauerFonds, andererseits aber auch seit einigen Jahren durch die AlumniOrganisation gestiftet. Die Preisübergabe findet jeweils an der Abschlussfeier statt. Die Absolventinnen und Absolventen mit den besten schulischen Abschlüssen ihrer Abteilung erhalten Jimmy Bauer-Preise. Zudem hat der Konvent die Möglichkeit, Schülerinnen und Schüler, die sich in besonderer Weise für die Belange der Schule verdient gemacht haben, ausnahmsweise mit einem Preis auszuzeichnen. Texte von Thomas Moll nd e re n bek om me n ha b e LIVIA ST R AU S S – U M S T E I G E N . U N D WE ITE R G E H T D I E R E I S E Vor knapp einem Jahr hat sie die Maturitätsprüfung an unserer Schule bestanden – mit überdurchschnittlich guten Noten. In welche Richtung der weitere Lebensweg nun führt, steht noch nicht fest. Livia Strauss verfügt über viele Talente und Interessen. Gerade deswegen fällt ihr diese Entscheidung nicht leicht. Thomas Moll Lehrer für Wirtschaft und Recht Da steht sie vor dem Hauptgebäude unserer Schule. Eingepackt in einen dicken Schal. Es ist ein grauer Februartag über Frauenfeld. Von Sonne keine Spur. Und dann das Strahlen unter der Wollmütze: Der Blick von Livia ist neugierig und herzlich. Berührungsängste hat sie keine. Dieser Ort ist ihr sehr vertraut. Vor wenigen Wochen war sie als Gast am Besuchsmorgen an der Kanti. «Ja, es war nostalgisch. Ich hatte einfach grosse Lust, ein paar bekannte Gesichter an der Schule zu treffen», erzählt sie. Sofort fällt auf: Livia spricht kein Thurgauer Dialekt. Die ersten Lebensjahre hat sie im Zürcher Oberland verbracht. «Ich bin in der Primarschule hierher gekommen. Dieser Wechsel war für mich nicht einfach. Es dauerte einige Zeit, bis ich mich an diesem neuen Ort wohl gefühlt habe.» In den letzten elf Jahren hat sie hier Wurzeln geschlagen. Besonders die Jahre an der Kantonsschule waren prägend für Livia: «Ich habe diese Zeit genossen: Denn ich konnte meinen Interessen folgen und mich so stets weiterentwickeln.» Eine wichtige Etappe war dabei auch das Austauschjahr am Gymnase d’Yverdon. «Die sprachlichen Hürden habe ich schnell genommen. Dies war ein tolles Erlebnis!» Noch immer hält sie Kontakt zu ihrer Gastfamilie und schwärmt von den Ausflügen nach Lausanne. «Die Erfahrung dieses Jahres hat mir die Augen geöffnet, mir eine neue Perspektive auf mich und mein Leben ermöglicht. Und ich realisierte, wie vielseitig die Schweiz tatsächlich ist – besonders kulturell und sprachlich.» Welchen Zug nimmt sie? Und wohin? Mittlerweile schlendern wir durch das Oberwiesenquartier von Frauenfeld. Sechs Monate lang hat Livia hier in einem Kindergarten als Assistentin gearbeitet. «Ich wollte für mich herausfinden, ob ich später in diesem Umfeld arbeiten möchte – vielleicht als Lehrerin oder in einer andern Rolle.» Obwohl sehr bereichernd, hat sie das Praktikum eher von der Idee abgebracht. «Permanent im Zentrum zu stehen und so viel zu kommunizieren, das liegt mir nicht.» Die Suche geht also weiter. Es ist die Suche nach der Richtung im Leben von Livia. Es ist, als stünde sie in einem grossen Bahnhof unter der Anzeigetafel: Anschlüsse gibt es viele, Reiseziele auch. Welchen Zug nehmen? Und wohin? Bolivien: das nächste Abenteuer Eine Zeit lang war es die Theologie, die Livia stark anzog. Aus diesem Grund hatte sie vor vier Jahren bei der reformierten Kirchgemeinde in Frauenfeld ein Schnupperpraktikum absolviert. Als Pfarrerin Menschen in ihrem Innersten berühren zu können, das sei eine Aufgabe, die sie fasziniere und nicht mehr loslasse. Doch hat sie dieses Vorhaben – zwischenzeitlich – wieder verworfen. Umweltingenieur oder Psycho- … d i e m ö g l i c hk ei t, et w a 6 Livia Strauss – Umsteigen. Und weiter geht die Reise logie wurden Optionen, auch diese schienen jedoch nicht befriedigend. Die Begabungen und Interessen von Livia sind sehr breit und vielseitig. Vielleicht ist gerade darum die Wahl der weiteren Ausbildungsrichtung nicht einfach. Man spürt, dass sie sich unter Druck fühlt. Fest steht einzig, dass sie im April für drei Monate nach Südamerika verreisen wird. «Ich habe die Zusage erhalten, dass ich für ein Hilfswerk in Bolivien arbeiten darf. Auf dieses Abenteuer freue ich mich sehr. Ich bin gespannt, welche Begegnungen und Erfahrungen ich dort gewinnen kann», erzählt Livia und erwähnt in diesem Zusammenhang auch, warum sie im Moment regelmässig im Lesesaal der Kantonsbibliothek sitzt: Sie bringt sich selbständig Spanisch bei. Vielseitig begabt, verantwortungsbewusst und in sich ruhend Der Spaziergang führt uns nun wieder zurück zur Altstadt von Frauenfeld. Vor der Bahnunterführung hält Livia kurz an und blickt zum Gebäude der Musikschule hinüber: «Hier habe ich viel Zeit verbracht. Seit über zehn Jahren macht die Musik einen wichtigen Teil meines Lebens aus. Klarinette und Klavier wurden meine Leidenschaften, durch sie kann ich ausdrücken, was mir mit Worten schwerfällt.» Diese musische Seite konnte Livia auch an der Kanti Frauenfeld ausreichend ausleben, obschon sie bedauert, dass es noch keine entsprechende Schwerpunktrichtung im Schulangebot gibt. «Ich habe in unterschiedlichen Ensembles gespielt, zeitweise auch im Schulorchester. Selbst in Yverdon konnte ich dieser Beschäftigung nachgehen.» Livia hat viele Talente. Hört man sich im Lehrerzimmer um, so ist der Tenor einhellig: «Sie war eine vorbildliche Schülerin», erinnert sich ihre ehemalige Klassenlehrerin Mélanie Deiss, «ehrgeizig, zielstrebig, willensstark, verantwortungsbewusst, aber auch in sich ruhend, loyal und hilfsbereit.» Livia selber würde solche Worte nie benützen. «Meine Neugier und meine breiten Interessen treiben mich an», sagt sie auf dem Schlussteil des Spaziergangs auf der Treppe hoch zum Staatsarchiv. Im Moment tendiert sie wieder zu Theologie und nimmt wahrscheinlich im Herbst ein Studium an der Universität Bern in Angriff. Das wird also wahrscheinlich der nächste Halt sein im Leben von Livia. Bei soviel Neugierde vielleicht auch nur eine Zwischenstation. a s gro sse s zu sc haf fen VO N D E R S C H Ö N H E IT D E R MATH E MATI K Freikurs «Kleines Mathematikum» Das «Kleine Mathematikum» ist ein Buch des Mathematikers Albrecht Beutelspacher. Er beantwortet darin die 101 wichtigsten – oder zumindest originellsten und meistgestellten – Fragen zur Mathematik. Im Freikurs mit dem gleichnamigen Titel wurden einige dieser Fragen aufgegriffen, beantwortet und vertieft behandelt. Andy Risch Lehrer für Mathematik Erfreulicherweise haben elf Schülerinnen und Schüler den Freikurs besucht. Mathematische Freikurse kommen mangels Interesse nur selten zustande. Eine kleine Umfrage zu Beginn des Kurses zeigte, dass sich die meisten Teilnehmer von der Ausschreibung angesprochen gefühlt haben. Andere interessierten sich allgemein für Mathematik und wollten gerne mehr darüber lernen. Meine Motivation lag darin, mathematische Inhalte zu vermitteln, für welche sonst kaum Zeit übrig bleibt. Zudem ist es mir ein Anliegen, die Schönheit der Mathematik aufzuzeigen. Spezielle Voraussetzungen an die Teilnehmenden gab es keine. Erfreulicherweise meldeten sich auch drei Schüler der IMS sowie eine Schülerin und drei Schüler der FMS an. Fragestellungen und Unterricht Der Mix der Fragen war ziemlich breit: Seit wann gibt es MathemaTag der Mathematik in Konstanz vom 3. März 2015 Wie jedes Jahr fand in Konstanz der Tag der Mathematik statt. Auch am diesjährigen Event nahm unsere Schule teil. Für die Kantonsschule Frauenfeld war eine Gruppe, bestehend aus Jan Ade (3ma), David Kamm (3me) und Rino Sogno (4mc), in diesem Wettkampf am Start. tik? Was ist ein Axiom? Welches ist die älteste Zahl? Wie viele Primzahlen gibt es? Warum darf man nicht durch null dividieren? Wie gross ist ein DIN-A4-Papier? Kann man jede Gleichung lösen? Ist Mathematik widerspruchsfrei? Gibt es noch ungelöste Probleme? Mal wurde eine Frage gemeinsam erörtert, mal wurde sie vom Lehrer beantwortet. Das eine oder andere Thema wurde vertieft behandelt. Beispielsweise haben wir uns ausgiebig mit der Entdeckung der irrationalen Zahlen beschäftigt. Eine Zahl ist irrational, wenn sie sich nicht als Bruch zweier ganzer Zahlen darstellen lässt. Die Wurzel aus Zwei ist ein Beispiel für eine irrationale Zahl. Nebst dem Beweis dafür haben wir uns längere Zeit mit dem regelmässigen Fünfeck beschäftigt. In diesem wurden die irrationalen Zahlen vermutlich erstmals entdeckt: Das Verhältnis von Diagonale zu Seite ist irrational. Wir haben uns verschiedene Beweise angesehen, was den Teilnehmern viel Ausdauer abverlangte. Wie kann man beweisen, dass etwas nicht existiert? Für viele ist es überraschend und beeindruckend zugleich, dass dies überhaupt möglich ist. Oft benutzt man Widerspruchsbeweise, um die Nichtexistenz hypothetischer Objekte zu zeigen. Wir nehmen an, dass die Aussage richtig wäre. Durch eine Kette von logischen Schlüssen gelangen wir zu einem Widerspruch. Dieser kann nur daher kommen, dass die Annahme selbst falsch ist. Unlösbare Probleme Etwas länger haben wir uns mit den unlösbaren Problemen der Antike beschäftigt. Dazu gehört beispielsweise die Quadratur des Kreises: Kann man zu einem gegebenen Kreis ein flächengleiches Quadrat mit Zirkel und Lineal konstruieren? Die erlaubten Hilfsmittel sind dabei wesentlich! Rechnerisch ist es nämlich kein Problem – wir müssen bloss die Wurzel aus dem Flächeninhalt des Kreises ziehen, und schon haben wir die gewünschte Seitenlänge. Dass die Quadratur des Kreises nicht möglich ist, weiss man erst seit 1882 (Lindemann). Angeblich kommt es immer wieder vor, dass jemand das Problem «lösen» kann. Das ist aber unmöglich! Nie wird jemand dieses Problem lösen können. Auch das lehrt uns die Mathematik! Kanti Bulletin 8 … was m VO N D E R H E R AU S F O R D E R U N G , S IC H S E LB ST Z U O R G AN I S I E R E N Science on the move 2015 SimplyScience ist eine Internetplattform, die Kindern und Jugendlichen die faszinierende Welt der Naturwissenschaft und der Technik näher bringen will. Während im «Kids»-Bereich das Maskottchen Simply zusammen mit der schlauen Biene spannende Rätsel und Spiele vorschlägt, finden Jugendliche interessante Infos zu naturwissenschaftlichen Themen oder Berufen. In einem landesweiten Wettbewerb sind Teams aus Mittelschulen aufgefordert, sich für anspruchsvolle Aufgaben selber zu organisieren und diese dann zu lösen. Wir sind sehr stolz, dass via Freikursausschreibung ein bunt gemischtes Schüler-Team aus der Kanti Frauenfeld bei den 28 teilnehmenden Gruppen mit dabei ist und die Herausforderung angenommen hat. Eine battle on stage entscheidet Beim landesweiten Klassenwettbewerb Science on the move liegt die Latte hoch, denn nur zehn der antretenden Teams kommen in die Endrunde, das heisst zur Präsentation auf die Bühne vor das grosse Publikum. Die grösste Herausforde«Science on the move» Schülerinnen und Schüler (alphabetisch): Oliver Bruni, Milena Bürkler, Dino Del-Prete Rebecca Duewell, Philipp Engeler, Liliane Grunder, Nadia Jensen Bianca Kohli, Jovin Labhart, Lucien Lang, Vera Marti, Matthias Naegeli Violetta Oetliker, Karin Schenk, Marina Sigg, Viven Volkart, Patricia Werle, Tatjana Zehnder Lehrpersonen: Andreas Rüegg Vesna Klingel Jörg Engweiler rung für die teilnehmenden Gruppen ist aber, sich wirklich selbst zu organisieren für ihre Forschungsaufgaben. Die SimplyScience Stiftung legt als Veranstalter zwar ein Thema vor und rüstet die Teams mit etwas Material aus. Dann aber legen die Jugendlichen los: Die weit gesteckte Aufgabe eingrenzen, sich nach Vorversuchen eine spannende Untersuchung ausdenken und dafür alle Experimente selber planen. Dann die Resultate aufzeichnen und auswerten, und schliesslich nicht einfach einen Bericht schreiben, sondern auch gleich noch rapportieren, wer woran gearbeitet hat. Das Team macht Freizeit zu Laborzeit, und die ist noch schweizerdeutsch, doch der Bericht ist in aussagekräftigem Englisch verlangt. Solche Aufgaben beinhalten eigentlich schon das volle Programm naturwissenschaftlicher Forschungsarbeit! Learning by doing: Unsere Schülerinnen und Schüler wachsen sichtlich an ihrer komplexen Aufgabe – und auch wir lernen dazu in unserer ungewohnten Rolle der stillen Begleiter ihres Gruppenabenteuers. m e n s che n u n t er s c h e id et Ende März reichte das Team der Kanti Frauenfeld ihre erste Task ein. Teammitglied Oliver Bruni und Team Co-Leaderin Liliane Grunder erzählen, wie das Team die erste Aufgabe erlebt hat. Welche Aufgabe wurde euch als erstes gestellt? Eine wissenschaftliche Arbeit zur Aufzucht von Brine Shrimps war verlangt, und zwar mussten wir selbst die Experimente entwerfen, durchführen, auswerten und kommentieren. Das war ziemlich komplex! Worin lag die Herausforderung, aber auch Faszination? Die Zusammenarbeit in einer grossen Gruppe zu organisieren war rückblickend wohl am schwierigsten. Aber die vielen Meinungen und Ideen zu erleben, die an den Treffen der Gruppe zusammenkamen, das war toll. Wir werden unsere Kreativität und die Ideen weiterhin für unsere Experimente nutzen. Habt ihr die Aufgabe aus eurer Sicht gut gelöst? Diese erste Aufgabe war wohl eher da, uns als Gruppe zu testen, wie wir die Aufgabe angehen. Bei der Durchführung zeigte sich, dass die Tierlein zwar bereitwillig schlüpften, dann haben wir sie aber zu stark belastet und sie gingen wieder ein. So waren viele Experimente von zu kurzer Dauer, um gültige Aussagen davon ableiten zu können. Bei den nächsten Schritten werden wir ebenfalls eine neue Gruppenzusammensetzung ausprobieren. Welche Aufgabe würde euch besonders reizen? Gerne würden wir uns selbst etwas ausdenken, vielleicht wieder etwas mit Tieren. Im beginnenden Frühling könnte man ja zum Beispiel von Froschlaich ausgehen. Task 1 – «True Survivors» SimplyScience.ch What is it all about? In the first part of the competition you will investigate one interesting aspect of the differentiation or the behaviour of a little weird animal called brine shrimp (Artemia ssp). SimplyScience is starting the third round of its special nation-wide science competition for high school classes at Secondary Level (one or two years prior to the Swiss Matura). The project, intended to inspire interest in life sciences for a broad spectrum of pupils, is noteworthy for its top prize for the winning class, with their teacher, to spend a science week in London, Cambridge and Oxford. The concept and content for this competition have been developed by a special project team as part of the SimplyScience foundation. SimplyScience.ch is an internet platform (www.simplyscience.ch). It offers a lot of interesting information on natural sciences and motivates young people for science and technology. The objective of this competition is to identify the class with the greatest dedication and greatest commitment in the subjects of Biology/ Science through a two phase competition. The goal of this experiment Show us that you can conduct a scientific investigation independently. We would like to see if you are able to figure out an experiment by yourself, do it and finally analyze your results before going ahead with the conclusions. It is crucial to first read some information about the creatures you will investigate and – in addition – about the procedure of such an assessment. As you will see, your teacher is welcome to support you as an adviser only during the process of defining the design of your experiment. She or he is not supposed to support you during your investigations. … ein e ve ra n l a g u n g i n 10 E I N E R E I S E D U R C H D I E W E LT D E R C H E M I E Kanti-Schüler an der Chemieolympiade 2015 Jährlich finden in vielen Ländern nationale Chemieolympiaden statt, um die besten vier Kandidatinnen und Kandidaten für die Teilnahme an der internationalen Chemieolympiade zu bestimmen sowie den nationalen Sieger zu küren. Wir durften dieses Jahr für die Kanti Frauenfeld an der Schweizer Chemieolympiade teilnehmen. Rino Sogno, 4mc Sandro Müller, 4me Gratulation! Sandro Müller schliesst die Chemieolympiade im 4. Schlussrang ab. (Eingang der Meldung kurz vor Redaktionsschluss) Nachdem wir uns zur Teilnahme an der Chemieolympiade 2015 entschlossen hatten, begann unsere Reise durch die Welt der Chemie an der ETH in Zürich. In sehr spannenden Vorbereitungskursen wurde uns von engagierten Chemiestudenten viel neues Wissen vermittelt und bereits gelerntes aufgefrischt. In einem Laborteil konnten wir zur Abwechslung in Experimenten das Erlernte praktisch anwenden. In einem ersten Wettkampfschritt hatten wir eine open-book-Prüfung zu lösen, bei der sich die 50 besten Teilnehmer, darunter auch wir, für die zweite Runde qualifizierten. Somit durften wir für zwei Tage die Universität unserer Landeshauptstadt besuchen und dort die Zentralprüfung absolvieren. Im Rahmen dieses Anlasses erhielten wir einen spannenden Einblick in die Forschungsarbeit in den Laboratorien der Uni Bern und kamen in den Genuss einer Vorlesung. Dadurch erhielten wir für die Studienwahl hilfreiche Inputs. Auch der gesellschaftliche Aspekt durfte nicht fehlen. Wir verbrachten gemeinsam mit den anderen Kandidaten einen gemütlichen und unterhaltsamen Abend in der Jugendherberge in Bern. Nach interessanten zwei Tagen reisten wir zufrieden und erfolgreich nach Hause. Für Sandro geht das Abenteuer der Chemieolympiade weiter. Es fanden bereits zwei weitere Vorbereitungswochenenden an der EPF Lausanne und an der ETHZ statt. Er wird diesen Frühling eine Woche an der ETH verbringen und dort die Finalrunde bestreiten. Wir drücken ihm die Daumen. Gründe zur Teilnahme an der Chemieolympiade Sandro Müller: Ich wollte mein bisheriges Wissen in der Chemie anwenden und herausfinden, wie ich im Vergleich zu anderen stehe. Ausserdem konnte ich so mein theoretisches Wissen und meine praktischen Fähigkeiten erweitern. Rino Sogno: Mich nahm es wunder, wie weit ich mit meinem Chemiewissen aus dem Grundlagenfach und mit ein wenig Vorbereitung an einem solchen Wettkampf kommen kann. Zudem interessiere ich mich allgemein für Chemie. best im m t en … L AB O R NAC H M IT TAG E : K AN TI - LU F T S C H N U P P E R N Immer im November schnuppern interessierte Sek-Schülerinnen und -Schüler bei uns im Biologie-, Chemie- oder Physiklabor Kanti-Luft. Sie finden beispielsweise im Biolabor heraus, warum Blätter grün und nicht blau sind. Oder sie testen im Chemielabor, wie Farben, Schaum oder Rauch entstehen. Und sie setzen Spannungs- und Strommessgeräte praktisch ein. In kleinen Gruppen machen sie mit erfahrenen Lehrpersonen spannende Experimente. Interview mit Philipp Roggwiler Lehrer für Physik Was möchtest du bei den Teilnehmenden auslösen? In erster Linie beabsichtige ich bei den Teilnehmenden, das Interesse für die Naturwissenschaften und Technik zu wecken und ihnen den Unterricht an der Kanti schmackhaft zu machen. Wenn dieses Praktikum als nachhaltige Kompetenzförderung angesehen wird, dann in Bereichen des «entdeckenden Lernens». Die Jugendlichen lernen zu untersuchen, nach welchen Gesetzmässigkeiten des Elektromagnetismus ein Lautsprecher technisch gebaut werden kann. Warum finden diese Labornachmittage in so kleinen Gruppen statt? Praktika fördern eigentlich immer das eigenständige Bearbeiten und Umsetzen von Arbeitsanleitungen und Arbeitsaufträgen. Weil dies im Praktikum ausschliesslich in Kleingruppen geschieht, erhöhen Praktika die Team- und Kommunikationsfähigkeit. Muss man Physikkenntnisse haben, wenn man sich bei dir anmeldet? Etwa die Hälfte der Jugendlichen sind am physikalischen Inhalt sehr interessiert und würden am liebsten gleich nochmals kommen oder weitermachen. Sie wollen weiter entdecken und stellen Fragen – sie vergessen die Zeit. Die andere Hälfte ist am Inhalt recht interessiert, besucht aber aus diversen anderen Gründen das Praktikum. Fast alle sind sie sehr beflissen und setzen mit Eifer um, wozu sie ermuntert werden. Neu im November 2015: Schnupper-Workshops für interessierte Sekundarschülerinnen und -schüler! Im kommenden November bieten wir fürs Gymnasium, die Fach-, Handels- und Informatikmittelschule Workshops in folgenden Gebieten an: Pädagogik, Geografie, Wirtschaft und Recht, Biologie, Chemie, Sprachen, Informatik. Auf praktische Art und Weise können interessierte Jugendliche Experimente und Erfahrungen in spannenden Themengebieten machen, denen sie allenfalls später bei uns an der Kanti wieder begegnen werden. Also: reinschauen, ausprobieren, Kanti-Luft schnuppern! Anmeldungen ab Ende August: [email protected] – Infos unter: www.kanti-frauenfeld.ch Kanti Bulletin 12 … wis s e ns - F E I N F Ü H L I G E FAC H M AT U R A A R B E IT Ü B E R E I N H E I K LE S TH E M A Michelle Schönholzer war Fachmittelschülerin und schloss im Sommer 2014 mit der Fachmatura Gesundheit ihre Ausbildung an der FMS ab. Für das Fachmaturapraktikum war sie im Kantonsspital Münsterlingen im Bereich Pflege angestellt. Zusammen mit Denise Sulser durfte ich sie in der Erstellung ihrer FachmaturaArbeit betreuen. Michelle ist uns von Beginn weg aufgefallen durch ihre Leistungsbereitschaft gepaart mit dem Willen, eigene Ideen umzusetzen. Im Anschluss an die Fachmatura hat Michelle einen Sprachaufenthalt in London gemacht und möchte nachher an der ZHAW Physiotherapie studieren. Jörg Engweiler Lehrer für Chemie Schon zwei kurze Wochen nach dem Einstieg in den strengen pflegerischen Alltag auf einer «allgemeinen» Abteilung im Spital fordern wir die Fachmaturanden zur Wahl ihres Themas auf. Dabei soll die Fragestellung schon möglichst griffig sein, und Hypothesen sollen die anvisierte Tiefe der Arbeit abstecken. Frau Schönholzer hat sich kurzerhand vorgenommen, die eigene, intensivierte Pflege auf ihre Wirksamkeit hin zu testen: Ihre Arbeit sollte ihre Überzeugung, dass vermehrte pflegerische Aufmerksamkeit die Gabe von Abführmitteln teilweise ersetzen kann, wissenschaftlich untermauern! Uns hat beeindruckt, mit welcher Selbständigkeit und mit wie viel Engagement sie gründlich ihrer wissenschaftlichen Fragestellung nachging. Der Umfang der erhobenen Daten allein ist beispielhaft: Gut 30 Patienten à 20 bis 40 Beobachtungen bildeten die Datengrundlage! Vor allem aber war überzeugend, dass sie ihr Werkzeug quasi selbst erstellt, getestet und verfeinert hat: So definierte sie mangels Referenzen kurzerhand selbst eine Skala für die Stuhlhärte, und sie kombinierte verschiedene Beobachtungen über die Befolgung ihrer Instruktionen geschickt in ein einziges Merkmal. Die Daten werden ausserdem in sehr aussagekräftigen Grafiken dargestellt. Die Arbeit zeigt zwar nicht, dass die Anleitung zur Förderung der Darmtätigkeit die Gabe von Abführmitteln ersetzen konnte, was sie selbst als «geringe Aussagekraft» sieht. Hingegen zeigt die Arbeit exemplarisch auf, was den Pflege- alltag bestimmt: Hingabe, Anleitung der Patienten zur Selbstwirksamkeit und viel Erfahrung, die nur auf dem Boden grundsätzlich positiver Einstellung der Pflegenden wächst. Wir Betreuungspersonen sind überzeugt, dass die von Michelle Schönholzer einbezogenen Patientinnen und Patienten diesen Positivismus gespürt haben. Abstract der Fachmaturaarbeit von Michelle Schönholzer über «Obstipation» Ich arbeitete im Rahmen der Fachmatura Gesundheit im Kantonsspital Münsterlingen auf der Station Gynäkologie / Urologie und erlernte verschiedene pflegerische Tätigkeiten. Meine Vertiefungsarbeit schrieb ich über Obstipation (Verstopfung). Ich stellte fest, dass sie auf meiner Station alltäglich war, aber auch ein gesellschaftliches Tabuthema ist, und es deshalb mehr Aufmerksamkeit verdient, wie sich Obstipation verhindern lässt. Ich beschäftigte mich mit der Frage: «Kann die erhöhte pflegerische Aufmerksamkeit einer Obstipation vorbeugen?» Mein Ziel war es, durch Anleitung der Patienten zu selbst-prophylaktischen Handlungen der Obstipation vorzubeugen. Ich beobachtete 34 Patienten während ihres Spitalaufenthaltes. Davon nahmen 18 Patienten Laxantien (Abführmittel) ein und 16 bekamen keine solche Therapie. Nach der Datenaufnahme erstellte ich Darstellungen und konnte so interessante Beobachtungen herauslesen, welche mich beeindruckten: Was hat Ihnen das Fachmaturajahr gebracht? Diese neue Herausforderung war abwechslungsreich, lehrreich und thematisch sehr interessant. Durch das praktische Arbeiten in der Institution gewann ich an Lebenserfahrungen, erreichte Menschen, konnte zu ihrer Genesung beitragen, erlernte verschiedenste pflegerische Tätigkeiten und konnte mein Wissen gezielt ausbauen. Warum gerade dieses Thema? Während meiner Arbeit im Kantonsspital Münsterlingen fiel mir auf, dass das Erfragen nach dem letzten Stuhlgang eine hohe Wichtigkeit hat. Ich wollte dieser Frage auf den Grund gehen und bin dabei mehrmals auf das Wort Obstipation gestossen. Mich reizte es, mehr über dieses Krankheitsbild, dessen Vorbeugung und die Therapie zu erfahren. Ich fand es besonders herausfordernd, über ein gesellschaftliches Tabuthema zu schreiben und nachzuforschen. und kö nnen sb e rei c he n Fachmaturaarbeit Michelle Schönholzer Die Fachmaturaarbeit ist eine grössere, eigenständige schriftliche Arbeit, die während des Fachmaturapraktikums erstellt werden muss. Die Arbeit soll zeigen, dass die Fachmaturandinnen und -maturanden fähig sind, sich mit einem Betrieb und den Anforderungen der Arbeitswelt auseinanderzusetzen. Sie müssen ihre Erfahrungen formulieren können und sich intensiv mit einer konkreten Fragestellung ihres Praktikumsalltags auseinandersetzen. Um zu Erkenntnissen zu kommen, müssen geeignete Methoden gewählt werden und es hat eine differenzierte Auseinandersetzung mit Fachliteratur zu erfolgen, damit über das Vorgehen und die Ergebnisse eigenständige Aussagen gemacht werden können. Die Fachmaturaarbeit wird zudem mündlich präsentiert und muss insgesamt mit mindestens der Note 4 bewertet werden, damit die Fachmatura erteilt wird. Die Anforderungen orientieren sich an den abnehmenden Fachhochschulen. Patienten im Alter zwischen 60 und 75 Jahren brauchen tendenziell keine Laxantien, im Vergleich zu den Patienten im Alter ab 76 +, welche oft Laxantien benötigen. Zusätzlich habe ich im Rahmen meiner Studie festgestellt, dass die Patienten mit einem Bodymassindex von 30 + keinem erhöhten Obstipationsrisiko ausgesetzt sind. Bettlägerigen Patientinnen und Patienten mit verordneter Bettruhe werden zu 100 % Laxantien verschrieben. Die Laxantiengabe hängt von der Diagnose ab. Dabei sind die Art des Eingriffs, das Alter und die Bewegung wichtig. Ebenfalls interessant ist, dass der Abstand zwischen den Defäkationen während des Spitalaufenthaltes grösser ist als der Abstand zu Hause. Sowohl bei den Patienten mit Laxantien als auch bei denen ohne Laxantien variiert die Stuhlhärte von Obstipation bis zu Diarrhoe (Durchfall). Trinken Patienten hingegen täglich mindestens 1,6 Liter Flüssigkeit, bewegen sie sich eine Stunde am Tag und essen ausgewogen, so ist das Obstipationsrisiko minim. In der Zeit meiner Fachmatura Gesundheit lernte ich, wie wichtig Bewegung im Alltag ist. Ich erlebte die Auswirkungen von zu wenig Flüssigkeitszufuhr bei den Patienten hautnah mit. Ausserdem ist auf eine ausgewogene Ernährung zu achten, da der Körper die lebensnotwendigen Nährstoffe für die Genesung dringend braucht. Ich durfte eingehende pflegerische Erfahrungen im Bereich des Stuhlgangs machen, sei es in der Beurteilung, der Regelmässigkeit, den Gewohnheiten oder der Rituale der Patienten. Jede Altersklasse kann von Obstipation betroffen sein, deshalb würde ich mich jederzeit wieder mit diesem interessanten und häufig vorkommenden Krankheitsbild intensiv auseinander setzen. … a u s dau e r u n d l ei d en 14 B E G A B U N G I N K Ü N S T L E R I S C H E N DA R ST E LLU N G E N E NT D E C K E N Im Zuge der Einführung von selbstorganisierten Lernsequenzen an unserer Schule hat die Fachschaft Bildnerisches Gestalten das Skizzenbuch eingeführt. Für alle Schülerinnen und Schüler im Grundlagen- und Ergänzungsfach ist damit der Auftrag verbunden, ausserhalb der Unterrichtszeit jede Woche einen Eintrag zu gestalten für die ungefähre Dauer von einer halben Stunde. Es darf gezeichnet, gemalt und collagiert werden mit unterschiedlichen Techniken. Die Regelmässigkeit der Einträge soll die Gelegenheit bieten, eigene Vorstellungen, Inhalte und Interessen bildnerisch umzusetzen. Ann-Lis Häsler Lehrerin für Bildnerisches Gestalten Bei den ausgewählten Bildserien der vier Schülerinnen und Schüler zeigen sich ganz unterschiedliche künstlerische Herangehensweisen und damit besondere Begabungen, Bilder zu erfinden und zu gestalten. Patricia Kudrnac sucht nach dem visuellen Ausdruck von Empfindungen und Gedanken. Die Flüchtigkeit einer Empfindung findet ihren Niederschlag im skizzenhaften Charakter der Einträge. s c ha f t Raphael Sommer gestaltet im Gegensatz dazu jedes Motiv mit grösster Intensität, so dass jedes Bild einen definitiven Charakter erhält. Die eigentliche Motivwahl wirkt dagegen eher zweitrangig. j ed er m e n s c h h at ü berd Annika Krähemanns Interesse zeigt sich vor allem durch ihre dezidierte Motivwahl. Die figürliche Darstellung und deren ornamentale Auflösung werden immer wieder neu erprobt. Léon Peter legt den Schwerpunkt seiner Bildfindungen auf zeitgenössische Themen und er verleiht seinen Bildern einen plakativen, anklagenden Charakter. Das Erzählerische seiner Bildmotive steht im Zentrum. urc hs ch ni tt li ch e… 17 D O N S , TA L E N T S , C O M PÉ T E N C E , A PTITU D E S En français, il y a plusieurs mots pour exprimer le mot «Begabung». Parfois on parle de dons et de talents, qui semblent plutôt innés et donnés une fois pour toutes, parfois choisit plutôt les termes «compétences» ou «aptitudes», qui suggèrent qu’on peut les acquérir et les développer au cours de la vie. Les élèves de 3mc ont discuté le thème et réfléchi sur leurs talents et leurs compétences dans les domaines les plus divers. Voici quelques extraits. Geert Dedapper Lehrer für Französisch Nico Laubi: La discipline Cette image caractérise plusieurs de mes talents. De toute évidence on y voit un centre de culturisme. L’entrainement abrutissant avec des haltères, développer des muscles est-ce que ça c’est vraiment un talent ? S’entraîner est justement beaucoup plus que cela : ce sport exige aussi l’endurance et la patience mais surtout la discipline. Et je pense que cela, c’est mon plus grand don. Je l’ai remarqué pour la première fois quand j’étais à l’école primaire. On devait apprendre pour un test de vocabulaire. Avant on ne devait pas apprendre pour l’école mais maintenant on nous faisait d’apprendre dix mots en français. A cette époque – immense ! Mais pour moi il était clair que je devais apprendre ces dix mots. Donc, c’est ainsi que j’ai découvert que je suis discipliné. Fabian Koch: Le foot et la tactique Mon talent c’est la danse, pour être exact le ballet. Je danse depuis mon enfance. J’ai commencé quand j’avais cinq ans. Alors un temps assez long. La danse c’est quelque chose qu’on peut apprendre si on s’entraîne. Le ballet est une branche de la danse très exigeante. Il faut avoir de l’élégance, être musical, avoir le corps résistant, avoir la condition et une bonne intention. Mais le plus important c’est qu’il faut vouloir danser. Il faut bouger avec la tension du corps et cela avec le rythme de la musique. On peut dire que c’est un sport pour le danseur, Aujourd’hui cela m’aide à faire bien des choses. Dans le sport la force et la discipline est essentiel si on veut faire des progrès. Cinq entraînements par semaine n’est pas toujours facile. Grâce à la musculation j’ai acquis d’autres aptitudes comme de la vitesse, la résistance et la force. La barre vide sur l’image prouve que la force est définitivement acquise et pas innée. mais, à mon avis, pour le spectateur c’est une espèce d’art. Le danseur doit travailler avec son corps, les expressions du visage et avec les émotions pour leur raconter une histoire avec ses mouvements. Alors on voit que le ballet comporte tout. C’est ça qui me plaît et qui rend le ballet intéressant et spécial. … f äh i g ke i t e n Dons, talents, competence, aptitudes Jan Albert: Être fan J’ai un talent spécial. Je ne sais pas comment je peux l’appeler. Peutêtre un supporter total. Sur l’image on peut voir une écharpe de Grasshopper Club Zürich et un CD de Peter Gabriel. Une chose pour symboliser le supporter du foot et l’autre pour montrer mon musicien préféré. Alors mon talent est comme je l’ai dit : être un supporter total. Si je suis supporter de quelque chose, je le suis totalement. Peter Gabriel qui est pour moi le meilleur chanteur et musicien du monde. Je l’ai connu il y a dix ans parce que mes parents écoutaient un Cd dans la voiture. J’ai aimé sa musique tout de suite et je l’aime encore aujourd’hui. J’aime la variété des morceaux et je peux écouter un morceau mille fois. Les morceaux sont plus intéressants que les morceaux de nos jours qui sont dans le hit-parade. J’ai voyagé à un concert à Genève pour voir Gabriel en live. Julia Harler: Dessiner Je pense que j’ai un talent pour le dessin, surtout des mangas, un style japonais. Beaucoup de membres de ma famille et mes amis m’ont dit que je sais dessiner joliment et à dire vrai, j’aime bien dessiner. J’ai découvert le dessin dans la sixième classe à l’école primaire. C’était un thème et cela m’a plu beaucoup et j’ai continué à dessiner les mangas pour moi-même. Ma mère m’encourageait toujours et elle a acheté beaucoup de livres, qui me montraient comment dessiner ce style. Autrefois je dessinais plus, mais aujourd’hui je ne peux plus, parce que il manque le temps, alors je dessine seulement les cartes d’anniversaires. Tenzin Choyulpa: La mode Combiner des tenues, poursuivre les tendances actuelles ou seulement essayer quelque chose de nouveau: j’adore la mode et elle est devenue une partie essentielle de ma vie. Je ne dirais pas que je sois spécialement douée ou que je veuille devenir une designer. Mais je suis très passionnée par la mode et fascinée par les choses qu’elle peut provoquer. Je pense que j’avais 14 ans quand j’ai commencé à trouver de l’intérêt pour la mode. Avant, c’était totalement égal pour moi ce que je me mettais. La raison pour ce changement était peut-être, qu’avec l’âge j’ai commencé à chercher mes talents et intérêts, et j’ai réalisé l’importance de l’apparence de nos jours. Au début ce n’était pas facile de trouver le courage d’essayer des choses nouvelles. Mais après, peu à peu, on gagne plus de courage. La chose que j’aime le plus est le côté créatif, ou on peut utiliser un vêtement neuf ou vieux, cher ou bon marché pour créer une tenue complètement nouvelle. Un autre côté intéressant est l’effet sur les autres. On peut s’exprimer avec la mode et son style. Moi j’aime bien observer le style des autre gens dans les rues, pour m’inspirer et aussi trouver des nouvelles idées. Pour m’améliorer j’aime aussi lire des magazines ou voir sur l’internet qu’est qu’on s’habille aux autres villes. 19 S I N G E N M U S S M AN M Ü S S E N Anmerkungen zur Förderung von Gesangstalenten Zu einer Zeit, als Musik nicht auf Knopfdruck abrufbar und omnipräsent war, wurde dem Bedürfnis nach Singen eine grössere Bedeutung beigemessen. Dennoch scheint sich gerade in jüngerer Zeit wieder vermehrt ein Trend zum Singen, insbesondere zum solistischen Gesang zu etablieren. Zusätzlich kam in den vergangenen Jahren der Wunsch nach Gesangsschulung und Stimmbildung hinzu, und viele begabte und ehrgeizige Schülerinnen und Schüler nahmen das Angebot an, welches vor nunmehr gut zwanzig Jahren an der Kanti Frauenfeld eingeführt wurde. Daniel Hegland Leher für Musik Dass Singen erlernt werden kann, ist nicht neu, und populäre Singstars kommen heute nicht mehr ohne Ausbildung auf die Bühne. Dennoch halten sich zwei konträre Vorstellungen hartnäckig die Waage, dass es ein spezifisches Singtalent gäbe und dass alle auch singen können. Beide Haltungen laufen Gefahr, einer fundierten Ausbildung entgegen zu laufen und führen in die Sing-along-Falle. Ein seriöses pädagogisches Konzept fördert hingegen durch Fordern, bisweilen an die Grenzen des Möglichen, um derart aus oberflächlichem Spass eigentliche sängerisch-künstlerische Verwirklichung werden zu lassen. Gesangsschulung hat eine lange Tradition, sowohl diejenige zum solistischen Singen, vom Gregorianischen Gesang bis hin zum italienischen Belcanto, wie auch diejenige der Massen, im 19. Jahrhundert mit Hundertschaften von Singenden in Deutschland und vornehmlich auch in der Schweiz, etwa mit Hans Georg Nägeli, der antrat, die «Volkskehle» zu erhöhen. Hier glaubte man allerdings, diese Volkskehle als ein Naturprodukt im Gegensatz zum Belcanto werten zu dürfen, welcher seinerseits gerne als künstlich empfunden wurde, was wiederum wohl eher einem manierierten Gesang mit allerlei Schnörkeln und komplizierten Raffinessen verschuldet war als der wirklich geschulten Stimme. «Zurück zur Natur» hiess die Losung, als 1805 am Unspunnenfest solcherlei Naturstimmen gegeneinander anzutreten aufgeboten wurden, inmitten von Wettkämpfen im Steinestossen oder Alphornblasen. Talentförderung durch Wettbewerb spielt sich heute in grossem Stil in TV-Casting-Shows ab. Doch das Umfeld hat sich gewandelt. Singen – noch immer eine Art Volkssport – wird medial inszeniert, mit Siegern, und einträglicher noch mit Verlierern, etikettiert mit «leider nein». Sieger werden zu Superstars hochstilisiert, Verlierer müssen die eigene Karikierung hinnehmen. Auf solcherlei abenteuerliche Gratwanderung möchte sich nicht jeder begeben, wenn auch zweifellos sängerische Qualitäten vorhanden wären. Allerdings muss, wer in das Showbusiness eintreten möchte, sich dieser Herausforderung stellen, denn hier zählt gerade die Risikobereitschaft eine bedeutende Rolle. Unsere Singkultur ist jedoch vielfältig und nicht auf solcherlei Grossanlässe beschränkt. Junge Menschen werden aber gerade durch diese und ähnliche mediale Grossereignisse musikalisch geprägt. Hier werden, neben Hitparaden, Internetforen oder auch Konzerten, Werte vermittelt, Idole und Vorbilder angeboten. Die permanente Abrufbarkeit von Musikprodukten kann bei geeignetem aktiven Umgang durchaus gewinnbringend sein, führt aber oft zur Verdrängung vom eigenen schlummerden Potenzial. An diesem Punkt setzt die Verantwortung der Gesangspädagogik ein, welche zu erkennen versucht, wie die jeweilige Veranlagung ist. Wer sich die wirkliche eigene und ganz persönliche Stimme erarbeitet, wird sich auf das Abenteuer der Ergründung kulturel- ler Traditionen und Konventionen einlassen können und wollen. Sängerische Begabung Sängerisches Talent erweist sich letztlich als komplex und oft nur schwer fassbar. Wem ein solches Talent attestiert wird, hat zunächst einmal eine klingende und ansprechende Singstimme. Der Klang einer Stimme resultiert aus den physiologischen Gegebenheiten, aber auch aus der Fähigkeit zur aktiven Formung oder Bildung des «Instrumentes». Obduktive Forschungen am Singapparat grosser Sängerstimmen ergaben nur wenig Aufschluss über den Einfluss von physiologischen Eigenheiten. Singeignung erweist sich daher in erster Linie als die Fähigkeit, die Formung des angeborenen Instrumentes erlernen zu können und auch zu wollen, und dies insbesondere bei uns wider den Eigentümlichkeiten der Muttersprache. Als wichtige Voraussetzung für erfolgreiches Singen gilt im Weiteren die Fähigkeit zur genauen Intonation. Hierbei ist die Auseinandersetzung und die Erfahrung entscheidend, denn eine allgemeingültige Intonation existiert nicht. Kulturelle und stilistische Besonderheiten wie auch stimmtechnische Probleme gilt es zu berücksichtigen, und ausserdem sind akustische Erlebnisse von entscheidender Bedeutung. Selbstverständlich gehört noch eine gute musikalische Auffassungsgabe, gerne als «Musikalität» bezeichnet, dazu sowie auch darstellerische oder tänzerische Fähigkeiten und nicht zuletzt Fantasie. Kanti Bulletin 20 Singen muss man müssen Hanna Götz Schon als kleines Kind liebte ich es zu singen. Singen bot mir Gelegenheit, in eine andere Welt einzutauchen. Diese Bedeutung hat das Singen für mich behalten. Musizieren hebt meine Stimmung und wirkt sehr entspannend. Im dritten Schuljahr entdeckte ich das Chorsingen, das mich seither begleitet. Beim Proben wächst der Klang und beginnt einen zu tragen. Je vertrauter mir ein Stück ist, desto lieber singe ich es. In zweieinhalb Jahren Sologesangsunterricht hat sich meine Singstimme verändert. Mein Gesangslehrer arbeitet mit Bildern, die mir helfen, klangvoll und rein zu singen. Er nimmt feine Nuancen wahr und hilft mir bei der Ausgestaltung. Fortschritte entstehen durch regelmässiges Üben. Ich schule nicht nur meine Stimme, sondern auch mein Gehör. Weil Singen meine Leidenschaft ist, habe ich mit Hilfe anderer Musikerinnen und Musiker der Kanti einen Barockabend gestaltet. Nach langem Proben war diese Aufführung ein bewegender Moment. Es freut mich, wenn ich andere mit meinem Gesang berühren kann. Erfolgreich singen wird jedoch nur, wer im Besitz eines starken Willens ist: dem Willen zum sängerischen Ausdruck, dem Willen zum entsprechend geeigneten Einsatz der eigenen Stimme und zu deren notwendigen Formung. Solche Motivation ist derart wichtig, dass Arnold Schönberg sich pointiert dahin äusserte, Kunst komme nicht von «Können», Anna-Maria Mongiovi Ich begann Gesangsunterricht zu nehmen, als ich anfing, die Handelsmittelschule zu besuchen. Gesungen habe ich aber schon davor. Ich singe für mein Leben gern und geniesse es, meine Passion nach Gelegenheit ausüben zu können. Als ich in die Kanti kam, war mir sofort klar, dass ich Gesangsunterricht als Freifach wählen würde. Durch den Unterricht will ich meine Stimme fördern und mit professioneller Hilfe an meinen Schwächen arbeiten. Das Ziel war und ist es bis heute, durch den Gesangsunterricht neue Seiten meiner Stimme zu entdecken und die Schule mit meinem Hobby zu vereinen. Da meine Abteilung keine musischen Fächer zur Wahl hat, finde ich es gut, die Möglichkeit zu haben, auf Musik nicht verzichten zu müssen. Durch die Förderung und die Auftritte, die man an der Schule haben kann, ist es ausserdem möglich, neue Erfahrungen zu sammeln und an den Herausforderungen zu wachsen. «Schön» singen ist Geschmackssache. Es reicht, Freude an dem zu haben, was man tut. Der Sologesang ist ein guter Ausgleich zur Schule und bietet jungen Talenten die Möglichkeit, aus sich herauszukommen und zu entfalten. Nathalie Rohner Meine Vorliebe für den Gesang kam Mitte der Oberstufe, als ich das Freifach «Band» wählte. Doch erst seit ich in Frauenfeld in der Fachmittelschule regelmässig den Sologesangsunterricht besuche, singe ich öfters vor Publikum. Ich singe aus Spass, denn Singen ist für mich Abwechslung und ich kann dabei für einige Minuten den Alltag vergessen. Ich nehme seit bald drei Jahren Sologesangsunterricht, weil es mir Spass macht, neue Lieder und die dazugehörige Technik zu lernen. Auch ohne Unterricht kann man wohl singen lernen, jedoch erreicht man mit jemandem, der professionell unterrichtet, sicher mehr. Meiner Meinung nach braucht man ein gewisses Grundtalent, aber mit Fleiss kann viel erreicht werden. Die «Schönheit» einer Stimme ist dabei, so denke ich, vor allem auch Geschmackssache. Jeder Mensch hat einen individuellen Musikgeschmack und das gleiche zeigt sich auch bei der Stimme. Um vor Publikum bestehen zu können, muss man vor allem mit Herz bei der Sache sein. sondern von «Müssen». Können kann man lernen, Müssen nicht. Allerdings wird dieses innere Drängen mit verstärkter Aktivität anwachsen. Der richtige Umgang mit der eigenen Stimme ist für jeden Stil entscheidend, damit dann auch die eigene Kreativität ins Spiel kommen kann. Der Mut zur eigenen Stimme und zum eigenen und ganz persönlichen Ausdruck ist der Schlüssel zur musikalischen Tätigkeit, ganz speziell zum Singen. 21 t al en t u n d fl e i ss S P O R T TA L E N T U N D B E W E G U N G SF R E U D E U NTE R ST ÜT Z E N Fachschaft Sport Im Schweizer Fernsehen läuft eine weitere Staffel der Sendung «Die grössten Schweizer Talente», wo neben musikalisch Begabten auch einige Sporttalente zu erleben sind. Es wird schweizweit Talentdiagnostik betrieben. Besonders Sportbegabte erhalten von ihren Verbänden die Swiss Olympic Talents Card (regional, national oder sogar international). Und es gibt mittlerweile in fast jedem Kanton auf allen Stufen Talent- oder Sportschulen. Doch auch an der Kanti Frauenfeld bringen Jugendliche Spitzensport und Unterricht unter einen Hut. In der Schweiz wird der Sport im Kindes- und Jugendalter hauptsächlich in drei Säulen organisiert: dem obligatorischen Schulsport, dem freiwilligen Schulsport und dem Vereinssport. Auch unter unseren Schülerinnen und Schülern finden sich immer wieder sporttalentierte Jugendliche. Sie in den normalen Sportlektionen gezielt und individuell zu fördern, ist nicht möglich, weil kein Gefäss dafür da ist. Ihre Förderung geschieht in den Vereinen und Verbänden – in der Freizeit. Doch dies macht durchaus Sinn, da sie genau dort die spezifische Förderung erfahren. Schul-, Wohn- und Trainingsort möglichst nahe beieinander zu haben, ist für Schülerinnen und Schüler, welche Spitzensport betreiben, ein sehr grosser Vorteil. Dadurch können sie ihre persönlichen und vor allem zeitlichen Ressourcen optimal einsetzen. Sporttalente können so ihre Ausbildung an der Kanti in ihrem gewohnten Umfeld absolvieren und mit ihren zeitintensiven Trainingseinheiten kombinieren. An der Kanti fördern wir leistungsstarke und leistungswillige Schülerinnen und Schüler dank eines vielseitigen, freiwilligen Angebots im Freikursbereich. Zusätzlich gibt es Anlässe des freiwilligen Schulsportes. Zwei Beispiele dafür sind die «On the move»-Vorführung und der Kletterwettkampf. Die Schülerinnen und Schüler erhalten so die Möglichkeit sich über den normalen Schulsportunterricht hinaus zu engagieren und zu präsentieren. oben: On the move 2015 links: Kletterwettkampf Kanti Bulletin 22 Sporttalent und Bewegungsfreude unterstützen k ei n Für mich muss ein talentierter Tänzer die Musik in seinem ganzen Körper fühlen, Spass an der Bewegung haben und das Publikum in seinen Bann ziehen können. Marco Kummer, 3fa Erfolg erfordert nebst Talent, Willenskraft und Durchhaltevermögen auch Unterstützung und Verständnis durch das Umfeld. Jana Frefel, 3mb e ko n st a nt e , so n d er n… Um im Eiskunstlaufen erfolgreich zu sein, muss man nicht nur ein Koordinationsund Sprungtalent sein, sondern auch Ausdauer haben und leidenschaftlich mit dabei sein. Nadia Mosberger 2fa Mein Talent ist, dass ich neue Bewegungen sehr schnell lernen kann, mich auf der Bühne ausgesprochen wohl fühle und sehr gerne präsentiere. Zudem habe ich schon als 6-Jähriger begonnen zu jonglieren. Harrison Kremo, 1mc, Gewinner des Kleinen Prix Walo 2015 mit seiner Jonglage-Show Dank viel Training und positive Einstellung gelangt man zu seinen Zielen. Ein talentierter Handballer zeichnet sich durch eine ausgeprägte Physis, ein sehr gutes taktisches Verständnis und eine mannschaftsdienliche Spielweise aus. Julia Otto, 3mb Jonas Heim, 3ha … ein lebenslanger proz 24 Sporttalent und Bewegungsfreude unterstützen Um im Fussball Erfolg zu haben, braucht es taktisches Verständnis, gutes Ballgefühl, Kampf- und Teamgeist und vor allem Freude am Sport. Olivia Schmied, 3mb Alina Wirth, 3me Begabung im Sport Im Sport spricht man vom Talent, während in der Begabungs- bzw. Hochbegabungsforschung oft der Begabungsbegriff verwendet wird. Die Begriffe können nicht ganz genau unterschieden werden. «Als sportliches Talent wird eine Person aufgefasst, die sich noch in der Entwicklung zu ihrer individuellen Höchstleistung in einer Sportart befindet und von der eine künftige Entwicklung besonders hoher Leistungsfähigkeit und hoher Erfolge im Spitzensport erwartet wird» (Güllich, 2013, S. 628). Während der eng gefasste Talentbegriff sich hauptsächlich an den sportmotorischen Leistungen orientiert, bezieht sich der weit gefasste dynamische Talentbegriff auch auf Persönlichkeitsmerkmale sowie soziale und materiale Umweltfaktoren (Hohmann und Carl, 2002). Dies ist auch der Grund, weshalb die Talentschulen neben motorischen und sportspezifischen Tests auch Persönlichkeitsmerkmale wie Arbeitshaltung, Stressbewältigung, Lernzielorientierung und Leistungsmotivation untersuchen (Netzwerk Begabungsförderung: www.begabungsfoerderung.ch/seiten/fundus/net zwerk, 10. 3.15). Begabung wird nicht als Konstante verstanden, sondern als ein lebenslanger Prozess. Aktuelle Talentforschungs- und -förderungskonzepte im Sport betonen vor allem die PersonUmwelt-Interaktion. Begabungsförderung ist in diesem Sinne immer ein Beitrag zur Persönlichkeitsentwicklung (iPEGE 2014, S. 24–27). ess 25 V E R AN STALT U N G E N I ST DA S PA R A D I E S S O E I N E A R T M E D IOT H E K ? Erinnern Sie sich noch an das erste Buch, das Sie gelesen haben? Wo lesen Sie am liebsten? Haben Sie Bücher auch schon für etwas anderes verwendet als zum Lesen? – Diesen Fragen sind die Schülerinnen und Schüler der Ergänzungsfachklasse Bildnerisches Gestalten im Herbstsemester 14/15 auf spielerische Art nachgegangen und haben ihre vielfältigen Arbeiten in einer Ausstellung in der Mediothek der Kantonsschule Frauenfeld gezeigt. Eliane Wenger Julia Wacker Eine grundsätzliche Frage in unserem digitalen Alltag stellt sich nach den Qualitäten eines Buches in Papierform. Die Schülerinnen und Schüler haben dies zum Anlass genommen, um visuelle und haptische Aspekte eines Buches zu untersuchen: Wie kann man zum Beispiel eine Geschichte ohne Text erzählen? Die Schülerinnen und Schüler haben in ihrer Auseinandersetzung das Medium Buch neu wertschätzen gelernt und die Mediothek als wichtigen Ort der Begegnung und Wissensstätte in einem neuen Licht zeigen können. Unlesbare Bücher Bei den «unlesbaren Büchern» (in Anlehnung an die «libri illeggibili» von Bruno Munari) wird dies in abstrakten Bildern getan. Die Buchseiten bestehen aus verschiedenen Papiersorten, mit Öffnungen werden teilweise Blicke auf die nächste Seite zugelassen. So entsteht ein interaktives Büchlein, das zahlreiche Betrachtungsweisen zulässt und mit seinen unterschiedlichen Oberflächen auch den Tastsinn anspricht. Arbeit von Angela Geiges, 3mb Kanti Bulletin V E R AN STALT U N G E N 26 Ist das Paradies so eine Art Mediothek? Plakate Die Möglichkeiten der Gestaltung mit Schrift zeigten die Schülerinnen und Schüler bei ihren Plakaten. Ein Zitat aus ihrem persönlichen Lieblingsbuch der Mediothek diente als Inspiration für diese typografische Arbeit, welche sowohl als Digitalwie auch als Siebdruck umgesetzt wurde. Die Plakate (Format A3) können zu einem kleinen Buch gefaltet werden. Eileen Welzel, 3mb Plakat zu «Die dunkle Seite des Mondes» von Martin Suter Alina Meister, 3md Siebdruck zu «Party girl» von Brigitte Blobel Lucie Bachmann, 3me Plakat zu «Cassia & Ky: Die Flucht» von Ally Condie Marie Laffely, 3mb Plakat zu «Le petit Nicolas» von Sempé Nadja Osterwalder, 3md Siebdruck zu «Sakrileg» von Dan Brown Felix Gugler, 3mb Plakat zu «1984» von George Orwell Links: Nadja Osterwalder, 3md Rechts: Lisa Meienberger, 3mc Felix Gugler, 3mb Seitenabfolge aus dem Skizzenbuch 27 V E R AN STALT U N G E N Buchobjekte Was passiert mit den Büchern der Mediothek, die ausgemustert werden? Voller Tatendrang und Gestaltungsfreude haben sich die Schüle- rinnen und Schüler diesen – aus dem Fokus geratenen Objekten – gewidmet und sie in Kunstwerke verwandelt, die an verschiedensten Orten und Winkeln der Mediothek wieder zu einem neuen, glanzvollen Auftritt gekommen sind. Auch die Skizzenbücher wurden Teil der Ausstellung und zeigten ganz persönliche Sichtweisen. Kanti Bulletin 28 V E R AN STALT U N G E N Ist das Paradies so eine Art Mediothek? Dr. Marco Molteni Ansprache anlässlich der Vernissage zur Ausstellung Die Mediothek ist eine Art Paradies Meine Damen und Herren, wenn sich vor etwa zehn Jahren ein Besucher in dieser Mediothek aufgehalten hätte, wäre er Zeuge eines aussergewöhnlichen Ereignisses geworden. Er wäre vor einer Reihe von Schülerinnen und Schülern gestanden, die mit Tränen in den Augen und schweren Schrittes einen Sarg durch die Mediothek trugen, um ihn schlussendlich in der Arena zu deponieren. In der Arena waren Kränze aufgestellt, welche mit goldenen, beschriebenen Trauerschleifen geschmückt waren. «In Erinnerung an eine schöne, gemeinsame Vergangenheit – die Mitarbeiterinnen der Mediothek», konnte man auf einem wunderschönen Blumenkissen lesen, aber auch: «Danke, dass du gegangen bist, ohne zu warten, dass wir dich wegrationalisieren müssen. Verfasser der Botschaft: Die Schulleitung». Wer hatte sich von der Welt der Lebenden verabschiedet? Wer lag im dunkelbraunen Sarg, schön umgeben von leicht süsslich riechenden Seidenkissen, die ihn bis ins Jenseits hätten begleiten müssen? Es war kein «er», aber auch keine «sie», sondern ein «es». Im Sarg lag kein Mensch, sondern ein Buch – das Buch, dessen Tod in mehr oder weniger regelmässigen Abständen angekündigt wird. Die von Schülerinnen und Schülern inszenierte Beerdigung war Teil eines Theaterprojekts, welches zu den zahlreichen Veranstaltungen gehörte, die im Zusammenhang mit dem 150-jährigen Jubiläum stattfanden. Das Projektthema war «Das Buch und seine Zukunft». Die geschilderte Theaterszene sollte veranschaulichen, dass das gedruckte Buch an seinem Lebensende angekommen war. Das Stück endete mit der Bestattungsfeier. Jedoch das, was mit dem Verstorbenen nach dem Abschied vom Reich der Lebenden geschehen sollte, war kein Thema der Theaterinszenierung. Ich gebe zu, dass auch ich mich bis dahin mit der metaphysischen Frage nach dem Leben des Buches im Jenseits wenig beschäftigt hatte. Sorge bereiteten mir hingegen andere Fragen wie zum Beispiel: Welche Medienträger kann die Mediothek nach der berechtigten Trauerarbeit noch beherbergen? Wer beziehungsweise was wird der Nachfolger des Printbuchs? Schon damals lautete die Antwort: «Das E-Book, was denn sonst?» Diese Antwort erzeugte aber weitere Fragen wie zum Beispiel, was dann mit den vielen Bücherregalen passieren würde. Schon wieder eine Bestattungsfeier? Diese und ähnliche Fragen gingen mir immer wieder durch den Kopf, bis ich von Julia Wackers Projekt hörte. Es ging dabei darum, mit Schülerinnen und Schülern des Ergänzungsfachs «Bildnerisches Gestalten» das gedruckte Buch zu neuem Leben zu erwecken. Das war auf jedem Fall das, was ich mir darunter vorstellte, nachdem ich vom Projekt gehört hatte. Und ich verstehe die Ausstellung so: Es geht darum, Reanimationsprozeduren aufzuzeigen, welche die im Sterben liegenden Bücher mit neuem Lebenssinn erfüllen. Ich weiss nicht, ob Sie wissen, was häufig mit solchen dahinsiechenden Werken passiert. Frau Eliane Wenger, die Leiterin der Mediothek, entfernt mit hämischem Blick und voller Kraft den Buchdeckel des als nutzlos deklarierten Werks, trennt sozusagen den Kopf vom übrigen Körper und wirft ihn, von Wonne erfüllt, in einen Kübel, der dann vom Putzpersonal weggetragen wird. Der enthauptete Körper wird danach dem Recyclingprozess, einer Art kalter Kremation, überlassen. Ein Schicksal also, das ganz weit von dem entfernt ist, was die heutige Ausstellung beabsichtigt, nämlich dem ungelesenen Buch Würde zu verleihen. Julia Wacker und ihre Schülerinnen und Schüler wollten also das versuchen, was bis dahin für un- möglich gehalten wurde. Während öffentliche und private Besitzer auf der ganzen Welt sich den Kopf darüber zerbrechen, wie sie Billionen von Büchern loswerden können, sollen die schwer zu vernichtenden Gegenstände zu neuem Leben erweckt werden. Dass es sich sozusagen um einen metaphysischen Versuch handelt, wurde mir klar, als ich mit Staunen das Plakat zur Ausstellung sah. Darauf sind Schülerinnen und Schüler zu sehen, die vor ihrem Gesicht ein Buch halten, auf dem ein zweites Gesicht zu sehen ist. Wie ist das zu deuten? Wir, die Schülerinnen und Schüler der Kantonsschule, sind bereit, diesen Büchern ein neues, sogar unser eigenes Leben zu geben. Es ist uns egal, dabei unser eigenes Gesicht zu verlieren! Auf dem Plakat steht auch eine Frage, die lautet: «Ist das Paradies eine Art Mediothek?» Diese Frage ist offensichtlich rhetorisch gemeint und die Intention der Fragenden lässt sich leicht durchblicken, indem man die Stellung der Wörter in der Frage verändert. Sie lautet dann: «Ist die Mediothek eine Art Paradies?» Den Vergleich zwischen Bibliothek und Paradies hat der argentinische Autor Jorge Luis Borges in seinem berühmten «Poema de los dones», auf Deutsch «Gedicht von den Gaben» thematisiert. Der zunehmend blind werdende Dichter spricht darin von einer Bibliothek und von der grossartigen Ironie Gottes, die ihm «gleichzeitig die Bücher und die Nacht gab». Die grossartige Ironie Gottes besteht also darin, mir das Objekt des Genusses zu schenken und mir gleichzeitig die zum Geniessen nötigen Instrumente zu nehmen. Salopp formuliert: Gott schenkt mir den Wein und schneidet mir zur gleichen Zeit die für den Weingenuss notwendige Zunge ab. Er schenkt mir das Buch und nimmt mir das zum Lesen nötige Augenlicht. Der Schluss von Borges Gedicht lautet: 29 V E R AN STALT U N G E N Vernissage zur Ausstellung «Ich erkunde, langsam in meinem Schatten, mit unsicherem Stab das hohle Zwielicht, ich, der ich mir so oft das Paradies in Form einer Bibliothek vorstellte.» Unser Zugang zu den Dingen, denen wir in dieser Welt begegnen, ist genauso wie der Zugang eines Blinden zu einem Buch: beschränkt. Das können wir mit einem einfachen Experiment veranschaulichen. Nehmen Sie ein Buch in die Hand und stellen Sie sich die Frage, was Sie sehen. Sie werden sagen, dass Sie ein Buch sehen, was natürlich nicht stimmt. Egal, von welcher Seite aus Sie das Buch betrachten, Sie werden maximal drei Seiten desselben sehen und nie das ganze Buch. Genauso wie wir ein Buch nicht sehen können, können wir nicht – jedenfalls nicht in diesem Leben – das Geheimnis, welches in den Dingen ruht, erfahren. Wir können nicht erfahren, was die Dinge eigentlich sind. Wir können aber manchmal spüren, dass das, was wir wahrnehmen, mehr ist, als das, was wir zu sehen glauben. (Manche tun das natürlich nicht. Es gibt zum Beispiel Leute, die beim Betrachten des Moses von Michelangelo bloss sagen, dass sie einen sitzenden, bärtigen, alten Mann sehen, der komische Hörner an der Stirn trägt. Aber es gibt zum Glück auch Men- schen, die ein ganzes Buch über Michelangelos Moses schreiben, wie es zum Beispiel bei Sigmund Freud der Fall war.) Die Aufgabe, uns mehr zu zeigen als das, was wir in unserem gestressten Alltag sehen oder zu sehen glauben, ist die Aufgabe der Kunst. Der von Borges erwähnte grossartig ironische Gott hat uns Instrumente («dones» – Gaben) gegeben, die zwar unvollkommen sind, uns aber immer wieder dazu bringen, neue Wege mit neuen Materialien und neuen Inhalten zu gehen, um das Geheimnis der Dinge zu erfassen. Das war die Intention Julia Wackers und ihrer Schülerinnen und Schüler. Es ging nicht darum, Leichenpräparatorinnen auszubilden, die durch das Aufschneiden und das Sezieren des Buches seine Anatomie sichtbar machen. Es ging vielmehr darum, das Buch aus Borges Zwielicht zu nehmen und uns zu zeigen, dass wir nicht über eine einzige Schlüsselinterpretation verfügen, die uns preisgibt, was ein Buch in seiner facettenreichen Existenzweise ist. Heute ist ein Buch anders als gestern, morgen ist es anders als heute und vor allem: Für mich ist es anders als für alle anderen, genauso wie die Strassenverkehrsordnung aus meiner Sicht anders ist als aus der eines Polizisten. Ein Buch kann viel verursachen. Es kann uns zum Weinen bringen oder Heiterkeit erwecken, es kann uns Mut geben oder uns traurig machen. Ein Buch kann zum Schwert werden, uns aber nach einem Streit versöhnen. Und vor allem: Ein Buch ist nicht nur da, um gelesen zu werden! Es gibt nichts Unerträglicheres als Gäste, welche, nachdem sie grosse Bewunderung für die grosse Anzahl Bücher in den unzähligen Regalen geäussert haben, die ekelhafte Frage stellen: «Hast du sie alle gelesen?» Bücher sind nicht nur zum Lesen da. Es gibt sogar Bücher, die gemacht werden, um nicht gelesen zu werden. Ein Beispiel dafür sind die unlesbaren Bücher Paolo Munaris, die eine der Inspirationsquellen dieser Ausstellung sind. Erst die Unlesbarkeit von Munaris Büchern macht sie nützlich. In ähnlicher Weise besteht der Nutzen Tinguelys nutzloser Maschinen in ihrer Nutzlosigkeit. Zum Schluss möchte ich also festhalten: Ein Buch ist kein Buch, genauso wie ein Mensch kein Mensch ist! Das Buch ist im Gegensatz zu dem, was die Jubiläumsinszenierung von 2003 ankündigen wollte, jedoch ganz bestimmt noch lange nicht tot! Kanti Bulletin 30 V E R AN STALT U N G E N S C H R E I B E N H E I S S T : W E LT E N E R S C H A F F E N Junge Texte Festival 2015 Junge Texte ist ein Förderpreis für junge Schreibtalente aus dem Kanton Thurgau. – Ein kleiner Lobgesang auf die Schreibförderung. Tobias Tissi Lehrer für Deutsch Als Mensch bin ich tagtäglich von Sprache umgeben, als Deutschlehrer der Kantonsschule Frauenfeld bin ich bestrebt, mein Verständnis von Sprache, Schrift und die Liebe zur Literatur weiterzugeben. Als Teil des Organisationsteams von Junge Texte bin ich mittendrin im Aufspüren und Fördern von jungen Schreibtalenten, die die Möglichkeit in sich tragen, ihrer Fantasie Ausdruck zu verleihen und eine eigene Stimme suchen. Oft ist der Anfang des kreativen Schreibens schwierig, denn mit der Strukturierung der Gedanken muss man sich mit einer Abkürzung der Wege auseinandersetzen, die zweckgerichtete und rationale Gedankengänge an sich haben und man sollte Schritten der Fantasie insofern eine Erklärung geben, dass sie einer möglichen Leserschaft erkenntlich, nachvollziehbar und schlüssig erscheinen. Kreatives Junge Texte Festival 2015 Preisträgerinnen und Preisträger mit Jury und Organisationsteam In der Jury: Melinda Nadj Abonji Andri Perl Dorothee Elmiger Oliver Kühn Andrea Gerster Tom Gisler Schreiben heisst immer, seine Gedanken zu ordnen und zu Papier zu bringen, um anderen Menschen Zugang zur Welt der eigenen Fantasie zu ermöglichen. Als Organisationsteam von Junge Texte sind wir mit allen Seiten des Schreibens konfrontiert. Wir freuen uns darüber, welch wunderbare Welten in den Köpfen von jungen Schreibenden blühen, wie unbekümmert die eigenen Gedanken in einen grösseren Zusammenhang gesetzt werden und welcher Mut darin steckt, das Absurde, zuweilen Unmögliche zu beschreiben und das Unbeschreibbare fassbar zu machen. Wir leiden mit den Schreibenden, die erfahren, wie viel Aufwand, Kraft und Zeit es kosten kann, die eigenen Gedanken in die Form des Schriftlichen zu bringen, um Schreibwelten zu erschaffen und ein ganzheitliches Bild zu evozieren. Es ist schön zu sehen, wie viele gute Texte in den Köpfen von jungen Schreibenden liegen, welche Geschichten zutage kommen und welche Bilder nur darauf warten, ans Licht zu treten, mit dem Leser ein Gegenüber zu finden und an der Öffentlichkeit die eigene Schönheit zu offenbaren. Denn innere Eindrücke sollen ausgedrückt werden – und die Literatur ist dafür eine faszinierende Kunstform. Das Junge Texte Festival Bereits zum dritten Mal fand am 27. März 2015 an der Kantonsschule Frauenfeld das Junge Texte Festival statt. 12 junge Schreibende lasen einen selbst geschriebenen Text vor einem Publikum und einer renommierten Jury, die den Text kommentierte und am Finale des Abends einen Festivalsieger kürte. Am diesjährigen Festival haben wir wunderbare Momente erlebt: 31 Junge Texte wurde 2010 ins Leben gerufen, um talentierte Schreibende aus der Region zu finden und fördern. Teilnahmebedingungen sind das Alter – zwischen 16 und 21 Jahren – und dass zwei hochdeutsche Texte eingereicht werden, die von einer kompetenten Vorjury, bestehend aus Deutschlehrpersonen des Kantons Thurgau, beurteilt werden. Die besten 12 Schreibenden werden ausgewählt, die somit also bereits zu den Preisträgern gehören, welche am Junge Texte Festival attraktive Preise gewinnen können, in zwei Schreibweekends von renommierten Schriftstellern gecoacht werden und deren Texte in der Textpublikation «Schreibraum» einem breiten Publikum zugänglich gemacht werden. Hinweis Die Lesung für den «Schreibraum 3» der diesjährigen Preisträgerinnen und Preisträger findet am Sonntag, 14. Feb. 2016 um 16 Uhr in der Bibliothek des Klosters Fischingen statt. Informationen: www.jungetexte.ch V E R AN STALT U N G E N Die Preisträgerinnen und Preisträger 2015 Sarah Schwedes, Neukirch-Egnach Isabel Schenk, Weinfelden Léon Peter, Frauenfeld Anna von Siebenthal, Wagenhausen Meret Limacher, Frauenfeld Flora Hausammann, Frauenfeld – Festivalsiegerin Raphaela Schnider, Eschenz Elena Gruss, Dozwil Selina Giger, Frauenfeld Luisa Aeberhard, Frauenfeld Samuel Dietrich, Neuwilen Carolina Sogno, Felben-Wellhausen herzergreifende Texte, unbändiger Wortwitz, pointierte Analysen, musikalische Sprachbilder und Geschichten erzählende Musik, die Liebe für das Wort und die Literatur. Am Nachmittag haben die 12 Preisträgerinnen und Preisträger in einer Lesung ihre Texte vorgestellt, um daraufhin zu hören, wie Thomas Durrer (Posaune) oder Jovin Langenegger (Bass) ihre Texte mit einer Improvisation zum Klingen bringen. Aufgeteilt in vier Blöcke wurde je ein Publikumspreis bestimmt und von der Jury ein Gruppensieger gekürt, welcher am Abend im Finale um den Festivalsieg las. Dabei bekamen die Lesenden von den Kommentaren der Jury eine Beurteilung ihrer Texte; es wurde gelobt und geschwärmt, es wurde aufdeckt und kritisiert, aber nie ohne das Konstruktive und Beratende, um die Texte besser machen zu können, indem das ganze Potential einer Geschichte aufgezeigt wurde. Es war wunderbar, als Oliver Kühn nach der Lesung von Flora Hausammann sagte, er habe das in der Geschichte vorkommende Dorf gegoogelt, habe den Ort quasi lokalisiert und viel darüber erfahren und sei wahnsinnig überrascht gewesen, als er erfahren habe, Flora sei nie in diesem Ort gewesen. Zwischen den Lesungen des Nachmittags und dem Finale des Abends sorgte die Band «The Rising Lights» für gute Stimmung und Unterhaltung in der Aula. In kleiner Besetzung (Gesang/Gitarre, Bass und Schlagzeug) gab die Band mit ihren rockigen Liedern dem Gefühl des Ausbruchs aus ausweglosen Situationen und Aufbruchs in ferne Länder und Zeiten ein musikalisches Kleid. Danach wurde in der Vernissage «Who’s who» die Literaturszene Thurgau beleuchtet: Die Klasse 3ma präsentierte in einem eigens für die Vernissage konstruierten Pavillon zahlreiche Schriftstellerinnen und Schriftsteller des Kantons mit deren Werken und Biografien und gab damit dem ganzen Kanton ein sprachliches Gesicht. Der Abend war ein gutes Spiegelbild für den ganzen Tag. Pascale Chenevard, Prorektorin der Kantonsschule Frauenfeld, eröffnete das Finale mit einer stimmungsvollen Rede über den Sinn, Zweck und die Schönheit von Schreibförderung. Nach Grussworten von Stadtammann Carlo Parolari und Dr. Hermann Bürgi von der Lions Bewegung Thurgau war es erneut an den Preisträgerinnen und Preisträgern, die versammelte Jury von der Stärke ihrer Texte zu überzeugen. Es wurde ausdrucksstark gelesen, es wurde hitzig diskutiert und oft musste Moderatorin Susanne Balmer vom Organisationsteam sachte unterbrechen und die Jury auf die Zeit hinweisen, um den zeitlichen Rahmen des Festivals nicht zu spren- gen. Schliesslich entschied die Jury, den Festivalpreis des Junge Texte Festivals 2015 an Flora Hausammann zu vergeben, die mit ihrem Text «Der Wortflechter» nicht nur die Jury zu begeistern wusste, sondern auch den Publikumspreis gewann. Stimmen zum Festival Andri Perl, Jurymitglied Beim Schreiben ist ein ganz entscheidender Schritt, dass man seine Texte exponiert, also nach aussen trägt. Erst dann beginnt man über das eigene Schreiben zu reflektieren und fragt sich, wie man weiterkommen kann. Oliver Kühn, Jurymitglied Diese Art von Literatur gewinnt mit einem solchen Festival an Attraktivität, weil bei jungen Leuten vor allem Poetry Slam hoch im Kurs steht. Die Jugendlichen sehen, dass man auch ruhige, feinstoffliche Text machen kann und damit ankommt. Carlo Parolari, Stadtammann von Frauenfeld Es ist der grosse Verdienst dieses Förderpreises, dass er allen Jugendlichen im Kanton einen Schreibraum öffnet und ihnen so die Möglichkeit gibt, sich mit anderen zu messen und sich beurteilen zu lassen. Kanti Bulletin 32 V E R AN STALTU N G E N Schreiben heisst: Welten erschaffen Der Wortflechter Ausschnitt aus dem Siegertext von Flora Hausammann Es schien fast so, als würde das gesamte ligurische Bergdorf mit jedem Schlag der schweren Kirchturmglocke mitbeben. Feiner Nebel hing vor den steinernen Häusern, umwickelte die Fenster und Türen wie Wattebäusche und tunkte die engen, verschlafenen Gässchen Baiardos in gespenstisches Licht. Als nun die Glocke zum neunten Mal schlug, hätte ein verirrter Wanderer ein seltsames Schauspiel mitverfolgen können, das ihm wohl einen gehörigen Schrecken eingejagt hätte: Punkt neun Uhr öffneten sich nämlich knarzend ausnahmslos alle Türen der verfallenen Häuser in der Via de Nebbio. Der Wanderer hätte wahrscheinlich die Hände auf seine Backen geschlagen und fortan behauptet, dass es im alten Dorfe oben am Berg spukt. Doch dies entspricht natürlich nicht der Wahrheit. Wenn er nur noch einen Moment länger gewartet hätte, dann hätte er gesehen, wie sich Haus um Haus, ein, zwei, drei, ja bei dem besonders verfallenen Haus mit den verwelkten Geranien im Vorbeet, sogar vier Köpfe in den Spalt zwischen Flora Hausammann beim Vortragen ihres preisgekrönten Textes Alle Texte der Preisträgerinnen und Preisträger auf www.jungetexte.ch Türrahmen und Tür schoben. Sobald vom kraushaarigen Jungen aus Haus Nummer eins das abgemachte Pfeifen ertönte, folgten auf die Köpfe auch die restlichen Körperteile der Kinder von Baiardo. Sachte wurden dreizehn Türen hinter sich ins Schloss gezogen, die Kinder fassten sich alle bei den Händen und trippelten leise, barfüssig auf den kalten Steinplatten, zum Ende der Sackgasse. Vor dem hintersten Haus auf der rechten Seite der Strasse blieben sie alle stehen, wie jeden Sonntagmorgen. 24 braune und zwei blaue Augenpaare richteten sich auf das Haus am Ende der Strasse, das so gar nicht zu seinen Artgenossen passen wollte. Es stand aufrecht, weder lehnte es sich hilfesuchend an seinen Nachbarn an, noch liess es sich von dessen Efeu in Beschlag nehmen. Es leuchtete in einem Azurblau, das in wunderbarem Gegensatz zur graubraunen Kulisse der Nachbarschaft stand. Und das Wichtigste: Die Tür stand offen. Die Tür stand offen und das tänzelnde Flackern eines Kerzenscheins hiess die Kinder wie ein livrierter Diener willkommen. Es streifte ihnen, wie sich das für einen guten Gastgeber gehört, ihre Sor- genlast von den schmalen Schultern und hängte sie an einem hölzernen Bügel neben der Tür auf, wo sie für die Dauer des Besuches vergessen wurde. Danach führte es sie in das azurblaue Haus hinein, dessen Wände über und über mit Worten aus verschiedenen Sprachen bedeckt waren. Und in der Mitte des Hauses, auf einem ledernen Sitzsack sass er. Wortflechter, nannten sie ihn, denn seine Kunst war es, Worte zu pflücken, mühelos, wie ein kleines Mädchen auf einer Blumenwiese, und sie zu einem Kranz aus Worten und Blüten und Kommas und Stängeln zu flechten, so dass man am Schluss nicht mehr erkennen konnte, wo die Geschichte begonnen hat und wo sie zu Ende war. Tatsächlich behaupteten böse Zungen, der Wortflechter habe noch nie keine Geschichte erzählt. Sein ganzes Leben sei eine Geschichte, erträumt und zusammengesponnen und sowieso sei er doch noch nie aus Baiardo hinausgekommen, schimpfte erst gerade letzte Woche die pausbäckige Lucia über ihre Wäscheleine hinweg mit ihrer Nachbarin Sofia. Viele Erwachsene schienen einen Groll gegen den Wortflechter zu hegen, da er sich nicht am Dorfleben beteiligte […]. Stimmen der Jury zu «Der Wortflechter» Andrea Gerster Der Text ist hochpoetisch und sehr gelungen. Die Geschichte hat eine faszinierende Stimmung. Melinda Nadj Abonji Es ist sehr schön, dass du uns die offene Tür zur Literatur zeigst und diesen Wortflechter, der uns diese Welt der Imagination präsentiert. Tom Gisler So viel Fantasie, so viel Wärme, so schön erzählt. Ich bin hin und weg. 33 V E R AN STALT U N G E N J O S E P H J O F F O – K I N D H E IT AU F D E R F LU C H T Besuch an der Kanti Frauenfeld Im März besuchte uns der 84jährige jüdische Schriftsteller Joseph Joffo, der als zehnjähriges Kind zusammen mit seinem Bruder seine Heimatstadt Paris verlassen musste, um den Judenverfolgungen der Nazis zu entgehen. In einem ergreifenden Vortrag erzählte Joseph Joffo von seiner drei Jahre dauernden Flucht. Sibylle Suter Lehrerin für Französisch Ils ne m’ont pas pris ma vie, ils ont tué en moi l’enfant que je pouvais être. Sie haben mir nicht das Leben genommen, aber sie haben in mir das Kind getötet, das ich hätte sein können. Joseph Joffo, Un sac de billes Dies die Worte von Joseph Joffo, mit denen er auf seine geraubte Kindheit zurückblickt. Wer aber erwartete, dass das Podium in der Aula von einem Mann betreten würde, dem man die schreckliche Kindheit ansieht, sah sich getäuscht. Vor uns stand ein witziger und sehr vitaler älterer Herr, der mit viel Humor und einem ausgeprägten erzählerischen Talent aus seinem Leben berichtete. Joseph Joffo wurde 1931 in Paris als jüngstes von sechs Kindern in eine jüdische Familie geboren. Nachdem der Norden Frankreichs 1940 durch das nationalsozialistische Deutschland besetzt und erste Joseph Joffo mit Catherine Emonide Entress und Geert Dedapper Rassengesetze erlassen wurden, sah sich die Familie Joffo gezwungen, Paris zu verlassen. Die Eltern entschieden, dass sich der zehnjährige Joseph und sein zwölfjähriger Bruder Maurice alleine auf den Weg machen sollten. Während drei Jahren waren die beiden Brüder unterwegs durch ganz Frankreich. Ihr Überlebenswille, ihre Beharrlichkeit, ihre Schlauheit, aber auch Glück und das Wohlwollen anderer Menschen halfen ihnen, drei Jahre später wieder nach Paris zurückkehren zu können. Im Buch Un sac de billes schildert Joffo seine Erlebnisse während der Flucht. In seinem Vortrag erzählte er einige Passagen daraus und brachte uns die Schrecken der damaligen Zeit noch näher. Die Anwesenheit eines Überlebenden machte den Wahnsinn des Naziregimes und die Leiden der Menschen von damals äusserst greifbar und vermochte das Publikum zu berühren. Gleichzeitig brachte Joffo die Zuhö- rer aber mit witzigen Episoden aus seinem Leben auch zum Lachen. Mehrere Klassen lasen als Vorbereitung auf den Vortrag dieses berührende und packende Buch, die Klassen 3mb und 3md erstellten zudem Plakate zu verschiedenen Themen des Buches. Joffo war von diesen Plakaten so begeistert, dass er sie in den Trailer zur Neuverfilmung des Buches aufnehmen möchte. Er dankte den Schülerinnen und Schülern für diese Arbeit, später dankte er den Lehrerinnen und Lehrern dafür, dass sie sein Buch immer wieder mit Schulklassen lesen und ihnen so das Grauen der Nazizeit erklären und es unvergessen machen. Dies sei gerade jetzt, wo der Antisemitismus in Europa wieder zunehme, von grosser Wichtigkeit. Dem Französischlehrer Geert Dedapper gebührt ein grosser Dank, dass er, unterstützt von seiner Kollegin Catherine Emonide, den Besuch von Joseph Joffo ermöglichte, denn diese Begegnung wird sich in den Köpfen und den Herzen der Schülerinnen und Schüler einprägen und sie dafür sensibilisieren, wozu Menschen aufgrund von Vorurteilen und unreflektiertem Hass fähig sind. Kanti Bulletin 34 V E R AN STALT U N G E N F R E E Z E – T I E R I S C H E S F R I E R E N U N D G E F R I E R E N I M S H OW R O O M Johannes Kottonau Lehrer für Biologie Seit einigen Wochen hat sich der Showroom in eine Kältekammer verwandelt. Schneeflocken tanzen im Wind, Eiszapfen hängen von der Decke, und es blinken fröhlich zwei Igelherzen: Die Schülerinnen und Schüler aus dem Schwerpunktfach Biologie/Chemie haben sich mächtig ins Zeug gelegt, um ein paar Filetstücke aus dem Unterricht nach aussen zu tragen. Wie viele Daunenjacken müsste man übereinander schichten, damit man mit antarktischen Kaiserpinguinen mithalten könnte? Können Schmetterlinge Tausende von Kilometern in die Wärme fliegen wie Zugvögel? Und was passiert mit den Zellen eines Frosches, wenn dieser zu einem Block gefriert? Ein Besuch der Ausstellung gab Antworten – in 3D. 35 V E R AN STALT U N G E N K ANT I F R AU E N F E L D – W E RTVO LL F Ü R A LLE Hauptversammlung Pro Kanti Frauenfeld Thomas Harder Präsident Thurgauer Zeitung, Kantonsspital und -verwaltung, Thurgauer Slam Poetry, Cinema Luna, Architektur- und Ingenieurbüros, Baumer, SIA, Model, Möhl. Gäbe es diese Institutionen ohne Kanti Frauenfeld, ohne Kantonsschulen? Die Antwort ist eindeutig: Es braucht die Kanti Frauenfeld, andere Kantonsschulen als Säulen eines rundum hochstehenden Bildungssystems. Ohne sie gäbe es vieles nicht, nicht in der Qualität, der Art und Weise, wie wir es schätzen, wie es geschätzt wird. Wie schafft die Kanti Frauenfeld Wert und was kann Pro Kanti Frauenfeld beitragen? Diese Fragen interessierten ein engagiertes Publikum von über 80 Mitgliedern und Gästen, darunter eine grosse Zahl nationaler, kantonaler und hauptstädtischer Politikerinnen und Politiker. Eine starke Stimme für die Interessen der Kantonsschule Frauenfeld Am 24. März 2015 lud der Förderverein Pro Kanti Frauenfeld zur ersten Hauptversammlung in der Aula der Kantonsschule ein. 2014 aus der Initiative von fünf Lehrpersonen entstanden, setzt sich der Verein für eine vitale Kantonsschule Frauenfeld mit einem breiten und zukunftsorientierten Bildungsangebot ein. Mit dem Slogan «Kanti Frauenfeld – wertvoll für alle» soll partnerschaftlich die Zusammenarbeit aller Beteiligten aus Bevölkerung, Politik und Wirtschaft gefördert werden. Der Verein steht der Kantonsschule somit unterstützend zur Seite und will sich in Zukunft an bildungspolitischen Diskussionen beteiligen. Bei den Aktivitäten will Pro Kanti diese Schwerpunkte setzen: Sie will in der Bevölkerung, in Politik und Wirtschaft Verständnis für die an der Kanti Frauenfeld geleistete ausgezeichnete Arbeit, das besondere Profil mit vier Abteilungen (Gymnasium, Fach-, Handels- und Informatikmittelschule) und den hohen Nutzen für die Region schaffen. Und Pro Kanti will den Wert der Mittelschule sowie des akademischen Weges unterstreichen. Sie will sich dafür einsetzen, dass die kritische Grösse erhalten bleibt, so dass weiterhin das Bildungs angebot erhalten werden kann. Sei dies mit den verschiedenen Ausbildungen oder durch ein vielseitiges Angebot an Schwerpunktfächern. Rektor Hanspeter Hitz äussert sich in seinem Referat dankbar und erfreut über die neue, insbesondere in der Aussenarbeit unterstützende Kraft durch Pro Kanti. Er stellt die hohe Übereinstimmung der Vorstellungen fest und berichtet von der eindrücklichen Entwicklung der Schule. In einer lebhaften Diskussion wird zum einen der Wunsch nach konkreten und auch durch die Mitglieder umsetzbaren Aktivitäten geäussert, zum andern der Einbezug von Schülerinnen und Schülern sowie jungen Abgängerinnen und Abgängern. Der Vorstand freut sich über diesen Impuls und nimmt ihn gerne auf. Der Antrag des Vorstands auf eine Namensänderung wird abgelehnt – Pro Kanti bleibt starkes Statement! Positionierung für die Kanti sowie Rolle und Aktivitätsfokus für Pro Kanti Grösstes Gymnasium im Kanton Ganzheitliche vier-Sparten-Vollzeit-Schule N Freigeistige, die Selbständigkeit der Schüler anstrebende Kultur N Schülerinnen und Schüler aus dem Westthurgau inkl. Bezirke Weinfelden/Hinterthurgau N Aktive, der Schule nahe stehende Vereinigungen N Verankerung und Support von Wirtschaft, Politik und Kultur N Offen und zugänglich für die Bevölkerung N N In einem Satz lautet die zentrale Botschaft: Kanti Frauenfeld – wertvoll für alle Vertiefende Informationen: www.prokantifrauenfeld.ch Kanti Bulletin 36 V E R AN STALT U N G E N S C H ÜL E R TAT I M S C H Ü L E R R AT Flora Hausammann Auch wenn wir viel Zeit in unserem Sitzungszimmer im dritten Stock verbringen, sind wir neun vom Schülerrat doch auch immer wieder präsent im Schulalltag und laufend auf der Suche nach kleinen Wegen, den Schülerinnen und Schülern an der Kanti Frauenfeld das Leben ein bisschen zu erleichtern (oder in vielen Fällen auch im wahrsten Sinne des Wortes: zu versüssen). Auch dieses Jahr hat sich wieder einiges getan bei uns. Schülerrat Zu Beginn des Jahres luden wir alle Jovin Langenegger, 4md Klassenvertreter zur Infoveranstaltung ein. An diesem Treffen wurde Nico Laubi, 3mc Patricia Kudrnac, 2md ein Überblick über die Aktivitäten des Schülerrats gegeben, worauf Mariane Justen, 2fa alle Interessenten sich zur Wahl aufKerstin Zwikirsch, 2fa stellen konnten. Fünf Viertklässler Sara Parolari, 4mb Lisa Meienberger, 3mc verliessen uns im letzten Jahr, weshalb wir froh um Patricia, Kerstin, Julia Diem, 2fc Flora Hausammann, 4mb Mariane, Sara und Julia waren, die sich spontan zu ihrem Beitritt entschieden haben. Während der Adventszeit letzten Jahres erbrachten Lisa und ich die Heldentat, am Morgen jeweils eine halbe Stunde früher aufzustehen und in der noch menschenleeren Schule die, mit Guetzli und sonstigen Leckereien gefüllte, Adventskiste zu verstecken. Worauf ich hier gerne nochmals verweisen möchte, ist der von Lisa betreute Bücherflohmarkt in der Mediothek. Jeder, der seine Schulbücher gerne für einen kleinen Betrag verkaufen möchte, kann diese dort abgeben. Wer ein neues Buch braucht, kann in der Mediothek nach der Übersichtsliste fragen. Es freut mich auch ganz besonders, mitteilen zu können, dass das Schülermagazin im Dezember seine vierte Ausgabe erfolgreich herausgebracht hat. Ursprünglich Anfang 2014 vom Schülerrat initiiert, formierten wir nach der ersten Ausgabe ein Schülermagazin-Komitee, bestehend aus interessierten Schreibern und zwei Schülerratsmitgliedern (momentan Sara und ich) als Bindeglied. Wir können unter anderem dank Herrn Otals Unterstützung unser Magazin nun unter günstigen Bedingungen drucken und arbeiten zur Zeit an der fünften Ausgabe zum Thema «Food». Im Januar fand dann das traditionelle Raclette-Essen in der Mensa statt, an dem der Schülerrat die neuen Austauschschüler zwischen fröhlich blubberndem Käse und einer riesigen Portion «Gschwellti» willkommen hiess. An diesem Abend wurde natürlich nicht nur Schweizerdeutsch, sondern auch Französisch sowie Englisch und Spanisch gesprochen und allen Austauschschülern schien unser Schweizer Käse zu schmecken. Wie jedes Jahr haben wir auch einen erfolgreichen Valentinstag hinter uns, an dem wir in die Rolle des Amor schlüpften und den Schülerinnen und Schülern (und, oh Schreck, sogar einigen Lehrpersonen) ihr persönliches Rösli ins Klassenzimmer brachten. Der Schülerrat war zudem an der Planung eines neuen Projektes beteiligt: dem «Social Day»! Auf freiwilliger Basis engagieren sich Schülerinnen und Schüler in ihrer Freizeit an einem sozialen Projekt und spenden das gesammelte Geld. Alles über diese erfolgreiche Aktion im Herbstbulletin! Und nun dürfen sich alle Schülerinnen und Schüler auf den letzten Schultag im Juli freuen: Einmal mehr werden wir ihnen allen den letzten Tag im Schuljahr versüssen! 37 I M G E S P R ÄC H M IT IVO B R E U Pascale Chenevard Sein fröhliches Lachen vom Traktor herunter begrüsst mich fast jeden Morgen und er scheint sich dort – und damit draussen in der Natur – sichtlich wohl zu fühlen. Ivo Breu betreut seit 1983 die Grünflächen auf dem Areal der Kanti Frauenfeld. Der gelernte Gärtner und ehemalige Handball-Nationalliga-Spieler kümmert sich mit viel Fachwissen und vor allem Sorgfalt unter anderem um die 28 einheimischen und 11 fremdländischen Baumarten. Zudem pflegt er 23 Obstbäume – vom Apfelbaum bis zur Weichsel! Wer hätte gedacht, dass auf unserem Schulareal so viele unterschiedliche Baumarten stehen? Die dann natürlich fachgerecht gepflegt und geschnitten werden wollen. Und da kommt nun Ivo Breus besonderes Talent zum Einsatz. Laurenz Wirth, Lehrer für Wirtschaft und Recht und selber einmal in der Holzverarbeitung tätig, hat Ivo Breu auf seinem Rundgang begleitet und die gemeinsame Fachsimpelei für uns Bulletinleserinnen und -leser in einen spannenden Bericht übers richtige Baumschneiden gepackt. MENSCHEN Kanti Bulletin 38 MENSCHEN IVO B R E U : BAU M TA L E N T – D E N K E N I M S I N N E E I N E S BAU M E S Interview Laurenz Wirth Lehrer für Wirtschaft Das Areal der Kanti umfasst einen schönen Bestand an Park- und Obstbäumen. Welche Grundsätze werden bei deren Pflege verfolgt? Der Baum soll in seiner ursprünglichen Form belassen werden. Wilde Obstbäume werden im Interesse der Biodiversität nicht geschnitten. Es wird nur geschnitten, was notwendig ist, zum Beispiel, wenn ein Baum zu nahe am Haus steht. Äste mit einem Durchmesser von mehr als 8 cm werden nur im Notfall abgetrennt. Wichtig ist ein guter Jugendschnitt. Dann sollte man den Baum wachsen lassen. So vermeidet man später gravierende Eingriffe. Die Park- und Obstbäume verlangen eine unterschiedliche Pflege. Worin liegen die Unterschiede? Obstbäume dürfen stärker zurückgeschnitten werden als Laubbäume. Aber auch hier vermeidet man zu grosse Schnitte. Geschnittene Obstbäume tragen mehr und gesündere Früchte. Obstbäume werden in verschiedenen Formen gezogen wie Spalier, Busch oder Spindel. Wir haben auf dem KantiAreal allerdings meist Hoch- und Halbstämme. Mit Schulklassen veredeln wir auch Obstbäume. So haben wir auf einen Glockenapfelstamm zwei Sorten, Cox Orange und Spartan, aufgezweit. Diese haben sich gut entwickelt. Bei Parkbäumen belässt man möglichst die natürliche Form. Man macht nur Auslichtungsschnitte, damit das Wachstum nicht zu stark angeregt wird. Was ist lernbar beim Baumschneiden und was ist Intuition? Wichtig sind Beobachten und Denken, das Handeln kommt danach. Die Technik kann man lernen, das Denken im Sinne des Baumes und das zweckmässige Anwenden der Technik sind wohl eher Intuition. Angst vor der Höhe ist hinderlich, es verleitet zu unsachgemässem Schnitt. Man schneidet dann dort, wo es gut geht, statt dort, wo es notwendig ist. Worin liegen die Vorteile einer guten Baumpflege? Bei kontinuierlicher Pflege wird einerseits der Schnittaufwand erheblich reduziert und andererseits leben die Bäume länger und gesünder. Nach dem Jugendschnitt sind nur mehr leichte Korrekturen notwendig, problematische Schnitte können vermieden werden. Junge Bäume werden gewässert, so wachsen sie vital heran und sind dadurch weniger anfällig für Krankheiten. Warum werden hin und wieder Bäume auf dem Kanti-Areal gefällt? Bei uns werden Bäume vor allem aus Sicherheits-, Alters- oder Krank- heitsgründen gefällt. Der Sicherheit wird eine grosse Bedeutung zugemessen. In letzter Zeit treten auch eingeschleppte Krankheiten wie die Eschenwelke auf. Solche Bäume sterben ab und werden entfernt. Werden auch Bäume gepflanzt und wenn ja, mit welchen Zielen? Jeder gefällte Baum wird durch einen jungen Baum ersetzt. Dabei wird den Platzverhältnissen und der Biodiversität Rechnung getragen. Manchmal treten auch neue Bedürfnisse auf. So wurde beim Neubau eine Schirmplatane gepflanzt, um eine andere Schattenqualität als mit Sonnenschirmen zu erhalten. Die Schirmplatane als Schattenspende- 39 MENSCHEN Im Gespräch mit Ivo Leu rin muss in die Breite wachsen und nicht in die Höhe. Wir pflanzen übrigens vorzugsweise einheimische Baumarten. Bei der Villa Sonnenberg haben wir allerdings aus denkmalpflegerischen Gründen Magnolien gepflanzt. Gibt es besonders bemerkenswerte Bäume auf dem Areal? Oberhalb des Sportplatzes erholt sich eine prächtige Winterlinde vom Neubau der Sporthallen. Ferner gedeihen vor dem Hauptgebäude eine Weichsel und ein Nussbaum. Bei der Villa Sonnenberg spendet ein wunderbarer Rotahorn Schatten und beim Haus Erika ein schön entwickelter Mehlbeerbaum. Hinter der Halle 5 findet sich übrigens ein, in unseren Breitengraden seltener, weisser Maulbeerbaum, er ist das Relikt einer Seidenraupenzucht im Biounterricht. Welche Bäume liegen dir besonders am Herzen? Die Eiben und Weisstannen auf dem Areal sind selten in der Stadt Frauenfeld. Jedoch sollte jedem Baum sein eigener Charakter belas- sen werden. In diesem Sinne habe ich keine Favoriten. Wer führt auf dem Kanti-Aareal die Baumpflege durch und warum? Aus praktischen Gründen führe ich die Schnitt- und Fällarbeiten selber aus. Das erfordert eine sorgfältige Planung, damit keine Schäden auftreten und benachbarte Bäume nicht in Mitleidenschaft gezogen werden. Kanti Bulletin 40 MENSCHEN VE R AB S C H I E D U N G E N Hanspeter Hitz Rektor Oliver Benz Lehrer für Musik und Klavier August 2011– Juli 2014 Monika Ebneter Lehrerin für Wirtschaft und Recht, Gitarre. August 2010 – Januar 2015 Pascal Rickenmann Lehrer für Wirtschaft und Recht Herbstsemester 2014/15 Isabel Ricklin Lehrerin für Wirtschaft und Recht Februar 2011– Juli 2014 Ich danke allen für ihren Einsatz an unserer Schule und wünsche ihnen alles Gute. Herausgabe Schulleitung der Kantonsschule Frauenfeld admin.kf @ tg.ch Redaktion Pascale Chenevard, Prorektorin pascale.chenevard@ tg.ch Gestaltung kmtg Kaspar Mühlemann