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Foto: Vesenbeckh
Locker vom Hocker
Es ist das Land der Horizonte, des trockenen Rieslings,
der Lieben Frau, der tausend Hügel, Kräuter, Gemüse und Salate.
Und es wird jetzt immer mehr auch ein Land, wo man nach
Lust und Laune richtig gut essen kann!
Von Manfred Lüer
à la carte!
Protagonisten einer neuen kulinarischen Kultur (v.l.): Sterne- und Starkoch Frank Buchholz, Pionier Michael Müller vom Bassenheimer
Hof in Mainz, Schlossherr Thomas Heinicke aus Sörgenloch und Gerhard Jordan von Jordans Untermühle in Köngernheim
Es begann in Mainz mit einem kleinen Laden mit nur sieben
Das Gratin kam in stilechten Löwenkopfterrinchen. Innen war
Tischen. In der malerischen Altstadt am Anfang der Augusti-
alles mit edlem Stoff ausgeschlagen, Kerzen sorgten für eine
nergasse. Allein die Küchengröße war „sensationell“: ganze
heimelige Stimmung. Dann wurde das Restaurant zum schi-
7,5 Quadratmeter. Zwischendurch musste der Koch immer
cken Bistro umgebaut und war für Heinicke „mit das erste
auf den Kühlschrank. So wenig Platz war da. „Du bleibst da
richtige Café in Mainz mit einem gescheiten Kaffee aus einer
oben, bis wir angerichtet haben“, sagte Michael Müller etwa
ordentlichen Siebfilter-Maschine“. Parallel dazu eröffnete
zum blutjungen Thomas Heinicke – und der musste zähne-
Müller den Leininger Hof in Mainz: französische Küche und
knirschend parieren.
Biedermeierflair. So markierte der Augustiner einen entscheidenden Schritt für das rheinhessische Selbstbewusstsein:
Kultig war das damals, für den „Küchensklaven“ Heinicke „ei-
Wir können auch anders. Wir geben uns nicht mit Backes-
ne geile Zeit“: „Wir waren oft für Wochen ausgebucht.“ Zum
grumbeeren, Handkäs und Grüner Soße zufrieden. Wir brin-
Augustiner hieß das Restaurant, wo Patron Michael Müller
gen Rheinhessen auch kulinarisch an die Sonne.
schon in den 70er-Jahren die feine französisch-elsässische
Küche nach Mainz holte. Als Rheinhessen noch kulinarische
Noch heute klingt ein wenig Stolz in den Stimmen von Tho-
Diaspora war und in der Eiszeit der Liebfrauenmilch verharrte.
mas Heinicke und Michael Müller, wenn sie über die Anfänge
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Schule des guten Geschmacks: Buchholz Kochschule in Gonsenheim
Landgasthof wie aus dem Bilderbuch: Jordans Untermühle in Köngernheim
plaudern. Frank Buchholz und Gerhard Jordan hören gebannt
ist Agrarland. Die Bauern machen Erdbeeren und Spargel, die
zu. Kein Wunder, Heinicke und Müller sind auch heute noch
Nachfrage nach ökologischem Gemüse wird wachsen.“
gastronomische Schwergewichte in der Region. Letzterer
mit dem Bassenheimer Hof, wo seit über zwei Jahrzehnten
Eigeninitiative beim Briefing der Lieferanten war also ge-
in einem alten Winzerhaus vom Ende des 18. Jahrhunderts
fragt. Nachts vertiefte sich Buchholz daher auf der Suche
mit steilen Stiegen auf mehreren Etagen eine kulinarische
nach alten und besonders wohlschmeckenden Sorten und
Kultur vom Feinsten zelebriert wird. Und Heinicke, der selbst
Saatgut ins Internet. „Die Amis haben vieles verpennt, was
ernannte „Rheinhessen-Patriot“, mit Schloß Sörgenloch bei
Neuzüchtungen betrifft“, sagt Buchholz, „die sind teils noch
Nieder-Olm: einem der weinkulinarischen Leuchttürme in
um 50 Jahre zurück. Zum Glück, denn da konnte ich mir altes
der Region, mit der wandelnden Weintafel Heinicke und ei-
Saatgut etwa von Gelber und Roter Bete besorgen. Diese Bete
ner sinnlich-lockeren Genusskultur. Kreativ verfeinerte bo-
schmecken fantastisch und nicht so erdig, vor allem die gelbe
denständige Küche. „Ich liebe Blutwurst, in allen Varianten“,
ist etwas süßer, geht geschmacklich in Richtung Karotte und
sagt der Schlossherr, und: „Wir haben einen Riesenerfolg mit
sieht aus wie eine Rübe. Das ist eine der ältesten Sorten über-
paniertem Schweinekotelett mit lauwarmem Gurkensalat.“
haupt, ein Mangoldgewächs und ein absolut fantastisches
Dafür reißen selbst die neuen Winzerstars Kilometer um Kilo-
Produkt.“ Mittlerweile bezieht Buchholz von den sandigen
meter auf der A61 und A63 ab: „An einem Tag kamen Jochen
Gonsenheimer Böden alles an Kräutern und Salaten und von
Dreißigacker, Johannes Landgraf, die Thörle-Brüder und Jür-
einem Bauern in der Nähe von Alzey violette Kartoffeln, Ka-
gen Hofmann mit ihren Weinhändlern. Der Engländer David
rotten, Schwarzwurzeln und weiße Zwiebeln bester Klasse.
Motion war dabei und lobte in seinem Blog, dass man bei uns
Zudem ließ sich der Fährtensucher Buchholz „die Fischerei-
zwar auf dem Land sei, dass es aber wegen der vielen Gäste
Erbpachtrechte der ganzen Rheinfront von Bingen bis Karls-
und Winzer zugehe wie in der Großstadt. Und auf einmal
ruhe von einem Freund ausdrucken. 80 Prozent davon waren
kamen ganz viele Engländer zu uns!“
tot, aber beim Fischer Richtmann im rheinhessischen Alsheim
wurde ich doch fündig.“ Buchholz gingen die Augen über, was
Trotz des Erfolgs: Ein Zuckerschlecken war das alles nicht.
Richtmann ins Netz und in die Reuse gegangen war. Zander,
Auch nicht für Frank Buchholz, den Starkoch der Region. Er
Welse und Aale und insbesondere Flusskrebse: „Die tauschte
gründete 2004 eine eigene Kochschule und Geschmacks-
der Fischer bis dato immer gegen Forellen aus Frankreich“,
werkstatt in Mainz-Gonsenheim. Ein Jahr später eröffnete er
schüttelt Buchholz noch heute den Kopf, „inzwischen nehme
sein Restaurant und bekam einen Michelin-Stern. „Als ich vor
ich sie ihm ab.“
Jahren aus Unna in die damalige kulinarische Diaspora von
Mainz ging, belächelten mich meine Freunde, ob ich doppelt
Ähnlich macht es Thomas Heinicke, der aus der Region vor
besoffen bin“, amüsiert sich Buchholz im Rückblick. Seitdem
allem knackige Salate, Kräuter und Gemüse bezieht. Von
baute sich der Fernsehkoch (u. a. VOX „Promi-Kocharena“)
einem Hofladen in Nieder-Olm, wo alle stolz mitmachen.
jedoch ein Netzwerk von Produzenten auf: „Rheinland-Pfalz
Die Qualität etwa des zart nussigen, gesunden Feldsalats ist
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Fotos: Knapp, privat (re.)
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Verfeinern das Bodenständige mit Riesenerfolg: Nicole Massoth und
Thomas Heinicke von Schloß Sörgenloch
Mainzer Top-Adresse seit über 20 Jahren:
der Bassenheimer Hof in einem traditionsreichen Winzerhaus
frappierend: „Da liegen Welten im Unterschied zur Super-
und Wohlfühlzimmer im Landhausstil. Der Rheingau wäre
marktware“, schwärmt Heinicke. Dazu ein Silvaner mit dem
sicher stolz auf solch ein Ensemble!
„Die-Landschaft-im-Glas-Gefühl“ – einfach, aber genial.
Auch wenn Schloß Sörgenloch und die Untermühle jenseits
Diese Herzlichkeit und Wärme strahlt auch die Untermühle in
von Mainz herausstechen, so gibt es mittlerweile doch gleich
Köngernheim aus. Bereits der Innenhof mit der alten Trauer-
mehrere neue und interessante kulinarische Adressen der Re-
weide gibt ein Gefühl von Geborgenheit. Denn die pittoreske
gion, für die sich ein Abstecher lohnt: etwa das Restaurant
ehemalige Wassermühle vermittelt ein rheinhessisches Sa-
Mundart in Saulheim von Markus Hebestreit, der authen-
voir-vivre, das ohne nervende Selbstinszenierung auskommt.
tisch, marktfrisch und präzise auf den Punkt kocht. Oder das
Hier zeigt sich exemplarisch eine der Stärken der Region, die
Restaurant MJ’s in Schornsheim. Ein Gesamtkunstwerk ist
sinnlich, aufgeschlossen und unverkrampft rüberkommt.
die Wöllsteiner Weinstube, stilvoll der Espenhof in Flonheim.
Die Vesperplatte reicht auch für zwei und bietet zehn leckere
Wolfgang Dubs setzt in Worms und in Osthofen noch immer
saisonale Köstlichkeiten. Die hausgemachten Fasanenbrat-
Akzente (Zum Schiffchen, Landhaus Dill). Und Frank Bruns-
würstchen mit Rieslingkraut, Trüffelpüree und violettem Senf
wig kreiert eine gehobene deutsche Küche im Restaurant der
sind ein dickes i-Tüpfelchen. Dazu Vinothek, Sonnenterrasse
Stadt Mainz in Harxheim.
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Weinsommer 2012
2.-3. Juni 2012
(Sa. 11-20 Uhr
und So. 11-18 Uhr)
Weinromantik 2012 im
idyllischen Gutsgarten
12. Mai 2012
8. September 2012
Weingut
Müller – Dr. Becker
Vordergasse 14-18
67592 Flörsheim-Dalsheim
Telefon: 06243-5524 | Fax: 06243-6227
E-Mail: [email protected]
www.mueller-dr-becker.de
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Vier Köche haben mittlerweile in Rheinhessen einen Miche-
wie viel Liebe Kauper kocht. Mein Sohn Max schwärmt noch
lin-Stern: Neben Frank Buchholz sind es Dirk Maus (Restau-
heute von dem Wildkräutersalat. Und wenn ein Kind das
rant Domherrenhof), der junge Tim Meierhans (Favorite Re-
sagt, dann heißt das auch was!“
staurant im Favorite Parkhotel) – und als jüngster Aufsteiger
Sebastian Kauper von Kaupers Kapellenhof in Selzen. Kau-
Auch im kulinarisch noch immer etwas unterentwickelten
per kocht für nur jeweils zwölf Gäste (siehe auch „Rezepte
Wonnegau gibt es gute Stuben. Keller besucht gerne die Villa
von Spitzenköchen“ auf Seite 16). Er spart aber auch nicht
Wolf in Westhofen: „Eine Weinstube, wie man sie sich nur
mit Kritik: „Die kulinarische Entwicklung hängt hinter der
wünschen kann! Mit einem Klavierspieler, einem leckeren
der Weine fünf bis zehn Jahre hinterher.“ Kauper empfin-
Schwartenmagen-Carpaccio vom örtlichen Metzger, frischer
det riesigen Respekt vor der Leistung der besten Winzer wie
Wurst mit Feldsalat.“ Oder das im Januar 2011 von Michael
Klaus-Peter Keller, der seinerseits Kauper sogar das Potenzial
Wiederstein eröffnete Restaurant M im Landhaus am Hei-
für den zweiten Stern zutraut: „Aber nicht um des Sternes
denturm in Dittelsheim-Heßloch: für Keller ein veritabler
willen. Sondern weil er es draufhat.“ Starwinzer Keller hat
Tipp! „Im Moment merkt man immer mal wieder, dass ein
sogar das Gefühl, „dass wir uns gastronomisch dort befin-
neues Lokal aufmacht“, so Keller, „und wenn man überlegt,
den, wo wir vor 15 Jahren beim Wein waren. Es gibt hin und
wie weit das Image von Rheinhessen und dem Rheingau
wieder richtig gute Sachen, aber die Wahrnehmung dafür ist
noch vor 20 Jahren auseinanderklaffte und dass in Mainz fast
flächendeckend noch nicht da. Bei manchen gilt Rheinhessen
nur Rheingauer Wein getrunken wurde, dann haben wir uns
kulinarisch leider immer noch als unberührtes Fleckchen.“
doch super entwickelt. Und die Gastronomen haben immer
Dabei öffnen sich gerade jetzt neue Horizonte.
mehr Mut neue Sachen auszuprobieren und schaukeln sich
gegenseitig hoch!“
Keller schwärmt von Entdeckungen wie dem Restaurant Zum
Goldenen Engel, wo Küchenchef Klaus Mayer die „Verfeine-
Genau dieser herzliche, freundschaftliche Wettbewerb und
rung des Bodenständigen“ betreibt. Mayer war bereits mit
offene Geist ist vielleicht der Schlüssel zur weinkulinarischen
24 Jahren Souschef im berühmten Drei-Sterne-Restaurant
Entwicklung in ganz Rheinhessen. Dafür steht das Quartett
Sonnora und bietet für Keller derzeit mit das beste Preis-
Buchholz, Heinicke, Jordan und Müller exemplarisch! „Hier
Leistungs-Verhältnis in der Region: „tolle Weine, geniale Rei-
in Mainz sind alle sehr offen“, lobt Buchholz, „ganz so wie
bekuchen“.
im Ruhrgebiet. Das findest du ganz selten in Deutschland,
dass es unter Kollegen so stattfindet.“ Pionier Michael Müller
Die „purste Nummer“ für Keller ist aber Sebastian Kauper,
spart ebenfalls nicht mit Anerkennung: „Frank kocht in einer
„der es geschafft hat, aus einem Gutsausschank ein Sternere-
ganz anderen Liga. Wir drehen das Stück dreimal um, Frank
staurant zu machen. Und eine neue rheinhessische Frische-
macht es vielleicht achtmal.“ Und Buchholz schmunzelt zu-
küche kreiert. Etwa mit tollen, alten Zwiebeln von einem
rück: „Mein erstes Kochbuch habe ich bei Michael im Bas-
hiesigen Bauern, die viel intensiver sind. Man schmeckt, mit
senheimer Hof vorgestellt. Das hieß ‚Jung, wild und anders‘.
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Fotos: Vesenbeckh, Knapp (3., 5. v. re.)
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Michael stellte sofort seine Küche zur Verfügung. Das war ja
Und seine Sterneküche setzt Trends. Die Kernfrage lautet für
auch nicht normal.“ Aber eben genau dieses Gemeinschafts-
Buchholz allerdings: „Wie komme ich mit meinem Produkt
gefühl belebt das Geschäft. „Frank hat etwas aufgewirbelt,
in die Zeit? Das schaffst du nur, wenn es außergewöhnlich
durch seine Kochschule eine neue Sicht beim Publikum ge-
ist.“ Da haben andere Regionen wie Württemberg mit den
öffnet. Bevor der Frank damit angefangen hat, hatte ich nie
Schupfnudeln oder Maultaschen als regionale Spezialitäten
eine Anfrage wegen Kochkursen.“
zwar einen Vorteil, wie die deutsche Weinkönigin Annika
Strebel aus Wintersheim meint. Aber Rheinhessen ist reiches
Dabei passt Buchholz bestens in die Region, weil er eben auch
Gartenland und hat kulinarisch Nachholbedarf. Schließlich
sehr bodenständig ist: „Ich komme aus einer Region, wo im-
wohnen hier am Rand des Rhein-Main-Gebiets auch viele Zu-
mer schon hart gearbeitet wurde. Ich hätte das Haus in Gon-
gereiste, die eine moderne und zeitgemäße Küche schätzen.
senheim nie gekauft, wenn es kein Sandstein gewesen wäre.
„Besonders die hochwertigen Gerichte mit Jakobsmuscheln,
Die Küche war früher ein Schweinestall, der Weinkeller ein
Wolfsbarsch oder geschmorten Ochsenbacken laufen“, be-
Kartoffelkeller.“ Heute ist Buchholz das Flaggschiff in der Re-
richtet Markus Hebestreit vom neuen Restaurant Mundart
gion: Sein neues Restaurant Bootshaus auf dem Gelände des
in Saulheim. Es ist also noch mehr gastronomischer Mut ge-
Rudervereins im Winterhafen ist ein Riesenerfolg – auch dank
fragt! Und das durchaus auch zur Mittagszeit ...
neu interpretierter deutscher Klassiker wie Rinderroulade.
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Foto: Knapp
Gesellschaftlich ist dieses Thema aber längst noch nicht abgehakt. Da sind sich die vier einig. XXL-Happen zum möglichst günstigen Kurs seien einfach hanebüchen! „Das Wertegefühl in Deutschland ist falsch gesetzt“, mahnt Buchholz,
„bei der Nahrung wird noch immer zu viel gespart, obwohl
alle drüber reden und die Kochshows täglich kommen. In vielen Ländern ist der Koch der Star, in Italien ist es das Produkt.
Wenn du immer nur etwas kriegen möchtest, was total günstig ist, kann das doch gar nicht funktionieren.“
„Eine gute Flasche Wein, nicht zu viel auf dem Teller, aber
einfach etwas Gutes – das muss reichen“, sagt Gerhard Jordan. Und Buchholz nickt: „Der alte Name für Gastronomie
ist Gasthaus. Früher bist du raus, mit Kochjacke, hast den
Bückling gemacht, heute sind die Gespräche anders geworden. Der Gast weiß mehr als früher. Neulich fragte mich doch
sogar so ein junges Mädel, was ich eigentlich alles über die
Riesenerfolg am Mainzer Winterhafen – auch dank neu interpretierter deutscher
Klassiker: das Restaurant Bootshaus von Frank Buchholz
Steckrübe weiß. Da musste ich schon schmunzeln!“
Was wir brauchen, ist eben echtes Feeling für das Essen. Freu-
„Unter dem Strich aber ist es wichtig, dass du ein sauberes
de am einfach Guten. Aber auch lockere Atmosphäre. „Die
Produkt bekommst“, mein Gerhard Jordan, und Michael Mül-
Leute wollen unterhalten werden“, sagt Heinicke, „das ist es,
ler spannt stilistisch einen weiten Bogen von den Anfängen
was wir mögen. Ich sage zu meinen Gästen auch schon mal
bis heute: „Früher war an jedem Teller Balsamico und die
Patienten. Ich frage dann wie ein Arzt, ob ich eine Weinemp-
Leute fanden es toll. Heute kochen wir puristischer, ohne
fehlung als Infusion setzen darf. Und ob man mir auch bei der
das obligatorische Petersiliensträußchen. Wir sind einfacher
passenden Speisenempfehlung vertraut. Das funktioniert
geworden, mehr produktbezogen. Am Anfang haben wir
tatsächlich. Aber nur, wenn es locker und unprätentiös herü-
gedacht, wir müssen Effekthascherei betreiben. Eine Soße
berkommt. Es geht um gegenseitiges Vertrauen, aber auch
bereiten wir heute anders zu, mehr mit Wein, Essig, frischen
um Fürsorge. Das ist quasi wie in einer Praxis. Nur dass es bei
Kräutern. Wir schätzen jetzt eine gewisse Leichtigkeit und
uns statt bitterer Pillen das schönste Himbeer-Paprikasorbet
sind zu lange der Nouvelle Cuisine hinterhergelaufen. Das
mit einem genialen Riesling-Kabinett vom Weingut Maximin
war früher einfach zu fettig.“
Grünhaus von der Mosel auf Rezept gibt ...“
Tatsächlich bietet der Bassenheimer Hof genau das: fein
Alle vier am Tisch grinsen mächtig. Zum Glück ist im wein-
abgestimmte Kompositionen, etwa butterzart pochiertes
seligen Rheinhessen nicht alles so bierernst und die Gast-
Tafelspitz. Das Credo lautet: „Eine gemeinsame gastrono-
lichkeit so herzerfrischend herzlich. Sonst wäre der einstige
mische Philosophie wird in eine Atmosphäre übersetzt, die
Küchensklave Thomas Heinicke wohl schon vor Jahren wut-
für Entspanntheit, Loslassen und Lust am Genuss für ein
schnaubend von dem Kühlschrank im Augustiner herunter-
breites Spektrum von Gästen steht.“ Dazu eine formidable
gesprungen! Weinkarte, auch mit fair bepreisten internationalen Klassikern. Für Müller ist „Zurückhaltung ebenso eine Maxime
wie das kontinuierlich gesetzte Niveau“. Doch auch das war
VivArt Service
für den kulinarischen Wegbereiter in Mainz letztendlich ein
www.ambassenheimerhof.de
www.frank-buchholz.de
www.jordans-untermuehle.de
www.schloss-soergenloch.de
langjähriger Lernprozess: „Wir haben früher zu viel an der
Quantität gemessen.“
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