28 Mit Blick auf ganz Russland

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28 Mit Blick auf ganz Russland
FIRMENPORTRÄT
Mit Blick auf
ganz Russland
20 Produktionsstätten des
Unternehmens
} 11 Bäckereien in Finnland
Die Bakery-Division der finnischen Fazer
} Fazer Mill&Mixes in Finnland
Group (Helsinki) ist seit zehn Jahren in
} 2 Bäckereien in Schweden
} 1 Bäckerei in Estland
Russland aktiv. Zeit, ein Resumée zu ziehen,
} 1 Bäckerei in Lettland
} 1 Bäckerei in Litauen
zumal Fazer nach neun Jahren Beschrän-
} 3 Bäckereien in St. Petersburg
kung auf St. Petersburg 2005 den ersten
} 1 Bäckerei in Moskau
Schritt nach Moskau machte. Mit Markku
Numminen, Generaldirektor von Fazer
Bakeries, sprach Chefredakteurin Hildegard
M. Keil.
Keil: Herr Numminen, seit zehn
Jahren gehören auch russische
Backwarenhersteller zu ihrer
Gruppe, aber erst im vergangenen Jahr haben Sie erstmals
außerhalb von St. Petersburg
zugekauft. Was war der Grund?
Numminen: Wir haben eine sehr
viel längere Verbindung zu Russland. Die Keimzelle unseres Unternehmens war schließlich ein
russisch-französisches Café, das
Karl Fazer 1891 in Helsinki gegründet hatte. Darüber hinaus
haben wir viele Jahrzehnte Waren
nach Russland exportiert.
Markku Numminen
Keil: Russisch-französisches Café, was war der Grund
für diese Bezeichnung?
Numminen: Karl Fazer hatte einen Teil seiner Wanderjahre in St. Petersburg, Paris und übrigens auch in Berlin verbracht. Aber kommen wir zurück zu Ihrer Frage.
In den 90er Jahren haben wir Hlebny Dom in St. Petersburg übernommen, später zwei weitere, kleinere Bäckereien. Aber schon um die Jahrtausendwende zeichnete
sich ab, dass die Wachstumsmöglichkeiten in der Region Petersburg irgendwann erschöpft sein würden. Wir
haben deshalb bereits 2000 angefangen, nach neuen
Möglichkeiten Ausschau zu halten.
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brot und backwaren 1/2007
Keil: In der Zwischenzeit hat sich viel getan, in der Moskauer Brotszene wie auf dem Absatzmarkt. Nationale
Handelsketten haben sich entwickelt, internationale
haben den Markt für sich entdeckt und drängen nach
Russland. Inwieweit hat das Ihre Entscheidung für Moskau beeinflusst?
Numminen: Sicherlich. Die Konsolidierung auf dem
russischen Retail-Markt ist in vollem Gange und sehr
temporeich. Uns war klar, dass wir in diesem sich schnell
entwickelnden Handel mittelfristig nur ein seriöser
Partner sein können, wenn wir national agieren. Die
meisten Handelsunternehmen haben ihren Hauptsitz
in Moskau, und deshalb sind auch wir nach Moskau
gegangen.
Fazer in Russland
}
}
}
}
Hlebny Dom, St. Petersburg (1997)
Murinsky, St. Petersburg (2002)
Vasileostrovsky. St. Petersburg (2002)
Zvezdny, Moskau (2005)
Keil: Zvezdny, das Unternehmen in Moskau, das Sie im
vergangenen Jahr übernommen haben, ist einer der
größten TK-Pizza- und TK-Teig-Hersteller in Russland,
weniger ein Frischbrot-Produzent…
Numminen: Mit dem Kauf haben wir ein Investitionsprogramm für Zvezdny aufgelegt, dessen Schwerprunkt
Frischbrot ist. Ende 2007 werden voraussichtlich sechs
Linien dort laufen, und das muss nicht das Ende unseres
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Engagements auf dem Moskauer Frischbrotmarkt sein.
Keil: Wo stehen Sie mit Zvezdny jetzt und welche Hausnummer peilen Sie an?
Numminen: Um zu den Marktführern zu gehören, brauchen Sie einen Marktanteil von mindestens 15%. Zvezdny steht, wenn alle Linien laufen, für rund 5% des
Frischbrotmarkts. Wir haben die Absicht, auch in Moskau zu den Marktführern zu gehören, und von einem
Standort allein ist das bei der Verkehrsdichte dort schon
logistisch nicht zu schaffen.
Fazer Group –
Umsatz 2006 insgesamt rund 1 Mrd. €
} Fazer Amica – führende Foodservice-Gruppe in
Skandinavien, Estland und Lettland,
Umsatz 2006: 514 Mio. €
} Fazer Bakeries – Umsatz 2006: 422 Mio. €
} Fazer Candyking – Süßwarenhersteller Skandinavien
und UK, Umsatz 2006: 125 Mio. €
Keil: Mit Nasdjuscha und Tscheremuschki gibt es in
Moskau zwei große Anbietergruppen auf dem Brotmarkt.
Haben die beiden noch lohnenswerte Kaufobjekte für
Sie übrig gelassen?
Numminen: Wir haben uns noch nicht entschieden, ob
wir kaufen, ein Joint Venture eingehen oder in Moskau
neu bauen. Aber es gibt zweifellos noch eine Reihe von
interessanten unabhängigen Unternehmen, die sich
sowohl was die Produktionskapazitäten, das Produktsortiment wie auch Organisation und Management
anbelangt, marktgerecht entwickelt haben. Allerdings
gibt es auch eine ganze Reihe, die vom Markt verschwinden werden. Übrigens sollten Sie nicht vergessen, dass
wir auch von St. Petersburg einen „breiten“ Fuß auf dem
Moskauer Markt haben. Wir liefern täglich rund 40 bis
50 t Backwaren nach Moskau.
Keil: Bedeutet das, dass Fazer künftig in Moskau und
nicht mehr in St. Petersburg investieren wird?`
Numminen: Nein, das ist keine Frage von entweder oder.
An beiden Standorten arbeiten wir derzeit an der Kapazitätsgrenze und wir werden unsere Position an beiden
Standorten ausbauen.
Keil: St. Petersburg ist für Fazer eine sehr große Erfolgsstory. Es ist kein Geheimnis, dass Fazer Bakeries dort
bessere Renditen erzielt als in allen anderen Ländern.
Worin ist das begründet?
Numminen: Als wir Hlebny Dom 1997 übernahmen,
stellte man dort 10 Sorten Brot her, heute umfasst das
Sortiment 250 verschiedene Produkte. 2000 machten
wir in St. Petersburg mit einer Fabrik 25 Mio. € Umsatz,
2003 mit drei Werken 53 Mio. € und im vergangenen
Jahr waren es dort 110 Mio.€.
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Das Sortiment wurde aber nicht nur erweitert. Heute
ist nahezu alles Brot, das Hlebny Dom herstellt, verpackt.
70 bis 80% der Brote sind geschnitten. Der Hygienestandard ist sehr hoch etc. Aber bei all diesen Veränderungen haben wir die Produktionsprozesse beibehalten
und uns damit beim Brotgeschmack auch bei den neuen
Produkten an den russischen Vorlieben orientiert. Wir haben darüber hinaus finnische und
schwedische Produkte für den russischen
Markt adaptiert, wie beispielsweise Berry
Pies, schwedisches Flachbrot oder portioniertes, dunkles Brot. Dazu kommt, dass wir unsere Logistik beherrschen.
Keil: Wie haben Sie das praktisch umgesetzt?
Haben Leute aus Finnland das Regime bei
Hlebny Dom übernommen?
Numminen: Das wäre ein Fehler gewesen.
Es gehört zu unseren Grundsätzen, die Kultur
eines Landes nicht aus dem Betrieb zu verdrängen.
Wir haben in Russland ein russisches Management.
Natürlich arbeiten die Betriebe eng mit Finnland zusammen und bekommen jede Unterstützung. Menschen,
die in der Kultur eines Landes aufgewachsen sind, bewegen sich in diesem Land wie ein Fisch im Wasser.
Wenn wir über Kultur reden, dann kann ich sagen,
dass wir heute in Russland die gleichen Werte im
Unternehmen pflegen wie in allen Ländern,
in denen wir vertreten sind.
Keil: Worauf führen Sie die höhere Rentabilität der
Werke in Russland zurück?
Numminen: Russland ist im Moment ein heißer Markt,
einerseits ein Wachstumsmarkt, was den Konsum und
die Ausdehnung der eigenen Aktivitäten betrifft, andererseits einer, der mitten in der Konsolidierungsphase
steckt, was die Anbieter und den Handel betrifft. Der
Food Markt in Russland wächst jährlich um 7%. In
St. Petersburg produzieren wir jährlich mit drei
Fabriken 130 Mio. kg, in Finnland produzieren
wir in elf Fabriken gerade mal 73 Mio. kg. Das
bringt natürlich auch Größenvorteile. In Finnland
produzieren wir 400 Sorten täglich, in Russland sind
es rund 250.
eines nationalen Markts. Glauben Sie, dass in diesem
riesigen Land in absehbarer Zeit so etwas wie ein nationaler Markt entstehen wird?
Numminen: Wenn die Konsolidierung des Handels in
dem Tempo fortschreitet wie bisher, bin ich sicher, dass
wir das sehr bald erleben. Es gibt Bestrebungen des
Handels, nationale Netze aufzubauen, und wenn das
geschieht, braucht der Handel nationale Lieferanten.
Keil: Sie setzen auf den modernen organisierten Handel.
Noch gibt es auch in Moskau sehr viele so genannte
unabhängige Händler, die morgens das Brot gegen
Bargeld aus der Brotfabrik abholen und über Kioske an
Bahnstationen etc. verkaufen. Werden die verschwinden?
Numminen: Ein großer Teil davon wird sicherlich
verschwinden. Die russischen Verbraucher haben
zunehmend mehr Geld zur Verfügung und sie verändern
deutlich ihr Einkaufs- und Konsumverhalten. Nehmen
Sie den Brotverbrauch. Früher lag der auch in den
Großstädten bei mehr als 100 kg pro Kopf und Jahr.
Inzwischen hat sich das den Werten der europäischen
Länder angeglichen und liegt irgendwo zwischen 60 und
70 kg pro Kopf und Jahr. Die russischen Verbraucher
sind sehr offen, wenn es darum geht, neue Dinge auszuprobieren. Wir haben in St. Petersburg eine ganze
Reihe neuer Produkte eingeführt, eine Reihe von Brötchen, Krajushki-Brot, ein portioniertes Roggenbrot mit
einer längeren Haltbarkeit, oder auch Lavash, ein schwedisches weiches Flachbrot, allesamt sehr erfolgreich.
Keil: Wenn sich die Konsumgewohnheiten annähern,
wie sieht es dann mit dem Foodservice-Markt in Russland
aus. Ihre Schwestergesellschaft Fazer Amica ist neuerdings
auch in Russland vertreten. Wird daraus vielleicht sogar
ein gemeinsames Standbein von Fazer Amica und Fazer
Bakeries, etwa in Form einer Sandwichkette?
Numminen: Fazer Amica ist gerade erst in St. Petersburg
gestartet und das Geschäft ist noch klein. Pläne, so wie
Sie sie skizzieren, gibt es derzeit nicht. Aber es ist durchaus ein reizvoller Gedanke. Hier in Finnland sind wir
natürlich ein wichtiger Lieferant. Amica kauft rund drei
Viertel ihres Brotbedarfs bei uns.
Keil: Wie sieht es mit dem Bake-off-Markt aus?
Keil: Im Zusammenhang mit der Entwicklung des
Handels sprachen Sie vorhin von der Entstehung
Umsatz, Volumen, Marktanteil
Umsatz 2006
Produktionsvolumen p.a.
Marktanteil
St. Petersburg
109 Mio. €
130 Mio. kg
35%
Moskau
36 Mio. €
34 Mio. kg
6% (Frischbrot inkl. Lieferungen aus St. Petersburg)
Baltikum
30,86 Mio. €
36,57 Mio. kg
14%
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Numminen: Wir sind in diesem Markt bislang noch
nicht vertreten. Aber wir glauben, dass er gute Wachstumschancen hat, vor allem im Gastronomie-Sektor.
Noch gibt es nicht sehr viele Anbieter und die, die dort
sind, importieren die Ware.
Keil: Wenn Sie nationaler Lieferant sein wollen, wird
es nicht reichen, in St. Petersburg und Moskau zu produzieren. Welche Stadt wird denn Ihr nächstes Ziel sein?
Numminen: Eins nach dem anderen. Wenn ich von einer
nationalen Distribution spreche, dann ist zunächst ein-
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Fazer im Baltikum
} Fazer Esesti AS, Estland (1993)
} SIA Fazer Maiznicas, Lettland (2001)
} UAB Fazer Kepyklos, Litauen (2001)
mal das Gebiet westlich des Urals gemeint. Mittelfristig
würde das bedeuten, sich im Süden Russlands zu engagieren. Aber noch ist es für uns nicht so weit.
Keil: Zvezdny ist einer, wenn nicht der bedeutendste
Anbieter von TK-Pizzen in Russland, kann man da schon
von einer nationalen Distribution sprechen?
Numminen: Zvezdny ist sicherlich
der größte russische Hersteller von
TK-Pizzen, aber vielleicht nicht der
größte Anbieter. Dr. Oetker beispielsweise beliefert den russischen
Markt aus seinem Werk in Polen.
Aber wir haben das tatsächlich untersucht. In den 19 größten Städten
Russlands ist die Pizza von Zvezdny
in 60% aller Supermärkte etc. vertreten. Das kann man durchaus als
nationale Distribution bezeichnen.
Numminen: Wir glauben an einen wachsenden Markt in
Russland. Dabei wird sich der Markt öffnen und internationalisieren, im Handel ebenso wie auf der Produzentenseite. Gleichzeitig wird die Konsolidierung sich fortsetzen, ebenfalls auf beiden Seiten. Es wird zwei bis vier
große Player am Markt geben und eine Reihe von kleineren
und mittleren Unternehmen, die regional agieren oder
Spezialitäten herstellen. Das größte Hindernis, das ich
sehe, ist der zunehmende Verkehr in den Städten, der die
Distribution der Waren erschwert. Auf jeden Fall bleibt
Russland ein spannender, heißer Markt.
Keil: Herr Numminen, ich danke Ihnen für dieses Gespräch.
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Keil: In den baltischen Ländern lag
der Marktanteil der Fazer Bakeries
bisher bei 10%. Sind diese Märkte
weniger wachstumsstark?
Numminen: Diese Länder haben
natürlich sehr viel weniger Einwohner. Aber unser Wachstum würde
ich auch dort als gut bezeichnen.
Hlebny Dom hatte vor zehn Jahren
einen Marktanteil von 12 bis 13%,
heute liegt der Wert fast dreimal so
hoch. In Lettland, wo wir uns 2001
engagiert haben, lag der Marktanteil
damals bei 4%. In den zurückliegenden vier Monaten haben wir dort
einen Anteil von 19% erreicht. In
Litauen, wo wir ebenfalls 2001 eingestiegen sind, lag der Marktanteil
damals bei rund 2%. Heute sind es
10 bis 11%. Im Baltikum ist allerdings der Wettbewerb deutlich härter und preisorientierter, ähnlich wie
in Westeuropa. In der Summe zeigt
das Baltikum ein jährliches Wachstum von 20%.Wir sind damit nicht
unzufrieden.
Keil: Kommen wir noch einmal auf
den russischen Markt zurück. Was
sind Ihrer Einschätzung nach die
Eckpunkte der Entwicklung in den
nächsten Jahren?
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