Langzeitpflege von Menschen im Wachkoma
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Langzeitpflege von Menschen im Wachkoma
Bildungsakademie und Wissenschaft im Gesundheitswesen Langzeitpflege von Menschen im Wachkoma mit Focus auf den Nachtdienst Facharbeit zur schriftlichen Prüfung zur Pflegeexpertin für Menschen im Wachkoma Erstellt von Birgit Cherief Kurs Wk 07 Limburgerhof Prüfer : Marcello Ciarrettino Inhaltsverzeichnis 1.Vorwort....................................................................................................... S.3 2. Einleitung.....................................................................................................S.4 3.Wachkoma....................................................................................................S.5 3.1. Historisches zum Begriff...........................................................................S.6 3.2. Ursachen................................................................................................... .S.7 3.3. Symptome................................................................................................... S.8 3.3.1.Remisionsphasen..................................................................................... S.9-12 3.4. Prognosen.................................................................................................. S.12-13 4. Neurologische Rehaphasen........................................................................S.14 4.1. Phasen A-G..................................................................................................S.14-15 4.2. Besonderheiten und Ziele der Phase F........................................................S.16 5. Pflege in Langzeiteinrichtungen.................................................................S.17 5.1. Bisherige Möglichkeiten der Langzeitpflege............................................. S.17 5.2. Anforderungen an die Langzeitpflege....................................................... S.17-18 5.2.1. Räumliche Anforderungen....................................................................... S.18-19 5.2.2. Besondere Anforderungen an das Pflegepersonal...................................S.19-20 6. Pflege in der Nacht..................................................................................... S.21 6.1. Nachtarbeit.................................................................................................S.21 6.2. Besonderheiten der Pflege in der Nacht .....................................................S.21-22 6.3. Besondere Anforderungen an das Pflegepersonal im Nachtdienst.............S.22 6.4. Die Nacht für den Menschen im Wachkoma..............................................S.22-23 6.5. Spezielle Anforderungen an den Nachtdienst in der Langzeitpflege.........S.23-24 6.5.1. Kompetenzen der Pflegenden in der Nacht.............................................S.24-25 7. Fazit...............................................................................................................S.25 8. Quellenverzeichnis.......................................................................................S.26 1 Hoffnung ( von Vaclav Havel ) Hoffnung ist nicht dasselbe wie die Freude darûber, das sich die Dinge gut entwickeln Sie ist auch nicht die Bereitschaft, in Unternehmen Unternehmen zu investieren, deren Erfolg in naher Zukunft absehbar ist Hoffnung ist vielmehr die Fähigkeit, fûr das Gelingen einer Sache zu arbeiten Hoffnung ist auch nicht dasselbe wie Optimismus Sie ist nicht Überzeugung, dass etwas klappen wird, sondern die Gewissheit, Gewissheit, dass etwas seinen guten Sinn hat, egal wie es am Ende ausgehen wird. Hoffnung alleine ist es, die uns Kraft gibt zu leben, immer wieder neues zu wagen, selbst unter Bedingungen, die uns vollkommen hoffnungslos erscheinen Das Leben ist viel zu kostbar, kostbar, als dass wir es entwerten dûrften, indem wir es leer und hohl, ohne Sinn, ohne Liebe und letztendlich ohne Hoffnung verstreichen lassen. 2 1.Vorwort Seit über 20 Jahren bin ich in einem Alten- und Pflegeheim als Dauernachtwache tätig. In unserem Haus wurden zeitweise 154 Bewohner betreut. In den letzten 15 Jahren waren auch Menschen im Wachkoma dabei. Meist alte Menschen, die als Folge einer Reanimation oder eines Apoplex im Wachkoma lagen. Diese Bewohner waren zwar auf einem Wohnbereich, jedoch in so genannten Streubetten untergebracht. Dies soll sich nun ändern. Das Alten- und Pflegeheim befindet sich momentan in einer Umbauphase. Danach wird es einen Wohnbereich mit 16-18 Betten für Bewohner im Wachkoma und beatmungspflichtige Bewohner geben. Meine Ausbildung zur Krankenschwester liegt über 20 Jahre zurück. Langzeitpflege von Menschen im Wachkoma war damals kaum ein Thema. Mit der Pflege dieser Menschen wurde ich irgendwann konfrontiert. Die Pflege war hauptsächlich eine „Satt und Sauber“ Pflege und regelmäßiges Lagern war das Wichtigste. Da ich nur im Nachtdienst tätig bin, muss ich meistens meine Entscheidungen alleine treffen. Trotz der hohen Verantwortung die Pflegende in der Nacht tragen, ist es für die Meisten nur ungeliebter und unbeachteter Dienst. Mit meiner Arbeit möchte ich andere Pflegende für das Thema der Langzeitpflege von Menschen im Wachkoma, speziell in Pflegeheimen, aber auch für die Besonderheiten dieser Pflege im Nachtdienst sensibilisieren. Bei der Vorbereitung dieser Facharbeit ist mir aufgefallen, dass es über die Pflege in der Nacht sehr wenig Literatur gibt. 3 2. Einleitung In meiner Arbeit beschäftige ich mich mit der Langzeitpflege ( Phase F ) von Menschen im Wachkoma. Auf finanzielle Aspekte werde ich nicht eingehen, denn das würde für eine weitere Arbeit reichen. Ich werde erklären was ein Wachkoma ist und was der Begriff „Apallisches Syndrom“ bedeutet, was Langzeitpflege ist. Ich werde Möglichkeiten zur Verbesserung der Pflege im Heim aufzeigen. Dies ist notwendig da auf Grund verbesserter Intensivmedizin immer mehr Menschen mit schweren Schädelhirnschäden überleben, aber dann Plätze für eine Langzeitpflege benötigen. Pflegeheime nehmen vermehrt diese Menschen auf und die Anforderungen an die Pflegekräfte steigen. Ich beschäftige mich damit was Langzeitpflege von Menschen im Wachkoma heute im Gegensatz zu früher bedeutet. Welche Fähigkeiten sollten Pflegende haben, und welchen Anforderungen müssen sie gerecht werden. Es muss in jedem Fall rehabilitierende Pflege geleistet werden. Besonderes Augenmerk lege ich auf die Pflege in der Nacht, da diese meistens im Verborgenen geschieht, obwohl sie ein wichtiger Bestandteil gerade der Langzeitpflege ist. Welche Aufgaben Pflegende dabei in der Nacht haben und über welche Kompetenzen sie verfügen müssen. 4 3.Wachkoma Ich kann mir keinen Zustand denken, der mir unerträglicher und schauerlicher wäre, als mit schmerzerfüllter Seele der Fähigkeit beraubt zu sein, ihr Ausdruck zu verleihen ( Montaigne ) • Wachkoma kann jeden von uns treffen • Wachkoma ist eine menschenmögliche extreme Lebensform, eingetreten nach einer schweren Hirnschädigung • Wachkoma für nicht Betroffene ein weit entferntes Thema • Lebensphase an der Betroffene und Angehörige wachsen oder Wachkoma zerbrechen können. • Wachkoma ist kein passiver Zustand sondern eine Schutzreaktion des Körpers auf ein außergewöhnliches Trauma • Wachkoma beeinträchtigt die Wahrnehmungsfähigkeit • Wachkoma ist der Verlust der Fähigkeit sich adäquat ausdrücken zu können und mit Außenstehenden und der Umwelt in verständlicher Form in Kontakt zu treten. • Wachkoma kein Fall ist wie der andere • Wachkoma heißt Angewiesensein auf völlige Hilfe anderer • Wachkoma es ist nichts mehr wie es war • Wachkoma kann Stunden aber auch Jahre dauern • Wachkoma das Heute bewusst leben weil, das Morgen völlig offen ist 5 3.1. Historisches zum Begriff „Apallisches Syndrom“/ Wachkoma Als erster führt der deutsche Neurologe E. Kretschmer im Jahr1940den Begriff „Apallisches Syndrom“ in die Literatur ein. Er beschreibt diese Patienten unter anderem so: „Sie sind wach und die Augen geöffnet. Der Versuch ihre Aufmerksamkeit auf etwas zu lenken gelingt nicht oder höchstens ansatzweise. Sie sind unfähig zu sprechen, zu erkennen oder sinnvolle Handlungen in ehemals erlernter Form auszuführen. Bestimmte vegetative Elementarfunktionen sind aber erhalten. Außerdem treten bekannte Tiefenreflexe hervor (Saug- oder Greifreflex).“( Steinbach& Donis S.4) Er ging davon aus, dass Funktionen des Großhirns die im Gehirnmantel lokalisiert sind weitgehend ausgefallen oder blockiert sind (Pallium = Gehirnmantel, apallisch = ohne Gehirnmantel). Die Funktionen des Hirnstamms mit seinen lebenswichtigen Zentren sind jedoch meist erhalten, daher auch apallisches Syndrom. Nach E. Kretschmer hörte man fast 3 Jahrzehnte nichts über dieses Krankheitsbild. Erst der österreichische Neurologe F. Gerstenbrand beschäftigte sich wieder mit diesem Thema. In seinem Buch “Das traumatische apallische Syndrom“ beschreibt er im Jahr1967, klinische Bilder und Remissionsstadien, die bis heute gültig sind. Im Jahr 1972 beschrieben die Amerikaner Jennett und Plum das gleiche Krankheitsbild. Auf Grund der oft im Vordergrund stehenden enthemmten vegetativen Funktionen gaben sie ihm den Namen „vegetative state“. Trat keine klinische Besserung nach einem Monat ein, nannte man es“ persistent vegetative state und bei keiner Besserung nach einem Jahr dann „permanent vegetativ state“:1996 wurde empfohlen die Begriffe persistent und permanent zu streichen, da diese ohne es zu wollen prognostische Begriffe waren. Sie vermitteln den Eindruck dass nichts mehr am Zustand dieser Menschen ändern wird. Wobei wir heute wissen das Änderung und Besserung noch nach Jahren eintreten kann. 6 3.2. Ursachen: Laut Armin Nentwig, MdL, Vorsitzender des Bundesverbandes SchädelHirnpatienten in Not, fallen jährlich 40.000 Patienten für 1-2 Wochen ins Koma 20.000 Patienten verbleiben jährlich 3-4 Wochen im Koma. Ca. 3.000 Wachkomapatienten der Phase F kommen jährlich neu hinzu. Dies führt zu einer bundesweit konstanten Gesamtzahl von ca. 5.000 Wachkomapatienten. Die Ursachen können sehr unterschiedlich sein. Wir können grundsätzlich 2 Ursachengruppen unterscheiden: traumatisch bedingtes Wachkoma • dazu gehören Gewalteinwirkungen die zur Schädigung der Gehirnrinde führen oder zur Zerstörung der Verbindungsbahnen zum Hirnstamm- primär traumatisch, oder sekundär traumatischen- dabei kommt es durch die folgende zusätzliche Hirnschwellung zu einer nochmaligen Druckschädigung der Hirnrinde. nicht traumatisch bedingtes Wachkoma • Hirninfarkt (Gefäßverschluss, Blutungen) • Zustände nach hypoxischer Genese z.B. Ertrinkungsunfälle, Narkosezwischenfälle, Zustände nach Reanimation, suizidale Handlungen • Tumore • entzündliche Gehirnerkrankungen (Encephalitis) Aber in Folge kommt es immer zu einer Schädigung des Hirns. Das Stammhirn welches Kreislauf und Atmung steuert bleibt davon unbeeinflusst. Jedoch die Verbindung zum Großhirn, das als Sitz des Gedächtnisses und des Bewusstseins gilt und der Koordination der verbalen Kommunikation dient ist weitestgehend unterbrochen. Das Wachkoma entwickelt sich immer nach einem längeren Koma. Es kann Stunden aber auch Jahre dauern. 7 3.3. Symptome Das Wachkoma ist durch folgende Symptome gekennzeichnet: • Wiederkehr der Spontanatmung(muss manchmal unterstützt werden). • Schlaf- Wachrhythmus, meist noch in Abhängigkeit von Erschöpfung • Kein Fixieren • Keine absichtsvolle Kontaktaufnahme zur Umwelt • Keine sinnvolle Reaktion auf Ansprache und Berührung Wobei die Beurteilung einer „sinnvollen“ Reaktion immer nur subjektiv sein kann. Auch die Interpretation warum eine Bewegung erfolgt, ob willkürlich oder eigene Kontaktaufnahme zur Umwelt, kann nur subjektiv sein. Wachkoma muss man vom Koma und Locked- in- Syndrom unterscheiden.. Koma: anhaltende Bewusstlosigkeit, keine Schlaf-Wach- Phasen, selten länger als vier Wochen dann kehrt das Bewusstsein entweder langsam zurück oder es entsteht ein Apallisches Syndrom oder der Patient verstirbt. Locked- in- Syndrom: entsteht durch Unterbrechung aller Bahnen vom Rückenmark und Hirnstamm zum Gehirn meist durch Blutung oder Schlaganfall verursacht, das Bewusstsein ist völlig intakt, ein normaler Schlaf- Wach- Rhythmus besteht. Der Patient ist aber völlig Bewegungsunfähig, er kann nicht Sprechen und Schlucken, lediglich die Augen bewegen diese sind aber meist geschlossen. Die Differentialdiagnose zum Apallischen Syndrom gestaltet sich schwierig da auch diesem Krankheitsbild ein Koma vorausgeht. 8 3.3.1. Remissionsphasen (nach Gerstenbrand 1967) ( Arbeitsfolien von BaWiG ) Vom Koma bis zum vollen Bewusstsein durchläuft der Patient 7 Remissionsphasen. Zwischen den Phasen bestehen meist fliesende Übergänge. Die Dauer der Phasen kann sehr unterschiedlich sein. Nicht alle Patienten durchlaufen alle Phasen manche verbleiben auch in frühen Stadien. Die Rückbildung kann sehr früh eintreten oder auch nach langem Bestehen eines Apallischen Syndrom ab der 2. Remissionsphase sprechen wir nicht mehr vom Zustand Wachkoma sondern vom Prozess Wachkoma. 1. Koma –kein Öffnen der Augen 2 .Coma Vigile- Wachkoma- Apallisches Syndrom ( Zustand Wachkoma ) • keine emotionale Reaktion • lange Schlaf- und kurze Wachphasen in Abhängigkeit von Belastungsmomenten Augen sind für längere Zeit geöffnet • Reflektorische Primitivmotorik auf Schmerzreize und pflegerische Handlungen • Motorische Primitivschablonen im Sinne von Massenbewegungen auf äußere Reize • Wischbewegungen, orale Mechanismen • Ausgeprägter Muskeltonus (Spastik) 3. Primitiv- Psychomotorische Phase ( Prozess Wachkoma ) • Undifferenziertes ängstliches Verhalten • Zunehmend differenzierter werdender ängstlicher Ausdruck in Augen und Mimik • Schwitzen • Wachphasen beginnen sich an Tageszeit zu orientieren • Patienten halten für kurze Zeit Blickkontakt • Bedingtes optisches Fixieren ist möglich, jedoch kein Erkennen (zunächst auf akustische, später auf optische Reize ) 9 • Patient beginnt den Kopf zu drehen • Psychomotorische Unruhe- Abwend-, Wisch- und Strampelbewegungenteilweise noch mit Massenbewegungen verbunden • Esstraining wird möglich • Rigider Haltungstonus wird lockerer 4.Phase des Nachgreifens (Prozess Wachkoma) • Ungeduldiges Verhalten bei der Pflege und in der Therapie • Erste mimische Reaktionen, ein Lächeln oder Schmollen können beobachtet werden • Sicheres optisches Fixieren und Folgen von Gegenständen und Personen, die sich im Gesichtsfeld des Patienten befinden • Es wird alles in den Mund gesteckt, allerdings ohne jegliche Absicht dahinter • Unmutsbrummen, „ein Lallen“ kann beobachtet werden • Gezieltere motorische Aktivitäten- Hand öffnen & schließen, allerdings noch mit fehlender Kraftdosierung- dies betrifft vor allem das Festhalten und Loslassen • Patient greift gezielter nach Gegenständen- greift aber auch gerne in das Essen • Nachlassen des Muskeltonus • Situative Desorientiertheit • Aphasie • Verfolgen von Gegenständen und Personen außerhalb des Gesichtsfeldes sind noch nicht möglich • Patient kann noch nicht auf verbale Aufforderungen reagieren. 5. Klüver- Bucy- Phase (Prozess Wachkoma) • Rasch wechselndes Affektverhalten mit zornigen Reaktionen und anschließendem Schmeichel- und Streichelverhalten • Gefühle wie Freude und später auch Trauer werden differenzierter • Bedingtes Sprach- und Situationsverständnis, Code Sprache ist möglich • Personen können bereits unterschieden und wieder erkannt werden. • Zunehmender Einsatz von Sprache, ja / nein, bei manchen Patienten ist die Sprache innerhalb kürzester Zeit wieder da. • Beherrschte Fähigkeiten setzen langsam wieder ein 10 • Koordination und Kraftdosierung werden sicherer und gezielte (Hand geben & wieder loslassen; Löffel halten und wieder gezielt ablegen; gute Rumpf und Kopfkontrolle; Gehen mit Hilfestellung; mit Einsetzen der Willkürmotorik oft gleichzeitige Entwicklung spastischer Bewegungsabläufe ) • Motorische Schablonen treten auf (z.B. Handkuss geben) • Esssucht • fehlendes Schamgefühl kann beobachtet werden • Desorientiertheit (zeitlich, örtlich, zur Person , situativ ) • fehlendes Realitätsbewusstsein & fehlende Kritikfähigkeit • Inkontinenz • Patient kann eigene Fähigkeiten und Möglichkeiten noch nicht richtig einschätzen 6.Korsakow Phase ( Prozess Wachkoma ) • Aufbau der Sprache • Orientierungsphase Personen erkennen • Bewusstwerden der eigenen Situation (Suizidgefahr ) • Abbau der Bewegungsschablonen • Bewusstwerden der eigenen Stimmung (Gefühlsleben erwacht wieder, es kann nun auch Trauer gefühlt werden, manisch depressive Stimmungslage) • Komplexe und koordinierte Bewegungsabläufe werden möglich • Eigeninitiiertes Handeln ist ansatzweise zu beobachten, freies Laufen • Einschätzen der eigenen Situation und damit Zukunftsperspektive gelingt dem Patienten nur vereinzelt • Ausfälle im Kurz- und Mittelzeitgedächtnis werden beobachtet • Häufig starke Diskrepanz zwischen der geistigen und motorischen Leistungsfähigkeit- letztere beeinträchtigt durch erhebliche Beuge- und • Streckspasmen. 7.Integrationsstadium ( Prozess Wachkoma ) • Die Orientierung ist weitgehend vorhanden und ein sinnvolles Handeln • ist möglich Der Patient kann Aufträge befolgen und somit ist eine sehr gute Mitarbeit in der Therapie möglich 11 • der Patient beginnt sich mit seiner Umwelt auseinander zusetzen und plant seinen Tagesablauf • Berufswünsche werden geäußert, Zukunftspläne werden geschmiedet, • der Patient orientiert sich verstärkt nach außen • Im Rahmen der motorischen Fähigkeiten wird der Patient zunehmend unabhängiger • in den meisten Fällen wird er Harn- und Stuhlkontinent • Einstellung zu sich selbst und zur eigenen Behinderung wird wieder „positiver“ • Teilweise Einschränkung durch : Gedächtnis- und Merkfähigkeitsstörungen, Konzentrationsschwäche, hochgradige Sehstörungen bzw. Blindheit, körperliche Behinderungen, Distanz- und Kritikschwäche, leichte Reizbarkeit & Ablenkbarkeit, mangelnder Antrieb, geringe Flexibilität 3.4. Prognose Definition Prognose (griech. Vorherwissen) Vorhersage und Voraussicht auf den Krankheitsverlauf und die Heilungsaussicht. in Bezug auf • Überleben (quoad vitam) • Gesundung (quoad valitudinem) • Wiederherstellung (quoad restitutionem) Qualität • Gut, schlecht, ungewiss, zweifelhaft, infaust Prognose des Wachkomas: unser Verhalten bestimmt die Prognose und die Prognose unser Verhalten ( Steinbach & Donis 2004 S. 12 ) Geht man von der Diagnose aus, das bei Menschen im Wachkoma nur noch das Stammhirn aktiv ist und der Ausfall der kognitiven Fähigkeiten irreversibel ist dann ist die Diagnose gleichzeitig Prognose. Zu Recht sind diese Meinungen heute bei weitem umstritten. 12 Es gibt wohl kaum ein Krankheitsbild bei dem trotz des wenigen Wissens soviel über die Prognose diskutiert wird. Natürlich ist die Prognose von wichtigen Faktoren abhängig. Ganz entscheidend ist die Ursache des Wachkomas. Man kann davon ausgehen das bei traumatischer Ursache keine Vorerkrankung bestand und die Patienten häufig jünger sind. Während bei nichttraumatischen Ursachen eine schwere organische Vorerkrankung bestand und auch weiter besteht- dies kann natürlich eine höhere Mortalität bedeuten. Auf Prozentzahlen möchte ich nicht eingehen da die Streubreite sehr hoch liegt. Außerdem sollten sie für die Qualität der Langzeitpflege irrelevant sein. Auch wissen wir heute, dass Anregung, soziale Beziehungen und Integration in das Umfeld viel zur Verbesserung des Zustandes dieser Menschen beitragen kann und somit die Prognose verbessern. Für uns kann nur wichtig sein die uns anvertrauten Menschen bestmöglich zu betreuen, ihr recht auf Leben zu schützen und ihnen eine adäquate Lebensqualität zu ermöglichen. Es ist nicht unsere Aufgabe zwischen prognostisch günstigem und prognostisch ungünstigem Leben zu entscheiden. Frau B. 13 4. Neurologische Rehaphasen Definition “Rehabilitation“ Habitare: lat. = wohnen, häuslich werden, sich niederlassen Habilitare lat. = befähigen, herstellen Re- habilitare lat.= wiederbefähigen, wiederherstellen (alter Stand, selbständiges Leben) Aufgabe der Neurorehabilitation Neurorehabilitation soll den Umorganisationsprozess des Gehirns durch Ermöglichung von Lernprozessen so unterstützen, dass die Anforderungen des Alltags wieder weitestgehend bewältigt werden können 4.1. Phasen A-G ( nach Verband Deutscher Rentenversicherungsträger 1995 ) Phase A: Akutbehandlung Rettungsdienst und Intensivstation Phase B: Frührehabilitation mit noch meist schweren Bewusstseinsstörungen. Der Patient ist inkontinent, künstlich ernährt, intensivmedizinische Behandlungsmöglichkeiten sollten noch vorgehalten werden. Die Patienten sind meist mit einem Luftröhrenschnitt (Tracheotomie) einer Ernährungssonde (PEG) und einem Harnableitungssystem (z.B. Blasenkatheter) versorgt. Durch umfangreiche rehabilitative Maßnahmen (Behandlungspflege, Therapien) soll eine Besserung des Bewusstseinszustandes und die Herstellung der Mitarbeit des Komapatienten an den Therapien erreicht werden. Aufnahmekriterien: nicht mehr dauerbeatmungspflichtig, kreislaufstabil, Verletzungen versorgt, Knochenbrüche übungsstabil, kein Hirndruck. Phase C: Weiterführende Rehabilitation Der Patient kann in der Therapie bereits mitarbeiten, muss aber noch mit hohem pflegerischem Aufwand betreut werden. Durch umfangreiche Reha- Maßnahmen soll die Teilmobilisierung erreicht werden. 14 Phase D: Medizinische Rehabilitation Tritt nach Abschluss der Frühmobilisierung ein und stellt die medizinisch Rehabilitation im bisherigen Sinne dar. Patient ist den ganzen Tag kooperationsfähig. Hier ist die Rentenversicherung der zuständige Leistungsträger. Bzw. die Unfall- oder Krankenversicherung (bei besonderen versicherungsrechtlichen Vorraussetzungen). Es wird versucht, die weittestgehende Wiedereingliederung des Patienten in Beruf / Alltag zu erreichen. Phase E: Nachgehende Rehabilitation Nachgehende Rehabilitation und berufliche Rehabilitation. Hier geht es insbesondere bei den Behandlungszielen um die Sicherung des medizinischen Behandlungserfolges bzw. um Vorbeugung oder Besserung einer Behinderung bzw. Verhütung, von deren Verschlimmerung sowie Vermeidung oder Minderung von Pflegebedürftigkeit und um die berufliche Wiedereingliederung (1. oder 2. Arbeitsmarkt) sowie die soziale und häusliche Wiedereingliederung. Phase F Aktivierende Rehabilitations- und Behandlungspflege für Patienten im Wachkoma Trotz aller medizinischen und rehabilitative Bemühungen in der Akutbehandlung und in den nachfolgenden Behandlungsmaßnahmen (meist schon nach Phase B) bleiben bei einer Reihe von neurologischen Patienten schwerste Schädigungen bestehen. Ein Patient im Wachkoma muss in Stufe 3+ (Härtefall) eingestuft sein. (Die Phase F beschreibe ich im Punkt 4.2.näher) Phase G: Betreutes und begleitendes Wohnen Durch ein Therapie-, Beratungs-, Betreuungs- und Pflegeangebot soll den SchädelHirnverletzung nach erfolgter Rehabilitation / Teilrehabilitation unter dem Motto ,,Hilfe zur Selbsthilfe’’ geholfen werden, zum selbstbestimmten Leben zurückfinden. 15 4.2. Besonderheiten und Ziele der Phase F Patienten der Phase F unterscheiden sich in ihren Bedürfnissen kaum von jenen der Phase B. Patienten der Phase F haben schwerste neurologische Schädigungen. Sie gehen vom Apallischen Syndrom bis zu verschiedenen Graden von Fähigkeitsstörungen (oft auch mit Mehrfachbehinderungen.) Phase F ist aber auf Langzeitpflege angelegt. Patienten der Phase F werden überwiegend zu Hause versorgt aber auch in Spezialeinrichtungen und in Seniorenheimen. Ziele: • Erkennen, erhalten der jeweiligen erreichten Remissionsphase • Förderung des aktivierbaren Rehabilitationspotenzials • Verhindern von Komplikationen und Kolateralschäden • Einbeziehen von Angehörigen • Herstellen von Lebensqualität Im Mittelpunkt stehen in dieser Phase natürlich pflegerische Maßnahmen und speziell auf die Bedürfnisse des Patienten abgestimmte Betreuungskonzepte. Funktionstherapien sind erforderlich aber nicht mehr in dem Maße wie in der Phase B. 16 5. Pflege in Langzeiteinrichtungen . Das „eigentliche Leben“ beginnt. Intensivtherapie und Aufenthalt in der Rehabilitationseinrichtung sind vorüber. Es geht wieder nach Hause. Viele Patienten können aus einer Vielzahl von Gründen nicht zu Hause betreut werden z. B auf Grund der Schwere der verbliebenen Behinderung , der Überforderung oder des Fehlens von pflegenden Angehörigen oder der räumlichen und familiären Situation. Eine passende Pflegeeinrichtung muss gefunden werden. 5.1. Bisherige Möglichkeiten der Langzeitpflege Stationäre Langzeitpflege war bisher ein wenig beachteter Bereich in der Betreuung und Therapie von Wachkomapatienten. Man ging davon aus, dass kaum noch Verbesserungen des Zustandes dieser Menschen eintreten könne. Die Erhaltung des Zustandes schon ein großer Erfolg ist und Lebensqualität nicht möglich wäre. Darum gab es nur sehr wenig spezielle Einrichtungen für diese Menschen. Häufig waren sie in Pflegeheimen und da in so genannten Streubetten untergebracht, oft über Jahre. Meistens eine auf Vermeidung von Sekundärschäden ausgerichtete so genannte „Satt und Sauber“ Pflege. Basale Stimulation, die gezielte Ansprache der Sinne, FOT usw. all das war kaum ein Thema und das Personal in der Langzeitpflege im Heim nicht dafür ausgebildet. 5.2. Anforderungen an die Langzeitpflege Langsam aber werden mehr Betten für diese Menschen in spezialisierte Wohnbereichen angeboten. Pflegepersonal wird besser ausgebildet Die Pflege verbessert sich und damit auch die Möglichkeiten für diese Menschen Lebensqualität zu erfahren Nach Aussage der WHO ist nicht die Heilung sondern die individuelle Förderung der alltagsnormalen Aktivitäten das Wichtigste. 17 Wie auch in den anderen Rehaphasen müssen auch in der Langzeitpflege individuelle Ziele für jeden einzelnen Patienten bzw. Bewohner erarbeitet werden und daran muss das ganze interdisziplinäre Team beteiligt sein. Aber hauptsächlich muss die stationäre Langzeitpflege dem betroffenen, schwerstpflegebedürftigen Menschen ein Gefühl für Sicherheit und Geborgenheit vermitteln. Um das zu erreichen muss man den Lebensalltag dieser Menschen normalisieren. Für den Bewohner soll ein Tagesrhythmus erreicht werden und die Nacht wieder als Nacht erfahrbar werden. Alltag, Festtage, Jahreszeiten müssen unterschieden werden können –wie eben im normalen Lebensalltag auch. Individuelle Lebensgewohnheiten sollen, soweit wie möglich beibehalten werden. Die Betreuungsqualität muss kontinuierlich sein. Der Bewohner muss sich auf Abläufe verlassen können. Therapie muss angeboten werden und zwar nicht nur zur Zustandserhaltung. Die Emlichheim-Studie hat schon 1999 herausgefunden, dass auch in der Langzeitversorgung bei schwerstpflegbedürftigen Patienten im Wachkoma und früher Remission (Phase F) nach 6 Wochen Therapie signifikante Behandlungseffekte im motorischen und kognitiven Bereich erreicht wurden. Es sind also Therapie Angebote für diese Patienten bzw. Bewohner, dauerhaft oder im Intervall notwendig. 5.2.1. Räumliche Anforderungen: Bewohner im Wachkoma- egal in welcher Remissionsphase- dürfen nicht mit dementen Bewohnern zusammen untergebracht werden. Sie brauchen eine eigene Wohneinheit denn sie können ihren Bedürfnissen kaum Ausdruck verleihen und würden dadurch im täglichen Betreuungsablauf zurückgestellt werden. Außerdem ist es für Pflegende fast unmöglich sich einmal auf die Bedürfnisse von dementen Bewohnern und beim Nächsten auf die Bedürfnisse eines Bewohners im Wachkoma einzulassen. Der Platzbedarf ist höher als in Räumen für andere Bewohner denn es müssen Spezialbetten Rollstühle, Lagerungshilfen, vielleicht Beatmungsgeräte und Monitore untergebracht werden. Außerdem braucht man ausreichend Stromanschlüsse für alle Geräte. 18 Bei Steinbach und Doris (Langzeitbetreuung Wachkoma) habe ich gelesen das 2-4 Betten pro Zimmer ideal sind damit diese Menschen genügend sensorische Impulse erhalten. Dieser Meinung kann ich mich nicht anschließen. In so großen Zimmern ist wenig Ruhe, auch nicht mit mobilen Raumteilern, gewährleistet. Gerade in der Nacht, der angestrebten Hauptruhe- und Erholungszeit, ist es nicht möglich Ruhe herzustellen. Man stelle sich vor 4 Bewohner müssten gelagert, abgesaugt. evtl. mit Inkotinenzmaterial versorgt werden, das dauert länger als in einem Einzelzimmer. Alles bis zu 3-4 mal in der Nacht, dann noch das Signal von Nahrungspumpen oder von Beatmungsgeräten, es wäre die Atmosphäre einer Intensivstation nicht eines zu Hauses. Dagegen wird durch genügend Aufenthaltsräume in denen der Tag verbracht werden kann mit Rückzugsmöglichkeiten in ruhigeren Nischen, evtl. ein Snoozeleraum genügend Möglichkeiten geschaffen um Reize zu erhalten. Kein Bewohner im Wachkoma muss den ganzen Tag allein in seinem Zimmer verbringen. Zudem sorgen auch Therapien für sensorische Inputs. Duschen und Toiletten hingegen sind nicht für jedes Zimmer nötig da sie von Bewohnern in frühen Remissionsphasen nur sehr selten oder gar nicht genutzt werden. Günstig ist es solche für 2oder 3 Zimmer gemeinsam anzulegen, möglichst von jedem Zimmer aus zugänglich. Ein großes Bad mit einer Spezialbadewanne ist unbedingt notwendig zur Reinigung und um belebende oder beruhigende und entspannende Bäder durchzuführen. Auf dem ganzen Wohnbereich sind große Fenster oder Zugang nach draußen sehr günstig (Wahrnehmung von Jahreszeiten, von Sonne, Wind, Regen und Schnee). 5.2.2. Anforderungen an das Pflegepersonal Die Versorgung in der Langzeitpflege erfordert ein interdisziplinäres Team von Ärzten, Therapeuten und Pflegekräften. An diese Mitarbeiter werden besonders hohe Anforderungen sowohl qualitativ wie auch quantitativ gestellt. Kommunikation, das gegenseitige Mitteilen von Beobachtungen und das Zusammenführen von Einzelaktionen müssen in diesem Team an erster Stelle stehen. 19 Gegenseitige Anerkennung, Wahrnehmung, Respekt und Akzeptanz sind ebenfalls wichtige Grundlagen. Kritikfähigkeit muss vorausgesetzt werden. Fehler im Umgang mit Kollegen, Angehörigen oder Bewohnern müssen als Quelle neuer Erkenntnisse betrachtet werden- aus Fehlern lernen. Außerdem brauchen Pflegende die in der Langzeitpflege von Wachkomapatienten arbeiten besondere Kompetenzen. Sie müssen über ein überdurchschnittlich ausgeprägtes Verständnis für menschliche Reaktionen, Geduld und Kreativität verfügen damit sie in der Lage sind die Ressourcen des zu Betreuenden zu erkennen und zu nutzen. Defizitorientierung muss überwunden werden. Nonverbale Kommunikation muss ihnen möglich sein und sie müssen über eine überdurchschnittliche Wahrnehmung verfügen Alle Kompetenzen müssen durch Wissen und Verstehen untermauert sein. Das setzt Bereitschaft zur ständigen Weiterbildung voraus. Pflegende in diesem Bereich müssen ein sehr hohes ethisches Verständnis haben, ebenso auch über eine beziehungsmedizinische Sichtweise verfügen. Sie sollen in der Lage sein den Menschen im Wachkoma als Persönlichkeit wahrzunehmen. So muss auch die herausragende Rolle die, die Einbeziehung der Angehörigen im Bereich der Langzeitpflege einnehmen erkannt und genutzt werden. Fachliche Kompetenzen der Betreuenden müssen sie in die Lage versetzen mit Problemen wie Panikattacken, Atemstörungen, Herz und Kreislaufkrisen, Spasmen, Kontrakturen, Stereotypien, Infektionen einschließlich MRSA usw. umzugehen bzw. zu vermeiden. Außerdem müssen Pflegende in diesem Bereich sich mit Pflege und Weaning von Bewohnern mit Trachealkanülen, Ernährungssonden Blasenverweilkathetern auskennen. Gezielte Förderung durch Ansprache aller Sinne muss in die Pflege mit einbezogen werden. Das erfordert Erfahrung sowie ständige Schulung und Weiterbildung vom Fachpersonal. 20 6. Die Pflege in der Nacht Wenn man über Pflege redet oder liest, ist meistens nur die Pflege am Tag gemeint. Es wird über Tagesablauf, Tagesstrukturierung.......geredet. Aber mit dem Ende des Tages ist nicht die Pflege beendet. Die Nacht ist lang. Nachtwachen stehen in den meisten Pflegeinrichtungen 10 oder gar 12 Stunden ihren Bewohner bzw. Patienten zur Verfügung. Das sind 40%-50% der Pflege eines 24 Stundentages. Trotzdem besteht häufig bei anderen Mitarbeitern und Heimleitungen ein Informationsdefizit darüber, was im Nachtdienst geleistet werden muss. 6.1. Nachtarbeit Nachtarbeit erfordert eine größere körperliche Anstrengung und Konzentration als Arbeit am Tag. Der Organismus des Menschen ist normalerweise darauf eingestellt am Tag Leistung zu erbringen und sich nachts zu erholen und zu regenerieren. Nachts laufen alle Vorgänge in unserem Körper langsamer ab. Reaktionszeit verlängert sich und Kondition lässt nach. Bereits nach 22 Uhr lässt die Leistungsfähigkeit. nach, der Tiefpunkt ist bei den meisten Menschen zwischen 3 und 4 Uhr erreicht. Dann besteht auch erhöhte Gefahr von Fehlhandlungen. 6.2. Besonderheiten der Pflege in der Nacht (in Heimen und Langzeiteinrichtungen) Nicht nur das der Nachtdienst die längste Arbeitszeit hat, er stellt auch physisch und psychisch sehr hohe Anforderungen an die Pflegenden. In Pflegeheimen und Langzeiteinrichtung ist Nachtdienst meistens Einzelarbeit. Zudem tragen Nachtwachen ein hohes Maß an Verantwortung und Entscheidungspflichten. In Notfall- oder Krisensituationen muss die Nachtwache eigenverantwortlich über zu erbringende Hilfeleistungen entscheiden. Nur in akuten Notfällen kann die Nachtwache auf ärztlichen Bereitschaftsdienst oder Rettungsdienst zurückgreifen. 21 Die Bedürfnisse und das Befinden vieler Bewohner ändern sich in der Nacht. Die Nacht ist Zeit der Ruhe und Erholung, aber das bedeutet auch dass die Ablenkung des Tages fehlt. Es kann zu Unruhrzuständen, gesteigerte Angst, Aggressionen oder vermehrtem Bedürfnis nach Zuwendung bei den Bewohnern kommen. 6.3. Anforderungen an das Personal im Nachtdienst Auf Grund der hohen Anforderungen die an den Nachtdienst gestellt werden, muss der Mitarbeiter natürlich gesund sein. Das bedeutet, dass Mitarbeiter mit Suchtleiden Stoffwechselerkrankungen, Herz-Kreislauferkrankungen, psychischen Erkrankungen, Krampfleiden, sowie mit Erkrankungen des Bewegungs- und Stützapparates im Nachtdienst nicht eingesetzt werden dürfen. Im Vergleich zum Tagdienst muss die Nachtwache über mehr Selbständigkeit, Verantwortung und Entscheidungsfähigkeit sowie medizinische Kenntnisse verfügen. Sie muss kontaktfreundlich sein. Ruhe, Ausgeglichenheit und Geduld muss zu ihren Eigenschaften im Umgang mit Bewohnern gehören. Besonders in Notfallsituationen ist es notwendig dass die Nachtwache Ruhe und Professionalität ausstrahlt. Eine 3jährige Ausbildung zur Krankenschwester/-pfleger bzw. Altenpfleger In ist natürlich Voraussetzung 6.4. Die Nacht für den Menschen im Wachkoma Wir wissen wenig darüber was in Menschen, die an einem apallischen Syndrom leiden, vorgeht. Aber wir wissen dass Menschen die ein schweres Trauma erlebt haben noch lange Zeit danach an Schlafstörungen, nächtlicher Unruhe und Alpträumen leiden. Also sollten wir davon ausgehen das es auch diesen Menschen so ergeht. Welches Trauma könnte schwerer sein als das welches solch einen Zustand hervorruft. Eine Aufgabe der Langzeitpflege ist es für diese Menschen Lebenswelt zu schaffen und ein mögliches Maß an Lebensqualität für sie zu erreichen. Und das nicht nur am Tag sondern auch in der Nacht. 22 Zum normalen Lebensrhythmus des Menschen gehört der Tag-Nachtrhythmus. Dieser ist bei Menschen im Wachkoma anfangs kaum mehr vorhanden. Es gibt einen Schlaf-Wach- Rhythmus der sich nach Erschöpfung richtet aber unabhängig von den Tageszeiten abläuft. Mit Fortschreiten des Prozesses Wachkoma ändert sich das. Die Bewohner haben am Tag längere Wachphasen und sollten nun in der Nacht schlafen. Unsere Aufgabe als Pflegende ist es diesen Rhythmus zu festigen und zu erhalten. Schlafentzug führt zu verschiedenen Symptomen wie Unruhe, Aggressionen, Halluzinationen und schließlich zum Tod Wie ist das nun bei Menschen im Wachkoma? Natürlich brauchen sie ausreichend Schlaf und den am besten in der Nacht. Wir wissen das Schlaf zur Regeneration und Genesung wichtig ist, im Schlaf werden erlebte Dinge verarbeitet. Keine noch so gute Therapie nutzt etwas wenn man sich nicht ausruhen kann. Wie sieht es aber in der Realität aus? Es muss gelagert, abgesaugt, Inkotinenzmaterial gewechselt werden. Nahrungspumpen piepsen, usw. Dazu wird natürlich Deckenbeleuchtung eingeschaltet. Wenn 2 Pflegekräfte anwesend sind wird miteinander geredet. Das Ganze geschieht mindestens alle 2 Stunden in der Nacht. Dazu kommen häufig Notfallsituationen. Es entsteht Hektik. Hektik erzeugt Stress. Meine lange Berufserfahrung hat mir gezeigt dass gerade diese Menschen auf Stress sehr sensibel reagieren. Wer von uns könnte da einen erholsamen Schlaf finden? Und das über Wochen, Monate und Jahre. 6.5. Spezielle Anforderungen an den Nachtdienst in der Langzeitpflege Gerade in der Langzeitpflege werden besondere Anforderungen an die Pflegenden in der Nacht gestellt. Auch wenn diese Pflege im Verborgenen geschieht ist sie sehr wichtig. Menschen die nachts nicht schlafen können, sind am Tag wenig für Therapien oder eben für einen normalen Tagesablauf zugänglich. Darum muss der Nachtdienst in erster Linie für Ruhe sorgen. Ruhe aber nicht Stille! Stille kann auch bedrückend wirken, besonders bei Menschen die ihre Umwelt verändert wahrnehmen. 23 Den Tag sollten Menschen im Wachkoma außerhalb des Bettes verbringen. Am Abend wird ihnen dann ins Bett geholfen und sie werden für die Nacht umgezogen. Dabei müssen bewohnerspezifische Rituale entwickelt werden, denn Rituale geben Sicherheit und Geborgenheit. Diese sollen sich an den Abläufen in früheren Tagen orientieren. Dazu ist die Auskunft von nahen Angehörigen wichtig und muss unbedingt mit einbezogen werden. Wobei ich aber nicht ritualisierte Handlungen meine, sondern das den Bewohnern durch bekannte Abläufe die Möglichkeit gegeben wird sich zu erinnern und Tageszeiten (in dem Fall Abend und Nacht) zu erkennen. Nahe Angehörige müssen auch die Möglichkeit erhalten solange sie wollen und wie es dem Bewohner zuträglich ist abends mit im Zimmer zubleiben und auf Wunsch auch dort zu übernachten. Diese Möglichkeit ist in Mehrbettzimmern natürlich nicht gegeben. Die Bereitschaft muss bei den Pflegenden vorhanden sein, Bettzeiten flexibel zu gestalten. Gedämpftes Licht, leise Musik, ruhiges Reden, vielleicht auch Lieblingsdüfte können beruhigend wirken. Aber auch ein laufender Fernseher, eine CD zum Hören oder ähnliches können beim Einschlafen helfen. Aber alles soll unter Einbeziehung der Biografie des Bewohners geschehen. Pflegearbeiten in der Nacht müssen auf ein Mindestmaß begrenzt werden. Die Nachtwache muss in der Lage sein einzuschätzen wie oft jemand umgelagert, abgesaugt oder mit Inkontinenzmaterial versorgt werden muss. Bei jeder Pflegearbeit muss nicht immer die Deckenlampe eingeschaltet werden. Anklopfen an der Zimmertür, ist am Tag wichtig, muss in der Nacht unterlassen werden! Mehr als am Tag ist es wichtig, langsam und ruhig zu arbeiten und Hektik zu vermeiden. Ziel muss immer sein, den Bewohner nicht aufzuwecken und ihm soviel Ruhe wie möglich zu lassen. 6.5.1. Kompetenzen der Pflegenden in der Nacht Neben den Anforderungen die an Pflegende im Nachtdienst gestellt werden, müssen Pflegende hier noch über die besonderen Kompetenzen einer Pflegekraft der Langzeitpflege verfügen. (5.2.2). Sie müssen jedoch eher beruhigend auf die schwerstpflegebedürftigen Bewohner im Wachkoma einwirken, d. h. in der Lage sein Ansprache der Sinne( beruhigende Waschungen, beruhigende Düfte usw.) einzusetzen. 24 Außerdem müssen Pflegende im Nachtdienst gerade auf diesen Wohnbereichen ein hohes Maß an Selbstdisziplin und positive Einstellung für die Arbeit mit Bewohnern im Wachkoma haben. Denn Menschen im Wachkoma können Bedürfnisse nicht adäquat einfordern! 7. Fazit Die Fortbildung zur Pflegeexpertin für Menschen im Wachkoma hat mir sehr viel Neues vermittelt. Aber ich habe auch festgestellt, dass ich in Situationen in denen ich bisher aus dem Bauch heraus gehandelt habe richtig reagierte. Ich habe gelernt mit dem Betroffenen zu arbeiten. Langzeitpflege im Heim muss vor allem für ein zu Hause sorgen. Dazu gehört eine ruhige erholsame Nacht, dafür zu Sorge zu tragen ist die Aufgabe der Nachtwache. Wie schon erwähnt sind diese Bewohner kaum in der Lage Pflege einzufordern. Gerade dann wenn bei den Pflegende nicht die Verständnis und die Einsicht für die Wichtigkeit der Pflege in der Nacht gegeben ist kann keine noch so gute Therapie und Betreuung auch Fortschritte bringen. Fortbildung aller Mitarbeiter ist sehr wichtig und unbedingte Voraussetzung um Bewohner im Wachkoma adäquat pflegen und betreuen zu können. In den letzten Jahren hat sich schon einiges in der Langzeitpflege verbessert aber es muss noch viel getan werden. 25 8. Quellenverzeichnisse Peter Nydahl: Wachkoma 1.Auflage 2005 Urban& Fischer Verlag Horst Herrmann Ziegelasch Wachen in der Nacht 1994 Schlütersche Verlagsanstalt und Druckerei GmbH Steinbach & Doris: Langzeitbetreuung Wachkoma 2004 Springer Verlag Haferkamp & Tolle. Wachkoma und danach Verlag Ingrid Zimmermann Andreas Zieger: Der Wachkoma Patient als Mitbürger Andreas Zieger Von der medizinischen Prognose zur sozialen Perspektive Vortrag zur Jahrestagung der Österreichischen Wachkoma Gesellschaft Wien, am 22. Oktober 2004 Andreas Zieger „Mit schwerer Behinderung leben. Sozialpolitisch . medizinisch- pflegerische und ethische Aspekte“ Workshop IMEW -Beirat Berlin 2005 BaWiG Folien Wachkoma Internet www.a-zieger.de www.spiegel.de/wissenschaft/mensch Fotos : Mit freundlicher Erlaubnis der Angehörigen von Herrn O. sowie dem Einverständnis von Frau B. 26 Eidesstattliche Erklärung Hiermit erkläre ich, Birgit Cherief, geb. am 03.06.59, an Eides statt, dass ich die vorstehende Arbeit selbstständig und nur unter Zuhilfenahme der ausgewiesenen Hilfsmittel angefertigt habe. Mannheim, den 31.08.2007 _______________________ Birgit Cherief 27