Neurologische (Früh-)Reha- bilitation Symposium 2. Wachkoma

Transcription

Neurologische (Früh-)Reha- bilitation Symposium 2. Wachkoma
Mitteilungen für Mitglieder des Bundesverbandes
SHV - FORUM GEHIRN e.V.
november / 2014 / 9. Ausgabe
Seite 3
Neurologische
(Früh-)Rehabilitation
Unser Fachtag zur neurologischen Rehabilitation
Seite 7
2. WachkomaSymposium
Vorwort
Inhalt
Liebe Mitgliederinnen und Mitglieder,
Vorwort
2
Impressum
2
das Jahr 2014 ist jetzt schon fast
vorüber und wir blicken zurück
auf viele Monate intensiver
Selbsthilfearbeit. Unser Verband
hat mehrere Fachtagungen mit
Unterstützung unserer Partner
durchgeführt. Durch Krankenkassen wurden unsere Projekte
gefördert. Dafür bedanken wir
uns im Namen unserer betroffenen Familien bei diesen Förderern recht herzlich.
Bei unseren Tagungen haben wir
die Themen „Zurück in den
Beruf“, „Heilmittelversorgung“,
„Am Leben teilhaben“, „Pflege
und Teilhabe in verschiedenen
Wohnformen“, „Lust am Leben“
und bei unserem letzten Fachtag
„(Früh-) Rehabilitation – Voraussetzung zur Teilhabe …“ gewählt.
Wir hoffen, dass wir mit dieser
Themenvielfalt für alle Interessierten ein geeignetes Angebot
zur Verfügung gestellt haben.
Auch im Jahr 2015 werden wir
wieder auf regionaler und überregionaler Ebene verschiedene
Fachtagungen anbieten. Nehmen Sie die Gelegenheit wahr,
um bei diesen Veranstaltungen
mit anderen Betroffenen und
Angehörigen ins Gespräch zu
kommen und Informationen zu
bekommen und auszutauschen.
Im September 2014 ist die
diesjährige Sonderausgabe
unseres Mitteilungsblattes
„dialog“ mit dem Titel „Phase F
mehr Beachtung schenken“
erschienen. Sie können sich alle
Mitteilungsblätter „dialog“, auch
alle Sonderausgaben, auf
unserer Homepage herunterladen.
Auf der Mitgliederversammlung
am 27.02.2015 in Berlin stehen
Neuwahlen des Vorstandes an.
Wir freuen uns sehr, wenn Sie
daran teilnehmen könnten.
Im Namen des gesamten Vorstandes möchte ich mich für Ihr
Engagement und Ihre Treue zu
unserem SelbstHilfeVerband
bedanken. Ihnen und Ihren
Familien wünsche ich ein frohes
Weihnachtsfest, einen ruhigen
Jahreswechsel und ein gutes
Jahr 2015.
Neurologische (Früh-)
Rehabilitation
Fachtag am 11.11.2014 in Köln
mit Ministerin Barbara Steffens
3
Silberstreifen am Horizont
Ein Case-Management-System
6
Wissenschaftliche
Forschung am Wachkoma
2. Wachkoma-Symposium in Köln
04. und 05. September 2014
7
BAG Phase F
ehrt Lothar Ludwig
7
Bayern gegen den
Schlaganfall
Aktionstag in Neumarkt
8
80. Geburtstag
Heidi Ossmann, Stuttgart
8
Termine
8
Ihre
Impressum
Roswitha Stille
Vorsitzende
dialog:
Mitteilungen für Mitglieder des Bundesverbandes SHV - FORUM GEHIRN e.V.
Herausgeber:
SHV - FORUM GEHIRN e.V.
V.i.S.d.P.: Roswitha Stille
Schnörringer Weg 1
51597 Morsbach-Erblingen
Auch auf verschiedenen Kongressen und Tagungen haben wir
die Ziele unseres Verbandes
vorgestellt. Der SelbstHilfeVerband ist dem sozialen Netzwerk
„facebook“ beigetreten, um
spezielle Informationen publik zu
machen, wie z.B. die Kampagne
„Rettet die Gehirne in NRW“, die
zusammen mit dem neuroINDEX
initiiert wurde.
Telefon:
Telefax:
E-Mail:
Internet:
02294 - 90 99 922
02294 - 99 93 74
[email protected]
www.shv-forum-gehirn.de
Redaktion:
Kerstin Arndt
Lothar Ludwig
Karl-Eugen Siegel
Konzeption und Gestaltung:
pr(o)mensch MARKETING
Bildnachweis:
Alle nicht gekennzeichneten Fotos wurden
vom Vorstand dem Verband zur Verfügung
gestellt.
Erscheinungsweise: zweimal im Jahr
Nachdruck oder Vervielfältigung, auch
auszugsweise, ist nur mit Genehmigung des
Herausgebers gestattet.
dialog
S. 2
Neurologische (Früh-)Rehabilitation
Voraussetzung zur Teilhabe für Menschen mit erworbenen
Hirnschädigungen (MeH)
Durch die Kooperation und die
gemeinsame Planung zwischen
Akut- und Rehabilitationskliniken
soll, so die Ministerin, eine
Vernetzung geschaffen werden,
die keine neuen Schnittstellenprobleme entstehen lässt. „Ich
bin sicher, dass wir mit diesem
ersten Schritt die Versorgung
massiv verbessern können!“ resümiert die Ministerin.
Auch versicherte die Ministerin,
dass es sich nicht um ein langwieriges Verfahren handelt,
„denn erste Anträge liegen vor“
und auch, dass ganz konkrete
Verhandlungen bereits stattfinden. „Da, wo es in der Vergangenheit schon gute Kooperationen gab, da sind wir auf einem
schnellen und guten Weg!“
Nachfragen von Herrn Zurheide bei der Ministerin Steffens nach ihrem Vortrag
Am 11.11.2014 fand auf Einladung
unseres Verbandes, im Haus Monika,
einer Spezialpflegeeinrichtung der
Alexianer in Köln, unser Fachtag statt.
Die Themenschwerpunkte des Fachtags
waren einerseits die besondere Situation
der neurologischen Frührehabilitation in
NRW als auch die Umsetzung der UNBehindertenrechtskonvention im Sinne
einer inklusiven Gesellschaft. Eine ganz
besondere Ehre und Wertschätzung für
die Belange hirnverletzter Menschen
war es, dass Ministerin Barbara Steffens
persönlich in ihren Ausführungen nicht
nur die Ausrichtung des Ministeriums zur
Frage der Inklusion, sondern ganz
dezidiert die Umsetzungsmodalitäten
zur neurologischen Frührehabilitation in
NRW deutlich darstellte und gleichzeitig
darauf verwies, dass die Umsetzung auf
einem schnellen und guten Weg sei.
schaft auch unsere bisherigen
Normen verlassen und Inklusion
ganz neu, aus Sicht der Betroffenen betrachten. Aus eigener
Erfahrung berichtete sie, welche
Steigerung der Lebensqualität
z.B. dadurch erzielt wurde, dass
ihre an Parkinson erkrankte
Mutter, ihr Essen selbstständig
mit den Fingern zum Mund
führen „durfte“. Wie wichtig diese
haptische Erfahrung für den
Genuss des Essens für sie war.
Gegen die Normen, aber für ein
selbstbestimmtes Leben!
Bestmögliche Versorgung
Ministerin Barbara Steffens
sprach erneut deutlich die
Zielsetzung des Ministeriums an,
durch Vernetzungen die im
System bedingten Schnittstellenprobleme anzugehen.
„Es war uns klar, nachdem die
Problemlage beschrieben worden ist, haben wir viele Akteure
an den Tisch geholt ... und die
Entscheidung getroffen, dass wir
diese Vernetzung/Kooperation
wollen.“ Daher wurde auch der
Krankenhausrahmenplan verändert und Betten für diesen
Bereich explizit ausgewiesen.
„In der Zielrichtung sind wir alle
einer Meinung, dass wir die
bestmöglichste Versorgung im
Akutfall und auch für die
anschließende Rehabilitation
sicherstellen möchten.“ So die
Ministerin zu Beginn ihrer Ausführungen. Die bestmögliche
Versorgung auch im Sinne einer
inklusiven Gesellschaft. Selbst
für diejenigen, bei denen keine
weiteren Verbesserungen mehr
möglich sind, forderte sie ein
selbstbestimmtes Leben ein.
Hier müssen wir ggf. als Gesell-
Strukturqualität
dialog
S. 3
Dr. Julius Siebertz, Leiter der
Gruppe 21/Prävention und
Versorgung im Ministerium, ging
in der Podiumsdiskussion davon
aus, dass die ersten Kooperationen zwischen Akut- und Rehakliniken in den nächsten sechs
Monaten umgesetzt werden
können.
Austherapiert gibt es nicht!
„Selbstständigkeit zu erreichen
ist natürlich in der Frühreha und
in den Rehaphasen Ziel, aber
nicht nur da. Selbstständigkeit zu
erhalten ist Bestandteil einer
Pflege, die kontinuierlich und
immer weiter fortgesetzt werden
muss - und auch hier haben wir
große Defizite, denn Pflege und
unser Pflegesystem und auch
das Finanzierungssystem der
Pflege, ist nicht darauf ausgelegt.“
Hier ging die Ministerin allgemein
auf die Versorgung im Haus
Monika ein, einer Einrichtung der
Phase F. Diese Eingliederung
einer Spezialpflegeeirichtung in
das neurologische Rehabilitationssystem macht deutlich, dass
es sich hier nicht um eine Dauerunterbringung für Hirnverletzte
handeln sollte, sondern um einen
Teil der neurologischen Rehabilitation. Dass auch hier ein Sys-
temmangel besteht, vor allem
auch was die Finanzierung
dieser Rehaphase anbelangt,
machte die Ministerin sehr
deutlich: „Pflegebedarfe zu
vermeiden oder Pflegebedarfe
auch noch zu reduzieren; pflegebedürftige Menschen
wieder in die Selbständigkeit und
in das selbstbestimmte Leben zu
überführen“ ist nicht Ziel der
Pflegefinanzierung, „ansonsten
hätten wir eine Anreizfinanzierung, die den Weg in die Selbstständigkeit belohnen würde.“
Systembedingte Probleme für
die Angehörigen
Auch hier hatte die Ministerin nur
anerkennende und wertschätzende Worte für das Engagement in den unterschiedlichen
Selbsthilfegruppen und verbänden und stellte deren
Arbeit als eine wichtige Säule im
Gesundheitswesen dar. Sie
beschrieb eindrücklich die
besonderen Problematiken der
Angehörigen in diesem sehr
heterogen Gesundheitssystem.
„Man steht als Angehöriger da
und weiß in dieser Lebenssituation, die eine enorm hohe Last
bedeutet, nicht, was ist der
richtige Weg? Was kann man
tun? ... und wenn man dann
auch noch erlebt, dass Sektoren
nebeneinander stehen, statt
miteinander verbunden sind,
dann ist das eine Überforderung
des Einzelnen. Dieser aber u.U.
als pflegender Angehöriger im
System eine ganz wichtige Säule
ist, um den eigenen Angehörigen
mit zu versorgen und die bestmögliche Versorgung darzustellen.“
SGB VII für die Unfallversicherung
SGB V für die
gesetzliche Krankenversicherung,
Der trägerübergreifende
Rehabilitationsprozeß
Krankenkassen
SGB XII für die
Sozialhilfe
Eingliederungshilfe)
Berufsgenossenschaft
Unfallkassen
SGB VI für die Rentenversicherung,
Sozialamt
Pflegeversicherung
Rentenversicherung
BVersG für die Versorgungsverwaltung
Rehabilitation
SGB VIII für die Jugendhilfe
SGB IX Rehabilitation
und Teilhabe behinderter Menschen,
SGB III für die Bundesagentur für Arbeit
auch zuständig für SGB II und SGB IX
F Behandlungs-/Rehabilitationsphase
E Ambul. Nachsorge berufl. Reha
D Rehabilitation (AHB) teilstat. Reha
Inklusion
C Frühmobilisation/Weiterführende Reha
DRG
seit 2003
Normalität
B Frührehabilitation
Zuhause, Familie, Freunde, Gemeinde,...
A Akutphase: Intensivstation, Stroke Unit
Rehabilitation ist die unabdingbare Voraussetzung für eine erfolgreiche gesellschaftliche
Inklusion. Daher müssen die Schnittstellen durch einen trägerübergreifenden Rehaprozess
endlich eliminiert werden.
Rehabilitation (BAR) erstellt
wurde, birgt einige Schnittstellen.
Auch wenn in den Empfehlungen
immer wieder darauf hingewiesen wird, dass das Modell in allen
Richtungen durchlässig sein soll,
so zeigt die Realität, dass dies
nicht der Fall ist. Vor allem an den
Schnittstellen, an denen ein
anderer Kostenträger zuständig
wird, zeigen sich z.T. erhebliche
Probleme. Siegel ging hier nicht
auf diese einzelnen Problemstellungen ein, sondern zeigte
anhand eines aktuellen Berichts
einer Mutter, die ihren Sohn von
der Unfallstelle mit dem Hubschrauber in die Akutklinik, dann
4 Wochen später in ein anderes
Bundesland zur Reha begleitete,
um ihn dann nach weiteren 4
Wochen, trotz relativ positivem
Rehabilitationserfolg in ein
Altersheim verlegt zu sehen.
Dieses Beispiel bestätigt die
Ausführungen der Ministerin
Steffens und zeigt gleichzeitig,
dass selbst ein gut funktionierendes Casemanagement in der
Akutklinik, die systembedingten
Schnittstellenprobleme im
Einzelfall nicht beheben kann.
Der flächendeckende Aufbau des
Casemanagements zur Vermeidung der Schnittstellen ist
unsinnig. Das System muss
endlich geändert werden. Siegel
geht, in der Betrachtung der
neurologischen Rehabilitation
ganz pragmatisch vor. „Als
Arbeitnehmer zahle ich in die
Kranken-, Renten- und Pflege-
„Gemeinsam Schicksale bewältigen“
Krankenkassen
Berufsgenossenschaft
neurologische Rehabilitation
Karl-Eugen Siegel, stellvertret e n d e r Vo r s i t z e n d e r g i n g
anschließend mit seinem Vortrag: „Inklusion für Betroffene! und die Angehörigen?“ genau auf
diese Problematik ein. Grundlage jeglicher Inklusion muss die
individuelle Befähigmachung,
d.h. die Rehabilitation sein. Das
neurologische Rehabilitationsmodell, das 1995 von der Bundesarbeitsgemeinschaft für
Unfallkassen
Sozialamt
Pflegeversicherung
Rentenversicherung
INKLUSION
Mensch
mit
erworbenen
Hirnschädigungen
Angehörige
Netzwerk für Schädelhirnveletzte in NRW
alle am Rehaprozess beteiligten Interessenvertreter
dialog
S. 4
versicherung. Als Bürger zahle
ich Steuern um auf Bundes-,
Landes- und Kreisebene Solidarität zu zeigen. Und warum muss
ich mich dann selber, im Verlauf
der neurologischen Rehabilitation, wenn sie erfolgreich sein soll,
darum kümmern, dass es an den
Schnittstellen weitergeht?“ Er
fordert einen trägerübergreifenden neurologischen Rehaprozess nach dem Beispiel des
trägerübergreifenden Persönlichen Budgets. Auch volkswirtschaftlich mache dies absolut
Sinn, denn verpasste Chancen
haben nicht nur für den Betroffenen erhebliche negative Auswirkungen, sondern sind auch
für das System viel zu teuer.
Um dies umzusetzen braucht es
sicherlich noch vielfachen
Austausch und Kommunikation
mit der Politik. Da das Gespräch
untereinander aber eines der
wichtigsten Instrumente zur
Verständigung und somit zur
Umsetzung einer bestmöglichen
Rehabilitation und einer erfolgreichen Inklusion ist, möchte Siegel
in NRW ein Netzwerk initiieren, in
dem alle am neurologischen
Rehaprozess Beteiligten mitmachen. „Hier können durchaus
allgemeine Problemstellungen,
einzelne Fragestellungen, aber
auch zukünftige Entwicklungen
besprochen und konkret angegangen werden.“ Ziel: Die
b e s t m ö g l i c h e Ve r s o r g u n g
neurologisch Betroffener in NRW
sicherzustellen und zwar in allen
Phasen, auch im ambulanten
Einflüsse auf die
neurologisch-neurochirurgische Rehabilitation
Ab 1960
Beschleunigung Rettungswesen und Verbesserung in Notfall, sowie
Intensivmedizin
Schnittstelle Straßenverkehr - Krankenhaus
Ab 1970
Aufbau neurologisch-neurochirurgischer
Frührehabilitationseinrichtungen in Rehabilitationskliniken
(Godeshöhe, Braunfels, Hessisch-Oldendorf, Coppenbrügge)
Schnittstelle Neurologische Akutklinik-Neurologische
Rehabilitationsklinik
1995
Neurologisches Phasenmodell und Bundesarbeitsgemeinschaft für
Rehabilitation (BAR)-Empfehlungen
ab 1998
Schlaganfallversorgung mit Frührehabilitation
Schnittstelle der Diagnosen Schädelhirntrauma-Schlaganfall
Schnittstelle Neurologisch-Neurochirurgische Frührehabilitaton
2001
SGB IX Frührehabilitation am Krankenhaus sozialrechtlich verankert
Schnittstelle Akutmedizin-Rehabilitation
Ab 2004
Frührehabilitation wird im Fallpauschalensystem (DRG) an Akut- wie
Rehabilitationskliniken in Krankenhausbetten erfasst
Schnittstelle Abrechnungssystem-Krankenhaus-Rehabilitationsklinik
und häuslichen Umfeld.
Situation der neurol. (Früh-)
Rehabilitation hängt mit der
historischen Entwicklung
zusammen
Dr. Markus Ebke, Chefarzt
Neurologie in der Dr. Becker
Rhein-Sieg-Klinik, zeigte anhand
der geschichtlichen Entwicklung
der neurologischen Rehabilitation, dass die Frührehabilitation
zunächst von Rehaeinrichtungen
geleistet wurde und erst 2001sozialrechtlich an das Akutklinikum
angegliedert (s. Schaubild oben)
wurde. Das hat dann ab 2004 zur
Folge, dass die neurologische
Frührehabilitation Bestandteil
des DRG-Systems wird.
[Eine verheerende Entwicklung,
zumal die Eingangskriterien der
folgenden Phase C nicht der
verkürzten Phase B (Frühreha)
angepasst wurde. Anm.d.R.].
Inhalte der Frührehabilitation
nach BAR
Die Frührehabilitation ist die
Fortführung der in Phase A
begonnenen kurativmedizinischen Maßnahmen, inklusive
ggf. der erforderlichen intensivmedizinischen Behandlung,
Jürgen Zurheide leitet die Podiumsdiskussion mit Karl-Eugen Siegel, Dr. Siebertz, Roswitha Stille, Dr. Becker und Dr. Ebke (v.l.n.r)
dialog
S. 5
außer einer kontrollierten Beatmung.
Weitere Zielsetzungen in der
Frühreha sind:
Ÿ
Kontaktaufnahme
über verschiedene sensorische Zugänge mit kontrolliert stimulierender Behandlung
Ÿ
Kommunikation- und Sprachtherapie, Kau-, Schluck- und
Esstraining
Ÿ
Selbständigkeitstraining auf
basaler Ebene
Ferner Intensivpflege und
Intensivüber wachung unter
Einschluss von täglich vier bis
sechs Stunden Rehabilitationspflege (aktivierender Pflege) mit
mehrfach täglicher Visite und
insgesamt mehreren Stunden
am Tag Funktionstherapie,
häufig durch mehrere Therapeuten gleichzeitig.
Dauer der Frührehabilitation
nach BAR
In der Regel bis zu sechs Monate, bei besonderer medizinischer
Indikation und Prognose auch
länger. Wenn bei ungestörtem
Therapieverlauf über mindestens
acht Wochen kein funktioneller
Zugewinn feststellbar ist, ist die
Beendigung der Phase B angezeigt. Im begründeten Einzelfall
kann die Behandlung auch über
einen längeren Zeitraum, unter
Berücksichtigung der bisherigen
Behandlungsdauer, fortgesetzt
werden.
Bei Kindern kann ein wesentlich
längerer Zeitraum als acht
Wochen erforderlich sein.
Fazit aus unserer Sicht:
Die Situation hinsichtlich der
Frührehabilitation in NRW wird
sich durch Kooperationen
zwischen Akut- und Rehakliniken
in den nächsten 6 Monaten zügig
umsetzen lassen.
Angehörige und Selbsthilfe sind
wichtige Faktoren im Rehabilitationsprozess.
Selbsthilfe könnte neutrale
Lotsen stellen.
Karl-Eugen Siegel
[email protected]
Silberstreifen am Horizont!
Als Angehörige konnte ich an einem
äußerst interessanten Workshop
teilnehmen. Frau Regine Specht,
Casemanagerin (DGCC zertifiziert),
erläuterte, was sich hinter der recht
befremdlich anmutenden Bezeichnung
„LAKIK“ (Landesarbeitskreis intersektoraler Kooperation NRW) verbirgt.
Nämlich genau das, was wir an
Hilfestellungen als Angehörige
und als Selbsthilfeverband seit
Jahren wünschen und fordern.
In Zusammenarbeit mit der
Uniklinik Aachen bietet die
Odebornklinik vom Helios
Rehazentrum Bad Berleburg ein
umfassendes Angehörigenkonzept an. In enger Zusammenarbeit ab Akutphase, werden
Angehörige von neurologisch
betroffenen Patienten umfassend in die Pflege und Betreuung
einbezogen. In der Rehaklinik
stehen Betten für die nahen
Angehörigen zur Verfügung und
es werden Pflegeschulungen
durchgeführt. Ebenso gibt es
Beratungen im häuslichen
Umfeld und auch eine Nachbetreuung nach der Entlassung aus
der Klinik. Es bestehen Kooperationen zu Hilfsmittellieferanten
und Angehörigenlotsen, Pflege-
diensten und Therapeuten. Es
wurde erkannt, wie wichtig es ist,
auf Angehörige und ihre anfängliche Hilfslosigkeit einzugehen, sie
mit den vielen Fragen nicht allein
zu lassen
und durch diese
Unterstützung eine gelungene
Überleitung in die nachklinische
Versorgung zu gewährleisten.
Die Erkenntnisse beziehen sich
auf das Bielefelder Modellprojekt, welches von der Universität
Bielefeld initiiert und auch bereits
in einigen anderen Kliniken
angewandt wird. Es ist sehr
wünschenswert, dass diese
Maßnahmen bundesweit
in
vielen Kliniken umgesetzt
werden. Dass die Erfolge wissenschaftlich begleitet und veröffentlicht werden, wird zu einer
positiven Entwicklung in der
Nachsorge beitragen.
Kerstin Arndt
[email protected]
Kurzdarstellung des
Bielefelder Modellprojektes
Das Modellprogramm dient der Begleitung und Kompetenzförderung von
pflegenden Ehepartnern und Angehörigen
im Übergang vom Krankenhaus in die poststationäre Versorgung. Die Pflegekasse bei der
AOK Rheinland/Hamburg - Die Gesundheitskasse und die Pflegekasse
bei der AOK NordWest - Die Gesundheitskasse stellen hierfür die
erforderlichen Mittel im Rahmen einer Zuwendung bereit, und dies
unabhängig von der Kassenzugehörigkeit der Versicherten.
Im Krankenhaus der Zukunft übernehmen Sozialdienst/ Entlassungsmanagement/ Casemanagement die soziale Überleitung, während der
Pflege die Information, Beratung und Anleitung der Patientinnen und
Patienten obliegt, wo immer die Fallpauschalen dies normieren. Das
Modellprogramm fördert aus Mitteln des SGB XI flankierend die Beratung und Bildung von pflegenden Ehepartnern, Familien, Angehörigen,
Freunden und Bekannten, die im Anschluss an den Krankenhausaufenthalt die Pflege und Betreuung leisten.
Es senkt die Systemkosten und dient der Qualität, wenn soziale und
pflegerische Überleitung zur Gewährleistung der poststationären
Versorgung gut zusammenwirken können.
Das Modellprogramm läuft seit 2004 in Nordrhein-Westfalen. Inzwischen
beteiligen sich über 360 Krankenhäuser.
Quelle: http://www.uni-bielefeld.de
dialog
S. 6
Wissenschaftliche Forschung am Wachkoma
„Wachkoma und andere neurologisch
bedingte Bewusstseinsstörungen“
Das 2. Symposium der Bundesarbeitsgemeinschaft (BAG) Phase F und des
Deutschen Instituts für WachkomaForschung war international hochkarätig
besetzt.
und „Vegetativer Status“ weder
griffiger im Wort noch medizinisch/therapeutisch fassbarer
geworden.
Die Vortragsfolien der einzelnen
Referenten finden Sie unter:
www.daswachkoma.org/
Begriffswirrwar
Inhalt der Bewusstheit (Bewusstsein)
Im ersten Teil des Symposiums
gingen die Referenten auf ihre
wissenschaftlichen Arbeiten und
Überlegungen ein.
Mit Hilfe von bildgebenden Verfahren ist es heute möglich, dem
Gehirn sozusagen beim Arbeiten
zuzuschauen.
Bei allen Untersuchungen geht es
zentral um das Bewusstsein des
Menschen, sei es nun der Patient
im Wachkoma, im Locked-inSyndrom, der Mensch im Tiefschlaf oder im Vollbewusstsein.
Die beiden entscheidenden
Faktoren für unser Bewusstsein,
bzw. der Bewusstseinsstufe in der
wir uns gerade aufhalten, sind:
Wachheit und Bewusstheit.
Waches
Bewusstsein
Locked-in-Zustand
Schläfrigkeit
Leichter
Schlaf
Minimaler
Bewusstseinszustand
Tiefschlaf
Koma
Vegetativer
Bewusstseinszustand
Grad der Bewusstheit (Wachheit)
Bewusstseinszustände in Abhängigkeit von
Bewusstheit und Wachheit
Je wacher und bewusster wir sind,
desto weiter sind wir natürlich vom
Koma entfernt. Sind wir müde und
nimmt unsere Bewusstheit ab, so
sind wir dem Koma sehr nahe und
von außen sind die Zustände auch
nicht wirklich unterscheidbar. Doch
die Weckbarkeit ist hier natürlich
gegeben, was wir manchmal
schmerzlich am Morgen erleben,
wenn der Wecker klingelt.
Je mehr nun über diese unterschiedlichen Bewusstseinszustände geforscht wird, desto mehr
Begrifflichkeiten entstehen (s.
Grafik). Das Bewusstsein selbst
lässt sich dadurch aber nicht
konkreter beschreiben und auch
der bisherige Begriff des Wachkomas ist durch die weitere Unterteilung in „Minimales Bewusstsein“
gesundes und erfrischtes
Erwachen aus dem Schlaf und vielleicht auch aus dem Wachkoma.
Karl-Eugen Siegel
[email protected]
Begriffsverwirrung um die unterschiedlichen
Bewusstseinsstufen
Schlafrhythmus auch im Wachkoma unerlässlich
Manuel Schabus, Psychologe der
Uni Salzburg, erforscht die
Grenzen des menschlichen
Bewusstseins im Schlaf und
Wachkoma.
In seinen Forschungen mit Hilfe
der Elektroenzephalographie, kurz
EEG, hat er deutlich herausgefunden, dass ein „gesunder“ SchlafWach-Rhythmus sowohl für die
Regeneration als auch für ein verbessertes Immunsystem verantwortlich ist.
Die innere Uhr stärkt das
Immunsystem und die
Regeneration des Gehirns
Wenn beim Wachkoma-Patient
von einem gestörten Schlaf-WachRhythmus gesprochen wird, so fordert Schabus vor allem in der Akutund frühen Rehaphase, dass die
Umgebung Rücksicht genau auf
diesen Umstand nimmt. Alle auf
der Intensivstation befindlichen
Geräuschquellen sollten in einem
Nebenraum/Überwachungsraum
sein, der schallisoliert zum
Patientenzimmer liegt. Auch notwendige Gespräche der betreuenden Berufsgruppen in der Nacht,
sollten in diesem isolierten Raum
und nicht im Patientenzimmer
stattfinden.
Dasselbe gilt natürlich auch in
Pflegeheimen, Wohnformen und
zuhause.
Eigentlich eine logische und sogar
wahrscheinlich von uns allen mit
Eigenerfahrung belegte Tatsache.
Und doch sind Trivialitäten manchmal die entscheidenden Auslöser
für den Erfolg. In jedem Fall für ein
dialog
S. 7
Bundesarbeitsgemeinschaft
BAG Phase F ehrt
Lothar Ludwig
In diesem Jahr wurde zum ersten Mal in
der Geschichte der BAG Phase F e.V.
die Ehrung „ Auszeichnung der Bundesarbeitsgemeinschaft Phase F e.V.“ ausgelobt. Diese Auszeichnung wird an eine
Person, einen Verein oder eine Einrichtung vergeben, die sich in besonderem Maße um die Menschen in der
Phase F verdient gemacht haben.
Auf dem 2. WachkomaSymposium in Köln 2014 erhielt unser Ehrenvorsitzender Lothar
Ludwig als erster diese Ehrung für
seine jahrelangen Bemühungen
und sein unermüdliches
Engagement für die Menschen mit
erworbenen Hirnschädigungen in
der Phase F. Der Ehrenpokal wurde ihm vom Vorsitzenden der BAG
Phase F e.V. Dirk Reining und der
stellv. Vorsitzenden Elke Feuster
überreicht.
Wir gratulieren unserem Ehrenvorsitzenden Lothar Ludwig recht
herzlich zu dieser besonderen
Auszeichnung.
Neumarkter Selbsthilfegruppe beteiligt sich mit einem Stand an der Aufklärungsaktion
Die herzlichsten Glückwünsche zum
Bayern gegen den Schlaganfall
80. Geburtstag
Dr. Handschuh vom Klinikum Neumarkt
forderte die regionale Selbsthilfegruppe
für Menschen nach
Schlaganfall,
Kopfverletzung, Gehirnblutung,
Kopfoperation - „Strohhalm“ auf, ihn und
sein Team beim Thema Vorsorge zu
unterstützen.
Unser Mitglied Heidi Ossmann ist
seit nunmehr 15 Jahren aktiv in
der Selbsthilfegruppe „ceres
Stuttgart“ tätig. Wo sie einst
selbst ein offenes Ohr und Trost
gefunden hat gibt sie Rat und Tat
weiter und leitet heute die
Geschäftsstelle des regionalen
Vereins im Austausch mit dem
Bundesverband.
Ihre 8 Lebensjahrzehnte sieht
man ihr kaum an. Sie ist nach wie
vor quirlig wie eine Sechzigjährige.
Die Neumarkter Bevölkerung
hatte an einem Samstag im
Sommer 2014 die Gelegenheit
sich beim mobilen Schlaganfallbus rund um dieses wichtige
Thema zu informieren. Es ging
vor allem um Behandlungsstrategien und Präventionsmöglichkeiten. Wer wollte, konnte im Bus
vom erfahrenen „Stroke Unit“ Team des Neumarkter Klinikums
sein persönliches Schlaganfallrisiko durch eine Blutdruckmessung und Cholesterinbestimmung testen lassen. Dr. Handschuh informierte die interessierten Besucher weiter mit Vorträgen unterm geöffneten Dach des
Busses.
Der Bundesverband SHV –
FORUM GEHIRN e. V., vertreten
durch Ingrid Pramberger, konnte
die Neumarkter Gruppe mit einer
gut ausgestatteten Öffentlichkeitspräsentation unterstützen.
Die Standbetreuerinnen gaben
bereitwillig Tipps und Anregungen aus ihren Erfahrungen als
Betroffene und Angehörige von
Menschen mit erworbenen
Hirnschädigungen an die Besucher weiter. Die AOK Bayern
informierte über ernährungsbedingte Risikofaktoren und das
bayerische Deutsche Rote Kreuz
demonstrierte die Erstversorgung vor Ort.
I. Pramberger, E. Jodl, Chr. Hartwig und E.
Englmann (v.l.n.r.) berichten von eigenen
Erfahrungen
Am Ende des Aktionstages
waren alle Akteure sehr zufrieden
mit der gelungenen Veranstaltung und dem großen Interesse
der Bevölkerung.
Ingrid Pramberger
[email protected]
Wir gratulieren Heidi Ossmann
aufs herzlichste zu ihrem Ehrentag und wünschen ihr für ihren
weiteren Lebensweg alles Gute,
viel Gesundheit und Freude beim
Wirken für Menschen mit erworbenen Hirnschädigungen.
Termine
Mitgliederversammlung 2015
9. Nachsorgekongress
Unsere nächste Mitgliederversammlung findet am 27. Februar 2015 ab
14.00 Uhr in der Eventpassage,
Kantstraße 8, 10623 Berlin, statt.
Neben dem Rechenschaftsbericht
über die Aktivitäten unseres Verbandes im Jahr 2014 und der Vorstellung der Schwerpunkte für das Jahr
2015 durch die Vorsitzende Roswitha Stille, werden auch die Neuwahlen zur Besetzung des Vorstandes
durchgeführt.
Wir laden unsere Mitglieder dazu
recht herzlich ein und freuen uns auf
eine rege Teilnahme.
Die Einladung zur Mitgliederversammlung mit den Tagesordnungspunkten wird Ihnen rechtzeitig
zugehen.
Wie im Vorjahr findet der 9. NSK vom
26.02. - 27.02.2015 in der Eventpassage, Kantstraße 8 in 10623 Berlin,
statt.
Das Thema des Nachsorgekongresses lautet: „Teilhabe konkret –
lernen und umsetzen“. Der vorläufige Ankündigungsflyer liegt dieser
Ausgabe bei. Besonders zu erwähnen sei, dass die Angehörigen und
Betroffenen diesmal schon am 1.
Tag zu Wort kommen werden.
Ferner werden wieder hochkarätige
Fachleute aus den Ministerien und
dem Gesundheitswesen teilnehmen
und uns über den Stand der Umsetzungen unserer in den Vorjahren
gestellten Forderungen informieren.
Nehmen Sie teil – es lohnt sich!
dialog
S. 8