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Hinweis Bei dieser Datei handelt es sich um ein Protokoll, das einen Vortrag im Rahmen des Chemielehramtsstudiums an der Uni Marburg referiert. Zur besseren Durchsuchbarkeit wurde zudem eine Texterkennung durchgeführt und hinter das eingescannte Bild gelegt, so dass Copy & Paste möglich ist – aber Vorsicht, die Texterkennung wurde nicht korrigiert und ist gerade bei schlecht leserlichen Dateien mit Fehlern behaftet. Alle mehr als 700 Protokolle (Anfang 2007) können auf der Seite http://www.chids.de/veranstaltungen/uebungen_experimentalvortrag.html eingesehen und heruntergeladen werden. Zudem stehen auf der Seite www.chids.de weitere Versuche, Lernzirkel und Staatsexamensarbeiten bereit. Dr. Ph. Reiß, im Juli 2007 Philipps-Universität Marburg Fachbereich Chemie Übungen im Experimentalvortrag Wintersemester 1997/98 Protokoll zum Experimentalvortrag "Mehr als das Salz in der Suppe" vom 17. Dezember 1998 r> I vorgelegt von Wilfried Budde Wehrdaer Weg 9 35037 Marburg Chemie in der Schule: www.chids.de Inhaltsverzeichnis 1. Einleitung: "Mehr als das Salz in der Suppe" 1 2. Vier Ausschnitte aus der Geschichte des Salzes 2 3. Salz und Salzlagerstätten 3.1 Salzgehalt der Meere • DEMO 1: 4 Meerwasser aus 1 I Nordseewasser 3.2 Entstehung der Salzlagerstätten 6 3.3 Vorkommen von Steinsalzlagern 7 3.4 Auslaugung von Salzlagern (Solequellen) 8 • VERSUCH 1: Entstehung einer Solequelle 4. Struktur von Steinsalz (NaCI) • DEMO 2: Plastizität von Steinsalz 5. Methoden der Salzgewinnung ~ VERSUCH 2: • DEMO 3: 11 12 Funktion eines Gradierwerks Solereinigungsverfahren 6. Einsatzbereiche und Verwendung von NaCI 20 6.1 Industrie 22 • VERSUCH 3: Chloralkali-Elektrolyse 6.2 Gewerbe • VERSUCH 4: 26 Wirkung von Auftausalz 6.3 Speisesalz im Alltag • DEMO 4: Verklumpen von Magnesiumchlorid 7. NaCI und seine Funktion im Organismus • VERSUCH 5: 29 Physiologische Kochsalzlösung 8. NaCt in der menschlichen Ernährung • VERSUCH 6: "Leuchtende Gewürzgurke" • VERSUCH 7: Potentiometrische CI--Bestimmung 9. Literaturverzeichnis Chemie in der Schule: www.chids.de 28 32 37 1. Einleitung. "Mehr als das Salz in der Suppe" Salz spielt in unserem alltäglichen Leben eine Rolle, die sich in unserer Wahrnehmung zumeist auf das Würzen (Salzen) von Speisen beschränkt. "Salz ist aber mehr als nur das Salz in der Suppe", und das möchte ich in diesem Experimentalvortrag deutlich machen. Wenn ich in dieser Ausarbeitung von Salz spreche bzw. Salz schreibe, meine ich damit immer die chemische Verbindung Natriumchlorid (NaCI). Die Begrifflichkeiten sind zum Teil recht verwirrend, da ist von Salz, Kochsalz, Steinsalz, Siedesalz, Meersalz, Auftausalz, u.a. die Rede. Ich hoffe, daß ich ein wenig Klarheit in dieses r--. Durcheinander bringen kann. Übrigens: Dem Suppen-Kaspar fehlte das Salz in der Suppe. Die Geschichte vom Suppen-Kuspar /~ iW "~~' '-'C..,. . I - Chemie in der Schule: www.chids.de --- , --_. " 2 2. Vier Ausschnitte aus der Geschichte des Salzes Die Geschichte des Salzes ist "ewig" alt und es gibt ganze Bücher, die sich damit beschäftigen. Ich möchte hier nur vier kleine Ausschnitte anführen, die zeigen sollen, wie eng die Geschichte des Salzes mit der Kulturgeschichte des Menschen verknüpft ist und welche "Relikte" noch heute daran erinnern. I. Wie der Mensch auf das Salz kam: Die Siedlungsgeschichte Jerichos, der berühmten Stadt der Bibel, geht auf das Jahr 8000 v.Chr. zurück, wie radiochemische Untersuchungen nach der C14-Methode zeigen. In den Schichten der Stadt, die Archäologen freilegten, fanden sich Mahlsteine, Mörser und Stößel, die beweisen, daß hier Ackerbau betrieben worden ist. Im Jerichotal ging demnach der Übergang vom Nomadentum zum Seßhaftwerden vor sich. Mit dem Beginn des Ackerbaus setzte untrennbar der regelmäßige Gebrauch von Salz ein. Nomaden sind Jäger und Sammler, die vom Jagen und Fangen wildlebender Tiere und dem Sammeln von Wurzeln, Früchten und Beeren wildwachsender Pflanzen lebten. Bei dieser Wirtschaftsform wurde das Fleisch entweder roh gegessen oder (vorwiegend) gebraten, wobei das im Fleisch enthaltene Salz kaum verloren ging. Mit dem Seßhaftwerden änderten sich die Ernährungsgewohnheiten, pflanzliche Nahrung gewann an Bedeutung und Fleisch wurde zunehmend gekocht, wobei sich viel Salz aus dem Fleisch herauslöste. Es bestand daher die physiologische Notwendigkeit (vgl. Kapitel 6), dem Körper zusätzliches Salz zuzuführen. Für die Entscheidung, wo eine Siedlung errichtet werden sollte, wurde das Vorhandensein von Salz ebenso wichtig wie das von Wasser. 11. Als die Götter entstanden: "Ihr seid das Salz der Erde" (Matthäus 5,13), so heißt der bekannte Satz aus dem Matthäus-Evangelium. Salz gilt hier als Symbol der reinigenden Chemie in der Schule: www.chids.de 3 und erhaltenen Kraft. Es gibt noch eine Reihe anderer TextsteIlen in der Bibel, in denen auf das Salz Bezug genommen wird. In allen spiegelt sich der Wert und die Bedeutung des' Salzes für das menschliche Leben wider. Salz war darüber hinaus Bestandteil vieler alter Kulte und Riten. Fast immer gehörte Salz neben Früchten und Tieren zu den Opfergaben, die man den Göttern darbot. So wird im 3. Buch Mose vom Salzbund zwischen Gott und den Menschen berichtet. 111.Von Wegen und Straßen: Das Salz mußte transportiert werden, gleichgültig, ob als Geld oder als Handelsgut. Salz war nicht überall verfügbar und so wurde es zu einem der wichtigsten Handelsartikel in Europa, Afrika und Asien. Die großen Handelswege der Vergangenheit waren sehr häufig Salzwege, und der Begriff "Salzstraße" ist wahrscheinlich schon mehr als 3000 Jahre alt. Auf der Via Salaria wurde das Salz aus den Salzgärten von Ostia über den Apennin nach Truentum an die Adria befördert. Die Salzstraßen des Mittelalters gingen von Halle an der Saale, Reichenhall, Salzburg und Kolberg aus; die Route Lüneburg-Lauenburg-Mölln-Lübeck heißt heute noch so. Salzkarawanenstraßen verbanden die Salzoasen der Lybischen Wüste miteinander. Auch Flußläufe und Seewege spielten für den Salztransport eine wichtige Rolle. IV.Vom Handel und Geld: Salz als Geld, das klingt zunächst ungewöhnlich und doch war das manchmal der Fall. Salz war eine begehrte Handelsware und Tauschmaterial, die schon frühzeitig "Geldwert" dargestellt hat. Der Ausspruch auf "Heller und Pfenning" erinnert noch heute an die im Mittelalter in der Stadt Schwäbisch Hall geprägte Münze. Hall bedeutet Salz und der Heller (ursprünglich Häller) soll als kleinste Münze bei der Bezahlung der Arbeiter in den ansässigen Salinen gedient haben. Chemie in der Schule: www.chids.de 4 Die heutige Millionenstadt München verdankt ihre Existenz oder zumindest ihre Bedeutung dem Salz. Das Salz aus Reichenhall wurde lange Zeit über die alte Isarbrücke bei Freising bis hin nach Augsburg transportiert. Im Jahre 1156 ließ Heinrich der Löwe diese alte Isarbrücke zerstören und sorgte dafür, daß von nun an das Salz über eine neu erbaute Brücke bei der Siedlung "Munichen" transportiert wurde. Neben den Zolleinahmen erlangte die Siedlung das Markt- und Münzrecht und begründete damit ihren Aufschwung. Geradezu zwangsläufig erweckte Salz als begehrtes und lebensnotwendiges Gut das Interesse des Staates bzw. das der Herrschenden. Seit frühester Zeit wurden daher Zölle und Steuern auf das Salz erhoben. Seit 1867 wird in Deutschland, die durch den damaligen deutschen Zollverein eingeführte, einheitliche Salzsteuer erhoben, die bei 12 DM/100 kg liegt. Die nicht für den menschlichen Genuß bestimmten Salzsorten werden durch Vergällungsmittel (Eisenoxid, Eosin, u.a.) für den Genuß untauglich gemacht und sind daher von der Salzsteuer ausgenommen. Die Salzsteuer wurde als sogenannte Bagatellsteuer 1993 abgeschafft. 3. Salz und Salzlagerstätten 3.1 Salzgehalt der Meere DEMONSTRATION 1: Meerwasser aus 1 I Nordseewasser Den Salzgehalt des Meerwassers kann man sehr anschaulich dadurch zeigen, indem man 1 I Meerwasser eindampft und das getrocknete Salz anschließend in einen möglichst ungraduierten Standzylinder füllt. Den Wasserstand,den 1 I Wasser einnehmen würde, markiert man entsprechend am Standzylinder. Chemie in der Schule: www.chids.de 5 Alles Salz, ob es nun in Salzgärten, aus Sole oder im Bergwerk gewonnen wird, stammt im Endeffekt aus dem Meer. Alle großen Salzablagerungen sind aus dem Meer kristallisiert. Das Meerwasser (Ozeane) besteht zu etwa 3,5 % aus gelösten Salzen. Die 3,5 % sind allerdings nur ein Durchschnittswert, in kühlen Meeren und Meeresbecken (Ostsee: 1-2 %) mit überwiegender Süßwasserzufuhr liegt der Salzgehalt niedriger, in Gebieten mit starker Verdunstung (Totes Meer: 26 %) zum Teil beträchtlich höher. Das Meerwasser ist eine Salzlösung (vgl. Abb. 1), die im wesentlichen Kochsalz, daneben auch noch Kaliumchlorid, Magnesiumsulfat, Calciumsulfat, Calciumcarbonat und andere Salze enthält. Neben den anorganischen Salzen r> enthält das Meerwasser auch gelöste Gase, die aus dem kontinuierlichen Kontakt und Austausch mit der Atmosphäre stammen. Seine chemische Zusammensetzung ist seit Beginn des Paläozoikums vor etwa 600 Millionen Jahren annähernd konstant. Die Kationen sind dabei als Verwitterungsprodukte der die Kontinente aufbauenden Gesteine und Erden aufzufassen, die von den Landmassen durch die Flüsse ins Meer transportiert werden. Im Gegensatz dazu sind die Anionen im wesentlichen durch Entgasungsprozesse aus tieferen Gesteinsschichten der Erdkruste und des Erdmantels in das Meerwasser gelangt . Abb. 1: Meerwasseranalys 100% 90% 80% ~ 0 [J CaC03 0,28 70% DMgBr2 0,28 60% . B KCI 50% D CaS0 4 3,70 40% 30% 20% 10% 0% Chemie in der Schule: www.chids.de 2,28 D MgS0 4 6,55 B MgCl2 9,40 [] NaCI 77,49 6 3.2 Entstehung der Salzlagerstätten Die Bildung der Salzlagerstätten ist auf den ersten Blick ein einfacher und logischer Vorgang: Das Wasser verdunstet - das Salz bleibt übrig. Bei einer 100 m hohen Wassersäule hätte man allein durch Verdunstung eine etwa 1,6 m dicke Salzschicht zu erwarten. Im norddeutschen Zechstein findet man allerdings Lagerstätten mit einer Mächtigkeit von über 600 m bis hin zu 1000 m. Das Meer, aus dem diese Salzschicht ausfallen kann, müßte etwa eine Tiefe von 60 km gehabt haben und das ist schlicht undenkbar. Die Salzlagerstättenbildung ist demnach ein weitaus komplizierterer Vorgang. Abb. 2: Entstehung eines Salzlagers nach der Barrentheorie nachströmendes Salzwasser I I I Verdunstung Weltmeer Eine Erklärung liefert die von earl Ochsenius begründete Barrentheorie (vgl. Abb. 2). Nach dieser Theorie werden 4 Verdunstungsphasen unterschieden, in denen die Salze gemäß dem Prinzip der Fraktionierten Kristallisation ausfallen. Die Konzentrationen der Ionen im Meerwasser sind so gering, daß keine Salze ausfallen können. Nur in bezug auf Calciumcarbonat ist Meerwasser in vielen Ozeanteilen übersättigt. Um andere Salze zur Ausscheidung zu bringen muß Chemie in der Schule: www.chids.de 7 die Konzentration im Meerwasser stark erhöht werden. Nach der Barrentheorie ist dazu ein weitgehend vom offenen Ozean abgetrennter Meeresteil notwendig. Ist die sogenannte Barre so gestaltet, daß nur soviel Seewasser über sie fließt, wie an der Oberfläche des Beckens verdunsten kann, so bildet sich bei warmen, regenlosen oder regenarmen Klima (arides Klima) und fehlendem Zufluß von Süßwasser zu der Bucht ein Salzlager. Dabei muß sich das Ablagerungsbecken in dem Maß senken bzw. die Barre tektonisch anheben, wie sich das Salz ablagert. Schichten aus feinem Sand und Ton schützen das Lager vor späterem Wassereinbruch. Die Reihenfolge der Sedimentation entspricht dabei den Löslichkeitsverhältnissen der Salze ~. (4 Phasen: CaC0 3- , CaS04-, NaCI- und K-Mg-Chlorid-Sulfat-(Edelsalz)- Phase). In Wirklichkeit sind die Verhältnisse noch weitaus komplexer. 3.3 Vorkommen von Steinsalzlagern Marine Salzlager sind in den meisten geologischen Formationen entstanden, und ihre Bildung läßt sich über einen Zeitraum von annähernd 600 Mill_ionen Jahren in vielen Teilen der Erde verfolgen. Für Europa sind die bedeutendsten Lagerstätten die in der Perm-Periode gebildeten Lager der ZechsteinFormation (vor 240 Millionen Jahren) in der Norddeutschen Tiefebene. Das sogenannte Zechsteinmeer hatte eine Fläche von fast 500 000 km2 und erstreckte sich zwischen England und Polen in West-Ost und von Dänemark bis Thüringen/Hessen in Nord-Süd-Richtung. Die durchschnittliche Tiefe dürfte mindestens 200 m betragen haben. Die geologische Formation des Trias (vor 200 Millionen Jahren) lieferte die Salzlager an Neckar und Kocher sowie die Salzvorkommen von Berchtesgaden. Die heute erschlossenen Salzlagerstätten liegen nicht alle in der ursprünglichen flachen Lagerung vor. Statt dessen sind viele Lagerstätten steil gelagert, man spricht dann auch von Salzstöcken (vgl. Abb. 3) , Salzdomen oder Diapiren. Eine Ursache für die Entstehung dieser steilen Lagerstätten ist die Plastizität des Salzes. Unter hohen Drücken ist Salz plastisch verformbar Chemie in der Schule: www.chids.de 8 und beginnt zu "fließen". Für das Aufsteigen der Salzmassen und die damit verbundene Bildung der Salzdome ist außerdem noch die niedrigere Dichte von Salz gegenüber den umgebenden Sedimentgesteinen verantwortlich . Neben den festen Lagerstätten finden sich auch flüssige Salzlagerstätten, in denen das Salz in Form konzentrierter Solen vorliegt. Abb. 3: Schnitt durch einen Salzstock 54 W1 W I WI4 WNW 0 W2 5I oso 53 o 511 200. 400 . r>. 600 1000 . \200 . \400. 16OC' 1600 . 1800 1800. . 200c 2000. l ias 2200 . .2200 . 2400 2400. _ :!6OC 2600 . Keuper .28OC, 3000. 3000 ndS\t\ (\ ~u'C\\~ 3200. 3400 . 3600 . ,I """'. 3.4 Auslaugung von Salzlagern (Solequellen) Steinsalz ist sehr leicht in Wasser löslich, normalerwe ise findet man es daher nirgends natürlich aufgeschlossen, sondern meist erst mehr als 100 m unter der Erdoberfläche . Unter bestimmten Bedingungen , beispielsweise der Tieferlegung eines Flusses oder durch Grundwasser, können Steinsalzlag er weggelöst werden. Die Auflösung der Salzgesteine bewirken eine beträchtliche Reduktion der ehemaligen Schichtmächtigke it. Die Auflösung erfolgt nicht kontinuierlich und flächig , Chemie in der Schule: www.chids.de so daß es zu Auflockerungen und 9 Verkarstungserscheinungen im Gestein kommt. Dadurch werden Aufstiegswege für salzhaltiges Wasser geschaffen, was zum Austritt von Solequellen führen kann. Als Sole bezeichnet . man definitionsgemäß salzhaltige Wässer, deren NaCI-Gehalt über 15 gll liegt. Abb. 4: Salz- und Solevorkommen im Bad Reichenhaller Becken Einzugsgebiet (Grundwassemeubildung) ,.,..........,. ~ ~~ Reichenhaller Kalk (Grundwasser leiter = gesättigte Sole) Damit salzführendes Wasser an die Oberfläche dringen kann, muß es unter artesischem Druck stehen. Niederschlagswasser versickert und dringt schließlich bis zu den salzführenden Schichten im Untergrund vor. An Klüften und entlang von Verwerfungen steigt das unter Druck stehende Wasser dann nach oben, gelangt entweder an die Oberfläche oder wird entlang von wasserundurchlässigen Schichten unter der Bodenoberfläche weiterverfrachtet. In Abhängigkeit von den geologischen Bedingungen treten Solequellen auch dort zu Tage, wo sich in unmittelbarer Nähe eigentlich keine Salzlagerstätten finden (z.B. Solequellen in der Hellweg-Region) . Chemie in der Schule: www.chids.de 10 In der Abb. 4 sind die Verhältnisse für die Solequellen Bad Reichenhalls dargestellt. Die eigentlichen Laugungsräume Salzgestein, liegen während dabei die im Haselgebirge, Grundwasserneubildung dem im umliegenden Kalkgebirge erfolgt. VERSUCH 1: Entstehung einer Solequelle In diesem Versuch werden die Auflösung des festen Steinsalzes durch absinkendes Wasser und die artesischen Verhältnisse an der Solequelle gezeigt. Durchführung: Chemikalien: Silbernitrat-Lsg. (w =0,1), Steinsalz (farbig) Materialien: große Chromatographiesäule, Stativmaterial, PVCSchlauch, Quetschhahn, Glaswolle, Demoreagenzglas Sonstiges: verschiedene Gesteine, Sand, Kies In die Chromatographiesäule wird zunächst ein kleiner Glaswollebausch gestopft, um zu verhindern, daß späteres Füllmaterial den feinen Auslauf der Säule verstopft. Darauf gibt man einige Brocken festes Steinsalz und überschichtet anschließend mit den verschiedenen Stein- und Kiesmaterialien, welche die geologische Schichtung (z.B. Quartäre u, Tertiäre Sedimente, Muschelkalk, Buntsandstein, Steinsalz u.a.) darstellen sollen. Der Auslauf der Säule wird mit einem PVC-Schlauch verbunden und mit einem Quetschhahn verschlossen. Danach gibt man möglichst kontinuierlich Wasser auf die Säule und reguliert den Wasserfluß mit Hilfe des Quetschhahns ein. In der austretenden Salzlösung lassen sich Chlorid-Ionen mit der Silbemitrat-Lösung nachweisen. Chemie in der Schule: www.chids.de 11 Auswertung: Die Trübung im Demoreagenzglas wird durch die Fällung von Silberchlorid hervorgerufen. AgCli (weiß) + H30+ + N0 3(KL AgCI = 10-10 mo1 211 2 ) 4. Struktur von Steinsalz (NaCI) Abb . 5: Kristallstruktur und Eigenschaften von NaCI Ionenkristall-Gitter: NaCI (6/6) Härte (Mohs): 2 Dichte: 2,1-2,2 g/cm 3 Farbe/Glanz: farblos Bruch: muschelig, spröde Spaltbarkeit: {100} vollkommen, Translation auf {11O} Farbigkeit von Steinsalz: • gelbe bis braune Färbung: -+ Einlagerung von Hämatit und Limonit • graue bis schwarze Färbung: -+Einschlüsse von Ton und organischen Material • Phänomen: "Blaues Steinsalz" -+ Farbzentren mit freien Elektronen im Kristallgitter, hervorgerufen durch radioaktive i'-Strahlung Chemie in der Schule: www.chids.de 12 DEMONSTRATION 2: Plastizität von Steinsalz Steinsalz ist plastisch verform bar, diese Eigenschaft spielte bei der Entstehung der steilen Lagerstätten eine wesentliche Funktion. Die Plastizität kann man leicht zeigen, indem man kleine Spaltstücke verbiegt. Die Spaltstücke werden dazu mit Hilfe von Messer und Hammer vom Mineral abgetrennt. Dabei ist darauf zu achten, daß lediglich parallel zu den Kanten des kubischen Kristalls eine vollkommene Spaltbarkeit besteht. Trifft man diese Spaltebene nicht, bekommt man keine gleichmäßigen Stäbchen, sondern bestenfalls unregelmäßige Bruchstücke. Die etwa 1 cm langen und 2r> 3 mm breiten Stäbchen legt man anschließend für einige Minuten in eine annähernd gesättigte Kochsalz-Lösung. Fehlstellen an der Gitteroberfläche können auf diese Weise ausgeglichen werden. Mit etwas "Glück" gelingt es danach die Spaltstücke unter gleichmäßigem, aber nicht zu kräftigen Druck sichtbar zu verbiegen. Die Plastizität ist auf die Translationsebene {110} zurückzuführen, in der man die Gitterbausteine gegeneinander verschieben kann, ohne daß der Gitterzusammenhalt durch Aufeinandertreffen von gleichen Ladungen verloren geht. 5. Methoden der Salzgewinnung Natriumchlorid wird in der Hauptsache nach drei Methoden gewonnen. Je nach Gewinnungsmethode bekommt das Salz einen besonderen Namen. (1 )Verdunstung von Meerwasser in Salzgärten: (2)Bergmännischer Abbau: (3)Eindampfen von Sole: Chemie in der Schule: www.chids.de ~ -+ MEERSALZ -+ STEINSALZ SIEDESALZ (Kochsalz) 13 Abb. 6: Heutige Gewinnung von Speise- und Gewerbesalz SteinsalzLagerstätte Aussolen Bergmännischer Abbau Chemische Solereinigung Auflösung Kristallisation Mechanische Aufbereitung Eindampfung Kristallisation Nachbehandlung Nachbehandlung II Nachbehandlung ~ SIEDESALZ SIEDESALZ STEINSALZ In Deutschland werden etwa 90 % des Salzes als Steinsalz gefördert, der Rest wird aus Solen gewonnen. In warmen Länder, zum Beispiel an den Küsten des Mittelmeeres, ist der Anteil von Meersalz an der Gesamtproduktion beträchtlich. In Spanien beträgt der Anteil ungefähr 80 0/0, in Italien etwa 60 0/0 und in Frankreich wird fast die Hälfte des Bedarfs an Salz aus Meerwasser gewonnen. Die Salzgewinnung in Salinen ist eine sehr alte Methode, bereits in den Salzgärten der Antike nutzte man die Sonnenwärme, um das Wasser zu verdunsten. Übrigens findet man hier die gleiche Abscheidungsfolge der Salze, wie sie auch der Barrentheorie zugrunde gelegt ist. Die Abb. 6 gibt einen Überblick über die heutige Gewinnung von Speise- und Gewerbesalz. Man ist heute nicht mehr auf natürliche Solequellen angewiesen, Chemie in der Schule: www.chids.de 14 sondern man beutet auch Salzlagerstätten dadurch aus, daß entweder die Salze durch in die Tiefe gepumptes Wasser unter Tage gelöst werden oder man stellt die gesättigte Sole durch Lösen von bergmännisch gefördertem Steinsalz her. Als Speise- oder Tafelsalz wird fast ausschließlich das aus dem Eindampfen von Sole erzielte Siedesalz verwendet, was sich durch eine höhere Reinheit gegenüber dem Steinsalz auszeichnet. Das bergmännisch gewonnene Steinsalz wird dagegen vorwiegend als Gewerbe- und Fabriksalz verwendet (vql, Abb. 9). Abb. 7: Standorte der deutschen Salzindustrie o l 50 I 100 kJn I • 11 Bergwerk Chemie in der Schule: www.chids.de • Saline 15 Die Technik der Siedesalz-Herstellung ist in Europa bereits seit dem 5. Jahrtausend v.Chr. bekannt. Notwendig für dieses Herstellungsverfahren war das Vorhandensein einer Solequelle, die häufig mehr oder wenig zufällig entdeckt wurde. So soll angeblich ein sagenumwobenes Schwein vor mehr als 1000 Jahren die Solequelle vor den Toren der Stadt Lüneburg entdeckt haben. Die primitivste Technik der Siedesalz-Gewinnung war das Übergießen von heißen Steinen mit Salzwasser, man schabte danach die Salzkruste dann einfach von den Steinen ab. Bereits etwas fortschrittlicher war die sogenannte Briquetage-Technik, bei der die Sole in Tongefäßen auf kurzen Füßen in die Glut gestellt wurden. Bereits aus dem 7. Jahrhundert n.Chr. sind Siedepfannen bekannt. Zur Eindampfung der Sole verwendete man nun metallene Pfannen, in denen die Siedesalzgewinnung in einem wesentlichen größeren Rahmen und vor allen sehr viel effektiver durchgeführt werden konnte. Problematisch bei dieser Methode ist der immense Verbrauch an Heizmaterial, fast ausschließlich Holz neben etwas Kohle. Holz wurde in der Nähe der mittelalterlichen Siedehütten bald zur Mangelware und mußte unter großen Mühen herangeschafft werden. Die Brennstoffknappheit zwang die Salzsieder ab dem Mittelalter, Siedemethoden zu finden, die weniger Brennmaterial erforderten. Ein Weg zu diesem Ziel war die Soleanreicherung. Es waren mehrere Methoden der Soleanreicherung im Gebrauch, die für die Salzgewinnung bedeutendste Verbesserung brachte die Domgradierung (vgl. Versuch 2), die im 18. Jahrhundert aufkam. Unter Gradierung (Iat. gradus = Schritt) versteht man die Konzentrierung der Sole durch Wasserverdunstung, die Sole wird somit auf einen höheren "Grad" gebracht. Die Salzgewinnung aus höher konzentrierterer Sole war entsprechend gewinnbringender für die Salzsieder, weil einfach weniger Brennmaterial benötigt wurde. Die Gradiertechnik verlor ihre Bedeutung mit der Erbohrung von Solebrunnen. Die Förderung von hochkonzentrierter Sole, unabhängig davon, Chemie in der Schule: www.chids.de 16 ob es sich um natürliche Solevorkommen oder um ausgesolte Steinsalzlager handelte, machte die zeitaufwendige Gradierung überflüssig. Heute dampft man die Sole nicht mehr in offenen Pfannen ein, sondern verwendet geschlossene Verdampfergefäße, um die Energiekosten zu minimieren. Die Bemühungen um eine bestmögliche Wärmeausnutzung führten zur Anwendung der Mehrfachstufenverdampfung , bei der mehrere Verdampfer hintereinander geschaltet sind. Vor dem Einfüllen in die Verdampfergefäße muß die Rohsole einer Reinigung unterzogen werden (vgl. Demonstration 3). Aus der Verdampferanlage wird ein Salzbrei abgezogen, der anschließend durch Eindicker und Zentrifugen entwässert und dann Trocknern J~ zugeführt wird. Danach wird das Salz über Siebmaschienen in verschiedene Körnungen klassiert. Im Jahre 1993 waren in Deutschland sechs bedeutende Unternehmen in der Salzproduktion tätig, darunter befinden sich neun Salzbergwerke (z.B. Solvay Salz, Borth; Kali und Salz, Hattorf) und vier Salinen (z.B. Saline Bad Reichenhall). VERSUCH 2: Funktion eines Gradierwerks Die mächtigen Gradierwerke prägten lange Zeit das Bild der Sudhütten. Gradierwerke sind Bauwerke von gewaltigem Ausmaßen, zwischen der bedachten Gerüstkonstruktion aus Holzbalken wird das Reisig in Bündeln rund 10m hoch aufgeschichtet. Zum Gradieren verwendete man meistens Bündel aus Schwarzdornreisig (Schwarzdorn, Schlehe =Prunus spinosa) , über die man die Sole verrieselte. An den Domen, welche die Oberfläche enorm vergrößern, entstehen feinste Flüssigkeitströpfchen, die durch die Sonnenwärme verdunsten und damit die Konzentrierung der Sole bewirken. Die konzentrierte Sole wurde in Behältern aufgefangen, die meistens unter den Domwänden in die Erde eingelassen waren. Chemie in der Schule: www.chids.de 17 Wichtig bei der Gradierung war die gleichmäßige Verteilung der Sole auf die Dornwände, die im übrigen alle 5-6 Jahre erneuert werden mußten. Dieses geschah mit Hilfe von Leitungen oder Behältern und zahlreichen, daran angeschlossener Hähne. Die Beaufsichtigung der Gradierwerke und die Bedienung der Hähne geschah durch die Gradiermeister und ihre Helfer. Sie hatten außerdem dafür zu sorgen, daß je nach Windverhältnissen die eine oder andere Seite des Gradierwerks mit Sole beaufschlagt wurde. Druckpumpen, angetrieben von Wasserrädern, förderten die Sole dabei empor. Die Sole mußte mehrfach über die Dornwände laufen, bis die gewünschte Aufkonzentration erreicht war. r>. Das feine Zerstäuben der Sole am Dornreisig hatte für den anschließenden Siedeprozeß noch einen weiteren Vorteil: Entsprechend ihres geringen Löslichkeitsproduktes schieden sich vor allem auch Verunreinigungen beim Aufkonzentrieren der Lösung ab, z.B. Calcium- und Magenesiumcarbonate und -sulfate. Dieser sogenannte Domstein wurde wegen seines Mineralienreichtums gern als Düngemittel eingesetzt. Die Luft in der Nähe der Gradierwerke wird durch die Zerstäubung der Sole mit Salz angereichert, ein Aerosol entsteht. Demnach hat ein Aufenthalt am Gradierwerk den gleichen Effekt wie ein Spaziergang am Meer; er lindert Erkrankungen r> der Atemwege. Gradierwerke werden neben dem kulturhistorischem Interesse auch zu Kurzwecken erhalten und genutzt. In diesem Versuch wird die Ankonzentrierung der Sole durch ein Modellgradierwerk verdeutlicht. Durchführung: Chemikalien: Sole oder verdünnte Natriumchlorid-Lsg. (verunreinigt) Materialien: großer Glastrichter, pneumatische Wahne, PVCSchlauch, Schlauchklemme, Niveaugefäß, Stativmaterial, Vollpipette (50 ml), Bechergläser, Waage Sonstiges: Schlehenreisig und -äste, Wickeldraht, Gartenschere Chemie in der Schule: www.chids.de 18 Aus dem Schwarzdornreisig bindet man kleine, etwa 20 cm lange Bündel, die man gleichmäßig in ein Gestell aus Schlehenästen schichtet. Dabei werden .- sowohl die Bündel als auch das Gestell gut und fest mit dem Wickeldraht verbunden. Diese Konstruktion stellt den Kem des Modellgradierwerks dar und wird über dem Trichter an einer Stativstange befestigt. Die Sole läuft aus dem Niveaugefäß über den PVC-Schlauch auf das Reisiggeflecht. Um eine optimale Verteilung der Sole zu gewährleisten, kann man den PVC-Schlauch im Endabschnitt mit feinen Löchern versehen (Stopfen am Ende!), aus denen die Sole dann möglichst gleichmäßig austreten sollte. Die Durchflußgeschwindigkeit kann mit dem Quetschhahn eingestellt werden, sie richtet sich nach der jeweiligen Umgebungstemperatur und Luftfeuchtigkeit. Die gradierte Sole läuft dann über den Trichter in die pneumatische Wanne. Den Erfolg der Gradierung kann man verfolgen, indem man die Dichte der Sole vor und nach der Gradierung bestimmt. Die Unterschiede sind in der Regel sehr klein. Die Dichte läßt sich einfach dadurch bestimmen, daß man 100 ml Proben entnimmt, deren Masse ermittelt und daraus die Dichte berechnet. Auswertung: Im Experimentalvortrag wurde Sole aus einer Thermalsolequelle verwendet. In Abb. 8 ist die Dichte nach 5 Gradierschritten aufgetragen. Nach 5 Durchläufen der Sole erhält man eine Dichteerhöhung um den Faktor 1,24. Zum Vergleich, voll gesättigte Sole hat bei 15°C eine Dichte von 1,204 g/ml und einen NaCI-Gehalt von 26,4 % (317,86 g/I). Die hier verwendete Sole hat anfänglich einen NaCI-Gehalt von etwa 70 g/1. Auffällig ist der Rückgang der Dichte zwischen der 1. und 2. Gradierung, der vermutlich auf die Fällung schwerlöslicher Salze im Reisig zurückzuführen ist. Den Dornstein erkennt man als weiß-bräunliche Demonstration 3) besonders auf den Schlehendornen. Chemie in der Schule: www.chids.de Ablagerungen (vgl. 19 Abb. 8: Dichtebestimmung nach Gradierung 1,0460 -r------------,----,------------::l 1,0440 ~ 1,0400 oE GI ~ C 1,0380 1,0360 1,0340 2 3 4 Gradierung DEMONSTRATION 3: Solereinigungsverfahren Gesättigte Sole ist das Ausgangsprodukt für die Herstellung von Siedesalz, (> für die Sodaerzeugung und für die elektrische Gewinnung von Chlor und Natronlauge. Diese Sole wird als Rohsole durch Lösen von Steinsalz, aus natürlichen Solevorkommen oder durch Lösen von Meersalz gewonnen . Sowohl Steinsalz als auch Meersalz enthalten als Hauptverunreinigungen Caund Mg-Verbindungen. Für die Herstellung von Siedesalz müssen diese Verunreinigungen entfernt werden, man nimmt daher eine chemische Reinigung der Rohsole vor. Die Entfernung der gelösten Ca- und Mg-Ionen erfolgt hauptsächlich durch Behandlung der Rohsole mit Kalkmilch und Soda oder auch mit Natronlauge und Soda . In der Technik führt man die Fällung der Ca- und Mg-Verbindungen Magnesiumhydroxid Chemie in der Schule: www.chids.de in zwei (Gleichung 1) Stufen durch. und Mit Kalkmilch wird anschließend durch Soda 20 Calciumcarbonat (Gleichung 2) Sedimentationsvorgangs ausgefällt. werden Zur Flockungsmittel Beschleunigung (z.B. des Polyacrylamide) zugesetzt. (1) Mg 2+ + Ca 2+ + 20H- ---- (2) Ca2+ + 2Na+ + C0 32- ~ Mg(OHhJ.. (weiß) + Ca 2+ b CaC0 3 t (weiß) + 2Na+ Die chemische Reinigung der Rohsole kann man verfolgen, indem man zu der Rohsole Kalkmilch und Soda zusetzt, den Ansatz filtriert und anschließend auf dem Wasserbad eindampft. Der Vergleich mit dem Salz aus unbehandeltet Sole ergibt deutliche Unterschiede in bezug auf Färbung und Menge. _6. Einsatzbereiche und Verwendung von NaCI Die Produktion von Natriumchlorid ist als Folge der gewaltig gestiegenen industriellen Nachfrage etwa ab dem Ende des letzten Jahrhunderts sprunghaft 0· angestiegen. Mit der Patentierung seines Verfahrens zur Herstellung von Soda aus Kochsalz führte Nicholas Leblanc im Jahre 1791 die chemische Industrie in eine neues Zeitalter. Durch die billige Produktion von Soda erlebte die britische Textil- und Glasindustrie einen enormen Aufschwung. Die Produktion von Seife profitierte ebenfalls von der billigen Soda; aus dem Luxusartikel Seife wurde ein Gebrauchsartikel Seife. Dank der größeren Sauberkeit und Hygiene gingen gefährliche ansteckende Krankheiten entscheidend zurück. Chemie in der Schule: www.chids.de 21 Abb. 9: Einsatzbereiche und Verwendung von NaCI MEERSALZ STEINSALZ SIEDESALZ NaCI r>. INDUSTRIE I I I t Medikamente Farbstoffe Lösungsm ittel Kunststoffe C12, NaOH Papier Glas GEWERBE ERNÄHRUNG , . I I I Waschmittel Wasserenthärtung Gerberei Textilfarben Auftausalz Kerarnik . I I f Milchprodukte Backwaren lodsalz Fluorsalz Fleischwaren Infusionslösungen Neben der Soda-Produktion ist es vor allem die Chloralkali-Elektrolyse im Zusammenhang mit der Entwicklung von Kunststoffen einer der wichtigsten Gründe für den Anstieg der Natriumchlorid-Produktion. 1993 wurden allein in Deutschland 12 Millionen Tonnen Salz hergestellt. Die Verwendung von Salz ist äußerst vielseitig, man spricht in diesem Zusammenhang von dem Produkt mit den 10 000 Anwendungszwecken. Die Einteilung in Industrie-, Gewerbe- und Speisesalz bzw. Salz für die Ernährung spiegelt die verschiedenen Anwendungszwecke wider. Chemie in der Schule: www.chids.de 22 6.1 Industrie Unter Industriesalz versteht man das Salz, das für' industrielle Stoffumwandlungen gebraucht wird, das ist in erster Linie die chemische Industrie. Rund 65°A> des gesamten Salzbedarfes in Deutschland werden für die Chloralkali-Elekrolyse und die Sodaerzeugung verbraucht. VERSUCH 3: Chloralkali-Elektrolyse Das Diaphraghma-Verfahren ist das älteste der heute noch in Gebrauch stehenden drei großtechnischen Elektrolyseverfahren zur Chlordarstellung. Es wurde 1891 in der Chemikalienfabrik Griesheim erstmalig durchgeführt. Trotz verschiedener Nachteile (z.B. schlechte Produktqualität, hoher Energiebedarf) ist es zur Zeit noch weit verbreitet, wird aber allmählich durch das MembranVerfahren verdrängt. Als beschichtete Titanstäbe Anodenmaterial verwendet und werden mit Rutheniumoxid als' Kathodenmaterial dienen Sta'hllochbleche. Die Diaphragmen bestehen aus Asbestfasem, werden aber wegen der Umweltbelastung mittlerweile vielfach durch Kunststoffasern ersetzt. Die Chloralkali-Elektrolyse kann in verschiedenen Versuchsaufbauten durchgeführt werden. So eignet sich beispielsweise auch ein U-Rohr mit Glasfritte zur Durchführung des Diaphragma-Verfahrens. Daneben kann die Elektrolyse auch in Projektion auf einem Tageslichtprojektor durchgeführt werden. Vorteilhaft sind dabei die großflächige Darstellung und der geringe Chemikalieneinsatz, weshalb auf einen Abzug für die Durchführung des Experiments verzichtet werden kann. Chemie in der Schule: www.chids.de 23 Durchführung: Chemikalien: Natriumchlorid-Lsg. (YI = 0,1), Stärke-L3g., Kaliumiodid-Lsg., Phenolphthalein-Lsg. Materialien: Elektrolyse-Petrischale (zweigeteilte Plexiglasschale), Platinelektroden (auch andere Elektroden sind geeignet), Gleichspannungsquelle, Amperemeter, Voltmeter, Verbindungsschnüre mit Krokodilklemmen, evt. Stativmaterial, Tageslichtschreiber, Pinzette, Filterpapierstreifen, Glasplatte oder Tropfschale Abb. 10: Schaltskizze für die Chloralkali-Elektrolyse Projektions- . meßgerät Gleichspannungsquet'e + __- - + -__ v= Salzbrücke (Papierstreifen) Natriumchlorid-LOsung Kuoter- oder Kohleelektrode Kupfer- oder Kohleetektrode Elektrolyse-~triS("hale Man gibt die Natriumchlorid-Lösung in beide Teilräume der zweigeteilten Petrischale. Der Mittelsteg der Petrischale stellt dabei das Diaphraghma dar. Als Salzbrücke verwendet man kleine Filterpapierstreifen, die man zuvor in die Salzlösung taucht und gut durchfeuchten läßt. Die Anordnung der Elektroden Chemie in der Schule: www.chids.de 24 und Meßgeräte veranschaulicht die Schaltskizze. Nach dem Auflegen der Salzbrücken wird ein Gleichstrom eingeschaltet, wobei etwa eine Spannung von 10 V eingel'.alten wird. Die Elektrolyse-Petrischale wird auf dem Overhead gestellt, wobei man die Arbeitsplatte des Tageslichtschreibers durch eine zusätzliche Glasplatte oder eine durchsichtige Tropfschale (Petrischale) schützen kann. Außerdem ist es möglich, die Beschriftung der Elektrolyse auf Folie zu schreiben und dann direkt mitzuprojizieren. In den Kathodenraum gibt man zusätzlich einige Tropfen der Phenolphthalein-Lösung und in den Anodenraum etwas festes Kaliumiodid r". oder einige Tropfen einer Kaliumiodid-Lösung. Wenn die im Anodenraum zu erwartende Gelbfärbung nicht deutlich genug zu sehen ist, kann man nachträglich noch Stärke-Lösung zugeben. Auswertung: 2CI- ~ CI2t + 2e- (Oxidation) • ANODE: Nachweisreaktionen: CI2 + 2K+ + zr ~ 12 + 2Cr + 2K+ 12 + r + K+ Nebenreaktion: 13- (gelb-braun) + K+ 3CI2 (Überschuß) + 12 ICI3 (weingelb) 2H20 + 2e- ~ 20H- + H2 t (Reduktion) • KATHODE: Bereits nach kurzer Zeit ist der Ablauf der Elektrolyse direkt an der Gasentwicklung an den Elektroden verfolg bar. Die rosa Färbung im Kathodenraum wird von Hydroxid-Ionen (Phenolphthalein als Säure-BaseIndikator) hervorgerufen, die durch die kathodische Reduktion von Wasser entstehen. An der Kathode entsteht außerdem Wasserstoff, der als Gas aufsteigt und entweicht. An der Anode werden Chlorid-Ionen zu Chlor oxidiert. Chlor wird nachgewiesen, indem es die zugegebenen Iodid-Ionen zu Iod Chemie in der Schule: www.chids.de 25 oxidiert, die dann mit überschüssigen Iodid-Ionen Triiodid-Ionen oder höherwertige Polyiodid-Spezies bilden. Bei Zusatz von Stärke-Lösung kommt es zu der dunkelblauen Einschlußverbindung. An der Anode wird Chlor abgeschieden und kein Sauerstoff, weil dieser an Platin eine Überspannung hat. 6.2 Gewerbe Als Gewerbesalz wird das Salz bezeichnet, das kein Speisesalz ist und nicht für eine industrielle Stoffumwandlung verwendet wird. Darunter fallen belsplelswetse der Einsatz als Regneriersalz bei Ionenaustauschverfahren der Wasserenthärtung, die Verwendung in der Futtermittelindustrie, in der Gerberei, zu Konservierungszwecken und für Kältemischungen. Ein Schwerpunkt des Gewerbesalzeinsatzes ist die Verwendung als Auftausalz. Heute entfallen je nach Härte und Dauer eines Winters etwa 12 % des Salzverbrauchs auf den Straßenwinterdienst. Hierbei handelt es sich in der Regel um reines Kochsalz, das (früher) lediglich aus steuerlichen Gründen für den menschlichen Genuß untauglich gemacht wird (wurde). Neben den großen Vorteilen, die der Einsatz von Auftausalz für die Verkehrsicherheit bringt, gibt r<: I es eine unerfreuliche Nebenwirkung. Natriumchlorid fördert die Korrosion an den Fahrzeugen. VERSUCH 4: Wirkung von Auftausalz Die Wiikung von Auftausalz beruht im Prinzip auf dem gleichen Phänomen, das bewirkt, daß Meerwasser nicht so leicht zu friert wie Süßwasser. Salzwasser hat demnach einen niedrigeren Gefrierpunkt als Wasser. Diese Gefrierpunktserniedrigung von Salzlösungen nutzt man bei der Herstellung von Chemie in der Schule: www.chids.de 26 Kältemischungen, früher für die Herstellung von Speiseeis und eben zum Schmelzen von Eis und Schnee aus. In diesem Versuch wird gezeigt, daß sich die Temperatur einer Eis-WasserMischung durch Zugabe von Salz deutlich erniedrigen läßt. Durchführung: Chemikalien: festes Kochsalz (Viehsalz), Eis Materialien: Magnetrührer mit Rührfisch, Becherglas (500 ml), Digitalthermometer, evt. Stativmaterial rr-. 150 g zerstoßenes Eis werden mit 150 ml Wasser von Zimmertemperatur im Becherglas vermischt und die Temperatur gemessen, sie sollte bei 0 °C liegen. Anschließend gibt man in einem Schwung 25 g Salz hinzu und rührt zügig und sorgfältig um. Sobald sich die Temperatur auf einem Wert eingeregelt hat, gibt man erneut eine Portion Salz hinzu. Auswertung: Nach der Zugabe von Salz sinkt die Temperatur des Gemisches deutlich r> unter 0 °C herab. Diese Gefrierpunktserniedrigung ~tg ist eine Folge der Dampfdruckerniedrigung der Salz-Lösung. Nach dem Gesetz von Raoult ist die Siedepunktserniedrigung proportional der Molalität b des gelösten Salzes, also proportional der Anzahl gelöster Teilchen. Gefrierpunktserniedrigung: ~tg = 2 * Eg * b NaCI [K] Die molale Gefrierpunktserniedrigung Eg ist eine Stoffkonstante, die einen für das jeweilige Lösungsmittel charakteristischen Wert aufweist. Für Wasser ist Eg(H 2 0 ) = -1,86 K * kg Chemie in der Schule: www.chids.de * mol'. Im Falle der NaCI-Lösung entstehen durch 27 Dissoziation zwei Teilchen, daher ist in der Gleichung der Faktor 2 zu berücksichtigen. Aus dem Schmelzdiagramm geht hervor, daß bei Temperaturen unterhalb von -21,12 "C (Eutektikum) Eis und Kochsalz nebeneinander bestehen können. Oberhalb dieser Temperatur gibt es nur entweder eine Salzlösung neben Eis oder eine Salzlösung neben festem Salz. Die maximal erreichbare Gefrierpunktserniedrigung liegt demnach bei -21,12 "C und wird durch die Löslichkeit von Natriumchlorid in Wasser begrenzt. Die Gefrierpunktserniedrigung mit steigender Salzkonzentration wird durch die sogenannte Eiskurve widergegeben. Das Schmelzdiagramm ist stark vereinfacht; in Wirklichkeit sind zur umfassenden Beschreibung des Schmelzvorganges weitere komplizierte Prozesse zu berücksichtigen. Abb. 11: Schmelzdiagramm für das System NaCI/H 20 't- t rci 808- unges. Lsg. H20 /NaCI(I) NaCI(s) + ges. Lsg.(I) o H 2O(s) + ges. Lsg.{1) -21,12 H 2O(s) I + Eutektikum.s, : NaCI{s) + Eutektikurn.s, W(H 2O) 1 0,696 0 W(NaCI) 0 0,304 1 Chemie in der Schule: www.chids.de 28 6.3 Speisesalz im Alltag Speisesalz ist nur das für die menschliche Ernährung bestimmte Salz. Es handelt sich dabei ausschließlich um Meer- und Siedesalz. Nur etwa 5 % der in Deutschland verbrauchten Salze werden als Speisesalz gehandelt. Größtes Einsatzgebiet ist die Lebensmittelindustrie, wo das Salz vor allem für die Konservierung von Lebensmitteln eingesetzt wird. Nur eine geringe Menge geht in Form von Kleinverpackungen direkt in die Haushalte. Vor dem Verpacken wird das Salz zur Erhaltung der Rieselfähigkeit mit Trenn- bzw. Antibackmitteln (Calciumcarbonat, Kieselsäure, Natrium- hydrogenphosphat, Natriumhexacyanoferrat, u.a.) und gegebenenfalls mit weiteren Zuschlagsstoffen versetzt. Die Zusatzstoffe werden dem Salz meist kontinuierlich mittels geeigneter Dosiervorrichtungen beigegeben. Jodiertes Speisesalz enthält zusätzlich 15-25 mg "lod"/kg Salz in Form von Natrium- oder Kaliumiodat. Der Fluoridgehalt von fluoridiertem Speisesalz darf einen Gehalt von 250 mg Kaliumfluorid/kg Salz nicht überschreiten. Daneben werden noch eine Reihe von Sonderprodukten wie Vitaminsalze, Gewürz- und Kräutersalze und verschiedene andere Gewürzzubereitungen auf dem Markt angeboten. DEMONSTRATION 4: Verklumpen von Magnesiumchlorid Das käufliche Speisesalz neigt gelegentlich trotz der zugesetzten Trennmittel zum Verklumpen. Im Haushalt hilft man sich, indem man einige Reiskörner in den Salzstreuer gibt. Für das Feuchtwerden des Speisesalzes ist nicht das Natriumchlorid verantwortlich, sondern das in geringen Mengen enthaltene Magnesiumchlorid. Magenesiumchlorid und auch Calciumchlorid gehören zu den Fremdsalzen, die bis zu einem Anteil von 2,5 % im käuflichen Speisesalz enthalten sein dürfen. Magnesiumchlorid ist nämlich im Gegensatz zu Natriumchlorid hygroskopisch. Man kann das leicht demonstrieren, indem man jeweils eine kleine Probe des getrockneten Salzes auf ein Uhrgläschen aufträgt. Nach einigen Minuten wendet man die beiden Uhrgläschen. Während Chemie in der Schule: www.chids.de 29 das Magnesiumchlorid Luftfeuchtigkeit gebunden hat und an der Glasoberfläche haftet, rieselt das trockene Natriumchlorid leicht herunter. Magnesiumchlorid liegt unter Normalbedingungen als Hexahydrat vor. In der Gleichung ist die Wirkung von Natriumhydrogenphosphat als Trennmittel formuliert. Mg2+ + 2Cr + 2Na+ + HP042- ~ MgHP04~ + 2Na+ + 2Cr 7. NaCI und seine Funktionen im Organismus Für die Lebensvorgänge in den Zellen sind Wasser und Salze in ganz bestimmten Konzentrationen erforderlich. Da der Organismus u.a. durch Schweiß, Urin, Kot und Atemluft laufend Salze und Wasser verliert, müssen diese ständig mit der Nahrungsaufnahme ergänzt werden. Der Bedarf des Menschen ist je nach klimatischen Bedingungen und körperlicher Beanspruchung sehr unterschiedlich. Der normale Erwachsene in Europa benötigt pro Tag etwa 2,5 Liter Wasser und 5 bis 6 g Salz, wobei der Mindestbedarf an Salz bei etwa 1,4 g pro Tag liegt. Na+- und er-Ionen sind an vielen physiologischen Prozessen beteiligt, hier einige wichtige Funktionen: • Aufbau von Knorpel und Knochen • Regulation des Wasserhaushaltes • Erregbarkeit von Muskeln und Nerven • Bildung von Salzsäure im Magen • Geschmacksempfinden Die Verteilung der Salze im Organismus ist komplex, wobei sich Intra- und Extrazellulärraum in bezug auf ihre Ionen-Zusammensetzung deutlich von Chemie in der Schule: www.chids.de 30 einander unterscheiden. Während sich im Inneren der Zellen vorwiegend K+-, Mg 2+_ und POl--lonen finden, überwiegen im Extrazellulärraum Na-, Ca 2+- und Ct-lonen. Allerdings haben die extra- und intrazellulären Körperflüssigkeiten, von wenigen Ausnahmen abgesehen, die gleiche Osmolalität von ca. 290 mosm/kg H20 . Diese Isoosmie ist entscheidend für die Wasserverteilung zwischen Intra- und Extrazellulärraum. Interessant ist, daß die Ionen- Zusammensetzung der Extrazellulärflüssigkeit der des Meeres in etwa entspricht oder anders ausgedrückt: Die Evolution des Lebens ging von Meer aus und die Organismen haben das Milieu des Meeres in ihrer Extrazellulärflüssigkeit bewahrt. Der Salz- und Wasserhaushalt sind sehr eng miteinander verbunden und beide werden hormonell gesteuert. Die NaCI-Auscheidung und Resorption erfolgt in bzw. durch die Niere. VERSUCH 5: Physiologische Kochsalzlösung Das Blut ist neben der Gelenkflüssigkeit (Synovia) und der Tränenflüssigkeit eine ganz wesentliche Extrazellulärflüssigkeit, deren Wasser- und Salzgehalt ebenfalls in ganz engen Grenzen konstant gehalten werden muß. Was ohne diesen Regulationsmechanismus passieren würde, läßt sich an den Erythrocyten demonstrieren. Die Extrazellulärflüssigkeit ist im wesentlichen eine Kochsalzlösung, die 9 9 NaCl/1 enthält. Eine Kochsalzlösung mit 9 g NaCl/1 wird deshalb als Physiologische Kochsalzlösung bezeichnet, sie ist isotonisch mit der Extrazellulärflüssigkeit und schmeckt genauso salzig wie Blut. Physiologische Kochsalzlösung findet in der Medizin Verwendung bei Infusion und zur Behandlung von Wunden. Durchführung: Man läßt einige wenige Tropfen Blut aus der Fingerbeere in die bereitgestellten Reagenzgläser laufen. Das erste Reagenzglas füllt man mit Chemie in der Schule: www.chids.de 31 destilliertem Wasser auf, das zweite mit Physiologischer Kochsalzlösung. Anschließend stellt man beide Proben in ein Projektionsgerät und vergleicht die beiden Lösungen im Hinblick auf Farbe und Trübungsgrad. Alternativ kann man die Proben auch einige Minuten in einer Tischzentrifuge zentrifugieren. Chemikalien: Physiologische Kochsalzlösung (w = 0,9 %) Materialien: 2 Reagenzgläser, Projektionsgerät, Tischzentrifuge, Zentrifugengläser, Gummistopfen, Einwegspritzen Sonstiges: kleine Lanzette, (Sterilium o.ä. Desinfektionsmittel), Heftpflaster Auswertung: Werden die roten Blutkörperchen in eine hypotonische Flüssigkeit (destilliertes Wasser) gebracht, so nehmen sie so lange Wasser auf, bis sie platzen. Ein osmotischer Druckausgleich zwischen dem Zellinneren der Erythrocyten und dem Außenbereich kann in diesem Fall nicht hergestellt werden. Der rote Blutfarbstoff wird beim Platzen der Zellen freigesetzt und löst sich in dem Wasser. Diese Lösung ist klar und bleibt auch nach dem Zentrifugieren rot. Bei der Zugabe von Pysiologischer Kochsalzlösung platzen bzw. schrumpfen die Erythrocyten nicht, weil diese Salzlösung zum Blut isotonisch ist. Die roten Blutkörperchen behalten ihre ursprüngliche Form und setzen das Hämoglobin nicht frei. In der Durchsicht erscheint diese kolloidale Lösung trüb. Die Erythrocyten lassen sich durch Zentrifugation zur Sedimentation bringen, so daß man danach einen roten Bodensatz mit einer klaren und zugleich farblosen Flüssigkeit darüber vorfindet. Chemie in der Schule: www.chids.de 32 8. NaCI in der menschlichen Ernährung Natrium- und Chlorid-Ionen sind in geringen Mengen von Natur aus in allen Lebensmitteln enthalten. Je nach Art der Zubereitung kann der Gehalt erheblich ansteigen. Nach den Daten des Emährungsberichtes von 1988 liegt die Kochsalzzufuhr aus Lebensmitteln im Durchschnitt bei 7,2 g pro Tag. Den größten Anteil haben Brot und Backwaren mit rund 28 %, danach folgen mit etwa 26 % Fleisch und Fleischwaren, sowie Milch und Milchprodukte mit ca. 11 %. Der Salzgehalt von Lebensmitteln kann Nährwerttabellen entnommen werden (vgl. auch Tab. 2). Zuviel ist ungesund, diese Regel gilt auch für Kochsalz. Übertriebener Salzgenuß wird insbesondere dann kritisch, wenn die Niere aus irgendwelchen Gründen (Kreislaufschäden, verminderte Nierendurchblutung) nicht richtig funktioniert. In diesem Fall ist die Regulierung des Salz- und Wasserhaushaltes gestört, im Körpergewebe sammelt sich Wasser an. Eine weitere Folge erhöhter Kochsalzzufuhr ist Bluthochdruck, der allerdings auch andere Ursachen haben kann. Dfe Behandlung kann durch eine salzarme Ernährung erfolgen. Im Haushalt kann man bei der Speisenzubereitung gezielt auf die verwendeten Salzmengen achten. So entspricht beispielsweise eine Priese Salz etwa 0,5 g, eine Messerspitze ca. 1 g und ein Kaffeelöffel 5 9 Salz. Tab. 1: Kochsalzgehalt von Lebensmitteln Produkt Brötchen Salami Schnitzel (paniert) Salzhering Trinkmilch Gouda Hühnerei Möhren (Konserve) Chemie in der Schule: www.chids.de NaCI-Gehalt in 100g Lebensmittel [g] 1,4 3,2 0,9 15,0 0,1 2,2 0,4 0,2 33 VERSUCH 6: "Leuchtende Gewürzgurke" Der Nachweis von Kochsalz in Lebensmitteln kann mit den üblichen Methoden durchgeführt werden. Natrium-Ionen lassen sich durch Flammenfärbung qualitativ leicht nachweisen. Mit einem Magnesiumstäbchen wird ein Stückchen der Probe direkt in die Bunsenbrennerflamme gebracht. Auch dieser Versuch dient dem qualitativen Nachweis von Natrium-Ionen. Durchführung: Materialien: Wechselstromquelle, Voltmeter, Amperemeter, Verbindungsschnüre, Krokodilklemmen, Plexiglasplatte, 2 Tonnenfüße und 2 Isolatorstäbe (alternativ: Styroporkiste o.ä. Schutzvorrichtung), Kupferelektroden Sonstiges: Gewürzgurke, Papierhandtuch Dieser Versuch ist nicht ganz ungefährlich, weil mit hoher Wechselspannung gearbeitet wird. Man informiere sich über die entsprechenden Sicherheitsvorschriften. Für das Experiment benötigt man einen Aufbau, bei dem eine Gurke zwischen zwei Kupferelektroden eingespannt werden kann. Die Elektroden werden von den Seiten in die Gurke soweit eingestochen, daß in der Mitte ein Freiraum von etwa 3-4 cm verbleibt. Eventuell austretender Zellsaft wird mit einem Papierhandtuch abgewischt und die Gurke trockengerieben. Die Elektroden müssen unbedingt sehr gut isoliert werden. Man verwendet dazu sogenannte Tonnenfüße und Isolatorstäbe, oder ein Gestell aus Plexiglas, bei dem der Elektrodenabstand variiert werden kann, oder aber eine Styroporkiste, in welche die Elektroden von außen eingesetzt werden. Außerdem muß der Zugriff auf die Gurke während des Stromflußes durch eine Plexiglasplatte o.ä. verhindert werden. Chemie in der Schule: www.chids.de 34 Man startet den Versuch, indem man zunächst eine niedrige Wechselspannung anlegt und diese dann langsam erhöht. Die Erwärmung der Gurke wird als erstes an den Enden erkennbar, an denen Wasserdampf entweicht. Am Anfang ist der elektrische Widerstand der Gurke relativ gering, erhöht sich dann aber sprunghaft, so daß der Stromfluß zusammenbricht. Sobald die Gurke leuchtet, schaltet man die Spannungsquelle aus. Auswertung: Aufgrund des elektrischen Widerstandes der Gurke kommt es in derselben zu einer starken lokalen Erwärmung. Die Energie reicht aus, um das 1"', Valenzelektron des Natriums anzuregen. Das "Glühen" der Gurke wird demnach verursacht durch das gelbe Licht, was beim Zurückfallen der Elektronen auf das Grundniveau frei wird. {NaCI}(s)aq Na(g) ~E ~ =h ~ Na*(g) 11 V {NaCI}(g) ~ Na(g) ~ Na(g) + CI(g) (-ßE) = h c JA Na: A = 589,3 nm (gelb) 11 VERSUCH 7: Potentiometrische CI--Bestimmung Da Natriumchlorid gut wasserlöslich ist, läßt es sich mit Wasser aus der jeweiligen Untersuchungsprobe herauslösen. Die Chlorid-Ionen können dann mit Silbemitrat-Lösung als Silberchlorid gefällt und dadurch identifiziert werden. Zum quantitativen Nachweis empfiehlt es sich jedoch, das organische Material im Porzellantiegel zu veraschen und aus der Asche das Natriumchlorid mit Wasser herauszulösen. Beim Lösen des Natriumchlorids aus der Asche oder aus dem Lebensmittel direkt entstehen meist trübe Lösungen, die sich nur schlecht filtrieren lassen und für die genannten Analyseverfahren daher ungeeignet sind. Einfacher ist dagegen eine Chemie in der Schule: www.chids.de 35 potentiometrische Chlorid-Bestimmung, die sich eben auch in trüben Lösungen durchführen läßt. Durchführung: Chemikalien: Silbernitrat-Lsg. (c =0,1 molII), Bariumnitrat (p.a.) Materialien: Küchenmixer, Meßkolben (1 ), Magnetrührer mit Rührfisch, Silberchlorid-Elektrode (bzw. Elektrodenkombination, Voltmeter, Mikrobürette, Becherglas (250 ml, hohe Form), Vollpipetette (50 ml)., Stativmaterial Sonstiges: Gewürzgurke, Millimeterpapier, Alufolie Die Gurke wird gewogen und im Küchenmixer unter Zugabe von wenig destilliertem Wasser gründlich zerkleinert. Anschließend gibt man den Brei in einem 1 I Meßkolben, füllt mit destilliertem Wasser bis zur Marke auf. Vor der Titration wird die Proben-Lösung durch ein Teesieb filtriert. 50 ml des Filtrats werden in das Becherglas einpipettiert und mit destilliertem Wasser auf ein Volumen von ca. 100 ml verdünnt. Anschließend gibt man 4,5 9 Bariumnitrat als Leitsalz hinzu und löst dies unter Rühren. Danach wird die f'. Elektrodenkombination, die an ein Voltmeter angeschlossen ist, in die Probe getaucht. Die Titration erfolgt in 0,1 ml- bzw. in der Nähe des Äquivalenzpunkts in 0,05 mi-Schritten unter ständigem Rühren. Es ist wichtig, den Meßwert immer nach dem gleichen Zeitintervall abzulesen. In einem Diagramm werden die Meßwerte (mV) gegen das Volumen an verbrauchter Maßlösung (mL) aufgetragen und verbunden. Der Wendepunkt der Titrationskurve entspricht dem Äquvivalenzpunkt. Aus dem Ergebnis Natriumchloridgehalt pro 100 g Gurke berechnet. Chemie in der Schule: www.chids.de wird anschließend der 36 Auswertung: Prinzip: Potentiometrische Fällungsanalyse: cr + Ag+ cAg+ • CCI- ~ =KL AgCI Potentialmessung: E AgCI~ (weiß) (KL AgCI =10-10 moI /12) 2 = E°Ag/A9+ + 0,059 * Ig CAg+ -Bezugselektrode: Silberchlorid-Elektrode (Ag!AgCI/Cr) -+ Elektrodenpotential ist konstant -Indikatorelektrode: -+ Elektrodenpotential ist variabel AE = E1nd.EI • EBez.EL [mV] Berechnung des NaCI-Gehaltes: r- Einwaage: 35,5 9 "Gewürzgurke" auf 1000 ml Vorlage: 50 ml "Gewürzgurken"-Lösung m(NaCI) =V(AgN0 3) * ceq(AgN03 ) * t * Meq(NaCI) * VF in [mg] ceq(AgN03) Meq(NaCI) =0,1 mol/l =58,44 g/mol t = 1,035 VF =20 m(NaCI) =4,4 ml " 120,97 mg => m(NaCI)/100g Chemie in der Schule: www.chids.de * rnl' =532,3 mg =149 mg = 1,49 9 37 Der berechnete Kochsalzgehalt von 1,49 g NaCI/100 9 GeWÜrzgurke ist mehr als doppelt so hoch wie der in der Literaturwert von 1)49 9 NaCI/100 g. 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