Zum - Münchner Rundfunkorchester

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Zum - Münchner Rundfunkorchester
Mittwochs um halb acht 2015/2016
4. Konzert
Mittwoch, 4. Mai 2016
19.30 – ca. 21.00 Uhr
Prinzregententheater
FELIX MENDELSSOHN BARTHOLDY
»Ein Sommernachtstraum«
August Zirner REZITATION
Danae Kontora SOPRAN
Victória Real SOPRAN
Madrigalchor der Hochschule für Musik und Theater München
Martin Steidler EINSTUDIERUNG
Münchner Rundfunkorchester
Mario Venzago LEITUNG
Im Anschluss an das Konzert: Nachklang im Gartensaal
Direktübertragung des Konzerts auf BR-KLASSIK. Das Konzert kann unter
www.br-klassik.de sieben Tage nachgehört werden.
Programm
FELIX MENDELSSOHN BARTHOLDY (1809?1847)
»Ein Sommernachtstraum«
Musik zum gleichnamigen Schauspiel von William Shakespeare, op. 61
In einer Einrichtung von Mario Venzago
Ouvertüre
Dialog und Elfenmarsch
Lied mit Chor »Bunte Schlangen, zweigezüngt!«
Andante
Intermezzo
Dialog
Notturno
Dialog
Hochzeitsmarsch
Dialog – Marcia funebre
Ein Tanz von Rüpeln
Scherzo
Finale
Danae Kontora SOPRAN (Erste Elfe)
Victória Real SOPRAN (Zweite Elfe)
Jörg Handstein
»Wirbelt mir mit zarter Kunst!«
Mendelssohns Ouvertüre und Schauspielmusik zu
Ein Sommernachtstraum von William Shakespeare
Berlin, Leipziger Straße 3: Die Adresse der Familie Mendelssohn klingt prosaisch, aber hinter der
langen, palastartigen Häuserfront verbirgt sich eine wahre Traumwelt. Es ist ein über zwei Hektar
großer Park, mit schönem Baumbestand und mediterranem Flair, dazu flankiert von einem
weiteren Gebäude, das mit sechzehn Zimmern und einem riesigen Salon allzu bescheiden
Gartenhaus genannt wird. Hier finden die berühmten »Sonntagsmusiken« statt, in denen die
Mendelssohn-Kinder Fanny und Felix Wunder wirken. »Man lebte in der tiefsten Einsamkeit des
Waldes und war nur hundert Schritte von der Straße entfernt«, erinnert sich später Sebastian
Hensel, Fannys Sohn, an die seltsame Mischung von Romantik und Urbanität. Wer in Berlin Rang
und Namen hat, ist hier zu Gast, berühmte Musiker, Dichter und Intellektuelle. Hier zirkulieren auch
große Gedanken, denn Berlin ist Sitz der von Wilhelm von Humboldt gegründeten Universität sowie
Zentrum der literarischen Spätromantik, zu deren Protagonisten E.T.A. Hoffmann, Joseph von
Eichendorff und Clemens Brentano zählen. Nicht zu vergessen den Dichter Ludwig Tieck,
Mitbegründer der romantischen Musikästhetik und Vermittler Shakespeares. Die Atmosphäre ist
geradezu durchtränkt vom Geist der Epoche, den die Mendelssohn-Kinder mit allen Poren
aufnehmen. Mit einem doch sehr auf die Musik fixierten Wunderkind wie Mozart ist Felix kaum mehr
zu vergleichen: Er dichtet und malt, spielt Theater und verschlingt Weltliteratur von Shakespeare
bis Jean Paul. Er verkörpert geradezu Humboldts Ideal der »Bildung«. In der Leipziger Straße 3,
so Sebastian Hensel, erwacht die Kunst zum täglichen Leben: »Die Sommermonate wurden zu
einem ununterbrochenen Festtag voll Poesie, Musik, sinnreicher Spiele, geistvoller Neckereien,
Verkleidungen und Aufführungen.« Felix liebt es auch, im Garten zu komponieren. Am 4. Juli 1826
schreibt er der Schwester: »Heute oder morgen will ich dort midsummernight’s dream zu träumen
anfangen. Es ist aber eine gränzenlose Kühnheit …«
Worum es in Shakespeares Sommernachtstraum wirklich geht, ist schwer zu sagen, denn die
Handlung verläuft auf vier Ebenen: Da planen Theseus, Herzog von Athen, und Hippolyta, Königin
der Amazonen, ihre Hochzeit; Oberon und Titania, Herrscher über das Elfenreich, liefern sich einen
Ehekrach; die Liebesverhältnisse von zwei jungen Paaren, Lysander und Hermia sowie Demetrius
und Helena, geraten kräftig durcheinander. Unterdessen proben sechs Handwerker eine
unfreiwillig komisch geratende Tragödie (Pyramus und Thisbe). Erst die Mischung macht es – die
kunstvolle Verwirbelung der Handlungsstränge zu einem traumgleichen Gewebe. Der verzauberte
Wald bringt alle zusammen, und der Kobold Puck, zwischen den Ebenen hin und her hüpfend,
setzt die Turbulenzen in Gang. Shakespeare mischte auch Gattungen, Stile, literarische Quellen bunt
durcheinander, Realität und Fantasie, Hohes und Niederes, Ernst und Komik. Das fanden die
Anhänger des klassischen, stilreinen Dramas ziemlich abartig, aber die Romantiker liebten diese
Mischung. Auch Mendelssohn hatte das Theaterstück in der Übersetzung von Wilhelm Schlegel
begeistert gelesen, und innerhalb eines Monats schuf der Siebzehnjährige das Meisterwerk, das ihn
berühmt machen sollte. Die ganze disparate Welt in einer einzigen Ouvertüre zum Klingen bringen
zu wollen, war sicher ein kühnes Unternehmen – doch wo ließ sich Shakespeares Zauberwald
besser imaginieren als im universalpoetischen Garten der Leipziger Straße?
Ein Geniestreich sind schon die vier einleitenden Akkorde der Ouvertüre. Durch einen kleinen Dreh
an der üblichen Kadenzharmonik klingen sie geheimnisvoll, wie eine Zauberformel, die den Zuhörer
in das sonst unzugängliche Elfenreich versetzt. »Wirbelt mir mit zarter Kunst«: Dieser Aufforderung
Titanias an ihr Gefolge leistet Mendelssohn bravourös Folge, indem er die huschenden Tonfolgen
des Hauptthemas in feine, luftige Klanggespinste verwandelt. Die schon im Oktett (op. 20)
komponierte »Elfenmusik« perfektioniert er nun zu seinem Markenzeichen. Und wie Shakespeare
verknüpft er kunstvoll die vier Ebenen des Stücks: Das plötzlich grell herausplatzende Orchester
holt die Musik aus den Lüften schlagartig auf die Erde, den ruhmreichen Herzog von Athen in
glanzvolles Licht setzend. Sehr spannend wird diese Passage von dem Wirbel-Motiv unterlaufen,
als ob die Elfen sich auch in die reale Welt einmischen. Das lyrisch-melodische Seitenthema
dagegen, zart und innig instrumentiert, charakterisiert die Liebespaare, bis ein ganz rohes Thema
hereinpoltert, das, den späteren Tanz von Rüpeln vorwegnehmend, die Handwerker ins Spiel bringt.
Zettel ist hier auch schon in einen Esel verwandelt, dessen »I-A!« deutlich herausklingt. Nach
diesem krassen Stilbruch rufen die Hörner, auf Theseus’ Jagdpartie anspielend, wieder die
ernsthafte Musik zurück. Damit hat Mendelssohn alle Figurenkreise, aber bevorzugt die Elfen, sehr
bildhaft in den Raum gestellt. Man darf nicht vergessen, dass die Ouvertüre zunächst für den
Konzertsaal gedacht war (= op. 21), mehr eine Fantasie über den Sommernachtstraum als
dessen Einleitung.
Nicht träumen lassen konnte sich Mendelssohn, dass er 16 Jahre später das komplette Schauspiel
mit Musik versehen sollte (= op. 61). Der Auftrag kam von Friedrich Wilhelm IV. höchstpersönlich.
Der kunstbeflissene Preußenkönig, seit 1840 auf dem Thron, wollte Berlin zu mehr kulturellem
Glanz verhelfen und holte dazu bedeutende Künstler an seinen Hof. Darunter befanden sich auch
Mendelssohn und der nun schon alte Ludwig Tieck, der sich inzwischen als Dramaturg einen
Namen gemacht hatte. Neben seinen Bauten interessierte sich Friedrich Wilhelm sehr für das
Theater, und er unterstützte Innovationen, die die besondere Wirkungsmacht des antiken Dramas
wiederbeleben sollten. So kam zunächst die Antigone von Sophokles auf die Bühne, und der Erfolg
von Mendelsohns Musik dazu bewog den König, mit Shakespeare, den er als guter Romantiker an
die Seite der Griechen stellte, etwas Ähnliches versuchen zu lassen. Gegen die Praxis der
Adaptionen (vgl. S. 9) hatte Tieck vor, den Sommernachtstraum möglichst authentisch zu
inszenieren, natürlich in der Schlegel-Übersetzung und mittels eines, wie er glaubte,
»altenglischen« Bühnenaufbaus. Über hundert Mitwirkende, darunter Musiker, Tänzer, Kinder und
ein Hund, waren an der aufwendigen Produktion beteiligt. Die Musik sollte vor allem dem
»Wunderbaren« zur Wirkung verhelfen – was ja Mendelssohn in seiner Ouvertüre bereits gelungen
war. Im Herbst 1842 wurde er offiziell mit der Komposition der Schauspielmusik betraut, im Oktober
1843 kam der Sommernachtstraum damit erstmals in Berlin auf die Bühne. Und dank dieser Musik
blieb der Erfolg Tiecks Inszenierung durch das ganze 19. Jahrhundert treu.
Natürlich lag es nahe, Material aus der Ouvertüre wiederzuverwerten, aber den Großteil
komponierte Mendelssohn neu, und zwar im Bewusstsein seines inzwischen gereiften Stils. Das
größte Gewicht liegt dabei auf den Zwischenaktmusiken, die traditionell die Aufgabe haben,
Umbaupausen zu überbrücken und die Stimmung für den nächsten Akt zu setzen. Einige solcher
Stücke aus dem Bühnenrepertoire haben aufgrund ihrer Eingängigkeit enorme Popularität erlangt
(wie eben auch Mendelssohns Hochzeitsmarsch). Andere, wie hier Scherzo, Intermezzo und
Notturno, sind in ihrer subtilen und komplexeren Gestaltung zu schade für den Hit-Betrieb. Das
Scherzo (in unserer Fassung vor das Finale gestellt) bereitet den Auftritt der Elfen vor, hier eine
noch buntere und launischere Gesellschaft als in der Ouvertüre. Über das feingezeichnete
Klangbild hinaus erfährt die Musik eine bemerkenswerte Entwicklung auf rhythmischer und
harmonischer Ebene. Die dunklere Tonart g-Moll birgt auch Potenzial für unheimliche und drohende
Töne: Diese scheinbar so anmu-tigen Naturgeister sind nicht immer freundlich gesinnt! »Dich muss
ich, oder meinen Tod ereilen«: Mit diesen Worten, voller Angst um Lysander, beschließt Hermia
den 2. Akt. Das folgende Intermezzo beschreibt nicht nur ihre fieberhafte Suche nach dem
Geliebten, sondern allgemein die Irrungen und Wirrungen unter den Liebenden. Aus einem
knappen, kreisläufigen Kernmotiv hervorgetrieben, entwickelt sich eine unruhige, düster erregte,
wie in Fetzen instrumentierte Musik, die in ihrer Fieberkurven-Melodik an Robert Schumann
erinnert. So sieht hier das Nervenkostüm der Liebenden aus! Mit einem ironischen Bruch, wie ihn
die Romantik schätzte, endet das Intermezzo, plötzlich in eine gemächlich bis knurrig dudelnde
Volkstümlichkeit überwechselnd: Jetzt kommen erst einmal die Handwerker, das »hausgeback’ne
Volk«. Mit der berühmten Liebesszene zwischen Titania und dem eselsköpfigen Zettel beginnt der
4. Akt, doch dazu passt das vorangestellte Notturno kaum ? es sei denn, es wäre wieder ironisch
gemeint. Es führt eher in den inneren Bezirk des Dramas, die Sphäre von Wald, Nacht, Schlaf und
Traum. Die Hörner-Romantik, an Eichendorff oder Webers Freischütz anklingend, evoziert dabei
einen sehr deutschen Wald; und die sonore Instrumentierung lässt gleichzeitig an einen
Männerchor denken. Dennoch – man beachte die Streicher und Holzbläser im Mittelteil – entwickelt
das Stimmungsbild auch sehr feine Nuancen: ein »Lied ohne Worte«, das eine zarte Gefühlswelt
umreißt. Der sattsam bekannte Hochzeitsmarsch, mit fast militärischem »Tschingdarassabumm«,
sticht im Umfeld der übrigen Nummern allerdings sehr hervor: In der höfischen Welt von Theseus
und Hippolyta herrscht ein eher äußerliches Zeremoniell, und die Menschen sind halt laut! Wie
anders kommt dagegen der leichtfüßig getrippelte Elfenmarsch daher!
Neben den Zwischenaktmusiken hat Mendelssohn auch die von der Handlung geforderte Musik
sorgfältig auskomponiert. Da ist etwa das Lied »Bunte Schlangen, zweigezüngt!«, mit dem die
Feen Titania in den Schlaf singen. Das zu bannende eklige Getier ist mittels Schauerballaden-Ton
der Strophen in a-Moll und der untergründig schwirrenden Begleitung sehr schön eingefangen. Die
Wendung in das lichte A-Dur des melodisch fließenden Chorrefrains vermittelt dagegen eine
herzerwärmende Geborgenheit: Die mondbeschienene Wiege der Natur verspricht wohlige Ruhe.
Nur bei den Worten »Alles gut« ziehen dunkle Töne über die Szene, eine Ahnung der eher
unguten Vorgänge, die gleich folgen. Auf Mendelssohns eigene Idee gehen die mit Musik
untermalten Dialoge zurück. Mit diesen »Melodramen« war Tieck, der Sprache und Musik nicht
vermischen wollte, gar nicht einverstanden. Doch mit sparsam gesetzten Klängen hüllt
Mendelssohn die Figuren in die magische Atmosphäre. Unsere Aufführung bezieht diese oft
fortgelassenen Teile bewusst ein. So lässt sich auch die Geschichte um Titania und Oberon schön
erzählen sowie die lustige Tragödie der Handwerker andeuten. Ohne ein wenig Theater sollte eine
Schauspielmusik nicht gespielt werden! Das (Tanz-)Finale schlägt schließlich den Bogen zurück zur
Ouvertüre, deren Musik nun zur Begleitung des Epilogs dient (wobei der Elfenchor auch Oberons
Worte übernimmt). Am Ende stehen die Anfangsakkorde als Bild der von Puck desillusionierten
Träume. Was von der flüchtigen Fantasie bleibt, ist die Musik.
Sommernachtsmusik
»Willst du Musik vernehmen, süßer Freund?«, fragt Titania, und Zettel, geschmückt mit zwei
großen Eselsohren, wünscht sich ein Stück für Maultrommel … Die Szene ist bezeichnend, denn
in Shakespeares Komödien trägt die Musik durchaus zur Handlung bei, ertönte aber in der
Bühnenrealität eher dürftig: die Lieder ohne Begleitung, Tänze und Instrumentaleinlagen ohne
kompositorischen Anspruch; und ein Orchester gab es zu Shakespeares Zeiten gar nicht. Kunstund effektvollere Schauspielmusik wurde erst nach 1670 komponiert. Die erste musikalische
Adaption des Sommernachtstraums stammt von Henry Purcell: The Fairy Queen (1692) ist eine
»semi-opera«, die immerhin 50 Arien, Tänze und Chöre enthält. Der Händel-Schüler Christopher
Smith komponierte 1755 ein von dem berühmten Schauspieler David Garrick bearbeitetes Libretto
mit dem Titel The Fairies. Die skurrilen Handwerker sind hier gestrichen, und Titania verliebt sich in
einen Clown ohne Eselsohren. Das 1792 entstandene deutsche Singspiel Titania oder Liebe durch
Zauberei verzichtet ganz auf die jungen Liebespaare. All diese Bearbeitungen rücken die Feenwelt
in den Vordergrund, die übernatürliche, magische Sphäre des Stücks. Für Shakespeares Original
entstand erst Mendelssohns Schauspielmusik. Ihr großer Erfolg endete in Deutschland mit der
Nazi-Zeit. Das Rennen um einen »arischen« Ersatz machte 1939 Carl Orff. Auch wenn
Mendelssohn danach rehabilitiert wurde – das moderne Regietheater hatte für diese romantische
Musik keine Verwendung mehr. Dafür schuf Benjamin Britten 1960 die ultimative
Sommernachtstraum-Oper (A Midsummer Night’s Dream), in der die ganze Komplexität der Vorlage
zum Klingen kommt. Sozusagen als Gegenentwurf konnten Musical-Adaptionen nicht ausbleiben.
Heinz Rudolf Kunze etwa versuchte 2003 den Klassiker mittels Rockband und gewollt
schnoddriger Sprache in die Gegenwart zu holen: »Fun ist hier angesagt!«
J. H.
»Ein Sommernachtstraum«
Die Handlung von William Shakespeares Schauspiel
Das heitere Verwirrspiel um die Liebe trägt sich im alten Athen zu – im Palast des Herzogs
Theseus und in einem Wald in der Nähe der Stadt, der in der Mittsommernacht märchenhaft
verzaubert ist. Den Rahmen der Handlung bildet die Hochzeit des Herzogs Theseus mit der
Amazonenkönigin Hippolyta.
Die junge Athenerin Hermia liebt Lysander, der ihre Liebe auch erwidert; doch ihr Vater kann und
will sie nach geltendem Recht zwingen, Demetrius zu heiraten. Hermias Freundin Helena hingegen ist
unglücklich in Demetrius verliebt. Hermia und Lysander entschließen sich, in den Wald zu fliehen.
Helena verrät es Demetrius, in der Hoffnung diesen für sich zu gewinnen. Doch Demetrius läuft den
Flüchtenden nach; Helena folgt ihm auf den Fersen. So landen die zwei Paare im Wald.
Im Wald herrschen die Elfen; doch auch hier sind keineswegs alle glücklich. Oberon, der König der
Elfen, und Titania, seine Gemahlin, leben nach einem Streit wegen eines Pagen getrennt. Vor
Eifersucht tobend will Oberon sich rächen und Titania mit dem Saft einer geheimnisvollen Blume
verzaubern: Wird dieser in die Augen eines Schlafenden geträufelt, so verliebt sich der Betreffende
beim Aufwachen in die erste Kreatur, die er erblickt. Der Kobold Puck, Hofnarr und Faktotum des
Elfenkönigs, soll die Zauberblume holen.
Im selben Wald hat sich auch eine Gruppe von Handwerkern zusammengetan, um fern von der
Stadt ein Theaterstück einzustudieren, das sie bei der herzoglichen Hochzeit vorführen wollen: die
tragische Geschichte von Pyramus und Thisbe. Die derben Handwerker, »Rüpel« genannt, werden
von Squenz angeführt. Unter ihnen ist Zettel der größte Prahlhans, und er wird prompt zum Ziel
eines Streichs von Puck. Der Kobold zaubert ihm einen Eselskopf an, die anderen Handwerker
laufen in Angst davon.
Nun erscheint Puck mit der Zauberblume. Oberon träufelt Titania, die sich gerade von ihrem
Elfengefolge in den Schlaf wiegen ließ, den wundersamen Saft in die Augen. Beim Erwachen
erblickt sie Zettel mit dem Eselskopf und verliebt sich in das Ungeheuer. Inzwischen hat Oberon
Helenas Liebesleid mitbekommen und will ihr mit dem Zaubersaft helfen. Puck soll Demetrius dank
der wundersamen Essenz dazu bringen, Helena zu lieben. Doch Puck träufelt den Saft
versehentlich in die Augen des schlafenden Lysander, der beim Aufwachen als erstes Helena
erblickt. Als Puck versucht, seinen Fehler wieder gutzumachen, und Saft in Demetrius’ Augen
träufelt, wird Helena von beiden Männern geliebt und versteht die Welt nicht mehr. Hermia und
Helena sind wütend aufeinander, Lysander und Demetrius wollen gegeneinander um Helena
kämpfen. Die Verwirrung ist komplett.
Am Ende löst Oberon sämtliche »verkehrte« Verliebtheiten auf. Die herzogliche Jagdgesellschaft
trifft im Morgengrauen auf die versöhnten Paare im Wald. Demetrius verzichtet auf Hermia und will
Helena heiraten. Theseus fordert die jungen Paare auf, gemeinsam eine große dreifache Hochzeit
zu feiern. Die Handwerker führen, mit vielen Pannen und unter dem Gelächter der Gesellschaft, ihr
Schauspiel auf und tanzen danach den dazugehörigen Tanz. Von allen ungesehen, erscheinen
Oberon und Titania mit ihrem Elfengefolge und segnen das Haus der Neuvermählten.
Im Epilog wendet sich Puck an das Publikum; seine Worte lassen ahnen, dass alles auch nur ein
Traum gewesen sein könnte …
Biografien
August Zirner
Als Sohn jüdischer Emigranten 1956 in den USA geboren, kam August Zirner Anfang der 1970er
Jahre nach Wien, in die frühere Heimat seiner Eltern, und absolvierte seine Schauspielausbildung
am Max-Reinhardt-Seminar. Wichtige Engagements und Gastverpflichtungen führten ihn u. a. an
die Staatstheater in Hannover und Wiesbaden, an die Münchner Kammerspiele, ans Wiener
Burgtheater und zu den Salzburger Festspielen. Ab der Saison 2011/2012 war er auf der Bühne
des Münchner Residenztheaters in Produktionen wie Schnitzlers Das weite Land oder Stiller nach
Max Frisch zu erleben. Aktuell brilliert er als Titelheld in Lessings Nathan der Weise (Inszenierung:
Christian Stückl) am Münchner Volkstheater. Über 130 Film- und Fernsehproduktionen machten
August Zirner einem breiten Publikum bekannt. Hervorgehoben seien nur der TV-Film Wut über die
Themen Gewalt und Migration, für den er mit dem Grimme-Preis geehrt wurde, sowie Der
Kardinal, ein Doku-Drama über den Wiener Erzbischof Franz König. Im Kino deckt August Zirner
ein breites Rollenspektrum ab – von Krimis und Komödien über Kinderfilme wie Pünktchen und
Anton bis hin zu historischen Filmen wie Taking Sides – der Fall Furtwängler oder Die Fälscher
(Oscar für den besten fremdsprachigen Film 2008). Dabei arbeitete er mit international
renommierten Regisseuren wie Doris Dörrie, Margarethe von Trotta und Volker Schlöndorff
zusammen. Zuletzt wirkte er in Coming in und Colonia Dignidad – Es gibt kein Zurück mit. August
Zirner spielt auch Querflöte und Saxofon. Er musiziert regelmäßig mit der Jazzformation Das
Spardosen-Terzett; 2011 erschien das gemeinsame Album Diagnose: Jazz. Beim Münchner
Rundfunkorchester trat der Schauspieler mehrfach als Rezitator auf.
Danae Kontora
Die Sopranistin Danae Kontora war bereits im Alter von 16 Jahren Preisträgerin beim griechischen
X.O.N.-Wettbewerb. Ihr Studium absolvierte sie in Athen sowie an der Hochschule für Musik und
Theater München; zudem nahm sie an diversen Meisterkursen teil. Schon in ihrer Heimat
sammelte die junge Künstlerin Bühnenerfahrung u. a. als Susanna (Le nozze di Figaro); in
Deutschland wirkte sie dann an mehreren Produktionen der Theaterakademie August Everding
mit, darunter Janáčeks Das schlaue Füchslein am Staatstheater am Gärtnerplatz und Oscar
Strasnoys Le bal am Prinzregententheater. »Eine echte Entdeckung: Danae Kontoras in allen
Farben funkelnder Koloratursopran«, hieß es dazu in der Frankfurter Allgemeinen Zeitung. 2015
brillierte die Sängerin schließlich in der Titelrolle von Martín y Solers L’arbore di Diana mit dem
Münchner Rundfunkorchester unter der Leitung von Paolo Carignani und wurde hierfür von der
Fachzeitschrift Opernwelt als Nachwuchssängerin des Jahres nominiert. Nicht nur im Zuge der
Theaterakademie hat Danae Kontora mit dem Münchner Rundfunkorchester zusammengearbeitet;
großen Beifall erhielt sie z. B. auch für die Darbietung von Arien griechischer Komponisten oder
kürzlich ihre Mitwirkung am Projekt Klasse Klassik, bei dem bayerische Schulorchester und -chöre
gemeinsam mit den Profis musizierten. Danae Kontora war außerdem mit Glucks Orphée et
Eurydice bei der Opera incognita und mit Viviers Kopernikus bei der Münchener Biennale zu
erleben. Zurzeit ist die Trägerin des Bayerischen Kunstförderpreises Mitglied im Opernstudio der
Oper Frankfurt, wo sie als Taumännchen (Hänsel und Gretel) oder auch Barbarina (Le nozze di
Figaro) auftritt. Ab der Spielzeit 2016/2017 wird sie zum Ensemble der Oper Leipzig gehören;
demnächst debütiert sie dort schon als Königin der Nacht (Die Zauberflöte).
Victória Real
Die aus Brasilien stammende Sopranistin Victória Real studierte ab 2010 an der Universität in
Campinas bei Angelo José Fernandes Operngesang. Währenddessen übernahm sie an der
dortigen Opernschule bereits zahlreiche Partien, so sang sie als Sesto in Mozarts La clemenza di
Tito oder gab die Zweite Dame in der Zauberflöte. In Meisterkursen u. a. bei Mirella Freni ließ sie
ihre Stimme weiter ausbilden. Wiederholt stellte sie im Rahmen verschiedener Festivals und
Wettbewerbe ihre gesanglichen Fähigkeiten unter Beweis; für ihre Leistung beim Festival das
Américas in Bauru (Brasilien) / Atlanta wurde sie mit einem Preis geehrt. Die junge Sängerin
wechselte 2013 zu Frieder Lang an die Münchner Hochschule für Musik und Theater. Seit Oktober
2014 ist sie an der Theaterakademie August Everding eingeschrieben.
Nach dem erfolgreichen Debüt am Prinzregententheater als Britomarte in Martín y Solers L’arbore
di Diana wirkte Victória Real bereits bei verschiedenen Opernprojekten in München mit. So war sie
bei den Aufführungen von Hervés Operette Dr. Faust jun. im Gärtnerplatztheater zu erleben und
übernahm zuletzt im Februar die Rolle der Micaëla in Carmen assassinée (nach Georges Bizets
Oper und Prosper Mérimées Novelle) ? einer Kooperation der Theaterakademie und des
Münchner Rundfunkorchesters. Inzwischen auch als Konzertsängerin gefragt, erhielt Victória Real
Engagements bei den Herrenchiemsee Festspielen, beim Rheingau Musik Festival, beim Kissinger
Sommer oder beim Menuhin-Festival in Gstaad sowie für das Festspielhaus Baden-Baden und die
Berliner Philharmonie. Victória Real gastiert außerdem im Rahmen von Galakonzerten regelmäßig
in ihrer Heimat Brasilien; gerne interpretiert sie auch Stücke aus dem Jazz- und Musicalbereich.
Mario Venzago
Gegenwärtig ist Mario Venzago Chefdirigent und Künstlerischer Leiter des Berner
Symphonieorchesters sowie Artist in Association bei der finnischen Tapiola Sinfonietta. Nach dem
Studium in Zürich war er zunächst als Konzertpianist beim Rundfunk der Italienischen Schweiz
tätig und trat als Solist und Begleiter in ganz Europa auf. Seine Ausbildung als Dirigent erhielt er u.
a. bei Hans Swarowsky in Wien. Seither hatte Mario Venzago viele Führungspositionen inne. So
war er Chefdirigent bzw. Generalmusikdirektor bei folgenden Institutionen: Musikkollegium
Winterthur, Theater und Orchester Heidelberg, Deutsche Kammerphilharmonie Frankfurt a. M.
(heute Bremen), Oper Graz und Grazer Philharmonisches Orchester, Sinfonieorchester Basel,
Baskisches Nationalorchester San Sebastián, Göteborgs Symfoniker und Indianapolis Symphony
Orchestra. Von 2000 bis 2003 zeichnete Mario Venzago zudem für das Musik-Sommerfest in
Baltimore verantwortlich, und von 2010 bis 2014 war er Principal Conductor der Royal Northern
Sinfonia in England. Überdies gastierte Mario Venzago am Pult zahlreicher renommierter
Klangkörper, darunter die Berliner Philharmoniker, das Gewandhausorchester Leipzig, die
Orchester von Philadelphia und Boston, das London Philharmonic Orchestra und das NHK
Symphony Orchestra in Tokio. Seine Einspielungen wurden z. B. mit dem Grand prix du disque
und dem Diapason d’or ausgezeichnet. Besondere Anerkennung erfuhren seine Aufnahmen der
Opern Venus und Penthesilea sowie aller Chorwerke von Othmar Schoeck mit dem MDR
Rundfunkchor und dem MDR Sinfonieorchester. 2015 schloss Mario Venzago das Projekt »Der
andere Bruckner« ab, das die CDs mit allen zehn Symphonien des Komponisten einschließlich der
»Nullten« und einen Dokumentarfilm umfasst. Hervorzuheben ist auch die Produktion Mein Bruder,
der Dirigent von Alberto Venzago, die im Kino gezeigt wurde und auf DVD erschien.
Madrigalchor der Hochschule für Musik und Theater München
Der Madrigalchor der Hochschule für Musik und Theater München wurde 1979 von Max Frey
gegründet. Jährlich musizieren etwa 50 bis 60 Studierende der Fächer Schulmusik, Kirchenmusik
und Gesang in diesem Ensemble. Die Teilnehmerinnen und Teilnehmer haben auf diese Weise ein
breit gefächertes Repertoire erarbeitet, das sie als Chorleiter in ihren eigenen Ensembles
weitergeben können. Ein wichtiges Anliegen des Chores besteht darin, mit beispielhaften
Interpretationen an die Öffentlichkeit zu treten und dem Publikum neben dem traditionellen
Repertoire auch zeitgenössische Musik nahezubringen. So erlebte eine Reihe von Werken junger
Komponisten ihre Uraufführung durch den Madrigalchor. Konzertreisen führten ihn in viele
europäische Länder, nach Israel, in die Türkei und die Ukraine, nach Argentinien und in die USA.
Der Chor sang vielfach für Rundfunk, Fernsehen, Schallplatte und CD. Zahlreiche Auszeichnungen
bei internationalen Wettbewerben sowie die Zusammenarbeit mit den wichtigsten Münchner
Kultureinrichtungen und mit international renommierten Künstlern bzw. Ensembles wie Trevor
Pinnock oder dem Dave Brubeck Quartet zeigen das breite Spektrum des Chores. Seit 2008 liegt
die Leitung in den Händen von Martin Steidler, der an der Hochschule für Musik und Theater
München eine Professur innehat und auch die Audi Jugendchorakademie betreut. 2014 gewann
der Madrigalchor beim Deutschen Chorwettbewerb in der Kategorie für große gemischte Chöre
und 2015 beim Wettbewerb »Let the Peoples Sing« in der Kategorie für Erwachsenenchöre.
Impressum
MÜNCHNER RUNDFUNKORCHESTER
Ulf Schirmer KÜNSTLERISCHER LEITER
Veronika Weber MANAGEMENT
Bayerischer Rundfunk, 80300 München
Tel. 089/59?00 30 325
facebook.com/muenchner.rundfunkorchester
Programmheft
Herausgegeben vom Bayerischen Rundfunk
Programmbereich BR-KLASSIK
Redaktion: Dr. Doris Sennefelder
Nachdruck nur mit Genehmigung
Textnachweis:
Jörg Handstein: Originalbeiträge für dieses Heft; Inhaltsangabe: Stefana Titeica (aus dem
Programm zum 8. Konzert Klassik zum Staunen 2006/2007 des Münchner Rundfunkorchesters);
Teresa Ramming (Real), Doris Sennefelder (Kontora, Venzago, Zirner), Archiv des Bayerischen
Rundfunks (Madrigalchor).