Kein Folientitel - Max-Planck-Institut für ausländisches und
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Kein Folientitel - Max-Planck-Institut für ausländisches und
Strafvollzugsrecht Max-Planck-Institut für Ausländisches und Internationales Strafrecht Hinweise • Materialen und anderes: • Home page der Wahlfachgruppe 14 – www.iuscrim.mpg.de – oder – www.jura.uni-freiburg.de Max-Planck-Institut für Ausländisches und Internationales Strafrecht Betonung des Rechts des Strafvollzugs • Die Entwicklung des Strafvollzugs ist gekennzeichnet von • Der Pönologie als einer empirisch ausgerichteten Betrachtung des Strafvollzugs und der Behandlung der Strafvollzugsinsassen • Hin zu einer Verrechtlichung des Strafvollzugs • Ausdruck hiervon ist das Strafvollzugsgesetz Max-Planck-Institut für Ausländisches und Internationales Strafrecht Begriff des Strafvollzugs • Weite Auffassung: Vollzug aller Kriminalstrafen • Enge Auffassung: Vollzug der freiheitsentziehenden Strafen und Maßregeln – Freiheitsstrafe – Jugendstrafe – Maßregeln der Besserung und Sicherung Max-Planck-Institut für Ausländisches und Internationales Strafrecht Arten des Freiheitsentzugs • • • • • • • • • • Freiheitsstrafe (§ 38 StGB) Jugendstrafe (§ 17 JGG) Untersuchungshaft (§§112 ff StPO) Maßregeln der Besserung und Sicherung §§63, 64, 66 StGB Polizeihaft/-gewahrsam nach Landespolizeirecht zur Abwehr von konkreten Gefahren Abschiebehaft (Ausländergesetz) Jugendarrest Militärischer Arrest (Soldatengesetz) Erzwingungshaft (vgl. beispw. §70 StPO) (Geschlossene) Heimunterbringung (§12 JGG) Max-Planck-Institut für Ausländisches und Internationales Strafrecht Das Strafvollzugsrecht im System des Strafrechts • Das Strafvollzugsrecht schließt an • An eine rechtskräftige Verurteilung zu Freiheitsstrafe oder Maßregel der Besserung und Sicherung • An eine Entscheidung der » Strafvollstreckungsbehörde (Staatsanwaltschaft, § 451 StPO) • Über die Vollstreckbarkeit sowie Zeit und Ort des Vollzugs der Freiheitsstrafe/Maßregel • Die Vollstreckungsbehörde bleibt zuständig für bestimmte Entscheidungen (beispw. Unterbrechung der Strafvollstreckung) §§ 449 ff StPO Max-Planck-Institut für Ausländisches und Internationales Strafrecht Internationales Strafvollzugsrecht • Das nationale Recht des Strafvollzugs ist eingebettet in ein System des internationalen Strafvollzugsrechts • Europäische Rechtshilfekonventionen zur Strafvollstreckung und zum Strafvollzug » Europäische Konvention über die Auslieferung (1957) » Europäische Konvention über die Rechtshilfe in Strafsachen (1959) » Europäische Konvention über die Überwachung bedingt entlassener Straftäter (1964) » Europäische Konvention über die gegenseitige Anerkennung von Strafurteilen (1970) » Europäische Konvention über die Überstellung von Verurteilten (zur Vollstreckung der Strafe) (1983). Max-Planck-Institut für Ausländisches und Internationales Strafrecht Universal Declaration of Human Rights 1948 • • • • • Art. 5 Niemand darf der Folter oder grausamer, unmenschlicher oder erniedrigender Strafe unterworfen werden. Art. 9 Niemand darf willkürlicher Festnahme, Freiheitsentziehung oder Exilierung ausgesetzt werden. Art. 11 (1) Unschuldsvermutung. (2) Nulla Poena sine culpa und Rückwirkungsverbot (Strafverschärfung) • • Erstes universelles Verbot der Folter und der grausamen … Strafe Resolution, keine rechtliche Verbindlichkeit • • Max-Planck-Institut für Ausländisches und Internationales Strafrecht Pakt über Bürgerliche und Politische Rechte • • • • • • • • • • International Covenant on Civil and Political Rights (vom 16. 12. 1966) Art. 7 Niemand darf der Folter oder grausamer, unmenschlicher oder erniedrigender Strafe unterworfen werden. Erstmals notstandssicher und völkerrechtlich verbindlich Art. 8 3. (a) Zwangsarbeit ist unzulässig. Ausnahme: Arbeit während eines richterlich angeordneten Freiheitsentzugs. Art. 9 1. Recht auf Freiheit und Sicherheit. Niemand darf willkürlichem Arrest (Verhaftung) oder Freiheitsentzug ausgesetzt werden. Art. 10 1. Jeder Gefangene muss menschlich (human) und dem Grundsatz der Menschenwürde entsprechend behandelt werden. Max-Planck-Institut für Ausländisches und Internationales Strafrecht UN Konvention gegen Folter und andere grausame, unmenschliche oder erniedrigende Behandlung oder Strafe • 10. Dezember 1984 • • • Bedingungsloses Verbot der Folter Definition: Art. 1 the term "torture" means any act by which severe pain or suffering, whether physical or mental, is intentionally inflicted on a person for such purposes as obtaining from him or a third person information or a confession, punishing him for an act he or a third person has committed or is suspected of having committed, or intimidating or coercing him or a third person, or for any reason based on discrimination of any kind, when such pain or suffering is inflicted by or at the instigation of or with the consent or acquiescence of a public official or other person acting in an official capacity. It does not include pain or suffering arising only from, inherent in or incidental to lawful sanctions. Max-Planck-Institut für Ausländisches und Internationales Strafrecht Internationales Strafvollzugsrecht • UN-Mindeststandards für die Behandlung von Strafgefangenen (Resolution 663 C I (XXIV) vom 31.7.1957) • Europäische Strafvollzugsgrundsätze (Europarat Recommendation No. R(87)3, vom 12.2. 1987) • Soft Law: Nicht verbindlich, aber Auslegungsregeln beispw. für Europäische Menschenrechtskonvention sowie nationale Grundrechte Max-Planck-Institut für Ausländisches und Internationales Strafrecht Durchsetzung menschenrechtlicher Standards • International Covenant – Human Rights Committee (HRC) » Staatenberichtsverfahren » Fakultatives Staatenbeschwerdeverfahren » Individualbeschwerdeverfahren • UN Sonderberichterstatter über Folter – Untersuchung von Einzelfällen – Urgent appeals – Jahresberichte • Committee against Torture (CAT) – – – – • Staatenberichtsverfahren Untersuchungsverfahren Staatenbeschwerdeverfahren Individualbeschwerdeverfahren European Committee against Torture – Besuchsverfahren – Landesberichte – Jahresberichte Max-Planck-Institut für Ausländisches und Internationales Strafrecht Internationales Strafvollzugsrecht Europäische Menschenrechtskonvention • Art 3 EMRK: Verbot der grausamen und unmenschlichen Strafe • Art. 5 Recht auf persönliche Freiheit • Art. 8 Recht auf Achtung des Privat- und Familienlebens (garantiert Kontakte des Gefangenen mit der Außenwelt) • Art. 25: Individualbeschwerde zum Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte (nach Erschöpfung des nationalen Rechtswegs) Max-Planck-Institut für Ausländisches und Internationales Strafrecht Internationales Strafvollzugsrecht Europäische Anti-Folterkonvention • • • • • Zielsetzung • Prävention von Folter, unmenschlicher und erniedrigender Behandlung von Personen in Freiheitsentzug Anti-Folter-Kommission • Recht auf Zutritt zu allen durch die Konvention erfassten Einrichtungen freiheitsentziehender Art (Strafvollzugsanstalten, Psychiatrische Einrichtungen, Polizeigewahrsam etc.) • Recht, ohne Einschränkungen mit Insassen zu sprechen Aufgabe • Feststellung der tatsächlichen Situation auf dem Gebiete der Freiheitsentziehung • Dokumentation der Feststellungen • Empfehlungen an Regierungen Prüfungsmaßstäbe • Art. 3 EMRK • Europäische Strafvollzugsgrundsätze Die Aufgabe besteht nicht in der Rechtsanwendung, also in Überprüfung von Einzelfällen und der Feststellung von Menschenrechtsverletzungen im Einzelfall. Max-Planck-Institut für Ausländisches und Internationales Strafrecht Die Geschichte des Strafvollzugs und der Freiheitsstrafe • Freiheitsentzug als Sicherungs-, Zwangs-, und Vollstreckungshaft Max-Planck-Institut für Ausländisches und Internationales Strafrecht Gefängnisse • Die Türme der mittelalterlichen Stadtmauer dienten nicht nur der Verteidigung der Stadt, sondern auch der Aufbewahrung von Gefangenen bis zur Gerichtsverhandlung bzw. Hinrichtung. Die Gefangenen waren dabei im tür- und fensterlosen untersten Stockwerk (Erdgeschoß bzw. Keller) der Türme untergebracht. Das Verlies war nur von oben durch ein Loch in der Decke (Angstloch) zugänglich, durch das die Gefangenen hinabgelassen wurden. Max-Planck-Institut für Ausländisches und Internationales Strafrecht Arbeitsstrafen • Seit dem 15. Jahrhundert • Festungsbaugefangenschaft • Galeerenstrafe • Inhalt der Strafe ist allerdings eher Zwangsarbeit und nicht Freiheitsentziehung Max-Planck-Institut für Ausländisches und Internationales Strafrecht Hospitäler, Arbeits- und Erziehungshäuser • 1555 Bridewell/England Errichtung einer Arbeitsanstalt für Vagabunden und Bettler • Vorbild: mittelalterliches Spital als umfassende Sozialanstalt für Bedürftige, Waisen, Kranke und Geisteskranke • Einrichtung von Zuchthäusern: Amsterdamer Männerzuchthaus 1595; Nürnberger Spinnhaus 1588 Max-Planck-Institut für Ausländisches und Internationales Strafrecht Insassen der Zuchthäuser Hausordnung des Zuchthauses Hamburg (1615) „die Armen und Notdürftigen, die ihre Kost nicht verdienen können, weil sie keine Mittel noch Wege dafür haben, oder aber wegen ihres faulen Fleisches nichts thun, sondern gehen lieber betteln; dann die Züchtlinge, welche von selber nichts Gutes thun wollen, Gottes und sein heiliges Wort mißbrauchen, in allerlei Unzucht, Diebstahl, in Fressen und Saufen, in Summa in allerlei Sünd und Schank wie das wilde Vieh dahin lebet, wo ihnen bei Zeiten nicht geholfen würde, einem anderen gar in die Hände kommen und geraten möchten“. Max-Planck-Institut für Ausländisches und Internationales Strafrecht Das Zuchthaus • Besserung durch Arbeit und Bibelunterricht • Calvinistische Ethik • Allerdings nicht primär für Straftäter, sondern für Erziehung zur Arbeit • Im Laufe der Zeit häufigere Einweisung von Straftätern • Bedeutungswandel – Abschreckung – Entwicklung hin zur schwereren Form der Freiheitsentziehung (Zuchthausstrafe) • Merkantilismus und Zuchthausinsassen als billige Arbeitskräfte Max-Planck-Institut für Ausländisches und Internationales Strafrecht Gefängnisreformbewegungen • Beginnt im 18. Jahrhundert: Howard (englischer Gefängnisreformer, empirische Bestandsaufnahmen der europäischen Gefängnisse und Zuchthäuser) • Amerikanische Reformbewegung • Das System Philadephia (Quäker) 1790 erste Vollzugsanstalt » » » » Strenge Einzelhaft Bibelunterricht und Arbeit Stufenstrafvollzug Partiell „Schweigesystem“ Max-Planck-Institut für Ausländisches und Internationales Strafrecht Gefängnisreformen in Deutschland • Ausgangspunkt: Allgemeines Preussisches Landrecht und weitgehende Ersetzung der Körper- und Lebensstrafen durch Freiheitsstrafe • Überfüllung der vorhandenen Gefängnisse • 1804: Generalplan zur Verbesserung des Kriminal- und Gefängnissystems • 19. Jahrhundert: Debatten über Gefängnissysteme • Besondere Bedeutung: Pennsylvanisches Gefängnissystem im Hinblick auf Organisation, Ziele und Architektur Max-Planck-Institut für Ausländisches und Internationales Strafrecht Panopticon Max-Planck-Institut für Ausländisches und Internationales Strafrecht Reichsstrafgesetzbuch 1871 • Generalprävention und Abschreckung • Verdrängung des Besserungszweckes • 1882 Programm von Franz von Liszt – Spezialprävention und Behandlung – Abschaffung der kurzen Freiheitsstrafe – Verwahrung der Besserungsunfähigen Max-Planck-Institut für Ausländisches und Internationales Strafrecht Entwicklung eines gesonderten Jugendstrafrechts und Jugendstrafvollzugs • 1911: erstes Jugendgefängnis in Wittlich • 1923: Jugendgerichtsgesetz – Betonung von Spezialprävention und Erziehung Max-Planck-Institut für Ausländisches und Internationales Strafrecht Reichsratsgrundsätze • 1923 • Inhalt • Beseitigung abschreckender und vergeltender Strafvollziehung • Abschaffung von Dunkelhaft und Schlägen als Disziplinierungsmittel • Besserungsgedanke und individuelle Gefangenenbehandlung • Strafvollzug in Stufen – Klassifizierung der Gefangenen – zunächst strengste Abteilung mit dem höchsten Sicherheitsgrad – Verlegung in Abteilung mit mehr Vergünstigungen bzw. weniger Sicherheitsvorkehrungen – zum Ende der Haftzeit offener Vollzug. Max-Planck-Institut für Ausländisches und Internationales Strafrecht Gefängnisse im Faschismus • Der Strafvollzug der Zeit von 1933-1945 ist an Sicherung und Abschreckung orientiert • Parallelentwicklung eines Systems von Konzentrationslagern • Verordnung des Reichspräsidenten zum Schutze von Volk und Staat vom 20.02.1933 – Exekutive Anordnung von Schutzhaft und Konzentrationslager • Die Grenzen zwischen dem System der KZs und dem System der Gefängnisse sowie die Grenzen zwischen Freiheitsstrafe und Präventivhaft verwischen Max-Planck-Institut für Ausländisches und Internationales Strafrecht Nachkriegsentwicklung • Grosse Strafrechtsreform 1969/1975 • 1. Einheitsfreiheitsstrafe: Aufgabe der Differenzierung zwischen Zuchthaus (entehrender Charakter) und der Gefängnisstrafe. • 2. Einschränkung der kurzen Freiheitsstrafe (unter 6 Monate) § 47 StGB und Ersetzung durch Tagessatzgeldstrafe • 3. Planung einer sozialtherapeutischen Anstalt vorgeschlagen als Maßregellösung (§ 65 StGB), tritt jedoch nicht in Kraft. • 4. Ausweitung der zur Bewährung aussetzbaren Freiheitsstrafe und Stärkung der Bewährungshilfe. • 5. Einstellung des Strafverfahrens gegen Auflagen (§ 153a StPO) sowie der Verwarnung mit Strafvorbehalt (§ 59 StGB) Max-Planck-Institut für Ausländisches und Internationales Strafrecht Das Strafvollzugsgesetz von 1977 • Ausgangspunkt: BVerfGE 33, S. 1ff • das "besondere Gewaltverhältnis" als Grundlage für Grundrechtseingriffe im Vollzug der Freiheitsstrafe als rechtsstaatswidrig eingestuft • Voraussetzung für Grundrechtseingriffe ist auch im Strafvollzug ein förmliches Gesetz • Rechte und Pflichte der Gefangenen müssen in einem förmlichen Gesetzes geregelt sein • Der Gesetzgeber kam dieser Forderung mit der Verabschiedung des Strafvollzugsgesetzes im Jahre 1977 nach Max-Planck-Institut für Ausländisches und Internationales Strafrecht Empirische Grundlagen des Strafvollzugs Max-Planck-Institut für Ausländisches und Internationales Strafrecht Strafgefangene in Deutschland 120 100 80 60 40 Max-Planck-Institut für Ausländisches und Internationales Strafrecht 2005 2003 2001 1999 1997 1995 1993 1991 1989 1987 1985 1983 1981 1979 1977 1975 1973 1971 1969 1967 1965 1963 0 1961 20 he R Max-Planck-Institut für Ausländisches und Internationales Strafrecht Ita lie No n rw eg en Fi nn lan d . Un ga rn Sc hw eiz Fr an k De r eic h ut sc hl an d Sc hw ed en Dä ne m ar k Ho En lla gl nd an d/ W al es Ös te rre ic h Sp an Gr iec ien he nl an d hi sc Po len Ru ss la nd ss ru ss lan d Uk ra i Ru ne m än ien Ts ch ec W ei Gefangene in Europa 600 500 400 300 200 100 0 Trends in Gefangenenzahlen • Erhebliche Zunahme in den neunziger Jahren • Zunahme der Dauer der Freiheitsstrafe • Erweiterung der Haftplätze Max-Planck-Institut für Ausländisches und Internationales Strafrecht he R Max-Planck-Institut für Ausländisches und Internationales Strafrecht US A Si ng ap or Au e str ali en Na m ib ia Sü da fr i ka Ch in a . Un ga rn Sc hw eiz Fr an k De r eic h ut sc hl an d Sc hw ed en Dä ne m ar k Ho En l l an gl an d d/ W al es Ös te rre ic h Sp a Gr n iec ien he nl an d Ita l No ien rw eg en Fi nn lan d Ka na da hi sc Po len Ru ss la nd ss ru ss lan d Uk ra i Ru ne m än ien Ts ch ec W ei Gefangene im internationalen Vergleich 600 500 400 300 200 100 0 Gründe für die Zuwächse in Gefängnissen • Organisierte/Rationale Kriminalität • Gewalt- und Sexualkriminalität • Nachträgliche Anordnung der Sicherungsverwahrung • Neue prekäre Gruppen – – – – Drogenabhängige Ausländische und ethnische Minoritäten Illegale Immigranten Langzeitarbeitslose • Tradition langer Freiheitsstrafen in Osteuropa Max-Planck-Institut für Ausländisches und Internationales Strafrecht Inländer und Ausländer im Strafvollzug Einheimische Ausländer Max-Planck-Institut für Ausländisches und Internationales Strafrecht eiz Sc hw ed en ga l Sc hw rtu Po ol la nd H Ita lie n N or we ge n D eu tsc hl an d Ö ste rre ic h Be lg ie n D än em ar k Sp an ie n Fr an kr eic G h rie ch en lan d 1600 1400 1200 1000 800 600 400 200 0 Max-Planck-Institut für Ausländisches und Internationales Strafrecht 2003 2001 1999 1997 1995 1993 1991 1989 1987 1985 1983 1981 1979 1977 1975 1973 1971 1969 1967 2000 1800 1600 1400 1200 1000 800 600 400 200 0 1965 Lebenslängliche Entwicklung des Gebrauchs langer Freiheitsstrafen bei Vergewaltigung (in % der für Vergewaltigung verhängten Strafen) 60 50 40 30 20 10 19 68 19 70 19 72 19 74 19 76 19 78 19 80 19 82 19 84 19 86 19 88 19 90 19 92 19 94 19 96 0 2-5 Jahre > 5 Jahre Max-Planck-Institut für Ausländisches und Internationales Strafrecht Entwicklung und Zusammensetzung der 14 - 17-jährigen Jugendstrafgefangenen (Stichtag 31.3.) 1000 900 800 700 600 500 400 300 200 100 0 1971 1974 1977 1980 1983 Deutsch 1986 1989 1992 Ausländer Max-Planck-Institut für Ausländisches und Internationales Strafrecht 1995 1998 Grafik: Entwicklung der Deliktsstruktur im Baden-Württembergischen Jugendstrafvollzug 60 50 40 30 20 10 1974 1984 1999 Max-Planck-Institut für Ausländisches und Internationales Strafrecht V er ke hr Se xu al de lik te ik te Tö tu ng sd el R au b K ör pe rv er le tz un g D ro ge n D ie bs ta hl 0 Grafik: Entwicklungen in der ethnischen Zusammensetzung der Jugendstrafgefangenen 120 98,5 100 77,5 80 60 38,7 40 20 27,6 14,8 19,6 14,1 8,9 1 5,9 0,8 1,8 0 Im Ausland geborene In Deutschland Im Ausland geborene In Deutschland Ausländer geborene Ausländer Deutsche geborene Deutsche 1974 1987 1999 Max-Planck-Institut für Ausländisches und Internationales Strafrecht Prisonisierung und Subkultur Max-Planck-Institut für Ausländisches und Internationales Strafrecht Die Subkultur • Insassenkultur – besondere Sprache – besondere Normen » Status » Verhältnis zu Vollzugsstab – Verhaltensweisen » Schwarzmärkte in Vollzugsanstalten – kollektive Einstellungen (beispielsweise gegenüber den Vollzugsbeamten, der Strafjustiz) Max-Planck-Institut für Ausländisches und Internationales Strafrecht Prisonisierung • Begriff – Anpassung und Gewöhnung an die Wertvorstellungen und Normen der Subkultur • Clemmer – unmittelbarer Zusammenhang zwischen dem Grad der Anpassung an die Subkultur (Prisonisierung) und der Dauer des Aufenthalts im Gefängnis • Wheeler – Anpassung folgt einem U-Verlauf: Anpassung an die Gefängnissubkultur ist am Anfang der Haft recht schwach ausgeprägt, nimmt bis zur Mitte der Haft stark zu, um sich dann vor der Entlassung wieder abzuschwächen • Offene Fragen – Hat das Gefängnis eine eigenständige Wirkung in Form von „Haftprägungen“ (Lerngelegenheiten in der sog. „Schule des Verbrechens“) oder wird die Subkultur importiert (beispw. Gangs) – Kann derartigen Prisonisierungsprozessen im Gefängnis entgegengewirkt werden • Max-Planck-Institut für Ausländisches und Internationales Strafrecht Wirkungen des Gefängnisses • Unmittelbare Auswirkungen • Mittelbare Auswirkungen: Stigmatisierung und Chancenverschlechterung • Besserung durch Behandlung • • • • Wirkungsforschung/Behandlungsforschung Problem fehlender kontrollierter Experimente Lange Zeit überschätzt Effekte partiell vorhanden, aber eher bescheiden Max-Planck-Institut für Ausländisches und Internationales Strafrecht Verfassungsrechtliche Grundlagen • Das „Besondere Gewaltverhältnis“ • Bestimmte Beziehungen zwischen Einzelnem und dem Staat gehören dem Innenbereich des Staates an • Konsequenz: Gesetz als Grundlage für die Regelung des Verhältnisses ist nicht erforderlich • Dienst- und Vollzugsordnung wird als ausreichend angesehen • Besondere Bereiche: Militär, Gefängnisse, Schulen Max-Planck-Institut für Ausländisches und Internationales Strafrecht BVerfGE vom 14.03.1972 • Ein „Besonderes Gewaltverhältnis“ kann Grundrechtseingriffe durch den Vollzug von Freiheitsstrafe nicht legitimieren • Dienst- und Vollzugsordnung von 1961 reicht nicht aus • Das Rechtsstaatsprinzip erfordert für den Vollzug von Freiheitsstrafen ein förmliches Gesetz • Konsequenz: Das StVollZG vom 1.1. 1977 Max-Planck-Institut für Ausländisches und Internationales Strafrecht Sozialstaatsprinzip als Grundlage für die Ausgestaltung des Strafvollzugs • Zentrale These • Sozialstaatsprinzip erfordert einen auf Resozialisierung und die Chance auf Wiedereingliederung ausgerichteten Vollzug der Freiheitsstrafe Max-Planck-Institut für Ausländisches und Internationales Strafrecht BVerfGE 45, S.187ff • Entscheidung zur Verfassungsmäßigkeit der lebenslangen Freiheitsstrafe • Vorlage einer Strafkammer, die die Verhängung einer lebenslangen Freiheitsstrafe für verfassungswidrig hielt Max-Planck-Institut für Ausländisches und Internationales Strafrecht Menschenwürde und langer Freiheitsentzug • Ausgangspunkt: • Die lebenslange Freiheitsstrafe verstösst gegen die Menschenwürde » Persönlichkeitswandel und Persönlichkeitszerstörung » Frage: ab wann treten Haftschäden auf? • Vereinbarkeit der lebenslangen Freiheitsstrafe mit der Verfassung und dem Prinzip der Menschenwürde nur unter verfassungskonformen Vollzugsbedingungen Max-Planck-Institut für Ausländisches und Internationales Strafrecht Verfassungskonforme Bedingungen • Behandlungsvollzug und die Chance auf Wiedereingliederung sowie die Vermeidung von Haftschäden • Jeder Gefangene muss die Chance auf Wiedereingliederung haben • Der Kern der Menschenwürde wäre getroffen, wenn ein Mensch jegliche Hoffnung auf ein Leben in Freiheit aufgeben müsste (Menschenbild: ein freier Mensch) • Einschränkung: Gefährliche Straftäter Max-Planck-Institut für Ausländisches und Internationales Strafrecht Verfassungskonformer Vollzug • Das Rechtsstaatsprinzip erfordert einer Verrechtlichung der Entlassungspraxis • Gnadenpraxis reicht nicht aus • Vermeidung von Ungleichbehandlung und Herstellung von Rechtssicherheit • Einführung des §57a StGB Max-Planck-Institut für Ausländisches und Internationales Strafrecht Verhältnismäßigkeit • Enge Auslegung des Mordtatbestandes • Oder: Strafmilderung und Verhängung zeitiger Freiheitsstrafe analog §49 StGB Max-Planck-Institut für Ausländisches und Internationales Strafrecht Auslegung des §57a StGB • Besondere Schwere der Schuld • Erfordert Festlegung durch das erkennende Gericht • Rechtssicherheit und Konkretisierung der Entlassungschance • §454 I, Nr. 2b StPO • Deshalb: 3 Freiheitsstrafenbereiche: – Ca. 15 Jahre – Ca. 20 Jahre – Lebenslang bei Gefährlichkeit Max-Planck-Institut für Ausländisches und Internationales Strafrecht Persönlichkeitsschutz und Resozialisierung • BVerGE 35, S. 202ff: Lebach Fall • Rundfunkfreiheit und Resozialisierung • Täterberichterstattung ist unzulässig, wenn sie Wiedereingliederung gefährdet » Nähe der Sendung zur Entlassung » Selbständige und neue Beeinträchtigung wird ausgelöst Max-Planck-Institut für Ausländisches und Internationales Strafrecht Grundrechte im Strafvollzug • Jede Grundrechtsbeschränkung im Strafvollzug bedarf einer gesetzlichen Ermächtigung • Nicht einschränkbar: • Menschenwürde (Artikel 1 I) • Recht auf Leben (Artikel 2 II, Satz 1), • Gleichbehandlung (Artikel 3) • Glaubensfreiheit (Artikel 4) • Teile der Rechte aus Artikel 6 (beispielsweise Eheschließung), das Eigentumsrecht (Artikel 14) • Rechtsschutzgarantie (Artikel 19 Absatz 4) Max-Planck-Institut für Ausländisches und Internationales Strafrecht Zielsetzungen des Strafvollzugsgesetzes • § 2 Leben ohne Straftaten und in sozialer Verantwortung • Schutz der Gesellschaft • Max-Planck-Institut für Ausländisches und Internationales Strafrecht Zielkonflikte • Ausgangspunkt: Dreisäulentheorie – Gesetzgeber: Generalprävention – Richter(Strafzumessung): Schuldausgleich – Strafvollzug: Spezialprävention, Resozialisierung Trennung nicht möglich: Zielkonflikte auch in §46 StGB Frage: Dürfen in Vollzugsentscheidungen auch Schulderwägungen berücksichtigt werden? OLG Karlsruhe JR 1978, S.213: KZ-Fall Max-Planck-Institut für Ausländisches und Internationales Strafrecht System und Organisation von Gefängnissen • Verwaltung des Strafvollzugs ist Ländersache • Verwaltung einer Justizvollzugsanstalt – Hauptgeschäftsstelle (für Personalverwaltung), – Vollzugsgeschäftsstelle – Zahlstelle (insbesondere auch Verwaltung des Geldes der Gefangenen) – Sicherheitsdienst – Arbeitsverwaltung – Wirtschaftsverwaltung – Bauverwaltung Max-Planck-Institut für Ausländisches und Internationales Strafrecht Vollstreckungsplan (§ 152) • Regelt die örtliche und sachliche Zuständigkeit von Vollzugsanstalten • Gesetzliche Trennungsgrundsätze – Uhaft – Frauen-Männer – Jugendliche-Erwachsene • Weitere Zuweisungsgrundsätze – Sicherheit – Vollzugsdauer – Alter • Vollzugsgemeinschaften (§150) Max-Planck-Institut für Ausländisches und Internationales Strafrecht Privatisierung von Gefängnissen • Privatisierung von Gefängnissen ist Teil einer allgemeinen Bewegung hin zu einem „schlanken“ Staat • Beispiele: private Polizei, privates Militär • Marktökonomie gestattet eine effizientere Nutzung von Ressourcen • Verschiedene Modelle – Teilprivatisierung – Vollprivatisierung – Staatlicher Vollzug beteiligt sich an staatlichen Ausschreibungen Max-Planck-Institut für Ausländisches und Internationales Strafrecht Private Gefängnisse Private Gefängnisplätze in verschiedenen Ländern 1999 140000 122082 120000 100000 80000 60000 40000 20000 4579 7561 737 3000 384 En gl an d H ol l. A nt ill en Sü da fr ik a N eu se el an d Sc ho ttl an d A us tra lie n U S 0 Max-Planck-Institut für Ausländisches und Internationales Strafrecht 500 Privatisierung von Gefängnissen Die Entwicklung privater Gefängniskapazitäten 1990 - 1999 im Erwachsenenstrafvollzug 160000 138342 140000 132572 120000 106940 100000 85201 80000 63595 60000 49154 40000 20000 32555 15300 15476 0 1990 1991 20637 1992 1993 1994 1995 1996 1997 Max-Planck-Institut für Ausländisches und Internationales Strafrecht 1998 1999 Grenzen der Privatisierung • • • • • §155 StVollGLinks\155.doc, Art. 33, IV GG Links\Art 33.doc, Art. 12, III GGLinks\Art 12.doc Verfassungsrechtliche Schranken der Privatisierung • Rechtsstaatsprinzip • Grundrechtsschutz • Demokratieprinzip Die im Strafvollzug sich realisierende Beschränkung der Bewegungsfreiheit sowie beständig aktivierbarer Zwang sind nur als staatlich ausgeübte Gewalt legitimierbar Einsatz beliehener Privater • strenge normative Anleitung • oder eine zeitnahe und unmittelbare Kontrolle durch den Staat • Beides ist im geschlossenen Vollzug unter privatisierten Bedingungen der Kernbereiche (Aufsicht, Bewachung, Disziplinierung, Zwang) angesichts von weiten Ermessensvorschriften (und tatsächlich voll privatisierter Aufsicht) nicht gegeben Offener Vollzug sowie neue Formen der Beschränkung und Kontrolle der Bewegungsfreiheit (wie beispw. die elektronische Fussfessel) könnten anders beurteilt werden Max-Planck-Institut für Ausländisches und Internationales Strafrecht Vollzugsstab • §154ff • Vollzugsbeamte – §155 (1) Die Aufgaben der Justizvollzugsanstalten werden von Vollzugsbeamten wahrgenommen. • Anstaltsleiter §156 • Allgemeiner Vollzugsdienst (Beaufsichtigung der Gefangenen, Betreuung, Versorgung und Teilnahme an Resozialisierung und Behandlung) • Werkdienst: Führung der Anstaltsbetriebe und Ausbildung der Gefangenen • Weitere Tätigkeitsbereiche » » » » » §§7 II, Nr. 4, 5, 37 III, 38, 67 II, insbesondere Ausbildung), Psychologen (§155 II) Ärzte (§§56ff; 5 III, 21, 22 II, 76, 92, 101, 107) Seelsorger (§157, §§53ff) Sozialarbeiter (§7 II Nr.6, 8, §§71ff) Max-Planck-Institut für Ausländisches und Internationales Strafrecht Struktur der Berufe • • Personalstruktur des Strafvollzugs (Niedersachsen 1992, in () Gefangene pro Stelle): Strafvollzugspersonal (-stellen) insgesamt: 3034 (1,7) • höherer Vollzugs-/Verwaltungsdienst: 35 (151); • gehobener Vollzugs-/Verwaltungsdienst: 151 (35); • Mittlerer Verwaltungsdienst: 196 (27); • Schreibdienst: 59 (89); • Ärztlicher Dienst: 23 (229); • Psychologischer Dienst 39 (135); • Seelsorgerischer Dienst 22 (240); • Pädagogischer Dienst 48 (110); • Höherer Sozialdienst 12 (440); • Gehobener Sozialdienst 113 (47); • Allgemeiner Vollzugsdienst 2165 (2); • Werkdienst 96 (55). Max-Planck-Institut für Ausländisches und Internationales Strafrecht Öffentlichkeit und ehrenamtliche Vollzugshelfer • §154 II, 2 Vollzugsbehörden sollen mit Personen und Gruppen außerhalb des Strafvollzugs zum Zwecke der Resozialisierung zusammenarbeiten • §154 II ermächtigt zur Zulassung Privater in die Anstalt Max-Planck-Institut für Ausländisches und Internationales Strafrecht Anstaltsbeiräte • §162 – Einbeziehung der Öffentlichkeit Max-Planck-Institut für Ausländisches und Internationales Strafrecht Gefangenenmitverantwortung • Kein originäres Mitbestimmungsrecht • Aber – individuelle Einbeziehung (Mitwirkung, §4) – Gefangenenmitverantwortung (§160) Max-Planck-Institut für Ausländisches und Internationales Strafrecht Bedarfsforschung • StVollzG § 166 • (1) Dem kriminologischen Dienst obliegt es, in Zusammenarbeit mit den Einrichtungen der Forschung den Vollzug, namentlich die Behandlungsmethoden, wissenschaftlich fortzuentwickeln und seine Ergebnisse für Zwecke der Strafrechtspflege nutzbar zu machen. Max-Planck-Institut für Ausländisches und Internationales Strafrecht Grundsätze der Gestaltung des Strafvollzugs • Angleichung des Strafvollzugs an die allgemeinen Lebensverhältnisse (Angleichungsgrundsatz, §3 I). • Vermeidung negativer Haftfolgen (Subkulturbildung, Prisonisierung, Haftanpassung, psychische und psychiatrische Folgen langer Haft etc.). §3 II: Schädlichen Folgen des Strafvollzugs ist entgegenzuwirken. • Resozialisierungsgrundsatz: §3 III verpflichtet die Vollzugsbehörden, den gesamten Vollzugsablauf auf die Eingliederung und Resozialisierung auszurichten. Max-Planck-Institut für Ausländisches und Internationales Strafrecht Die Stellung des Gefangenen • StVollzG § 4: – (1) Der Gefangene wirkt an der Gestaltung seiner Behandlung und an der Erreichung des Vollzugszieles mit. Seine Bereitschaft hierzu ist zu wecken und zu fördern. – (2) Der Gefangene unterliegt den in diesem Gesetz vorgesehenen Beschränkungen seiner Freiheit. Soweit das Gesetz eine besondere Regelung nicht enthält, dürfen ihm nur Beschränkungen auferlegt werden, die zur Aufrechterhaltung der Sicherheit oder zur Abwendung einer schwerwiegenden Störung der Ordnung der Anstalt unerläßlich sind. Max-Planck-Institut für Ausländisches und Internationales Strafrecht Der Vollzugsplan • §§5, 6, 7 StVollZG • Aufnahme des Gefangenen » Eingangsuntersuchung » Vorstellung beim Anstaltsleiter • Erstellung eines Vollzugsplans » Konkretisierung des Vollzugsziels » Individualisierung des Behandlungsplans • Mindestanforderungen §7 II » Erörterung mit Gefangenem » Schriftliche Fassung Max-Planck-Institut für Ausländisches und Internationales Strafrecht §5 • StVollzG § 5 Aufnahmeverfahren • (1) Beim Aufnahmeverfahren dürfen andere Gefangene nicht zugegen sein. • (2) Der Gefangene wird über seine Rechte und Pflichten unterrichtet. • (3) Nach der Aufnahme wird der Gefangene alsbald ärztlich untersucht und dem • Leiter der Anstalt oder der Aufnahmeabteilung vorgestellt. Max-Planck-Institut für Ausländisches und Internationales Strafrecht §6 • StVollzG § 6 Behandlungsuntersuchung. Beteiligung des Gefangenen • (1) Nach dem Aufnahmeverfahren wird damit begonnen, die Persönlichkeit und die Lebensverhältnisse des Gefangenen zu erforschen. Hiervon kann abgesehen werden, wenn dies mit Rücksicht auf die Vollzugsdauer nicht geboten erscheint. (2) Die Untersuchung erstreckt sich auf die Umstände, deren Kenntnis für eine planvolle Behandlung des Gefangenen im Vollzug und für die Eingliederung nach seiner Entlassung notwendig ist. Bei Gefangenen, die wegen einer Straftat nach den §§ 174 bis 180 oder 182 des Strafgesetzbuches verurteilt worden sind, ist besonders gründlich zu prüfen, ob die Verlegung in eine sozialtherapeutische Anstalt angezeigt ist. (3) Die Planung der Behandlung wird mit dem Gefangenen erörtert. • • Max-Planck-Institut für Ausländisches und Internationales Strafrecht §7 • StVollzG § 7 Vollzugsplan • (1) Auf Grund der Behandlungsuntersuchung (§ 6) wird ein Vollzugsplan erstellt. • (2) Der Vollzugsplan enthält Angaben mindestens über folgende Behandlungsmaßnahmen: » » » » » » » » 1. die Unterbringung im geschlossenen oder offenen Vollzug, 2. die Verlegung in eine sozialtherapeutische Anstalt, 3. die Zuweisung zu Wohngruppen und Behandlungsgruppen, 4. den Arbeitseinsatz sowie Maßnahmen der beruflichen Ausbildung oder Weiterbildung, 5. die Teilnahme an Veranstaltungen der Weiterbildung, 6. besondere Hilfs- und Behandlungsmaßnahmen, 7. Lockerungen des Vollzuges und 8. notwendige Maßnahmen zur Vorbereitung der Entlassung. • (3) Der Vollzugsplan ist mit der Entwicklung des Gefangenen und weiteren Ergebnissen der Persönlichkeitserforschung in Einklang zu halten. Hierfür sind im Vollzugsplan angemessene Fristen vorzusehen. • (4) Bei Gefangenen, die wegen einer Straftat nach den §§ 174 bis 180 oder 182 des Strafgesetzbuches zu Freiheitsstrafe von mehr als zwei Jahren verurteilt worden sind, ist über eine Verlegung in eine sozialtherapeutische Anstalt jeweils nach Ablauf von sechs Monaten neu zu entscheiden. Max-Planck-Institut für Ausländisches und Internationales Strafrecht Anspruch auf Vollzugsplan • Der Gefangene hat ein Recht auf die Erstellung eines Vollzugsplanes • Jedoch ist der Gefangene in diesem Zusammenhang zur Mitwirkung bei der Behandlungs- bzw. Eingangsuntersuchung verpflichtet » Anerkennung der Subjektstellung des Gefangenen » der Gefangene ist nicht blosses Objekt des Vollzugs bzw. der Behandlung Max-Planck-Institut für Ausländisches und Internationales Strafrecht BVerfG Strafverteidiger 1994, S. 93f • Aufstellung eines Vollzugsplanes für Lebenslänglichen » Art. 19 IV GG gewährt Rechtsschutz auch für die Überprüfung der Rechtsfehlerfreiheit des Aufstellungsverfahrens und des inhaltlichen Gestaltungsermessens (beispw. Erfüllung der Mindestanforderungen) Max-Planck-Institut für Ausländisches und Internationales Strafrecht §4 Einschränkung von Rechten • §4 II, Satz 1 soweit im Strafvollzugsgesetz enthalten • §4 II, Satz 2 Generalklausel: » zur Aufrechterhaltung der Sicherheit » zur Abwehr schwerwiegender Störungen – enge Auslegung der Generalklausel Max-Planck-Institut für Ausländisches und Internationales Strafrecht Verwaltungsvorschriften zum Strafvollzugsgesetz • • • Bundeseinheitliche Verwaltungsvorschriften » verwaltungsinterne Regelungen, keine Aussenwirkung » Strafvollzugsgesetz: Bundesgesetz » Strafvollzugsverwaltung: Landesverwaltung » Zielsetzung: einheitliche Anwendung des Gesetzes Strafvollzugsgesetz enthält: » Ermessen (kann) » Unbestimmte Rechtsbegriffe (Beurteilungsspiel-räume) Verwaltungsvorschriften setzen Richtlinien für die Ermessensausübung » keine Ersetzung der Einzelfallprüfung » Ermessen muss ausgeübt werden (Vorschriften ersetzen das Gesetz nicht) Max-Planck-Institut für Ausländisches und Internationales Strafrecht LG Hamburg Strafverteidiger 1/2001, S. 33 • Ein türkischer Staatsangehöriger, der eine Freiheitsstrafe verbüßt und gegen den eine vollziehbare Ausweisungsverfügung vorliegt, beantragt die Verlegung in den offenen Vollzug. • § 10 I: Verlegung in den offenen Vollzug » Fluchtgefahr » Gefahr neuer Straftaten • Verwaltungsvorschrift zu §10 » I, c: Vom offenen Vollzug ausgeschlossen sind Gefangene, gegen die eine vollziehbare Ausweisungsverfügung besteht Max-Planck-Institut für Ausländisches und Internationales Strafrecht Ermessen und unbestimmte Rechtsbegriffe • Überprüfung • Vollständig ermittelter und zutreffender Sachverhalt • Richtiger Begriff des Versagungsgrundes zugrunde gelegt • Grenzen des Beurteilungsspielraums/Ermessens eingehalten Max-Planck-Institut für Ausländisches und Internationales Strafrecht Die Unterbringung der Gefangenen Max-Planck-Institut für Ausländisches und Internationales Strafrecht European Prison Rules Unterbringung • Accommodation • 14. Prisoners shall normally be lodged during the night in individual cells except in cases where it is considered that there are advantages in sharing accommodation with other prisoners. Where accommodation is shared it shall be occupied by prisoners suitable to associate with others in those conditions. There shall be supervision by night, in keeping with the nature of the institution. 15. The accommodation provided for prisoners, and in particular all sleeping accommodation, shall meet the requirements of health and hygiene, due regard being paid to climatic conditions and especially the cubic content of air, a reasonable amount of space, lighting, heating and ventilation. 16. In all places where prisoners are required to live or work: a. the windows shall be large enough to enable the prisoners, inter alia, to read or work by natural light in normal conditions. They shall be so constructed that they can allow the entrance of fresh air except where there is an adequate air conditioning system. Moreover, the windows shall, with due regard to security requirements, present in their size, location and construction as normal an appearance as possible; b. artificial light shall satisfy recognised technical standards. 17. The sanitary installations and arrangements for access shall be adequate to enable every prisoner to comply with the needs of nature when necessary and in clean and decent conditions. 18. Adequate bathing and showering installations shall be provided so that every prisoner may be enabled and required to have a bath or shower, at a temperature suitable to the climate, as frequently as necessary for general hygiene according to season and geographical region, but at least once a week. Wherever possible there should be free access at all reasonable times. 19. All parts of an institution shall be properly maintained and kept clean at all times. • • • • • • Max-Planck-Institut für Ausländisches und Internationales Strafrecht Unterbringungsgrundsätze des Strafvollzugsgesetzes • §143 – Größe der Vollzugsanstalt muss eine Individuelle Behandlung erlauben – Gliederung in überschaubare Betreuungs- und Behandlungsgruppen • §144 – Wohnliche Ausgestaltung – Genügend Luftinhalt – Gewährleistung gesunder Lebensführung (Lüftung, Heizung etc.) Max-Planck-Institut für Ausländisches und Internationales Strafrecht Belegungsgrundsätze • §145 – Festsetzung der Belegungsfähigkeit » Angemessene Unterbringung während der Ruhezeit » Genügend Raum für Arbeit, Ausbildung, Freizeit und Besuch etc. • §146 – Verbot der Überbelegung – Ausnahmen » Vorübergehend » Mit Zustimmung der Aufsichtsbehörde Max-Planck-Institut für Ausländisches und Internationales Strafrecht Allgemeine Struktur der Unterbringung • Tageseinteilung: §82 • Arbeitszeit • Ruhezeit • Freizeit Max-Planck-Institut für Ausländisches und Internationales Strafrecht Tagesablauf • • Typischer Verlauf eines Strafvollzugstages 05.48 Uhr Wecken • 06.00 Uhr 06.35 Uhr 11.50 Uhr 12.35 Uhr 15.20 Uhr 15.30 Uhr 16.30 Uhr 16.45 Uhr 17.00 Uhr Frühstücksausgabe Arbeitsbeginn Mittagspause Ende Mittagspause Arbeitsende Beginn Aufenthalt im Freien (Hofgang) Ende Aufenthalt im Freien Abendessen Ausgabe Beginn der Freizeit 20.30 Ende der Freizeit (Einschluss) • Max-Planck-Institut für Ausländisches und Internationales Strafrecht Art der Unterbringung • Freizeit Gemeinsame Unterbringung • Arbeitszeit Gemeinsame Unterbringung • Ruhezeit Einzelunterbringung Max-Planck-Institut für Ausländisches und Internationales Strafrecht Unterbringung während Arbeit und Freizeit • §17 Grundsätze in Absatz 1 und Absatz 2 • Gemeinsame Unterbringung bei der Arbeit (Ausbildung etc.) • Gemeinsame Unterbringung in der Freizeit • Ausnahmen: » » » » Schädlicher Einfluss auf andere Gefangene Untersuchung nach §6 (Obergrenze 2 Monate) Sicherheit und Ordnung der Anstalt Zustimmung des Gefangenen Max-Planck-Institut für Ausländisches und Internationales Strafrecht Ausnahmen von der Gemeinschaftsunterbringung • Einschränkung der Gemeinschaftsunterbringung und Einzelhaft (§89) – Beschränkt durch Erforderlichkeit – Schädlicher Einfluss » Abhängigkeitsverhältnisse » Krimineller Einfluss – Sicherheit/Ordnung » Drogenkonsum » Ausbruchsgefahr/Meutereigefahr Max-Planck-Institut für Ausländisches und Internationales Strafrecht Einzelunterbringung • §18 • Einzelunterbringung während der Ruhezeit als Grundsatz – Ausnahmen: » Hilfsbedürftigkeit » Gefahr für Leib/Leben des Gefangenen Max-Planck-Institut für Ausländisches und Internationales Strafrecht Gründe für Einzelunterbringung • Angleichungsgrundsatz – Individuelle Gestaltung des Haftraums – Privatsphäre • Schutz des Gefangenen – – – – Subkulturelle Einflüsse Gewalt Erfurt, 24.09.2002 Nach dem Mord an einem Häftling in der Justizvollzugsanstalt Ichtershausen und dem jetzt begonnenen Prozess gegen weitere Zelleninsassen des Toten möchte …, von der Landesregierung wissen, was für die Erziehung der jungen Häftlinge in den Gefängnissen getan wird. Max-Planck-Institut für Ausländisches und Internationales Strafrecht Das Recht auf Einzelunterbringung • OLG Celle NStZ 1999, S. 216f – Antragssteller verbüßt längere Freiheitsstrafe und wird mit einem anderen Gefangenen in einem Einzelhaftraum untergebracht – §18 verleiht Anspruch auf Einzelunterbringung » §18 II, 2: Vorübergehend/dringende Gründe » §18 I, 2: Hilfsbedürftig/Gefahr für Leben-Gesundheit » §201 Nr. 3 » Keine Einschränkung durch §146! Max-Planck-Institut für Ausländisches und Internationales Strafrecht Einzelzelle im offenen Vollzug • Die Unterbringung in einer Mehrpersonenzelle im offenen Vollzug bedarf der Zustimmung des Gefangenen (§18 II). Die Verweigerung der Zustimmung durch den Gefangenen ist kein Kriterium, den Gefangenen im geschlossenen Vollzug unterzubringen, KG, 3 Ws 507/02, 03.12.2002, NStZ-RR 2003, S. 125-126 Max-Planck-Institut für Ausländisches und Internationales Strafrecht BGH, Urteil vom 4. 11. 2004, III ZR 361/03 • • • • • Feststellung der Strafvollstreckungskammer: die gemeinsame Unterbringung (zwei Tage) von fünf Gefangenen in einem nachts verschlossenen, 16 qm großen Haftraum bei Abtrennung der Toilette nur mit einem Sichtschutz ist rechtswidrig und verstößt gegen das Gebot menschenwürdiger Unterbringung (Art. 1, 2 I GG) Klage auf Schmerzensgeld gemäß §839 BGB i.V. mit Art. 34 GG (§847 BGB a.F., jetzt: § 253 Abs. 2 BGB n.F.); Genugtuungsfunktion des “Schmerzensgeldes” (Rechtsbehelf zur Abwehr von Persönlichkeitsverletzungen, BVerfG NJW 2000, 2187 f) Bindungswirkung der rechtskräftigen Entscheidung der Strafvollstreckungs-kammer im Verfahren nach § 109 StVollzG für den Amtshaftungsprozess? Entscheidung des LG: Pro Tag kann ein Gefangener 100 € Schmerzensgeld beanspruchen (LG Hannover; StV 2003, 568 mit Anm. Lesting): Organisationsverschulden des Landes Allerdings BGH: nicht aus jeder Beeinträchtigung der Menschenwürde folgt ein Schmerzensgeldanspruch; ein gewisses Mindestmaß muss die Beeinträchtigung erreichen; auch die gerichtliche Feststellung der Rechtswidrigkeit kann der Genugtuung dienen (Verweis auf Rechtsprechung des EGMR zur Wiedergutmachung durch Geldersatz (Art. 41 EMRK) nach Verstößen gegen Art. 3 EMRK, Urteil vom 16. Dezember 1997, Raninen ./. Finnland; Urteil vom 19. April 2001, Peers ./. Griechenland) Max-Planck-Institut für Ausländisches und Internationales Strafrecht Der Haftraum Max-Planck-Institut für Ausländisches und Internationales Strafrecht Fragestellungen zum Haftraum • Architektur des Haftraums • Größe des Haftraums • Ausstattung des Haftraums • Kontrolle des Haftraums Max-Planck-Institut für Ausländisches und Internationales Strafrecht Die Grösse des Haftraums • • • Das Strafvollzugsgesetz enthält keine genauen Angaben European Prison Rule 15: “a reasonable amount of space” Rechtsprechung: – LG Bremen (Abschiebehaft): Unterbringung von 5 Gefangenen auf etwa 18 m² ist menschenunwürdig (InfAuslR 1995, S. 67ff) – OLG Frankfurt StV 1986, 27: Unterbringung von 3 Gefangenen auf ca. 12 m² ist verfassungswidrig – LG Braunschweig NStZ 1984, S. 286: Haftraum von etwa 8 m² für 2 Gefangene ist verfassungswidrig – Die Unterbringung in einer Einzelzelle ohne abgetrennten WC Bereich mit einem zweiten Gefangenen ist rechtswidrig, LG Koblenz, 7 StVK 2/03, 12.06.2003 – Die Zuweisung eines mehrfach belegten Einzelhaftraums verstößt gegen Art. 1 I GG (Achtung der Menschenwürde) und Art. 3 EMRK (Verbot menschenunwürdiger Behandlung), sofern die Toilette nicht abgetrennt oder nicht gesondert entlüftet wird, oder sofern nicht pro Gefangenen mindestens 18 m³ Luftraum und 7 m² Bodenfläche vorhanden sind, OLG Frankfurt a./M., 3 Ws 578/03, 18.07.2003; ähnlich OLG Celle, 1 Ws 171/03, 03.07.2003, NStZ-RR 2003, 316. Max-Planck-Institut für Ausländisches und Internationales Strafrecht Ausstattung des Haftraums • Grundsätze – Anstalt stellt die Grundausstattung des Haftraums §144 – Angemessene Ausstattung mit persönlichen (eigenen) Gegenständen » Lichtbilder und Erinnerungsstücke von persönlichem Wert werden belassen • Beschränkungen – Behinderung der Übersichtlichkeit des Haftraums – Gefährdung der Sicherheit und Ordnung Max-Planck-Institut für Ausländisches und Internationales Strafrecht Grundausstattung Max-Planck-Institut für Ausländisches und Internationales Strafrecht Angemessener Umfang • Auslegungsgrundsätze – Menschenwürdige Gestaltung der Privatsphäre, abgeleitet aus dem Grundsatz der Angleichung §3 I » Selbständige Gestaltung » Individuelle, persönliche Umgebung » Grundbedarf (Bett, Tisch, Schrank, Stuhl etc.) » Persönliche Dinge (Bilder etc.), die nicht durch andere Rechte umfasst sind (beispw. Bücher für Ausbildungszwecke oder Gegenstände zur Freizeitgestaltung, vgl. §70 I; religiöse Schriften und Gegenstände §53 II, III; Zeitschriften und Zeitungen §68; Rundfunk und Fernsehgeräte §69; persönlicher Gewahrsam §83) – Vereinbarkeit mit räumlichen Voraussetzungen Max-Planck-Institut für Ausländisches und Internationales Strafrecht Eigene Sachen • Nicht nur Gegenstände, die der Gefangene mitgebracht hat, sondern auch solche, die grundsätzlich vom Gefangenen erworben werden können. • Insoweit entspricht dem Recht des Gefangenen auf angemessene Ausstattung der Zelle die Verpflichtung der Anstalt, dem Gefangenen die Anschaffung von Gegenständen zu ermöglichen (OLG Zweibrücken, NStZ 1986, S. 477) • Eigene Sachen sind nicht nur Ausstattungsgegenstände, sondern auch Gebrauchsgegenstände Max-Planck-Institut für Ausländisches und Internationales Strafrecht Gestaltung des Haftraums • Gestaltungsfreiheit wie ein Mieter? • Wohnliche Ausgestaltung des Haftraums? • OLG Zweibrücken: Antrag auf Trennung des WCs von dem Haftraum selbst » §144 enthält keine Rechtsposition des Gefangenen » Dem Ermessen sind Grenzen gesetzt durch Art. 1 GG (Menschenwürde), das Verbot unmenschlicher oder erniedrigender Strafe (Art. 3 EMRK), die Europäischen Mindestgrundsätze » Räumliche Abtrennung des WCs bei Mehrbettzellen sicher erforderlich Max-Planck-Institut für Ausländisches und Internationales Strafrecht Beschränkungen • Durch Behinderung der Übersichtlichkeit – Durchsuchung » Überschaubarkeit von der Tür aus? – Versteckmöglichkeiten (Teppichboden) • Sicherheit/Ordnung – Konkretisierung der Gefahr » Tierhaltung? » Kaffeemaschine/Computer? » Videorecorder/Fernsehgerät? » Armbanduhr im Wert von 100 DM? Max-Planck-Institut für Ausländisches und Internationales Strafrecht OLG Stuttgart NStZ 1988, 574f • Eine Strafgefangene beantragt eine Leselampe für die Zelle • Vollzugsanstalt lehnt ab, da die Gefangene, die wegen terroristischer Straftaten verurteilt worden war, gefährlich sei. Die Leselampe setze einen elektrischen Anschluss voraus, der aber zur Gefährdung von Bediensteten und der Strafgefangenen selbst missbraucht werden würde (ohne dass allerdings Missbrauchsrisiko oder Gefährdung konkretisiert worden wären). • Bei Annahme einer konkreten Gefahr: Abwägung zwischen Grad der Gefahr einerseits und den Interessen der Gefangenen sowie dem Vollzugsauftrag „Angleichung der Lebensverhältnisse“ andererseits Max-Planck-Institut für Ausländisches und Internationales Strafrecht Spielekonsole / Playstation II • Auch in einer Anstalt höchster Sicherheitsstufe gefährdet die Playstation II Sicherheit und Ordnung nicht. Erforderlich ist jedoch, dass das Gerät verplombt wird und Spiele über die Vermittlung der JVA bezogen werden, um so der JVA eine Kontrolle zu ermöglichen, OLG Karlsruhe, 1 Ws 230/02, 10.03.2002, Strafverteidiger 2003, S. 407-408 Max-Planck-Institut für Ausländisches und Internationales Strafrecht BverfG Strafverteidiger 1994, S. 147ff, • Widerruf der Genehmigung zum Besitz von Lautsprechern • Anlass: Geiselnahme in der Strafvollzugsanstalt • Begründung: Boxen können zum Versteck gefährlicher Gegenstände dienen Max-Planck-Institut für Ausländisches und Internationales Strafrecht Verfahrensfragen • • Wie geht ein Gefangener vor, wenn er einen bestimmten Gegenstand (beispw. Lautsprecherboxen) für den Haftraum will? §83 I: Gewahrsam an Sachen nur mit Genehmigung der Vollzugsbehörde » Ausnahme: Sachen von geringem Wert, die von anderen Gefangenen angenommen werden • Antrag bei der Strafvollzugsleitung – Voraussetzungen des § 19 (1) Der Gefangene darf seinen Haftraum in angemessenem Umfang mit eigenen Sachen ausstatten » eigene Sachen, auch solche Sachen, die der Gefangene mit eigenen Mitteln erwerben kann » angemessener Umfang: unbestimmter Rechtsbegriff Max-Planck-Institut für Ausländisches und Internationales Strafrecht Unbestimmter Rechtsbegriff • Rechtsbegriffe sind grundsätzlich durch das Gericht überprüfbar • Aber: Der Verwaltung bleibt ein » Beurteilungsspielraum, der mehrere Handlungsoptionen enthalten kann • Das Gericht überprüft, ob » Vollständig ermittelter und zutreffender Sachverhalt » Richtiger Begriff des Versagungsgrundes » Grenzen des Beurteilungsspielraums eingehalten Max-Planck-Institut für Ausländisches und Internationales Strafrecht Rücknahme einer Erlaubnis • Regeln über den begünstigenden Verwaltungsakt – Vertrauensschutz, folgt aus dem Rechtsstaatsprinzip – Der Bürger soll sich grundsätzlich darauf verlassen dürfen, dass eine einmal (auch zu Unrecht) gewährte Rechtsposition auch Bestand hat – Bei einem Widerruf ist zu fragen, ob dieses Vertrauen enttäuscht werden darf, vgl. auch §83 III » Erforderlich ist eine Abwägung der Interessen des Bürgers am Bestand und des Gemeinwohls/derAnstaltssicherheit » Dabei ist (im vorliegenden Fall) einzubeziehen, ob der Gefangene Anlass zu Misstrauen gegeben hat Max-Planck-Institut für Ausländisches und Internationales Strafrecht Türspion • Darf Türspion von innen abgedeckt werden? • Interessenkonflikt zwischen Kontrolle und Privatsphäre – Recht auf Privatsphäre (Art2, 1 GG) – Verschiedene Auffassungen » Grundsätzliche Zulässigkeit des Türspions » Abdecken ist erlaubt, jedenfalls bei nicht flucht- oder suizidgefährdeten Gefangenen » Gebrauch eines Türspions nur unter den Voraussetzungen des §4 II, 2 Max-Planck-Institut für Ausländisches und Internationales Strafrecht Bekleidung im Strafvollzug • §20 I: Der Gefangene trägt Anstaltskleidung • Allerdings: • §20 II, 2: Im Ermessen des Anstaltsleiters, das Tragen von eigener Kleidung zu gestatten • Angleichungsgrundsatz • Ökonomische Belange der Strafvollzugsanstalt (vgl. §20 II, 2) Max-Planck-Institut für Ausländisches und Internationales Strafrecht Begründung von Gefängniskleidung • Stigmatisierung/Degradierung • Sichtbarkeit/Kontrolle • Ökonomie Max-Planck-Institut für Ausländisches und Internationales Strafrecht Stigmatisierung und Kleidung • Die Rückkehr der „Wheelbarrow Men“: Chaingangs in den USA • Neue „Scham“-Strafen: Sichtbarkeit des Bestrafungsvorganges Max-Planck-Institut für Ausländisches und Internationales Strafrecht Arbeit im Strafvollzug • Ausgangspunkt: » Arbeitspflicht §41 I für zu Freiheitsstrafe verurteilte Straftäter » Ausnahmen: Beschäftigungsverbote, >65 Jahre, §41 I, 3 • Zwangsarbeit ist nur im Rahmen richterlich verhängter Freiheitsentziehung (Freiheitsstrafe) erlaubt Art. 12 III GG – Keine Arbeitspflicht für » U-Häftlinge (Unschuldsvermutung) » Sicherungsverwahrte Max-Planck-Institut für Ausländisches und Internationales Strafrecht Arbeit in Vollzugsanstalten • Historisch maßgeblich beeinflusst durch Arbeitsethik • Gefängnisindustrie? • Grundlagen ökonomischer Verwertung von Gefängnissen – Problem der Ausbildung und Geeignetheit von Gefangenen – Das „Verschwinden“ der Arbeit Max-Planck-Institut für Ausländisches und Internationales Strafrecht Arbeit und Freiheitsstrafe • Zwangsarbeit als Strafe, Freiheitsentzug als Nebeneffekt • Freiheitsstrafe mit Schwerarbeit (Arbeit als Strafverschärfung) • Arbeit als Resozialisierungsmittel und zur Förderung der Wiedereingliederung Max-Planck-Institut für Ausländisches und Internationales Strafrecht Hard Labour • Rudolf Ackermann Coldbath Fields Prison, from Microcosm of London (1808 Max-Planck-Institut für Ausländisches und Internationales Strafrecht Für und Wider Gefängnisarbeit • • • • • Pro • Contra Arbeit resozialisiert Arbeit schafft mehr Zufriedenheit im Gefängnis Arbeit ist ökonomisch sinnvoll • Für Anstalt • Für freie Unternehmer • Für Gefangene • • Gefangene werden ausgebeutet Lohn dumping und unzulässiger Wettbewerb für freie Arbeit Vernichtung von Arbeitsplätzen in der freien Wirtschaft • Max-Planck-Institut für Ausländisches und Internationales Strafrecht Sklavenarbeit * • Der entscheidende Faktor mit dem höchsten Gewinnpotential ist jedoch die Gefangenenarbeit - ein wahres Schlaraffenland für die gewinnbringende Ausbeutung menschlicher Arbeit. Weitgehend befreit von allen Sozialabgaben, Nebenkosten und Sicherheitsvorschriften können Firmen hier zum Dumpinglohn Produkte herstellen lassen, deren Palette inzwischen weit über die ehemals traditionellen Gefängniserzeugnisse hinausgeht. Was die Gefangenen am Ende für ihre Arbeit erhalten, lässt sich in den meisten Fällen ohne Übertreibung als "Sklavenlohn" beschreiben. Zum Beispiel Dino Navarrete, ein wegen Entführung verurteilter Gefangener, der in einem "medium security"-Gefängnis in Monterey, Kalifornien seine Strafe absitzt. Navarrete fertigt dort Arbeitshemden an. Sein Verdienst nach allen Abzügen für einen ganzen Monat 9-stündiger Arbeitstage: rund 60 Dollar. Kein Wunder, dass allein in den Jahren 1980 bis 1994 die Zahl der in der Gefängnisindustrie beschäftigten US-Häftlinge um 358 Prozent anstieg. * Joseph Delius: Die Strafgesellschaft. Der Ausbau der Gefängnissysteme und seine Folgen. 24. Mai 2000 www.wsws.org/de/2000/mai2000/gefa-m24.shtml Max-Planck-Institut für Ausländisches und Internationales Strafrecht Gefangenenarbeit für Bedienstete • Gefangenenarbeit für Bedienstete der Justizverwaltung des Landes Nordrhein-Westfalen RV d. Ministers für Inneres und Justiz vom 2. Juli 1998 (2402 - IV B. 21) • Die Bediensteten der Justizverwaltung des Landes Nordrhein-Westfalen können im Rahmen der folgenden Bestimmungen die Arbeit von Gefangenen in Anspruch nehmen und Erzeugnisse der Arbeitsbetriebe der Justizvollzugsanstalten beziehen. Max-Planck-Institut für Ausländisches und Internationales Strafrecht Ausgaben und Einnahmen Justizvollzug Bayern 2001/2002 • • • • • • • • • Kosten des Vollzuges Für das laufende Haushaltsjahr 2002 sind im Haushaltsplan für die Justizvollzugsanstalten vorgesehen Gesamteinnahmen von 46,9 Mio. EUR, darunter 44,1 Mio. EUR aus der Gefangenenarbeit. Gesamtausgaben von: 285,7 Mio. EUR, davon 172,3 Mio. EUR Personalausgaben 64,1 Mio. EUR sächliche Verwaltungsausgaben 22,4 Mio. EUR Zuweisungen und Zuschüsse 15,3 Mio. EUR Baumaßnahmen 7,7 Mio. EUR Investitionen. Für Baumaßnahmen sind aus Privatisierungserlösen zusätzlich Ausgabemittel in Höhe von 19,7 Mio. EUR veranschlagt. Die Ergebnisse des Haushaltsjahres 2001 geben folgendes Bild: Gesamteinnahmen von 48,9 Mio. EUR, darunter 45,2 Mio. EUR aus der Gefangenenarbeit. Gesamtausgaben von: 268,7 Mio. EUR, davon 160,6 Mio. EUR Personalausgaben 61,2 Mio. EUR sächliche Verwaltungsausgaben 22,5 Mio. EUR Zuweisungen und Zuschüsse 33,3 Mio. EUR Baumaßnahmen 5,2 Mio. EUR Investitionen. Daraus ergibt sich ein Zuschussbedarf in Höhe von 219,8 Mio. EUR. Max-Planck-Institut für Ausländisches und Internationales Strafrecht Einnahmen aus Gefangenenarbeit Bayern 1991 - 2003 Quelle: www.justizvollzugbayern.de/JV/ Aufgaben/Behandlung/Arbeit Max-Planck-Institut für Ausländisches und Internationales Strafrecht Arbeit und Resozialisierung • Ansätze – Verbesserung der Berufsausbildung – Verbesserung des Zugangs zum Arbeitsmarkt – durch nachfrageorientierte Programme – durch angebotsorientierte Programme • Rückfalluntersuchungen zeigen keine bedeutsamen Auswirkungen • Bushway, S., Reuter, P. (1997): Labour Markets and Crime Risk Factors. In: Sherman, L.W., Gottfredson, D.C., MacKenzie, D.L., Eck, J. Reuter, P., Shawn D., Bushway, S.D. (Hrsg.): Preventing Crime: What Works, What Doesn’t, What’s Promising. National Institute of Justice: Washington. Max-Planck-Institut für Ausländisches und Internationales Strafrecht Internationale Vereinbarungen zur Zwangsarbeit • UN Slavery Convention, 1926 • ILO C29 Forced Labour Convention, 1930 • UN Supplementary Convention on the Abolition of Slavery, the Slave Trade and Institutions and Practices Similar to Slavery, 1956 • ILO C105 Abolition of Forced Labour Convention, 1957 Max-Planck-Institut für Ausländisches und Internationales Strafrecht ILO Forced Labour Convention 1930 • • • Article 2 1. For the purposes of this Convention the term forced or compulsory labour shall mean all work or service which is exacted from any person under the menace of any penalty and for which the said person has not offered himself voluntarily. 2. Nevertheless, for the purposes of this Convention, the term forced or compulsory labour shall not include— – (c) any work or service exacted from any person as a consequence of a conviction in a court of law, provided that the said work or service is carried out under the supervision and control of a public authority and that the said person is not hired to or placed at the disposal of private individuals, companies or associations Max-Planck-Institut für Ausländisches und Internationales Strafrecht WTO und GATT* • • • Article XX General Exceptions Subject to the requirement that such measures are not applied in a manner which would constitute a means of arbitrary or unjustifiable discrimination between countries where the same conditions prevail, or a disguised restriction on international trade, nothing in this Agreement shall be construed to prevent the adoption or enforcement by any contracting party of measures: – (e) relating to the products of prison labour • * General Agreement on Tariffs and Trade Max-Planck-Institut für Ausländisches und Internationales Strafrecht Arbeit und European Prison Rules • • • • • • • Rule 71. 1 . Prison work should be seen as a positive element in treatment, training and institutional management. 2. Prisoners under sentence may be required to work, subject to their physical and mental fitness as determined by the medical officer. 3. Sufficient work of a useful nature, or if appropriate other purposeful activities shall be provided to keep prisoners actively employed for a normal working day. 4. So far as possible the work provided shall be such as will maintain or increase the prisoner's ability to earn a normal living after release. 5. Vocational training in useful trades shall be provided for prisoners able to profit thereby and especially for young prisoners. 6. Within the limits compatible with proper vocational selection and with the requirements of institutional administration and discipline, the prisoners shall be able to choose the type of employment in which they wish to participate. Max-Planck-Institut für Ausländisches und Internationales Strafrecht Grundsätze der European Prison Rules • Arbeit ist bedeutsam für Resozialisierung und für die Organisation der Vollzugsanstalt • Arbeit soll auf die Fähigkeiten und Möglichkeiten des einzelnen Gefangenen ausgerichtet werden • Arbeit im Strafvollzug soll Arbeitsfähigkeiten erhalten und für Erwerbsarbeit nach Entlassung vorbereiten Max-Planck-Institut für Ausländisches und Internationales Strafrecht Ansatz des Strafvollzugsgesetzes • §37 I: Zielsetzung besteht (insbesondere) in der Förderung der Fähigkeit, einer Erwerbsfähigkeit nach Entlassung nachzugehen – Weitere Zielsetzungen: Förderung des Selbstwerts • §37 II: wirtschaftliche Ergiebigkeit soll zur Möglichkeit von Unterhaltsleistungen sowie Schadenswiedergutmachung beitragen • §37 II: Anpassung an die individuellen Fähigkeiten und Interessen Max-Planck-Institut für Ausländisches und Internationales Strafrecht Arten von Arbeit • wirtschaftlich ergiebige Arbeit (§37 II), • angemessene Beschäftigung (§37 IV), • arbeitstherapeutische Beschäftigung (§37 V) • Hilfstätigkeiten in der Anstalt (§41 I, 2). Max-Planck-Institut für Ausländisches und Internationales Strafrecht Grundsatz • Der Gefangene soll eine qualifizierte und wirtschaftlich ergiebige Tätigkeit verrichten (§37) • Keine stumpfsinnige Arbeit Max-Planck-Institut für Ausländisches und Internationales Strafrecht Hierarchie der Arbeitsformen • In erster Linie Zuweisung qualifizierter Beschäftigung in der Anstalt (oder Weiter-/Ausbildung) – §39 I Gleichgestellt: freie Tätigkeit im Rahmen von Freigang – §39 II Im Ermessen der Anstaltsleitung: Selbstbeschäftigung • Wenn keine qualifizierte Beschäftigung möglich, dann – Angemessene Beschäftigung – Arbeitstherapeutische Maßnahmen Max-Planck-Institut für Ausländisches und Internationales Strafrecht Angemessene Beschäftigung • VV Nr. 2 zu §37: • Eine Beschäftigung ist angemessen im Sinne des §37 IV, wenn ihr Ergebnis wirtschaftlich verwertbar ist und in einem vertretbaren Verhältnis zum Aufwand steht. Max-Planck-Institut für Ausländisches und Internationales Strafrecht Arbeitsformen • Arbeit in Eigenbetrieben der Anstalt (§149) • Arbeit in Unternehmerbetrieben (§149 IV, externe Arbeitgeber; Betriebe in der Anstalt) » Keine Vermietung/Verleihung von Gefangenen an externe Unternehmen • §39 I: Freies Beschäftigungsverhältnis bei Zulassung zum Freigang (§11) • Selbstbeschäftigung des Gefangenen kann zugelassen werden (§39 II) • Hilfstätigkeiten in der Anstalt §41 I, 2 Max-Planck-Institut für Ausländisches und Internationales Strafrecht Verteilung der Beschäftigungen in Bayern 2003 Max-Planck-Institut für Ausländisches und Internationales Strafrecht Anstaltseigenbetriebe • Sind einzurichten gem. §149 I • Angleichungsgrundsatz §149 II – Insb. Arbeitsschutz- und Unfallverhütungsvorschriften Max-Planck-Institut für Ausländisches und Internationales Strafrecht Landesbetrieb Vollzugliches Arbeitswesen (VAW) BadenWürttemberg • Zentraler Landesbetrieb mit Ablegern in den einzelnen JVAs • Wirtschaftsdaten 2000 • Umsatzerlös in Höhe von ca. 48 Mio. DM • Beschäftigung von durchschnittlich rund 5.000 Gefangenen Max-Planck-Institut für Ausländisches und Internationales Strafrecht Unternehmerbetriebe • Freie Unternehmen verlagern Teile der Produktion etc. in Justizvollzugsanstalten §149 IV • Keine „Vermietung“ von Gefangenen nach draußen • Technische und fachliche Aufsicht kann an das Unternehmen übertragen werde • Jedoch: keine ausschließliche Leitungsgewalt von Privaten • Öffentlich-rechtliche Gesamtverantwortung der Vollzugsbehörde bleibt Max-Planck-Institut für Ausländisches und Internationales Strafrecht Verhältnis Unternehmer- und Eigenbetriebe • JVA Freiburg 114 Arbeitsplätze in 6 Eigenbetrieben (Schlosserei, Metallwerkstätte, Schreinerei, Bau- und Malerbetrieb, Buchbinderei und Schneiderei), 27 in Versorgungsbetrieben (Küche, Metzgerei), ca. 145 in Unternehmerbetrieben. Max-Planck-Institut für Ausländisches und Internationales Strafrecht Freies Beschäftigungsverhältnis • Voraussetzungen – Voraussetzungen des Freigangs (§11) müssen erfüllt sein – Ermessensentscheidung (Anspruch auf ermessensfehlerfreie Entscheidung) » Kriterium: kann der Zweck der Arbeit in einem freien Beschäftigungsverhältnis besser erreicht werden – Stehen überwiegende Gründe des Vollzugs entgegen » Organisatorische Probleme » Angemessene Kontrollierbarkeit der Tätigkeit (vgl. hierzu LG Göttingen StV 1990, S. 359, Versicherungsagentur) Max-Planck-Institut für Ausländisches und Internationales Strafrecht Selbstbeschäftigung • Ermessensentscheidung, mit der Belange des Strafvollzugs berücksichtigt werden können, insbesondere – Eignung der Selbstbeschäftigung zur Erreichung des Vollzugsziels (Resozialisierung) – Eignung der Selbstbeschäftigung zur Erreichung des Ziels, nach Entlassung die Erwerbsarbeit zu fördern – Eignung der Selbstbeschäftigung, während des Vollzugs Erwerbsarbeit durchzuführen • Vgl. hierzu OLG Hamm, NStZ 1993, S. 208: Selbstbeschäftigung als freier Journalist Max-Planck-Institut für Ausländisches und Internationales Strafrecht Entlohnung der Gefangenenarbeit • §43: Grundsätzlich Anspruch auf Entlohnung der Gefangenenarbeit • Anspruch auf Ausbildungsbeihilfe (§44) • Anspruch auf Taschengeld (§46) • Bei Arbeitslosigkeit §45: Anspruch auf Ausfallentschädigung bei unverschuldeter Arbeitslosigkeit; allerdings noch nicht in Kraft getreten Max-Planck-Institut für Ausländisches und Internationales Strafrecht Entlohnung der Gefangenen vor der Entscheidung des BVerfG 1998 • • • • 1994 Ausgangspunkt: das Durchschnittsentgelt der gesetzlichen Rentenversicherung im vorvergangenen Kalenderjahr (1992): 1992: 47.040 DM hiervon 5%: 2.352 DM – Tagessatz: 250. Teil von 5% des Durchschnittsentgelts: 9,41 DM – Hieraus folgt ein Stundenlohn von 1,22 DM – Gem. §1 Strafvollzugsvergütungsordnung werden 5 Vergütungsstufen eingerichtet, die zwischen 75% und 125% des Stundenlohns bzw. Tagessatzes liegen können: 0,92 - 1,53 DM. • Monatslohn ca. 250 DM Max-Planck-Institut für Ausländisches und Internationales Strafrecht BVerfG NJW 1998, S. 3337 Zur Entlohnung von Gefangenenarbeit • • • • • Vollzugsbeschränkungen sind am verfassungsrechtlichen Resozialisierungsgebot auszurichten Die Verfassung gebietet es, den Strafvollzug auf die Resozialisierung hin auszurichten, woraus gem. Art. 2 I i.V.m. Art. 1 I GG ein grundrechtlicher Anspruch des einzelnen Gefangenen folgt, dass bei allen belastenden Maßnahmen das Resozialisierungsziel berücksichtigt wird Der Gesetzgeber ist angehalten, die Gefangenenarbeit auf eine Art und Weise "anzuerkennen", die dem Gefangenen den "Wert regelmäßiger Arbeit für ein künftiges eigen verantwortetes und straffreies Leben in Gestalt eines für ihn greifbaren Vorteils vor Augen" führt Die "angemessene Anerkennung" muss nicht unbedingt monetärer Natur sein Dem Gesetzgeber steht ein Auswahlermessen zwischen grundsätzlich geeigneten Maßnahmen zu – Aufbau einer sozialversicherungsrechtlichen Anwartschaft, in Hilfen zur Schuldentilgung oder in der Verkürzung der Haftzeit (good time Reduzierung) • Liegt die Anerkennung aber bloß in der Bezahlung, dann muss diese, soll sie mit dem Resozialisierungsgebot vereinbar sein, in der Höhe des Entgelts zum Ausdruck kommen. Max-Planck-Institut für Ausländisches und Internationales Strafrecht Die Neuregelung • • • • • 5. Gesetz zur Änderung des Strafvollzugsgesetzes (vom 27.12. 2000, BGBL. I, 2043, in Kraft getreten zum 1.1. 2001): §43 neue Fassung (die Arbeit wird anerkannt durch …) Die Bemessung des Arbeitsentgelts richtet sich an Stelle der 5 % der Bezugsgröße nach 9 % (das Arbeitsentgelt wird durchschnittlich von monatlich ca. 215 auf ca. 400 DM steigen) Arbeitende Gefangene können für jeweils zwei Arbeitsmonate 1 Tag zusätzlich beurlaubt oder von der Arbeitspflicht freigestellt werden (pro Jahr 6 Tage), §43 VI An Stelle der Freistellung von der Arbeitspflicht kann eine frühere Entlassung treten Letzteres gilt nicht für (§43 10): – – – – • Lebenslängliche und Sicherungsverwahrte abzuschiebende Ausländer Gefangene, die im Gnadenwege entlassen werden wenn das Gericht eine abweichende Regelung trifft Für diese Fälle ist eine Ausgleichzahlung vorgesehen, deren Höhe 15 % des Arbeitsentgelts betragen soll. Max-Planck-Institut für Ausländisches und Internationales Strafrecht Ergebnis • • • • • 1994 Ausgangspunkt: das Durchschnittsentgelt der gesetzlichen Rentenversicherung im vorvergangenen Kalenderjahr (1992): 1992: 47.040 DM hiervon 5%: 2.352 DM • Tagessatz: 250. Teil von 5% des Durchschnittsentgelts: 9,41 DM • Hieraus folgt ein Stundenlohn von 1,22 DM • 5 Vergütungsstufen zwischen 75% und 125% des Stundenlohns bzw. Tagessatzes: 0,92 - 1,53 DM. Monatslohn ca. 250 DM (130 €) • • • • 1994 Ausgangspunkt: das Durchschnittsentgelt der gesetzlichen Rentenversicherung im vorvergangenen Kalenderjahr (1992): 1992: 47.040 DM hiervon 9%: 4.230,36 DM – Tagessatz: 250. Teil von 9% des Durchschnittsentgelts: 16,92 DM – Hieraus folgt ein Stundenlohn von 2,12 DM – 5 Vergütungsstufen zwischen 75% und 125% des Stundenlohns bzw. Tagessatzes: 1,60 – 2,65 DM. • Monatslohn ca. 432 DM (220 €) Der Tagessatz dieser Eckvergütung beträgt im Jahr 2004 10,43 EUR, der Stundensatz (das Arbeitsentgelt wird nach Stundensätzen gewährt) 1,35 EUR. Max-Planck-Institut für Ausländisches und Internationales Strafrecht Kritik der neuen Regelung zur Arbeitsentlohnung • 1. Anhebung liegt unterhalb dessen, was in der Literatur für angemessen gehalten wird (> 20%), unter der Vorgabe der Bundesregierung (15 %). Sie liegt unterhalb der 10%, die schon 1980 von der Bundesregierung vorgeschlagen worden waren und erreicht nicht die "zweistellige" Zahl, die vom Bundesverfassungsgericht als Maßstab angeraten wurde. • 2. Die unzureichende Erhöhung wird auch nicht durch die "nicht-monetären Vorteile" ausgeglichen. Diese werden bereits deshalb als unzureichend betrachtet, weil sie große Gruppen von Gefangenen von vornherein ausschließen. Max-Planck-Institut für Ausländisches und Internationales Strafrecht BvR 2175/01 vom 24. 3. 2002 • • Verfassungsbeschwerde eines Gefangenen wegen der Neuregelung der Arbeitsentlohnung wird nicht zur Entscheidung angenommen Begründung • der Gesetzgeber hat den in der Entscheidung aus 1998 (BVerfGE 98, 169) gesteckten Rahmen eingehalten. » Die vom Gesetzgeber geregelte Entlohnung in Gestalt einer Kombination von monetären und nicht monetären Leistungen ist nicht "derart unangemessen", dass sie nicht mehr zu Resozialisierung beitragen kann » Der Gesetzgeber hat die äußerste Grenze einer verfassungsrechtlich zulässigen Bezugsgröße "gerade noch gewahrt" » Die Regelung ist "derzeit noch vertretbar" » Die Erhöhung von 5% auf 9% ist angesichts der Gewährung nicht monetärer Leistungen "noch verfassungsgemäß" » Der "Umfang der gewährten Freistellung" ist "derzeit noch angemessen" » Angesichts der pro Kalenderjahr nur geringfügig zu erzielenden Freistellungstage bleibt "der Gesetzgeber aufgefordert, den Umfang der nicht-monetären Leistung einer ständigen Überprüfung zu unterziehen". Max-Planck-Institut für Ausländisches und Internationales Strafrecht Freistellung von der Arbeitspflicht (Urlaub) • §42 – Für ein Jahr zugewiesene Tätigkeit oder Hilfstätigkeiten 18 Werktage Urlaub – Krankheiten werden bis zu 6 Wochen angerechnet – Fortzahlung der Bezüge – Urlaubsregelungen bei freien Beschäftigungsverhältnissen bleiben unberührt. Max-Planck-Institut für Ausländisches und Internationales Strafrecht Weitere Bezüge • Ausbildungsbeihilfe §44 • Ausfallentschädigung §45: nicht in Kraft getreten • Taschengeld §46 – – – – – Sozialhilfegedanke VV 2 zu §46 25% der Eckvergütung gem. §43 Keine zeitliche Begrenzung Unverschuldet arbeitslos Bedürftigkeit (aus Hausgeld und Eigengeld steht im laufenden Monat nicht der dem Taschengeld entsprechende Betrag zur Verfügung) Max-Planck-Institut für Ausländisches und Internationales Strafrecht Einbeziehung von Gefangenen in Versicherungssysteme • • • • • • • • • • • • • • • • 1. Rentenversicherung: - keine Rentenversicherung für Beschäftigungsformen des §37 sowie §41 - Rentenversicherung selbstverständlich in freiem Beschäftigungsverhältnis - Selbstbeschäftigung: selbständige Versicherung 2. Krankenversicherung - wie 1. für §§37, 41 - wie 1. für freies Beschäftigungsverhältnis - Selbstbeschäftigung: wie Selbständige 3. Unfallversicherung - nach §540 sind gem. §§37, 41 Beschäftigte unfallversichert. - Unfallversicherung bei freiem Beschäftigungsverhältnis - Selbstbeschäftigung: wie Selbständige 4. Arbeitslosenversicherung - für nach §§37, 41 Beschäftigte §194 StVollZG - freies Beschäftigungsverhältnis gesetzliche Versicherung - Selbstbeschäftigung: Eigenverantwortung Max-Planck-Institut für Ausländisches und Internationales Strafrecht Einbeziehung in die Arbeitslosenversicherung • • • Die arbeitenden Gefangenen sind in den Anwendungsbereich des Arbeitsförderungsrechts (SGB III) einbezogen. Die Beiträge zur Bundesanstalt für Arbeit werden ganz (Arbeitnehmer- und Arbeitgeberanteil) von dem für die Vollzugsanstalt zuständigen Land getragen. Der Bemessung der Beiträge wird ein fiktives Arbeitsentgelt in Höhe von 90 % der Bezugsgröße nach § 18 des SGB IV zugrunde gelegt. Gemäß § 195 des Strafvollzugsgesetzes wird grundsätzlich von dem Arbeitsentgelt des Gefangenen ein Betrag einbehalten, der dem Anteil des Gefangenen am Beitrag entsprechen würde, wenn er diese Bezüge als Arbeitnehmer erhielte (derzeit 3,25 % aus seinem Arbeitsentgelt, nicht aus der Beitragsbemessungsgrundlage). Bayern: Die Aufwendungen für die Beiträge der Gefangenen zur Bundesagentur für Arbeit betrugen im Jahr 2003 insgesamt 8,1 Mio. EUR (1990: 4,6 Mio. EUR). Max-Planck-Institut für Ausländisches und Internationales Strafrecht Verwendung der finanziellen Leistungen an den Gefangenen • • • • • • • • 1. Hausgeld: §47 I von Arbeitsentgelt bzw. Ausbildungsbeihilfe drei Siebtel für persönlichen Bedarf 2. Unterhaltsbeitrag §49 ist suspendiert. 3. Überbrückungsgeld: §51 verpflichtet zur Bildung eines sog. Überbrückungsgeldes. Sicherung für die ersten 4 Wochen nach Entlassung. Vor Gläubigerzugriff geschützt: §51 IV, V. VV zu §51; Die Höhe des Ü-Geldes soll das Vierfache der nach §§ 28, 40 SGB XII festgesetzten monatlichen Mindestbeträge nicht unterschreiten (bei alleinstehenden Gefangenen 1380 €. 4. Eigengeld: nach §52 alle sonstigen Geldbeträge, die der Gefangene entweder bereits vor Strafantritt besaß oder die ihm während der Strafhaft zugewendet werden. freies Eigengeld und gesperrtes Eigengeld (Sperre für die Teile, die zur Vervollständigung des Überbrückungsgeldes benötigt werden. Insoweit nicht pfändbar). Max-Planck-Institut für Ausländisches und Internationales Strafrecht Pfändung • StVollzG §§ 43, 51 Abs. 4 Satz 2; ZPO §§ 850c und 850k • Der Anspruch eines Strafgefangenen auf Auszahlung seines Eigengeldes ist nach Maßgabe des § 51 Abs. 4 Satz 2 StVollzG pfändbar. Soweit das Eigengeld aus Arbeitsentgelt für eine zugewiesene Beschäftigung gebildet worden ist, finden die Pfändungsfreigrenzen des § 850c ZPO und der Pfändungsschutz gemäß § 850k ZPO keine Anwendung. • BGH, Beschluss vom 16. Juli 2004 - IXa ZB 287/03 - LG Potsdam, AG Brandenburg Max-Planck-Institut für Ausländisches und Internationales Strafrecht Pfändungsgrenzen • • • Die Pfändungsgrenzen des § 850c ZPO gelten nur für das in Geld zahlbare Arbeitseinkommen selbst Der Anspruch auf Arbeitsentgelt ist mit der Gutschrift auf dem von der Anstalt für den Gefangenen zu führenden Eigengeldkonto erfüllt und damit erloschen Ein Kontopfändungsschutz nach § 850k ZPO scheitert daran, dass die kontoführende Stelle, die das Gefangenengeld bis zur Entlassung verwaltet, kein Geldinstitut ist. Eine Analogie zu § 850k ZPO scheidet laut BGH aus, da der inhaftierte Schuldner Unterkunft, Verpflegung, notwendige Kleidung sowie Gesundheitsvorsorge von der Justizvollzugsanstalt erhält und damit sein Schutzbedürfnis mit dem eines in Freiheit lebenden Schuldners nicht vergleichbar ist Max-Planck-Institut für Ausländisches und Internationales Strafrecht §50 Haftkostenbeitrag • • • Grundsatz: Verurteilte haben die Kosten des Verfahrens und die Kosten der Vollstreckung zu tragen §50 I Haftkosten werden nicht erhoben bei Bezügen nach dem Strafvollzugsgesetz Haftkostenbeitrag wird bei freien Beschäftigungsverhältnissen erhoben (ggfs. auch bei Selbstbeschäftigung) » Gem. §17 SGB IV (Sachbezüge: Verpflegung und Unterkunft) » Zu berücksichtigen: Resozialisierungsgebot • Bei Einzelunterbringung monatlich ca. 150 € für Unterkunft sowie 180 € für Verpflegung (alte Bundesländer) Max-Planck-Institut für Ausländisches und Internationales Strafrecht Ausbildung • Ausbildung ist der Arbeit gleichgestellt §37 • Zielsetzung, insbesondere Vermittlung, Erhaltung, Förderung der Fähigkeiten für eine Erwerbsarbeit (§37 I) Max-Planck-Institut für Ausländisches und Internationales Strafrecht Voraussetzungen für Ausbildungsmaßnahmen • §37 III Geeignetheit – individuelle Begabung und Leistungsfähigkeit • §41 II Zustimmung des Gefangenen • Anspruch auf ermessensfehlerfreie Entscheidung Max-Planck-Institut für Ausländisches und Internationales Strafrecht Anspruch auf Förderungsmaßnahmen • AFG bzw. AFRG gibt Anspruch auf Förderung der beruflichen Weiter- und Ausbildung • Gefangene haben denselben Anspruch gegenüber Arbeitsamt wie freie Bürger » Erforderlich für berufliche Eingliederung » Fähigkeiten lassen Erreichung des Ziels erwarten • Allerdings §37 III Ermessen der Strafvollzugsverwaltung Max-Planck-Institut für Ausländisches und Internationales Strafrecht Unterricht • §38: Verpflichtung der Vollzugsbehörde • zum – Angebot von Hauptschulabschluss/Sonderschule – für geeignete Gefangene • Gleichwertigkeit mit Arbeit • Angebot kann auch durch freie Träger und Private bereitgestellt werden » heute wohl fast schon die Regel Max-Planck-Institut für Ausländisches und Internationales Strafrecht Aussenkontakte Max-Planck-Institut für Ausländisches und Internationales Strafrecht Verpflichtung zur Ermöglichung von Außenkontakten • §3 I Angleichungsgrundsatz: Ermöglichung von Kommunikation und Benutzung aller Kommunikationsformen • §3 II: Begrenzung schädlicher Wirkungen: Desintegration und Zerbrechen von Beziehungen sind zu vermeiden • §3 III: Eingliederungsgrundsatz: Aufrechterhaltung von Konatkten etc. als Voraussetzung für Wiedereingliederung Max-Planck-Institut für Ausländisches und Internationales Strafrecht Briefwechsel • § 28: Recht auf Briefwechsel – unbeschränktes Absenden – unbeschränktes Empfangen • Prinzipiell unbegrenzt: Zahl, Umfang der Briefe sowie der Kreis der Briefpartner • Briefverkehr zwischen Gefangenen? – §28 entsprechend – §4 II, 2 Max-Planck-Institut für Ausländisches und Internationales Strafrecht Briefinhalt • Beilage von Zeitungsausschnitten » Bestandteil des Briefes • Umfangreiche Beilagen (ohne Bezug zum brieflichen Austausch) » §33 • Informationsmaterial » §68 I • Im Übrigen: §§70, 83 I Max-Planck-Institut für Ausländisches und Internationales Strafrecht Material und Kosten • Material (Papier, Schreibgerät) wird von der Vollzugsanstalt gestellt • Gefangener hat ein Recht auf Benutzung eigenen Briefpapiers • Kosten des Briefverkehrs: » Verpflichtung zur Übernahme durch die Anstalt, falls Gefangener nicht dazu in der Lage ist? » VV 2 zu §28: Die Kosten des Schriftverkehrs trägt der Gefangene, Die Anstalt kann sie in begründeten Fällen übernehmen Max-Planck-Institut für Ausländisches und Internationales Strafrecht Überwachung des Briefwechsels • §29 III: im Übrigen darf der Schriftwechsel überwacht werden » soweit für Behandlung oder Sicherheit und Ordnung der Anstalt erforderlich » keine Verpflichtung zur Überwachung • Ausgenommen von Überwachung (§29, I, II) » Schriftwechsel mit Verteidiger (Vgl. §148 StPO) » Schreiben an Parlamente, EGMR, Kommission für Menschenrechte, Antifolter-Kommission, Datenschutzbeauftragte, vgl. auch §164 II, 2 Schriftwechsel mit Anstaltsbeiräten Max-Planck-Institut für Ausländisches und Internationales Strafrecht Vermittlung durch die Anstalt • §30 I: Briefwechsel wird durch die Anstalt vermittelt • II: unverzügliche Weiterleitung • III eingehende Schreiben sind unverschlossen zu verwahren oder verschlossen zur Habe zu geben Max-Planck-Institut für Ausländisches und Internationales Strafrecht Beschränkungen des Briefwechsels • §28 II: Generelle Untersagung des brieflichen Verkehrs mit bestimmten Personen – Gefährdung der Sicherheit und Ordnung – bei Nicht Angehörigen im Falle der Befürchtung schädlichen Einflusses auf den Gefangenen und Behinderung der Resozialisierung » Schutz der Angehörigen durch Art. 6 GG Max-Planck-Institut für Ausländisches und Internationales Strafrecht Beschränkung im Einzelfall • §31: Anhalten von Schreiben – Gefährdung des Vollzugsziels oder der Sicherheit und Ordnung der Anstalt – Weitergabe in Kenntnis des Inhalts verwirklicht Straftatbestand – grob unrichtige oder erheblich entstellende Darstellung der Anstaltsverhältnisse – grobe Beleidigungen – Gefährdung der Eingliederung anderer Gefangener – ohne zwingenden Grund in fremder Sprache, unverständlich etc. Max-Planck-Institut für Ausländisches und Internationales Strafrecht Verhältnis §28 II und §31 • §31 weniger eingreifend • Unter Verhältnismäßigkeitsgesichtspunkten ist deshalb immer zu prüfen, ob nicht Maßnahmen nach §31 ausreichen Max-Planck-Institut für Ausländisches und Internationales Strafrecht OLG Koblenz ZfStrVo 1979, S. 250 • Einem wegen Heiratsschwindel vorbestraften Gefangenen wird der Briefkontakt mit verschiedenen Frauen generell untersagt • kriminelle Selbstgefährdung Max-Planck-Institut für Ausländisches und Internationales Strafrecht Anhaltegrund 1 • Gefährdung des Vollzugsziels, Sicherheit und Ordnung – Aufforderung eines Vereins „Knastmedizin“ zum Sammeln von Vorkommnissen in der Anstalt – rechtsextremistischer Inhalt Max-Planck-Institut für Ausländisches und Internationales Strafrecht Anhaltegrund 2 • Weitergabe und Straftat/Ordnungswidrigkeit – Schutz der Bediensteten Max-Planck-Institut für Ausländisches und Internationales Strafrecht Anhaltegrund 3 • Grob unrichtige oder erheblich entstellende Darstellungen der Anstaltsverhältnisse • Schutz der Vollzugsbehörde vor Angriffen • Wahrheitskern nicht mehr erkennbar (erheblich entstellend) oder schlicht unwahr (grob unrichtig) Max-Planck-Institut für Ausländisches und Internationales Strafrecht Anhaltegrund 4 • Grobe Beleidigungen • BVerfG StV 1993, S. 600 • Reichsparteitags-OLG in einem Brief an die Verlobte Max-Planck-Institut für Ausländisches und Internationales Strafrecht Art. 5, 6 GG • Meinungsäußerung findet Grenze in allgemeinen Gesetzen (Art. 5 II) – Grundrechtsbeschränkende Gesetze müssen im Licht des beschränkten Grundrechts ausgelegt und angewandt werden – Abwägung zwischen Meinungsfreiheit und anderen Rechtsgütern; Verbot der Zensur – bei Ehegatten zudem Art. 6; Gefangene sollen auch die Möglichkeiten ungestörten Austauschs mit engsten Familienangehörigen haben – Deshalb: Zwar Kontrolle, aber Einschränkung der Wahrnehmung der Beleidigung etc. Max-Planck-Institut für Ausländisches und Internationales Strafrecht Ferngespräche • §32 • Ermessensfreiheit • Besuchsüberwachungsregeln gelten (akustische Überwachung) • Information der überwachten Gesprächsteilnehmer Max-Planck-Institut für Ausländisches und Internationales Strafrecht Pakete • §33 – Recht auf Paketempfang drei Mal jährlich Max-Planck-Institut für Ausländisches und Internationales Strafrecht VV zu §33 • • • • • • • 1 (1) Der Empfang eines Paketes ist zugelassen zu Weihnachten, zu Ostern und zu einem von dem Gefangenen zu wählenden weiteren Zeitpunkt (z.B. Geburtstag). (2) Einem Gefangenen, der nicht einer christlichen Religionsgemeinschaft angehört, kann anstelle des Weihnachts- und des Osterpaketes der Empfang je eines Paketes aus Anlass eines hohen Feiertages seines Glaubens gestattet werden. 2 (1) Einschließlich der Verpackung darf das Gewicht des Weihnachtspaketes fünf Kilogramm, der beiden übrigen Pakete jeweils drei Kilogramm nicht übersteigen. (2) Ein Paket darf Alkohol und andere berauschende Mittel in jeder Form sowie Medikamente und Tabletten nicht enthalten. (3) In den Fällen einer ärztlichen Anordnung nach § 22 Abs 2 StVollzGLinks\22.doc darf der Inhalt des Paketes nur nach Anhörung des Arztes ausgehändigt werden. 3 Die Erlaubnis zum Empfang sonstiger Pakete kann namentlich für die Zusendung von Unterrichts- und Fortbildungsmitteln, Entlassungskleidung und Gegenständen für die Freizeitbeschäftigung erteilt werden. 4 Jedes Paket soll ein Inhaltsverzeichnis enthalten und den Absender erkennen lassen. Die Verwendung einer von der Anstalt ausgegebenen Paketmarke kann vorgeschrieben werden. Max-Planck-Institut für Ausländisches und Internationales Strafrecht VV zu §33 • • • • 5 (1) Das Paket soll innerhalb eines Zeitraumes von zwei Wochen vor oder nach den in Nummer 1 genannten Zeitpunkten eingehen. (2) Die Anstalt kann die Annahme eines Paketes, das zur Unzeit (Absatz 1) oder mit Übergewicht eingeht oder dessen Empfang nicht zugelassen ist, -gegebenenfalls bereits auf dem Postamt -- verweigern. Sie teilt dem Gefangenen die Annahmeverweigerung und den Grund dafür mit. (3) Absatz 2 gilt nicht für ein Paket, das einem ausländischen Gefangenen nicht aus dem Geltungsbereich des Strafvollzugsgesetzes zugesandt wird. Wird das Höchstgewicht überschritten oder ist das Paket nicht zugelassen, kann der Mehrinhalt oder der Inhalt dem Gefangenen ausgehändigt werden, wenn dieser mit der Zuführung eines dem Wert entsprechenden, von der Anstalt festgesetzten Betrages aus dem Hausgeld zum Überbrückungsgeld oder Eigengeld einverstanden ist. Andernfalls ist der Mehrinhalt oder der Inhalt des Paketes zur Habe des Gefangenen zu nehmen, soweit er nicht mit dessen Zustimmung anderweitig verwendet oder soweit nicht nach § 83 Abs. 3 StVollzG verfahren wird. Max-Planck-Institut für Ausländisches und Internationales Strafrecht VV zu §33 • • • • • • • • • • 6 (1) Ein Gefangener, der kein Paket erhält, darf zum Ausgleich Nahrungs- und Genußmittel einkaufen. … (2) Geht für einen Gefangenen nach dem Ersatzeinkauf in dem in Nummer 5 Abs, 1 bestimmten Zeitraum ein Paket ein, ist es ihm auszuhändigen, wenn er mit der Zuführung des gleichen Betrages, den er für den Ersatzeinkauf verwendet hat, aus dem Hausgeld zum Überbrückungsgeld oder Eigengeld einverstanden ist. Andernfalls ist das Paket zurückzusenden. Nummer 5 Abs. 3 bleibt unberührt. 7 (1) Der Paketinhalt wird auf verbotene Gegenstände durchsucht. Liegt ein Inhaltsverzeichnis bei, ist die Vollzähligkeit zu prüfen; Abweichungen sind auf dem Verzeichnis zu vermerken. (2) Der Gefangene hat den Empfang des Paketes schriftlich zu bestätigen. 8 Die Kosten des Paketverkehrs trägt der Gefangene. Ist er dazu nicht in der Lage, kann die Anstalt die Kosten in begründeten Fällen in angemessenem Umfang übernehmen. 9 Der Gefangene soll alsbald nach der Aufnahme durch Aushändigung eines Merkblattes über die Möglichkeit, Pakete zu empfangen und zu versenden, unterrichtet werden. Max-Planck-Institut für Ausländisches und Internationales Strafrecht Paketverkehr der Strafgefangenen und Sicherungsverwahrten in Justizvollzugsanstalten des Landes Nordrhein-Westfalen RV d. JM vom 13. Oktober 1988 (4510 - IV B. 40) • 1.1 Empfang von Paketen 1.1.1 Pakete mit Nahrungs- und Genussmitteln dürfen Tabakwaren sowie Kaffee, Tee und deren Extrakte nur bis zu folgenden Höchstmengen enthalten: 200 g Pfeifen- oder Zigarettentabak mit 8 Heften Zigarettenpapier oder 140 Zigaretten oder 50 Zigarren oder 80 Zigarillos, 250 g Kaffee oder 100 g Kaffee-Extrakt, 125 g Tee oder 50 g Tee-Extrakt. 1.1.2 Pakete mit Nahrungs- und Genussmitteln dürfen auch eine Tabakpfeife, 50 Pfeifenreiniger und eine Zigarren- oder Zigarettenspitze enthalten. 1.1.3 Über die Regelung in Nr. 2 Abs. 2 der VV zu § 33 StVollzG hinaus dürfen nicht zugesandt werden Getränke, andere als die in Nr. 1.1.1 genannten Grundstoffe zur Herstellung von Getränken, Grundstoffe zur Herstellung von Suppen, gefüllte Schokoladenerzeugnisse, Süßstoff und Nüsse in Schalen. 1.1.4 Als Verpackungsmaterial sind Gläser, Steingutbehältnisse, Tuben und verlötete Dosen nicht zugelassen. Das gilt nicht für Kaffee und Tee oder deren Extrakte in handelsüblichen und vom Hersteller verschlossenen Verpackungen. 1.1.5 Einem jungen Gefangenen, der das 16. Lebensjahr noch nicht vollendet hat, dürfen weder Tabakwaren noch Raucherbedarfsartikel zugesandt werden. Max-Planck-Institut für Ausländisches und Internationales Strafrecht Sachverhalt • • Der Ast. befindet sich zur Zeit in Sicherungsverwahrung, deren Ende auf den 7. 5. 2000 datiert ist. In der Zeit vom 21. 11. 1991 bis zum 7. 12. 1995 war er in der JVA A. untergebracht. Mit Bescheid vom 14. 6. 1996 lehnte die Antragsgegnerin, die JVA B., den Antrag des Untergebrachten ab, ihm den Empfang von insgesamt 15 Paketen pro Jahr in der Anstalt zu erlauben. Der Untergebrachte hatte begehrt, zusätzlich zu den gemäß § 33 I 1 StVollzG vorgesehenen 3 Paketen jährlich weitere 12 Pakete erhalten zu dürfen und dabei geltend gemacht, diese Erlaubnis sei ihm für die Zeit der Unterbringung in der JVA A. erteilt worden. In ihrem Bescheid hat die Antragsgegnerin die Erlaubnis von zusätzlichen 4 Paketen jährlich erteilt und auf eine entsprechende Verfügung aus dem Jahre 1987 hingewiesen. Max-Planck-Institut für Ausländisches und Internationales Strafrecht OLG Celle, Beschluß vom 28.10.1996 - 1 Ws 260/96 StrVollz • Die nach § 33 I 3 StVollzG erteilte Erlaubnis, weitere Pakete zu empfangen, beinhaltet in aller Regel keine für die gesamte Haftzeit geltende Dauererlaubnis. Allein der Umstand, daß der Gefangene in einer anderen Vollzugsanstalt jährlich 15 Pakete erhalten durfte, bindet deshalb die nach einer Verlegung nun zuständige Vollzugsanstalt nicht. • NStZ 1997, 256 Max-Planck-Institut für Ausländisches und Internationales Strafrecht Besuche Max-Planck-Institut für Ausländisches und Internationales Strafrecht European Prison Rules • Contact with the outside world • 43. 1. Prisoners shall be allowed to communicate with their families and, subject to the needs of treatment, security and good order, persons or representatives of outside organisations and to receive visits from these persons as often as possible. • 44. 1. Prisoners who are foreign nationals should be informed, without delay, of their right to request contact and be allowed reasonable facilities to communicate with the diplomatic or consular representative of the state to which they belong. Max-Planck-Institut für Ausländisches und Internationales Strafrecht Besuche • §23 Grundsatz: Recht auf Verkehr mit der Außenwelt • §24 Recht auf Besuch » VV Keine Pflicht, Besucher zu sehen • Beschränkung lediglich §24 I, S. 2: aber mindestens 1 Stunde » Einzelheiten regelt die Hausordnung (§161 II, Nr. 1) • Bei Vorliegen der Voraussetzungen des §24 II ist weiterer Besuch regelmäßig zu gestatten » Förderung der Behandlung » Erledigung von geschäftlichen, persönlichen Angelegenheiten Max-Planck-Institut für Ausländisches und Internationales Strafrecht Unterschiedliche Behandlung • §24 II lässt eine unterschiedliche Besuchsregelung für Gefangene aus der Perspektive des Erhalts und der Förderung familiärer Beziehungen zu (Art. 6 GG) • Allerdings ist dabei nicht allein auf den Familienstand, sondern auf die Förderung der tatsächlichen (elterlichen) Beziehungen abzustellen (OLG Bamberg NStZ 1995, S. 304) Max-Planck-Institut für Ausländisches und Internationales Strafrecht Einschränkungen des Besuchsrechts • Besuchsverbot §25 • Durchsuchung » der Besucher §24 III » des Gefangenen §84 • Überwachung des Besuchs §27 • Besuchsabbruch §27 II Max-Planck-Institut für Ausländisches und Internationales Strafrecht Besuchsverbot §25 • Dieselben Voraussetzungen wie Untersagung des Schriftwechsels – 1. wenn die Sicherheit oder Ordnung der Anstalt gefährdet würde, – 2. bei Besuchern, die nicht Angehörige des Gefangenen im Sinne des Strafgesetzbuches sind, wenn zu befürchten ist, dass sie einen schädlichen Einfluß auf den Gefangenen haben oder seine Eingliederung behindern würden. • Besuchsverbot ist „ultima ratio“ • Verhältnismäßigkeitsprinzip: zu prüfen ist, ob ausreichend sind » Überwachung des Besuchs » Durchsuchung Max-Planck-Institut für Ausländisches und Internationales Strafrecht Beispiel für Besuchsverbot • Besuchsverbot bei Rechtsextremisten • Für außenstehende Personen, die zur rechten Szene gehören und nicht Angehörige des Gefangenen sind, wird ein Besuchsverbot ausgesprochen. Max-Planck-Institut für Ausländisches und Internationales Strafrecht Durchsuchung • Besuch kann von der Durchsuchung des Besuchers abhängig gemacht werden – nicht erzwingbar, bei Ablehnung der Durchsuchung: Ablehnung des Besuchs • Durchsuchungstechnik: – Sonden, Abtasten, Sicherheitsschleuse – keine mit völliger Entkleidung verbundene körperliche Durchsuchung Max-Planck-Institut für Ausländisches und Internationales Strafrecht Besuchsüberwachung • §27 – Die Besuche dürfen aus Gründen der Behandlung oder der Sicherheit oder Ordnung der Anstalt überwacht werden,... • §27 I, S. 1 und S. 2: – visuelle Kontrolle (überwachen) – akustische Kontrolle (Überwachung der Unterhaltung) • Akustische Überwachung nur in unerläßlichen Ausnahmefällen (§27 I, S. 2: im Einzelfall) • Voraussetzung: ein auf konkreten Anhaltspunkten beruhendes Missbrauchsrisiko Max-Planck-Institut für Ausländisches und Internationales Strafrecht Generelle Überwachungsanordnungen • Für akustische Kontrollen unzulässig – konkretes Missbrauchsrisiko verlangt • Für visuelle Überwachung – Individualisierungsgebot – Angleichungsgrundsatz • Für zulässig erachtet in Hochsicherheitsgefängnissen • Im Übrigen ggfs. Differenzierungen entlang » Gemeinschaftsbesuchsräumen » Einzelbesuchsräumen Max-Planck-Institut für Ausländisches und Internationales Strafrecht Sachverhalt • In derJVA S. ist für Gefangene, die sich im geschlossenen Vollzug befinden, generell die optische und akustische Besuchsüberwachung angeordnet. Einen Antrag, Besuche der Großmutter nicht gänzlich überwachen zu lassen, hat der Anstaltsleiter abgelehnt. Den hiergegen gerichteten Antrag hat die StVK zurückgewiesen. Zur Begründung hat sie im wesentlichen ausgeführt, gesetzliche Grundlage der generellen Besuchsüberwachung sei § 4 II 2 Links\4.doc, nicht jedoch §27 I StVollzG . §27 I gestatte eine Überwachung nur aus individuellen, d.h. in der Person des Gefangenen oder seines Besuchers liegenden Gründen. Solche seien hier nicht dargetan. Dagegen rechtfertige § 4 II 2 eine generelle Gesprächsüberwachung. Sie sei im Hinblick auf die besonderen Verhältnisse in der JVA S. - Vollzug von U-Haft und Freiheitsstrafen von einem Tag bis lebenslänglich - zur Aufrechterhaltung der Sicherheit und Vermeidung eventueller schwerer Störungen bei der Durchführung von Strafverfahren unerläßlich. Max-Planck-Institut für Ausländisches und Internationales Strafrecht Entscheidung • • • • 1. §27 I StVollzG ist eine „besondere Regelung" i.S. des §4 II, 2 StVollzG. Nur auf ihrer Grundlage ist eine generelle Besuchsüberwachung in einer JVA zulässig. 2. Gefahren für die Sicherheit oder Ordnung, die gem. §27 I StVollzG eine Besuchsüberwachung rechtfertigen, können sich nicht nur aus der Person des Gefangenen oder seines Besuchers, sondern auch aus den besonderen Verhältnissen der Anstalt ergeben. Sie können namentlich darin zu sehen sein, daß in einer geschlossenen Anstalt neben Freiheitsstrafen auch UHaft vollzogen wird. 3. Auch eine Besuchsüberwachung, die auf anstaltsbezogene Gründe der Sicherheit oder Ordnung gestützt wird, erfordert konkrete tatsächliche Anhaltspunkte für das Vorliegen der Voraussetzungen des §27 I StVollzG; dahingehende allgemeine Befürchtungen reichen nicht aus. OLG Saarbrücken, Beschluß vom 26.08.1982 - 1 Ws 69/81, NStZ 1983, S. 94f Max-Planck-Institut für Ausländisches und Internationales Strafrecht Besuchsabbruch • §27 II – bei Verstößen gegen Vollzugsvorschriften oder Anordnungen von » Gefangenen » Besuchern Max-Planck-Institut für Ausländisches und Internationales Strafrecht Verhalten bei Besuchen • §27 IV, S. 1 Gegenstände dürfen beim Besuch nur mit Erlaubnis übergeben werden. • Verstöße: – Für den Besucher Ordnungswidrigkeit gem. §115 OWiGLinks\115.doc – Für den Gefangenen disziplinarrechtlich relevantes Verhalten Max-Planck-Institut für Ausländisches und Internationales Strafrecht Verteidigerbesuche • §26 I Keine Beschränkung der Besuche (Häufigkeit, Dauer) • §26 I Keine inhaltliche Kontrolle von Schriftstücken – Aber: §29 I, S. 2, 3 • §27 III: Keine Überwachung des Besuchs – Aber: Anwendung der §§148II, 148a StPOLinks\148.doc bei Verurteilung wegen §129a StGB Max-Planck-Institut für Ausländisches und Internationales Strafrecht Trennscheibe bei anderen Besuchen • BVerfG Zeitschrift für Strafvollzug 1994, S. 304ff: – Zulässig bei » konkreten Anhaltspunkten für Gefährdung der Sicherheit » Einzelfallprüfung und -anordnung » Besonders sorgfältige Prüfung bei Ehegatten (Art. 6 GG) und häufigerer/längerer Anordnung • Kritik: §4 II, S. 2 ist ausgeschlossen, da der Gesetzgeber den Bereich der Trennscheibenanordnung in §§27, 29 abschließend geregelt hat Max-Planck-Institut für Ausländisches und Internationales Strafrecht Kontaktsperre • §§31 ff EGGVG – incommunicado » gegenwärtige Gefahr für Freiheit, Leib oder Leben einer Person » Gefahr geht von einer terroristischen Vereinigung aus » Verurteilung wegen §129a StGB » Links\31.doc • Unterbrechung jeden Kontaktes, auch mit Strafverteidigern und Mitgefangenen Max-Planck-Institut für Ausländisches und Internationales Strafrecht Besuche und Sexualkontakte • Das Strafvollzugsgesetz äußert sich nicht zur Zulässigkeit von Sexualkontakten im Vollzug • Folge: Weder ausgeschlossen, noch Anspruch • Argumente: – Angleichungsgrundsatz – Vermeidung schädlicher Wirkungen des Vollzugs – Art. 6 GG • Einführung und Praktizierung von „Langzeitbesuchen“ seit 1984 – menschenwürdige Gestaltung – keine Überwachung – NRW: 2004 8 020, 2003: 7 483, 2002: 7 003, 2001: 7 010, 2000: 6 512 Max-Planck-Institut für Ausländisches und Internationales Strafrecht Hessische Ausführungsbestimmungen zum Strafvollzugsgesetz Stand: 4. August 2005 • In den Vollzugsanstalten, in denen Gefangene mit langen Freiheitsstrafen untergebracht sind, können Besuchsräume für Langzeitbesuche eingerichtet werden. Langzeitbesuche sollen den Gefangenen, die für Ausgang oder Urlaub nicht geeignet sind, die Möglichkeit schaffen, Besuche mit engsten Familienangehörigen in einer freundlicheren und entspannteren Atmosphäre zu empfangen. Max-Planck-Institut für Ausländisches und Internationales Strafrecht Rechtsprechung • • • • • • §24 II StVollzG; Art. 6 I GG Langzeitbesuche der Lebensgefährtin Die Vollzugsbehörde kann die Zulassung einer außerehelichen Lebensgefährtin zum Langzeitbesuch jedenfalls dann ermessensfehlerfrei ablehnen, wenn Anhaltspunkte dafür gegeben sind, dass die Ehe des Gef. noch substantiellen Bestand hat und nicht nur noch „auf dem Papier“ besteht. OLG Hamm (NStZ-RR 2000, 95 Langzeitbesuch - Verweigerung der Mitarbeit am Vollzugsziel StVollzG § 24, II Es besteht kein Rechtsanspruch des Gefangenen auf Zulassung zum Langzeitbesuch ; vielmehr steht die Entscheidung hierüber im Ermessen des Anstaltsleiters. Die Teilnahme am Langzeitbesuch kann versagt werden, wenn der Gefangene die Mitarbeit am Vollzugsziel verweigert, namentlich wenn er durch Leugnen der Straftat, welche der Strafvollstreckung zu Grunde liegt, deren Aufarbeitung verhindert. OLG Karlsruhe, Beschluß vom 12. 11. 2003 - 4 Ws 216/03 Max-Planck-Institut für Ausländisches und Internationales Strafrecht Verwertung von Informationen aus Überwachung • §180 VIII i.V.m. II (früher §34)Links\180.doc Vollzugsfremde und vollzugliche Zwecke – Zur Bewahrung der Sicherheit und Ordnung – Zur Verhütung, Unterbindung oder Verfolgung von Straftaten sowie Ordnungswidrigkeiten – Soweit geboten zur Behandlung des Gefangenen – Für Zwecke der Strafvollstreckung – Für Zwecke des gerichtlichen Verfahrens nach §§109ff – Zur Abwehr von erheblichen Gefahren etc. (II) Max-Planck-Institut für Ausländisches und Internationales Strafrecht Außenkontakte durch Vollzugslockerungen Max-Planck-Institut für Ausländisches und Internationales Strafrecht Arten von Vollzugslockerungen • §11: – Außenbeschäftigung – Freigang – Ausführung – Ausgang Max-Planck-Institut für Ausländisches und Internationales Strafrecht Differenzierung • Vollzugslockerungen – mit Aufsicht (Außenbeschäftigung, Ausführung) – ohne Aufsicht (Freigang, Ausgang) Max-Planck-Institut für Ausländisches und Internationales Strafrecht Lockerungen und Hafturlaub • Vollzugslockerungen (§11): • Ausgestaltung ist nach Ziel, Inhalt und Art der Durchführung durch die Vollzugsverwaltung vorgegeben • Hafturlaub (§13) • Ausgestaltung bleibt dem Gefangenen überlassen Max-Planck-Institut für Ausländisches und Internationales Strafrecht Außenbeschäftigung • §11 I, Nr. 1 • regelmäßige Tätigkeit außerhalb der Vollzugsanstalt unter Aufsicht eines Vollzugsbeamten » Tätigkeiten im Rahmen der Arbeitspflicht (§41) » Bildungsmaßnahmen » Sportliche Betätigungen Max-Planck-Institut für Ausländisches und Internationales Strafrecht Freigang • §11 I Nr. 1 2. Alternative – Zum Zwecke der Ausübung einer Erwerbstätigkeit im Rahmen eines freien Arbeitsverhältnisses (oder Ausbildung) – Zulassung zum Freigang ist von einem Arbeitsverhältnis abhängig – Zulassung zum Freigang erlischt mit Wegfall des Arbeitsverhältnisses (beispw. Kündigung) – Koppelung kann entfallen bei Unterbringung des Gefangenen im offenen Vollzug Max-Planck-Institut für Ausländisches und Internationales Strafrecht Ausführung • §11 I Nr. 2 1. Alternative • Aufsicht durch Vollzugsbeamten • ggfs. besondere Sicherungsmaßnahmen gem. §§88, 90 • vor allem dann, wenn die Voraussetzungen für weitergehende Lockerungen noch nicht vorliegen » Familienbesuch » Arztbesuch Max-Planck-Institut für Ausländisches und Internationales Strafrecht Ausgang • §11 II Nr. 2 2. Alternative – ohne Aufsicht – bestimmte Tageszeit – kein besonderer Grund erforderlich Max-Planck-Institut für Ausländisches und Internationales Strafrecht Ausgang und Ausführung aus wichtigem Anlass • §35 • familiäre, berufliche etc. besondere Ereignisse » Erkrankung, Tod eines nahen Angehörigen » Prüfung » Eheschließung Max-Planck-Institut für Ausländisches und Internationales Strafrecht Voraussetzungen der Lockerungen • §11 • Zustimmung des Gefangenen • keine mangelnde Eignung wegen Flucht oder Missbrauchsgefahr • fehlerfreie Ermessensausübung Max-Planck-Institut für Ausländisches und Internationales Strafrecht Flucht- und Missbrauchsgefahr • Prognoseentscheidung • keine positive Prognose gefordert, sondern „Missbrauchsgefahr muss nicht zu befürchten sein“ • grundsätzlich deshalb Akzeptanz eines „Restrisikos“ • Risiko muss unter Berücksichtigung der Sicherheitsinteressen der Allgemeinheit verantwortbar bleiben • verantwortbares Risiko ergibt sich auch aus der Schwere eines möglichen Missbrauchs (Rückfalls) Max-Planck-Institut für Ausländisches und Internationales Strafrecht Konkretisierung durch Verwaltungsvorschriften • VV zu §11 – Lockerungen (Außenbeschäftigung, Freigang, Ausgang) sind ausgeschlossen bei » » » » Verurteilungen wegen in §§74a, 120 GVG genannter Delikte Anordnung von U-Haft, Auslieferungs- und Abschiebehaft vollziehbare Ausweisungsverfügung und Abschiebung Anordnung einer freiheitsentziehenden Maßregel der Besserung und Sicherung – Gefangene sind ungeeignet » Suchtgefährdung » Urlaubsmissbrauch (keine freiwillige Rückkehr) und Anhaltspunkte für die Begehung von Straftaten » Anhängigkeit eines Ermittlungs-, Strafverfahrens, Auslieferungs-, Ausweisungsverfahrens » negativer Einfluss auf andere Gefangene Max-Planck-Institut für Ausländisches und Internationales Strafrecht Besondere Prüfungspflicht • VV Nr. 7 IV • Bei Gefangenen, die verurteilt sind wegen – grober Gewalttätigkeit gegen eine Person – Straftat gegen die sexuelle Selbstbestimmung – BtM Handels • oder bei – Erkenntnissen, dass der Gefangene der Organisierten Kriminalität zugehört Max-Planck-Institut für Ausländisches und Internationales Strafrecht Verwaltungsvorschriften und Entscheidung • Verwaltungsvorschriften sollen typische Fallkonstellationen der Flucht- und Missbrauchsgefahr erfassen » » » » » Immigranten (keine Bindungen) Netzwerke (Unterstützung) Sucht (Wiederholungsgefahr) besondere Gefährlichkeit (Maßregeln) besondere Öffentlichkeitswirkung (Gewalt, Sexualkriminalität) • Anfangsvermutungen, Pflicht zur Einzelfallprüfung bleibt bestehen Max-Planck-Institut für Ausländisches und Internationales Strafrecht Ermessen und Beurteilung • Unbestimmte Rechtsbegriffe: Fluchtgefahr, Missbrauchsgefahr • Der Verwaltung bleibt ein » Beurteilungsspielraum, der mehrere Handlungsoptionen enthalten kann • Das Gericht überprüft, ob » Vollständig ermittelter und zutreffender Sachverhalt » Richtiger Begriff des Versagungsgrundes » Grenzen des Beurteilungsspielraums eingehalten • Ermessen » Kann ... angeordnet werden Max-Planck-Institut für Ausländisches und Internationales Strafrecht Besuchsausgang eines Gefangenen im geschlossenen Vollzug • • • • 1. Bei der Prüfung, ob Vollzugslockerungen zu gewähren sind, darf es die JVA nicht bei bloßen pauschalen Wertungen oder bei dem abstrakten Hinweis auf eine Flucht- oder Mißbrauchsgefahr i.S. von § 11 II StVollzG bewenden lassen. Sie hat vielmehr im Rahmen einer Gesamtwürdigung nähere Anhaltspunkte darzulegen, welche geeignet sind, die Prognose einer Flucht- oder Mißbrauchsgefahr in der Person des Gefangenen zu konkretisieren. 2. Der Versagungsgrund der Flucht- und Mißbrauchsgefahr eröffnet als Prognoseentscheidung der Vollzugsbehörde einen - verfassungsrechtlich nicht zu beanstandenden - Beurteilungsspielraum, in dessen Rahmen sie bei Achtung der Grundrechte des Gefangenen mehrere Entscheidungen treffen kann, die gleichermaßen rechtlich vertretbar sind. Der Beurteilungsspielraum entbindet die Vollstreckungsgerichte indes nicht von ihrer rechtsstaatlich fundierten Prüfungspflicht. 3. Die StVK darf nicht eine Vollzugspraxis akzeptieren, bei der die Gewährung von Ausgang für Gefangene im geschlossenen Vollzug ausgeschlossen ist. BVerfG NStZ 1998, 430 Max-Planck-Institut für Ausländisches und Internationales Strafrecht Hafturlaub • §13 • Vollzugliche Behandlungsmaßnahme (§§7 II) • Keine Unterbrechung der Strafvollstreckung (§13 V) • Keine Ausgestaltung durch die Verwaltung • Jederzeitiger Zugriff auf den Gefangenen muss möglich bleiben » deshalb kein Urlaub außerhalb des Geltungsbereiches des Gesetzes Max-Planck-Institut für Ausländisches und Internationales Strafrecht Regelurlaub • Urlaub bis zu 21 Kalendertagen • §11 II gilt entsprechend » Zustimmung des Gefangenen » keine mangelnde Eignung wegen Flucht oder Missbrauchsgefahr Max-Planck-Institut für Ausländisches und Internationales Strafrecht Zusätzliche Voraussetzungen • Wartezeit von 6 Monaten (§13 II, in der Regel …) • Bei lebenslanger Freiheitsstrafe Wartezeit von 10 Jahren (§13 III) Max-Planck-Institut für Ausländisches und Internationales Strafrecht OLG Hamm NStZ 1984, 189 • 1. Die erlittene U-Haft darf bei der Berechnung der 6Monatsgrenze nicht berücksichtigt werden. • Diese Grenze ist jedoch nicht starr ("in der Regel“). In Ausnahmefällen ist eine frühere Urlaubsgewährung möglich. Die insoweit vom Anstaltsleiter vorzunehmende Prüfung hat auch die Frage einzubeziehen, ob wegen erlittener U-Haft die 6Monatsgrenze unterschritten werden kann. • 2. Es genügt nicht, die Mißbrauchsgefahr des § 11, II StVollzG allein aus noch zu verbüßender längerer Strafdauer abzuleiten. Max-Planck-Institut für Ausländisches und Internationales Strafrecht „Sonder“Urlaub • §15 III zur Vorbereitung der Entlassung • §35 aus wichtigem Anlass • §36 zur Wahrnehmung eines gerichtlichen Termins Max-Planck-Institut für Ausländisches und Internationales Strafrecht VV zu §13 • Ausgeschlossen sind Gefangene bei » » » » Verurteilungen wegen in §§74a, 120 GVG genannter Delikte Anordnung von U-Haft, Auslieferungs- und Abschiebehaft vollziehbarer Ausweisungsverfügung und Abschiebung Anordnung einer freiheitsentziehenden Maßregel der Besserung und Sicherung – Gefangene sind ungeeignet bei » Suchtgefährdung » Urlaubsmissbrauch (keine freiwillige Rückkehr) und Anhaltspunkten für die Begehung von Straftaten » Anhängigkeit eines Ermittlungs-, Strafverfahrens, Auslieferungs-, Ausweisungsverfahrens » Bei Unterbringung im geschlossenen Vollzug noch mehr als 18 Monate Reststrafe • Besonders sorgfältige Prüfung bei Gewalt-, Sexual- und Betäubungsmitteldelikten (VV Nr. 4 IV) Max-Planck-Institut für Ausländisches und Internationales Strafrecht Besondere Fragestellungen Urlaubssperre » OLG Bremen NStZ 1982, 84 • Verdacht einer Straftat und Missbrauch » OLG Frankfurt ZfStrVo 1994, 183 • Urlaub und passives Wahlrecht (Art. 38 II GG) » BVerfG NStZ 1982, S. 83 • Urlaubsgewährung und Schuldschwere » §13 III; BVerfG NStZ-RR 1998, 121 Max-Planck-Institut für Ausländisches und Internationales Strafrecht Presseberichte • Mörder kehrte aus Hafturlaub nicht zurück • Polizei leitet Zielfahndung nach 29-Jährigem ein • BRANDENBURG/BASDORF. Ein verurteilter Mörder ist nach einem Hafturlaub nicht wieder in die Justizvollzugsanstalt Brandenburg/Havel zurückgekehrt. Auf den als gefährlich geltenden 29-jährigen seien Zielfahnder angesetzt, sagte der Leiter des Direktionsbüros des Landeskriminalamtes (LKA), Rainer Grieger, am Dienstag. Der Mann sitze seit November 1991 unter anderem wegen Mordes und gemeinschaftlichen Raubes in Haft. Max-Planck-Institut für Ausländisches und Internationales Strafrecht Presseberichte • Eintägiger Hafturlaub endete in blutigem Familiendrama Kirgise stach den Freund seiner Mutter nieder Bonn. (lna) Nur einen Tag Hafturlaub hatte der 25-jährige Leo K. am 8. Mai 1998. Eineinhalb Jahre hatte der gebürtige Kirgise zu verbüßen, alles kleinere Freiheitsstrafen wegen Diebstahls. Bald sollte er entlassen werden. Zum ersten Mal traf er an diesem Tag seine Freundin, die er bis dahin nur aus Briefen kannte. Es war ein gemütlicher Abend im Familienkreis: Das junge Paar und die Geschwister von Leo K. trafen sich bei der Mutter in Auerberg zum Abendessen. Max-Planck-Institut für Ausländisches und Internationales Strafrecht Öffentliche Meinung und Hafturlaub • • • • • Presseerklärung Frankfurt, den 22.06.99 Urlaub vom Knast in Hessens Vollzugsanstalten Der Bund Deutscher Kriminalbeamter (BDK) fordert ein Ende der ausufernden Urlaubsgewährung für Strafgefangene und die konsequente Einhaltung der gesetzlichen Vorschriften. Allzu oft kann man es lesen, nahezu täglich ist es jedoch der Fall, daß Knasturlauber nicht zurückgekehrt sind oder daß sie in ihrem Hafturlaub neue Straftaten verübt haben. Die Straftatenpalette reicht von Einbrüchen über Vergewaltigungen bis hin zu Tötungsdelikten. Obwohl manche Haftanstalten eher mit einem Hotel als mit einem Gefängnis vergleichbar sind und der Aufenthalt dort von manch einem nicht als echte Strafe empfunden wird, hat die Gewährung von Hafturlaub nicht zu akzeptierende Ausmaße angenommen. Es spricht schon für sich, wenn in der Vergangenheit z.B. die Vollzugsanstalt in Weiterstadt süffisant als "Hotel von Plottnitz" bezeichnet wurde. Die einseitige, an dem Wohl des Täters orientierte Praxis der Vollzugsanstalten läßt die Strafe zu einer Farce werden, beeinträchtigt in hohem Maß das Sicherheitsgefühl des Bürgers und sein Vertrauen an die staatliche Rechtsordnung und findet nicht zuletzt bei dem Opfer der zugrundeliegenden Straftat schon gar kein Verständnis. Max-Planck-Institut für Ausländisches und Internationales Strafrecht Missbrauch von Lockerungen • Niedersachsenstudie 1992 • 21.463 Urlaube 249 Fälle (1,2%) Urlaubsversagen • Definition: keine Rückkehr bis zum Ablauf des Tages, der dem offiziellen Ende des Urlaubs folgt; Festnahme durch Polizei und Rückführung • 73.211 Ausgänge 0,4% Versagen • 1.712 Freigang 2,8% Versagen • 264 „Lockerungsstraftaten“: 14 Verbrechen, davon 1 vollendetes Tötungsdelikt (ca. 50% Diebstahl) • Personenbezogener Urlaubsmissbrauch 2,3% Max-Planck-Institut für Ausländisches und Internationales Strafrecht Beispiel Hessen 2004 • • • • • Gefangene 2004 5724 Offener Vollzug 401 Entweichungen 1 Gesamter Vollzug: Vollzugslockerungen und Urlaub Lockerung/Urlaub Missbrauch % 2004 60.063 27 0,04 • 2003 75.080 38 0,05 2002 92.623 51 0,06 1999 129.064 320 0,25 • Max-Planck-Institut für Ausländisches und Internationales Strafrecht Strafrechtliche Haftung • Gefangenenbefreiung §120 StGB • Vollstreckungsvereitelung §258 II StGB • Fahrlässige Körperverletzung/Tötung – Fahrlässigkeitsvorwurf bezieht sich auf eine Sorgfaltspflichtverletzung Max-Planck-Institut für Ausländisches und Internationales Strafrecht Prognose und Sorgfaltspflichtverletzung • Ausgangspunkt: Prognose • Prognose ist Grundlage von Vollzugslockerungen • Prognose trägt immer das Risiko einer fehlerhaften Prognose in sich » Falsch positiv » Falsch negativ • Sorgfaltspflichtverletzung kann nicht auf die fehlerhafte Prognose selbst gestützt werden • Sorgfaltspflichtverletzung liegt in der Überprüfung der Voraussetzungen der Prognose Max-Planck-Institut für Ausländisches und Internationales Strafrecht Haftung bei Straftaten • Süddeutsche Zeitung, 24. 9. 2002 Freigang als ärztlicher Kunstfehler In Potsdam stehen zwei Mediziner vor Gericht, weil sie einem Sexualstraftäter Ausgang gewährten – er wurde prompt rückfällig • Potsdam – Psychisch kranke Straftäter, die Vollzugslockerungen dazu nutzen, neue Straftaten zu begehen, sorgen immer wieder für öffentliche Empörung. Jetzt müssen sich in Potsdam zwei Ärzte vor Gericht dafür verantworten, dass sie einem potentiell gefährlichen Patienten Ausgang gewährten. Im Oktober 1998 setzte sich der damals 35-jährige Raymond Schwanke aus der psychiatrischen Landesklinik Brandenburg ab und tauchte in Berlin unter. • In den folgenden acht Monaten beging er mehr als 70 Straftaten, darunter 15 Raubüberfälle, überwiegend auf alte Frauen. An einigen von ihnen verging er sich auch sexuell, die 90-jährige Marie K. und die ebenso alte Lisbeth W. wurden von Raymond Schwanke, den die Boulevardzeitungen den “Oma- Mörder” nannten, erwürgt. Vor dem Landgericht Potsdam sind jetzt der Chefarzt Tilo L., 63, und der Oberarzt Jürgen H., 52, angeklagt. Die Staatsanwaltschaft wirft ihnen fahrlässige Tötung in zwei Fällen vor. “Wir halten die Gewährung von Ausgang für einen ärztlichen Kunstfehler, weil man um die Gefährlichkeit des Mannes wusste”, sagte Oberstaatsanwalt Wolf-Rüdiger Ludwig zur SZ . Max-Planck-Institut für Ausländisches und Internationales Strafrecht Zivilrechtliche Haftung • Fall: Verlegung eines Gefangenen in den offenen Vollzug; Verurteilung wegen Mordes und Vergewaltigung • Gefangener begeht während eines Ausgangs einen Sexualmord • §839 BGBLinks\839.doc • Oberlandesgericht Karlsruhe, Az.: 7 U 148/99, Urteil vom 26.09.2001 Max-Planck-Institut für Ausländisches und Internationales Strafrecht Zivilrechtliche Haftung • • • 2. Die gemäß den obigen Ausführungen verletzte Amtspflicht bestand auch gegenüber der Mutter der Klägerin, die „Dritte" i.S.d. § 839 Abs. 1 BGB war. Ob eine einem Dritten gegenüber obliegende Amtspflicht verletzt ist, richtet sich nach ihrem Schutzzweck. Zu prüfen ist dabei, ob gerade das im Einzelfall berührte Interesse nach dem Zweck und der rechtlichen Bestimmung des Amtsgeschäfts geschützt werden soll. Die Aufgaben des Strafvollzugs dienen nach § 2 StVollzG der Resozialisierung des Gefangenen und dem Schutz der Allgemeinheit vor weiteren Straftaten. Daraus läßt sich jedoch nicht schließen, daß auch die aus §§ 10, 11 Abs. 2 StVollzG resultierende Amtspflicht, Vollzugslockerungen nicht anzuordnen, wenn zu befürchten ist, daß der Gefangene die Lockerungen des Vollzugs zu Straftaten mißbrauchen werde, lediglich dem Interesse der Allgemeinheit dient. Vielmehr bezweckt diese Amtspflicht gerade auch den Schutz des Einzelnen vor Straftaten des Gefangenen. Der Schutz von Leben und sexueller Selbstbestimmung ist hervorragende Aufgabe des Staates und wesentliche Pflicht seiner mit der Prävention vor Straftaten befassten Amtsträger, zu denen auch die im Strafvollzug tätigen Beamten zählen. Unter diesen Umständen zielt die Pflicht, Sexualstraftäter daran zu hindern, während des Vollzugs neue einschlägige Straftaten zu begehen der Natur des Amtsgeschäfts nach darauf, die von solchen Tätern bedrohten Personen zu schützen. Die Annahme, der dem Staat von Verfassungswegen auferlegte Schutz von Leben und sexueller Selbstbestimmung der Bürger diene lediglich dem Interesse der Allgemeinheit, wäre Ausdruck eines überholten Staatsverständnisses und ließe sich nicht mit dem grundrechtlich geschützten Anspruch des Einzelnen gegen den Staat auf Achtung seiner Würde und auf Leben und körperliche Unversehrtheit (Art. 1, 2 Abs. 2 GG) vereinbaren. Max-Planck-Institut für Ausländisches und Internationales Strafrecht Zivilrechtliche Haftung • • • Die Amtspflicht, strafbare Handlungen durch den Gefangenen zu verhüten, obliegt somit den Bediensteten der Vollzugsanstalt auch gegenüber den gefährdeten Einzelnen, da die zu verhütenden Straftatbestände unmittelbar in den geschützten Rechtskreis des Einzelnen eingreift (vgl. BGHZ 12, 206, 212). Dieser Schutzzweck der sich so aus §§ 10, 11 Abs. 2 StVollzG, 57 StGB ergebenden Amtspflicht begründet die für eine Amtshaftung nach § 839 Abs. 1 BGB erforderliche besondere Beziehung zwischen der verletzten Amtspflicht und dem geschädigten Dritten. Der gegenteiligen Auffassung des Hanseatischen Oberlandesgerichts Hamburg (ZfStrVo 1996, 243), der das Landgericht beigetreten ist, dass § 11 Abs. 2 StVollzG in erster Linie dem Interesse der Allgemeinheit und nicht dem Schutz des Einzelnen, der zufällig Opfer einer weiteren Straftat des Strafgefangenen anläßlich dessen Hafturlaubs geworden ist, diene, vermag der Senat nach alledem nicht zu folgen. 3. Demnach haftet das beklagte Land der Klägerin dem Grunde nach für den durch den Tod ihrer Mutter erlittenen Unterhaltsschaden (§ 844 Abs. 2 BGB). Max-Planck-Institut für Ausländisches und Internationales Strafrecht Widerruf von Lockerungen • §14 • I: Weisungen können erteilt werden » VV: namentlich: Aufenthalt außerhalb der Anstalt, Meldung, Kontaktverbote, Gegenstandsverbote, Alkoholund Drogenverbote • II Widerruf bei » Nachträglich eintretenden Umständen, die Versagungsgrund wären, für die Zukunft » Missbrauch der Maßnahmen » Nichterfüllung von Weisungen • OLG Frankfurt Strafverteidiger 2001, S. 35ff Max-Planck-Institut für Ausländisches und Internationales Strafrecht Offener Vollzug Max-Planck-Institut für Ausländisches und Internationales Strafrecht Offener Vollzug als Regelvollzug • §10 • I Ein Gefangener soll im offenen Vollzug untergebracht werden » Behandlungsgrundsatz » Angleichungsgrundsatz » Reduzierung schädlicher Wirkungen (des geschlossenen Vollzugs) • II Im Übrigen sind die Gefangenen im geschlossenen Vollzug unterzubringen • Direkteinweisung oder Verlegung Max-Planck-Institut für Ausländisches und Internationales Strafrecht Kennzeichen des offenen Vollzugs • §141 • II: keine oder nur verminderte Vorkehrungen gegen Entweichungen • VV: » Bauliche Sicherungsmaßnahmen (insb. Umfassungsmauer, Fenstergitter) können entfallen » Intern entfällt die ständige und unmittelbare Aufsicht » Freie Bewegung des Gefangenen innen » Außentüren können zeitweise unverschlossen bleiben » Wohnräume der Gefangenen können auch während der Ruhezeit offen bleiben Max-Planck-Institut für Ausländisches und Internationales Strafrecht Zulassung zum offenen Vollzug • §10 – Gefangener genügt den besonderen Anforderungen des offenen Vollzugs – Keine Fluchtgefahr – Keine Missbrauchsgefahr (Straftaten) – Zustimmung Max-Planck-Institut für Ausländisches und Internationales Strafrecht VV zum offenen Vollzug §10 offener Vollzug ist ausgeschlossen bei » Verurteilungen wegen in §§74a, 120 GVG genannter Delikte » Anordnung von U-Haft, Auslieferungs- und Abschiebehaft » vollziehbare Ausweisungsverfügung und Abschiebung » Anordnung einer freiheitsentziehenden Maßregel der Besserung und Sicherung – Gefangene sind ungeeignet » Suchtgefährdung » Urlaubsmissbrauch (keine freiwillige Rückkehr) und Anhaltspunkte für die Begehung von Straftaten » Anhängigkeit eines Ermittlungs-, Strafverfahrens, Auslieferungs-, Ausweisungsverfahrens » negativer Einfluss auf andere Gefangene Max-Planck-Institut für Ausländisches und Internationales Strafrecht §147 • Einrichtungen für Entlassung Links\147.doc – Offene Einrichtungen – Gedanke des Stufenstrafvollzugs Max-Planck-Institut für Ausländisches und Internationales Strafrecht Vollzugslockerungen und Entlassungsvorbereitung • Vollzugslockerungen sind Teil der Behandlung (§7 II Nr. 7, 8) • §15 Entlassungsvorbereitung » » » » I: der Vollzug soll gelockert werden II Im Ermessen: Verlegung in den offenen Vollzug III: Sonderurlaub bis zu einer Woche IV: Sonderurlaub bei Freigang, innerhalb von neun Monaten vor Entlassung bis zu sechs Tage pro Monat • Entlassungszeitpunkt §16 » Vorverlegung Max-Planck-Institut für Ausländisches und Internationales Strafrecht Anteile im offenen Strafvollzug 1999 25 Berlin Niedersachsen Hamburg NRW Baden-W Bremen Hessen Schleswig-H. Rheinland-P. Bayern Saarland 20 15 10 5 0 Max-Planck-Institut für Ausländisches und Internationales Strafrecht Fall: Rückverlegung in den geschlossenen Vollzug • Ein Gefangener wird zum offenen Strafvollzug zugelassen. Dort kommt es zu folgendem Vorfall: Ein Mitgefangener bezichtigt ihn der sexuellen Nötigung. Der Strafvollzugsleiter untersucht den Vorfall, indem er den Gefangenen und den Mitgefangenen befragt. Der Vollzugsleiter ordnet darauf hin die Zurückverlegung in den geschlossenen Vollzug an. Dieser will dies nicht hinnehmen und weist vor allem darauf hin, dass ihm hätte geglaubt werden müssen, da er im Vollzugsverlauf noch nie etwas getan hätte, was zu Disziplinarstrafen hätte Anlass bieten können. Max-Planck-Institut für Ausländisches und Internationales Strafrecht Widerruf und Rückverlegung in den geschlossenen Vollzug • • • • • • • Die Ablösung aus dem offenen Vollzug ist, wie sich auch aus der abschließenden Aufzählung in § 103 Abs. 1 StVollzG ergibt, weder eine Disziplinarmaßnahme noch sonst eine strafähnliche Sanktion und setzt daher nicht den Nachweis eines schuldhaften Fehlverhaltens voraus Sie unterliegt aber, wie alles grundrechtseingreifendes staatliches Handeln, dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit Wird sie auf einen Verdacht strafbaren Handelns gestützt, darf sich daher der Verdacht nicht allein auf bloße Vermutungen, vage Hinweise oder nur entfernte Indizien stützen. Der Tatverdacht muss vielmehr auf konkreten Anhaltspunkten beruhen (vgl. KG, ZfStrVo 1989, S. 116 und KG, NStZ 2003, S. 391 f.) Die Justizvollzugsanstalt ist außerdem verpflichtet, den Sachverhalt aufzuklären, soweit dies mit den begrenzten Befugnissen, die ihr dafür zu Gebote stehen, möglich ist (vgl. KG, NStZ 2003, S. 391 f.) Der gegen den Beschwerdeführer entstandene Verdacht, eine strafbare Handlung begangen zu haben, gründete sich auf eine nicht offenkundig unglaubhafte Aussage eines Mitgefangenen Dieser Verdacht rechtfertigte eine Rückverlegung des Beschwerdeführers in den geschlossenen Vollzug. Dem Beschwerdevorbringen ist nichts dafür zu entnehmen, dass die Justizvollzugsanstalt ihrer Pflicht zur eigenständigen Aufklärung des Vorfalls in verfassungsrechtlich zu beanstandender Weise nur unzureichend nachgekommen wäre BVerfG 2 BvR 1709/02 - Beschluss vom 12. Februar 2004 (LG Ulm) Max-Planck-Institut für Ausländisches und Internationales Strafrecht §§67-70 • Regelungen über Freizeit, Informationsfreiheit und Besitz von Gegenständen • Zusammengefasst, weil dies weitgehend in der freien Zeit relevant wird • §§17f: Arbeitszeit, Freizeit, Ruhezeit Max-Planck-Institut für Ausländisches und Internationales Strafrecht Freizeit • §67 • Die Vollzugsbehörde ist verpflichtet, ein differenziertes Freizeitangebot zu schaffen (§67, 2) Max-Planck-Institut für Ausländisches und Internationales Strafrecht Besitz von Gegenständen • §70 • Besitz von Büchern und Gegenständen zur Fortbildung und Freizeitbeschäftigung – In angemessenem Umfang • Einschränkungen: » Besitz etc. wäre mit Strafe oder Geldbuße bedroht » Gefährdung des Vollzugsziels oder der Sicherheit und Ordnung der Anstalt • Computerspiele sowie PlayStations gefährden weder Sicherheit und Ordnung noch stehen sie dem Vollzugsziel der Resozialisierung entgegen (OLG Dresden Strafverteidiger 1/2001, S. 41f Max-Planck-Institut für Ausländisches und Internationales Strafrecht Information • §§68, 69 • Regelung » des Verhältnisses zu Massenmedien und » der Ausübung des Grundrechts auf Informationsfreiheit • Bezug von Zeitungen und Zeitschriften » In angemessenem Umfang » Durch Vermittlung der Anstalt Max-Planck-Institut für Ausländisches und Internationales Strafrecht Einschränkungen • §68 II – Verbreitung ist mit Strafe oder Geldbuße bedroht (beispw. §184 StGB – Vorenthalten von Einzelausgaben und Teilen bei » Erheblicher Gefährdung des Vollzugsziels » Erheblicher Gefährdung der Sicherheit und Ordnung der Anstalt Max-Planck-Institut für Ausländisches und Internationales Strafrecht Hörfunk und Fernsehen • §69 • Grundsätzlich Recht auf Teilnahme am Hörfunkprogramm und am gemeinschaftlichen Fernsehempfang der Anstalt • Zulassung eigener Hörfunk- und Fernsehgeräte unter den Voraussetzungen des §70 » Angemessener Umfang » Beschränkungen des §70 II Nr. 1, 2 » Heute sind eigene Fernsehgeräte in allen Strafvollzugsanstalten die Regel Max-Planck-Institut für Ausländisches und Internationales Strafrecht Religionsausübung • §§53-55 • Art. 4 GG: grundsätzlich keine Beschränkung • §53: aktive Unterstützung durch die Anstalt • §55: entsprechende Geltung der §§53, 54 für Weltanschauungsgemeinschaften Max-Planck-Institut für Ausländisches und Internationales Strafrecht Medizinische Versorgung • §§56 ff • Verpflichtung der Vollzugsanstalt zur Sorge für die körperliche und geistige Gesundheit des Gefangenen • Verpflichtung des Gefangenen zur Unterstützung notwendiger Maßnahmen (insb. auch der Hygiene) Max-Planck-Institut für Ausländisches und Internationales Strafrecht Verwaltungsvorschriften zu §56 • Nr. 1 Geltung der allgemeinen Vorschriften für die gesundheitsbehördliche Überwachung • Nr. 2 Anstaltsarzt ist verantwortlich für die Beobachtung aller Umstände in der JVA, von denen gesundheitliche Risiken ausgehen können • Nr. 3 Anstaltsarzt ist für die Umsetzung des Bundesseuchengesetzes verantwortlich – Anzeigepflicht – Absonderung bei Ansteckungsgefahr Max-Planck-Institut für Ausländisches und Internationales Strafrecht Der Anstaltsarzt • Aufgaben – Allgemeine Gesundheitsvorsorge (Prävention) – Gesundheitliche Betreuung der Gefangenen • Verhältnis zu Gefangenen – Kein privatrechtlicher Behandlungsvertrag, sondern öffentlich-rechtliches Verhältnis • Rechte des Gefangenen – Informationsrecht (zu Gesundheitszustand/Diagnose und Therapie) – Eingeschränkt ggfs. bei Gefahr schwerwiegender physischer und psychischer Schäden (durch Information): Suizidgefahr Max-Planck-Institut für Ausländisches und Internationales Strafrecht Ärztliche Verschwiegenheitspflicht • Ausgangspunkt » §182 I, 1: Schutz personenbezogener, insb. ärztlicher Daten » §203 StGB (Verletzung von Privatgeheimnissen) » §182 II, 1: Schweigepflicht grundsätzlich auch gegenüber der Vollzugsbehörde • Einschränkung » Allgemeine Rechtfertigung (beispw. §34 StGB) » §182 II, 2: Berufsgruppen des §203 Nr. 1, 2, 5 haben Offenbarungspflicht bei Erforderlichkeit der Informationen für Aufgabenerfüllung der Vollzugsbehörde oder zur Abwehr erheblicher Gefahren für Leib/Leben des Gefangenen oder Dritter » Allerdings: Ärzte haben nach §182 II, 3 für Informationen, die aus der Gesundheitsfürsorge resultieren, keine Offenbarungspflicht, sondern eine Befugnis soweit dies für die Aufgabenerfüllung unerlässlich ist bzw. bei Abwehr von Gefahren für Leib und Leben Max-Planck-Institut für Ausländisches und Internationales Strafrecht Offenbarungspflicht • Gilt insbesondere auch für therapeutische Berufe (Psychologen) – Bei Entscheidungen beispw. über Verlegung in den offenen Vollzug, Urlaub, Ausgang etc. • • • Eingeführt vor dem Hintergrund von Rückfall bei schwerer Sexualkriminalität Offenbarungspflicht unterliegt nicht dem Ermessen Allerdings: – Grundkonflikt zwischen Vertrauensbeziehung in Therapie und sozialer Kontrolle im Strafvollzug – Verfassungskonforme Auslegung (Abwägung zwischen Recht auf informationelle Selbstbestimmung und Vollzugsaufgaben) – Einschätzungsprärogative: Therapeut hat zunächst zu beurteilen, ob die Voraussetzungen des §182 II, 2 überhaupt vorliegen Max-Planck-Institut für Ausländisches und Internationales Strafrecht Mitwirkungspflicht des Gefangenen • §56 II – Allgemeine (Hausordnung) oder individuelle Anordnungen zur Hygiene (beispw. Haftraum) – Verpflichtung zur Duldung von Vorsorgeuntersuchungen (vorbeugender Gesundheitsschutz; Röntgenreihenuntersuchungen) – Verpflichtung zur Mitwirkung bei Urinkontrollen zur Feststellung von Drogenkonsum – Keine Verpflichtung, an Untersuchungen zu Forschungszwecken mitzuwirken Max-Planck-Institut für Ausländisches und Internationales Strafrecht AIDS und Strafvollzug • AIDS: – Übertragbare Krankheit – Keine kausale Therapie (aber erfolgreiche Langzeitbehandlung) – Ansteckungswege sind weitgehend bekannt – Normales Zusammenleben (in der Vollzugsanstalt) erhöht das Infektionsrisiko nicht – Hauptansteckungswege: » Needle sharing/Tätowieren » Ungeschützter sexueller Verkehr » Trans-Infusion infektiösen Materials Max-Planck-Institut für Ausländisches und Internationales Strafrecht AIDS Fragestellungen • Anspruch auf Schutz vor Ansteckung? • Pflicht zum Test auf HIV? • Maßnahmen zur Reduzierung der Infektionsgefahr » Kondomausgabe? » Ausgabe von Einwegspritzen? • Umgang mit infizierten Gefangenen? Max-Planck-Institut für Ausländisches und Internationales Strafrecht Schutz vor Ansteckungsgefahr • Grundsätzlich besteht Fürsorgepflicht für Gefangene (§56 I), damit auch die Verpflichtung der Anstalt, vor Infektionsrisiken zu schützen • Kein Anspruch auf jede nur denkbare Vorsorge vor Ansteckung (LG Bonn NStZ 1987, S. 140) Max-Planck-Institut für Ausländisches und Internationales Strafrecht HIV-Tests • Keine Verpflichtung des Gefangenen zu Bluttests – §101: konkrete Gefahr liegt nicht vor – §10 Bundesseuchengesetz: konkrete Gefahr liegt nicht vor – Gefahr wird nicht begründet durch Zugehörigkeit des Gefangenen zu einer Risikogruppe • Testdurchführung (auch nachträgliche) ohne Zustimmung des Gefangenen ist rechtswidrig und führt zur Anwendbarkeit des §223 (Körperverletzung) Max-Planck-Institut für Ausländisches und Internationales Strafrecht Risikoreduzierung • Kostenlose Abgabe von Kondomen – Abgelehnt in OLG Koblenz NStZ 1997, S. 360 – Selbstversorgung ist zulässig • Ausgabe von Einwegspritzen – Teil einer Risikominimierungspolitik – Experimente in Niedersachsen, Schweiz etc. – Forschungsergebnisse weisen auf Ansteckungsreduzierung hin – Keine Strafbarkeit gem. §29 I, Nr. 10 BtMG Max-Planck-Institut für Ausländisches und Internationales Strafrecht Umgang mit Infizierten • Beachtung des Risikos der HIV-Übertragung bei Urlaub, Ausgang etc. • Einzelunterbringung: §17 III, §§88, 89 • Ausschluss aus besonders verletzungsträchtigen Arbeitsbereichen • Keine schrankenlose Information: » Intern: Bedienstete und Mitgefangene sind nur im Falle von konkreter Ansteckungsgefahr zu informieren » Extern: Information an Außenstehende in aller Regel unzulässig » Abwägung zwischen schutzwürdigen Interessen Dritter und dem Recht auf informationelle Selbstbestimmung Max-Planck-Institut für Ausländisches und Internationales Strafrecht Umfang der Gesundheitsfürsorge • • §57 Früherkennungsuntersuchungen und vorbeugende Behandlung §58: Anspruch auf Krankenbehandlung in demselben Umfang wie ein versicherter Arbeitnehmer » Medizinisch gebotenes und allgemein übliches Maß an Aufwendungen » Keine freie Arztwahl » Anstaltsarzt entscheidet über die Hinzuziehung von anderen Ärzten oder über die Unterbringung in einem Krankenhaus außerhalb des Strafvollzugs • • • §59: Versorgung mit Hilfsmitteln §60 Krankenbehandlung im Urlaub §6: Art und Umfang der Leistungen bestimmen sich nach den Vorschriften des Sozialgesetzbuchs Max-Planck-Institut für Ausländisches und Internationales Strafrecht Sonstiges • §62a: Ruhen der Ansprüche nach §§57-59 bei freiem Beschäftigungsverhältnis (und normaler Krankenversicherung) • §64 Aufenthalt im Freien • §66 Benachrichtigung bei Todesfall oder schwerer Erkrankung Max-Planck-Institut für Ausländisches und Internationales Strafrecht Zwangsmaßnahmen und Gesundheitsfürsorge • §101 • Eingeführt nach ersten Erfahrungen mit tödlich endendem Hungerstreik von Gefangenen • Ausgangspunkt: – Keine Zwangsbehandlung, da Entscheidungsfreiheit des Einzelnen; Menschenwürde – Andererseits: Fürsorgepflicht der Anstalt Max-Planck-Institut für Ausländisches und Internationales Strafrecht Die Regelung des §101 • Zulässigkeit von Zwangsmaßnahmen (Untersuchung und Behandlung) – Lebensgefahr oder schwerwiegende Gefahr für Gesundheit oder Gefahr für die Gesundheit anderer Personen – Zumutbarkeit – Keine erhebliche Gefahr für Leib oder Leben des Gefangenen • • • Liegen die Voraussetzungen vor, so kann eine Zwangsmaßnahme durchgeführt werden Die Verpflichtung zur zwangsweisen Behandlung entsteht erst dann, wenn nicht mehr von einer freien Willensbestimmung des Gefangenen ausgegangen werden kann Durchführung ist nur zulässig auf Anordnung und unter Leitung eines Arztes Max-Planck-Institut für Ausländisches und Internationales Strafrecht Soziale Hilfe • §71 • Anspruch auf soziale Hilfe (durch den Sozialdienst bzw. Sozialarbeiter der Anstalt) • Angeleitet aus Sozialstaatsprinzip (BVerfGE 35, S. 236) • Soziale Hilfe soll in ein Gesamtsystem der Straffälligenhilfe eingebunden sein (durchgehende Betreuung) • Orientierung an den Zielen Individualisierung sowie Hilfe zur Selbsthilfe – – – – Kooperationsgebot (§154 II) soziale Hilfe bei der Aufnahme in den Vollzug Hilfe während des Vollzugs (§73, beispw. Schuldenregulierung) Hilfe zur Vorbereitung der Haftentlassung. Max-Planck-Institut für Ausländisches und Internationales Strafrecht Besonderheiten des Frauenstrafvollzugs • §§76-79 Schwangerschaft und Geburt • §80 Mütter mit Kindern: gemeinsame Unterbringung in einer JVA – – – – • Kind ist noch nicht schulpflichtig Zustimmung des Inhabers des Aufenthaltsbestimmungsrechts Kindeswohl Anhörung des Jugendamts §142: Schaffung von Einrichtungen für Mütter mit Kindern – Bestimmungen des KJHG sind zu beachten – Vgl. §§ 45 ff KJHG » Erlaubnispflicht und Mitteilungspflichten Max-Planck-Institut für Ausländisches und Internationales Strafrecht Mutter-Kind-Abteilung in Schwäbisch Gmünd • • • In Baden Württemberg verfügt die Justizvollzugsanstalt Schwäbisch Gmünd verfügt über eine Mutter-Kind-Abteilung, die 1998 in Betrieb genommen wurde. Bereits bei der architektonischen Planung wurde die besondere Zielsetzung der Mutter-Kind-Abteilung ist es, • die Trennung von Mutter und Kind während der Inhaftierung zu verhindern, um für das Kind eine Fremdunterbringung und daraus resultierende mögliche Entwicklungsstörungen zu vermeiden (Kindeswohl), • den Müttern soziales Lernen zu ermöglichen und ihnen Techniken zur Bewältigung von Alltagsaufgaben zu vermitteln, damit sie nach ihrer Entlassung ihre Lebenssituation besser gestalten und Fehlentwicklungen ihrer Kinder vermeiden können. Die Einrichtung hat Platz für 12 Mütter mit Kindern bis zum Alter von drei Jahren. Max-Planck-Institut für Ausländisches und Internationales Strafrecht Schadensersatzansprüche von Gefangenen • • • • Ansprüche des Gefangenen auf Schadensersatz wegen rechtswidriger Handlungen von Vollzugsbeamten können sich ergeben aus Art. 34 GG i.V. mit §839 BGB (Amtshaftungsansprüche) Entschädigung aus Aufopferungsgrundsätzen sowie Ausgleichsansprüche nach Enteignungsmaßstäben Aufopferungsanspruch bei von Mitgefangenen verursachten Verletzungen wird bislang abgelehnt (BGHZ 17, S. 172; 60, S. 302) Jedoch kann eine Entschädigung nach dem Opferentschädigungsgesetz (vom 16.5.1976) in Betracht kommen Max-Planck-Institut für Ausländisches und Internationales Strafrecht Sicherheit und Ordnung im Strafvollzug • §§82ff legen die Eingriffsbefugnisse der Vollzugsbehörde fest – Verhaltensvorschriften (§§82, 83, insbesondere die Beachtung der Hausordnung; Rücksichtnahme gegenüber Bediensteten und Mitgefangenen; Verbot der Störung des Zusammenlebens; Befolgung der Anordnungen des Personals) – Sicherungsmaßnahmen (§§84ff) – Anwendung unmittelbaren Zwangs (§§94ff), – Disziplinarmaßnahmen (§§102ff) – Ersatzansprüche (§93). Max-Planck-Institut für Ausländisches und Internationales Strafrecht Allgemeine Grundsätze • Allgemeines Ziel ist die Resozialisierung • §81 I • Selbstverantwortungsprinzip • die Auferlegung von Pflichten und Zwangsmaßnahmen ist ultima ratio • Andere Maßnahmen (Gespräche etc.) gehen vor (Subsidiaritätsprinzip) • Bei der Anordnung von Zwangs-, Sicherungs- und Disziplinarmaßnahmen ist immer der Verhältnismäßigkeitsgrundsatz zu beachten (§81 II). Max-Planck-Institut für Ausländisches und Internationales Strafrecht Einordnung von „Sicherheit und Ordnung“ • §81: Verantwortungsbewußtsein des Gefangenen für ein geordnetes Zusammenleben soll geweckt und gefördert werden – Das Leben in der Anstalt soll durch Selbstverantwortung und nicht durch Zwang geprägt sein » Behandlungsgrundsatz » Angleichungsgrundsatz – Subsidiarität von Zwangsmaßnahmen Max-Planck-Institut für Ausländisches und Internationales Strafrecht Begriff der Sicherheit und Ordnung • Sicherheit – Innere und „äußere“ Sicherheit » Abwendung von konkreten Gefahren für Personen und Sachen in der Anstalt » Sicherung des Gewahrsams am Gefangenen vor Eingriffen von außen und von innen • Ordnung – Geordnetes Zusammenleben in der Strafvollzugsanstalt Max-Planck-Institut für Ausländisches und Internationales Strafrecht Aufrechterhaltung der Sicherheit und Ordnung • Im Strafvollzugsgesetz festgelegte Pflichten des Gefangenen » Verhaltensvorschriften der §§82, 83 • Hausordnung §161: » Erlass durch Anstaltsleiter und Zustimmung durch Aufsichtsbehörde » §161II Regelungsinhalte Max-Planck-Institut für Ausländisches und Internationales Strafrecht Verhältnismäßigkeitsgrundsatz • Angemessenheit des Mittels im Verhältnis zum Anlass der Maßnahme • Erforderlichkeit im Verhältnis zum erwünschten Erfolg Max-Planck-Institut für Ausländisches und Internationales Strafrecht Verhaltenspflichten §82 • Befolgung der Tageseinteilung • Keine Störung des geordneten Zusammenlebens • Befolgung der Anordnungen der Vollzugsbediensteten • Verbleib in den zugewiesenen Bereichen • Ordnung im Haftraum • Schonende Behandlung von überlassenen Sachen • Meldung von Gefahren für Leben oder Gesundheit von Personen Max-Planck-Institut für Ausländisches und Internationales Strafrecht Verhaltensvorschriften §83 • Gewahrsam an Sachen nur mit Zustimmung der Vollzugsbehörde (Annahme) – Abgabe von Sachen wird hierdurch nicht erfasst • Ausnahme: Annahme von Sachen von geringem Wert von Mitgefangenen – Maßstab: Einkommen in JVAs • Kein allgemeines Verbot von Handel oder Tausch, jedoch Zustimmungsbedürftigkeit Max-Planck-Institut für Ausländisches und Internationales Strafrecht Sicherungsmaßnahmen • Unterscheidung von • Allgemeinen Sicherungsmaßnahmen (§§84-87) • und besonderen (§§88-92) Sicherungsmaßnahmen • Allgemeine Sicherungsmaßnahmen sind unabhängig von einer konkreten Gefahr (die bei der Anordnung besonderer Sicherungsmaßnahmen immer vorliegen muss, beispw. Fluchtgefahr oder die Gefahr der Gewalttätigkeit) Max-Planck-Institut für Ausländisches und Internationales Strafrecht Durchsuchung • §84 – Durchsuchung von Person, Sachen und Haftraum – Ermessensnorm – Erfasst sind Routinedurchsuchungen und Einzeldurchsuchungen aus konkretem Anlass – Beschränkt auf Anstaltsbereich • • • Durchsuchung nach Abs. I: Abtasten oder Untersuchung mittels elektronischer Geräte Durchsuchung nach Abs. II: körperliche Untersuchung, die mit Entkleidung verbunden sein kann (Einzelanordnung durch Anstaltsleiter; jedoch kein körperlicher Eingriff) Abs. 3: Allgemeine Anordnung des Anstaltsleiters einer Untersuchung nach Abs. 2 Max-Planck-Institut für Ausländisches und Internationales Strafrecht Sichere Unterbringung • §85: Verlegung des Gefangenen aus Sicherheitsgründen • Spezielle Regelung zur allgemeinen Verlegungsvorschrift des § 8 • Gründe: Fluchtgefahr oder Gefahr für Sicherheit oder Ordnung der weniger gesicherten Anstalt Max-Planck-Institut für Ausländisches und Internationales Strafrecht Schadensersatzansprüche von Gefangenen • • • • • Ansprüche des Gefangenen auf Schadensersatz wegen rechtswidriger Handlungen von Vollzugsbeamten können sich ergeben aus Art. 34 GG i. V. mit §839 BGB (Amtshaftungsansprüche) • Vgl. Schadensersatzansprüche wegen zu geringen Rauminhalts der Haftzelle Links\Ein Gefangener wird zu einem anderen Gefangenen in die Zelle verlegt.doc Entschädigung aus Aufopferungsgrundsätzen sowie Ausgleichsansprüche nach Enteignungsmaßstäben Aufopferungsanspruch bei von Mitgefangenen verursachten Verletzungen wird bislang abgelehnt (BGHZ 17, S. 172; 60, S. 302) Jedoch kann eine Entschädigung nach dem Opferentschädigungsgesetz (vom 16.5.1976) in Betracht kommen Max-Planck-Institut für Ausländisches und Internationales Strafrecht Sicherheit und Ordnung im Strafvollzug • §§81ff legen die Eingriffsbefugnisse der Vollzugsbehörde fest – Verhaltensvorschriften (§§82, 83, insbesondere die Beachtung der Hausordnung; Rücksichtnahme gegenüber Bediensteten und Mitgefangenen; Verbot der Störung des Zusammenlebens; Befolgung der Anordnungen des Personals) – Sicherungsmaßnahmen (§§84ff) – Anwendung unmittelbaren Zwangs (§§94ff), – Disziplinarmaßnahmen (§§102ff) – Ersatzansprüche (§93). Max-Planck-Institut für Ausländisches und Internationales Strafrecht Allgemeine Grundsätze • Allgemeines Ziel ist die Resozialisierung • §81 I • Selbstverantwortungsprinzip • die Auferlegung von Pflichten und Zwangsmaßnahmen ist ultima ratio • Andere Maßnahmen (Gespräche etc.) gehen vor (Subsidiaritätsprinzip) • Bei der Anordnung von Zwangs-, Sicherungs- und Disziplinarmaßnahmen ist immer der Verhältnismäßigkeitsgrundsatz zu beachten (§81 II). Max-Planck-Institut für Ausländisches und Internationales Strafrecht Einordnung von „Sicherheit und Ordnung“ • §81: Verantwortungsbewusstsein des Gefangenen für ein geordnetes Zusammenleben soll geweckt und gefördert werden – Das Leben in der Anstalt soll durch Selbstverantwortung und nicht durch Zwang geprägt sein » Behandlungsgrundsatz » Angleichungsgrundsatz – Subsidiarität von Zwangsmaßnahmen Max-Planck-Institut für Ausländisches und Internationales Strafrecht Begriff der Sicherheit und Ordnung • Sicherheit – Innere und „äußere“ Sicherheit » Abwendung von konkreten Gefahren für Personen und Sachen in der Anstalt » Sicherung des Gewahrsams am Gefangenen vor Eingriffen von außen und von innen • Ordnung – Geordnetes Zusammenleben in der Strafvollzugsanstalt Max-Planck-Institut für Ausländisches und Internationales Strafrecht Aufrechterhaltung der Sicherheit und Ordnung • Im Strafvollzugsgesetz festgelegte Pflichten des Gefangenen » Verhaltensvorschriften der §§82, 83 • Hausordnung §161: » Erlass durch Anstaltsleiter und Zustimmung durch Aufsichtsbehörde » §161II RegelungsinhalteLinks\161.doc Max-Planck-Institut für Ausländisches und Internationales Strafrecht Verhältnismäßigkeitsgrundsatz • Angemessenheit des Mittels im Verhältnis zum Anlass der Maßnahme • Erforderlichkeit im Verhältnis zum erwünschten Erfolg Max-Planck-Institut für Ausländisches und Internationales Strafrecht Verhaltenspflichten §82 • Befolgung der Tageseinteilung • Keine Störung des geordneten Zusammenlebens • Befolgung der Anordnungen der Vollzugsbediensteten • Verbleib in den zugewiesenen Bereichen • Ordnung im Haftraum • Schonende Behandlung von überlassenen Sachen • Meldung von Gefahren für Leben oder Gesundheit von Personen Max-Planck-Institut für Ausländisches und Internationales Strafrecht Verhaltensvorschriften §83 • Gewahrsam an Sachen nur mit Zustimmung der Vollzugsbehörde (Annahme) – Abgabe von Sachen wird hierdurch nicht erfasst • Ausnahme: Annahme von Sachen von geringem Wert von Mitgefangenen – Maßstab: Einkommen in JVAs • Kein allgemeines Verbot von Handel oder Tausch, jedoch Zustimmungsbedürftigkeit Max-Planck-Institut für Ausländisches und Internationales Strafrecht Sicherungsmaßnahmen • Unterscheidung von • Allgemeinen Sicherungsmaßnahmen (§§84-87) • und besonderen (§§88-92) Sicherungsmaßnahmen • Allgemeine Sicherungsmaßnahmen sind unabhängig von einer konkreten Gefahr (die bei der Anordnung besonderer Sicherungsmaßnahmen immer vorliegen muss, beispw. Fluchtgefahr oder die Gefahr der Gewalttätigkeit) Max-Planck-Institut für Ausländisches und Internationales Strafrecht Durchsuchung • §84 – Durchsuchung von Person, Sachen und Haftraum – Ermessensnorm – Erfasst sind Routinedurchsuchungen und Einzeldurchsuchungen aus konkretem Anlass – Beschränkt auf Anstaltsbereich • • • Durchsuchung nach Abs. I: Abtasten oder Untersuchung mittels elektronischer Geräte Durchsuchung nach Abs. II: körperliche Untersuchung, die mit Entkleidung verbunden sein kann (Einzelanordnung durch Anstaltsleiter; jedoch kein körperlicher Eingriff) Abs. 3: Allgemeine Anordnung des Anstaltsleiters einer Untersuchung nach Abs. 2 Max-Planck-Institut für Ausländisches und Internationales Strafrecht Sichere Unterbringung • §85: Verlegung des Gefangenen aus Sicherheitsgründen – Links\Mit Bescheid vom 22.doc – Links\BVerfG 2 BvR 1651.doc • Spezielle Regelung zur allgemeinen Verlegungsvorschrift des § 8 • Gründe: Fluchtgefahr oder Gefahr für Sicherheit oder Ordnung der weniger gesicherten Anstalt Max-Planck-Institut für Ausländisches und Internationales Strafrecht Erkennungsdienstliche Maßnahmen • §86 – – – – Finger- und Handflächenabdrücke Lichtbilder Feststellung äußerlicher körperlicher Merkmale (beispw. Tätowierung) Messungen (Größe) – Ferner DNA Identitätsfeststellungsgesetz vom 7.9.1998 sowie Gesetz zur Novellierung der forensischen DNA-Analyse vom 12. August 2005 – §81g für Tatverdächtige und für Verurteilte (Strafgefangene) – Erhebliche Straftat, insb. Verbrechen, Sexualstraftat, gefährliche Körperverletzung, Schwerer Diebstahl etc. und Grund zur Annahme, dass erneut Strafverfahren wegen derartiger Straftaten in der Zukunft zu führen sind Links\81g.doc Max-Planck-Institut für Ausländisches und Internationales Strafrecht Voraussetzungen erkennungsdienstlicher Maßnahmen • Sicherung des Vollzugs – Erleichterung der Fahndung nach Gefangenen und der Wiederergreifung flüchtiger Gefangener • §86 II Erkennungsdienstliche Informationen werden zu den Gefangenenpersonalakten genommen • Abgabe an Polizei im Ermessen der Vollzugsbehörde • §86 III Erkennungsdienstliche Informationen sind nach Entlassung und Abschluss der Vollstreckung auf Verlangen zu vernichten Max-Planck-Institut für Ausländisches und Internationales Strafrecht Festnahmerecht • §87 – Bei Entweichung Festnahmerecht » Unmittelbarer Bezug zum Vollzug notwendig (Nacheilegedanke) » Der Vollzugsbehörde » Polizei (auf ihre Veranlassung) – Kein Vollstreckungshaftbefehl (§457 II) notwendig – §87 II nach §86 oder §179 erhobene Daten dürfen zum Zwecke der Fahndung und Festnahme an Vollstreckungsund Strafverfolgungsbehörden übermittelt werden Max-Planck-Institut für Ausländisches und Internationales Strafrecht Besondere Sicherungsmaßnahmen • §88 – – – – – – – Entzug oder Vorenthaltung von Gegenständen Beobachtung bei Nacht Absonderung von anderen Gefangenen Entzug oder Beschränkung des Aufenthalts im Freien Unterbringung in einem besonders gesicherten Haftraum Fesselung Links\88 StVollZG.doc Max-Planck-Institut für Ausländisches und Internationales Strafrecht Allgemeine Voraussetzungen • Ermessensvorschrift „können angeordnet werden“ • Verhalten oder seelischer Zustand indizieren – Erhöhte Gefahr – Konkrete und vom Gefangenen ausgehende Gefahr, Bloßer Verdacht oder Befürchtungen reichen nicht aus » Flucht » Gewalttätigkeiten gegen Personen und Sachen » Selbstmord oder Selbstverletzung – Verhältnismäßigkeit Max-Planck-Institut für Ausländisches und Internationales Strafrecht §88 III, IV • Besonderer Eingriffstatbestand für Entzug von Gegenständen, Absonderung, besonders gesicherten Haftraum und Entzug des Aufenthalts im Freien • Gefahr muss hier nicht vom Gefangenen ausgehen (beispw. Schutz vor anderen Gefangenen) • Fesselung bei Ausführung, Transport etc. auch bei anders begründeter Fluchtgefahr Max-Planck-Institut für Ausländisches und Internationales Strafrecht §88 V • Besondere Ausprägung des Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes (§81 II) • Nur für aktuelle und zeitlich begrenzte Gefahrensituation • Keine Disziplinar- oder Dauermaßnahme • Im Falle einer Dauergefahr §85 Max-Planck-Institut für Ausländisches und Internationales Strafrecht Einzelhaft • §89 – – – – – – Definition: unausgesetzte Absonderung eines Gefangenen Ausnahme von §17 (gemeinsame Unterbringung) Nur aus Gründen, die in der Person des Gefangenen liegen Gründe des §88 I Grundsätzlich zeitlich nicht begrenzt Bei Fortdauer über drei Monate hinaus Zustimmung der Aufsichtsbehörde • Problem der Isolationshaft: Reduktion von Umweltreizen, sensorische Deprivation Max-Planck-Institut für Ausländisches und Internationales Strafrecht Fesselung • §90 – Regel: Hand- und Fussfessel – Andere Fesselungsarten nur im Interesse des Gefangenen » Zwangsjacke, Fixierung mit Gurten Max-Planck-Institut für Ausländisches und Internationales Strafrecht Anordnung besonderer Sicherungsmaßnahmen • Anordnung durch den Anstaltsleiter • Ausnahme: Gefahr im Verzug • Unverzügliche Bestätigung durch Anstaltsleiter • Anhörung des Arztes im Falle ärztlicher Behandlung oder wenn Anlass „seelischer Zustand“ Max-Planck-Institut für Ausländisches und Internationales Strafrecht Ärztliche Überwachung • §92 • Bei Fesselung oder besonders gesichertem Haftraum • Tägliche Visite des Arztes Max-Planck-Institut für Ausländisches und Internationales Strafrecht Sicherungsmaßnahmenfall • Ein Gefangener verbüsst nach einem Banküberfall eine mehrjährige Freiheitsstrafe wegen räuberischer Erpressung. Aufgrund der bestehenden Gefahr, der Gefangene werde sich durch eine Geiselnahme aus der Haftanstalt freipressen, hat die Vollzugsanstalt bei ihm besondere Sicherungsmaßnahmen angeordnet. Unter anderem hat sie festgelegt, dass der Gefangene von seinem Verteidiger nur im Trennscheibenraum besucht werden darf. Max-Planck-Institut für Ausländisches und Internationales Strafrecht • BGH 5 ARs (Vollz) 78/03 - Beschluss vom 3. Februar 2004 (OLG Karlsruhe) • Die Vollzugsbehörde darf die Anordnung eines Trennscheibeneinsatzes bei einem Verteidigerbesuch auf § 4 Abs. 2 Satz 2 StVollzG stützen, um der konkreten, anderweitig nicht ausschließbaren Gefahr zu begegnen, dass ein Strafgefangener seinen Verteidiger zur Freipressung als Geisel nimmt (Abgrenzung zu BGHSt 30, 38) • Vgl. auch BVerfGE 89, 315 Max-Planck-Institut für Ausländisches und Internationales Strafrecht Unmittelbarer Zwang • §94 • Unmittelbarer Zwang darf angewendet werden in den folgenden Fällen » Rechtmäßige Durchführung von Vollzugs- und Sicherungsmaßnahmen » Erforderlichkeit » Gegen Gefangene » Gegen Außenstehende nur bei Befreiungsversuch oder Hausfriedensbruch Max-Planck-Institut für Ausländisches und Internationales Strafrecht Definition unmittelbaren Zwangs • §95 • Einwirkung auf Personen oder Sachen durch – Körperliche Gewalt – Hilfsmittel körperlicher Gewalt – Waffen • Körperliche Gewalt: unmittelbare körperliche Einwirkung • Hilfsmittel: insb. Fesseln • Waffen: Hieb- und Schusswaffen, Reizstoffe Max-Planck-Institut für Ausländisches und Internationales Strafrecht Verhältnismäßigkeit • §96 • Besonderer Hinweis auf den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit Max-Planck-Institut für Ausländisches und Internationales Strafrecht Handeln auf Befehl • §97 • Verpflichtung zur Anwendung unmittelbaren Zwangs auf Anordnung • Ausnahme: Verletzung der Menschenwürde, nicht zu dienstlichen Zwecken erteilt • Ausnahme: Ausführung stellt Straftat dar Max-Planck-Institut für Ausländisches und Internationales Strafrecht Anderes zum Unmittelbaren Zwang • §98 Androhung • • • §§99, 100: Besondere Regeln für Schusswaffengebrauch Links\99.doc Links\100.doc • Basic Principles on the Use of Force and Firearms by Law Enforcement Officials Adopted by the Eighth United Nations Congress on the Prevention of Crime and the Treatment of Offenders, Havana, Cuba, 27 August to 7 September 1990 Max-Planck-Institut für Ausländisches und Internationales Strafrecht Disziplinarmaßnahmen • §102ff • Voraussetzungen §102: – Pflichtenverstoss – Schuldhaft – Ermessen • §102 II: keine Disziplinarmaßnahme, wenn Verwarnung ausreicht Max-Planck-Institut für Ausländisches und Internationales Strafrecht Disziplinarmaßnahmen und Straftaten • Eine Straftat muss nicht unbedingt disziplinarrechtliche Konsequenzen haben – Störung des geordneten Zusammenlebens erforderlich • Besondere Probleme – Beleidigungen – Flucht, Selbstbefreiung » Differenzierungsprinzip » Geschlossener Vollzug: keine Pflicht, im Anstaltsbereich zu bleiben » Offener Vollzug, Vollzugslockerungen begründen eine Pflicht des Gefangenen und damit die Grundlage für disziplinarrechtliche Maßnahmen Max-Planck-Institut für Ausländisches und Internationales Strafrecht Doppelbestrafung? • Verbot der Doppelbestrafung Art. 103 II Grundgesetz • Aber §102 III und herrschende Meinung: – Disziplinarmaßnahmen sind keine Strafe im Sinne des Art. 103 II GG – Allerdings müssen Disziplinarmaßnahmen im Strafverfahren berücksichtigt werden (§153 StPO, §46 StGB) Max-Planck-Institut für Ausländisches und Internationales Strafrecht Disziplinarstrafen • §103 • Verweis • Beschränkung Hausgeld und Einkauf • Beschränkung Lesen (2 Wochen), Rundfunkempfang (3 Monate) • Beschränkung Freizeitgegenstände und der Teilnahme an Gemeinschaftsveranstaltungen (3 Monate) • Getrennte Unterbringung (4 Wochen • Entzug der Arbeit (4 Wochen) • Beschränkung des Verkehrs mit Personen außerhalb der Anstalt (3 Monate) • Arrest (4 Wochen) Max-Planck-Institut für Ausländisches und Internationales Strafrecht Disziplinarmaßnahmen • Allgemeine Maßnahmen Nr. 1 und Nr. 2 • Besondere Sanktionen Nr. 3 – Nr. 8: – §103 IV: innerer Zusammenhang gefordert • Qualifizierte Sanktion: Arrest – §103 II nur bei schwerer oder wiederholter Verfehlung Max-Planck-Institut für Ausländisches und Internationales Strafrecht Grundsätze des Disziplinarrechts • §104 • Sofortige Vollstreckung – Abschreckung – Aussetzbarkeit zur Bewährung (§104 II), auch teilweise (Bewährungszeit bis zu 6 Monate) Max-Planck-Institut für Ausländisches und Internationales Strafrecht Arrest • §104 V • Einzelhaft • Unausgesetzte Absonderung eines Gefangenen (§89 I) • Entweder besonderer Arrestraum oder eigene Zelle • Ruhen der Befugnisse aus §§19, 20, 22, 37, 38, 6870 • Allerdings flexible Ausgestaltung Max-Planck-Institut für Ausländisches und Internationales Strafrecht Disziplinarbefugnis • §105 • Anordnungsbefugnis steht dem Anstaltsleiter zu • Bei Disziplinarvergehen gegen Anstaltsleiter entscheidet die Aufsichtsbehörde (Befangenheit) Max-Planck-Institut für Ausländisches und Internationales Strafrecht Disziplinarverfahren • §106 • Mindesterfordernisse des Verfahrens • 1. Klärung des Sachverhalts (Inquisitionsmaxime) • 2. Anhörung des Gefangenen • 3. Protokoll samt Vermerk der Einlassung des Gefangenen • 4. Bei schweren Verstößen Konferenz • 5. ggfs. Anhörung des Arztes • 6. Mündliche Mitteilung und schriftliche Abfassung Max-Planck-Institut für Ausländisches und Internationales Strafrecht Rechtsbehelfe • Allgemeine Rechtsschutz- und Rechtsweggarantie des Art. 19 IV GG (Recht auf effektiven Rechtsschutz) • Vollzugsinterne und externe Kontrollen von belastenden Entscheidungen • Vollzugsinterne Kontrollen • Beschwerderecht §108 I • der Gefangene kann sich an Vertreter der Aufsichtsbehörde wenden (§108 II) • Dienstaufsichtsbeschwerde (§108 III) • Beschwerde an den Anstaltsbeirat (§164 I) Max-Planck-Institut für Ausländisches und Internationales Strafrecht Voraussetzungen effektiven Rechtsschutzes • Akteneinsichtsrecht §185 • Auskunftsrecht • Soweit Auskunftsrecht nicht ausreicht, Akteneinsichtsrecht • Entscheidung innerhalb angemessener Frist • Missbrauchsverbot Max-Planck-Institut für Ausländisches und Internationales Strafrecht Externe Kontrolle • Externe Kontrollen vollzugsrechtlicher Entscheidungen werden durch §109 eröffnet • §109 konkretisiert den grundrechtlich (Art 19 IV GG) verbürgten gerichtlichen Rechtsschutz • Zuständigkeit der Strafvollstreckungskammer Max-Planck-Institut für Ausländisches und Internationales Strafrecht §§109 ff • Geltung nur für den Strafvollzug – Strafvollstreckungsentscheidungen (StPO) • Für Jugendstrafe, Jugendarrest und Untersuchungshaft – §23 I, 2 EGGVG Zuständigkeit des OLGLinks\EG GVG.doc • Bei Untersuchungshaft Unterscheidung zwischen – Haftbeschränkungen (§§126, 304 StPO) – Maßnahmen des Vollzugs (§23 EGGVG) Max-Planck-Institut für Ausländisches und Internationales Strafrecht Weiterer Rechtsschutz • Nach Erschöpfung des Rechtswegs Verfassungsbeschwerde (Art. 93 I, Nr. 4a GG) • Nach Erschöpfung des nationalen Rechtswegs Beschwerde beim Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte einzureichen (Art. 25, 26 EMRK). • Petition • Gnadenverfahren Max-Planck-Institut für Ausländisches und Internationales Strafrecht Die Strafvollstreckungskammer • §§78a, b Gerichtsverfassungsgesetz • §78a GVG ZuständigkeitLinks\78a.doc • Die Strafvollstreckungskammern entscheiden in Form • einer kleinen (1 Richter) und • einer großen (3 Richter) Vollstreckungskammer • Große Strafvollstreckungskammer – zuständig für Entscheidungen nach §57a StGB sowie für die Entscheidung über die vorzeitige Entlassung aus der Maßregel der Sicherungsverwahrung und der Unterbringung in einer psychiatrischen AnstaltLinks\78b.doc Max-Planck-Institut für Ausländisches und Internationales Strafrecht Zuständigkeit • §§ 462a, 463 StPO • § 50 Abs. 5, §§ 109, 138 Abs. 3 StVollZG • §§ 50, 58 Abs. 2 und § 71 Abs. 4 IRG » Vollstreckbarkeit ausländischer Urteile » Vollstreckungs-Sicherungshaft Max-Planck-Institut für Ausländisches und Internationales Strafrecht Strafrestaussetzung und Verfahren • Sachverständiger ist heranzuziehen » §454 Abs. 2 StPO Lebenslange Freiheitsstrafe und zeitige Freiheitsstrafe > 2 Jahre wegen einer Straftat gem. §66 Abs. 3, 1 StGB » §463 Abs. 3 StPO: Entscheidungen gem. §67 d Abs. 3 StGB Max-Planck-Institut für Ausländisches und Internationales Strafrecht Antrag auf gerichtliche Entscheidung • §109 – Maßnahme auf dem Gebiet des Strafvollzugs – Einzelangelegenheit – Geltendmachung einer Rechtsverletzung Max-Planck-Institut für Ausländisches und Internationales Strafrecht Antrag • Anfechtungsklage • Feststellungs-/Unterlassungsklage • Verpflichtungsklage • Vornahmeklage Max-Planck-Institut für Ausländisches und Internationales Strafrecht Verfahrensbeteiligte • §111 • Antragsteller • Vollzugsbehörde Max-Planck-Institut für Ausländisches und Internationales Strafrecht Fristen • §112 • Zwei Wochen • Wiedereinsetzungsmöglichkeit Max-Planck-Institut für Ausländisches und Internationales Strafrecht Vornahmeklage • §113 Zulässigkeitsvoraussetzungen – Nach Ablauf von drei Monaten seit dem Antrag auf Vornahme Max-Planck-Institut für Ausländisches und Internationales Strafrecht Vorläufiger Rechtsschutz • §114 • Grundsatz: keine aufschiebende Wirkung • §114 II – Aussetzung des Vollzugs der angefochtenen Maßnahme » Rechtsvereitelung – Einstweilige Anordnung (§123 VwGO) Max-Planck-Institut für Ausländisches und Internationales Strafrecht Gerichtliche Entscheidung • §115 • Ohne mündliche Verhandlung (Anhörung sollte allerdings erfolgen • Beschluss • Verfügungsgrundsatz (Gericht ist an die Anträge der Parteien gebunden) • Untersuchungsgrundsatz (Freibeweisverfahren) • Anspruch auf rechtliches Gehör Max-Planck-Institut für Ausländisches und Internationales Strafrecht Entscheidungsinhalt • §115 II – Aufhebung einer rechtswidrigen Entscheidung • §115 III – Ggfs. Feststellung der Rechtswidrigkeit einer Maßnahme • §115 IV – Verpflichtung der Vornahme einer Maßnahme bei Entscheidungsreife, ansonsten Verpflichtung, die Rechtsauffassung des Gerichts zu beachten Max-Planck-Institut für Ausländisches und Internationales Strafrecht Beschwerde • §116 – Rechtsbeschwerde zum OLG Max-Planck-Institut für Ausländisches und Internationales Strafrecht Datenschutz im Strafvollzug • §§179ff • Auswirkung des Volkszählungsurteils des BVerfG • §179: Grundsätze – – – – Bereichsspezifische Regelung Zweckbindung Erhebung beim Betroffenen Unterrichtung • §184 Berichtigung, Löschung, Sperrung Max-Planck-Institut für Ausländisches und Internationales Strafrecht Vorzeitige Entlassung • Aussetzung eines Strafrestes zur Bewährung • §57 nach Verbüßung von zwei Dritteln der verhängten Freiheitsstrafe, unter besonderen Bedingungen bereits nach der Hälfte der verhängten Freiheitsstrafe • Bei lebenslanger Freiheitsstrafe §57a: Aussetzung nach 15 Jahren Strafverbüßung (allerdings Problematik der Feststellung besonders schwerer Schuld) Max-Planck-Institut für Ausländisches und Internationales Strafrecht Voraussetzungen • Zustimmung des Gefangenen • Prognose – bei lange andauerndem Freiheitsentzug kommt der Straftat, die Anlass für die Verurteilung war, nur noch eine „eingeschränkte Bedeutung“ zu, während demgegenüber das Vollzugsverhalten sowie die augenblicklichen Lebensverhältnisse des Verurteilten an Bedeutung gewinnen (BVerfG NStZ 2000, S. 109ff) • §57 II Aussetzung nach Verbüßung der Hälfte der Strafe erfordert besondere Umstände Max-Planck-Institut für Ausländisches und Internationales Strafrecht Verfahren • §454 StPO – Keine mündliche Verhandlung – Anhörung der Staatsanwaltschaft, des Verurteilten und der Vollzugsanstalt – §454 II: Einholung eines Gutachtens Max-Planck-Institut für Ausländisches und Internationales Strafrecht