Kein Folientitel - Max-Planck-Institut für ausländisches und

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Kein Folientitel - Max-Planck-Institut für ausländisches und
Strafvollzugsrecht
Max-Planck-Institut für
Ausländisches und Internationales
Strafrecht
Hinweise
• Materialen und anderes:
• Home page der Wahlfachgruppe 14
– www.iuscrim.mpg.de
– oder
– www.jura.uni-freiburg.de
Max-Planck-Institut für Ausländisches und
Internationales Strafrecht
Betonung des Rechts des
Strafvollzugs
• Die Entwicklung des Strafvollzugs ist gekennzeichnet von
• Der Pönologie als einer empirisch ausgerichteten
Betrachtung des Strafvollzugs und der Behandlung
der Strafvollzugsinsassen
• Hin zu einer Verrechtlichung des Strafvollzugs
• Ausdruck hiervon ist das Strafvollzugsgesetz
Max-Planck-Institut für Ausländisches und
Internationales Strafrecht
Begriff des Strafvollzugs
• Weite Auffassung: Vollzug aller Kriminalstrafen
• Enge Auffassung: Vollzug der freiheitsentziehenden
Strafen und Maßregeln
– Freiheitsstrafe
– Jugendstrafe
– Maßregeln der Besserung und Sicherung
Max-Planck-Institut für Ausländisches und
Internationales Strafrecht
Arten des Freiheitsentzugs
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Freiheitsstrafe (§ 38 StGB)
Jugendstrafe (§ 17 JGG)
Untersuchungshaft (§§112 ff StPO)
Maßregeln der Besserung und Sicherung §§63, 64, 66 StGB
Polizeihaft/-gewahrsam nach Landespolizeirecht zur Abwehr von
konkreten Gefahren
Abschiebehaft (Ausländergesetz)
Jugendarrest
Militärischer Arrest (Soldatengesetz)
Erzwingungshaft (vgl. beispw. §70 StPO)
(Geschlossene) Heimunterbringung (§12 JGG)
Max-Planck-Institut für Ausländisches und
Internationales Strafrecht
Das Strafvollzugsrecht im System
des Strafrechts
•
Das Strafvollzugsrecht schließt an
• An eine rechtskräftige Verurteilung zu Freiheitsstrafe oder
Maßregel der Besserung und Sicherung
• An eine Entscheidung der
» Strafvollstreckungsbehörde (Staatsanwaltschaft, § 451
StPO)
• Über die Vollstreckbarkeit sowie Zeit und Ort des Vollzugs der
Freiheitsstrafe/Maßregel
•
Die Vollstreckungsbehörde bleibt zuständig für bestimmte
Entscheidungen (beispw. Unterbrechung der Strafvollstreckung) §§
449 ff StPO
Max-Planck-Institut für Ausländisches und
Internationales Strafrecht
Internationales Strafvollzugsrecht
•
Das nationale Recht des Strafvollzugs ist eingebettet in ein System des
internationalen Strafvollzugsrechts
• Europäische Rechtshilfekonventionen zur Strafvollstreckung
und zum Strafvollzug
» Europäische Konvention über die Auslieferung (1957)
» Europäische Konvention über die Rechtshilfe in Strafsachen
(1959)
» Europäische Konvention über die Überwachung bedingt
entlassener Straftäter (1964)
» Europäische Konvention über die gegenseitige
Anerkennung von Strafurteilen (1970)
» Europäische Konvention über die Überstellung von
Verurteilten (zur Vollstreckung der Strafe) (1983).
Max-Planck-Institut für Ausländisches und
Internationales Strafrecht
Universal Declaration of Human
Rights 1948
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Art. 5
Niemand darf der Folter oder grausamer, unmenschlicher oder
erniedrigender Strafe unterworfen werden.
Art. 9
Niemand darf willkürlicher Festnahme, Freiheitsentziehung oder
Exilierung ausgesetzt werden.
Art. 11
(1) Unschuldsvermutung.
(2) Nulla Poena sine culpa und Rückwirkungsverbot (Strafverschärfung)
•
•
Erstes universelles Verbot der Folter und der grausamen … Strafe
Resolution, keine rechtliche Verbindlichkeit
•
•
Max-Planck-Institut für Ausländisches und
Internationales Strafrecht
Pakt über Bürgerliche und
Politische Rechte
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International Covenant on Civil and Political Rights (vom 16. 12. 1966)
Art. 7
Niemand darf der Folter oder grausamer, unmenschlicher oder
erniedrigender Strafe unterworfen werden.
Erstmals notstandssicher und völkerrechtlich verbindlich
Art. 8
3. (a) Zwangsarbeit ist unzulässig. Ausnahme: Arbeit während eines
richterlich angeordneten Freiheitsentzugs.
Art. 9
1. Recht auf Freiheit und Sicherheit. Niemand darf willkürlichem Arrest
(Verhaftung) oder Freiheitsentzug ausgesetzt werden.
Art. 10
1. Jeder Gefangene muss menschlich (human) und dem Grundsatz der
Menschenwürde entsprechend behandelt werden.
Max-Planck-Institut für Ausländisches und
Internationales Strafrecht
UN Konvention gegen Folter und andere
grausame, unmenschliche oder
erniedrigende Behandlung oder Strafe
•
10. Dezember 1984
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•
Bedingungsloses Verbot der Folter
Definition: Art. 1
the term "torture" means any act by which severe pain or suffering, whether
physical or mental, is intentionally inflicted on a person for such purposes
as obtaining from him or a third person information or a confession,
punishing him for an act he or a third person has committed or is suspected
of having committed, or intimidating or coercing him or a third person, or
for any reason based on discrimination of any kind, when such pain or
suffering is inflicted by or at the instigation of or with the consent or
acquiescence of a public official or other person acting in an official
capacity. It does not include pain or suffering arising only from, inherent in
or incidental to lawful sanctions.
Max-Planck-Institut für Ausländisches und
Internationales Strafrecht
Internationales Strafvollzugsrecht
• UN-Mindeststandards für die Behandlung von
Strafgefangenen (Resolution 663 C I (XXIV) vom
31.7.1957)
• Europäische Strafvollzugsgrundsätze (Europarat
Recommendation No. R(87)3, vom 12.2. 1987)
• Soft Law: Nicht verbindlich, aber Auslegungsregeln
beispw. für Europäische Menschenrechtskonvention sowie
nationale Grundrechte
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Durchsetzung
menschenrechtlicher Standards
•
International Covenant
– Human Rights Committee (HRC)
» Staatenberichtsverfahren
» Fakultatives Staatenbeschwerdeverfahren
» Individualbeschwerdeverfahren
•
UN Sonderberichterstatter über Folter
– Untersuchung von Einzelfällen
– Urgent appeals
– Jahresberichte
•
Committee against Torture (CAT)
–
–
–
–
•
Staatenberichtsverfahren
Untersuchungsverfahren
Staatenbeschwerdeverfahren
Individualbeschwerdeverfahren
European Committee against Torture
– Besuchsverfahren
– Landesberichte
– Jahresberichte
Max-Planck-Institut für Ausländisches und
Internationales Strafrecht
Internationales Strafvollzugsrecht
Europäische
Menschenrechtskonvention
• Art 3 EMRK: Verbot der grausamen und unmenschlichen
Strafe
• Art. 5 Recht auf persönliche Freiheit
• Art. 8 Recht auf Achtung des Privat- und Familienlebens
(garantiert Kontakte des Gefangenen mit der Außenwelt)
• Art. 25: Individualbeschwerde zum Europäischen
Gerichtshof für Menschenrechte (nach Erschöpfung des
nationalen Rechtswegs)
Max-Planck-Institut für Ausländisches und
Internationales Strafrecht
Internationales Strafvollzugsrecht
Europäische Anti-Folterkonvention
•
•
•
•
•
Zielsetzung
• Prävention von Folter, unmenschlicher und erniedrigender Behandlung von Personen in
Freiheitsentzug
Anti-Folter-Kommission
• Recht auf Zutritt zu allen durch die Konvention erfassten Einrichtungen
freiheitsentziehender Art (Strafvollzugsanstalten, Psychiatrische Einrichtungen,
Polizeigewahrsam etc.)
• Recht, ohne Einschränkungen mit Insassen zu sprechen
Aufgabe
• Feststellung der tatsächlichen Situation auf dem Gebiete der Freiheitsentziehung
• Dokumentation der Feststellungen
• Empfehlungen an Regierungen
Prüfungsmaßstäbe
• Art. 3 EMRK
• Europäische Strafvollzugsgrundsätze
Die Aufgabe besteht nicht in der Rechtsanwendung, also in Überprüfung von Einzelfällen und der
Feststellung von Menschenrechtsverletzungen im Einzelfall.
Max-Planck-Institut für Ausländisches und
Internationales Strafrecht
Die Geschichte des Strafvollzugs
und der Freiheitsstrafe
• Freiheitsentzug als Sicherungs-, Zwangs-, und
Vollstreckungshaft
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Internationales Strafrecht
Gefängnisse
•
Die Türme der mittelalterlichen
Stadtmauer dienten nicht nur der
Verteidigung der Stadt, sondern auch
der Aufbewahrung von Gefangenen
bis zur Gerichtsverhandlung bzw.
Hinrichtung. Die Gefangenen waren
dabei im tür- und fensterlosen
untersten Stockwerk (Erdgeschoß
bzw. Keller) der Türme untergebracht.
Das Verlies war nur von oben durch
ein Loch in der Decke (Angstloch)
zugänglich, durch das die Gefangenen
hinabgelassen wurden.
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Internationales Strafrecht
Arbeitsstrafen
• Seit dem 15. Jahrhundert
• Festungsbaugefangenschaft
• Galeerenstrafe
• Inhalt der Strafe ist allerdings eher Zwangsarbeit und nicht
Freiheitsentziehung
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Internationales Strafrecht
Hospitäler, Arbeits- und
Erziehungshäuser
• 1555 Bridewell/England Errichtung einer Arbeitsanstalt
für Vagabunden und Bettler
• Vorbild: mittelalterliches Spital als umfassende
Sozialanstalt für Bedürftige, Waisen, Kranke und
Geisteskranke
• Einrichtung von Zuchthäusern: Amsterdamer
Männerzuchthaus 1595; Nürnberger Spinnhaus 1588
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Internationales Strafrecht
Insassen der Zuchthäuser
Hausordnung des Zuchthauses Hamburg (1615)
„die Armen und Notdürftigen, die ihre Kost nicht verdienen können,
weil sie keine Mittel noch Wege dafür haben, oder aber wegen ihres
faulen Fleisches nichts thun, sondern gehen lieber betteln; dann die
Züchtlinge, welche von selber nichts Gutes thun wollen, Gottes und
sein heiliges Wort mißbrauchen, in allerlei Unzucht, Diebstahl, in
Fressen und Saufen, in Summa in allerlei Sünd und Schank wie das
wilde Vieh dahin lebet, wo ihnen bei Zeiten nicht geholfen würde,
einem anderen gar in die Hände kommen und geraten möchten“.
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Internationales Strafrecht
Das Zuchthaus
• Besserung durch Arbeit und Bibelunterricht
• Calvinistische Ethik
• Allerdings nicht primär für Straftäter, sondern für
Erziehung zur Arbeit
• Im Laufe der Zeit häufigere Einweisung von Straftätern
• Bedeutungswandel
– Abschreckung
– Entwicklung hin zur schwereren Form der
Freiheitsentziehung (Zuchthausstrafe)
• Merkantilismus und Zuchthausinsassen als billige
Arbeitskräfte
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Internationales Strafrecht
Gefängnisreformbewegungen
• Beginnt im 18. Jahrhundert: Howard (englischer
Gefängnisreformer, empirische Bestandsaufnahmen der
europäischen Gefängnisse und Zuchthäuser)
• Amerikanische Reformbewegung
• Das System Philadephia (Quäker) 1790 erste
Vollzugsanstalt
»
»
»
»
Strenge Einzelhaft
Bibelunterricht und Arbeit
Stufenstrafvollzug
Partiell „Schweigesystem“
Max-Planck-Institut für Ausländisches und
Internationales Strafrecht
Gefängnisreformen in
Deutschland
• Ausgangspunkt: Allgemeines Preussisches Landrecht und
weitgehende Ersetzung der Körper- und Lebensstrafen
durch Freiheitsstrafe
• Überfüllung der vorhandenen Gefängnisse
• 1804: Generalplan zur Verbesserung des Kriminal- und
Gefängnissystems
• 19. Jahrhundert: Debatten über Gefängnissysteme
• Besondere Bedeutung: Pennsylvanisches
Gefängnissystem im Hinblick auf Organisation,
Ziele und Architektur
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Internationales Strafrecht
Panopticon
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Internationales Strafrecht
Reichsstrafgesetzbuch 1871
• Generalprävention und Abschreckung
• Verdrängung des Besserungszweckes
• 1882 Programm von Franz von Liszt
– Spezialprävention und Behandlung
– Abschaffung der kurzen Freiheitsstrafe
– Verwahrung der Besserungsunfähigen
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Internationales Strafrecht
Entwicklung eines gesonderten
Jugendstrafrechts und
Jugendstrafvollzugs
• 1911: erstes Jugendgefängnis in Wittlich
• 1923: Jugendgerichtsgesetz
– Betonung von Spezialprävention und Erziehung
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Reichsratsgrundsätze
•
1923
•
Inhalt
• Beseitigung abschreckender und vergeltender Strafvollziehung
• Abschaffung von Dunkelhaft und Schlägen als
Disziplinierungsmittel
• Besserungsgedanke und individuelle Gefangenenbehandlung
• Strafvollzug in Stufen
– Klassifizierung der Gefangenen
– zunächst strengste Abteilung mit dem höchsten Sicherheitsgrad
– Verlegung in Abteilung mit mehr Vergünstigungen bzw. weniger
Sicherheitsvorkehrungen
– zum Ende der Haftzeit offener Vollzug.
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Gefängnisse im Faschismus
• Der Strafvollzug der Zeit von 1933-1945 ist an Sicherung
und Abschreckung orientiert
• Parallelentwicklung eines Systems von
Konzentrationslagern
• Verordnung des Reichspräsidenten zum Schutze von Volk
und Staat vom 20.02.1933
– Exekutive Anordnung von Schutzhaft und
Konzentrationslager
• Die Grenzen zwischen dem System der KZs und dem
System der Gefängnisse sowie die Grenzen zwischen
Freiheitsstrafe und Präventivhaft verwischen
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Nachkriegsentwicklung
•
Grosse Strafrechtsreform 1969/1975
•
1. Einheitsfreiheitsstrafe: Aufgabe der Differenzierung zwischen
Zuchthaus (entehrender Charakter) und der Gefängnisstrafe.
• 2. Einschränkung der kurzen Freiheitsstrafe (unter 6 Monate) § 47
StGB und Ersetzung durch Tagessatzgeldstrafe
• 3. Planung einer sozialtherapeutischen Anstalt vorgeschlagen als
Maßregellösung (§ 65 StGB), tritt jedoch nicht in Kraft.
• 4. Ausweitung der zur Bewährung aussetzbaren Freiheitsstrafe und
Stärkung der Bewährungshilfe.
• 5. Einstellung des Strafverfahrens gegen Auflagen (§ 153a StPO)
sowie der Verwarnung mit Strafvorbehalt (§ 59 StGB)
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Internationales Strafrecht
Das Strafvollzugsgesetz von 1977
• Ausgangspunkt: BVerfGE 33, S. 1ff
• das "besondere Gewaltverhältnis" als Grundlage für
Grundrechtseingriffe im Vollzug der Freiheitsstrafe
als rechtsstaatswidrig eingestuft
• Voraussetzung für Grundrechtseingriffe ist auch im
Strafvollzug ein förmliches Gesetz
• Rechte und Pflichte der Gefangenen müssen in
einem förmlichen Gesetzes geregelt sein
• Der Gesetzgeber kam dieser Forderung mit der
Verabschiedung des Strafvollzugsgesetzes im Jahre
1977 nach
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Empirische Grundlagen des
Strafvollzugs
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Strafgefangene in Deutschland
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Gefangene in Europa
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Trends in Gefangenenzahlen
• Erhebliche Zunahme in den neunziger Jahren
• Zunahme der Dauer der Freiheitsstrafe
• Erweiterung der Haftplätze
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Internationales Strafrecht
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Gefangene im internationalen Vergleich
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Gründe für die Zuwächse in
Gefängnissen
• Organisierte/Rationale Kriminalität
• Gewalt- und Sexualkriminalität
• Nachträgliche Anordnung der
Sicherungsverwahrung
• Neue prekäre Gruppen
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–
Drogenabhängige
Ausländische und ethnische Minoritäten
Illegale Immigranten
Langzeitarbeitslose
• Tradition langer Freiheitsstrafen in Osteuropa
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Internationales Strafrecht
Inländer und Ausländer im Strafvollzug
Einheimische
Ausländer
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Lebenslängliche
Entwicklung des Gebrauchs langer Freiheitsstrafen bei
Vergewaltigung (in % der für Vergewaltigung verhängten
Strafen)
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2-5 Jahre
> 5 Jahre
Max-Planck-Institut für Ausländisches und
Internationales Strafrecht
Entwicklung und Zusammensetzung der 14 - 17-jährigen
Jugendstrafgefangenen (Stichtag 31.3.)
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Internationales Strafrecht
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Grafik: Entwicklung der Deliktsstruktur im Baden-Württembergischen
Jugendstrafvollzug
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Grafik: Entwicklungen in der ethnischen Zusammensetzung der
Jugendstrafgefangenen
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Im Ausland geborene
In Deutschland
Im Ausland geborene
In Deutschland
Ausländer
geborene Ausländer
Deutsche
geborene Deutsche
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Max-Planck-Institut für Ausländisches und
Internationales Strafrecht
Prisonisierung und Subkultur
Max-Planck-Institut für Ausländisches und
Internationales Strafrecht
Die Subkultur
• Insassenkultur
– besondere Sprache
– besondere Normen
» Status
» Verhältnis zu Vollzugsstab
– Verhaltensweisen
» Schwarzmärkte in Vollzugsanstalten
– kollektive Einstellungen (beispielsweise gegenüber den
Vollzugsbeamten, der Strafjustiz)
Max-Planck-Institut für Ausländisches und
Internationales Strafrecht
Prisonisierung
•
Begriff
– Anpassung und Gewöhnung an die Wertvorstellungen und Normen der Subkultur
•
Clemmer
– unmittelbarer Zusammenhang zwischen dem Grad der Anpassung an die Subkultur
(Prisonisierung) und der Dauer des Aufenthalts im Gefängnis
•
Wheeler
– Anpassung folgt einem U-Verlauf: Anpassung an die Gefängnissubkultur ist am
Anfang der Haft recht schwach ausgeprägt, nimmt bis zur Mitte der Haft stark zu,
um sich dann vor der Entlassung wieder abzuschwächen
•
Offene Fragen
– Hat das Gefängnis eine eigenständige Wirkung in Form von „Haftprägungen“
(Lerngelegenheiten in der sog. „Schule des Verbrechens“) oder wird die Subkultur
importiert (beispw. Gangs)
– Kann derartigen Prisonisierungsprozessen im Gefängnis entgegengewirkt werden
•
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Wirkungen des Gefängnisses
• Unmittelbare Auswirkungen
• Mittelbare Auswirkungen: Stigmatisierung und
Chancenverschlechterung
• Besserung durch Behandlung
•
•
•
•
Wirkungsforschung/Behandlungsforschung
Problem fehlender kontrollierter Experimente
Lange Zeit überschätzt
Effekte partiell vorhanden, aber eher bescheiden
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Internationales Strafrecht
Verfassungsrechtliche Grundlagen
• Das „Besondere Gewaltverhältnis“
• Bestimmte Beziehungen zwischen Einzelnem und
dem Staat gehören dem Innenbereich des Staates an
• Konsequenz: Gesetz als Grundlage für die Regelung
des Verhältnisses ist nicht erforderlich
• Dienst- und Vollzugsordnung wird als ausreichend
angesehen
• Besondere Bereiche: Militär, Gefängnisse, Schulen
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Internationales Strafrecht
BVerfGE vom 14.03.1972
• Ein „Besonderes Gewaltverhältnis“ kann
Grundrechtseingriffe durch den Vollzug von
Freiheitsstrafe nicht legitimieren
• Dienst- und Vollzugsordnung von 1961 reicht nicht aus
• Das Rechtsstaatsprinzip erfordert für den Vollzug von
Freiheitsstrafen ein förmliches Gesetz
• Konsequenz: Das StVollZG vom 1.1. 1977
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Internationales Strafrecht
Sozialstaatsprinzip als Grundlage
für die Ausgestaltung des
Strafvollzugs
• Zentrale These
• Sozialstaatsprinzip erfordert einen auf Resozialisierung
und die Chance auf Wiedereingliederung ausgerichteten
Vollzug der Freiheitsstrafe
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Internationales Strafrecht
BVerfGE 45, S.187ff
• Entscheidung zur Verfassungsmäßigkeit der lebenslangen
Freiheitsstrafe
• Vorlage einer Strafkammer, die die Verhängung einer
lebenslangen Freiheitsstrafe für verfassungswidrig hielt
Max-Planck-Institut für Ausländisches und
Internationales Strafrecht
Menschenwürde und langer
Freiheitsentzug
• Ausgangspunkt:
• Die lebenslange Freiheitsstrafe verstösst gegen die
Menschenwürde
» Persönlichkeitswandel und Persönlichkeitszerstörung
» Frage: ab wann treten Haftschäden auf?
• Vereinbarkeit der lebenslangen Freiheitsstrafe mit
der Verfassung und dem Prinzip der
Menschenwürde nur unter verfassungskonformen
Vollzugsbedingungen
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Internationales Strafrecht
Verfassungskonforme
Bedingungen
• Behandlungsvollzug und die Chance auf Wiedereingliederung sowie die Vermeidung von Haftschäden
• Jeder Gefangene muss die Chance auf
Wiedereingliederung haben
• Der Kern der Menschenwürde wäre getroffen, wenn
ein Mensch jegliche Hoffnung auf ein Leben in
Freiheit aufgeben müsste (Menschenbild: ein freier
Mensch)
• Einschränkung: Gefährliche Straftäter
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Verfassungskonformer Vollzug
• Das Rechtsstaatsprinzip erfordert einer Verrechtlichung
der Entlassungspraxis
• Gnadenpraxis reicht nicht aus
• Vermeidung von Ungleichbehandlung und
Herstellung von Rechtssicherheit
• Einführung des §57a StGB
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Verhältnismäßigkeit
• Enge Auslegung des Mordtatbestandes
• Oder: Strafmilderung und Verhängung zeitiger
Freiheitsstrafe analog §49 StGB
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Auslegung des §57a StGB
• Besondere Schwere der Schuld
• Erfordert Festlegung durch das erkennende Gericht
• Rechtssicherheit und Konkretisierung der
Entlassungschance
• §454 I, Nr. 2b StPO
• Deshalb: 3 Freiheitsstrafenbereiche:
– Ca. 15 Jahre
– Ca. 20 Jahre
– Lebenslang bei Gefährlichkeit
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Persönlichkeitsschutz und
Resozialisierung
• BVerGE 35, S. 202ff: Lebach Fall
• Rundfunkfreiheit und Resozialisierung
• Täterberichterstattung ist unzulässig, wenn sie
Wiedereingliederung gefährdet
» Nähe der Sendung zur Entlassung
» Selbständige und neue Beeinträchtigung wird
ausgelöst
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Grundrechte im Strafvollzug
•
Jede Grundrechtsbeschränkung im Strafvollzug bedarf einer
gesetzlichen Ermächtigung
•
Nicht einschränkbar:
• Menschenwürde (Artikel 1 I)
• Recht auf Leben (Artikel 2 II, Satz 1),
• Gleichbehandlung (Artikel 3)
• Glaubensfreiheit (Artikel 4)
• Teile der Rechte aus Artikel 6 (beispielsweise Eheschließung),
das Eigentumsrecht (Artikel 14)
• Rechtsschutzgarantie (Artikel 19 Absatz 4)
Max-Planck-Institut für Ausländisches und
Internationales Strafrecht
Zielsetzungen des
Strafvollzugsgesetzes
•
§ 2 Leben ohne Straftaten und in sozialer Verantwortung
•
Schutz der Gesellschaft
•
Max-Planck-Institut für Ausländisches und
Internationales Strafrecht
Zielkonflikte
• Ausgangspunkt: Dreisäulentheorie
– Gesetzgeber: Generalprävention
– Richter(Strafzumessung): Schuldausgleich
– Strafvollzug: Spezialprävention, Resozialisierung
Trennung nicht möglich: Zielkonflikte auch in §46 StGB
Frage: Dürfen in Vollzugsentscheidungen auch
Schulderwägungen berücksichtigt werden?
OLG Karlsruhe JR 1978, S.213: KZ-Fall
Max-Planck-Institut für Ausländisches und
Internationales Strafrecht
System und Organisation von
Gefängnissen
• Verwaltung des Strafvollzugs ist Ländersache
• Verwaltung einer Justizvollzugsanstalt
– Hauptgeschäftsstelle (für Personalverwaltung),
– Vollzugsgeschäftsstelle
– Zahlstelle (insbesondere auch Verwaltung des Geldes der
Gefangenen)
– Sicherheitsdienst
– Arbeitsverwaltung
– Wirtschaftsverwaltung
– Bauverwaltung
Max-Planck-Institut für Ausländisches und
Internationales Strafrecht
Vollstreckungsplan (§ 152)
•
Regelt die örtliche und sachliche Zuständigkeit von Vollzugsanstalten
•
Gesetzliche Trennungsgrundsätze
– Uhaft
– Frauen-Männer
– Jugendliche-Erwachsene
•
Weitere Zuweisungsgrundsätze
– Sicherheit
– Vollzugsdauer
– Alter
•
Vollzugsgemeinschaften (§150)
Max-Planck-Institut für Ausländisches und
Internationales Strafrecht
Privatisierung von Gefängnissen
• Privatisierung von Gefängnissen ist Teil einer allgemeinen
Bewegung hin zu einem „schlanken“ Staat
• Beispiele: private Polizei, privates Militär
• Marktökonomie gestattet eine effizientere Nutzung von
Ressourcen
• Verschiedene Modelle
– Teilprivatisierung
– Vollprivatisierung
– Staatlicher Vollzug beteiligt sich an staatlichen
Ausschreibungen
Max-Planck-Institut für Ausländisches und
Internationales Strafrecht
Private Gefängnisse
Private Gefängnisplätze in verschiedenen Ländern 1999
140000
122082
120000
100000
80000
60000
40000
20000
4579
7561
737
3000
384
En
gl
an
d
H
ol
l.
A
nt
ill
en
Sü
da
fr
ik
a
N
eu
se
el
an
d
Sc
ho
ttl
an
d
A
us
tra
lie
n
U
S
0
Max-Planck-Institut für Ausländisches und
Internationales Strafrecht
500
Privatisierung von Gefängnissen
Die Entwicklung privater Gefängniskapazitäten 1990 - 1999
im Erwachsenenstrafvollzug
160000
138342
140000
132572
120000
106940
100000
85201
80000
63595
60000
49154
40000
20000
32555
15300
15476
0
1990
1991
20637
1992
1993
1994
1995
1996
1997
Max-Planck-Institut für Ausländisches und
Internationales Strafrecht
1998
1999
Grenzen der Privatisierung
•
•
•
•
•
§155 StVollGLinks\155.doc, Art. 33, IV GG Links\Art 33.doc, Art. 12, III GGLinks\Art
12.doc
Verfassungsrechtliche Schranken der Privatisierung
• Rechtsstaatsprinzip
• Grundrechtsschutz
• Demokratieprinzip
Die im Strafvollzug sich realisierende Beschränkung der Bewegungsfreiheit sowie
beständig aktivierbarer Zwang sind nur als staatlich ausgeübte Gewalt legitimierbar
Einsatz beliehener Privater
• strenge normative Anleitung
• oder eine zeitnahe und unmittelbare Kontrolle durch den Staat
• Beides ist im geschlossenen Vollzug unter privatisierten Bedingungen der
Kernbereiche (Aufsicht, Bewachung, Disziplinierung, Zwang) angesichts von
weiten Ermessensvorschriften (und tatsächlich voll privatisierter Aufsicht)
nicht gegeben
Offener Vollzug sowie neue Formen der Beschränkung und Kontrolle der
Bewegungsfreiheit (wie beispw. die elektronische Fussfessel) könnten anders beurteilt
werden
Max-Planck-Institut für Ausländisches und
Internationales Strafrecht
Vollzugsstab
•
§154ff
• Vollzugsbeamte
– §155 (1) Die Aufgaben der Justizvollzugsanstalten werden von Vollzugsbeamten
wahrgenommen.
• Anstaltsleiter §156
• Allgemeiner Vollzugsdienst (Beaufsichtigung der Gefangenen, Betreuung,
Versorgung und Teilnahme an Resozialisierung und Behandlung)
• Werkdienst: Führung der Anstaltsbetriebe und Ausbildung der Gefangenen
• Weitere Tätigkeitsbereiche
»
»
»
»
»
§§7 II, Nr. 4, 5, 37 III, 38, 67 II, insbesondere Ausbildung),
Psychologen (§155 II)
Ärzte (§§56ff; 5 III, 21, 22 II, 76, 92, 101, 107)
Seelsorger (§157, §§53ff)
Sozialarbeiter (§7 II Nr.6, 8, §§71ff)
Max-Planck-Institut für Ausländisches und
Internationales Strafrecht
Struktur der Berufe
•
•
Personalstruktur des Strafvollzugs (Niedersachsen 1992, in () Gefangene pro
Stelle):
Strafvollzugspersonal (-stellen) insgesamt: 3034 (1,7)
• höherer Vollzugs-/Verwaltungsdienst: 35 (151);
• gehobener Vollzugs-/Verwaltungsdienst: 151 (35);
• Mittlerer Verwaltungsdienst: 196 (27);
• Schreibdienst: 59 (89);
• Ärztlicher Dienst: 23 (229);
• Psychologischer Dienst 39 (135);
• Seelsorgerischer Dienst 22 (240);
• Pädagogischer Dienst 48 (110);
• Höherer Sozialdienst 12 (440);
• Gehobener Sozialdienst 113 (47);
• Allgemeiner Vollzugsdienst 2165 (2);
• Werkdienst 96 (55).
Max-Planck-Institut für Ausländisches und
Internationales Strafrecht
Öffentlichkeit und
ehrenamtliche Vollzugshelfer
• §154 II, 2 Vollzugsbehörden sollen mit Personen und
Gruppen außerhalb des Strafvollzugs zum Zwecke der
Resozialisierung zusammenarbeiten
• §154 II ermächtigt zur Zulassung Privater in die Anstalt
Max-Planck-Institut für Ausländisches und
Internationales Strafrecht
Anstaltsbeiräte
• §162
– Einbeziehung der Öffentlichkeit
Max-Planck-Institut für Ausländisches und
Internationales Strafrecht
Gefangenenmitverantwortung
• Kein originäres Mitbestimmungsrecht
• Aber
– individuelle Einbeziehung (Mitwirkung, §4)
– Gefangenenmitverantwortung (§160)
Max-Planck-Institut für Ausländisches und
Internationales Strafrecht
Bedarfsforschung
• StVollzG § 166
• (1) Dem kriminologischen Dienst obliegt es, in
Zusammenarbeit mit den Einrichtungen der Forschung den
Vollzug, namentlich die Behandlungsmethoden,
wissenschaftlich fortzuentwickeln und seine Ergebnisse für
Zwecke der Strafrechtspflege nutzbar zu machen.
Max-Planck-Institut für Ausländisches und
Internationales Strafrecht
Grundsätze der Gestaltung des
Strafvollzugs
• Angleichung des Strafvollzugs an die allgemeinen
Lebensverhältnisse (Angleichungsgrundsatz, §3 I).
• Vermeidung negativer Haftfolgen (Subkulturbildung,
Prisonisierung, Haftanpassung, psychische und
psychiatrische Folgen langer Haft etc.). §3 II: Schädlichen
Folgen des Strafvollzugs ist entgegenzuwirken.
• Resozialisierungsgrundsatz: §3 III verpflichtet die
Vollzugsbehörden, den gesamten Vollzugsablauf auf die
Eingliederung und Resozialisierung auszurichten.
Max-Planck-Institut für Ausländisches und
Internationales Strafrecht
Die Stellung des Gefangenen
• StVollzG § 4:
– (1) Der Gefangene wirkt an der Gestaltung seiner
Behandlung und an der Erreichung des
Vollzugszieles mit. Seine Bereitschaft hierzu ist zu
wecken und zu fördern.
– (2) Der Gefangene unterliegt den in diesem Gesetz
vorgesehenen Beschränkungen seiner Freiheit.
Soweit das Gesetz eine besondere Regelung nicht
enthält, dürfen ihm nur Beschränkungen auferlegt
werden, die zur Aufrechterhaltung der Sicherheit
oder zur Abwendung einer schwerwiegenden
Störung der Ordnung der Anstalt unerläßlich sind.
Max-Planck-Institut für Ausländisches und
Internationales Strafrecht
Der Vollzugsplan
• §§5, 6, 7 StVollZG
• Aufnahme des Gefangenen
» Eingangsuntersuchung
» Vorstellung beim Anstaltsleiter
• Erstellung eines Vollzugsplans
» Konkretisierung des Vollzugsziels
» Individualisierung des Behandlungsplans
• Mindestanforderungen §7 II
» Erörterung mit Gefangenem
» Schriftliche Fassung
Max-Planck-Institut für Ausländisches und
Internationales Strafrecht
§5
• StVollzG § 5 Aufnahmeverfahren
• (1) Beim Aufnahmeverfahren dürfen andere
Gefangene nicht zugegen sein.
• (2) Der Gefangene wird über seine Rechte und
Pflichten unterrichtet.
• (3) Nach der Aufnahme wird der Gefangene alsbald
ärztlich untersucht und dem
• Leiter der Anstalt oder der Aufnahmeabteilung
vorgestellt.
Max-Planck-Institut für Ausländisches und
Internationales Strafrecht
§6
•
StVollzG § 6 Behandlungsuntersuchung. Beteiligung des Gefangenen
•
(1) Nach dem Aufnahmeverfahren wird damit begonnen, die
Persönlichkeit und die Lebensverhältnisse des Gefangenen zu
erforschen. Hiervon kann abgesehen werden, wenn dies mit Rücksicht
auf die Vollzugsdauer nicht geboten erscheint.
(2) Die Untersuchung erstreckt sich auf die Umstände, deren Kenntnis
für eine planvolle Behandlung des Gefangenen im Vollzug und für die
Eingliederung nach seiner Entlassung notwendig ist. Bei Gefangenen,
die wegen einer Straftat nach den §§ 174 bis 180 oder 182 des
Strafgesetzbuches verurteilt worden sind, ist besonders gründlich zu
prüfen, ob die Verlegung in eine sozialtherapeutische Anstalt angezeigt
ist.
(3) Die Planung der Behandlung wird mit dem Gefangenen erörtert.
•
•
Max-Planck-Institut für Ausländisches und
Internationales Strafrecht
§7
•
StVollzG § 7 Vollzugsplan
• (1) Auf Grund der Behandlungsuntersuchung (§ 6) wird ein Vollzugsplan erstellt.
• (2) Der Vollzugsplan enthält Angaben mindestens über folgende
Behandlungsmaßnahmen:
»
»
»
»
»
»
»
»
1. die Unterbringung im geschlossenen oder offenen Vollzug,
2. die Verlegung in eine sozialtherapeutische Anstalt,
3. die Zuweisung zu Wohngruppen und Behandlungsgruppen,
4. den Arbeitseinsatz sowie Maßnahmen der beruflichen Ausbildung oder Weiterbildung,
5. die Teilnahme an Veranstaltungen der Weiterbildung,
6. besondere Hilfs- und Behandlungsmaßnahmen,
7. Lockerungen des Vollzuges und
8. notwendige Maßnahmen zur Vorbereitung der Entlassung.
• (3) Der Vollzugsplan ist mit der Entwicklung des Gefangenen und weiteren Ergebnissen
der Persönlichkeitserforschung in Einklang zu halten. Hierfür sind im Vollzugsplan
angemessene Fristen vorzusehen.
• (4) Bei Gefangenen, die wegen einer Straftat nach den §§ 174 bis 180 oder 182 des
Strafgesetzbuches zu Freiheitsstrafe von mehr als zwei Jahren verurteilt worden sind, ist
über eine Verlegung in eine sozialtherapeutische Anstalt jeweils nach Ablauf von sechs
Monaten neu zu entscheiden.
Max-Planck-Institut für Ausländisches und
Internationales Strafrecht
Anspruch auf Vollzugsplan
• Der Gefangene hat ein Recht auf die Erstellung eines
Vollzugsplanes
• Jedoch ist der Gefangene in diesem Zusammenhang zur
Mitwirkung bei der Behandlungs- bzw.
Eingangsuntersuchung verpflichtet
» Anerkennung der Subjektstellung des Gefangenen
» der Gefangene ist nicht blosses Objekt des Vollzugs
bzw. der Behandlung
Max-Planck-Institut für Ausländisches und
Internationales Strafrecht
BVerfG Strafverteidiger 1994, S.
93f
• Aufstellung eines Vollzugsplanes für Lebenslänglichen
» Art. 19 IV GG gewährt Rechtsschutz auch für die
Überprüfung der Rechtsfehlerfreiheit des
Aufstellungsverfahrens und des inhaltlichen
Gestaltungsermessens (beispw. Erfüllung der
Mindestanforderungen)
Max-Planck-Institut für Ausländisches und
Internationales Strafrecht
§4 Einschränkung von Rechten
• §4 II, Satz 1 soweit im Strafvollzugsgesetz enthalten
• §4 II, Satz 2 Generalklausel:
» zur Aufrechterhaltung der Sicherheit
» zur Abwehr schwerwiegender Störungen
– enge Auslegung der Generalklausel
Max-Planck-Institut für Ausländisches und
Internationales Strafrecht
Verwaltungsvorschriften zum
Strafvollzugsgesetz
•
•
•
Bundeseinheitliche Verwaltungsvorschriften
» verwaltungsinterne Regelungen, keine Aussenwirkung
» Strafvollzugsgesetz: Bundesgesetz
» Strafvollzugsverwaltung: Landesverwaltung
» Zielsetzung: einheitliche Anwendung des Gesetzes
Strafvollzugsgesetz enthält:
» Ermessen (kann)
» Unbestimmte Rechtsbegriffe (Beurteilungsspiel-räume)
Verwaltungsvorschriften setzen Richtlinien für die Ermessensausübung
» keine Ersetzung der Einzelfallprüfung
» Ermessen muss ausgeübt werden (Vorschriften ersetzen das
Gesetz nicht)
Max-Planck-Institut für Ausländisches und
Internationales Strafrecht
LG Hamburg Strafverteidiger
1/2001, S. 33
• Ein türkischer Staatsangehöriger, der eine Freiheitsstrafe
verbüßt und gegen den eine vollziehbare
Ausweisungsverfügung vorliegt, beantragt die Verlegung
in den offenen Vollzug.
• § 10 I: Verlegung in den offenen Vollzug
» Fluchtgefahr
» Gefahr neuer Straftaten
• Verwaltungsvorschrift zu §10
» I, c: Vom offenen Vollzug ausgeschlossen sind
Gefangene, gegen die eine vollziehbare
Ausweisungsverfügung besteht
Max-Planck-Institut für Ausländisches und
Internationales Strafrecht
Ermessen und unbestimmte
Rechtsbegriffe
• Überprüfung
• Vollständig ermittelter und zutreffender Sachverhalt
• Richtiger Begriff des Versagungsgrundes zugrunde
gelegt
• Grenzen des Beurteilungsspielraums/Ermessens
eingehalten
Max-Planck-Institut für Ausländisches und
Internationales Strafrecht
Die Unterbringung der
Gefangenen
Max-Planck-Institut für Ausländisches und
Internationales Strafrecht
European Prison Rules
Unterbringung
•
Accommodation
•
14. Prisoners shall normally be lodged during the night in individual cells except in cases where it is considered that
there are advantages in sharing accommodation with other prisoners. Where accommodation is shared it shall be
occupied by prisoners suitable to associate with others in those conditions. There shall be supervision by night, in
keeping with the nature of the institution.
15. The accommodation provided for prisoners, and in particular all sleeping accommodation, shall meet the
requirements of health and hygiene, due regard being paid to climatic conditions and especially the cubic content of
air, a reasonable amount of space, lighting, heating and ventilation.
16. In all places where prisoners are required to live or work: a. the windows shall be large enough to enable the
prisoners, inter alia, to read or work by natural light in normal conditions. They shall be so constructed that they can
allow the entrance of fresh air except where there is an adequate air conditioning system. Moreover, the windows
shall, with due regard to security requirements, present in their size, location and construction as normal an
appearance as possible; b. artificial light shall satisfy recognised technical standards.
17. The sanitary installations and arrangements for access shall be adequate to enable every prisoner to comply
with the needs of nature when necessary and in clean and decent conditions.
18. Adequate bathing and showering installations shall be provided so that every prisoner may be enabled and
required to have a bath or shower, at a temperature suitable to the climate, as frequently as necessary for general
hygiene according to season and geographical region, but at least once a week. Wherever possible there should be free
access at all reasonable times.
19. All parts of an institution shall be properly maintained and kept clean at all times.
•
•
•
•
•
•
Max-Planck-Institut für Ausländisches und
Internationales Strafrecht
Unterbringungsgrundsätze des
Strafvollzugsgesetzes
• §143
– Größe der Vollzugsanstalt muss eine Individuelle
Behandlung erlauben
– Gliederung in überschaubare Betreuungs- und
Behandlungsgruppen
• §144
– Wohnliche Ausgestaltung
– Genügend Luftinhalt
– Gewährleistung gesunder Lebensführung (Lüftung,
Heizung etc.)
Max-Planck-Institut für Ausländisches und
Internationales Strafrecht
Belegungsgrundsätze
• §145
– Festsetzung der Belegungsfähigkeit
» Angemessene Unterbringung während der Ruhezeit
» Genügend Raum für Arbeit, Ausbildung, Freizeit und
Besuch etc.
• §146
– Verbot der Überbelegung
– Ausnahmen
» Vorübergehend
» Mit Zustimmung der Aufsichtsbehörde
Max-Planck-Institut für Ausländisches und
Internationales Strafrecht
Allgemeine Struktur der
Unterbringung
• Tageseinteilung: §82
• Arbeitszeit
• Ruhezeit
• Freizeit
Max-Planck-Institut für Ausländisches und
Internationales Strafrecht
Tagesablauf
•
•
Typischer Verlauf eines Strafvollzugstages
05.48 Uhr
Wecken
•
06.00 Uhr
06.35 Uhr
11.50 Uhr
12.35 Uhr
15.20 Uhr
15.30 Uhr
16.30 Uhr
16.45 Uhr
17.00 Uhr
Frühstücksausgabe
Arbeitsbeginn
Mittagspause
Ende Mittagspause
Arbeitsende
Beginn Aufenthalt im Freien (Hofgang)
Ende Aufenthalt im Freien
Abendessen Ausgabe
Beginn der Freizeit
20.30
Ende der Freizeit (Einschluss)
•
Max-Planck-Institut für Ausländisches und
Internationales Strafrecht
Art der Unterbringung
• Freizeit
Gemeinsame Unterbringung
• Arbeitszeit
Gemeinsame Unterbringung
• Ruhezeit
Einzelunterbringung
Max-Planck-Institut für Ausländisches und
Internationales Strafrecht
Unterbringung während Arbeit
und Freizeit
• §17 Grundsätze in Absatz 1 und Absatz 2
• Gemeinsame Unterbringung bei der Arbeit
(Ausbildung etc.)
• Gemeinsame Unterbringung in der Freizeit
• Ausnahmen:
»
»
»
»
Schädlicher Einfluss auf andere Gefangene
Untersuchung nach §6 (Obergrenze 2 Monate)
Sicherheit und Ordnung der Anstalt
Zustimmung des Gefangenen
Max-Planck-Institut für Ausländisches und
Internationales Strafrecht
Ausnahmen von der
Gemeinschaftsunterbringung
• Einschränkung der Gemeinschaftsunterbringung und
Einzelhaft (§89)
– Beschränkt durch Erforderlichkeit
– Schädlicher Einfluss
» Abhängigkeitsverhältnisse
» Krimineller Einfluss
– Sicherheit/Ordnung
» Drogenkonsum
» Ausbruchsgefahr/Meutereigefahr
Max-Planck-Institut für Ausländisches und
Internationales Strafrecht
Einzelunterbringung
• §18
• Einzelunterbringung während der Ruhezeit als
Grundsatz
– Ausnahmen:
» Hilfsbedürftigkeit
» Gefahr für Leib/Leben des Gefangenen
Max-Planck-Institut für Ausländisches und
Internationales Strafrecht
Gründe für Einzelunterbringung
•
Angleichungsgrundsatz
– Individuelle Gestaltung des Haftraums
– Privatsphäre
•
Schutz des Gefangenen
–
–
–
–
Subkulturelle Einflüsse
Gewalt
Erfurt, 24.09.2002
Nach dem Mord an einem Häftling in der Justizvollzugsanstalt
Ichtershausen und dem jetzt begonnenen Prozess gegen weitere
Zelleninsassen des Toten möchte …, von der Landesregierung
wissen, was für die Erziehung der jungen Häftlinge in den
Gefängnissen getan wird.
Max-Planck-Institut für Ausländisches und
Internationales Strafrecht
Das Recht auf
Einzelunterbringung
• OLG Celle NStZ 1999, S. 216f
– Antragssteller verbüßt längere Freiheitsstrafe
und wird mit einem anderen Gefangenen in
einem Einzelhaftraum untergebracht
– §18 verleiht Anspruch auf Einzelunterbringung
» §18 II, 2: Vorübergehend/dringende Gründe
» §18 I, 2: Hilfsbedürftig/Gefahr für Leben-Gesundheit
» §201 Nr. 3
» Keine Einschränkung durch §146!
Max-Planck-Institut für Ausländisches und
Internationales Strafrecht
Einzelzelle im offenen Vollzug
• Die Unterbringung in einer Mehrpersonenzelle im offenen
Vollzug bedarf der Zustimmung des Gefangenen (§18 II).
Die Verweigerung der Zustimmung durch den Gefangenen
ist kein Kriterium, den Gefangenen im geschlossenen
Vollzug unterzubringen, KG, 3 Ws 507/02, 03.12.2002,
NStZ-RR 2003, S. 125-126
Max-Planck-Institut für Ausländisches und
Internationales Strafrecht
BGH, Urteil vom 4. 11. 2004, III ZR
361/03
•
•
•
•
•
Feststellung der Strafvollstreckungskammer: die gemeinsame Unterbringung (zwei
Tage) von fünf Gefangenen in einem nachts verschlossenen, 16 qm großen Haftraum bei
Abtrennung der Toilette nur mit einem Sichtschutz ist rechtswidrig und verstößt gegen
das Gebot menschenwürdiger Unterbringung (Art. 1, 2 I GG)
Klage auf Schmerzensgeld gemäß §839 BGB i.V. mit Art. 34 GG (§847 BGB a.F., jetzt:
§ 253 Abs. 2 BGB n.F.); Genugtuungsfunktion des “Schmerzensgeldes” (Rechtsbehelf
zur Abwehr von Persönlichkeitsverletzungen, BVerfG NJW 2000, 2187 f)
Bindungswirkung der rechtskräftigen Entscheidung der Strafvollstreckungs-kammer im
Verfahren nach § 109 StVollzG für den Amtshaftungsprozess?
Entscheidung des LG: Pro Tag kann ein Gefangener 100 € Schmerzensgeld
beanspruchen (LG Hannover; StV 2003, 568 mit Anm. Lesting):
Organisationsverschulden des Landes
Allerdings BGH: nicht aus jeder Beeinträchtigung der Menschenwürde folgt ein
Schmerzensgeldanspruch; ein gewisses Mindestmaß muss die Beeinträchtigung
erreichen; auch die gerichtliche Feststellung der Rechtswidrigkeit kann der Genugtuung
dienen (Verweis auf Rechtsprechung des EGMR zur Wiedergutmachung durch
Geldersatz (Art. 41 EMRK) nach Verstößen gegen Art. 3 EMRK, Urteil vom 16.
Dezember 1997, Raninen ./. Finnland; Urteil vom 19. April 2001, Peers ./.
Griechenland)
Max-Planck-Institut für Ausländisches und
Internationales Strafrecht
Der Haftraum
Max-Planck-Institut für Ausländisches und
Internationales Strafrecht
Fragestellungen zum
Haftraum
• Architektur des Haftraums
• Größe des Haftraums
• Ausstattung des Haftraums
• Kontrolle des Haftraums
Max-Planck-Institut für Ausländisches und
Internationales Strafrecht
Die Grösse des Haftraums
•
•
•
Das Strafvollzugsgesetz enthält keine genauen Angaben
European Prison Rule 15: “a reasonable amount of space”
Rechtsprechung:
– LG Bremen (Abschiebehaft): Unterbringung von 5 Gefangenen auf etwa 18 m² ist
menschenunwürdig (InfAuslR 1995, S. 67ff)
– OLG Frankfurt StV 1986, 27: Unterbringung von 3 Gefangenen auf ca. 12 m² ist
verfassungswidrig
– LG Braunschweig NStZ 1984, S. 286: Haftraum von etwa 8 m² für 2 Gefangene ist
verfassungswidrig
– Die Unterbringung in einer Einzelzelle ohne abgetrennten WC Bereich mit einem
zweiten Gefangenen ist rechtswidrig, LG Koblenz, 7 StVK 2/03, 12.06.2003
– Die Zuweisung eines mehrfach belegten Einzelhaftraums verstößt gegen Art. 1 I
GG (Achtung der Menschenwürde) und Art. 3 EMRK (Verbot
menschenunwürdiger Behandlung), sofern die Toilette nicht abgetrennt oder nicht
gesondert entlüftet wird, oder sofern nicht pro Gefangenen mindestens 18 m³
Luftraum und 7 m² Bodenfläche vorhanden sind, OLG Frankfurt a./M., 3 Ws
578/03, 18.07.2003; ähnlich OLG Celle, 1 Ws 171/03, 03.07.2003, NStZ-RR 2003,
316.
Max-Planck-Institut für Ausländisches und
Internationales Strafrecht
Ausstattung des Haftraums
• Grundsätze
– Anstalt stellt die Grundausstattung des Haftraums §144
– Angemessene Ausstattung mit persönlichen (eigenen)
Gegenständen
» Lichtbilder und Erinnerungsstücke von persönlichem
Wert werden belassen
• Beschränkungen
– Behinderung der Übersichtlichkeit des Haftraums
– Gefährdung der Sicherheit und Ordnung
Max-Planck-Institut für Ausländisches und
Internationales Strafrecht
Grundausstattung
Max-Planck-Institut für Ausländisches und
Internationales Strafrecht
Angemessener Umfang
•
Auslegungsgrundsätze
– Menschenwürdige Gestaltung der Privatsphäre, abgeleitet aus
dem Grundsatz der Angleichung §3 I
» Selbständige Gestaltung
» Individuelle, persönliche Umgebung
» Grundbedarf (Bett, Tisch, Schrank, Stuhl etc.)
» Persönliche Dinge (Bilder etc.), die nicht durch andere
Rechte umfasst sind (beispw. Bücher für
Ausbildungszwecke oder Gegenstände zur
Freizeitgestaltung, vgl. §70 I; religiöse Schriften und
Gegenstände §53 II, III; Zeitschriften und Zeitungen §68;
Rundfunk und Fernsehgeräte §69; persönlicher Gewahrsam
§83)
– Vereinbarkeit mit räumlichen Voraussetzungen
Max-Planck-Institut für Ausländisches und
Internationales Strafrecht
Eigene Sachen
• Nicht nur Gegenstände, die der Gefangene mitgebracht hat,
sondern auch solche, die grundsätzlich vom Gefangenen
erworben werden können.
• Insoweit entspricht dem Recht des Gefangenen auf
angemessene Ausstattung der Zelle die Verpflichtung der
Anstalt, dem Gefangenen die Anschaffung von
Gegenständen zu ermöglichen (OLG Zweibrücken, NStZ
1986, S. 477)
• Eigene Sachen sind nicht nur Ausstattungsgegenstände,
sondern auch Gebrauchsgegenstände
Max-Planck-Institut für Ausländisches und
Internationales Strafrecht
Gestaltung des Haftraums
•
Gestaltungsfreiheit wie ein Mieter?
•
Wohnliche Ausgestaltung des Haftraums?
• OLG Zweibrücken: Antrag auf Trennung des WCs von dem
Haftraum selbst
» §144 enthält keine Rechtsposition des Gefangenen
» Dem Ermessen sind Grenzen gesetzt durch Art. 1 GG
(Menschenwürde), das Verbot unmenschlicher oder
erniedrigender Strafe (Art. 3 EMRK), die Europäischen
Mindestgrundsätze
» Räumliche Abtrennung des WCs bei Mehrbettzellen sicher
erforderlich
Max-Planck-Institut für Ausländisches und
Internationales Strafrecht
Beschränkungen
• Durch Behinderung der Übersichtlichkeit
– Durchsuchung
» Überschaubarkeit von der Tür aus?
– Versteckmöglichkeiten (Teppichboden)
• Sicherheit/Ordnung
– Konkretisierung der Gefahr
» Tierhaltung?
» Kaffeemaschine/Computer?
» Videorecorder/Fernsehgerät?
» Armbanduhr im Wert von 100 DM?
Max-Planck-Institut für Ausländisches und
Internationales Strafrecht
OLG Stuttgart NStZ 1988, 574f
•
Eine Strafgefangene beantragt eine Leselampe für die Zelle
• Vollzugsanstalt lehnt ab, da die Gefangene, die wegen
terroristischer Straftaten verurteilt worden war, gefährlich sei.
Die Leselampe setze einen elektrischen Anschluss voraus, der
aber zur Gefährdung von Bediensteten und der
Strafgefangenen selbst missbraucht werden würde (ohne dass
allerdings Missbrauchsrisiko oder Gefährdung konkretisiert
worden wären).
• Bei Annahme einer konkreten Gefahr: Abwägung zwischen
Grad der Gefahr einerseits und den Interessen der Gefangenen
sowie dem Vollzugsauftrag „Angleichung der
Lebensverhältnisse“ andererseits
Max-Planck-Institut für Ausländisches und
Internationales Strafrecht
Spielekonsole / Playstation II
• Auch in einer Anstalt höchster Sicherheitsstufe gefährdet
die Playstation II Sicherheit und Ordnung nicht.
Erforderlich ist jedoch, dass das Gerät verplombt wird und
Spiele über die Vermittlung der JVA bezogen werden, um
so der JVA eine Kontrolle zu ermöglichen, OLG
Karlsruhe, 1 Ws 230/02, 10.03.2002, Strafverteidiger
2003, S. 407-408
Max-Planck-Institut für Ausländisches und
Internationales Strafrecht
BverfG Strafverteidiger 1994, S.
147ff,
• Widerruf der Genehmigung zum Besitz von Lautsprechern
• Anlass: Geiselnahme in der Strafvollzugsanstalt
• Begründung: Boxen können zum Versteck gefährlicher
Gegenstände dienen
Max-Planck-Institut für Ausländisches und
Internationales Strafrecht
Verfahrensfragen
•
•
Wie geht ein Gefangener vor, wenn er einen bestimmten Gegenstand
(beispw. Lautsprecherboxen) für den Haftraum will?
§83 I: Gewahrsam an Sachen nur mit Genehmigung der
Vollzugsbehörde
» Ausnahme: Sachen von geringem Wert, die von anderen
Gefangenen angenommen werden
• Antrag bei der Strafvollzugsleitung
– Voraussetzungen des § 19 (1) Der Gefangene darf seinen
Haftraum in angemessenem Umfang mit eigenen Sachen
ausstatten
» eigene Sachen, auch solche Sachen, die der
Gefangene mit eigenen Mitteln erwerben kann
» angemessener Umfang: unbestimmter Rechtsbegriff
Max-Planck-Institut für Ausländisches und
Internationales Strafrecht
Unbestimmter Rechtsbegriff
• Rechtsbegriffe sind grundsätzlich durch das Gericht
überprüfbar
• Aber: Der Verwaltung bleibt ein
» Beurteilungsspielraum, der mehrere
Handlungsoptionen enthalten kann
• Das Gericht überprüft, ob
» Vollständig ermittelter und zutreffender Sachverhalt
» Richtiger Begriff des Versagungsgrundes
» Grenzen des Beurteilungsspielraums eingehalten
Max-Planck-Institut für Ausländisches und
Internationales Strafrecht
Rücknahme einer Erlaubnis
• Regeln über den begünstigenden Verwaltungsakt
– Vertrauensschutz, folgt aus dem Rechtsstaatsprinzip
– Der Bürger soll sich grundsätzlich darauf verlassen dürfen,
dass eine einmal (auch zu Unrecht) gewährte Rechtsposition
auch Bestand hat
– Bei einem Widerruf ist zu fragen, ob dieses Vertrauen
enttäuscht werden darf, vgl. auch §83 III
» Erforderlich ist eine Abwägung der Interessen des Bürgers
am Bestand und des Gemeinwohls/derAnstaltssicherheit
» Dabei ist (im vorliegenden Fall) einzubeziehen, ob der
Gefangene Anlass zu Misstrauen gegeben hat
Max-Planck-Institut für Ausländisches und
Internationales Strafrecht
Türspion
• Darf Türspion von innen abgedeckt werden?
• Interessenkonflikt zwischen Kontrolle und Privatsphäre
– Recht auf Privatsphäre (Art2, 1 GG)
– Verschiedene Auffassungen
» Grundsätzliche Zulässigkeit des Türspions
» Abdecken ist erlaubt, jedenfalls bei nicht flucht- oder
suizidgefährdeten Gefangenen
» Gebrauch eines Türspions nur unter den
Voraussetzungen des §4 II, 2
Max-Planck-Institut für Ausländisches und
Internationales Strafrecht
Bekleidung im Strafvollzug
• §20 I: Der Gefangene trägt Anstaltskleidung
• Allerdings:
• §20 II, 2: Im Ermessen des Anstaltsleiters, das Tragen von
eigener Kleidung zu gestatten
• Angleichungsgrundsatz
• Ökonomische Belange der Strafvollzugsanstalt (vgl. §20
II, 2)
Max-Planck-Institut für Ausländisches und
Internationales Strafrecht
Begründung von Gefängniskleidung
•
Stigmatisierung/Degradierung
•
Sichtbarkeit/Kontrolle
•
Ökonomie
Max-Planck-Institut für Ausländisches und
Internationales Strafrecht
Stigmatisierung und Kleidung
• Die Rückkehr der „Wheelbarrow Men“: Chaingangs in den USA
• Neue „Scham“-Strafen: Sichtbarkeit des Bestrafungsvorganges
Max-Planck-Institut für Ausländisches und
Internationales Strafrecht
Arbeit im Strafvollzug
• Ausgangspunkt:
» Arbeitspflicht §41 I für zu Freiheitsstrafe verurteilte
Straftäter
» Ausnahmen: Beschäftigungsverbote, >65 Jahre, §41 I,
3
• Zwangsarbeit ist nur im Rahmen richterlich verhängter
Freiheitsentziehung (Freiheitsstrafe) erlaubt Art. 12 III GG
– Keine Arbeitspflicht für
» U-Häftlinge (Unschuldsvermutung)
» Sicherungsverwahrte
Max-Planck-Institut für Ausländisches und
Internationales Strafrecht
Arbeit in Vollzugsanstalten
• Historisch maßgeblich beeinflusst durch Arbeitsethik
• Gefängnisindustrie?
• Grundlagen ökonomischer Verwertung von Gefängnissen
– Problem der Ausbildung und Geeignetheit von
Gefangenen
– Das „Verschwinden“ der Arbeit
Max-Planck-Institut für Ausländisches und
Internationales Strafrecht
Arbeit und Freiheitsstrafe
• Zwangsarbeit als Strafe, Freiheitsentzug als Nebeneffekt
• Freiheitsstrafe mit Schwerarbeit (Arbeit als
Strafverschärfung)
• Arbeit als Resozialisierungsmittel und zur Förderung der
Wiedereingliederung
Max-Planck-Institut für Ausländisches und
Internationales Strafrecht
Hard Labour
•
Rudolf Ackermann Coldbath Fields Prison, from Microcosm of London (1808
Max-Planck-Institut für Ausländisches und
Internationales Strafrecht
Für und Wider Gefängnisarbeit
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Pro
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Contra
Arbeit resozialisiert
Arbeit schafft mehr
Zufriedenheit im Gefängnis
Arbeit ist ökonomisch sinnvoll
• Für Anstalt
• Für freie Unternehmer
• Für Gefangene
•
•
Gefangene werden ausgebeutet
Lohn dumping und unzulässiger
Wettbewerb für freie Arbeit
Vernichtung von Arbeitsplätzen
in der freien Wirtschaft
•
Max-Planck-Institut für Ausländisches und
Internationales Strafrecht
Sklavenarbeit *
•
Der entscheidende Faktor mit dem höchsten Gewinnpotential ist jedoch die
Gefangenenarbeit - ein wahres Schlaraffenland für die gewinnbringende
Ausbeutung menschlicher Arbeit. Weitgehend befreit von allen Sozialabgaben,
Nebenkosten und Sicherheitsvorschriften können Firmen hier zum
Dumpinglohn Produkte herstellen lassen, deren Palette inzwischen weit über
die ehemals traditionellen Gefängniserzeugnisse hinausgeht. Was die
Gefangenen am Ende für ihre Arbeit erhalten, lässt sich in den meisten Fällen
ohne Übertreibung als "Sklavenlohn" beschreiben. Zum Beispiel Dino
Navarrete, ein wegen Entführung verurteilter Gefangener, der in einem
"medium security"-Gefängnis in Monterey, Kalifornien seine Strafe absitzt.
Navarrete fertigt dort Arbeitshemden an. Sein Verdienst nach allen Abzügen
für einen ganzen Monat 9-stündiger Arbeitstage: rund 60 Dollar. Kein
Wunder, dass allein in den Jahren 1980 bis 1994 die Zahl der in der
Gefängnisindustrie beschäftigten US-Häftlinge um 358 Prozent anstieg.
* Joseph Delius: Die Strafgesellschaft. Der Ausbau der Gefängnissysteme und
seine Folgen. 24. Mai 2000 www.wsws.org/de/2000/mai2000/gefa-m24.shtml
Max-Planck-Institut für Ausländisches und
Internationales Strafrecht
Gefangenenarbeit für Bedienstete
• Gefangenenarbeit für Bedienstete der Justizverwaltung
des Landes Nordrhein-Westfalen RV d. Ministers für
Inneres und Justiz vom 2. Juli 1998 (2402 - IV B. 21)
• Die Bediensteten der Justizverwaltung des Landes
Nordrhein-Westfalen können im Rahmen der folgenden
Bestimmungen die Arbeit von Gefangenen in Anspruch
nehmen und Erzeugnisse der Arbeitsbetriebe der
Justizvollzugsanstalten beziehen.
Max-Planck-Institut für Ausländisches und
Internationales Strafrecht
Ausgaben und Einnahmen
Justizvollzug Bayern 2001/2002
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Kosten des Vollzuges
Für das laufende Haushaltsjahr 2002 sind im Haushaltsplan für die Justizvollzugsanstalten
vorgesehen
Gesamteinnahmen von 46,9 Mio. EUR, darunter 44,1 Mio. EUR aus der Gefangenenarbeit.
Gesamtausgaben von:
285,7 Mio. EUR, davon 172,3 Mio. EUR Personalausgaben 64,1 Mio. EUR sächliche
Verwaltungsausgaben 22,4 Mio. EUR Zuweisungen und Zuschüsse 15,3 Mio. EUR
Baumaßnahmen 7,7 Mio. EUR Investitionen. Für Baumaßnahmen sind aus
Privatisierungserlösen zusätzlich Ausgabemittel in Höhe von 19,7 Mio. EUR veranschlagt.
Die Ergebnisse des Haushaltsjahres 2001 geben folgendes Bild:
Gesamteinnahmen von 48,9 Mio. EUR, darunter 45,2 Mio. EUR aus der Gefangenenarbeit.
Gesamtausgaben von:
268,7 Mio. EUR, davon 160,6 Mio. EUR Personalausgaben 61,2 Mio. EUR sächliche
Verwaltungsausgaben 22,5 Mio. EUR Zuweisungen und Zuschüsse 33,3 Mio. EUR
Baumaßnahmen 5,2 Mio. EUR Investitionen. Daraus ergibt sich ein Zuschussbedarf in Höhe von
219,8 Mio. EUR.
Max-Planck-Institut für Ausländisches und
Internationales Strafrecht
Einnahmen aus Gefangenenarbeit
Bayern 1991 - 2003
Quelle: www.justizvollzugbayern.de/JV/
Aufgaben/Behandlung/Arbeit
Max-Planck-Institut für Ausländisches und
Internationales Strafrecht
Arbeit und Resozialisierung
•
Ansätze
– Verbesserung der Berufsausbildung
– Verbesserung des Zugangs zum Arbeitsmarkt
– durch nachfrageorientierte Programme
– durch angebotsorientierte Programme
•
Rückfalluntersuchungen zeigen keine bedeutsamen Auswirkungen
•
Bushway, S., Reuter, P. (1997): Labour Markets and Crime Risk
Factors. In: Sherman, L.W., Gottfredson, D.C., MacKenzie, D.L., Eck,
J. Reuter, P., Shawn D., Bushway, S.D. (Hrsg.): Preventing Crime:
What Works, What Doesn’t, What’s Promising. National Institute of
Justice: Washington.
Max-Planck-Institut für Ausländisches und
Internationales Strafrecht
Internationale Vereinbarungen
zur Zwangsarbeit
• UN Slavery Convention, 1926
• ILO C29 Forced Labour Convention, 1930
• UN Supplementary Convention on the Abolition of
Slavery, the Slave Trade and Institutions and Practices
Similar to Slavery, 1956
• ILO C105 Abolition of Forced Labour Convention, 1957
Max-Planck-Institut für Ausländisches und
Internationales Strafrecht
ILO Forced Labour Convention
1930
•
•
•
Article 2
1. For the purposes of this Convention the term forced or compulsory
labour shall mean all work or service which is exacted from any
person under the menace of any penalty and for which the said person
has not offered himself voluntarily.
2. Nevertheless, for the purposes of this Convention, the term forced
or compulsory labour shall not include—
– (c) any work or service exacted from any person as a
consequence of a conviction in a court of law, provided that the
said work or service is carried out under the supervision and
control of a public authority and that the said person is not hired
to or placed at the disposal of private individuals, companies or
associations
Max-Planck-Institut für Ausländisches und
Internationales Strafrecht
WTO und GATT*
•
•
•
Article XX
General Exceptions
Subject to the requirement that such measures are not applied in a manner
which would constitute a means of arbitrary or unjustifiable
discrimination between countries where the same conditions prevail, or a
disguised restriction on international trade, nothing in this Agreement
shall be construed to prevent the adoption or enforcement by any
contracting party of measures:
– (e) relating to the products of prison labour
•
* General Agreement on Tariffs and Trade
Max-Planck-Institut für Ausländisches und
Internationales Strafrecht
Arbeit und European Prison
Rules
•
•
•
•
•
•
•
Rule 71.
1 . Prison work should be seen as a positive element in treatment, training and
institutional management.
2. Prisoners under sentence may be required to work, subject to their physical and
mental fitness as determined by the medical officer.
3. Sufficient work of a useful nature, or if appropriate other purposeful activities shall be
provided to keep prisoners actively employed for a normal working day.
4. So far as possible the work provided shall be such as will maintain or increase the
prisoner's ability to earn a normal living after release.
5. Vocational training in useful trades shall be provided for prisoners able to profit
thereby and especially for young prisoners.
6. Within the limits compatible with proper vocational selection and with the
requirements of institutional administration and discipline, the prisoners shall be able to
choose the type of employment in which they wish to participate.
Max-Planck-Institut für Ausländisches und
Internationales Strafrecht
Grundsätze der European Prison
Rules
• Arbeit ist bedeutsam für Resozialisierung und für die
Organisation der Vollzugsanstalt
• Arbeit soll auf die Fähigkeiten und Möglichkeiten des
einzelnen Gefangenen ausgerichtet werden
• Arbeit im Strafvollzug soll Arbeitsfähigkeiten erhalten und
für Erwerbsarbeit nach Entlassung vorbereiten
Max-Planck-Institut für Ausländisches und
Internationales Strafrecht
Ansatz des Strafvollzugsgesetzes
• §37 I: Zielsetzung besteht (insbesondere) in der Förderung der
Fähigkeit, einer Erwerbsfähigkeit nach Entlassung
nachzugehen
– Weitere Zielsetzungen: Förderung des Selbstwerts
• §37 II: wirtschaftliche Ergiebigkeit soll zur Möglichkeit von
Unterhaltsleistungen sowie Schadenswiedergutmachung
beitragen
• §37 II: Anpassung an die individuellen Fähigkeiten und
Interessen
Max-Planck-Institut für Ausländisches und
Internationales Strafrecht
Arten von Arbeit
• wirtschaftlich ergiebige Arbeit (§37 II),
• angemessene Beschäftigung (§37 IV),
• arbeitstherapeutische Beschäftigung (§37 V)
• Hilfstätigkeiten in der Anstalt (§41 I, 2).
Max-Planck-Institut für Ausländisches und
Internationales Strafrecht
Grundsatz
• Der Gefangene soll eine qualifizierte und wirtschaftlich
ergiebige Tätigkeit verrichten (§37)
• Keine stumpfsinnige Arbeit
Max-Planck-Institut für Ausländisches und
Internationales Strafrecht
Hierarchie der Arbeitsformen
• In erster Linie Zuweisung qualifizierter Beschäftigung in
der Anstalt (oder Weiter-/Ausbildung)
– §39 I Gleichgestellt: freie Tätigkeit im Rahmen von
Freigang
– §39 II Im Ermessen der Anstaltsleitung:
Selbstbeschäftigung
• Wenn keine qualifizierte Beschäftigung möglich, dann
– Angemessene Beschäftigung
– Arbeitstherapeutische Maßnahmen
Max-Planck-Institut für Ausländisches und
Internationales Strafrecht
Angemessene Beschäftigung
• VV Nr. 2 zu §37:
• Eine Beschäftigung ist angemessen im Sinne des §37 IV,
wenn ihr Ergebnis wirtschaftlich verwertbar ist und in
einem vertretbaren Verhältnis zum Aufwand steht.
Max-Planck-Institut für Ausländisches und
Internationales Strafrecht
Arbeitsformen
• Arbeit in Eigenbetrieben der Anstalt (§149)
• Arbeit in Unternehmerbetrieben (§149 IV, externe
Arbeitgeber; Betriebe in der Anstalt)
» Keine Vermietung/Verleihung von Gefangenen an
externe Unternehmen
• §39 I: Freies Beschäftigungsverhältnis bei Zulassung zum
Freigang (§11)
• Selbstbeschäftigung des Gefangenen kann zugelassen
werden (§39 II)
• Hilfstätigkeiten in der Anstalt §41 I, 2
Max-Planck-Institut für Ausländisches und
Internationales Strafrecht
Verteilung der Beschäftigungen in Bayern
2003
Max-Planck-Institut für Ausländisches und
Internationales Strafrecht
Anstaltseigenbetriebe
• Sind einzurichten gem. §149 I
• Angleichungsgrundsatz §149 II
– Insb. Arbeitsschutz- und Unfallverhütungsvorschriften
Max-Planck-Institut für Ausländisches und
Internationales Strafrecht
Landesbetrieb Vollzugliches
Arbeitswesen (VAW) BadenWürttemberg
• Zentraler Landesbetrieb mit Ablegern in den einzelnen
JVAs
• Wirtschaftsdaten 2000
• Umsatzerlös in Höhe von ca. 48 Mio. DM
• Beschäftigung von durchschnittlich rund 5.000
Gefangenen
Max-Planck-Institut für Ausländisches und
Internationales Strafrecht
Unternehmerbetriebe
• Freie Unternehmen verlagern Teile der Produktion etc. in
Justizvollzugsanstalten §149 IV
• Keine „Vermietung“ von Gefangenen nach draußen
• Technische und fachliche Aufsicht kann an das
Unternehmen übertragen werde
• Jedoch: keine ausschließliche Leitungsgewalt von Privaten
• Öffentlich-rechtliche Gesamtverantwortung der
Vollzugsbehörde bleibt
Max-Planck-Institut für Ausländisches und
Internationales Strafrecht
Verhältnis Unternehmer- und
Eigenbetriebe
• JVA Freiburg 114 Arbeitsplätze in 6 Eigenbetrieben
(Schlosserei, Metallwerkstätte, Schreinerei, Bau- und
Malerbetrieb, Buchbinderei und Schneiderei), 27 in
Versorgungsbetrieben (Küche, Metzgerei), ca. 145 in
Unternehmerbetrieben.
Max-Planck-Institut für Ausländisches und
Internationales Strafrecht
Freies Beschäftigungsverhältnis
• Voraussetzungen
– Voraussetzungen des Freigangs (§11) müssen erfüllt sein
– Ermessensentscheidung (Anspruch auf
ermessensfehlerfreie Entscheidung)
» Kriterium: kann der Zweck der Arbeit in einem freien
Beschäftigungsverhältnis besser erreicht werden
– Stehen überwiegende Gründe des Vollzugs entgegen
» Organisatorische Probleme
» Angemessene Kontrollierbarkeit der Tätigkeit (vgl.
hierzu LG Göttingen StV 1990, S. 359,
Versicherungsagentur)
Max-Planck-Institut für Ausländisches und
Internationales Strafrecht
Selbstbeschäftigung
• Ermessensentscheidung, mit der Belange des Strafvollzugs
berücksichtigt werden können, insbesondere
– Eignung der Selbstbeschäftigung zur Erreichung des
Vollzugsziels (Resozialisierung)
– Eignung der Selbstbeschäftigung zur Erreichung des Ziels,
nach Entlassung die Erwerbsarbeit zu fördern
– Eignung der Selbstbeschäftigung, während des Vollzugs
Erwerbsarbeit durchzuführen
• Vgl. hierzu OLG Hamm, NStZ 1993, S. 208: Selbstbeschäftigung als freier Journalist
Max-Planck-Institut für Ausländisches und
Internationales Strafrecht
Entlohnung der Gefangenenarbeit
• §43: Grundsätzlich Anspruch auf Entlohnung der
Gefangenenarbeit
• Anspruch auf Ausbildungsbeihilfe (§44)
• Anspruch auf Taschengeld (§46)
• Bei Arbeitslosigkeit §45: Anspruch auf Ausfallentschädigung
bei unverschuldeter Arbeitslosigkeit; allerdings noch nicht in
Kraft getreten
Max-Planck-Institut für Ausländisches und
Internationales Strafrecht
Entlohnung der Gefangenen vor der
Entscheidung des BVerfG 1998
•
•
•
•
1994
Ausgangspunkt: das Durchschnittsentgelt der gesetzlichen
Rentenversicherung im vorvergangenen Kalenderjahr (1992):
1992: 47.040 DM
hiervon 5%: 2.352 DM
– Tagessatz: 250. Teil von 5% des Durchschnittsentgelts: 9,41 DM
– Hieraus folgt ein Stundenlohn von 1,22 DM
– Gem. §1 Strafvollzugsvergütungsordnung werden 5
Vergütungsstufen eingerichtet, die zwischen 75% und 125% des
Stundenlohns bzw. Tagessatzes liegen können: 0,92 - 1,53 DM.
•
Monatslohn ca. 250 DM
Max-Planck-Institut für Ausländisches und
Internationales Strafrecht
BVerfG NJW 1998, S. 3337
Zur Entlohnung von Gefangenenarbeit
•
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•
•
•
Vollzugsbeschränkungen sind am verfassungsrechtlichen Resozialisierungsgebot
auszurichten
Die Verfassung gebietet es, den Strafvollzug auf die Resozialisierung hin auszurichten,
woraus gem. Art. 2 I i.V.m. Art. 1 I GG ein grundrechtlicher Anspruch des einzelnen
Gefangenen folgt, dass bei allen belastenden Maßnahmen das Resozialisierungsziel
berücksichtigt wird
Der Gesetzgeber ist angehalten, die Gefangenenarbeit auf eine Art und Weise
"anzuerkennen", die dem Gefangenen den "Wert regelmäßiger Arbeit für ein künftiges
eigen verantwortetes und straffreies Leben in Gestalt eines für ihn greifbaren Vorteils
vor Augen" führt
Die "angemessene Anerkennung" muss nicht unbedingt monetärer Natur sein
Dem Gesetzgeber steht ein Auswahlermessen zwischen grundsätzlich geeigneten
Maßnahmen zu
– Aufbau einer sozialversicherungsrechtlichen Anwartschaft, in Hilfen zur
Schuldentilgung oder in der Verkürzung der Haftzeit (good time Reduzierung)
•
Liegt die Anerkennung aber bloß in der Bezahlung, dann muss diese, soll sie mit dem
Resozialisierungsgebot vereinbar sein, in der Höhe des Entgelts zum Ausdruck
kommen.
Max-Planck-Institut für Ausländisches und
Internationales Strafrecht
Die Neuregelung
•
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•
•
•
5. Gesetz zur Änderung des Strafvollzugsgesetzes (vom 27.12. 2000, BGBL. I, 2043, in
Kraft getreten zum 1.1. 2001): §43 neue Fassung (die Arbeit wird anerkannt durch …)
Die Bemessung des Arbeitsentgelts richtet sich an Stelle der 5 % der Bezugsgröße nach
9 % (das Arbeitsentgelt wird durchschnittlich von monatlich ca. 215 auf ca. 400 DM
steigen)
Arbeitende Gefangene können für jeweils zwei Arbeitsmonate 1 Tag zusätzlich
beurlaubt oder von der Arbeitspflicht freigestellt werden (pro Jahr 6 Tage), §43 VI
An Stelle der Freistellung von der Arbeitspflicht kann eine frühere Entlassung treten
Letzteres gilt nicht für (§43 10):
–
–
–
–
•
Lebenslängliche und Sicherungsverwahrte
abzuschiebende Ausländer
Gefangene, die im Gnadenwege entlassen werden
wenn das Gericht eine abweichende Regelung trifft
Für diese Fälle ist eine Ausgleichzahlung vorgesehen, deren Höhe 15 % des
Arbeitsentgelts betragen soll.
Max-Planck-Institut für Ausländisches und
Internationales Strafrecht
Ergebnis
•
•
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1994
Ausgangspunkt: das Durchschnittsentgelt der gesetzlichen Rentenversicherung im vorvergangenen
Kalenderjahr (1992):
1992: 47.040 DM
hiervon 5%: 2.352 DM
• Tagessatz: 250. Teil von 5%
des Durchschnittsentgelts:
9,41 DM
• Hieraus folgt ein Stundenlohn
von 1,22 DM
• 5 Vergütungsstufen zwischen
75% und 125% des
Stundenlohns bzw.
Tagessatzes: 0,92 - 1,53 DM.
Monatslohn ca. 250 DM (130 €)
•
•
•
•
1994
Ausgangspunkt: das Durchschnittsentgelt der gesetzlichen Rentenversicherung im vorvergangenen
Kalenderjahr (1992):
1992: 47.040 DM
hiervon 9%: 4.230,36 DM
– Tagessatz: 250. Teil von
9% des Durchschnittsentgelts: 16,92 DM
– Hieraus folgt ein
Stundenlohn von 2,12 DM
– 5 Vergütungsstufen
zwischen 75% und 125%
des Stundenlohns bzw.
Tagessatzes: 1,60 – 2,65
DM.
•
Monatslohn ca. 432 DM (220 €)
Der Tagessatz dieser Eckvergütung beträgt im Jahr 2004 10,43 EUR, der Stundensatz (das Arbeitsentgelt wird nach
Stundensätzen gewährt) 1,35 EUR.
Max-Planck-Institut für Ausländisches und
Internationales Strafrecht
Kritik der neuen Regelung zur
Arbeitsentlohnung
• 1. Anhebung liegt unterhalb dessen, was in der Literatur für
angemessen gehalten wird (> 20%), unter der Vorgabe der
Bundesregierung (15 %). Sie liegt unterhalb der 10%, die schon
1980 von der Bundesregierung vorgeschlagen worden waren
und erreicht nicht die "zweistellige" Zahl, die vom
Bundesverfassungsgericht als Maßstab angeraten wurde.
• 2. Die unzureichende Erhöhung wird auch nicht durch die
"nicht-monetären Vorteile" ausgeglichen. Diese werden bereits
deshalb als unzureichend betrachtet, weil sie große Gruppen
von Gefangenen von vornherein ausschließen.
Max-Planck-Institut für Ausländisches und
Internationales Strafrecht
BvR 2175/01 vom 24. 3. 2002
•
•
Verfassungsbeschwerde eines Gefangenen wegen der Neuregelung der
Arbeitsentlohnung wird nicht zur Entscheidung angenommen
Begründung
• der Gesetzgeber hat den in der Entscheidung aus 1998 (BVerfGE 98, 169)
gesteckten Rahmen eingehalten.
» Die vom Gesetzgeber geregelte Entlohnung in Gestalt einer
Kombination von monetären und nicht monetären Leistungen ist nicht
"derart unangemessen", dass sie nicht mehr zu Resozialisierung
beitragen kann
» Der Gesetzgeber hat die äußerste Grenze einer verfassungsrechtlich
zulässigen Bezugsgröße "gerade noch gewahrt"
» Die Regelung ist "derzeit noch vertretbar"
» Die Erhöhung von 5% auf 9% ist angesichts der Gewährung nicht
monetärer Leistungen "noch verfassungsgemäß"
» Der "Umfang der gewährten Freistellung" ist "derzeit noch angemessen"
» Angesichts der pro Kalenderjahr nur geringfügig zu erzielenden
Freistellungstage bleibt "der Gesetzgeber aufgefordert, den Umfang der
nicht-monetären Leistung einer ständigen Überprüfung zu unterziehen".
Max-Planck-Institut für Ausländisches und
Internationales Strafrecht
Freistellung von der Arbeitspflicht
(Urlaub)
• §42
– Für ein Jahr zugewiesene Tätigkeit oder Hilfstätigkeiten
18 Werktage Urlaub
– Krankheiten werden bis zu 6 Wochen angerechnet
– Fortzahlung der Bezüge
– Urlaubsregelungen bei freien Beschäftigungsverhältnissen
bleiben unberührt.
Max-Planck-Institut für Ausländisches und
Internationales Strafrecht
Weitere Bezüge
•
Ausbildungsbeihilfe §44
•
Ausfallentschädigung §45: nicht in Kraft getreten
•
Taschengeld §46
–
–
–
–
–
Sozialhilfegedanke
VV 2 zu §46 25% der Eckvergütung gem. §43
Keine zeitliche Begrenzung
Unverschuldet arbeitslos
Bedürftigkeit (aus Hausgeld und Eigengeld steht im laufenden
Monat nicht der dem Taschengeld entsprechende Betrag zur
Verfügung)
Max-Planck-Institut für Ausländisches und
Internationales Strafrecht
Einbeziehung von Gefangenen in
Versicherungssysteme
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1. Rentenversicherung:
- keine Rentenversicherung für Beschäftigungsformen des §37 sowie §41
- Rentenversicherung selbstverständlich in freiem Beschäftigungsverhältnis
- Selbstbeschäftigung: selbständige Versicherung
2. Krankenversicherung
- wie 1. für §§37, 41
- wie 1. für freies Beschäftigungsverhältnis
- Selbstbeschäftigung: wie Selbständige
3. Unfallversicherung
- nach §540 sind gem. §§37, 41 Beschäftigte unfallversichert.
- Unfallversicherung bei freiem Beschäftigungsverhältnis
- Selbstbeschäftigung: wie Selbständige
4. Arbeitslosenversicherung
- für nach §§37, 41 Beschäftigte §194 StVollZG
- freies Beschäftigungsverhältnis gesetzliche Versicherung
- Selbstbeschäftigung: Eigenverantwortung
Max-Planck-Institut für Ausländisches und
Internationales Strafrecht
Einbeziehung in die
Arbeitslosenversicherung
•
•
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Die arbeitenden Gefangenen sind in den Anwendungsbereich des
Arbeitsförderungsrechts (SGB III) einbezogen. Die Beiträge zur
Bundesanstalt für Arbeit werden ganz (Arbeitnehmer- und
Arbeitgeberanteil) von dem für die Vollzugsanstalt zuständigen Land
getragen. Der Bemessung der Beiträge wird ein fiktives Arbeitsentgelt
in Höhe von 90 % der Bezugsgröße nach § 18 des SGB IV zugrunde
gelegt.
Gemäß § 195 des Strafvollzugsgesetzes wird grundsätzlich von dem
Arbeitsentgelt des Gefangenen ein Betrag einbehalten, der dem Anteil
des Gefangenen am Beitrag entsprechen würde, wenn er diese Bezüge
als Arbeitnehmer erhielte (derzeit 3,25 % aus seinem Arbeitsentgelt,
nicht aus der Beitragsbemessungsgrundlage).
Bayern: Die Aufwendungen für die Beiträge der Gefangenen zur
Bundesagentur für Arbeit betrugen im Jahr 2003 insgesamt 8,1 Mio.
EUR (1990: 4,6 Mio. EUR).
Max-Planck-Institut für Ausländisches und
Internationales Strafrecht
Verwendung der finanziellen
Leistungen an den Gefangenen
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1. Hausgeld: §47 I von Arbeitsentgelt bzw. Ausbildungsbeihilfe drei Siebtel
für persönlichen Bedarf
2. Unterhaltsbeitrag
§49 ist suspendiert.
3. Überbrückungsgeld: §51 verpflichtet zur Bildung eines sog.
Überbrückungsgeldes. Sicherung für die ersten 4 Wochen nach Entlassung.
Vor Gläubigerzugriff geschützt: §51 IV, V.
VV zu §51; Die Höhe des Ü-Geldes soll das Vierfache der nach §§ 28, 40
SGB XII festgesetzten monatlichen Mindestbeträge nicht unterschreiten (bei
alleinstehenden Gefangenen 1380 €.
4. Eigengeld: nach §52 alle sonstigen Geldbeträge, die der Gefangene
entweder bereits vor Strafantritt besaß oder die ihm während der Strafhaft
zugewendet werden.
freies Eigengeld und gesperrtes Eigengeld (Sperre für die Teile, die zur
Vervollständigung des Überbrückungsgeldes benötigt werden. Insoweit nicht
pfändbar).
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Internationales Strafrecht
Pfändung
• StVollzG §§ 43, 51 Abs. 4 Satz 2; ZPO §§ 850c und 850k
• Der Anspruch eines Strafgefangenen auf Auszahlung
seines Eigengeldes ist nach Maßgabe des § 51 Abs. 4
Satz 2 StVollzG pfändbar. Soweit das Eigengeld aus
Arbeitsentgelt für eine zugewiesene Beschäftigung
gebildet worden ist, finden die Pfändungsfreigrenzen
des § 850c ZPO und der Pfändungsschutz gemäß §
850k ZPO keine Anwendung.
• BGH, Beschluss vom 16. Juli 2004 - IXa ZB 287/03 - LG
Potsdam, AG Brandenburg
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Internationales Strafrecht
Pfändungsgrenzen
•
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•
Die Pfändungsgrenzen des § 850c ZPO gelten nur für das in Geld
zahlbare Arbeitseinkommen selbst
Der Anspruch auf Arbeitsentgelt ist mit der Gutschrift auf dem von der
Anstalt für den Gefangenen zu führenden Eigengeldkonto erfüllt und
damit erloschen
Ein Kontopfändungsschutz nach § 850k ZPO scheitert daran, dass die
kontoführende Stelle, die das Gefangenengeld bis zur Entlassung
verwaltet, kein Geldinstitut ist. Eine Analogie zu § 850k ZPO scheidet
laut BGH aus, da der inhaftierte Schuldner Unterkunft, Verpflegung,
notwendige Kleidung sowie Gesundheitsvorsorge von der
Justizvollzugsanstalt erhält und damit sein Schutzbedürfnis mit dem
eines in Freiheit lebenden Schuldners nicht vergleichbar ist
Max-Planck-Institut für Ausländisches und
Internationales Strafrecht
§50 Haftkostenbeitrag
•
•
•
Grundsatz: Verurteilte haben die Kosten des Verfahrens und die
Kosten der Vollstreckung zu tragen
§50 I Haftkosten werden nicht erhoben bei Bezügen nach dem
Strafvollzugsgesetz
Haftkostenbeitrag wird bei freien Beschäftigungsverhältnissen erhoben
(ggfs. auch bei Selbstbeschäftigung)
» Gem. §17 SGB IV (Sachbezüge: Verpflegung und
Unterkunft)
» Zu berücksichtigen: Resozialisierungsgebot
•
Bei Einzelunterbringung monatlich ca. 150 € für Unterkunft sowie 180
€ für Verpflegung (alte Bundesländer)
Max-Planck-Institut für Ausländisches und
Internationales Strafrecht
Ausbildung
• Ausbildung ist der Arbeit gleichgestellt §37
• Zielsetzung, insbesondere Vermittlung, Erhaltung,
Förderung der Fähigkeiten für eine Erwerbsarbeit (§37 I)
Max-Planck-Institut für Ausländisches und
Internationales Strafrecht
Voraussetzungen für
Ausbildungsmaßnahmen
• §37 III Geeignetheit
– individuelle Begabung und Leistungsfähigkeit
• §41 II Zustimmung des Gefangenen
• Anspruch auf ermessensfehlerfreie Entscheidung
Max-Planck-Institut für Ausländisches und
Internationales Strafrecht
Anspruch auf
Förderungsmaßnahmen
• AFG bzw. AFRG gibt Anspruch auf Förderung der
beruflichen Weiter- und Ausbildung
• Gefangene haben denselben Anspruch gegenüber
Arbeitsamt wie freie Bürger
» Erforderlich für berufliche Eingliederung
» Fähigkeiten lassen Erreichung des Ziels erwarten
• Allerdings §37 III Ermessen der Strafvollzugsverwaltung
Max-Planck-Institut für Ausländisches und
Internationales Strafrecht
Unterricht
• §38: Verpflichtung der Vollzugsbehörde
• zum
– Angebot von Hauptschulabschluss/Sonderschule
– für geeignete Gefangene
• Gleichwertigkeit mit Arbeit
• Angebot kann auch durch freie Träger und Private
bereitgestellt werden
» heute wohl fast schon die Regel
Max-Planck-Institut für Ausländisches und
Internationales Strafrecht
Aussenkontakte
Max-Planck-Institut für Ausländisches und
Internationales Strafrecht
Verpflichtung zur Ermöglichung von Außenkontakten
• §3 I Angleichungsgrundsatz: Ermöglichung von
Kommunikation und Benutzung aller
Kommunikationsformen
• §3 II: Begrenzung schädlicher Wirkungen: Desintegration
und Zerbrechen von Beziehungen sind zu vermeiden
• §3 III: Eingliederungsgrundsatz: Aufrechterhaltung von
Konatkten etc. als Voraussetzung für Wiedereingliederung
Max-Planck-Institut für Ausländisches und
Internationales Strafrecht
Briefwechsel
• § 28: Recht auf Briefwechsel
– unbeschränktes Absenden
– unbeschränktes Empfangen
• Prinzipiell unbegrenzt: Zahl, Umfang der Briefe sowie der
Kreis der Briefpartner
• Briefverkehr zwischen Gefangenen?
– §28 entsprechend
– §4 II, 2
Max-Planck-Institut für Ausländisches und
Internationales Strafrecht
Briefinhalt
• Beilage von Zeitungsausschnitten
» Bestandteil des Briefes
• Umfangreiche Beilagen (ohne Bezug zum brieflichen
Austausch)
» §33
• Informationsmaterial
» §68 I
• Im Übrigen: §§70, 83 I
Max-Planck-Institut für Ausländisches und
Internationales Strafrecht
Material und Kosten
• Material (Papier, Schreibgerät) wird von der
Vollzugsanstalt gestellt
• Gefangener hat ein Recht auf Benutzung eigenen
Briefpapiers
• Kosten des Briefverkehrs:
» Verpflichtung zur Übernahme durch die Anstalt, falls
Gefangener nicht dazu in der Lage ist?
» VV 2 zu §28: Die Kosten des Schriftverkehrs trägt der
Gefangene, Die Anstalt kann sie in begründeten
Fällen übernehmen
Max-Planck-Institut für Ausländisches und
Internationales Strafrecht
Überwachung des
Briefwechsels
• §29 III: im Übrigen darf der Schriftwechsel überwacht
werden
» soweit für Behandlung oder Sicherheit und Ordnung
der Anstalt erforderlich
» keine Verpflichtung zur Überwachung
• Ausgenommen von Überwachung (§29, I, II)
» Schriftwechsel mit Verteidiger (Vgl. §148 StPO)
» Schreiben an Parlamente, EGMR, Kommission für
Menschenrechte, Antifolter-Kommission,
Datenschutzbeauftragte, vgl. auch §164 II, 2
Schriftwechsel mit Anstaltsbeiräten
Max-Planck-Institut für Ausländisches und
Internationales Strafrecht
Vermittlung durch die Anstalt
• §30 I: Briefwechsel wird durch die Anstalt vermittelt
• II: unverzügliche Weiterleitung
• III eingehende Schreiben sind unverschlossen zu
verwahren oder verschlossen zur Habe zu geben
Max-Planck-Institut für Ausländisches und
Internationales Strafrecht
Beschränkungen des
Briefwechsels
• §28 II: Generelle Untersagung des brieflichen Verkehrs
mit bestimmten Personen
– Gefährdung der Sicherheit und Ordnung
– bei Nicht Angehörigen im Falle der Befürchtung
schädlichen Einflusses auf den Gefangenen und
Behinderung der Resozialisierung
» Schutz der Angehörigen durch Art. 6 GG
Max-Planck-Institut für Ausländisches und
Internationales Strafrecht
Beschränkung im Einzelfall
• §31: Anhalten von Schreiben
– Gefährdung des Vollzugsziels oder der Sicherheit und
Ordnung der Anstalt
– Weitergabe in Kenntnis des Inhalts verwirklicht
Straftatbestand
– grob unrichtige oder erheblich entstellende Darstellung der
Anstaltsverhältnisse
– grobe Beleidigungen
– Gefährdung der Eingliederung anderer Gefangener
– ohne zwingenden Grund in fremder Sprache,
unverständlich etc.
Max-Planck-Institut für Ausländisches und
Internationales Strafrecht
Verhältnis §28 II und §31
• §31 weniger eingreifend
• Unter Verhältnismäßigkeitsgesichtspunkten ist deshalb
immer zu prüfen, ob nicht Maßnahmen nach §31
ausreichen
Max-Planck-Institut für Ausländisches und
Internationales Strafrecht
OLG Koblenz ZfStrVo 1979, S.
250
• Einem wegen Heiratsschwindel vorbestraften Gefangenen
wird der Briefkontakt mit verschiedenen Frauen generell
untersagt
• kriminelle Selbstgefährdung
Max-Planck-Institut für Ausländisches und
Internationales Strafrecht
Anhaltegrund 1
• Gefährdung des Vollzugsziels, Sicherheit und Ordnung
– Aufforderung eines Vereins „Knastmedizin“ zum
Sammeln von Vorkommnissen in der Anstalt
– rechtsextremistischer Inhalt
Max-Planck-Institut für Ausländisches und
Internationales Strafrecht
Anhaltegrund 2
• Weitergabe und Straftat/Ordnungswidrigkeit
– Schutz der Bediensteten
Max-Planck-Institut für Ausländisches und
Internationales Strafrecht
Anhaltegrund 3
• Grob unrichtige oder erheblich entstellende Darstellungen
der Anstaltsverhältnisse
• Schutz der Vollzugsbehörde vor Angriffen
• Wahrheitskern nicht mehr erkennbar (erheblich
entstellend) oder schlicht unwahr (grob unrichtig)
Max-Planck-Institut für Ausländisches und
Internationales Strafrecht
Anhaltegrund 4
• Grobe Beleidigungen
• BVerfG StV 1993, S. 600
• Reichsparteitags-OLG in einem Brief an die
Verlobte
Max-Planck-Institut für Ausländisches und
Internationales Strafrecht
Art. 5, 6 GG
• Meinungsäußerung findet Grenze in allgemeinen Gesetzen
(Art. 5 II)
– Grundrechtsbeschränkende Gesetze müssen im Licht des
beschränkten Grundrechts ausgelegt und angewandt
werden
– Abwägung zwischen Meinungsfreiheit und anderen
Rechtsgütern; Verbot der Zensur
– bei Ehegatten zudem Art. 6; Gefangene sollen auch die
Möglichkeiten ungestörten Austauschs mit engsten
Familienangehörigen haben
– Deshalb: Zwar Kontrolle, aber Einschränkung der
Wahrnehmung der Beleidigung etc.
Max-Planck-Institut für Ausländisches und
Internationales Strafrecht
Ferngespräche
• §32
• Ermessensfreiheit
• Besuchsüberwachungsregeln gelten (akustische
Überwachung)
• Information der überwachten Gesprächsteilnehmer
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Internationales Strafrecht
Pakete
• §33
– Recht auf Paketempfang drei Mal jährlich
Max-Planck-Institut für Ausländisches und
Internationales Strafrecht
VV zu §33
•
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•
•
•
1 (1) Der Empfang eines Paketes ist zugelassen zu Weihnachten, zu Ostern und zu
einem von dem Gefangenen zu wählenden weiteren Zeitpunkt (z.B. Geburtstag).
(2) Einem Gefangenen, der nicht einer christlichen Religionsgemeinschaft angehört,
kann anstelle des Weihnachts- und des Osterpaketes der Empfang je eines Paketes aus
Anlass eines hohen Feiertages seines Glaubens gestattet werden.
2 (1) Einschließlich der Verpackung darf das Gewicht des Weihnachtspaketes fünf
Kilogramm, der beiden übrigen Pakete jeweils drei Kilogramm nicht übersteigen.
(2) Ein Paket darf Alkohol und andere berauschende Mittel in jeder Form sowie
Medikamente und Tabletten nicht enthalten.
(3) In den Fällen einer ärztlichen Anordnung nach § 22 Abs 2 StVollzGLinks\22.doc
darf der Inhalt des Paketes nur nach Anhörung des Arztes ausgehändigt werden.
3 Die Erlaubnis zum Empfang sonstiger Pakete kann namentlich für die Zusendung von
Unterrichts- und Fortbildungsmitteln, Entlassungskleidung und Gegenständen für die
Freizeitbeschäftigung erteilt werden.
4 Jedes Paket soll ein Inhaltsverzeichnis enthalten und den Absender erkennen lassen.
Die Verwendung einer von der Anstalt ausgegebenen Paketmarke kann vorgeschrieben
werden.
Max-Planck-Institut für Ausländisches und
Internationales Strafrecht
VV zu §33
•
•
•
•
5
(1) Das Paket soll innerhalb eines Zeitraumes von zwei Wochen vor oder nach
den in Nummer 1 genannten Zeitpunkten eingehen.
(2) Die Anstalt kann die Annahme eines Paketes, das zur Unzeit (Absatz 1)
oder mit Übergewicht eingeht oder dessen Empfang nicht zugelassen ist, -gegebenenfalls bereits auf dem Postamt -- verweigern. Sie teilt dem
Gefangenen die Annahmeverweigerung und den Grund dafür mit.
(3) Absatz 2 gilt nicht für ein Paket, das einem ausländischen Gefangenen
nicht aus dem Geltungsbereich des Strafvollzugsgesetzes zugesandt wird.
Wird das Höchstgewicht überschritten oder ist das Paket nicht zugelassen,
kann der Mehrinhalt oder der Inhalt dem Gefangenen ausgehändigt werden,
wenn dieser mit der Zuführung eines dem Wert entsprechenden, von der
Anstalt festgesetzten Betrages aus dem Hausgeld zum Überbrückungsgeld
oder Eigengeld einverstanden ist. Andernfalls ist der Mehrinhalt oder der
Inhalt des Paketes zur Habe des Gefangenen zu nehmen, soweit er nicht mit
dessen Zustimmung anderweitig verwendet oder soweit nicht nach § 83 Abs. 3
StVollzG verfahren wird.
Max-Planck-Institut für Ausländisches und
Internationales Strafrecht
VV zu §33
•
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•
•
•
•
•
6
(1) Ein Gefangener, der kein Paket erhält, darf zum Ausgleich Nahrungs- und
Genußmittel einkaufen. …
(2) Geht für einen Gefangenen nach dem Ersatzeinkauf in dem in Nummer 5 Abs, 1
bestimmten Zeitraum ein Paket ein, ist es ihm auszuhändigen, wenn er mit der
Zuführung des gleichen Betrages, den er für den Ersatzeinkauf verwendet hat, aus dem
Hausgeld zum Überbrückungsgeld oder Eigengeld einverstanden ist. Andernfalls ist das
Paket zurückzusenden. Nummer 5 Abs. 3 bleibt unberührt.
7
(1) Der Paketinhalt wird auf verbotene Gegenstände durchsucht. Liegt ein
Inhaltsverzeichnis bei, ist die Vollzähligkeit zu prüfen; Abweichungen sind auf dem
Verzeichnis zu vermerken.
(2) Der Gefangene hat den Empfang des Paketes schriftlich zu bestätigen.
8
Die Kosten des Paketverkehrs trägt der Gefangene. Ist er dazu nicht in der Lage, kann
die Anstalt die Kosten in begründeten Fällen in angemessenem Umfang übernehmen.
9
Der Gefangene soll alsbald nach der Aufnahme durch Aushändigung eines Merkblattes
über die Möglichkeit, Pakete zu empfangen und zu versenden, unterrichtet werden.
Max-Planck-Institut für Ausländisches und
Internationales Strafrecht
Paketverkehr der Strafgefangenen und Sicherungsverwahrten in
Justizvollzugsanstalten des Landes Nordrhein-Westfalen RV d. JM vom 13.
Oktober 1988 (4510 - IV B. 40)
•
1.1 Empfang von Paketen
1.1.1 Pakete mit Nahrungs- und Genussmitteln dürfen Tabakwaren sowie Kaffee, Tee
und deren Extrakte nur bis zu folgenden Höchstmengen enthalten:
200 g Pfeifen- oder Zigarettentabak mit 8 Heften Zigarettenpapier oder
140 Zigaretten oder
50 Zigarren oder
80 Zigarillos,
250 g Kaffee oder
100 g Kaffee-Extrakt,
125 g Tee oder
50 g Tee-Extrakt.
1.1.2 Pakete mit Nahrungs- und Genussmitteln dürfen auch eine Tabakpfeife, 50
Pfeifenreiniger und eine Zigarren- oder Zigarettenspitze enthalten.
1.1.3 Über die Regelung in Nr. 2 Abs. 2 der VV zu § 33 StVollzG hinaus dürfen nicht
zugesandt werden Getränke, andere als die in Nr. 1.1.1 genannten Grundstoffe zur
Herstellung von Getränken, Grundstoffe zur Herstellung von Suppen, gefüllte
Schokoladenerzeugnisse, Süßstoff und Nüsse in Schalen.
1.1.4 Als Verpackungsmaterial sind Gläser, Steingutbehältnisse, Tuben und verlötete
Dosen nicht zugelassen. Das gilt nicht für Kaffee und Tee oder deren Extrakte in
handelsüblichen und vom Hersteller verschlossenen Verpackungen.
1.1.5 Einem jungen Gefangenen, der das 16. Lebensjahr noch nicht vollendet hat, dürfen
weder Tabakwaren noch Raucherbedarfsartikel zugesandt werden.
Max-Planck-Institut für Ausländisches und
Internationales Strafrecht
Sachverhalt
•
•
Der Ast. befindet sich zur Zeit in Sicherungsverwahrung, deren Ende
auf den 7. 5. 2000 datiert ist. In der Zeit vom 21. 11. 1991 bis zum 7.
12. 1995 war er in der JVA A. untergebracht.
Mit Bescheid vom 14. 6. 1996 lehnte die Antragsgegnerin, die JVA B.,
den Antrag des Untergebrachten ab, ihm den Empfang von insgesamt
15 Paketen pro Jahr in der Anstalt zu erlauben. Der Untergebrachte
hatte begehrt, zusätzlich zu den gemäß § 33 I 1 StVollzG
vorgesehenen 3 Paketen jährlich weitere 12 Pakete erhalten zu dürfen
und dabei geltend gemacht, diese Erlaubnis sei ihm für die Zeit der
Unterbringung in der JVA A. erteilt worden. In ihrem Bescheid hat die
Antragsgegnerin die Erlaubnis von zusätzlichen 4 Paketen jährlich
erteilt und auf eine entsprechende Verfügung aus dem Jahre 1987
hingewiesen.
Max-Planck-Institut für Ausländisches und
Internationales Strafrecht
OLG Celle, Beschluß vom
28.10.1996 - 1 Ws 260/96 StrVollz
• Die nach § 33 I 3 StVollzG erteilte Erlaubnis, weitere
Pakete zu empfangen, beinhaltet in aller Regel keine
für die gesamte Haftzeit geltende Dauererlaubnis.
Allein der Umstand, daß der Gefangene in einer
anderen Vollzugsanstalt jährlich 15 Pakete erhalten
durfte, bindet deshalb die nach einer Verlegung nun
zuständige Vollzugsanstalt nicht.
• NStZ 1997, 256
Max-Planck-Institut für Ausländisches und
Internationales Strafrecht
Besuche
Max-Planck-Institut für Ausländisches und
Internationales Strafrecht
European Prison Rules
• Contact with the outside world
• 43. 1. Prisoners shall be allowed to communicate with
their families and, subject to the needs of treatment,
security and good order, persons or representatives of
outside organisations and to receive visits from these
persons as often as possible.
• 44. 1. Prisoners who are foreign nationals should be
informed, without delay, of their right to request contact
and be allowed reasonable facilities to communicate with
the diplomatic or consular representative of the state to
which they belong.
Max-Planck-Institut für Ausländisches und
Internationales Strafrecht
Besuche
• §23 Grundsatz: Recht auf Verkehr mit der Außenwelt
• §24 Recht auf Besuch
» VV Keine Pflicht, Besucher zu sehen
• Beschränkung lediglich §24 I, S. 2: aber mindestens 1
Stunde
» Einzelheiten regelt die Hausordnung (§161 II, Nr. 1)
• Bei Vorliegen der Voraussetzungen des §24 II ist weiterer
Besuch regelmäßig zu gestatten
» Förderung der Behandlung
» Erledigung von geschäftlichen, persönlichen
Angelegenheiten
Max-Planck-Institut für Ausländisches und
Internationales Strafrecht
Unterschiedliche Behandlung
• §24 II lässt eine unterschiedliche Besuchsregelung für
Gefangene aus der Perspektive des Erhalts und der
Förderung familiärer Beziehungen zu (Art. 6 GG)
• Allerdings ist dabei nicht allein auf den
Familienstand, sondern auf die Förderung der
tatsächlichen (elterlichen) Beziehungen abzustellen
(OLG Bamberg NStZ 1995, S. 304)
Max-Planck-Institut für Ausländisches und
Internationales Strafrecht
Einschränkungen des
Besuchsrechts
• Besuchsverbot §25
• Durchsuchung
» der Besucher §24 III
» des Gefangenen §84
• Überwachung des Besuchs §27
• Besuchsabbruch §27 II
Max-Planck-Institut für Ausländisches und
Internationales Strafrecht
Besuchsverbot §25
• Dieselben Voraussetzungen wie Untersagung des
Schriftwechsels
– 1. wenn die Sicherheit oder Ordnung der Anstalt gefährdet
würde,
– 2. bei Besuchern, die nicht Angehörige des Gefangenen im
Sinne des Strafgesetzbuches sind, wenn zu befürchten ist, dass
sie einen schädlichen Einfluß auf den Gefangenen haben oder
seine Eingliederung behindern würden.
• Besuchsverbot ist „ultima ratio“
• Verhältnismäßigkeitsprinzip: zu prüfen ist, ob ausreichend sind
» Überwachung des Besuchs
» Durchsuchung
Max-Planck-Institut für Ausländisches und
Internationales Strafrecht
Beispiel für Besuchsverbot
• Besuchsverbot bei Rechtsextremisten
• Für außenstehende Personen, die zur rechten Szene
gehören und nicht Angehörige des Gefangenen sind, wird
ein Besuchsverbot ausgesprochen.
Max-Planck-Institut für Ausländisches und
Internationales Strafrecht
Durchsuchung
• Besuch kann von der Durchsuchung des Besuchers
abhängig gemacht werden
– nicht erzwingbar, bei Ablehnung der Durchsuchung:
Ablehnung des Besuchs
• Durchsuchungstechnik:
– Sonden, Abtasten, Sicherheitsschleuse
– keine mit völliger Entkleidung verbundene körperliche
Durchsuchung
Max-Planck-Institut für Ausländisches und
Internationales Strafrecht
Besuchsüberwachung
• §27
– Die Besuche dürfen aus Gründen der Behandlung oder der
Sicherheit oder Ordnung der Anstalt überwacht werden,...
• §27 I, S. 1 und S. 2:
– visuelle Kontrolle (überwachen)
– akustische Kontrolle (Überwachung der Unterhaltung)
• Akustische Überwachung nur in unerläßlichen
Ausnahmefällen (§27 I, S. 2: im Einzelfall)
• Voraussetzung: ein auf konkreten Anhaltspunkten
beruhendes Missbrauchsrisiko
Max-Planck-Institut für Ausländisches und
Internationales Strafrecht
Generelle
Überwachungsanordnungen
• Für akustische Kontrollen unzulässig
– konkretes Missbrauchsrisiko verlangt
• Für visuelle Überwachung
– Individualisierungsgebot
– Angleichungsgrundsatz
• Für zulässig erachtet in Hochsicherheitsgefängnissen
• Im Übrigen ggfs. Differenzierungen entlang
» Gemeinschaftsbesuchsräumen
» Einzelbesuchsräumen
Max-Planck-Institut für Ausländisches und
Internationales Strafrecht
Sachverhalt
•
In derJVA S. ist für Gefangene, die sich im geschlossenen Vollzug
befinden, generell die optische und akustische Besuchsüberwachung
angeordnet. Einen Antrag, Besuche der Großmutter nicht gänzlich
überwachen zu lassen, hat der Anstaltsleiter abgelehnt. Den hiergegen
gerichteten Antrag hat die StVK zurückgewiesen. Zur Begründung hat
sie im wesentlichen ausgeführt, gesetzliche Grundlage der generellen
Besuchsüberwachung sei § 4 II 2 Links\4.doc, nicht jedoch §27 I
StVollzG . §27 I gestatte eine Überwachung nur aus individuellen, d.h. in
der Person des Gefangenen oder seines Besuchers liegenden Gründen.
Solche seien hier nicht dargetan. Dagegen rechtfertige § 4 II 2 eine
generelle Gesprächsüberwachung. Sie sei im Hinblick auf die
besonderen Verhältnisse in der JVA S. - Vollzug von U-Haft und
Freiheitsstrafen von einem Tag bis lebenslänglich - zur
Aufrechterhaltung der Sicherheit und Vermeidung eventueller schwerer
Störungen bei der Durchführung von Strafverfahren unerläßlich.
Max-Planck-Institut für Ausländisches und
Internationales Strafrecht
Entscheidung
•
•
•
•
1. §27 I StVollzG ist eine „besondere Regelung" i.S. des §4 II, 2 StVollzG.
Nur auf ihrer Grundlage ist eine generelle Besuchsüberwachung in einer
JVA zulässig.
2. Gefahren für die Sicherheit oder Ordnung, die gem. §27 I StVollzG eine
Besuchsüberwachung rechtfertigen, können sich nicht nur aus der Person
des Gefangenen oder seines Besuchers, sondern auch aus den besonderen
Verhältnissen der Anstalt ergeben. Sie können namentlich darin zu sehen
sein, daß in einer geschlossenen Anstalt neben Freiheitsstrafen auch UHaft vollzogen wird.
3. Auch eine Besuchsüberwachung, die auf anstaltsbezogene Gründe der
Sicherheit oder Ordnung gestützt wird, erfordert konkrete tatsächliche
Anhaltspunkte für das Vorliegen der Voraussetzungen des §27 I
StVollzG; dahingehende allgemeine Befürchtungen reichen nicht aus.
OLG Saarbrücken, Beschluß vom 26.08.1982 - 1 Ws 69/81, NStZ 1983, S.
94f
Max-Planck-Institut für Ausländisches und
Internationales Strafrecht
Besuchsabbruch
• §27 II
– bei Verstößen gegen Vollzugsvorschriften oder
Anordnungen von
» Gefangenen
» Besuchern
Max-Planck-Institut für Ausländisches und
Internationales Strafrecht
Verhalten bei Besuchen
• §27 IV, S. 1 Gegenstände dürfen beim Besuch nur mit
Erlaubnis übergeben werden.
• Verstöße:
– Für den Besucher Ordnungswidrigkeit gem. §115
OWiGLinks\115.doc
– Für den Gefangenen disziplinarrechtlich relevantes
Verhalten
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Internationales Strafrecht
Verteidigerbesuche
• §26 I Keine Beschränkung der Besuche (Häufigkeit,
Dauer)
• §26 I Keine inhaltliche Kontrolle von Schriftstücken
– Aber: §29 I, S. 2, 3
• §27 III: Keine Überwachung des Besuchs
– Aber: Anwendung der §§148II, 148a StPOLinks\148.doc
bei Verurteilung wegen §129a StGB
Max-Planck-Institut für Ausländisches und
Internationales Strafrecht
Trennscheibe bei anderen
Besuchen
• BVerfG Zeitschrift für Strafvollzug 1994, S. 304ff:
– Zulässig bei
» konkreten Anhaltspunkten für Gefährdung der
Sicherheit
» Einzelfallprüfung und -anordnung
» Besonders sorgfältige Prüfung bei Ehegatten (Art. 6
GG) und häufigerer/längerer Anordnung
• Kritik: §4 II, S. 2 ist ausgeschlossen, da der Gesetzgeber
den Bereich der Trennscheibenanordnung in §§27, 29
abschließend geregelt hat
Max-Planck-Institut für Ausländisches und
Internationales Strafrecht
Kontaktsperre
• §§31 ff EGGVG
– incommunicado
» gegenwärtige Gefahr für Freiheit, Leib oder Leben
einer Person
» Gefahr geht von einer terroristischen Vereinigung aus
» Verurteilung wegen §129a StGB
» Links\31.doc
• Unterbrechung jeden Kontaktes, auch mit Strafverteidigern
und Mitgefangenen
Max-Planck-Institut für Ausländisches und
Internationales Strafrecht
Besuche und Sexualkontakte
• Das Strafvollzugsgesetz äußert sich nicht zur Zulässigkeit
von Sexualkontakten im Vollzug
• Folge: Weder ausgeschlossen, noch Anspruch
• Argumente:
– Angleichungsgrundsatz
– Vermeidung schädlicher Wirkungen des Vollzugs
– Art. 6 GG
• Einführung und Praktizierung von „Langzeitbesuchen“ seit
1984
– menschenwürdige Gestaltung
– keine Überwachung
– NRW: 2004 8 020, 2003: 7 483, 2002: 7 003, 2001: 7 010, 2000: 6 512
Max-Planck-Institut für Ausländisches und
Internationales Strafrecht
Hessische Ausführungsbestimmungen
zum Strafvollzugsgesetz
Stand: 4. August 2005
• In den Vollzugsanstalten, in denen Gefangene mit langen
Freiheitsstrafen untergebracht sind, können Besuchsräume
für Langzeitbesuche eingerichtet werden. Langzeitbesuche
sollen den Gefangenen, die für Ausgang oder Urlaub nicht
geeignet sind, die Möglichkeit schaffen, Besuche mit
engsten Familienangehörigen in einer freundlicheren und
entspannteren Atmosphäre zu empfangen.
Max-Planck-Institut für Ausländisches und
Internationales Strafrecht
Rechtsprechung
•
•
•
•
•
•
§24 II StVollzG; Art. 6 I GG Langzeitbesuche der Lebensgefährtin
Die Vollzugsbehörde kann die Zulassung einer außerehelichen Lebensgefährtin zum
Langzeitbesuch jedenfalls dann ermessensfehlerfrei ablehnen, wenn Anhaltspunkte
dafür gegeben sind, dass die Ehe des Gef. noch substantiellen Bestand hat und nicht nur
noch „auf dem Papier“ besteht.
OLG Hamm (NStZ-RR 2000, 95
Langzeitbesuch - Verweigerung der Mitarbeit am Vollzugsziel
StVollzG § 24, II
Es besteht kein Rechtsanspruch des Gefangenen auf Zulassung zum Langzeitbesuch ;
vielmehr steht die Entscheidung hierüber im Ermessen des Anstaltsleiters. Die
Teilnahme am Langzeitbesuch kann versagt werden, wenn der Gefangene die Mitarbeit
am Vollzugsziel verweigert, namentlich wenn er durch Leugnen der Straftat, welche der
Strafvollstreckung zu Grunde liegt, deren Aufarbeitung verhindert. OLG Karlsruhe,
Beschluß vom 12. 11. 2003 - 4 Ws 216/03
Max-Planck-Institut für Ausländisches und
Internationales Strafrecht
Verwertung von Informationen
aus Überwachung
• §180 VIII i.V.m. II (früher §34)Links\180.doc
Vollzugsfremde und vollzugliche Zwecke
– Zur Bewahrung der Sicherheit und Ordnung
– Zur Verhütung, Unterbindung oder Verfolgung von
Straftaten sowie Ordnungswidrigkeiten
– Soweit geboten zur Behandlung des Gefangenen
– Für Zwecke der Strafvollstreckung
– Für Zwecke des gerichtlichen Verfahrens nach §§109ff
– Zur Abwehr von erheblichen Gefahren etc. (II)
Max-Planck-Institut für Ausländisches und
Internationales Strafrecht
Außenkontakte durch
Vollzugslockerungen
Max-Planck-Institut für Ausländisches und
Internationales Strafrecht
Arten von
Vollzugslockerungen
• §11:
– Außenbeschäftigung
– Freigang
– Ausführung
– Ausgang
Max-Planck-Institut für Ausländisches und
Internationales Strafrecht
Differenzierung
• Vollzugslockerungen
– mit Aufsicht (Außenbeschäftigung, Ausführung)
– ohne Aufsicht (Freigang, Ausgang)
Max-Planck-Institut für Ausländisches und
Internationales Strafrecht
Lockerungen und Hafturlaub
• Vollzugslockerungen (§11):
• Ausgestaltung ist nach Ziel, Inhalt und Art der
Durchführung durch die Vollzugsverwaltung
vorgegeben
• Hafturlaub (§13)
• Ausgestaltung bleibt dem Gefangenen überlassen
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Außenbeschäftigung
• §11 I, Nr. 1
• regelmäßige Tätigkeit außerhalb der Vollzugsanstalt
unter Aufsicht eines Vollzugsbeamten
» Tätigkeiten im Rahmen der Arbeitspflicht (§41)
» Bildungsmaßnahmen
» Sportliche Betätigungen
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Freigang
• §11 I Nr. 1 2. Alternative
– Zum Zwecke der Ausübung einer Erwerbstätigkeit im
Rahmen eines freien Arbeitsverhältnisses (oder
Ausbildung)
– Zulassung zum Freigang ist von einem Arbeitsverhältnis
abhängig
– Zulassung zum Freigang erlischt mit Wegfall des
Arbeitsverhältnisses (beispw. Kündigung)
– Koppelung kann entfallen bei Unterbringung des
Gefangenen im offenen Vollzug
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Internationales Strafrecht
Ausführung
• §11 I Nr. 2 1. Alternative
• Aufsicht durch Vollzugsbeamten
• ggfs. besondere Sicherungsmaßnahmen gem. §§88,
90
• vor allem dann, wenn die Voraussetzungen für
weitergehende Lockerungen noch nicht vorliegen
» Familienbesuch
» Arztbesuch
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Ausgang
• §11 II Nr. 2 2. Alternative
– ohne Aufsicht
– bestimmte Tageszeit
– kein besonderer Grund erforderlich
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Ausgang und Ausführung aus
wichtigem Anlass
• §35
• familiäre, berufliche etc. besondere Ereignisse
» Erkrankung, Tod eines nahen Angehörigen
» Prüfung
» Eheschließung
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Voraussetzungen der
Lockerungen
• §11
• Zustimmung des Gefangenen
• keine mangelnde Eignung wegen Flucht oder
Missbrauchsgefahr
• fehlerfreie Ermessensausübung
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Flucht- und
Missbrauchsgefahr
• Prognoseentscheidung
• keine positive Prognose gefordert, sondern
„Missbrauchsgefahr muss nicht zu befürchten sein“
• grundsätzlich deshalb Akzeptanz eines „Restrisikos“
• Risiko muss unter Berücksichtigung der
Sicherheitsinteressen der Allgemeinheit
verantwortbar bleiben
• verantwortbares Risiko ergibt sich auch aus der
Schwere eines möglichen Missbrauchs (Rückfalls)
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Konkretisierung durch
Verwaltungsvorschriften
• VV zu §11
– Lockerungen (Außenbeschäftigung, Freigang, Ausgang) sind
ausgeschlossen bei
»
»
»
»
Verurteilungen wegen in §§74a, 120 GVG genannter Delikte
Anordnung von U-Haft, Auslieferungs- und Abschiebehaft
vollziehbare Ausweisungsverfügung und Abschiebung
Anordnung einer freiheitsentziehenden Maßregel der Besserung
und Sicherung
– Gefangene sind ungeeignet
» Suchtgefährdung
» Urlaubsmissbrauch (keine freiwillige Rückkehr) und
Anhaltspunkte für die Begehung von Straftaten
» Anhängigkeit eines Ermittlungs-, Strafverfahrens, Auslieferungs-,
Ausweisungsverfahrens
» negativer Einfluss auf andere Gefangene
Max-Planck-Institut für Ausländisches und
Internationales Strafrecht
Besondere Prüfungspflicht
• VV Nr. 7 IV
• Bei Gefangenen, die verurteilt sind wegen
– grober Gewalttätigkeit gegen eine Person
– Straftat gegen die sexuelle Selbstbestimmung
– BtM Handels
• oder bei
– Erkenntnissen, dass der Gefangene der Organisierten
Kriminalität zugehört
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Internationales Strafrecht
Verwaltungsvorschriften und
Entscheidung
• Verwaltungsvorschriften sollen typische
Fallkonstellationen der Flucht- und Missbrauchsgefahr
erfassen
»
»
»
»
»
Immigranten (keine Bindungen)
Netzwerke (Unterstützung)
Sucht (Wiederholungsgefahr)
besondere Gefährlichkeit (Maßregeln)
besondere Öffentlichkeitswirkung (Gewalt,
Sexualkriminalität)
• Anfangsvermutungen, Pflicht zur Einzelfallprüfung bleibt
bestehen
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Internationales Strafrecht
Ermessen und Beurteilung
• Unbestimmte Rechtsbegriffe: Fluchtgefahr,
Missbrauchsgefahr
• Der Verwaltung bleibt ein
» Beurteilungsspielraum, der mehrere
Handlungsoptionen enthalten kann
• Das Gericht überprüft, ob
» Vollständig ermittelter und zutreffender Sachverhalt
» Richtiger Begriff des Versagungsgrundes
» Grenzen des Beurteilungsspielraums eingehalten
• Ermessen
» Kann ... angeordnet werden
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Internationales Strafrecht
Besuchsausgang eines Gefangenen im
geschlossenen Vollzug
•
•
•
•
1. Bei der Prüfung, ob Vollzugslockerungen zu gewähren sind, darf es die
JVA nicht bei bloßen pauschalen Wertungen oder bei dem abstrakten
Hinweis auf eine Flucht- oder Mißbrauchsgefahr i.S. von § 11 II StVollzG
bewenden lassen. Sie hat vielmehr im Rahmen einer Gesamtwürdigung
nähere Anhaltspunkte darzulegen, welche geeignet sind, die Prognose
einer Flucht- oder Mißbrauchsgefahr in der Person des Gefangenen zu
konkretisieren.
2. Der Versagungsgrund der Flucht- und Mißbrauchsgefahr eröffnet als
Prognoseentscheidung der Vollzugsbehörde einen - verfassungsrechtlich
nicht zu beanstandenden - Beurteilungsspielraum, in dessen Rahmen sie
bei Achtung der Grundrechte des Gefangenen mehrere Entscheidungen
treffen kann, die gleichermaßen rechtlich vertretbar sind. Der
Beurteilungsspielraum entbindet die Vollstreckungsgerichte indes nicht
von ihrer rechtsstaatlich fundierten Prüfungspflicht.
3. Die StVK darf nicht eine Vollzugspraxis akzeptieren, bei der die
Gewährung von Ausgang für Gefangene im geschlossenen Vollzug
ausgeschlossen ist.
BVerfG NStZ 1998, 430
Max-Planck-Institut für Ausländisches und
Internationales Strafrecht
Hafturlaub
• §13
• Vollzugliche Behandlungsmaßnahme (§§7 II)
• Keine Unterbrechung der Strafvollstreckung (§13
V)
• Keine Ausgestaltung durch die Verwaltung
• Jederzeitiger Zugriff auf den Gefangenen muss
möglich bleiben
» deshalb kein Urlaub außerhalb des Geltungsbereiches
des Gesetzes
Max-Planck-Institut für Ausländisches und
Internationales Strafrecht
Regelurlaub
• Urlaub bis zu 21 Kalendertagen
• §11 II gilt entsprechend
» Zustimmung des Gefangenen
» keine mangelnde Eignung wegen Flucht oder
Missbrauchsgefahr
Max-Planck-Institut für Ausländisches und
Internationales Strafrecht
Zusätzliche Voraussetzungen
• Wartezeit von 6 Monaten (§13 II, in der Regel …)
• Bei lebenslanger Freiheitsstrafe Wartezeit von 10 Jahren
(§13 III)
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Internationales Strafrecht
OLG Hamm NStZ 1984, 189
• 1. Die erlittene U-Haft darf bei der Berechnung der 6Monatsgrenze nicht berücksichtigt werden.
• Diese Grenze ist jedoch nicht starr ("in der Regel“). In
Ausnahmefällen ist eine frühere Urlaubsgewährung
möglich. Die insoweit vom Anstaltsleiter
vorzunehmende Prüfung hat auch die Frage
einzubeziehen, ob wegen erlittener U-Haft die 6Monatsgrenze unterschritten werden kann.
• 2. Es genügt nicht, die Mißbrauchsgefahr des § 11, II
StVollzG allein aus noch zu verbüßender längerer
Strafdauer abzuleiten.
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Internationales Strafrecht
„Sonder“Urlaub
• §15 III zur Vorbereitung der Entlassung
• §35 aus wichtigem Anlass
• §36 zur Wahrnehmung eines gerichtlichen Termins
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Internationales Strafrecht
VV zu §13
•
Ausgeschlossen sind Gefangene bei
»
»
»
»
Verurteilungen wegen in §§74a, 120 GVG genannter Delikte
Anordnung von U-Haft, Auslieferungs- und Abschiebehaft
vollziehbarer Ausweisungsverfügung und Abschiebung
Anordnung einer freiheitsentziehenden Maßregel der Besserung
und Sicherung
– Gefangene sind ungeeignet bei
» Suchtgefährdung
» Urlaubsmissbrauch (keine freiwillige Rückkehr) und
Anhaltspunkten für die Begehung von Straftaten
» Anhängigkeit eines Ermittlungs-, Strafverfahrens, Auslieferungs-,
Ausweisungsverfahrens
» Bei Unterbringung im geschlossenen Vollzug noch mehr als 18
Monate Reststrafe
•
Besonders sorgfältige Prüfung bei Gewalt-, Sexual- und
Betäubungsmitteldelikten (VV Nr. 4 IV)
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Internationales Strafrecht
Besondere Fragestellungen
Urlaubssperre
» OLG Bremen NStZ 1982, 84
• Verdacht einer Straftat und Missbrauch
» OLG Frankfurt ZfStrVo 1994, 183
• Urlaub und passives Wahlrecht (Art. 38 II GG)
» BVerfG NStZ 1982, S. 83
• Urlaubsgewährung und Schuldschwere
» §13 III; BVerfG NStZ-RR 1998, 121
Max-Planck-Institut für Ausländisches und
Internationales Strafrecht
Presseberichte
• Mörder kehrte aus Hafturlaub nicht zurück
• Polizei leitet Zielfahndung nach 29-Jährigem ein
• BRANDENBURG/BASDORF. Ein verurteilter Mörder ist
nach einem Hafturlaub nicht wieder in die
Justizvollzugsanstalt Brandenburg/Havel zurückgekehrt.
Auf den als gefährlich geltenden 29-jährigen seien
Zielfahnder angesetzt, sagte der Leiter des Direktionsbüros
des Landeskriminalamtes (LKA), Rainer Grieger, am
Dienstag. Der Mann sitze seit November 1991 unter
anderem wegen Mordes und gemeinschaftlichen Raubes in
Haft.
Max-Planck-Institut für Ausländisches und
Internationales Strafrecht
Presseberichte
•
Eintägiger Hafturlaub endete
in blutigem Familiendrama
Kirgise stach den Freund seiner Mutter nieder
Bonn. (lna) Nur einen Tag Hafturlaub hatte der 25-jährige Leo K. am
8. Mai 1998. Eineinhalb Jahre hatte der gebürtige Kirgise zu verbüßen,
alles kleinere Freiheitsstrafen wegen Diebstahls. Bald sollte er
entlassen werden. Zum ersten Mal traf er an diesem Tag seine
Freundin, die er bis dahin nur aus Briefen kannte. Es war ein
gemütlicher Abend im Familienkreis: Das junge Paar und die
Geschwister von Leo K. trafen sich bei der Mutter in Auerberg zum
Abendessen.
Max-Planck-Institut für Ausländisches und
Internationales Strafrecht
Öffentliche Meinung und
Hafturlaub
•
•
•
•
•
Presseerklärung
Frankfurt, den 22.06.99
Urlaub vom Knast in Hessens Vollzugsanstalten
Der Bund Deutscher Kriminalbeamter (BDK) fordert ein Ende der ausufernden
Urlaubsgewährung für Strafgefangene und die konsequente Einhaltung der gesetzlichen
Vorschriften. Allzu oft kann man es lesen, nahezu täglich ist es jedoch der Fall, daß
Knasturlauber nicht zurückgekehrt sind oder daß sie in ihrem Hafturlaub neue Straftaten
verübt haben. Die Straftatenpalette reicht von Einbrüchen über Vergewaltigungen bis
hin zu Tötungsdelikten. Obwohl manche Haftanstalten eher mit einem Hotel als mit
einem Gefängnis vergleichbar sind und der Aufenthalt dort von manch einem nicht als
echte Strafe empfunden wird, hat die Gewährung von Hafturlaub nicht zu akzeptierende
Ausmaße angenommen. Es spricht schon für sich, wenn in der Vergangenheit z.B. die
Vollzugsanstalt in Weiterstadt süffisant als "Hotel von Plottnitz" bezeichnet wurde.
Die einseitige, an dem Wohl des Täters orientierte Praxis der Vollzugsanstalten läßt die
Strafe zu einer Farce werden, beeinträchtigt in hohem Maß das Sicherheitsgefühl des
Bürgers und sein Vertrauen an die staatliche Rechtsordnung und findet nicht zuletzt bei
dem Opfer der zugrundeliegenden Straftat schon gar kein Verständnis.
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Internationales Strafrecht
Missbrauch von Lockerungen
• Niedersachsenstudie 1992
• 21.463 Urlaube
249 Fälle (1,2%) Urlaubsversagen
• Definition: keine Rückkehr bis zum Ablauf des Tages, der
dem offiziellen Ende des Urlaubs folgt; Festnahme durch
Polizei und Rückführung
• 73.211 Ausgänge 0,4% Versagen
• 1.712 Freigang
2,8% Versagen
• 264 „Lockerungsstraftaten“: 14 Verbrechen, davon 1
vollendetes Tötungsdelikt (ca. 50% Diebstahl)
• Personenbezogener Urlaubsmissbrauch 2,3%
Max-Planck-Institut für Ausländisches und
Internationales Strafrecht
Beispiel Hessen 2004
•
•
•
•
•
Gefangene 2004
5724
Offener Vollzug
401
Entweichungen 1
Gesamter Vollzug: Vollzugslockerungen und Urlaub
Lockerung/Urlaub
Missbrauch
%
2004
60.063
27
0,04
•
2003
75.080
38
0,05
2002
92.623
51
0,06
1999
129.064
320
0,25
•
Max-Planck-Institut für Ausländisches und
Internationales Strafrecht
Strafrechtliche Haftung
• Gefangenenbefreiung §120 StGB
• Vollstreckungsvereitelung §258 II StGB
• Fahrlässige Körperverletzung/Tötung
– Fahrlässigkeitsvorwurf bezieht sich auf eine
Sorgfaltspflichtverletzung
Max-Planck-Institut für Ausländisches und
Internationales Strafrecht
Prognose und
Sorgfaltspflichtverletzung
• Ausgangspunkt: Prognose
• Prognose ist Grundlage von Vollzugslockerungen
• Prognose trägt immer das Risiko einer fehlerhaften
Prognose in sich
» Falsch positiv
» Falsch negativ
• Sorgfaltspflichtverletzung kann nicht auf die fehlerhafte
Prognose selbst gestützt werden
• Sorgfaltspflichtverletzung liegt in der Überprüfung der
Voraussetzungen der Prognose
Max-Planck-Institut für Ausländisches und
Internationales Strafrecht
Haftung bei Straftaten
•
Süddeutsche Zeitung, 24. 9. 2002 Freigang als ärztlicher Kunstfehler
In Potsdam stehen zwei Mediziner vor Gericht, weil sie einem Sexualstraftäter Ausgang
gewährten – er wurde prompt rückfällig
•
Potsdam – Psychisch kranke Straftäter, die Vollzugslockerungen dazu nutzen, neue Straftaten zu
begehen, sorgen immer wieder für öffentliche Empörung. Jetzt müssen sich in Potsdam zwei Ärzte
vor Gericht dafür verantworten, dass sie einem potentiell gefährlichen Patienten Ausgang gewährten.
Im Oktober 1998 setzte sich der damals 35-jährige Raymond Schwanke aus der psychiatrischen
Landesklinik Brandenburg ab und tauchte in Berlin unter.
•
In den folgenden acht Monaten beging er mehr als 70 Straftaten, darunter 15 Raubüberfälle,
überwiegend auf alte Frauen. An einigen von ihnen verging er sich auch sexuell, die 90-jährige Marie
K. und die ebenso alte Lisbeth W. wurden von Raymond Schwanke, den die Boulevardzeitungen den
“Oma- Mörder” nannten, erwürgt. Vor dem Landgericht Potsdam sind jetzt der Chefarzt Tilo L., 63,
und der Oberarzt Jürgen H., 52, angeklagt. Die Staatsanwaltschaft wirft ihnen fahrlässige Tötung in
zwei Fällen vor. “Wir halten die Gewährung von Ausgang für einen ärztlichen Kunstfehler, weil man
um die Gefährlichkeit des Mannes wusste”, sagte Oberstaatsanwalt Wolf-Rüdiger Ludwig zur SZ .
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Internationales Strafrecht
Zivilrechtliche Haftung
• Fall: Verlegung eines Gefangenen in den offenen Vollzug;
Verurteilung wegen Mordes und Vergewaltigung
• Gefangener begeht während eines Ausgangs einen
Sexualmord
• §839 BGBLinks\839.doc
• Oberlandesgericht Karlsruhe, Az.: 7 U 148/99, Urteil
vom 26.09.2001
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Internationales Strafrecht
Zivilrechtliche Haftung
•
•
•
2. Die gemäß den obigen Ausführungen verletzte Amtspflicht bestand auch gegenüber
der Mutter der Klägerin, die „Dritte" i.S.d. § 839 Abs. 1 BGB war. Ob eine einem
Dritten gegenüber obliegende Amtspflicht verletzt ist, richtet sich nach ihrem
Schutzzweck. Zu prüfen ist dabei, ob gerade das im Einzelfall berührte Interesse nach
dem Zweck und der rechtlichen Bestimmung des Amtsgeschäfts geschützt werden soll.
Die Aufgaben des Strafvollzugs dienen nach § 2 StVollzG der Resozialisierung des
Gefangenen und dem Schutz der Allgemeinheit vor weiteren Straftaten. Daraus läßt sich
jedoch nicht schließen, daß auch die aus §§ 10, 11 Abs. 2 StVollzG resultierende
Amtspflicht, Vollzugslockerungen nicht anzuordnen, wenn zu befürchten ist, daß der
Gefangene die Lockerungen des Vollzugs zu Straftaten mißbrauchen werde, lediglich
dem Interesse der Allgemeinheit dient. Vielmehr bezweckt diese Amtspflicht gerade
auch den Schutz des Einzelnen vor Straftaten des Gefangenen.
Der Schutz von Leben und sexueller Selbstbestimmung ist hervorragende Aufgabe des
Staates und wesentliche Pflicht seiner mit der Prävention vor Straftaten befassten
Amtsträger, zu denen auch die im Strafvollzug tätigen Beamten zählen. Unter diesen
Umständen zielt die Pflicht, Sexualstraftäter daran zu hindern, während des Vollzugs
neue einschlägige Straftaten zu begehen der Natur des Amtsgeschäfts nach darauf, die
von solchen Tätern bedrohten Personen zu schützen. Die Annahme, der dem Staat von
Verfassungswegen auferlegte Schutz von Leben und sexueller Selbstbestimmung der
Bürger diene lediglich dem Interesse der Allgemeinheit, wäre Ausdruck eines
überholten Staatsverständnisses und ließe sich nicht mit dem grundrechtlich geschützten
Anspruch des Einzelnen gegen den Staat auf Achtung seiner Würde und auf Leben und
körperliche Unversehrtheit (Art. 1, 2 Abs. 2 GG) vereinbaren.
Max-Planck-Institut für Ausländisches und
Internationales Strafrecht
Zivilrechtliche Haftung
•
•
•
Die Amtspflicht, strafbare Handlungen durch den Gefangenen zu verhüten,
obliegt somit den Bediensteten der Vollzugsanstalt auch gegenüber den
gefährdeten Einzelnen, da die zu verhütenden Straftatbestände unmittelbar in
den geschützten Rechtskreis des Einzelnen eingreift (vgl. BGHZ 12, 206,
212). Dieser Schutzzweck der sich so aus §§ 10, 11 Abs. 2 StVollzG, 57 StGB
ergebenden Amtspflicht begründet die für eine Amtshaftung nach § 839 Abs. 1
BGB erforderliche besondere Beziehung zwischen der verletzten Amtspflicht
und dem geschädigten Dritten.
Der gegenteiligen Auffassung des Hanseatischen Oberlandesgerichts Hamburg
(ZfStrVo 1996, 243), der das Landgericht beigetreten ist, dass § 11 Abs. 2
StVollzG in erster Linie dem Interesse der Allgemeinheit und nicht dem
Schutz des Einzelnen, der zufällig Opfer einer weiteren Straftat des
Strafgefangenen anläßlich dessen Hafturlaubs geworden ist, diene, vermag der
Senat nach alledem nicht zu folgen.
3. Demnach haftet das beklagte Land der Klägerin dem Grunde nach für den
durch den Tod ihrer Mutter erlittenen Unterhaltsschaden (§ 844 Abs. 2 BGB).
Max-Planck-Institut für Ausländisches und
Internationales Strafrecht
Widerruf von Lockerungen
•
§14
•
I: Weisungen können erteilt werden
» VV: namentlich: Aufenthalt außerhalb der Anstalt,
Meldung, Kontaktverbote, Gegenstandsverbote, Alkoholund Drogenverbote
•
II Widerruf bei
» Nachträglich eintretenden Umständen, die Versagungsgrund
wären, für die Zukunft
» Missbrauch der Maßnahmen
» Nichterfüllung von Weisungen
•
OLG Frankfurt Strafverteidiger 2001, S. 35ff
Max-Planck-Institut für Ausländisches und
Internationales Strafrecht
Offener Vollzug
Max-Planck-Institut für Ausländisches und
Internationales Strafrecht
Offener Vollzug als Regelvollzug
• §10
• I Ein Gefangener soll im offenen Vollzug
untergebracht werden
» Behandlungsgrundsatz
» Angleichungsgrundsatz
» Reduzierung schädlicher Wirkungen (des
geschlossenen Vollzugs)
• II Im Übrigen sind die Gefangenen im
geschlossenen Vollzug unterzubringen
• Direkteinweisung oder Verlegung
Max-Planck-Institut für Ausländisches und
Internationales Strafrecht
Kennzeichen des offenen Vollzugs
• §141
• II: keine oder nur verminderte Vorkehrungen gegen
Entweichungen
• VV:
» Bauliche Sicherungsmaßnahmen (insb.
Umfassungsmauer, Fenstergitter) können entfallen
» Intern entfällt die ständige und unmittelbare Aufsicht
» Freie Bewegung des Gefangenen innen
» Außentüren können zeitweise unverschlossen bleiben
» Wohnräume der Gefangenen können auch während
der Ruhezeit offen bleiben
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Internationales Strafrecht
Zulassung zum offenen Vollzug
• §10
– Gefangener genügt den besonderen Anforderungen des
offenen Vollzugs
– Keine Fluchtgefahr
– Keine Missbrauchsgefahr (Straftaten)
– Zustimmung
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VV zum offenen Vollzug §10
offener Vollzug ist ausgeschlossen bei
» Verurteilungen wegen in §§74a, 120 GVG genannter
Delikte
» Anordnung von U-Haft, Auslieferungs- und Abschiebehaft
» vollziehbare Ausweisungsverfügung und Abschiebung
» Anordnung einer freiheitsentziehenden Maßregel der
Besserung und Sicherung
– Gefangene sind ungeeignet
» Suchtgefährdung
» Urlaubsmissbrauch (keine freiwillige Rückkehr) und
Anhaltspunkte für die Begehung von Straftaten
» Anhängigkeit eines Ermittlungs-, Strafverfahrens,
Auslieferungs-, Ausweisungsverfahrens
» negativer Einfluss auf andere Gefangene
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Internationales Strafrecht
§147
• Einrichtungen für Entlassung Links\147.doc
– Offene Einrichtungen
– Gedanke des Stufenstrafvollzugs
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Vollzugslockerungen und
Entlassungsvorbereitung
• Vollzugslockerungen sind Teil der Behandlung (§7 II Nr.
7, 8)
• §15 Entlassungsvorbereitung
»
»
»
»
I: der Vollzug soll gelockert werden
II Im Ermessen: Verlegung in den offenen Vollzug
III: Sonderurlaub bis zu einer Woche
IV: Sonderurlaub bei Freigang, innerhalb von neun
Monaten vor Entlassung bis zu sechs Tage pro Monat
• Entlassungszeitpunkt §16
» Vorverlegung
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Anteile im offenen Strafvollzug
1999
25
Berlin
Niedersachsen
Hamburg
NRW
Baden-W
Bremen
Hessen
Schleswig-H.
Rheinland-P.
Bayern
Saarland
20
15
10
5
0
Max-Planck-Institut für Ausländisches und
Internationales Strafrecht
Fall: Rückverlegung in den
geschlossenen Vollzug
• Ein Gefangener wird zum offenen Strafvollzug zugelassen.
Dort kommt es zu folgendem Vorfall: Ein Mitgefangener
bezichtigt ihn der sexuellen Nötigung. Der
Strafvollzugsleiter untersucht den Vorfall, indem er den
Gefangenen und den Mitgefangenen befragt. Der
Vollzugsleiter ordnet darauf hin die Zurückverlegung in
den geschlossenen Vollzug an. Dieser will dies nicht
hinnehmen und weist vor allem darauf hin, dass ihm hätte
geglaubt werden müssen, da er im Vollzugsverlauf noch
nie etwas getan hätte, was zu Disziplinarstrafen hätte
Anlass bieten können.
Max-Planck-Institut für Ausländisches und
Internationales Strafrecht
Widerruf und Rückverlegung in
den geschlossenen Vollzug
•
•
•
•
•
•
•
Die Ablösung aus dem offenen Vollzug ist, wie sich auch aus der abschließenden
Aufzählung in § 103 Abs. 1 StVollzG ergibt, weder eine Disziplinarmaßnahme noch
sonst eine strafähnliche Sanktion und setzt daher nicht den Nachweis eines schuldhaften
Fehlverhaltens voraus
Sie unterliegt aber, wie alles grundrechtseingreifendes staatliches Handeln, dem
Grundsatz der Verhältnismäßigkeit
Wird sie auf einen Verdacht strafbaren Handelns gestützt, darf sich daher der Verdacht
nicht allein auf bloße Vermutungen, vage Hinweise oder nur entfernte Indizien stützen.
Der Tatverdacht muss vielmehr auf konkreten Anhaltspunkten beruhen (vgl. KG,
ZfStrVo 1989, S. 116 und KG, NStZ 2003, S. 391 f.)
Die Justizvollzugsanstalt ist außerdem verpflichtet, den Sachverhalt aufzuklären, soweit
dies mit den begrenzten Befugnissen, die ihr dafür zu Gebote stehen, möglich ist (vgl.
KG, NStZ 2003, S. 391 f.)
Der gegen den Beschwerdeführer entstandene Verdacht, eine strafbare Handlung
begangen zu haben, gründete sich auf eine nicht offenkundig unglaubhafte Aussage
eines Mitgefangenen
Dieser Verdacht rechtfertigte eine Rückverlegung des Beschwerdeführers in den
geschlossenen Vollzug. Dem Beschwerdevorbringen ist nichts dafür zu entnehmen, dass
die Justizvollzugsanstalt ihrer Pflicht zur eigenständigen Aufklärung des Vorfalls in
verfassungsrechtlich zu beanstandender Weise nur unzureichend nachgekommen wäre
BVerfG 2 BvR 1709/02 - Beschluss vom 12. Februar 2004 (LG Ulm)
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Internationales Strafrecht
§§67-70
• Regelungen über Freizeit, Informationsfreiheit und Besitz
von Gegenständen
• Zusammengefasst, weil dies weitgehend in der freien Zeit
relevant wird
• §§17f: Arbeitszeit, Freizeit, Ruhezeit
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Freizeit
• §67
• Die Vollzugsbehörde ist verpflichtet, ein differenziertes
Freizeitangebot zu schaffen (§67, 2)
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Besitz von Gegenständen
•
§70
• Besitz von Büchern und Gegenständen zur Fortbildung und
Freizeitbeschäftigung
– In angemessenem Umfang
• Einschränkungen:
» Besitz etc. wäre mit Strafe oder Geldbuße bedroht
» Gefährdung des Vollzugsziels oder der Sicherheit und
Ordnung der Anstalt
• Computerspiele sowie PlayStations gefährden weder Sicherheit
und Ordnung noch stehen sie dem Vollzugsziel der
Resozialisierung entgegen (OLG Dresden Strafverteidiger
1/2001, S. 41f
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Information
• §§68, 69
• Regelung
» des Verhältnisses zu Massenmedien und
» der Ausübung des Grundrechts auf
Informationsfreiheit
• Bezug von Zeitungen und Zeitschriften
» In angemessenem Umfang
» Durch Vermittlung der Anstalt
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Einschränkungen
• §68 II
– Verbreitung ist mit Strafe oder Geldbuße bedroht (beispw.
§184 StGB
– Vorenthalten von Einzelausgaben und Teilen bei
» Erheblicher Gefährdung des Vollzugsziels
» Erheblicher Gefährdung der Sicherheit und Ordnung
der Anstalt
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Internationales Strafrecht
Hörfunk und Fernsehen
• §69
• Grundsätzlich Recht auf Teilnahme am
Hörfunkprogramm und am gemeinschaftlichen
Fernsehempfang der Anstalt
• Zulassung eigener Hörfunk- und Fernsehgeräte
unter den Voraussetzungen des §70
» Angemessener Umfang
» Beschränkungen des §70 II Nr. 1, 2
» Heute sind eigene Fernsehgeräte in allen
Strafvollzugsanstalten die Regel
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Religionsausübung
• §§53-55
• Art. 4 GG: grundsätzlich keine Beschränkung
• §53: aktive Unterstützung durch die Anstalt
• §55: entsprechende Geltung der §§53, 54 für
Weltanschauungsgemeinschaften
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Internationales Strafrecht
Medizinische Versorgung
• §§56 ff
• Verpflichtung der Vollzugsanstalt zur Sorge für die
körperliche und geistige Gesundheit des Gefangenen
• Verpflichtung des Gefangenen zur Unterstützung
notwendiger Maßnahmen (insb. auch der Hygiene)
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Verwaltungsvorschriften zu §56
• Nr. 1 Geltung der allgemeinen Vorschriften für die
gesundheitsbehördliche Überwachung
• Nr. 2 Anstaltsarzt ist verantwortlich für die Beobachtung
aller Umstände in der JVA, von denen gesundheitliche
Risiken ausgehen können
• Nr. 3 Anstaltsarzt ist für die Umsetzung des
Bundesseuchengesetzes verantwortlich
– Anzeigepflicht
– Absonderung bei Ansteckungsgefahr
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Internationales Strafrecht
Der Anstaltsarzt
• Aufgaben
– Allgemeine Gesundheitsvorsorge (Prävention)
– Gesundheitliche Betreuung der Gefangenen
• Verhältnis zu Gefangenen
– Kein privatrechtlicher Behandlungsvertrag, sondern
öffentlich-rechtliches Verhältnis
• Rechte des Gefangenen
– Informationsrecht (zu Gesundheitszustand/Diagnose und
Therapie)
– Eingeschränkt ggfs. bei Gefahr schwerwiegender
physischer und psychischer Schäden (durch Information):
Suizidgefahr
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Ärztliche Verschwiegenheitspflicht
•
Ausgangspunkt
» §182 I, 1: Schutz personenbezogener, insb. ärztlicher Daten
» §203 StGB (Verletzung von Privatgeheimnissen)
» §182 II, 1: Schweigepflicht grundsätzlich auch gegenüber der
Vollzugsbehörde
•
Einschränkung
» Allgemeine Rechtfertigung (beispw. §34 StGB)
» §182 II, 2: Berufsgruppen des §203 Nr. 1, 2, 5 haben
Offenbarungspflicht bei Erforderlichkeit der Informationen für
Aufgabenerfüllung der Vollzugsbehörde oder zur Abwehr
erheblicher Gefahren für Leib/Leben des Gefangenen oder Dritter
» Allerdings: Ärzte haben nach §182 II, 3 für Informationen, die aus
der Gesundheitsfürsorge resultieren, keine Offenbarungspflicht,
sondern eine Befugnis soweit dies für die Aufgabenerfüllung
unerlässlich ist bzw. bei Abwehr von Gefahren für Leib und Leben
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Offenbarungspflicht
•
Gilt insbesondere auch für therapeutische Berufe (Psychologen)
– Bei Entscheidungen beispw. über Verlegung in den offenen
Vollzug, Urlaub, Ausgang etc.
•
•
•
Eingeführt vor dem Hintergrund von Rückfall bei schwerer
Sexualkriminalität
Offenbarungspflicht unterliegt nicht dem Ermessen
Allerdings:
– Grundkonflikt zwischen Vertrauensbeziehung in Therapie und
sozialer Kontrolle im Strafvollzug
– Verfassungskonforme Auslegung (Abwägung zwischen Recht
auf informationelle Selbstbestimmung und Vollzugsaufgaben)
– Einschätzungsprärogative: Therapeut hat zunächst zu beurteilen,
ob die Voraussetzungen des §182 II, 2 überhaupt vorliegen
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Mitwirkungspflicht des
Gefangenen
• §56 II
– Allgemeine (Hausordnung) oder individuelle
Anordnungen zur Hygiene (beispw. Haftraum)
– Verpflichtung zur Duldung von Vorsorgeuntersuchungen
(vorbeugender Gesundheitsschutz;
Röntgenreihenuntersuchungen)
– Verpflichtung zur Mitwirkung bei Urinkontrollen zur
Feststellung von Drogenkonsum
– Keine Verpflichtung, an Untersuchungen zu
Forschungszwecken mitzuwirken
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AIDS und Strafvollzug
• AIDS:
– Übertragbare Krankheit
– Keine kausale Therapie (aber erfolgreiche
Langzeitbehandlung)
– Ansteckungswege sind weitgehend bekannt
– Normales Zusammenleben (in der Vollzugsanstalt) erhöht
das Infektionsrisiko nicht
– Hauptansteckungswege:
» Needle sharing/Tätowieren
» Ungeschützter sexueller Verkehr
» Trans-Infusion infektiösen Materials
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AIDS Fragestellungen
• Anspruch auf Schutz vor Ansteckung?
• Pflicht zum Test auf HIV?
• Maßnahmen zur Reduzierung der Infektionsgefahr
» Kondomausgabe?
» Ausgabe von Einwegspritzen?
• Umgang mit infizierten Gefangenen?
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Schutz vor Ansteckungsgefahr
• Grundsätzlich besteht Fürsorgepflicht für Gefangene (§56
I), damit auch die Verpflichtung der Anstalt, vor
Infektionsrisiken zu schützen
• Kein Anspruch auf jede nur denkbare Vorsorge vor
Ansteckung (LG Bonn NStZ 1987, S. 140)
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HIV-Tests
• Keine Verpflichtung des Gefangenen zu Bluttests
– §101: konkrete Gefahr liegt nicht vor
– §10 Bundesseuchengesetz: konkrete Gefahr liegt nicht vor
– Gefahr wird nicht begründet durch Zugehörigkeit des
Gefangenen zu einer Risikogruppe
• Testdurchführung (auch nachträgliche) ohne Zustimmung
des Gefangenen ist rechtswidrig und führt zur
Anwendbarkeit des §223 (Körperverletzung)
Max-Planck-Institut für Ausländisches und
Internationales Strafrecht
Risikoreduzierung
• Kostenlose Abgabe von Kondomen
– Abgelehnt in OLG Koblenz NStZ 1997, S. 360
– Selbstversorgung ist zulässig
• Ausgabe von Einwegspritzen
– Teil einer Risikominimierungspolitik
– Experimente in Niedersachsen, Schweiz etc.
– Forschungsergebnisse weisen auf Ansteckungsreduzierung
hin
– Keine Strafbarkeit gem. §29 I, Nr. 10 BtMG
Max-Planck-Institut für Ausländisches und
Internationales Strafrecht
Umgang mit Infizierten
•
Beachtung des Risikos der HIV-Übertragung bei Urlaub, Ausgang etc.
•
Einzelunterbringung: §17 III, §§88, 89
•
Ausschluss aus besonders verletzungsträchtigen Arbeitsbereichen
•
Keine schrankenlose Information:
» Intern: Bedienstete und Mitgefangene sind nur im Falle von
konkreter Ansteckungsgefahr zu informieren
» Extern: Information an Außenstehende in aller Regel
unzulässig
» Abwägung zwischen schutzwürdigen Interessen Dritter und
dem Recht auf informationelle Selbstbestimmung
Max-Planck-Institut für Ausländisches und
Internationales Strafrecht
Umfang der Gesundheitsfürsorge
•
•
§57 Früherkennungsuntersuchungen und vorbeugende Behandlung
§58: Anspruch auf Krankenbehandlung in demselben Umfang wie ein
versicherter Arbeitnehmer
» Medizinisch gebotenes und allgemein übliches Maß an
Aufwendungen
» Keine freie Arztwahl
» Anstaltsarzt entscheidet über die Hinzuziehung von anderen
Ärzten oder über die Unterbringung in einem Krankenhaus
außerhalb des Strafvollzugs
•
•
•
§59: Versorgung mit Hilfsmitteln
§60 Krankenbehandlung im Urlaub
§6: Art und Umfang der Leistungen bestimmen sich nach den
Vorschriften des Sozialgesetzbuchs
Max-Planck-Institut für Ausländisches und
Internationales Strafrecht
Sonstiges
• §62a: Ruhen der Ansprüche nach §§57-59 bei freiem
Beschäftigungsverhältnis (und normaler
Krankenversicherung)
• §64 Aufenthalt im Freien
• §66 Benachrichtigung bei Todesfall oder schwerer
Erkrankung
Max-Planck-Institut für Ausländisches und
Internationales Strafrecht
Zwangsmaßnahmen und
Gesundheitsfürsorge
• §101
• Eingeführt nach ersten Erfahrungen mit tödlich endendem
Hungerstreik von Gefangenen
• Ausgangspunkt:
– Keine Zwangsbehandlung, da Entscheidungsfreiheit des
Einzelnen; Menschenwürde
– Andererseits: Fürsorgepflicht der Anstalt
Max-Planck-Institut für Ausländisches und
Internationales Strafrecht
Die Regelung des §101
•
Zulässigkeit von Zwangsmaßnahmen (Untersuchung und Behandlung)
– Lebensgefahr oder schwerwiegende Gefahr für Gesundheit oder
Gefahr für die Gesundheit anderer Personen
– Zumutbarkeit
– Keine erhebliche Gefahr für Leib oder Leben des Gefangenen
•
•
•
Liegen die Voraussetzungen vor, so kann eine Zwangsmaßnahme
durchgeführt werden
Die Verpflichtung zur zwangsweisen Behandlung entsteht erst dann,
wenn nicht mehr von einer freien Willensbestimmung des Gefangenen
ausgegangen werden kann
Durchführung ist nur zulässig auf Anordnung und unter Leitung eines
Arztes
Max-Planck-Institut für Ausländisches und
Internationales Strafrecht
Soziale Hilfe
•
§71
• Anspruch auf soziale Hilfe (durch den Sozialdienst bzw.
Sozialarbeiter der Anstalt)
• Angeleitet aus Sozialstaatsprinzip (BVerfGE 35, S. 236)
• Soziale Hilfe soll in ein Gesamtsystem der Straffälligenhilfe
eingebunden sein (durchgehende Betreuung)
• Orientierung an den Zielen Individualisierung sowie Hilfe zur
Selbsthilfe
–
–
–
–
Kooperationsgebot (§154 II)
soziale Hilfe bei der Aufnahme in den Vollzug
Hilfe während des Vollzugs (§73, beispw. Schuldenregulierung)
Hilfe zur Vorbereitung der Haftentlassung.
Max-Planck-Institut für Ausländisches und
Internationales Strafrecht
Besonderheiten des Frauenstrafvollzugs
•
§§76-79 Schwangerschaft und Geburt
•
§80 Mütter mit Kindern: gemeinsame Unterbringung in einer JVA
–
–
–
–
•
Kind ist noch nicht schulpflichtig
Zustimmung des Inhabers des Aufenthaltsbestimmungsrechts
Kindeswohl
Anhörung des Jugendamts
§142: Schaffung von Einrichtungen für Mütter mit Kindern
– Bestimmungen des KJHG sind zu beachten
– Vgl. §§ 45 ff KJHG
» Erlaubnispflicht und Mitteilungspflichten
Max-Planck-Institut für Ausländisches und
Internationales Strafrecht
Mutter-Kind-Abteilung in
Schwäbisch Gmünd
•
•
•
In Baden Württemberg verfügt die Justizvollzugsanstalt Schwäbisch Gmünd
verfügt über eine Mutter-Kind-Abteilung, die 1998 in Betrieb genommen
wurde. Bereits bei der architektonischen Planung wurde die besondere
Zielsetzung der Mutter-Kind-Abteilung ist es,
• die Trennung von Mutter und Kind während der Inhaftierung zu
verhindern, um für das Kind eine Fremdunterbringung und daraus
resultierende mögliche Entwicklungsstörungen zu vermeiden
(Kindeswohl),
• den Müttern soziales Lernen zu ermöglichen und ihnen Techniken zur
Bewältigung von Alltagsaufgaben zu vermitteln, damit sie nach ihrer
Entlassung ihre Lebenssituation besser gestalten und
Fehlentwicklungen ihrer Kinder vermeiden können.
Die Einrichtung hat Platz für 12 Mütter mit Kindern bis zum Alter von drei
Jahren.
Max-Planck-Institut für Ausländisches und
Internationales Strafrecht
Schadensersatzansprüche von
Gefangenen
•
•
•
•
Ansprüche des Gefangenen auf Schadensersatz wegen rechtswidriger
Handlungen von Vollzugsbeamten können sich ergeben aus Art. 34
GG i.V. mit §839 BGB (Amtshaftungsansprüche)
Entschädigung aus Aufopferungsgrundsätzen sowie
Ausgleichsansprüche nach Enteignungsmaßstäben
Aufopferungsanspruch bei von Mitgefangenen verursachten
Verletzungen wird bislang abgelehnt (BGHZ 17, S. 172; 60, S. 302)
Jedoch kann eine Entschädigung nach dem Opferentschädigungsgesetz
(vom 16.5.1976) in Betracht kommen
Max-Planck-Institut für Ausländisches und
Internationales Strafrecht
Sicherheit und Ordnung im
Strafvollzug
• §§82ff legen die Eingriffsbefugnisse der Vollzugsbehörde
fest
– Verhaltensvorschriften (§§82, 83, insbesondere die
Beachtung der Hausordnung; Rücksichtnahme gegenüber
Bediensteten und Mitgefangenen; Verbot der Störung des
Zusammenlebens; Befolgung der Anordnungen des
Personals)
– Sicherungsmaßnahmen (§§84ff)
– Anwendung unmittelbaren Zwangs (§§94ff),
– Disziplinarmaßnahmen (§§102ff)
– Ersatzansprüche (§93).
Max-Planck-Institut für Ausländisches und
Internationales Strafrecht
Allgemeine Grundsätze
• Allgemeines Ziel ist die Resozialisierung
• §81 I
• Selbstverantwortungsprinzip
• die Auferlegung von Pflichten und
Zwangsmaßnahmen ist ultima ratio
• Andere Maßnahmen (Gespräche etc.) gehen vor
(Subsidiaritätsprinzip)
• Bei der Anordnung von Zwangs-, Sicherungs- und
Disziplinarmaßnahmen ist immer der
Verhältnismäßigkeitsgrundsatz zu beachten (§81 II).
Max-Planck-Institut für Ausländisches und
Internationales Strafrecht
Einordnung von „Sicherheit und
Ordnung“
• §81: Verantwortungsbewußtsein des Gefangenen für ein
geordnetes Zusammenleben soll geweckt und gefördert
werden
– Das Leben in der Anstalt soll durch Selbstverantwortung
und nicht durch Zwang geprägt sein
» Behandlungsgrundsatz
» Angleichungsgrundsatz
– Subsidiarität von Zwangsmaßnahmen
Max-Planck-Institut für Ausländisches und
Internationales Strafrecht
Begriff der Sicherheit und
Ordnung
• Sicherheit
– Innere und „äußere“ Sicherheit
» Abwendung von konkreten Gefahren für Personen
und Sachen in der Anstalt
» Sicherung des Gewahrsams am Gefangenen vor
Eingriffen von außen und von innen
• Ordnung
– Geordnetes Zusammenleben in der Strafvollzugsanstalt
Max-Planck-Institut für Ausländisches und
Internationales Strafrecht
Aufrechterhaltung der Sicherheit
und Ordnung
• Im Strafvollzugsgesetz festgelegte Pflichten des
Gefangenen
» Verhaltensvorschriften der §§82, 83
• Hausordnung §161:
» Erlass durch Anstaltsleiter und Zustimmung durch
Aufsichtsbehörde
» §161II Regelungsinhalte
Max-Planck-Institut für Ausländisches und
Internationales Strafrecht
Verhältnismäßigkeitsgrundsatz
• Angemessenheit des Mittels im Verhältnis zum Anlass der
Maßnahme
• Erforderlichkeit im Verhältnis zum erwünschten Erfolg
Max-Planck-Institut für Ausländisches und
Internationales Strafrecht
Verhaltenspflichten §82
•
Befolgung der Tageseinteilung
•
Keine Störung des geordneten Zusammenlebens
•
Befolgung der Anordnungen der Vollzugsbediensteten
•
Verbleib in den zugewiesenen Bereichen
•
Ordnung im Haftraum
•
Schonende Behandlung von überlassenen Sachen
•
Meldung von Gefahren für Leben oder Gesundheit von Personen
Max-Planck-Institut für Ausländisches und
Internationales Strafrecht
Verhaltensvorschriften §83
• Gewahrsam an Sachen nur mit Zustimmung der
Vollzugsbehörde (Annahme)
– Abgabe von Sachen wird hierdurch nicht erfasst
• Ausnahme: Annahme von Sachen von geringem Wert von
Mitgefangenen
– Maßstab: Einkommen in JVAs
• Kein allgemeines Verbot von Handel oder Tausch, jedoch
Zustimmungsbedürftigkeit
Max-Planck-Institut für Ausländisches und
Internationales Strafrecht
Sicherungsmaßnahmen
• Unterscheidung von
• Allgemeinen Sicherungsmaßnahmen (§§84-87)
• und besonderen (§§88-92) Sicherungsmaßnahmen
• Allgemeine Sicherungsmaßnahmen sind
unabhängig von einer konkreten Gefahr (die bei der
Anordnung besonderer Sicherungsmaßnahmen
immer vorliegen muss, beispw. Fluchtgefahr oder
die Gefahr der Gewalttätigkeit)
Max-Planck-Institut für Ausländisches und
Internationales Strafrecht
Durchsuchung
•
§84
– Durchsuchung von Person, Sachen und Haftraum
– Ermessensnorm
– Erfasst sind Routinedurchsuchungen und Einzeldurchsuchungen
aus konkretem Anlass
– Beschränkt auf Anstaltsbereich
•
•
•
Durchsuchung nach Abs. I: Abtasten oder Untersuchung mittels
elektronischer Geräte
Durchsuchung nach Abs. II: körperliche Untersuchung, die mit
Entkleidung verbunden sein kann (Einzelanordnung durch
Anstaltsleiter; jedoch kein körperlicher Eingriff)
Abs. 3: Allgemeine Anordnung des Anstaltsleiters einer Untersuchung
nach Abs. 2
Max-Planck-Institut für Ausländisches und
Internationales Strafrecht
Sichere Unterbringung
• §85: Verlegung des Gefangenen aus Sicherheitsgründen
• Spezielle Regelung zur allgemeinen Verlegungsvorschrift
des § 8
• Gründe: Fluchtgefahr oder Gefahr für Sicherheit oder
Ordnung der weniger gesicherten Anstalt
Max-Planck-Institut für Ausländisches und
Internationales Strafrecht
Schadensersatzansprüche von
Gefangenen
•
•
•
•
•
Ansprüche des Gefangenen auf Schadensersatz wegen rechtswidriger
Handlungen von Vollzugsbeamten können sich ergeben aus Art. 34 GG i. V.
mit §839 BGB (Amtshaftungsansprüche)
• Vgl. Schadensersatzansprüche wegen zu geringen Rauminhalts der
Haftzelle
Links\Ein Gefangener wird zu einem anderen Gefangenen in die Zelle
verlegt.doc
Entschädigung aus Aufopferungsgrundsätzen sowie Ausgleichsansprüche nach
Enteignungsmaßstäben
Aufopferungsanspruch bei von Mitgefangenen verursachten Verletzungen
wird bislang abgelehnt (BGHZ 17, S. 172; 60, S. 302)
Jedoch kann eine Entschädigung nach dem Opferentschädigungsgesetz (vom
16.5.1976) in Betracht kommen
Max-Planck-Institut für Ausländisches und
Internationales Strafrecht
Sicherheit und Ordnung im
Strafvollzug
• §§81ff legen die Eingriffsbefugnisse der Vollzugsbehörde
fest
– Verhaltensvorschriften (§§82, 83, insbesondere die
Beachtung der Hausordnung; Rücksichtnahme gegenüber
Bediensteten und Mitgefangenen; Verbot der Störung des
Zusammenlebens; Befolgung der Anordnungen des
Personals)
– Sicherungsmaßnahmen (§§84ff)
– Anwendung unmittelbaren Zwangs (§§94ff),
– Disziplinarmaßnahmen (§§102ff)
– Ersatzansprüche (§93).
Max-Planck-Institut für Ausländisches und
Internationales Strafrecht
Allgemeine Grundsätze
• Allgemeines Ziel ist die Resozialisierung
• §81 I
• Selbstverantwortungsprinzip
• die Auferlegung von Pflichten und
Zwangsmaßnahmen ist ultima ratio
• Andere Maßnahmen (Gespräche etc.) gehen vor
(Subsidiaritätsprinzip)
• Bei der Anordnung von Zwangs-, Sicherungs- und
Disziplinarmaßnahmen ist immer der
Verhältnismäßigkeitsgrundsatz zu beachten (§81 II).
Max-Planck-Institut für Ausländisches und
Internationales Strafrecht
Einordnung von „Sicherheit und
Ordnung“
• §81: Verantwortungsbewusstsein des Gefangenen für ein
geordnetes Zusammenleben soll geweckt und gefördert
werden
– Das Leben in der Anstalt soll durch Selbstverantwortung
und nicht durch Zwang geprägt sein
» Behandlungsgrundsatz
» Angleichungsgrundsatz
– Subsidiarität von Zwangsmaßnahmen
Max-Planck-Institut für Ausländisches und
Internationales Strafrecht
Begriff der Sicherheit und
Ordnung
• Sicherheit
– Innere und „äußere“ Sicherheit
» Abwendung von konkreten Gefahren für Personen
und Sachen in der Anstalt
» Sicherung des Gewahrsams am Gefangenen vor
Eingriffen von außen und von innen
• Ordnung
– Geordnetes Zusammenleben in der Strafvollzugsanstalt
Max-Planck-Institut für Ausländisches und
Internationales Strafrecht
Aufrechterhaltung der Sicherheit
und Ordnung
• Im Strafvollzugsgesetz festgelegte Pflichten des
Gefangenen
» Verhaltensvorschriften der §§82, 83
• Hausordnung §161:
» Erlass durch Anstaltsleiter und Zustimmung durch
Aufsichtsbehörde
» §161II RegelungsinhalteLinks\161.doc
Max-Planck-Institut für Ausländisches und
Internationales Strafrecht
Verhältnismäßigkeitsgrundsatz
• Angemessenheit des Mittels im Verhältnis zum Anlass der
Maßnahme
• Erforderlichkeit im Verhältnis zum erwünschten Erfolg
Max-Planck-Institut für Ausländisches und
Internationales Strafrecht
Verhaltenspflichten §82
•
Befolgung der Tageseinteilung
•
Keine Störung des geordneten Zusammenlebens
•
Befolgung der Anordnungen der Vollzugsbediensteten
•
Verbleib in den zugewiesenen Bereichen
•
Ordnung im Haftraum
•
Schonende Behandlung von überlassenen Sachen
•
Meldung von Gefahren für Leben oder Gesundheit von Personen
Max-Planck-Institut für Ausländisches und
Internationales Strafrecht
Verhaltensvorschriften §83
• Gewahrsam an Sachen nur mit Zustimmung der
Vollzugsbehörde (Annahme)
– Abgabe von Sachen wird hierdurch nicht erfasst
• Ausnahme: Annahme von Sachen von geringem Wert von
Mitgefangenen
– Maßstab: Einkommen in JVAs
• Kein allgemeines Verbot von Handel oder Tausch, jedoch
Zustimmungsbedürftigkeit
Max-Planck-Institut für Ausländisches und
Internationales Strafrecht
Sicherungsmaßnahmen
• Unterscheidung von
• Allgemeinen Sicherungsmaßnahmen (§§84-87)
• und besonderen (§§88-92) Sicherungsmaßnahmen
• Allgemeine Sicherungsmaßnahmen sind
unabhängig von einer konkreten Gefahr (die bei der
Anordnung besonderer Sicherungsmaßnahmen
immer vorliegen muss, beispw. Fluchtgefahr oder
die Gefahr der Gewalttätigkeit)
Max-Planck-Institut für Ausländisches und
Internationales Strafrecht
Durchsuchung
•
§84
– Durchsuchung von Person, Sachen und Haftraum
– Ermessensnorm
– Erfasst sind Routinedurchsuchungen und Einzeldurchsuchungen
aus konkretem Anlass
– Beschränkt auf Anstaltsbereich
•
•
•
Durchsuchung nach Abs. I: Abtasten oder Untersuchung mittels
elektronischer Geräte
Durchsuchung nach Abs. II: körperliche Untersuchung, die mit
Entkleidung verbunden sein kann (Einzelanordnung durch
Anstaltsleiter; jedoch kein körperlicher Eingriff)
Abs. 3: Allgemeine Anordnung des Anstaltsleiters einer Untersuchung
nach Abs. 2
Max-Planck-Institut für Ausländisches und
Internationales Strafrecht
Sichere Unterbringung
• §85: Verlegung des Gefangenen aus Sicherheitsgründen
– Links\Mit Bescheid vom 22.doc
– Links\BVerfG 2 BvR 1651.doc
• Spezielle Regelung zur allgemeinen Verlegungsvorschrift
des § 8
• Gründe: Fluchtgefahr oder Gefahr für Sicherheit oder
Ordnung der weniger gesicherten Anstalt
Max-Planck-Institut für Ausländisches und
Internationales Strafrecht
Erkennungsdienstliche
Maßnahmen
•
§86
–
–
–
–
Finger- und Handflächenabdrücke
Lichtbilder
Feststellung äußerlicher körperlicher Merkmale (beispw. Tätowierung)
Messungen (Größe)
– Ferner DNA Identitätsfeststellungsgesetz vom 7.9.1998 sowie
Gesetz zur Novellierung der forensischen DNA-Analyse vom 12.
August 2005
– §81g für Tatverdächtige und für Verurteilte (Strafgefangene)
– Erhebliche Straftat, insb. Verbrechen, Sexualstraftat, gefährliche
Körperverletzung, Schwerer Diebstahl etc. und Grund zur Annahme,
dass erneut Strafverfahren wegen derartiger Straftaten in der Zukunft zu
führen sind Links\81g.doc
Max-Planck-Institut für Ausländisches und
Internationales Strafrecht
Voraussetzungen
erkennungsdienstlicher Maßnahmen
• Sicherung des Vollzugs
– Erleichterung der Fahndung nach Gefangenen und der
Wiederergreifung flüchtiger Gefangener
• §86 II Erkennungsdienstliche Informationen werden zu
den Gefangenenpersonalakten genommen
• Abgabe an Polizei im Ermessen der Vollzugsbehörde
• §86 III Erkennungsdienstliche Informationen sind nach
Entlassung und Abschluss der Vollstreckung auf
Verlangen zu vernichten
Max-Planck-Institut für Ausländisches und
Internationales Strafrecht
Festnahmerecht
• §87
– Bei Entweichung Festnahmerecht
» Unmittelbarer Bezug zum Vollzug notwendig
(Nacheilegedanke)
» Der Vollzugsbehörde
» Polizei (auf ihre Veranlassung)
– Kein Vollstreckungshaftbefehl (§457 II) notwendig
– §87 II nach §86 oder §179 erhobene Daten dürfen zum
Zwecke der Fahndung und Festnahme an Vollstreckungsund Strafverfolgungsbehörden übermittelt werden
Max-Planck-Institut für Ausländisches und
Internationales Strafrecht
Besondere Sicherungsmaßnahmen
• §88
–
–
–
–
–
–
–
Entzug oder Vorenthaltung von Gegenständen
Beobachtung bei Nacht
Absonderung von anderen Gefangenen
Entzug oder Beschränkung des Aufenthalts im Freien
Unterbringung in einem besonders gesicherten Haftraum
Fesselung
Links\88 StVollZG.doc
Max-Planck-Institut für Ausländisches und
Internationales Strafrecht
Allgemeine Voraussetzungen
• Ermessensvorschrift „können angeordnet werden“
• Verhalten oder seelischer Zustand indizieren
– Erhöhte Gefahr
– Konkrete und vom Gefangenen ausgehende Gefahr,
Bloßer Verdacht oder Befürchtungen reichen nicht aus
» Flucht
» Gewalttätigkeiten gegen Personen und Sachen
» Selbstmord oder Selbstverletzung
– Verhältnismäßigkeit
Max-Planck-Institut für Ausländisches und
Internationales Strafrecht
§88 III, IV
• Besonderer Eingriffstatbestand für Entzug von
Gegenständen, Absonderung, besonders gesicherten
Haftraum und Entzug des Aufenthalts im Freien
• Gefahr muss hier nicht vom Gefangenen ausgehen
(beispw. Schutz vor anderen Gefangenen)
• Fesselung bei Ausführung, Transport etc. auch bei anders
begründeter Fluchtgefahr
Max-Planck-Institut für Ausländisches und
Internationales Strafrecht
§88 V
• Besondere Ausprägung des Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes (§81 II)
• Nur für aktuelle und zeitlich begrenzte Gefahrensituation
• Keine Disziplinar- oder Dauermaßnahme
• Im Falle einer Dauergefahr §85
Max-Planck-Institut für Ausländisches und
Internationales Strafrecht
Einzelhaft
• §89
–
–
–
–
–
–
Definition: unausgesetzte Absonderung eines Gefangenen
Ausnahme von §17 (gemeinsame Unterbringung)
Nur aus Gründen, die in der Person des Gefangenen liegen
Gründe des §88 I
Grundsätzlich zeitlich nicht begrenzt
Bei Fortdauer über drei Monate hinaus Zustimmung der
Aufsichtsbehörde
• Problem der Isolationshaft: Reduktion von Umweltreizen,
sensorische Deprivation
Max-Planck-Institut für Ausländisches und
Internationales Strafrecht
Fesselung
• §90
– Regel: Hand- und Fussfessel
– Andere Fesselungsarten nur im Interesse des Gefangenen
» Zwangsjacke, Fixierung mit Gurten
Max-Planck-Institut für Ausländisches und
Internationales Strafrecht
Anordnung besonderer Sicherungsmaßnahmen
• Anordnung durch den Anstaltsleiter
• Ausnahme: Gefahr im Verzug
• Unverzügliche Bestätigung durch Anstaltsleiter
• Anhörung des Arztes im Falle ärztlicher Behandlung oder
wenn Anlass „seelischer Zustand“
Max-Planck-Institut für Ausländisches und
Internationales Strafrecht
Ärztliche Überwachung
• §92
• Bei Fesselung oder besonders gesichertem Haftraum
• Tägliche Visite des Arztes
Max-Planck-Institut für Ausländisches und
Internationales Strafrecht
Sicherungsmaßnahmenfall
• Ein Gefangener verbüsst nach einem Banküberfall eine
mehrjährige Freiheitsstrafe wegen räuberischer
Erpressung. Aufgrund der bestehenden Gefahr, der
Gefangene werde sich durch eine Geiselnahme aus der
Haftanstalt freipressen, hat die Vollzugsanstalt bei ihm
besondere Sicherungsmaßnahmen angeordnet. Unter
anderem hat sie festgelegt, dass der Gefangene von seinem
Verteidiger nur im Trennscheibenraum besucht werden
darf.
Max-Planck-Institut für Ausländisches und
Internationales Strafrecht
•
BGH 5 ARs (Vollz) 78/03 - Beschluss vom 3. Februar 2004 (OLG
Karlsruhe)
•
Die Vollzugsbehörde darf die Anordnung eines
Trennscheibeneinsatzes bei einem Verteidigerbesuch auf § 4 Abs.
2 Satz 2 StVollzG stützen, um der konkreten, anderweitig nicht
ausschließbaren Gefahr zu begegnen, dass ein Strafgefangener
seinen Verteidiger zur Freipressung als Geisel nimmt
(Abgrenzung zu BGHSt 30, 38)
•
Vgl. auch BVerfGE 89, 315
Max-Planck-Institut für Ausländisches und
Internationales Strafrecht
Unmittelbarer Zwang
• §94
• Unmittelbarer Zwang darf angewendet werden in
den folgenden Fällen
» Rechtmäßige Durchführung von Vollzugs- und
Sicherungsmaßnahmen
» Erforderlichkeit
» Gegen Gefangene
» Gegen Außenstehende nur bei Befreiungsversuch
oder Hausfriedensbruch
Max-Planck-Institut für Ausländisches und
Internationales Strafrecht
Definition unmittelbaren Zwangs
• §95
• Einwirkung auf Personen oder Sachen durch
– Körperliche Gewalt
– Hilfsmittel körperlicher Gewalt
– Waffen
• Körperliche Gewalt: unmittelbare körperliche Einwirkung
• Hilfsmittel: insb. Fesseln
• Waffen: Hieb- und Schusswaffen, Reizstoffe
Max-Planck-Institut für Ausländisches und
Internationales Strafrecht
Verhältnismäßigkeit
• §96
• Besonderer Hinweis auf den Grundsatz der
Verhältnismäßigkeit
Max-Planck-Institut für Ausländisches und
Internationales Strafrecht
Handeln auf Befehl
• §97
• Verpflichtung zur Anwendung unmittelbaren
Zwangs auf Anordnung
• Ausnahme: Verletzung der Menschenwürde, nicht
zu dienstlichen Zwecken erteilt
• Ausnahme: Ausführung stellt Straftat dar
Max-Planck-Institut für Ausländisches und
Internationales Strafrecht
Anderes zum Unmittelbaren
Zwang
•
§98 Androhung
•
•
•
§§99, 100: Besondere Regeln für Schusswaffengebrauch
Links\99.doc
Links\100.doc
•
Basic Principles on the Use of Force and Firearms by Law
Enforcement Officials Adopted by the Eighth United Nations
Congress on the Prevention of Crime and the Treatment of Offenders,
Havana, Cuba, 27 August to 7 September 1990
Max-Planck-Institut für Ausländisches und
Internationales Strafrecht
Disziplinarmaßnahmen
• §102ff
• Voraussetzungen §102:
– Pflichtenverstoss
– Schuldhaft
– Ermessen
• §102 II: keine Disziplinarmaßnahme, wenn Verwarnung
ausreicht
Max-Planck-Institut für Ausländisches und
Internationales Strafrecht
Disziplinarmaßnahmen und
Straftaten
• Eine Straftat muss nicht unbedingt disziplinarrechtliche
Konsequenzen haben
– Störung des geordneten Zusammenlebens erforderlich
• Besondere Probleme
– Beleidigungen
– Flucht, Selbstbefreiung
» Differenzierungsprinzip
» Geschlossener Vollzug: keine Pflicht, im
Anstaltsbereich zu bleiben
» Offener Vollzug, Vollzugslockerungen begründen
eine Pflicht des Gefangenen und damit die Grundlage
für disziplinarrechtliche Maßnahmen
Max-Planck-Institut für Ausländisches und
Internationales Strafrecht
Doppelbestrafung?
• Verbot der Doppelbestrafung Art. 103 II Grundgesetz
• Aber §102 III und herrschende Meinung:
– Disziplinarmaßnahmen sind keine Strafe im Sinne des Art.
103 II GG
– Allerdings müssen Disziplinarmaßnahmen im
Strafverfahren berücksichtigt werden (§153 StPO, §46
StGB)
Max-Planck-Institut für Ausländisches und
Internationales Strafrecht
Disziplinarstrafen
•
§103
• Verweis
• Beschränkung Hausgeld und Einkauf
• Beschränkung Lesen (2 Wochen), Rundfunkempfang (3
Monate)
• Beschränkung Freizeitgegenstände und der Teilnahme an
Gemeinschaftsveranstaltungen (3 Monate)
• Getrennte Unterbringung (4 Wochen
• Entzug der Arbeit (4 Wochen)
• Beschränkung des Verkehrs mit Personen außerhalb der
Anstalt (3 Monate)
• Arrest (4 Wochen)
Max-Planck-Institut für Ausländisches und
Internationales Strafrecht
Disziplinarmaßnahmen
• Allgemeine Maßnahmen Nr. 1 und Nr. 2
• Besondere Sanktionen Nr. 3 – Nr. 8:
– §103 IV: innerer Zusammenhang gefordert
• Qualifizierte Sanktion: Arrest
– §103 II nur bei schwerer oder wiederholter Verfehlung
Max-Planck-Institut für Ausländisches und
Internationales Strafrecht
Grundsätze des Disziplinarrechts
• §104
• Sofortige Vollstreckung
– Abschreckung
– Aussetzbarkeit zur Bewährung (§104 II), auch teilweise
(Bewährungszeit bis zu 6 Monate)
Max-Planck-Institut für Ausländisches und
Internationales Strafrecht
Arrest
• §104 V
• Einzelhaft
• Unausgesetzte Absonderung eines Gefangenen (§89
I)
• Entweder besonderer Arrestraum oder eigene Zelle
• Ruhen der Befugnisse aus §§19, 20, 22, 37, 38, 6870
• Allerdings flexible Ausgestaltung
Max-Planck-Institut für Ausländisches und
Internationales Strafrecht
Disziplinarbefugnis
• §105
• Anordnungsbefugnis steht dem Anstaltsleiter zu
• Bei Disziplinarvergehen gegen Anstaltsleiter
entscheidet die Aufsichtsbehörde (Befangenheit)
Max-Planck-Institut für Ausländisches und
Internationales Strafrecht
Disziplinarverfahren
• §106
• Mindesterfordernisse des Verfahrens
• 1. Klärung des Sachverhalts (Inquisitionsmaxime)
• 2. Anhörung des Gefangenen
• 3. Protokoll samt Vermerk der Einlassung des
Gefangenen
• 4. Bei schweren Verstößen Konferenz
• 5. ggfs. Anhörung des Arztes
• 6. Mündliche Mitteilung und schriftliche Abfassung
Max-Planck-Institut für Ausländisches und
Internationales Strafrecht
Rechtsbehelfe
• Allgemeine Rechtsschutz- und Rechtsweggarantie des Art.
19 IV GG (Recht auf effektiven Rechtsschutz)
• Vollzugsinterne und externe Kontrollen von belastenden
Entscheidungen
• Vollzugsinterne Kontrollen
• Beschwerderecht §108 I
• der Gefangene kann sich an Vertreter der
Aufsichtsbehörde wenden (§108 II)
• Dienstaufsichtsbeschwerde (§108 III)
• Beschwerde an den Anstaltsbeirat (§164 I)
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Internationales Strafrecht
Voraussetzungen effektiven
Rechtsschutzes
• Akteneinsichtsrecht §185
• Auskunftsrecht
• Soweit Auskunftsrecht nicht ausreicht,
Akteneinsichtsrecht
• Entscheidung innerhalb angemessener Frist
• Missbrauchsverbot
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Internationales Strafrecht
Externe Kontrolle
• Externe Kontrollen vollzugsrechtlicher Entscheidungen
werden durch §109 eröffnet
• §109 konkretisiert den grundrechtlich (Art 19 IV GG)
verbürgten gerichtlichen Rechtsschutz
• Zuständigkeit der Strafvollstreckungskammer
Max-Planck-Institut für Ausländisches und
Internationales Strafrecht
§§109 ff
• Geltung nur für den Strafvollzug
– Strafvollstreckungsentscheidungen (StPO)
• Für Jugendstrafe, Jugendarrest und Untersuchungshaft
– §23 I, 2 EGGVG Zuständigkeit des OLGLinks\EG
GVG.doc
• Bei Untersuchungshaft Unterscheidung zwischen
– Haftbeschränkungen (§§126, 304 StPO)
– Maßnahmen des Vollzugs (§23 EGGVG)
Max-Planck-Institut für Ausländisches und
Internationales Strafrecht
Weiterer Rechtsschutz
• Nach Erschöpfung des Rechtswegs
Verfassungsbeschwerde (Art. 93 I, Nr. 4a GG)
• Nach Erschöpfung des nationalen Rechtswegs Beschwerde
beim Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte
einzureichen (Art. 25, 26 EMRK).
• Petition
• Gnadenverfahren
Max-Planck-Institut für Ausländisches und
Internationales Strafrecht
Die Strafvollstreckungskammer
• §§78a, b Gerichtsverfassungsgesetz
• §78a GVG ZuständigkeitLinks\78a.doc
• Die Strafvollstreckungskammern entscheiden in Form
• einer kleinen (1 Richter) und
• einer großen (3 Richter) Vollstreckungskammer
• Große Strafvollstreckungskammer
– zuständig für Entscheidungen nach §57a StGB sowie für
die Entscheidung über die vorzeitige Entlassung aus der
Maßregel der Sicherungsverwahrung und der
Unterbringung in einer psychiatrischen
AnstaltLinks\78b.doc
Max-Planck-Institut für Ausländisches und
Internationales Strafrecht
Zuständigkeit
• §§ 462a, 463 StPO
• § 50 Abs. 5, §§ 109, 138 Abs. 3 StVollZG
• §§ 50, 58 Abs. 2 und § 71 Abs. 4 IRG
» Vollstreckbarkeit ausländischer Urteile
» Vollstreckungs-Sicherungshaft
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Strafrestaussetzung und
Verfahren
• Sachverständiger ist heranzuziehen
» §454 Abs. 2 StPO Lebenslange Freiheitsstrafe und
zeitige Freiheitsstrafe > 2 Jahre wegen einer Straftat
gem. §66 Abs. 3, 1 StGB
» §463 Abs. 3 StPO: Entscheidungen gem. §67 d Abs. 3
StGB
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Antrag auf gerichtliche
Entscheidung
• §109
– Maßnahme auf dem Gebiet des Strafvollzugs
– Einzelangelegenheit
– Geltendmachung einer Rechtsverletzung
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Antrag
• Anfechtungsklage
• Feststellungs-/Unterlassungsklage
• Verpflichtungsklage
• Vornahmeklage
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Verfahrensbeteiligte
• §111
• Antragsteller
• Vollzugsbehörde
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Fristen
• §112
• Zwei Wochen
• Wiedereinsetzungsmöglichkeit
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Vornahmeklage
• §113 Zulässigkeitsvoraussetzungen
– Nach Ablauf von drei Monaten seit dem Antrag auf
Vornahme
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Vorläufiger Rechtsschutz
• §114
• Grundsatz: keine aufschiebende Wirkung
• §114 II
– Aussetzung des Vollzugs der angefochtenen Maßnahme
» Rechtsvereitelung
– Einstweilige Anordnung (§123 VwGO)
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Gerichtliche Entscheidung
• §115
• Ohne mündliche Verhandlung (Anhörung sollte
allerdings erfolgen
• Beschluss
• Verfügungsgrundsatz (Gericht ist an die Anträge der
Parteien gebunden)
• Untersuchungsgrundsatz (Freibeweisverfahren)
• Anspruch auf rechtliches Gehör
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Entscheidungsinhalt
• §115 II
– Aufhebung einer rechtswidrigen Entscheidung
• §115 III
– Ggfs. Feststellung der Rechtswidrigkeit einer Maßnahme
• §115 IV
– Verpflichtung der Vornahme einer Maßnahme bei
Entscheidungsreife, ansonsten Verpflichtung, die
Rechtsauffassung des Gerichts zu beachten
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Beschwerde
• §116
– Rechtsbeschwerde zum OLG
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Datenschutz im Strafvollzug
• §§179ff
• Auswirkung des Volkszählungsurteils des BVerfG
• §179: Grundsätze
–
–
–
–
Bereichsspezifische Regelung
Zweckbindung
Erhebung beim Betroffenen
Unterrichtung
• §184 Berichtigung, Löschung, Sperrung
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Vorzeitige Entlassung
• Aussetzung eines Strafrestes zur Bewährung
• §57 nach Verbüßung von zwei Dritteln der
verhängten Freiheitsstrafe, unter besonderen
Bedingungen bereits nach der Hälfte der verhängten
Freiheitsstrafe
• Bei lebenslanger Freiheitsstrafe §57a: Aussetzung
nach 15 Jahren Strafverbüßung (allerdings
Problematik der Feststellung besonders schwerer
Schuld)
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Voraussetzungen
• Zustimmung des Gefangenen
• Prognose
– bei lange andauerndem Freiheitsentzug kommt der
Straftat, die Anlass für die Verurteilung war, nur noch eine
„eingeschränkte Bedeutung“ zu, während demgegenüber
das Vollzugsverhalten sowie die augenblicklichen
Lebensverhältnisse des Verurteilten an Bedeutung
gewinnen (BVerfG NStZ 2000, S. 109ff)
• §57 II Aussetzung nach Verbüßung der Hälfte der Strafe
erfordert besondere Umstände
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Verfahren
• §454 StPO
– Keine mündliche Verhandlung
– Anhörung der Staatsanwaltschaft, des Verurteilten und der
Vollzugsanstalt
– §454 II: Einholung eines Gutachtens
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