Ölfrei – ist das alles? - pro
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Ölfrei – ist das alles? - pro
Va k u u m t e c h n i k Ölfrei – ist das alles? Mechanische Vorpumpen optimieren die Leistungsfähigkeit von Ultrahochvakuumsystemen. Rudolf Konwitschny D ie Leistungsfähigkeit der Vakuumsysteme in Beschleunigerlaboratorien ist durch die Ausrüstung mit gasbindenden Ultrahochvakuumpumpen bestimmt. Solche Systeme bestehen typischerweise aus einer Kombination von Ionengetter- mit Titansublimationspumpen. In Ergänzung dazu kommen verstärkt NEG-Pumpen (Non Evaporable Getter, NEG) zum Einsatz sowie NEG-Beschichtungen an den Kammerwänden. Die genannten Pumpentypen sind für den Einsatz im Hoch- und Ultrahochvakuum vorgesehen. Zum Anpumpen des Vakuumsystems und als Vorvakuumpumpen dienen meist mobile Kombinationen aus Turbomolekular- und mechanischen Verdrängerpumpen. Dabei stellen das Hochvakuumsystem sowie der Betrieb des Beschleunigers Anforderungen an die mechanischen Vorpumpen, die in diesem Artikel beleuchtet werden. Die geforderte Anlagenverfügbarkeit eines Beschleunigers stellt hohe Anforderungen an die eingesetzten Pumpsysteme. Während der Inbetriebnahme eines Beschleunigersystems beträgt die Betriebsdauer einige Wochen zwischen Wartungs- und Installationsarbeiten; der Dauerbetrieb sollte jedoch möglichst langfristig und ohne ungeplante Ausfälle möglich sein. Die zeitlichen Vorstellungen der Betreiber liegen dabei bei etwa 30 Jahren Betriebsdauer und einem Einsatz rund um die Uhr, 24 Stunden am Tag, 7 Tage die Woche, mit möglichst wenigen geplanten Stillsetzungen pro Jahr. Neben dem Einsatz möglichst seriennaher Produkte lassen sich die Anforderungen an ein Vorpumpensystem wie folgt zusammenfassen: Abb. 1 Dieser mobile Turbomolekularpumpstand besteht aus der Vorpumpe adixen ACP 15 (mehrstufige Wälzkolben- pumpe) und der Turbomolekularpumpe adixen ATH 200. n hohe Zuverlässigkeit, gute Langzeitstabilität und lange Wartungsintervalle, n niedriger Enddruck und gutes Saugvermögen für leichte Gase, n ölfreies Vakuum, n keine Wechselwirkung mit gasbindenden Ultrahochvakuumpumpen, n partikelfreies Vakuum, n niedrige Leckagerate. Niedriger Enddruck Zuverlässigkeit Die Zuverlässigkeit einer Komponente sollte immer im realen Einsatz oder in einem Laborversuch erprobt werden. Ein Auswahlkriterium kann das herstellerseitig empfohlene Wartungsintervall sein. Dies ist bei Pumpen ohne Dichtung im Schöpfraum am längsten und beträgt bei mehrstufigen Wälzkolbenpumpen bis zu 22 000 Betriebsstunden bzw. vier Jahre im Intervallbetrieb. Kons truktionsprinzipien mit möglichst wenig belasteten Baugruppen haben das Potenzial hoher Langzeitstabilität und bester Zuverlässigkeit. Pumpen mit dynamischen Dichtungen im Schöpfraum erreichen die niedrigsten Enddrücke unter allen ölfreien Pumpentypen. Scrollpumpen werden mit Enddrücken im 10–3 mbar-Bereich spezifiziert. Mechanische Belastungen der Dichtungen und Abrieb erzeugen jedoch Mikrolecks, durch die der erreichbare Enddruck mit zunehmender Betriebsdauer ansteigen kann. Der Enddruck ist mit anderen Konstruktionsprinzipien zwar höher, über ein Betriebsintervall zwischen zwei Wartungen jedoch konstant. Wasserstoff-Saugvermögen Die Restgaszusammensetzung in Speicherringen wird zu über 90 % von Wasserstoff bestimmt. Anforderungen an das Vorpumpensystem sind also ein gutes Kompressionsverhältnis der Turbomolekularpumpe für leichte Gase und die Fähigkeit der Vorpumpe, das komprimierte leichte Gas auch © 2010 Wiley-VCH Verlag GmbH & Co. KGaA, Weinheim Best of Oktober 2010 25 Dr. Rudolf Konwitschny, Alcatel Hochvakuum Technik GmbH, Am Kreuzeck 10, 97877 Wertheim, www.adixen.de Va k u u m t e c h n i k auszustoßen. Bauformen mit dynamischen Dichtungen sind hier besser geeignet als Pumpentypen ohne Dichtungen im Schöpfraum, in denen es nahe des Enddrucks der mechanischen Pumpe durch die hohe Beweglichkeit leichter Gase zu nennenswerter Rückströmung kommen kann. Diese Rückdiffusion leichter Gase bei Betrieb der mechanischen Vorvakuumpumpen am Enddruck lässt sich jedoch durch den Einsatz von Trägergas bzw. Gasballast wirkungsvoll unterdrücken. Ein schweres Gas (Luft, getrocknete Luft oder Stickstoff) wirkt als Trägergas und transportiert rückdiffundierende leichte Gase wie Helium oder Wasserstoff mit zum Auslass der Vorpumpe. Geeignete Stellen zur Zudosierung eines Trägergases an ölfreien Vorpumpen sind z. B. Gasballastanschlüsse, Spülgasanschlüsse für Lager oder eine Verzweigung in der Vorvakuumleitung. Eine leichte Erhöhung des Totaldrucks im Bereich der Vorvakuumpumpe oder auch nur in deren Hochdruckstufen führt also zu einer Verringerung des Partialdrucks leichter Gase und damit auch zu einer Druckerniedrigung am Hochvakuumflansch der Turbopumpe. Ölfrei Kohlenwasserstoffe können zu Verschmutzungen von Oberflächen in Beschleunigersystemen, speziell Röntgenoptiken führen. Um Kontaminationen zu vermeiden, setzen Abb. 2 Schöpfraum einer mehrstufigen Wälzkolbenpumpe. Am Stator ist die Frä- sung für die O-Ring-Dichtung zu erkennen. Beschleunigerlaboratorien an den Beschleunigern und Beamlines ölfreie Pumpsysteme ein. Der Einsatz von Schleusensystemen und die Spezifikation ölfreier Pumpsysteme auch an den Experimentierstationen soll den Eintrag von Verunreinigungen minimieren. „Ölfrei“ bedeutet jedoch nicht, dass eine Pumpe völlig frei von Kohlenwasserstoffen ist, sondern dies bezieht sich lediglich auf den Verzicht auf Schmiermittel im Schöpfraum. In Getrieberäumen, zur Lagerschmierung, bei Dichtungsmaterialien oder deren Einbau werden durchaus Kohlenwasserstoffe oder deren perfluorierte Derivate eingesetzt. Im Ultrahochvakuum (10–9 bis 10–11 mbar) erlauben Forschungseinrichtungen wie z. B. die britische Dia- mond Light Source Kohlenwasserstoff-Verunreinigungen der Massen 39, 41 bis 43 und 45 von einem Promille der gesamten erlaubten Verunreinigungen. Eigenschaften ölfreier Vakuumpumpen Parameter Membranpumpen Scrollpumpen Kolbenpumpen Schraubenpumpen Enddruck – ++ + ++ + Saugvermögen 0 ++ + ++ ++ Saugvermögen für leichte Gase – + + –/+4) 0/+4) MTBPM1) + 0 0 5) ++ Stabilität der Betriebsparameter + – 0 5) ++ Vibrationen Mehrstufige Wälzkolbenpumpen 0 + – + 0 Kontamination mit Schmiermitteln ++ +/++2) + + ++ Partikelverunreinigung ++ –– – 5) ++ 0 – 0 5) 0/++3) Fluorverunreinigung Leckageraten Anschaffungskosten 0 0 0 + ++ ++ + + 0 0 1) MTBPM= Mean Time Between Preventive Maintenance; empfohlenes Wartungsintervall des Herstellers 2) abhängig von der Abdichtung zwischen 26 Schöpfraum und Getrieberaum 3) abhängig von der Auswahl von Schmiermittel und Dichtungsmaterialien 4) „+“ bei Einsatz von Gasballast Best of Oktober 2010 5) wegen der Markteinführung vor weniger als zwei Jahren nicht bewertet © 2010 Wiley-VCH Verlag GmbH & Co. KGaA, Weinheim Fluorfrei Die Kammerwände von Ultrahochvakuum-Systemen werden teilweise mit einer NEG-Beschichtung versehen. Diese bestehen aus reaktiven Metall-Legierungen, deren Oxide, Nitride und Karbide in der Legierung löslich sind. Wasserstoff kann ebenfalls eingelagert werden, folgt aber einem anderen Reaktionsmechanismus. Eingesetzte Materialien sind z. B. Tantal, Titan oder Zirkonium und darauf basierende Legierungen wie Zr/Al, Zr/V/Fe oder Ti/Zr/V. Restgase reagieren mit den Metalloberflächen und die entstehenden Verbindungen werden im Material gelöst. Daher wirken diese Metalllegierungen im Ultrahochvakuum als gasbindende Pumpe. Einige Materialien wie z. B. Halogene, Kohlenwasserstoffe oder arsenhaltige Chemikalien bilden mit den Metallen aber Verbindungen, die sich in der Legierung nicht lösen. Speziell Metallfluoride führen zu einer Oberflächenkontamination der NEG-Legierung und damit zu einer irreversiblen Vergiftung der gasbindenden Pumpe. Verunreinigungen auf der Basis chlor- oder fluorhaltiger Komponenten sind jeweils nur zu 0,5 Promille für UHV-Anwendungen erlaubt. Für Va k u u m t e c h n i k XHV-Anwendungen bei Drücken unterhalb von 10–11 mbar werden jeweils nur 10 % der oben genannten Konzentrationen toleriert und wegen der Empfindlichkeit der gasbindenden NEG-Pumpen vermehrt Augenmerk auf die Materialien der eingesetzten Vorvakuumpumpen gelegt. Die hypothetische Möglichkeit der Rückdiffusion fluorierter Betriebsmittel soll bereits durch die Materialauswahl ausgeschlossen werden. Viele Hersteller setzen aber gerade perfluorierte Schmiermittel oder fluorhaltige Dichtungsmaterialien aus Gründen der Medien beständigkeit ein. Fluorfreie Schmiermittel und Dichtungsmaterialien werden meist nach Anwenderspezifikation in Sonderbauten des Herstellers verwendet. Bei mehrstufigen Wälzkolbenpumpen lassen sich die in der Standardserie eingesetzten perfluorierten Schmiermittel in Getrieberaum und Kugellagern durch Schmiermittel auf Kohlenwasserstoffbasis ersetzen. Die statischen Dichtungen im Schöpfraum kann man einfach gegen fluorfreie Polymere auf Nitrilbasis austauschen. Partikel vermeiden Gelegentlich beobachtet man Probleme in den RF-Cavities in Zusammenhang mit kurzfristigen Druckspitzen im Vakuumsystem. Der Zusammenhang zwischen Druckspitzen und Partikeln ist noch nicht vollständig verstanden; es wird jedoch eine Korrelation mit dem Auftreten von Partikeln in Messgeräten (Inverted Magnetron) beobachtet. Durch Partikelvermeidung im Vakuumsystem lassen sich Druckspitzen vermeiden. Ansatzpunkte sind die InvertedMagnetron-Druckmessgeräte, aber auch Partikel, die möglicherweise durch Abrieb von Dichtungen auf Fluorpolymer-Basis in den Vorpumpen entstehen. Zusätzlich sind in die Vorvakuumleitung zwischen Turbomolekularpumpe schnell schließende Ventile eingebaut, um bei Belüftung einen Partikeleintrag von der Vorvakuumseite zu ver hindern. Leckageraten verringern Im Druckbereichen zwischen einem und 10–3 mbar erlaubt die Diamond Light Source Leckageraten von 10–5 mbar l/s oder besser. Mit einer spezifizierten Leckagerate von 5 × 10–7 mbar l/s erreichen mehrstufige Wälzkolbenpumpen die niedrigsten Leckageraten. Zusammenfassung In der Tabelle sind die Eigenschaften der wichtigsten ölfreien Pumpentypen zusammengefasst. Eine reale Lösung zeigt Abb. 1. Dieser mobile Turbomolekularpumpstand wird bei SOLEIL in Frankreich eingesetzt. Zusätzlich zu den genannten Kriterien helfen weitere Eigenschaften bei der Auswahl eines Vorpumpensystems. Dazu zählen Kosten, Geräuschemissionen, Vibrationen, etc. Eine Entscheidung für eine „beste“ Pumpentechnologie muss immer anwendungsspezifisch getroffen werden. www.piezojena.com nanoX® - Nanopositioning ■ Motion up to 800 μm ■ Unrivaled high stiffness ■ Sub-nm resolution ■ Unique bidirectional drive Piezo Positioner series nanoX® Your provider for nanopositioning incredibly precise phone: +49 3641 66880 fax: +49 3641 668866 e-mail: [email protected] phone: 508 634 6688 fax: 508 634 6868 e-mail: [email protected] © 2010 Wiley-VCH Verlag GmbH & Co. KGaA, Weinheim Best of Oktober 2010 27