Grundstücksrecht - Prof. Dr. Hans-Peter Benöhr - Hu
Transcription
Grundstücksrecht - Prof. Dr. Hans-Peter Benöhr - Hu
H.-P. BENÖHR REPETITORIUM GRUNDSTÜCKSRECHT WINTERSEMESTER 2004 - 2005 (VORLÄUFIGE FASSUNG) HUMBOLDT-UNIVERSITÄT ZU BERLIN (Stand: 30. Juli 2004) Humboldt-Universität zu Berlin, Juristische Fakultät, Unter den Linden 6, D 10099 Berlin [email protected] http://www.rewi.hu-berlin.de/jura/ex/bnr Sprechzeit im allgemeinen mittwochs 11.00 Uhr, Raum 02, möglichst nach Voranmeldung Die folgenden Ausführungen ersetzen nichts: weder das Vor- und Nacharbeiten, noch das Gesetz. Die einzelnen Punkte wurden unter dem Gesichtspunkt der Klausurengefahr, ohne Rücksicht auf „allgemeine Bildung“, ausgewählt. Für das wirkliche Verständnis - examensorientiert ausgedrückt: für die mündliche Prüfung - müssten Sie noch einiges ergänzen. Leider sind die Ausführungen immer noch nicht frei von Fehlern, also auch insofern ist Vorsicht geboten! Prof. Dr. H.-P. Benöhr 2 INHALTSVERZEICHNIS Inhaltsverzeichnis 2 1. Teil. Abschluss des Kausalgeschäfts Kapitel 1. Formerfordernis, §§ 311 b I, 125 Kapitel 2. Personenrechtliche oder ehegüterrechtliche Besonderheiten Kapitel 3. Weitere Willensmängel Kapitel 4. Vollmacht für Grundgeschäft Kapitel 5. Konsequenzen eines Fehlers im Grundgeschäft Kapitel 6. Gläubigerwechsel Kapitel 7. Rechts- und Sachmängel Kapitel 8. Kauf bricht nicht Miete, § 566 4 4 7 8 8 8 8 9 9 2. Teil. Eigentumsübertragung Kapitel 1. Auflassung, Eintragung und Berechtigung Kapitel 2. Auflassung Kapitel 3. Eintragung, Grundbuch Kapitel 4. Berechtigung Kapitel 5. Gutgläubiger Erwerb des Eigentums Kapitel 6. Grundbuchberichtigungsanspruch und ähnliche Ansprüche Kapitel 7. Widerspruch Kapitel 8. Prüfungsfolge Grundstücksübertragung Kapitel 9. Entstehung der Vormerkung Kapitel 10. Wirkung der Vormerkung Kapitel 11. Übergang der Vormerkung Kapitel 12. Übertragung der Rechtsstellung des künftigen Erwerbers 10 10 10 12 14 16 19 21 23 24 26 30 31 3. Teil. Bestellung der Hypothek Kapitel 1. Grundlagen Kapitel 2. Bestellung der Hypothek: Einigsein, § 873 Kapitel 3. Eintragung, § 873 Kapitel 4. Berechtigung, § 873, oder gutgläubiger Erwerb, § 892 Kapitel 5. Hypothekenbrief, §§ 1116 f. Kapitel 6. Forderung, § 1113 Kapitel 7. Vormerkung Kapitel 8. Eigentümer-Grundschuld, seltener Eigentümer-Hypothek Kapitel 9. Einwendungen und Einreden des Eigentümers gegen den Erstgläubiger Kapitel 10. Geltendmachung der Gegenrechte durch den Eigentümer 33 33 35 36 36 38 38 40 41 42 44 4. Teil. Übertragung der Hypothek oder des Grundstücks Kapitel 1. Übertragung der Hypothekenforderung: Grundlagen Kapitel 2. Übertragung der Hypothekenforderung: Form Kapitel 3. Gegenrechte des Eigentümers gegen den Zweit-Gläubiger Kapitel 4. Aber gutgläubiger Zweiterwerb der Hypothek Kapitel 4. Zweiterwerb der Hypothek: Guter Glaube des Hypothekenerwerbers Kapitel 6. Eingeschränkter gutgläubiger Zweiterwerb der Sicherungshypothek Kapitel 7. Gutgläubiger Zweiterwerb der Hypothek: Formerfordernisse Kapitel 8. Zusammenfassung 45 45 47 48 49 50 53 53 55 Immo_R_Stud_Skript_01_WS04(04Jul30).doc Grundstücksrecht Kapitel 9. Übertragung des belasteten Grundstücks 3 56 5. Teil. Befriedigung des Gläubigers Kapitel 1A. Zahlung Kapitel 1B. Aufrechung Kapitel 2. Rückgriff Kapitel 3. Zwangsvollstreckung des Gläubigers, Verteidigung des Eigentümers Kapitel 4. Rang Kapitel 5. Haftungsgegenstände Kapitel 6. Wesentliche Bestandteile Kapitel 7. Haftung des Zubehörs Kapitel 8. Enthaftung des Zubehörs Kapitel 9. Ansprüche wegen Zubehörs Kapitel 10. Befreiung von der Hypothek 58 58 59 60 63 64 66 67 68 71 73 74 6. Teil. Grundschuld Kapitel 1. Beschreibung der Grundschuld Kapitel 2. Bestellung der Grundschuld, Einwendungen und Einreden des Eigentümers Kapitel 3. Übertragung von Grundschuld oder Forderung Kapitel 4. Zahlung und Rückgriff 74 74 75 78 80 7. Teil. Weitere Grundstücksrechte 81 8. Teil. Abwehr- oder Ausgleichsansprüche Kapitel 1. Basisvorschriften §§ 1004 und 906 Kapitel 2. Weitere Anspruchsgrundlagen Kapitel 3. Tatbestand des § 1004 Absatz 1 Kapitel 4. § 1004 Absatz 2: Verweisungsnorm für Duldungspflicht des Eigentümers Kapitel 5. Duldungspflicht nach § 906 Absatz 1 Kapitel 6. Duldungspflicht nach § 906 Absatz 2 Satz 1 Kapitel 7. Ausgleichsanspruch, § 906 II 2 Kapitel 8. Rechtsprechung und Lehre 82 82 83 83 85 86 87 88 88 9. Teil. Weitere Bemerkungen Kapitel 1. Begriffe Kapitel 2. Sachenrechtsprinzipien Kapitel 3. Schwerpunkte Kapitel 4. Literatur 89 89 90 90 91 22. August 2011 Prof. Dr. H.-P. Benöhr 4 1. TEIL. ABSCHLUSS DES KAUSALGESCHÄFTS Selbstverständlich beruht das Zivilrecht auf dem Trennungs- und dem Abstraktionsprinzip. Das Verkennen dieser Prinzipien bedeutet das Scheitern einer Klausur. Aber in Klausuren wie im Geschäftsverkehr sind Grundgeschäft und Erfüllungsgeschäft mit einander verbunden. Für die Stellung einer Examensaufgabe ist es geschickt, Probleme aus dem Allgemeinen Teil, dem Schuldrecht und dem Sachenrecht in einer Klausur miteinander zu verknüpfen. Hierauf muss ein Kandidat vorbereitet sein. Kapitel 1. Formerfordernis, §§ 311 b I, 125 In diesem Kapitel kommt es vor allem auf die Formvorschrift, §§ 311 b I 1, 125, für den Schuldvertrag und auf die Heilung des Formmangels an. Hieran schließen sich drei berühmte Rechtsprechungs- und Klausurfälle, natürlich mit Varianten im Einzelfall, an: Rückforderung des Kaufpreises durch den Käufer, Erfüllungsanspruch bei einem Scheingeschäft, Verhinderung der Heilung durch den Verkäufer. Auch weitere Fragen zu den obligatorischen Verträgen werden hier beantwortet. 1. Grundstücksstreifen. V und K waren befreundete Nachbarn, Eigentümer benachbarter Grundstücke. Zur Verbreiterung einer Garageneinfahrt wollte K von V einen bestimmten Grundstücksstreifen kaufen, der 40 cm schmal und 15 m lang ist. V und K einigten sich schnell über den Verkauf zum Gesamtpreis von 600,- Euro. Wegen der Geringfügigkeit des Geschäftes begnügten sie sich mit einem schriftlichen, von beiden unterzeichneten Vertrag und vereinbarten, die notarielle Auflassung innerhalb der nächsten drei Monate vorzunehmen. K zahlte den Betrag von 600,- Euro sogleich an V in bar. Dann jedoch gereut den K das ganze Geschäft. Kann K von V Rückzahlung verlangen? 2. Formerfordernis, §§ 311 b I, 125, betrifft Grundstücke: Eigentum, Miteigentumsanteile, Wohnungseigentum, Erbbaurecht. Entsprechend beurkundungspflichtig die schuldrechtliche Verpflichtung zur Übertragung eines Auflassungsanwartschaftsrechts. 3. Verpflichtung zu 1. Veräußerung oder 2. Erwerb. 4. Rechtsgeschäfte 1. Insbesondere Kaufvertrag, Unternehmenskaufvertrag, Tausch, meistens Auftrag und Geschäftsbesorgungsvertrag, Schenkung und vorweggenommene Erbfolge, Gesellschaftsvertrag, Änderung der Eigentumsform (Gesellschaft), Vereinbarung der Nachlassteilung. 2. Bestätigung des nichtigen Rechtsgeschäfts, § 141 I. Auf Bestätigung kommt es nicht an, wenn Heilung von Gesetzes wegen erfolgt ist, § 311 b I 2. Keine Formbedürftigkeit für Bestätigung eines nur anfechtbaren Rechtsgeschäfts, § 144 II. 3. Bedingte Verpflichtungen und Vorverträge. 4. Wegen Aufhebung eines Grundstückskaufvertrages ist wohl zu differenzieren. Ist Vertrag voll vollzogen, Verpflichtung zur Rückabwicklung formbedürftig. Aber wenn bloß Konkretisierung des § 812, dann kein Formerfordernis. Wenn K schon AR hat (s. u.), dann Formerfordernis. 5. Vollmacht zu Veräußerung oder Erwerb, wenn Bindung des Vollmachtgebers, insbesondere, wenn unwiderruflich 5. Meistens formfrei: Verpflichtungen, ein Grundstück nicht zu veräußern oder nicht zu erwerben. 6. Zwecke u. a. 1. Warnung, Übereilungsschutz, Schuldnerschutz 2. Beweissicherung 3. Beratung (durch Notar). 7. § 311 b I betrifft nicht Verfügung über das Eigentum gelten nur §§ 925, 873; über Anwartschaft und Anwartschaftsrecht, §§ 925, 873 entsprechend, doch ohne Eintragung. Abtretung des Anspruchs aus Kaufvertrag auf Übereignung , § 398, ist Verfügung, deswegen nicht § 311 b I. 8. Notarielle Beurkundung: § 128 + Beurkundungsgesetz. In der Praxis häufig in derselben Urkunde wie Auflassungserklärung. Immo_R_Stud_Skript_01_WS04(04Jul30).doc Grundstücksrecht 9. Sehr strenge Anwendung des § 311 b I. Formerfordernis für Antrag wie für Annahme. Vor allem Vollständigkeitserfordernis mit allen Einzelheiten und Nebenabreden, insbes. vollständiger Preis, Hypothekenbeseitigungspflicht des V, Vereinbarung einer bestimmten Beschaffenheit, Ausschluss der Gewährleistung und Übernahme von Grundstücksbelastungen, Vereinbarung eines Rücktrittsrechts, Verkauf mit Bebauungspflicht des Verkäufers 10. Trotz § 311 b I 1 schadet unbewusste falsa demonstratio nicht. Das Gewollte ist schuldrechtlich wirksam. 11. Sanktion: Nichtigkeit, § 125 1. Bei Falschbeurkundung 1. Unwirksamkeit des Beurkundeten und 2. des Gewollten. 3. Falschbeurkundung des Preises macht im allgemeinen ganzen Vertrag unwirksam, § 139. 2. Bei unvollständiger Beurkundung 1. sind die nicht beurkundeten Abreden unwirksam, 2. die Gültigkeit des Vertrages im Übrigen richtet sich nach § 139. 12. Sanktion zum Nachteil des Käufers 1. Unwirksamkeit des Übereignungsanspruchs des Käufers, Verkäufer hat rechtshindernde Einwendung. 2. Bereicherungsanspruch des Verkäufers gegen den Käufer, § 812 I 1 Alt. 1, falls Verkäufer schon Auflassungserklärung, Eintragungsbewilligung etc.abgegeben hat,. Auflassungserklärung des Verkäufers ist vermögenswerte Rechtsposition für den Käufer, sie bindet den Verkäufer, wenn die Voraussetzungen des § 873 II erfüllt sind. Keine Einwendungen des Käufers gegen Bereicherungsanspruch des V: § 814 nicht gegeben, wenn K in der Erwartung geleistet hat, das Rechtsgeschäft werde vollzogen und der Formmangel werde dadurch geheilt. Auch § 815 Alt. 2 greift nicht bei § 812 I ein, vor allem keine Treuwidrigkeit. § 817 S. 2 ist ebenfalls nicht gegeben, trotz Absicht, Gebühren oder Steuern zu hinterziehen. Erfüllung des Bereicherungsanspruchs durch Aufhebungsvertrag oder durch Erklärung des Kl. und Verurteilung des Beklagten mit § 894 ZPO. 3. Unwirksamkeit der Vormerkung (weder gutgläubiger Ersterwerb noch gutgläubiger Zweiterwerb, unstr. für diesen Fall). 4. Aber kein Bereicherungsanspruch des Verkäufers gegen Käufer auf Rückübereignung des Grundstücks, § 311 b I 2, sobald Auflassung und außerdem Eintragung erfolgt sind. 13. Sanktion zum Nachteil des Verkäufers 1. Unwirksamkeit des Zahlungsanspruchs des Verkäufers, Käufer hat rechtshindernde Einwendung. 2. Bereicherungsanspruch des Käufers gegen Verkäufer auf Rückzahlung, solange Auflassung und Eintragung noch nicht erfolgt sind; s. o. 3. Aber kein Bereicherungsanspruch des Käufers gegen Verkäufer auf Rückzahlung, § 311 b I 2, sobald Auflassung und außerdem Eintragung erfolgt sind. 22. August 2011 5 Prof. Dr. H.-P. Benöhr 6 14. Fast nie verstößt Berufung auf Formmangel gegen Treu und Glauben, § 242, im allgemeinen laufen Referendar-Klausuren nicht auf § 242 zu. Parteien können nicht auf Einwand der Formnichtigkeit verzichten. 15. Heilung des formnichtigen Grundgeschäfts durch vollwirksames Erfüllungsgeschäft, nämlich durch Auflassung und Eintragung, §§ 311 b I S. 2, 925, 873. Vormerkung bewirkt nicht die Heilung. S. auch §§ 925 a BGB, 20, 29 GBO. Nach § 311 b I 2 werden andere Mängel nicht geheilt, z. B. beschränkte Geschäftsfähigkeit. Nicht analogiefähig für andere Rechtsgeschäfte. Heilung nur ex nunc, arg. ,,wird“ in § 311 b I 2. 16. Scheingeschäft, § 117; wichtig für Praxis und Klausuren; Grundstückskauf unter Beurkundung eines geringeren als des vereinbarten Preises, um Schwarzgeld des Käufers an den Mann zu bringen oder um Grundsteuer und Gebühren zu sparen. Millionengeschäft I. K kaufte von B ein Grundstück. Nach der notariellen Urkunde betrug der Kaufpreis 5 Mio. Euro. Außerdem erhielt B von K eine zusätzliche, nicht beurkundete Zahlung von 150 000,- Euro. 1. Beide Parteien wollen nicht das simulierte (d. h. scheinbare) Geschäft, wollen also z. B. nicht den Grundstückskauf zu dem beurkundeten niedrigeren Preis, das simulierte Rechtsgeschäft ist deswegen nichtig, § 117 I. Millionengeschäft Ia. Also kein wirksamer Kaufvertrag zu 5 Mio. Euro. 2. Aber beide Parteien wollen meistens ein bestimmtes anderes Rechtsgeschäft, das durch das simulierte verdeckt werden sollte, wollen also z. B. den Grundstückskauf zu dem vereinbarten, doch nicht beurkundeten, höheren Preis. Millionengeschäft Ib. K und B wollen Kaufvertrag zu 5,15 Mio. Euro. 1. Dann ist zwar das verdeckte Rechtsgeschäft gewollt, § 117 II. 2. Aber für dieses verdeckte Rechtsgeschäft gelten dann alle Regeln, die für dieses Rechtsgeschäft gelten würden, wenn es offen abgeschlossen worden wäre, § 117 II. 3. Anzuwenden vor allem die gesetzlichen Formvorschriften, z. B. § 311 b I. Millionengeschäft I c. Also Kaufvertrag zu 5,15 Mio. Euro ist voll formbedürftig. Wenn diese ganz oder teilweise hinsichtlich des verdeckten Rechtsgeschäfts fehlen, ist auch dieses verdeckte Rechtsgeschäft nichtig, § 125. 4. Das bedeutet am Ende meistens, dass keines der beiden in Frage kommenden Geschäfte wirksam geworden ist, also Grundstückskauf weder zu dem beurkundeten noch zu dem gewollten, verdeckten, Preis. Millionengeschäft I d Also Kaufvertrag weder zu 5 Mio. EURO, noch zu 5,15 Mio. EURO wirksam, sondern ganz nichtig. 5. Aber Heilungsmöglichkeit, § 311 b I 2. Millionengeschäft I e. Sobald Auflassung und Eintragung erfolgt sind, ist trotz unrichtiger Beurkundung Kaufvertrag zu 5,15 Mio. EURO voll wirksam. 17. In gewissen Fällen kann V daran interessiert sein, dass der formunwirksame Vertrag nicht durch Auflassung und Eintragung geheilt wird. Immo_R_Stud_Skript_01_WS04(04Jul30).doc Grundstücksrecht 7 Zur Verhinderung der Heilung nach § 311 b I S. 2 kann V gerichtliches Erwerbsverbot erwirken. Wieso das? Falls den V das Geschäft mit K reut, weil etwa ein anderer Interessent mehr bietet. Millionengeschäft II. Der X bietet dem V 6 Mio. Euro. Dann kann V versuchen, Auflassung und Eintragung für den K zu verhindern. Dem Käufer auf Grund formnichtigen Grundstückskaufvertrages (§§ 311 b I 1, 125) wird mittels einstweiliger Verfügung untersagt, das Grundstück zu erwerben (§§ 925, 873). Von Rechtsprechung anerkannt auf Grund § 938 II ZPO. Eintragungs-fähig entsprechend § 892 I 2, aber nicht eintragungs-bedürftig. Verbotswidriger Erwerb ist relativ unwirksam analog §§ 136, 135 BGB. Anspruch K gegen V wegen verschuldeter Nichterfüllung? Nein, Kaufvertrag ist ja wegen Formmangels unwirksam. 18. Falschbeurkundung zum Zwecke der Steuerhinterziehung gilt nicht als Verstoß gegen Verbotsgesetz i. S. § 134. Verträge, mit denen Steuerhinterziehung verbunden ist, sind im allgemeinen nur sittenwidrig, wenn diese Hauptzweck ist. 19. Rechtsprechung „Unzulässigkeit der Verurteilung zur Abgabe der Auflassungserklärung, wenn der Beklagte nicht Eigentümer des betreffenden Grundstücks ist“ (BGH Urt. v. 26. 3. 1999; NJW 1999, 2034 = ZIP 1999, 790 = JuS 1999, 1019). „Teilweise Nutzungsbeschränkung (durch Landschaftsschutzgebiet) als Sachmangel“ (Düsseldorf, NJW-RR 2003, 48). Rückabwicklung eines Grundstückskaufvertrages bei Drittfinanzierung (Oldenburg,NJW-RR 2003, 447). 20. Millionengeschäft I. K kaufte von B ein Grundstück. Nach der notariellen Urkunde betrug der Kaufpreis 5 Mio. EURO. Außerdem erhielt B von K eine zusätzliche, nicht beurkundete Zahlung von 150 000,- EURO. Der Kaufvertrag wurde nicht durchgeführt, weil sich die (einseitigen, nicht Vertragsinhalt gewordenen) Erwartungen des K hinsichtlich der Bebaubarkeit nicht erfüllt hatten. Kann K Rückzahlung der 150 000,- EURO verlangen? (BGH Urt. v. 2. 7. 1999; NJW 1999, 2892 = JuS 2000,190; dazu zust. Keim, JuS 2001, 636; s. auch BGH Urt. v. 9. 7. 1999; WM 1999, 1887). Der erste Satz für den Ausgangsfall könnte z. B. lauten: „Der Anspruch des K gegen B ist begründet, wenn B auf Kosten des K ungerechtfertigt bereichert ist“. Kapitel 2. Personenrechtliche oder ehegüterrechtliche Besonderheiten 1. Für die rechtsgeschäftlichen Verpflichtungen von Geschäftsunfähigen und beschränkt Geschäftsfähigen für die Verpflichtung zur Übertragung oder Belastung von Grundstücken, 1. Vornahme oder Zustimmung durch gesetzlichen Vertreter §§ 104 f., 106 ff., 1901 f. 2. meistens erforderlich Zustimmung des Familiengerichts, §§ 1643, 1821 ff., § 1908 i. Fehlt es an der erforderlichen Zustimmung, dann Unwirksamkeit des obligatorischen Vertrages, keine Heilung, kein § 311 b I 2. Meistens auch Unwirksamkeit des dinglichen Rechtsgeschäfts. 2. Bei Schenkung an beschränkt Geschäftsfähige ohne Zustimmung des gesetzlichen Vertreters nimmt BGH seit 1981 eine Gesamtbetrachtung des schuldrechtlichen und des dinglichen Rechtsgeschäftes vor. Einzelfälle (meistens str.) Nicht lediglich rechtlich vorteilhaft Übernahme der persönlichen Schuld, Vertrag mit Verpflichtung für Minderjährigen, z. B. Auflage, oder Pflicht zu späterer Rückgabe, Erwerb eines vermieteten Grundstücks wegen § 566 n. F. Rechtsfolge: Unwirksamkeit des schuldrechtlichen Vertrages; keine Heilung von Gesetzes wegen. Meistens auch Unwirksamkeit des dinglichen Rechtsgeschäfts. Zu prüfen nachträgliche Genehmigung. Formlos, § 182 II. Lediglich rechtlich vorteilhaft trotz Nachteilen, also Wirksamkeit: Schenkung von Wohnungseigentum, wenn mit Pflichten verbunden, die nicht über WEG hinausgehen, Schenkung trotz gesetzlicher Rückgewährpflicht in §§ 528, 530, dingliche Belastung ohne persönliche Verpflichtung, insbes. Grundschuld, 22. August 2011 Prof. Dr. H.-P. Benöhr 3. 8 auch Hypothek (wenn ohne persönliche Schuldübernahme) öffentlich-rechtliche Lasten und Pflichten. Zugewinngemeinschaft, § 1363 I, Erfordernis der Zustimmung des anderen Ehegatten zu Verpflichtungen über das Vermögen im Ganzen, § 1365 I 1, Rechtsfolge: Unwirksamkeit des schuldrechtlichen Vertrages, Vorsicht: ungenaue Paragraphen-Überschrift. Keine Heilung von Gesetzes wegen. Nachträgliche Genehmigung ist möglich, § 1366; außer bei einseitigen Rechtsgeschäften, § 1367. Desgleichen Unwirksamkeit des dinglichen Rechtsgeschäfts (Satz 2). Kapitel 3. Weitere Willensmängel Auch Irrtum, arglistige Täuschung, Gesetzwidrigkeit, Sittenwidrigkeit oder Wucher können das Grundgeschäft beeinträchtigen, ohne gesetzliche Heilungsmöglichkeit, mit Bereicherungsfolge; aber im allgemeinen ohne Beeinträchtigung des dinglichen Rechtsgeschäfts, wenn nicht, wie im allgemeinen bei Wucher, Fehleridentität gegeben ist. Kapitel 4. Vollmacht für Grundgeschäft 1. Formerfordernis? 1. Grundsatz theoretisch § 167 II: formlos wirksam. 2. Ausnahme theoretisch: Formerfordernis. 3. Rsprg tendiert zu Formerfordernis, Hauptfall: § 311 b I 1, wenn: wenn Vollmachtgeber bereits durch die Erteilung der Vollmacht rechtlich und tatsächlich in gleicher Weise gebunden wird wie durch den Abschluss des formbedürftigen Rechtsgeschäfts selbst: meistens bei Unwiderruflichkeit; oder bei Vertragsstrafe o. ä.; wenn Bevollmächtigter ohne eigenen Entscheidungsspielraum; bei Befreiung des Vertreters vom Verbot des Selbstkontrahierens, § 181 (z. B. Schleswig, NJW-RR 2001, 733). 4. Für Eintragung in Grundbuch erforderlich notarielle Beurkundung oder öffentliche Beglaubigung auch der Vollmacht, § 29 GBO, str. 2. Sorgfältig den Umfang der jeweiligen Vollmacht prüfen, ob sie wirklich das beabsichtigte Grundstücksgeschäft deckt. Auch Vollmachtsmissbrauch des Bevollmächtigten prüfen. 1. Selbstverständlich keine vertraglichen Erfüllungsansprüche, sondern rechtshindernde Einwendungen und grundsätzlich Bereicherungsansprüche. Veräußerer kann nach Auflassung, vor Eintragung die Rechtsstellung des Erwerbers, nach Eigentumserwerb des Erwerbers das Eigentum kondizieren. 2. Keine wirksame Vormerkung, kein gutgläubiger Vormerkungserwerb bei unwirksamem Anspruch. 3. Erfüllungsgeschäft = Verfügung 1. grundsätzlich von Grundgeschäft unabhängig entsprechend Abstraktionsprinzip, also wirksam; Grundbuch wird nicht unrichtig, wenn lediglich das Grundgeschäft fehlerhaft ist. 2. Dieselben Bestimmungen, die die Wirksamkeit des Grundgeschäfts verhindert haben, können auch das dingliche Rechtsgeschäft unwirksam oder nichtig machen; „Fehleridentität“; in diesem besonderen Fall also Unrichtigkeit des Grundbuchs. 3. Nur der Formmangel des Grundgeschäfts wird geheilt, wenn die Übereignung wirksam ist; keine Heilung anderer Mängel. 1. Beide Forderungen aus dem Schuldvertrag, d. h. Anspruch auf Grundstücksübertragung und Anspruch auf Preiszahlung können ohne weiteres abgetreten werden, §§ 398 ff. Abtretung selbst ist formlos wirksam, desgleichen die Verpflichtungen zur Abtretung. Abtretungsverbot ist möglich, § 399 a. E. Kapitel 5. Konsequenzen eines Fehlers im Grundgeschäft Kapitel 6. Gläubigerwechsel Immo_R_Stud_Skript_01_WS04(04Jul30).doc Grundstücksrecht 2. Abtretung eines unwirksamen Anspruchs ist unwirksam, kein gutgläubiger Erwerb. 3. Mit der Abtretung gehen Sicherungsrechte auf den neuen Gläubiger über, d. h. bei Bestehen einer Vormerkung geht diese analog § 401 vom Käufer auf den neuen Gläubiger über, bei Bestehen einer Bürgschaft für den Kaufpreis geht diese vom Verkäufer auf den neuen Gläubiger über. 4. 5. Aber die Abtretung der Forderung bedeutet nicht, dass der jeweilige neue Gläubiger auch der Schuldner würde. Eine Schuldübernahme ist gemäß §§ 414 ff. möglich. 9 Kapitel 7. Rechts- und Sachmängel 1. Sachmängel, §§ 434, 433 Beispiele für Beschaffenheit: tatsächliche Hindernisse für beabsichtigte Bebauung, ö.-r. Baubeschränkungen, Unbewohnbarkeit, Bodenverunreinigung (insbes. Altlast), Schwamm, Immissionen durch Nachbarn. 1. Vereinbarte Beschaffenheit, § 434 I 1; formbedürftig aber Heilungsmöglichkeit, § 311 b I, z. B. Wohnfläche, Mietertrag. 2. Eignung zur vorausgesetzten Verwendung. § 434 I 2 Nr. 1, nur anwendbar, wenn entsprechende Vereinbarung (Abs. 1 Satz 1) fehlt. 3. Eignung zur gewöhnlichen Verwendung etc. § 434 I 2 Nr. 2, nur anwendbar, wenn entsprechende Vereinbarung oder vertragliche Voraussetzung der Verwendung fehlt; Auffangtatbestand. 2. Rechtsmängel, § 435, 433 1. Insbesondere Hypotheken, Grundschulden; Nießbrauch und andere dingliche Rechte; Vormerkungen; Miet- und Pachtverträge (wegen § 566). 2. Außerdem im Grundbuch eingetragene Rechte, § 442 II, selbst wenn sie nicht bestehen, § 435 S. 2. 3. „Öffentliche Lasten“ von Grundstücken, § 436, meinen „Leistungen“, insbes. Abgaben. Nicht gemeint Baubeschränkungen u. ä. In § 436 Regelung für das Verhältnis zwischen V und K. 4. Gleiche Rechtsfolgen bei Sach- und Rechtsmängeln, § 437. 5. Haftungsausschluss 1. Kenntnis des Käufers; grobfahrlässige Unkenntnis des K, es sei denn Arglist oder Garantie des V; § 442 I. Kein Haftungsausschluss trotz Kenntnis des K, wenn belastendes Recht im Grundbuch eingetragen ist, § 442 II. 2. Vertraglich, § 444. Besonders wichtig, „Übernahme“ von Hypotheken oder Grundschulden durch Käufer, dazu auch §§ 414 ff. 6. Rechtsfolgen, § 437. 7. Übergang von Gefahr, Lasten und Nutzungen mit Besitzübergang, § 446. 1. §§ 566, 578, 581, 593 b. 2. Amtliche Überschrift, aber inhaltlich in mehrfacher Hinsicht unpassend. 3. „Veräußerung“ bedeutet: 1. Schuldvertrag, der auf Übereignung zielt, also nicht bloß Kauf, sondern z. B. auch Tausch, Schenkung, Einbringung in Gesellschaft, Erfüllung eines Vermächtnisses, Kapitel 8. Kauf bricht nicht Miete, § 566 2. mit dazu gehörender Auflassung und Eintragung (Vormerkung genügt nicht). 4. Sonderregel für Zwangsversteigerung eines Grundstücks:, §§ 57 und 57a ZVG. 1. Zwar ist der Ersteher an § 566 gebunden, 2. aber Ersteher kann das Miet- oder Pachtverhältnis unter Einhaltung der gesetzlichen Frist kündigen. 3. Mieter oder Pächter kann Zwangsversteigerung durch Befriedigung des Gläubigers abwenden, mit der Folge des Forderungsübergangs, § 268 BGB. 5. § 986 II gilt nicht für Grundstücke, sondern nur für bewegliche Sachen. 6. Historische Herkunft nicht aus römischem Recht, 22. August 2011 Prof. Dr. H.-P. Benöhr 7. 8. 10 aber m. a. und neuzeitliche Stadtrechte sowie preußisches ALR von 1794, nicht im I. BGB-Entwurf mit Motiven, aber nach Kritik Otto von Gierkes und anderer im II. BGB-Entwurf und damit als § 571 a. F. BGB. § 566 regelt nur das Verhältnis des Mieters zu früherem und zu neuem Eigentümer. Im Verhältnis zwischen dem früheren und dem neuen Eigentümer stellt Mietverhältnis Rechtsmangel dar, § 435, mit den Rechtsfolgen nach § 437. 2. TEIL. EIGENTUMSÜBERTRAGUNG Kapitel 1. Auflassung, Eintragung und Berechtigung Selbstverständlich ist es das Allerwichtigste im Sachenrecht, zu wissen, wie das Eigentum übertragen wird. Es kommt hinzu, dass die meisten Regeln der Eigentumsübertragung (Grundnorm § 873) auch für andere dingliche Rechtsgeschäfte über Grundstücke gelten. Die Übereignung setzt Auflassung, Eintragung und Berechtigung voraus. Die Auflassung als wenig problematisch kann man in der Fallbearbeitung meistens als ersten Punkt behandeln. 1. Rechtsgrundlage für sämtliche Grundstücksgeschäfte Grundlage für alle Immobiliarrechtsgeschäfte ist § 873, mit den drei Erfordernissen 1. „Einigsein“ (Veräußerer und Erwerber) und 2. „Eintragung“ (des Erwerbers) und 3. Berechtigung (des Veräußerers). An diese drei Schlagworte müssen Sie sich immer halten. - meistens ergänzt durch spezielle Vorschriften, so für die „Übertragung des Eigentums an einem Grundstück“ § 925, mit der Legaldefinition der „Auflassung“, einer Formvorschrift und dem Verbot einer „Bedingung oder einer Zeitbestimmung“. 2. Umfang der Übereignung 1. Zu dem Grundstück gehören ohne weiteres wesentliche Bestandteile, §§ 93 ff. 2. Durch Auflassung und Eintragung können die Parteien auch Zubehör übertragen, §§ 926, 97 f., hierzu kann der Veräußerer nach § 311 c verpflichtet sein. 3. Tödlicher, regelmäßig, aber immer nur bei wenigen Bearbeitern wiederkehrender Fehler: Zu beachten, dass es bei Grundstücksübereignung weder auf Wirksamkeit des Grundgeschäfts, noch auf Besitzübertragung ankommt. 4. Voraussetzungen = Prüfungsfolge = Gutachten-Aufbau für Eigentumsübertragung 1. Auflassung, §§ 925, 873 2. Eintragung (des Erwerbers) und 3. Berechtigung (des Veräußerers). Kapitel 2. Auflassung 1. Hasenheide I. A ist 75 Jahre alt, lebt in einem Altersheim, zurückgezogen von Geschäften, hat keinerlei Kenntnis des Grundstücksmarktes, ist aber Eigentümer eines Grundstücks in der Hasenheide. Von B über den wahren Wert des Grundstücks getäuscht, verkauft er das Grundstück zur Hälfte seines Wertes an den B. Auflassung und Eintragung sind erfolgt. Ist B Eigentümer geworden? 2. Legaldefinition der Auflassung, § 925 I 1; dazu § 873. 3. Dingliche Einigung ist eine andere als die mit dem Schuldvertrag herbeigeführte Einigung: Trennungsprinzip. Schwerer und leider häufiger Klausur-Fehler: ungenügende Trennung Schuldvertrag und dingliches Rechtsgeschäft. Immo_R_Stud_Skript_01_WS04(04Jul30).doc Grundstücksrecht 4. Allgemeiner Teil: Alle Grundstücksrechtsgeschäfte sind Rechtsgeschäfte, man spricht hinsichtlich der Einigung auch von „dinglichem Vertrag“, 1. auf die grundsätzlich die Bestimmungen des Allgemeinen Teils anzuwenden sind, sorgfältig erwägen, ob einzelne Bestimmungen die Auflassung betreffen und nicht etwa allein das Grundgeschäft. 2. Daher können die Unwirksamkeitsgründe des Allgemeinen Teils auf das dingliche Übereignungsgeschäft einwirken. Besonders wichtig mangelnde Geschäftsfähigkeit, Wucher, § 138 II („Vermögensvorteile ... gewähren“), Anfechtbarkeit wegen Täuschung oder Drohung, § 123. Vorsicht in anderen Fällen: Sittenwidrigkeit, § 138 I, erfasst meistens nicht das grundsätzlich sittlich indifferente dingliche Geschäft, Gesetzwidrigkeit, § 134, richtet sich ebenfalls sehr oft nur gegen den Schuldvertrag, nicht gegen das dingliche Rechtsgeschäft. Bei Anfechtung zu prüfen, 1. ob der Anfechtungsgrund dem Schuldvertrag und/oder dem dinglichen Rechtsgeschäft anhaftet, (besonders schwierig in Irrtumsfällen), und dazu 2. ob die Anfechtungserklärung die Willenserklärung für den Schuldvertrag und/oder für das dingliche Rechtsgeschäft betrifft. 3. „Falsa demonstratio non nocet“, betrifft aber nur Auflassung, anders hinsichtlich Eintragung, wegen Publizität. 5. 6. Formerfordernis der „gleichzeitigen Anwesenheit beider Teile“ gemäß § 925 I 1 ist missverständlich, 1. meint lediglich Gleich-"zeitigkeit“ und verbietet Antrag und Annahme zu verschiedenen Zeitpunkten, z. B. eine WE heute, die andere morgen. 2. Auf die ,,Anwesenheit“ kommt es im übrigen kaum an. Nicht erforderlich persönliche Anwesenheit. Vertretung genügt. 3. Die Auflassung 1. als solche erfordert nach § 925 zwar keine Beglaubigung oder Beurkundung. 2. Aber Beglaubigungen (§ 29 GBO) und Beurkundungen (§ 311 b I wegen § 925 a) sind nahezu üblich. Auflassung ist bedingungsfeindlich, § 925 II, 1. Deswegen keine Grundstücksübertragung unter Eigentumsvorbehalt; stattdessen möglich Anweisung an Notar, Eintragungsantrag erst nach Eingang des Kaufpreises zu stellen. 2. Auch der Eintragungsantrag an das Grundbuchamt ist bedingungsfeindlich, § 16 1 GBO. 3. Aber Vormerkung für bedingten Anspruch ist wirksam, so ausdrücklich § 883 I 2. 4. Sonstige Verfügungen über Grundstücksrechte können unter Bedingung stehen, z.B. bedingte Bestellung von Grundschuld oder Hypothek. 5. Der meistens schuldrechtliche Übertragungsanspruch kann unter Bedingung gestellt werden. Weitaus wichtigste Sicherungsmittel für den Veräußerer ist die Vormerkung (diese nicht bei Veräußerung beweglicher Sachen). 7. Auflassungserklärung kann einseitig widerrufen werden, arg. § 873 II. V oder K kann sich also wirksam von der dinglichen Einigung lösen. Grund nach den BGB-Materialien: „dass nicht leicht und übereilt über die Rechte auf Grund und Boden verfügt wird“. Meistens darf K oder V es nicht, sondern ist schuldrechtlich gebunden, z.B. durch Kaufvertrag. Dann bedeutet Widerruf der dinglichen Einigung meistens Vertragsverletzung mit schuldrechtlicher Folge der Schadenersatzpflicht. 8. Aber sachenrechtliche Bindung an die Einigung, Erlöschen des Widerrufsrechts nach § 873 II, wenn (wie üblich) notarielle Beurkundung oder bei Grundbuchamt eingereicht oder Aushändigung von Eintragungsbewilligung etc. Trotz Bindung nach § 873 II bleibt Eigentümer verfügungsbefugt solange, bis der Erwerber wirklich Eigentümer geworden ist. 9. Wegen § 873 II besser sprechen von „Einig-sein“, statt von „Einigung“. Manche Autoren trennen deshalb bei Aufzählung der Erfordernisse für Eigentumsübergang „Einigung“ und „Einigsein“ als zwei unterschiedliche TBM’e. 10. Es kann nicht oft genug wiederholt werden, dass, entsprechend dem Abstraktionsprinzip, die Wirksamkeit des obligatorischen Rechtsgeschäfts für Wirksamkeit der Übereignung irrelevant ist, arg. e silentio §§ 873, 925. Also nochmals: auch wenn Schuldvertrag aus irgendeinem Grunde unwirksam ist, 22. August 2011 11 Prof. Dr. H.-P. Benöhr 12 ist trotzdem Auflassung wirksam. Wenn die Eintragung hinzukommt, ist der Eigentumsübergang perfekt. Keine Grundbuchberichtigung. Das Grundbuch ist richtig. Sondern Bereicherungsanspruch. Es sei denn Fehleridentität (z. B. Wucher oder fehlende Zustimmung wegen Geschäftsfähigkeit oder Betreuung). Aber Schlagwort der „Fehleridentität“ in Klausur möglichst vermeiden, sondern sorgfältig für dingliches Rechtsgeschäft unter entsprechende Bestimmungen (meistens des AT) subsumieren. Selten gibt es ausdrückliche gesetzliche Anordnung der Unwirksamkeit beider Rechtsgeschäfte (z. B. fehlende Zustimmung des Ehegatten). 11. Auflassungsempfänger hat u. U. Anwartschaft oder sogar Anwartschaftsrecht (dazu s. u.). 12. Übertragung von Anwartschaft oder Anwartschaftsrecht nach §§ 873, 925, aber ohne Eintragung in Grundbuch. 13. Konsequenzen eines Fehlers bei der Auflassung 1. Auflassung und damit Übereignung ist unwirksam. Die Grundbuch-Eintragung allein nützt nichts. 14. 2. (Erst-)-Erwerber hat kein Eigentum erworben. Kein Schutz des guten Glaubens des (Erst-)-Erwerbers. 3. Bisheriger Eigentümer hat Eigentum behalten. 4. Wenn Erwerber ohne wirksame Auflassung eingetragen ist, ist 1. Grundbuch unrichtig, deswegen 2. Widerspruch durch Eigentümer, § 899, und 3. Berichtigungsanspruch, § 894. Entscheidung falsa demonstratio non nocet (Düsseldorf, NJW-RR 2000, 1006). Kapitel 3. Eintragung, Grundbuch Wie kommt nun der Erwerber in das Grundbuch und was soll man sich unter dem „formellen Grundbuchrecht“ vorstellen? Dazu ein paar Basis-Bemerkungen im folgenden. Die Regeln für sich sind kaum Prüfungsgegenstand. Sie sind aber wissenswert, weil sich aus dem formellen Recht zum Teil die Bestimmungen des BGB erklären und weil teilweise aus diesen Regeln ein Anwartschaftsrecht konstruiert werden kann. 1. Froschgelände. V hat dem K das Grundstück „Froschgelände“ verkauft und aufgelassen. Dann haben sich beide auf das Grundstück begeben und V hat dem K erklärt: „Hier stehen wir an dem Teich, der unser schönes ‚Froschgelände’ ausmacht, das ist nun Ihrer“. K antwortet: „Ja danke, das nehme ich hiermit in Besitz“. – Ist damit das Eigentum an dem „Froschgelände“ von V an K übergegangen? (Häufiger, aber vereinzelter Fehler) 2. Für sämtliche Verfügungen über ein Grundstück oder ein Grundstücksrecht, in § 873 I aufgeführt, ist „die Eintragung der Rechtsänderung in das Grundbuch erforderlich“. 3. Grundbuch 4. - Beim Amtsgericht geführt, § 1 GBO. Rechtsgrundlagen vor allem - 1. Grundbuchordnung (GBO) 2. Gesetz über die Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit (FGG). Im Wesentlichen gleich: das Wohnungsgrundbuch für Eigentumswohnungen. Grundbuch besteht aus: Aufschrift, Bestandverzeichnis, und vor allem drei Abteilungen Abteilung I. Eigentümer und Grundlage der Eigentumsänderung, - Abteilung II. Lasten und Beschränkungen, z.B. Grunddienstbarkeiten, Vormerkungen und Widersprüche (bezüglich Eigentum), Beschlagnahme durch Insolvenzeröffnung oder Veräußerungs- oder Erwerbsverbote auf Grund einstweiliger Verfügung, Immo_R_Stud_Skript_01_WS04(04Jul30).doc Grundstücksrecht - 5. Abteilung III. Hypotheken, Grund- und Rentenschulden. Eintragungsverfahren, wichtige Normen: §§ 13, 17, 19, 20, 29, 45 GBO: 1. Antrag, § 13 GBO 2. Bewilligung und Auflassung, §§ 19 + 20 GBO 3. Voreintragung, § 39 I GBO 4. Form, § 29 GBO 5. Tempus, §§ 17, 45 GBO. Wenn es geht, prägen Sie sich diese 5 Erfordernisse ein. 6. Antragsprinzip, § 13 I 1 GBO, 1. 2. 7. Antragsberechtigt sind sowohl der Erwerber wie der Verfügende. Antrag kann von dem Antragsteller bis zur Vollendung der Eintragung zurückgenommen werden. Deswegen ist die Rechtslage des Auflassungsempfängers, d. h. des Erwerbers, nur gesichert, wenn er selbst den Antrag gestellt hat. Bewilligungsgrundsatz, § 19 GBO, „formelles Konsensprinzip“, 1. Zur Bewilligung der Eintragung ist nur der in seinem Recht Betroffene berechtigt; 2. wer als der Betroffene anzusehen ist, ergibt sich aus § 39 GBO, nämlich der im Grundbuch Eingetragene. Deswegen z. B. § 888 und § 894, 895. Eintragungsbewilligung nach § 19 GBO ist zu unterscheiden von Willenserklärung nach § 873 BGB. 8. Bei Übereignung Nachweis der Auflassung, § 20 GBO, erforderlich, „materielles Konsensprinzip“, zusätzlich neben der Bewilligung (str.). 9. Voreintragung, § 39 GBO 1. Eine Eintragung soll nur erfolgen, wenn der Betroffene zuvor eingetragen ist. Dadurch erspart man Prüfung, ob der Verfügende wirklich der materiell-rechtlich Berechtigte ist. Ist der Berechtigte, der Verfügung vornehmen will, noch nicht eingetragen, muss zuerst Grundbuch geändert werden. Ergebnis: Lückenlose Chronologie der Berechtigungen. 2. Ausnahmen: Verfügung durch Erben des Eingetragenen, § 40 1 GBO, Gläubiger einer Brief-Hypothek, -Grund- oder -Rentenschuld, § 39 II GBO. 10. Formerfordernis, § 29 GBO: Öffentliche Beurkundung oder öffentliche Beglaubigung, §§ 128, 129 BGB, Beurkundungsgesetz. 1. Das gilt nach h. M. auch für Nachweis der Auflassung i. S. §§ 873 I, 925, str. hinsichtlich Vollmacht. 2. Aber Antrag gemäß § 13 GBO formfrei, § 30 GBO. 11. Tempus-Prinzip, §§ 17, 45 GBO; s. deswegen § 13 II GBO. Erledigung in der Reihenfolge der Eingänge der Anträge, Prioritätsprinzip. 1. für die Reihenfolge der Eintragungen, §§ 17 und 45 GBO 2. und damit für Rang der Rechte, § 879 BGB. Vorsicht: 1. Bloß formelles Recht, berührt nicht die materielle Rechtslage. 2. Verletzung kann zu Amtshaftungsanspruch führen, § 839 BGB, Art. 34 GG. 3. Wirkt nicht mehr, wenn der frühere Antrag zurückgewiesen wird, § 18 I 1 Fall 1 GBO. 12. Die Buchung = das Eintragungsverfahren Wenn Eintragungsantrag eingegangen ist, hat Grundbuchamt nur drei Möglichkeiten 1. Entweder Eintragung, oder 2. Ablehnung, § 18 I 1 Alt. 1 GBO, oder 3. Zwischenverfügung, d. h. Grundbuchamt kann statt der Ablehnung dem Antragsteller die Beseitigung des Mangels seines Antrags oder seiner Unterlagen innerhalb bestimmter Frist aufgeben, § 18 I 1 Alt. 2 GBO. 13. Rechtsmittel gegen Ablehnung oder Zwischenverfügung 22. August 2011 13 Prof. Dr. H.-P. Benöhr 14 Erinnerung bzw. Beschwerde, § 71 GBO. 14. Divergenz zwischen Einigung und Eintragung verhindert im allgemeinen Wirksamkeit des dinglichen Rechtsgeschäfts. 15. Konsequenzen eines Fehlers bei der Eintragung 1. Wenn keine Eintragung – dann keine Verfügung. 2. Aber die Verletzung oder Beachtung der GBO und des sonstigen Verfahrensrechts hat keine Auswirkung auf das materielle Recht. Das bedeutet: 1. Wenn GBO oder sonstiges Verfahrensrecht verletzt ist (z. B. Verletzung des Tempus-Prinzips), aber Eintragung erfolgt und außerdem Auflassung fehlerfrei, dann tritt Rechtsänderung ein. Allenfalls kommen Schadenersatzansprüche gegen das Land in Betracht, § 839 BGB, Art. 34 GG. 2. Umgekehrt: sind GBO und sonstiges Verfahrensrecht eingehalten (also Antrag, Bewilligung etc.), und ist Eintragung erfolgt, fehlt es aber an Voraussetzungen des materiellen Rechts (z. B. keine wirksame Auflassung), dann keine Rechtsänderung, sondern Unrichtigkeit des Grundbuchs. Kapitel 4. Berechtigung Die Übereignung setzt Auflassung, Eintragung und Berechtigung voraus. Vor allem die letztere ist „klausurträchtig“, weil eine Partei in ihrer Verfügungsbefugnis beschränkt sein oder weil statt ihrer ein anderer handeln kann: 1. 2. Reihenhaus (mit Varianten gängiger Klausurfall). M und F sind miteinander verheiratet und haben eine gemeinsame, jetzt volljährige Tochter T. Das einzige Vermögensstück des M ist das Grundstück, auf dem sein Reihenhaus steht. M und T schließen zur Vorwegnahme der Erbfolge formgerechten Schenkungsvertrag über das Grundstück ab. Auflassung und Eintragung zu Gunsten der T erfolgen. Nun erfährt die Ehefrau F von dem Vorgang. Kann F Grundbuchberichtigung zu Gunsten des M verlangen? Veräußerer muss Eigentümer und/oder verfügungsbefugt sein, § 873 I. Berechtigt i. S. § 873 I ist, wer hinsichtlich des Rechts verfügungsbefugt ist, also in der Regel Rechtsinhaber oder der mit seiner Einwilligung Handelnde. Aber Gutglaubensschutz hinsichtlich Eigentums und mancher anderer Fälle. 3. Auch bei dinglichen Rechtsgeschäften mit minderjährigen, verheirateten oder betreuten Personen sind die betreffenden Bestimmungen des Allgemeinen Teils (namentlich §§ 104 ff.) und des Familienrechts (namentlich §§ 1363 ff., 1643, 1821 ff., 1908 i), insbesondere zum Zustimmungserfordernis des Familiengerichts, zu beachten.. 4. Bei Zugewinngemeinschaft (klausurverdächtig), auch bei Lebenspartnerschaft, Vorsicht: schwierige Gesetzesformulierung in § 1365 I Sätze 2 und 1. 1. Erfordernis der Zustimmung des anderen Ehegatten zu Verfügung über das Vermögen im Ganzen; formlos genügt zwar nach § 182 II, falls nicht unwiderruflich, aber gegenüber Grundbuchamt Beglaubigung, § 29 GBO. Zustimmung zur Verpflichtung genügt auch für Verfügung, § 1363 I, 1365 I 2. Solange Zustimmung fehlt, ist Verfügung schwebend unwirksam. Genehmigung ist möglich, § 1366 (aber nicht bei einseitigen Rechtsgeschäften, § 1367). 2. „Vermögen im Ganzen“ 1. „Einzeltheorie“ (h. M.) hält Verfügung über 1 besonderen Gegenstand Immo_R_Stud_Skript_01_WS04(04Jul30).doc Grundstücksrecht für unwirksam, wenn dieser wertmäßig das ganze oder nahezu ganze Vermögen ausmacht, unter Abzug der Belastungen, z. B. Hypotheken; aber Wert der Gegenleistung bleibt außer Betracht. Das kann gerade auch ein Grundstück sein, bei kleineren Vermögen über 85 % oder mehr, bei größeren, ab etwa 250 000,- Euro, über 90 % oder mehr. 2. 3. Damit verbunden „subjektive“ Theorie (h. M.): Vertragspartner muss positiv wissen oder Umstände kennen, dass es sich um das ganze oder nahezu ganze Vermögen handelt. Unerheblich hingegen Kenntnis über Ehe und Zugewinngemeinschaft, in diesem Sinne gilt, dass sich Vertragspartner nicht auf seinen guten Glauben berufen kann. 4. Rechtsfolge bei fehlender Zustimmung des anderen Ehegatten 1. Übereignung ist unwirksam, 1. 2. 3. 4. 2. Hauptfolge meistens Grundbuchberichtigungsanspruch, § 894, dazu Widerspruch, § 899, evtl. Bereicherungsanspruch, § 812, gegebenenfalls Herausgabeanspruch, § 985. Unwirksamkeit kann geltend gemacht werden durch vertragschließenden Ehegatten, ohne Schadenersatzpflicht (ausnahmsweise Schadenersatzpflicht bei Versicherung wider besseres Wissen, §§ 823, 826), - oder durch zustimmungsberechtigten Ehegatte, § 1368, insbes. § 894, obwohl dieser nicht Vertrag abgeschlossen hat und nicht Eigentümer ist, und zwar auch nach der Scheidung. Fall der Prozessstandschaft. 5. 5. 3. Im allgemeinen zu Gunsten des vertragschließenden Ehegatten, 4. insbesondere wird dieser infolge Grundbuchberichtigung wieder eingetragen. Kein Zurückbehaltungsrecht des Vertragspartners. Klausurfall: S. Edenfeld, „Die übertragene Apotheke“, JA-Übungsblätter 1996, Heft 2, S. 122. Vollmacht zur Übereignung, sogenannte „Auflassungsvollmacht“ 1. Kein Formerfordernis für die Vollmacht zur Auflassung selbst, § 167 II, falls nicht unwiderruflich; aber für Eintragungsantrag Beglaubigung erforderlich, § 29 GBO. 2. Sorgfältig Umfang der jeweiligen Vollmacht prüfen, ob sie wirklich das beabsichtigte Grundstücksgeschäft deckt. Auf Vollmachtsmissbrauch achten. Gilt z. B. auch für Erlaubnis zum Selbstkontrahieren, § 181. Prüfung der Vollmacht für Grundgeschäft und für Übereignung trennen. 3. Sogar ohne Vertretungsmacht wirksam, § 177 ff., muss aber natürlich nachgeliefert werden, §§ 177 ff. 4. 6. Klausurfall: H.-G. Gersch, „Grundstückseigentümer auf Reisen“, JA-Übungsblätter 4/89, Heft 4, S. 55. Auflassung auch wirksam durch Ermächtigten (im eigenen Namen), §§ 185, 182 ff., insoweit auch formfrei, falls nicht unwiderruflich, § 182 II, aber § 29 GBO, Beispiele: Ermächtigung des Veräußerers an Käufer, noch vor Eintragung des Käufers über Grundstück zu verfügen, der Zweiterwerber wird dann als Rechtsnachfolger des eingetragenen Erstveräußerers (und nicht etwa als Nachfolger des gar nicht eingetragenen Erstkäufers) eingetragen; oder Grundstück mit Hypothek oder Grundschuld zwecks Kaufpreisfinanzierung zu belasten. 7. Maßgebender Zeitpunkt für Berechtigung 1. ist zwar geplante Vollendung des Rechtserwerbs, 22. August 2011 15 Prof. Dr. H.-P. Benöhr 16 meistens Eintragung. Zu diesem Zeitpunkt muss also Verfügender eigentlich noch berechtigt sein. 2. Gilt auch für Ermächtigung und Vertretung. 3. Aber nachträgliche Verfügungsbeschränkung ist unschädlich nach Voraussetzungen § 878, nämlich: § 873 II + Antrag (§§ 13 + 29 GBO). Seeschlösschen. Eigentümer E verkauft sein Seeschlösschen an Käufer K. Auflassung erfolgt. Alle erforderlichen Genehmigungen gehen ein. Im Auftrag von E und K stellt Notar am 1. März bei Grundbuchamt Eintragungsantrag. Am 10. März wird über das Vermögen des E das Insolvenzverfahren eröffnet. Muss das Grundbuchamt den K als Eigentümer eintragen, wird K wirksam Eigentümer? Nach §§ 80 I, 35 InsO verliert E als der „Schuldner“ die Verfügungsbefugnis über die Insolvenzmasse. Ein Rechtserwerb aus der Insolvenzmasse ist gegenüber den Gläubigern unwirksam, § 91 I InsO. Aber nach § 91 II InsO bleibt § 878 BGB von dieser Regelung unberührt. Die Auflassungserklärung sowie die sonstigen Erklärungen des E bleiben also wirksam. K muss als Eigentümer eingetragen werden und wird voll wirksamer Eigentümer. Das Gleiche gilt analog für Eintragung und sodann für Wirkung einer Vormerkung. 8. Konsequenzen eines Fehlers bei der Berechtigung Dieselbe Wirkungen wie bei Fehlern in der Auflassung. 9. Entscheidung: Schenkung von Wohnungseigentum mit Eintritt in Verwaltervertrag (Hamm NJW-RR 2000, 1611; s. jedoch BGHZ 78, 28 = NJW 1981, 109). Kapitel 5. Gutgläubiger Erwerb des Eigentums Wie bei beweglichen Sachen, so gibt es auch bei Grundstücken den gutgläubigen Erwerb. Grundlage für den zu schützenden guten Glauben ist aber hier nicht der Besitz, sondern das Grundbuch. Der gewichtigste Unterschied ist jedoch, dass im Grundstücksrecht erst die positive Kenntnis schadet, dass die sogar grobfahrlässige Unkenntnis des Erwerbers hingegen diesem nicht nachteilig ist. Was in diesem Teil für den Eigentumserwerb beschrieben wird, gilt dann auch für den gutgläubigen Erwerb der Vormerkung (soweit dieser anerkannt wird), der Hypothek und sonstiger Grundstücksrechte. 1. Hasenheide II. A ist 75 Jahre alt, lebt in einem Altersheim, zurückgezogen von Geschäften, hat keinerlei Kenntnis des Grundstücksmarktes, ist aber Eigentümer eines Grundstücks in der Hasenheide. Von B über den wahren Wert des Grundstücks getäuscht, verkauft er das Grundstück zur Hälfte seines Wertes an den B. Auflassung und Eintragung sind erfolgt. B verkauft das Grundstück zu seinem wirklichen Wert an C, Auflassung und Eintragung erfolgen. C weiß nichts von dem Wuchervertrag zwischen A und B. Ist C Eigentümer geworden? 2. Das Grundbuch ist unrichtig, wenn die Eintragung im Grundbuch mit der wirklichen Rechtslage nicht übereinstimmt. 3. Wichtiger Fachausdruck: „der Buchberechtigte”, nämlich derjenige, der zwar im Grundbuch als Berechtigter eingetragen ist, in Wirklichkeit aber gerade nicht der Berechtigte ist, also der „nur” nach dem Grundbuch Berechtigte = der nur scheinbar Berechtigte. Ihm gegenüber steht der wirklich oder wahre Berechtigte, dessen Recht gerade nicht oder nicht richtig im Grundbuch eingetragen ist. 4. Vielfältige mögliche Ursachen für die Unrichtigkeit des Grundbuchs z. B Unrichtigkeiten bei der Auflassung mit der Folge der Nichtigkeit der Verfügung, Louisenplatz I. A hat sein Grundstück Louisenplatz an B verkauft. Auflassung und Eintragung zu Gunsten des B sind ordnungsgemäß erfolgt. Also zunächst Eigentum des B, §§ 873 und 925. Aber jetzt ficht A zu recht die Auflassung (!) wegen arglistiger Täuschung an. Damit Nichtigkeit des dinglichen Rechtsgeschäfts, §§ 123 I, 142 I, 873. Also ist B ex tunc nicht Eigentümer, A ist Eigentümer geblieben. B ist nicht Eigentümer, obwohl im Grundbuch eingetragen, das Grundbuch ist unrichtig. - Fehlende Zustimmung, z. B. Vollmachtgeber, Ermächtigender, gesetzl. Vertreter, Ehegatte, Familiengericht (keine Heilung durch Erfüllung, kein gutgläubiger Ersterwerb). Immo_R_Stud_Skript_01_WS04(04Jul30).doc Grundstücksrecht - Fehler in Verbindung mit Todesfall, z. B. scheinbarer gesetzlicher Erbe wird eingetragen, dann wird Testament gefunden, demzufolge ein anderer Erbe ist. - Fehler bei Eintragung, z. B. versehentlich auf falsches Grundbuchblatt, z. B. statt Erbengemeinschaft eine Bruchteilsgemeinschaft. 5. Grundbuch ist unrichtig, wenn bestehendes Recht gar nicht eingetragen oder zu Unrecht gelöscht ist, oder falsch eingetragen ist oder wenn nicht bestehendes Recht zu Unrecht eingetragen ist. 6. Vorsicht: selbstverständlich ist das Grundbuch richtig, wenn eine wirksame Verfügung erfolgt, aber das Grundgeschäft unwirksam ist etwa wegen Irrtums oder arglistiger Täuschung nur bezüglich Grundgeschäft (Folge: nicht §§ 892 ff.; sondern §§ 812 ff., 925, 873 etc.). 7. Gutgläubiger Erwerb vom Nichtberechtigten gemäß §§ 892 f. Voraussetzungen = Prüfungsfolge = Gutachten-Aufbau Alle Voraussetzungen für Rechtserwerb eines Grundstücksrechts gemäß § 873, nämlich 1. vollwirksame Auflassung, insbes. Einigsein des Verfügenden mit dem Erwerber, 2. Eintragung des Erwerbers. 3. Aber Berechtigung des Verfügenden fehlt. 4. Stattdessen ist Verfügender im Grundbuch eingetragen, §§ 892 f. 5. Dem Erwerber ist die Unrichtigkeit des Grundbuchs nicht bekannt, und zwar im richtigen Zeitpunkt. 6. Ein Widerspruch gegen die Richtigkeit oder eine Berichtigung des Grundbuchs ist nicht oder nicht rechtzeitig eingetragen. 17 8. Infolgedessen kann Prüfungsansatz in einer Klausur lauten: „Obwohl, wie festgestellt, A nicht Eigentümer des Grundstücks war und seine Verfügung infolgedessen unwirksam ist, hat dennoch B gemäß § 892 das Eigentum an dem Grundstück erworben, wenn ihm die Unrichtigkeit der Grundbucheintragung nicht bekannt war, ein Widerspruch nicht eingetragen war und der gutgläubige Erwerb auch aus anderen Gründen nicht ausgeschlossen war“. 9. „Kenntnis“ des Erwerbers, also fehlt „guter Glaube“, § 892 I am Ende. Es schadet nicht: Grobfahrlässige Unkenntnis, im Unterschied zu beweglichen Sachen. Keine Nachforschungspflicht des Erwerbers bei Verdacht auf Unrichtigkeit. Kenntnis der Tatsachen, aus denen sich Unrichtigkeit des Grundbuchs ergibt, schadet grundsätzlich nicht; schadet nur, wenn der (scheinbare) Erwerber aus diesen Tatsachen den Schluss auf die Unrichtigkeit wirklich gezogen hat. Nicht erforderlich, dass Erwerber Grundbuch wirklich eingesehen und darauf vertraut hat. Vorsicht: Aber gutgläubiger Erwerb scheitert, wenn Erwerber keine Kenntnis der Grundbucheintragung hat, wenn aber im entscheidenden Zeitpunkt Grundbuch richtig ist, oder berichtigt wurde oder Widerspruch enthält. 10. Guter Glaube hilft nur über fehlende Berechtigung hinweg, nützt nichts, wenn z. B. Rechtsgeschäft im übrigen fehlerhaft ist; aber Sondervorschriften zu beachten, z. B. § 142 II; §§ 2113 III, § 2211 II, 2366. 11. Widerspruch oder Berichtigung schaden dem Gutgläubigen, verhindern seinen gutgläubigen Erwerb, 1. selbst wenn Gutgläubiger sie nicht kennt, 2. selbst wenn diese nach Einigung und Antrag eingetragen sind. 12. Zeitpunkte zu differenzieren hinsichtlich Eintragung und guten Glaubens: 22. August 2011 Prof. Dr. H.-P. Benöhr 1. 18 Wenn Eintragung 1. der Berichtigung oder 2. des Widerspruchs des wirklich Berechtigten vor der Eintragung des Gutgläubigen erfolgt ist, § 892 I 1 Alt. 1, dann ist gutgläubiger Erwerb nicht mehr möglich (auch ohne Kenntnis des Erwerbers, also selbst wenn der gute Glauben fortbesteht), arg. e contrario § 878 und § 892 II. Cäcilienplätzchen. B ist als Buchberechtigter einer Villa am Cäcilienplätzchen eingetragen, wirklicher Eigentümer ist E. B verkauft an gutgläubigen K und erklärt Auflassung. Am 10. 6. beantragt E in zulässiger Weise Eintragung eines Widerspruchs gegen Eintragung des B. Am 12. 7. stellt K Antrag auf Eintragung als neuer Eigentümer. Am 13. 8. wird der beantragte Widerspruch des E eingetragen. Am 15. 9. wird antragsgemäß K als neuer Eigentümer eingetragen. Kein Eigentumserwerb des K. 2. Guter Glaube muss noch vorhanden sein bei dem zweiten, erforderlichen Akt des Erwerbers, § 892 II, also bei 1. Antragstellung, wenn vorher (wie üblich) Einigung i. S. § 873 erfolgt ist, 2. und noch bei Einigung, wenn (seltener) Antrag schon vorher. Aber danach eintretende Kenntnis schadet nicht. Friedchenrondeel. B ist als Buchberechtigter eines Hauses am Friedchenrondeel eingetragen, wirklicher Eigentümer ist E. B verkauft an gutgläubigen K und erklärt Auflassung. Am 4. 4. stellt K beim Grundbuch Eintragungsantrag. Am 5. 5. erfährt K von E, dass E wirklicher Eigentümer ist. Am 6. 6. wird K als neuer Eigentümer eingetragen. Eigentumserwerb des K ist wirksam. 13. Ausschluss gutgläubigen Erwerbs, wenn 1. Grundbucheintragung guten Glauben nicht genügend stützt, 2. kein schutzwürdiges Rechtsgeschäft, 3. Kenntnis des Erwerbers, 4. Widerspruch. 14. Grundbucheintragung stützt guten Glauben nicht genügend, insbes.: 1. Tatsächliche Angaben genießen keinen guten Glauben, insbes. ,,Wirtschaftsart und Lage“ im Bestandsverzeichnis des Grundbuchs. 2. Nicht eintragungsfähige Umstände, vor allem persönliche Verhältnisse, z.B. Geschäftsfähigkeit, Güterstand, Rechtsfähigkeit eines Vereins. 3. Wenn Grundbuch in sich widersprüchlich ist. Hauptbeispiel Miterben. Grundstückseigentümer E ist gestorben, wird beerbt von Kindern A und B. Richtige Eintragung muss lauten: ,,A und B als Miterben (oder: in ungeteilter Erbengemeinschaft)“. Fälschlicherweise wird aber hier eingetragen: ,,A und B als Miteigentümer je zur Hälfte, eingetragen auf Grund Erbscheins.“ Hier ist Grundbuch in sich widersprüchlich, denn Miterben bilden Gesamthandsgemeinschaft und können nicht Miteigentümer i. e. S. sein. Jetzt bestellt A an seinem angeblichen Miteigentumsanteil gemäß §§ 747 S.1, 1114 eine Hypothek zu Gunsten des H. H glaubt zu Unrecht, A sei Miteigentümer. Kein Schutz des guten Glaubens des H. H hat trotz Eintragung und gutem Glauben keine Hypothek erworben, das Grundbuch ist unrichtig. Folge: guter Glaube des scheinbaren Erwerbers wird nicht geschützt, er wird nicht Eigentümer, seine Eintragung macht Grundbuch unrichtig. 15. Kein schutzwürdiges Rechtsgeschäft zwischen Buchberechtigtem und Erwerber, 1. z. B. Fehlen des Rechtsgeschäfts, weil Erwerb kraft Gesetzes, z.B. Erbschaft. Zeppelinweg. A ist eingetragen als Eigentümer eines Grundstücks im Zeppelinweg, in Wirklichkeit ist X der Eigentümer. A stirbt und wird beerbt von B. Kein gutgläubiger Eigentumserwerb des B. Aber dann gutgläubiger Zweiterwerb des C von B. 2. Erwerb kraft Staatsaktes, insbes. Zwangsvollstreckung. Spezialregeln im Zwangsversteigerungsgesetz. 3. Fehlen eines Verkehrsgeschäfts, wenn faktisch auf Veräußerseite und Erwerberseite dieselben Personen stehen, z. B. Übertragung von Erbengemeinschaft auf personengleiche Gemeinschaft von Miteigentümern. 4. Schuldvertrag Hotel Kiekut. Der zu Unrecht als Eigentümer des Hotels Kiekut Eingetragene buchberechtigte B verpachtet Hotelgrundstück Kiekut an gutgläubigen P. Immo_R_Stud_Skript_01_WS04(04Jul30).doc Grundstücksrecht 19 Pachtvertrag zwar zwischen B und P wirksam, aber nicht zwischen wirklichem Eigentümer E und P. E kann Grundstück von P herausverlangen (umgekehrt schützt Vormerkung den Vormerkungsberechtigten nicht gegen Schuldverträge oder Besitzübertragungen durch den Vormerkungsbelasteten, str.). 16. Gerade im Immobiliarrecht können andere Gutglaubensvorschriften hinzukommen, insbesondere § 142 II Kenntnis der Anfechtbarkeit = Kenntnis der Nichtigkeit wegen § 142 II kann für den Veräußerer die Anfechtung (wegen Irrtums, Täuschung, Drohung) einer von Anfang an unwirksamen Auflassung (z. B. wegen fehlender Geschäftsfähigkeit) nützlich sein, 17. § 2113 III Vorerbe, § 2211 II Testamentsvollstreckung, § 2366 Erbschein. Natürlich wäre im Grundstücksrecht die Anwendung des § 932 ein tödlicher Fehler. 18. Wenn gutgläubiger Erwerb, dann 1. Ausgleich zwischen dem ,,enteigneten“ Berechtigten und dem verfügenden Nichtberechtigten, insbesondere auf Grund 1. Vertrag 2. § 816 3. Geschäftsführung ohne Auftrag oder Geschäftsanmaßung 4. Eigentümer-Besitzer-Verhältnisses, §§ 987 ff., entsprechend, Bucheigentümer gleicht dem unrechtmäßigen Besitzer und schuldet 1. Beseitigung der Belastung, §§ 990, 989, 249 I, und 2. Schadenersatz, §§ 990, 989, falls weitere Voraussetzungen gegeben sind. 5. 2. Eigentumsverletzung, § 823 I. Selten erfolgreich Ansprüche des ,,enteigneten“ Berechtigten gegen gutgläubigen Erwerber. 1. Kaum je Vertrag. 2. Bei Unentgeltlichkeit § 816 1 2. 3. Selten unerlaubte Handlung. Fahrlässigkeit des Erwerbers ist unschädlich, weil § 892 trotz Fahrlässigkeit schützt. Kapitel 6. Grundbuchberichtigungsanspruch und ähnliche Ansprüche Wie Sie gesehen haben, kann ein Grundbuch aus vielerlei Gründen unrichtig sein. Das hat zur Folge, dass der Berechtigte nicht über sein Recht verfügen kann, weil er nicht richtig eingetragen ist. Vor allem kann ein Dritter, der gutgläubig ist, von dem sogenannten Buchberechtigten, der im Grundbuch zu Unrecht eingetragen ist, ein Recht an diesem Grundstück erwerben. Das bedeutet die dringende Gefahr für den wirklich Berechtigten, dass er ohne seinen Willen sein Grundstücksrecht oder sogar sein Eigentum verliert. Wie begegnet er dieser Gefahr? Endgültig durch Berichtigung des Grundbuchs, provisorisch durch Eintragung eines Widerspruchs. 1. Louisenplatz II. A hat sein Grundstück Louisenplatz an B verkauft. Auflassung und Eintragung zu Gunsten des B sind ordnungsgemäß erfolgt. Aber jetzt ficht A zu recht die Auflassung wegen arglistiger Täuschung an. Infolgedessen Nichtigkeit und zwar der Auflassung und damit der Eigentumsübertragung, §§ 123 I, 142 I, 873. Also ist B ex tunc nicht Eigentümer, obwohl im Grundbuch eingetragen, B ist lediglich Buchberechtigter. A ist Eigentümer geblieben, obwohl im Grundbuch nicht mehr eingetragen. Das Grundbuch ist unrichtig. Wie bekommt A sein Eigentum zurück? Falsche Frage, denn A ist ja Eigentümer geblieben. Jetzt praktische Notwendigkeit und rechtliche Begründetheit für Grundbuchberichtigung gemäß § 894. A kann nicht etwa „allein“ vom Grundbuchamt Änderung der Eintragung begehren. Denn es bleibt bei den 5 Erfordernissen für Grundbucheintragung, nämlich: (1) Antrag, § 13 GBO; (2) Bewilligung, § 19 GBO; (3) Voreintragung, § 39 I GBO; (4) Form, § 29 GBO; und (5) Tempus, §§ 17, 45 GBO. 2. Mögliche Ansprüche des wirklich Berechtigten gegen den bloß Buchberechtigten 1. die typisch grundstücksrechtlichen Ansprüche 22. August 2011 Prof. Dr. H.-P. Benöhr 2. 3. 1. Grundbuchberichtigungsanspruch, § 894, 2. Widerspruch, § 899, andere, allgemeine Ansprüche auf Änderung des Grundbuchs 1. vertragliche Ansprüche je nach Verhältnis der Parteien zu einander, 2. Bereicherungsanspruch, § 812, 3. Ansprüche aus dem Eigentümer-Besitzer-Verhältnis, §§ 987 ff., analog, 4. Schadenersatz, §§ 823, 249, Ansprüche auf Besitzherausgabe, insbes. §§ 985 f. 3. Am wichtigsten § 894. 4. Beteiligte 1. Der wirklich Berechtigte (dinglich Berechtigte, nicht eingetragene Berechtigte), 2. der (zu Unrecht) Eingetragene, der Buchberechtigte. 5. Wenn der Buchberechtigte nicht die gem. § 19 GBO erforderliche Bewilligung für die Eintragung des wirklich Berechtigten geben will, kommt es auf Berichtigungsanspruch, § 894, an. 6. Vier Anspruchsvoraussetzungen für Berichtigungsanspruch, § 894, einfach subsumieren, nicht auswendig lernen: 1. Eintragung in Grundbuch, 2. Eintragung und wirkliche Rechtslage "nicht im Einklang", 3. Anspruchs-berechtigt ist nur der wirkliche Inhaber desjenigen Rechts, das durch die unrichtige Eintragung beeinträchtigt ist. 4. Anspruchs-gegner ist der Buchberechtigte, also derjenige, der zu Unrecht im Grundbuch eingetragen ist, der aber durch die beantragte Grundbuchberichtigung formell benachteiligt wird, dessen Bewilligung deswegen gemäß § 19 GBO erforderlich ist. 7. Einrede des Berichtigungsverpflichteten, z. B. dolo petit, falls Eintragung zwar unwirksam, falls aber Anspruchsgegner Anspruch auf jetzige Eintragung hat, z. B. Bucheigentümer hat gegen wirklich Berechtigten Übereignungsanspruch . Oder bei Zurückbehaltungsrecht, etwa nach §§ 1000, 994 analog wegen Verwendungen des Buchberechtigten; oder § 273 wegen Rückzahlung des Kaufpreises. 8. Verfahrensrecht Durchsetzung des Anspruchs (!) auf Grundbuchberichtigung durch (Leistungs-)-Klage des nichteingetragenen wirklichen Berechtigten auf Abgabe einer entsprechenden Willenserklärung gegen den eingetragenen Buchberechtigten. Mit Rechtskraft des zusprechenden Urteils gilt die Willenserklärung des Beklagten als abgegeben, § 894 I 1 ZPO. 9. Hingegen kein Berichtigungsanspruch i. S. § 894, wenn Verfügung wirksam, Grundgeschäft aber unwirksam ist. Dann ist Grundbuch richtig. Dann nur ein sogenannter „schuldrechtlicher Berichtigungsanspruch”, § 812, gerichtet auf Rückübertragung des Eigentums am Grundstück, gemäß §§ 873, 925. 10. Bereicherungsansprüche 1. Unrichtige Grundbucheintragung, sogenannte Buchberechtigung, ist vorteilhafte Rechtsstellung, weil der eingetragene Nichtberechtigte über das betroffene Recht wirksam an einen Gutgläubigen verfügen kann (auch wenn er es nicht darf). Diese Vermögensposition ist nach den Voraussetzungen der §§ 812 ff. kondizierbar. Die Kondiktion kann gerade dann von Bedeutung sein, wenn der Gläubiger nicht wirklich Berechtigter ist. 2. Bei richtiger Grundbucheintragung, die aber ohne Causa erfolgt ist (wegen nichtigen Grundgeschäfts, ausgenommen Fall der Heilung ), kann das Eigentum an dem betroffenen Grundstück nach den Voraussetzungen der §§ 812 ff. kondiziert werden. 3. Wie bereits gesagt, können auch die Auflassungserklärung oder die Preiszahlung nach den Voraussetzungen der §§ 812 ff. kondiziert werden, solange Schuldvertrag nicht geheilt ist, § 311 b I S.1 und 2. Immo_R_Stud_Skript_01_WS04(04Jul30).doc 20 Grundstücksrecht 11. 21 Bestimmungen des Eigentümer-Besitzer-Verhältnisses, §§ 987 ff., entsprechend, wobei „Eigentümer“ der wirkliche Eigentümer ist und analog zum unrechtmäßigen „Besitzer“ der bloße Bucheigentümer behandelt wird; gerade dann, wenn Bucheigentümer nicht als Besitzer gehandelt hat. Der Bucheigentümer gleicht dem unrechtmäßigen Besitzer, insbes. schuldet er 1. Beseitigung der Belastung, §§ 990, 989, 249 I, 2. Schadenersatz, §§ 990, 989, falls weitere Voraussetzungen gegeben sind, 3. Verzugsschaden, §§ 990 II, 4. Nutzungen, §§ 988, 987. Verwendungsansprüche des Buchberechtigten gegen den wirklich Berechtigten, §§ 994 ff. entsprechend . Kapitel 7. Widerspruch Sobald ein Widerspruch gegen die Richtigkeit des Grundbuchs eingetragen ist, kann niemand mehr im Vertrauen auf die Richtigkeit des Grundbuchs gutgläubig ein Recht durch Verfügung des Nichtberechtigten zum Nachteil des wirklich Berechtigten erwerben. Also Widerspruch verhindert gutgläubigen Erwerb. Aber unter welchen Voraussetzungen wird er eingetragen, und wie wirkt er genau? 1. Enneccerus I. Enneccerus, im Grundbuch eingetragener, wirklicher Eigentümer, ist gestorben. Das Grundstück ist 800 000,- Euro wert. Sein Sohn Sohm hält sich für den gesetzlichen Erben und lässt nunmehr sich selbst als neuen Eigentümer eintragen. Nun wird ein Testament gefunden, in dem Enneccerus seine Freundin Fichard zur Alleinerbin eingesetzt hat. Frau Fichard verlangt von Sohn S Einwilligung in die Berichtigung des Grundbuchs. Sohn weigert sich, er glaubt, das von Frau Fichard vorgelegte Testament sei gefälscht. Sohn S veräußert das Grundstück für 1,1 Mio. Euro an den gutgläubigen Gebhard. Antrag auf Eintragung des G wird am 1. Juli beim Grundbuchamt eingereicht. Die Eintragung des G als neuer Eigentümer erfolgt am 1. Dezember. Ist G Eigentümer geworden? Abwandlung: Freundin F hat am 20. Juni bei dem Grundbuchamt den Antrag auf Eintragung eines Widerspruchs eingereicht. Der Widerspruch wird am 16. Juli eingetragen. G erfährt nichts von dem Widerspruch. G wird am 1. Dezember als neuer Eigentümer eingetragen. An der Richtigkeit des Testaments zu Gunsten der Freundin F besteht kein Zweifel. 1. Ist die Eintragung des G zu recht erfolgt? 2. Kann Freundin F gegen den Widerstand von S und G die Eintragung als Eigentümerin erreichen? 2. Lesen Sie die wichtigen Bestimmungen § 899 Eintragung eines Widerspruchs § 894 Voraussetzung für Widerspruch § 892 I 1 Hauptwirkung des Widerspruchs. 3. Widerspruch wird eingetragen 1. entweder auf Bewilligung des unrichtig Eingetragenen, § 899 II 1 BGB, § 19 GBO, 2. häufiger auf Grund einstweiliger Verfügung, § 899 II 1 BGB, 3. 4. 5. oder ausnahmsweise auf Antrag des in Wirklichkeit Berechtigten, § 1139. Selten: Amtswiderspruch, § 53 I 1 GBO. Oder als Urteilswirkung, § 895 ZPO: Satz 1. „Ist durch ein vorläufig vollstreckbares Urteil der Schuldner zur Abgabe einer Willenserklärung verurteilt, auf Grund deren eine Eintragung in das Grundbuch ... erfolgen soll, so gilt die Eintragung ... eines Widerspruchs als bewilligt“. 4. Anspruchsvoraussetzungen wie für Berichtigungsanspruch, §§ 899 I, 894. 5. Kein Widerspruch wenn keine Gefahr gutgläubigen Erwerbs, nämlich gegen nicht übertragbare Rechte (Nießbrauch) und auch nicht gegen Vormerkung für eine nicht-bestehende Forderung. 6. Verfahren zur Eintragung des Widerspruchs Wie bekommt der (angeblich wirklich) Berechtigte (meistens nicht Eingetragene) nun den Widerspruch in das Grundbuch, wenn der Buchberechtigte die Bewilligung der Eintragung nicht erteilt? Einstweilige Verfügung, § 899 II 1 Alt. 1 BGB (hierzu nun ein bisschen ZPO): 1. „Gesuch“ des Berechtigten, §§ 936, 920, 942 ZPO. 3. Mit der Behauptung 1. des Arrest-Anspruchs, hier: wegen unrichtiger Eintragung im Grundbuch, 22. August 2011 Prof. Dr. H.-P. Benöhr 2. 4. und eines Arrest-Grundes i. S. § 920 I Alt. 2 ZPO. Glaubhaftmachung 1. zwar der Unrichtigkeit der Eintragung, §§ 920 II ZPO, z. B. durch Urkunden, auch durch Versicherung des Gläubigers an Eides Statt, § 294 I ZPO, 2. 5. 22 aber nicht erforderlich Glaubhaftmachung des Arrest-Grundes, § 899 II 2 BGB. Art der gerichtlichen Entscheidung und des Rechtsmittels 1. Entweder in mündlicher Verhandlung durch Urteil, § 922 ZPO, dagegen Berufung an nächsthöhere Instanz, 2. oder ohne mündliche Verhandlung durch Beschluss, §§ 922, 924 ZPO, dagegen Widerspruch an das entscheidende Gericht, § 924 ZPO. 6. Ersuchen des Amtsgerichts an das Grundbuchamt um Eintragung des Widerspruchs, § 941 ZPO. 7. Zur Eintragung in Grundbuch die üblichen Voraussetzungen: Antrag ( § 13 GBO) meistens des Berechtigten, statt „Bewilligung“ hier Beschluss oder Urteil (§ 38 GBO), Voreintragung des betroffenen Buchberechtigten (§ 39 GBO). 7. Entscheidende Wirkung des Widerspruchs: der Gutgläubige kann nicht endgültig erwerben, § 892 I 1, wenn Widerspruch berechtigt ist. 8. Widerspruch wirkt unabhängig von Kenntnis des gutgläubigen Erwerbers. § 892 I 1 schließt gutgläubigen Erwerb kategorisch aus, wenn zur Zeit der Eintragung des Erwerbers der Widerspruch bereits eingetragen ist. Auf Kenntnis des Erwerbers kommt es für Widerspruch nicht an (anders § 892 II bezüglich der Kenntnis der Unrichtigkeit; nicht etwa Analogie zu Absatz 2). 9. Entscheidender Zeitpunkt für Widerspruch sind die Eintragungen: wenn Widerspruch vor Eintragung des Gutgläubigen eingetragen ist, ist er wirksam, wenn aber zuerst Gutgläubiger eingetragen ist, kommt Widerspruch zu spät. Zeitpunkt der Antragsstellungen ist materiellrechtlich eigentlich gleichgültig, es kommt auf Eintragung an. Aber Grundbuchamt soll in der Reihenfolge der Antragstellungen erledigen, § 17 GBO, Tempusprinzip. Das Gleiche gilt für Verhältnis Widerspruch / gutgläubiger Ersterwerb einer Vormerkung. Erwerber muss sich deshalb in seinem Interessen nach schwebenden Anträgen auf Eintragung eines Widerspruchs erkundigen. 10. Der Widerspruch bewirkt keine Grundbuchsperre. Der (eingetragene) Widerspruchsgegner kann weiterhin Verfügungen treffen, das ist der Hauptunterschied zur erfolgten Grundbuchberichtigung. Aber die Verfügungen des Buchberechtigten sind unwirksam, wenn der Widerspruch berechtigt ist. 11. Widerspruch wirkt nur, wenn er für den Berechtigten eingetragen ist, nicht bei Eintragung für einen anderen. Kuhweide: A ist der wirkliche Eigentümer des Grundstücks Kuhweide. Eingetragen ist der C (also bloßer Buchberechtigter). Nun erwirkt aber der B mit der Behauptung, dass er, der B, der wirkliche Eigentümer sei, die Eintragung eines Widerspruchs. Dann veräußert C (der Buchberechtigte) das Grundstück Kuhweide an den D, D. weiß nichts von Eigentum des A. 1. Kann B die Berichtigung des Grundbuchs verlangen? Nein, war ja nicht wirklicher Eigentümer. 2. Kann A Berichtigung verlangen? Zwar war A wirklicher Eigentümer, Widerspruch war eingetragen, aber kein Widerspruch für den A. D war gutgläubig. Also Eigentum des D. Keine Berichtigung. 12 Wirkungen des Widerspruchs betreffen auch spätere Erwerber. Enneccerus I b. Wie ist es, wenn nach der Eintragung des Widerspruchs der F und der Eintragung des G als neuer Eigentümer der G das Grundstück an Irnerius veräußert hat und dieser im Grundbuch eingetragen wurde? Auch I hat kein Eigentum erlangt, kann aber weiter verfügen, wenn auch nicht wirksam. 13. Die Wirkung des Widerspruchs ist nur provisorisch. Denn wenn sich herausstellt, dass der Widerspruch unberechtigt ist, weil der Eingetragene der wirklich Berechtigte ist, wenn also Grundbuch in Wirklichkeit nicht unrichtig ist, dann ist die Verfügung des bisher Eingetragenen und der Erwerb derjenigen, die nach dem Widerspruch eingetragen worden sind, endgültig wirksam. Enneccerus II. Enneccerus, der wirkliche Eigentümer ist gestorben. Sein Sohn Sohm lässt sich als gesetzlicher Erbe als neuer Eigentümer eintragen. Aber nach einem zwischenzeitlich aufgefunden Testament ist Freundin Fichard zur Alleinerbin eingesetzt. Frau Fichard erreicht die Eintragung eines Widerspruchs. Sohm veräußert das Grundstück trotzdem an Gebhard, Eintragung des Gebhard erfolgt. Nun stellt sich heraus, dass das Testament zu Gunsten der F unwirksam ist. Dann wurde Fichard mit dem Erbfall nicht Eigentümerin des Grundstücks, sondern S wurde Eigentümer. Immo_R_Stud_Skript_01_WS04(04Jul30).doc Grundstücksrecht 23 Auch wenn die F die Eintragung eines Widerspruchs erreicht hat, hat G dennoch das Eigentum von S erlangt. Denn S, als der wirkliche gesetzliche Erbe, war der Berechtigte, der als solcher eine wirksame Verfügung getroffen hat; mit gutgläubigem Erwerb hat das nichts zu tun. Auch Weiterverfügungen des G und späterer Erwerber sind wirksam. 14. Erlöschen des Widerspruchs vor allem durch Verwirklichung des entsprechenden Berichtigungsanspruchs, oder, umgekehrt, durch Löschung der (unberechtigten) Widerspruchseintragung selbst auf Antrag des Widersprechenden (notfalls auf Grund Berichtigungsklage des ursprünglichen, nach wie vor wirklich Berechtigten, § 894 analog oder unmb.). 15. Allgemeine Charakterisierung der Wirkungen des Widerspruchs 1. Der Widerspruch 1. hat also eine Warnfunktion, ebenso wie Vormerkung 2. ist ein vorläufiges Sicherungsmittel, ebenso wie Vormerkung. 2. Der Widerspruch 1. widerspricht der gegenwärtigen Grundbucheintragung. 2. ,,Der Widerspruch protestiert“ gegen die Richtigkeit des Grundbuchs. 3. Der Widerspruch dient 1. dazu, ein bestehendes Recht zu bewahren, 2. zur Sicherung eines dinglichen Rechts 3. vor allem gegen Verfügung eines Nichtberechtigten mit Folge des Gutglaubenserwerbs. 16. Widerspruch gegen Vormerkung? A, Mutter der Tochter T und des Sohnes S, ist als Eigentümerin von zwei Eigentumswohnungen, Wohnung Nr. 1 und Wohnung Nr. 2, im Grundbuch eingetragen. Sie überträgt die Eigentumswohnung Nr. 1 mittels notariell beurkundeten Vertrages an ihre Tochter T. In demselben Vertrag wird zwischen A, T und S vereinbart: „Der Ausgleich soll dadurch erfolgen, dass S nach dem Tode der A die Eigentumswohnung Nr. 2 zu Alleineigentum erhalten soll. S und T verpflichten sich für den Fall, dass sie als Miterben der gemeinsamen Mutter Miteigentümer der Wohnung Nr. 2 werden sollten, der Übereignung an S zustimmen, ohne hierfür ein Entgelt zu fordern. Die jeweiligen Veräußerer bewilligen die Eintragung einer Vormerkung nach § 883 BGB zur Sicherung des vereinbarten Übereignungsanspruchs“. S beantragt die Eintragung einer Auflassungsvormerkung an dem Wohnungseigentum Nr. 2. Das Grundbuchamt trägt die Vormerkung antragsgemäß zu Gunsten des S ein. A will die Löschung dieser Vormerkung oder zumindest die Eintragung eines Widerspruchs erreichen, vor allem, um einen gutgläubigen Erwerb der Vormerkung durch einen weiteren Interessenten zu verhindern. Wird sie Erfolg haben? (Vereinfacht nach BayObLG NJW-RR 1999, 1689; s. auch Düsseldorf NJW-RR 2000,1686); Kapitel 8. Prüfungsfolge Grundstücksübertragung 1. Die Frage, ob die Grundstücksübertragung wirksam war, wird kaum jemals ausdrücklich als einzige Klausurfrage gestellt. Meistens kommt es bei der Prüfung eines Anspruchs auf die Vorfrage an, ob der Kläger oder Beklagte Eigentümer ist, und daher kann man zu der Frage kommen, ob eine Übereignung wirksam war. In etwa: 2. Einleitungssatz „Der Kläger B ist Eigentümer des Grundstücks, wenn er es wirksam von A erworben hat. Die Grundstücksübereignung setzt nach §§ 925, 873 voraus, dass sich der Veräußerer A mit dem Erwerber B in der Form des § 925 über die Übertragung des Eigentums an dem Grundstücksgeeinigt hat, dass B als neuer Eigentümer des Grundstücks im Grundbuch eingetragen wurde und dass der Veräußerer A Eigentümer des Grundstücks oder dass der Erwerber B hinsichtlich des Eigentums des A gutgläubig war". 3. Gedankenführung. Daraufhin sind zu prüfen: 1. Auflassung 1. vor einem Notar, § 925 I 1 und 2, 2. gleichzeitige Anwesenheit von A und B (oder deren Vertreter etc.), § 925 I 1, 3. Einigsein über das betreffende Grundstück, § 873 I 1. 2. Eintragung in das Grundbuch, § 873 I 1 3. Bisheriges Eigentum des Veräußerers A oder gutgläubiger Erwerb des B. 4. Formulierung des (Zwischen-)-Ergebnisses „Also ist B Eigentümer des Grundstücks geworden“. 5. „Varianten“ je nach Fallfrage und Sachverhalt sind im Ausgangssatz, in der Gedankenführung und im Ergebnis-Satz zu markieren, etwa im Ausgangssatz mit dem Hinweis „insbesondere die Verfügung des A nicht wegen Fehlens der Zustimmung der Ehefrau F unwirksam ist“ oder „wobei vor allem zu prüfen sein wird, ob die Übereignung auf den nur beschränkt geschäftsfähigen B der Zustimmung seiner gesetzlichen Vertreter bedurft hätte“. 22. August 2011 Prof. Dr. H.-P. Benöhr 24 Kapitel 9. Entstehung der Vormerkung Die Vormerkung, die Sie in diesem Kapitel wiederholen, ist ein provisorisches Sicherungsrecht zur Sicherung eines, meistens schuldrechtlichen, Anspruchs auf Grundstücksübertragung, Hypothekenbestellung, Grundschuldlöschung etc. Man mag fragen: Warum wird nicht gleich statt der Vormerkung das dingliche Recht selbst eingetragen oder gelöscht? Erstens erfolgt die Eintragung der Vormerkung sehr viel schneller als die Eintragung des gesicherten Rechts. Und zweitens hat eine Vormerkung den Vorteil, dass sie, im Unterschied zur Eintragung des Eigentums selbst, einen „künftigen oder bedingten” Anspruch sichern kann. Drittens ist Vormerkung, nicht aber Grundbucheintragung des dinglichen Rechts möglich, wenn eine noch zu vermessende Teilfläche eines größeren Grundstücks betroffen ist. Für eventuelle Klausuren sind vor allem zwei Punkte wissenswert: in welche Fällen kann eine Vormerkung gutgläubig erworben werden, und wie wirkt eine Vormerkung? Aber vorher ist die Entstehung der Vormerkung zu behandeln. 1. Friederikes Welt. Friederike und Maximilian sind miteinander verheiratet. Der einzige Gegenstand von Wert, den Maximilian sein eigen nennt, ist ein Grundstück. Dieses verkauft er an Kasimir, der die Vermögens- und Familienverhältnisse Maximilians kennt. Vormerkung wird eingetragen. Friederike erklärt ausdrücklich, dass sie mit dem Geschäft nicht einverstanden ist. Aber Maximilian und Kasimir glauben (zu Unrecht, §§ 1363 I, 1365), dass es auf die Meinung Friederikes nicht ankomme. Hat Kasimir Vormerkung erworben? 2. Lesen Sie die wichtigen Bestimmungen §§ 883, 885, 888. 3. Beteiligte 1. Vormerkungsgläubiger = Vormerkungsberechtigter = (Vormerkungs-)-Begünstigter = zu dessen Gunsten die Vormerkung eingetragen ist, z. B. bei Auflassungsvormerkung auf Grund Grundstückskaufvertrages: der Käufer. 4. 2. Betroffener = der Inhaber des Grundstücksrechts = meistens der Schuldner, der Recht auf den Vormerkungsgläubiger übertragen soll, z.B. bei Auflassungsvormerkung auf Grund Kaufs: der Eigentümer des verkauften Grundstücks. 3. „Erwerber“ = Dritter, derjenige, zu dessen Gunsten der Betroffene eine Verfügung getroffen hat, die den Anspruch des Vormerkungsgläubigers vereiteln oder beeinträchtigen würde, z.B. derjenige, an den Eigentümer sein Grundstück ein zweites Mal verkauft und aufgelassen hat. Voraussetzungen, § 885 I 1: 1. Vormerkung wird eingetragen 1. entweder auf Bewilligung des Betroffenen nicht, wie sonst: „Einigsein“. Bewilligung ist einseitiges Rechtsgeschäft des Betroffenen, bestehend aus empfangsbedürftiger Willenserklärung, abzugeben gegenüber dem Grundbuchamt oder dem Inhaber des zu sichernden Anspruchs. Materiellrechtlich formfrei, § 125 BGB, nach § 29 GBO aber beglaubigt. In der Praxis bei üblichen Grundstücksgeschäften Bewilligung der Vormerkung in der notariellen Urkunde neben Kaufvertrag und Auflassung, §§ 925, 873. 2. Oder auf Grund einstweiliger Verfügung, Verfahren wie bei Widersprach. Vorsicht: einstweilige Verfügung auf Eintragung einer Vormerkung erlaubt keinen gutgläubigen Ersterwerb der Vormerkung, da einstweilige Verfügung kein „Rechtsgeschäft“ i. S. § 893 BGB ist. 3. 2. Oder als Urteilswirkung, § 895 ZPO: Satz 1 (Lesen!). Eintragung in das Grundbuch, die üblichen Voraussetzungen, wie bei Widerspruch, 5. 3. Berechtigung des Bewilligenden oder eventuell guter Glaube des Begünstigten, 4. vormerkungsfähiger Anspruch. Vormerkungsfähig ist jeder wirksame Anspruch, 1. meistens auf Grund Schuldvertrages, Hauptfall: Sicherung des Anspruchs des Grundstückskäufers auf Grundstücksübereignung, 2. aber auch auf Grund Gesetzes, z. B. Rückauflassungsanspruch des früheren Eigentümers Immo_R_Stud_Skript_01_WS04(04Jul30).doc Grundstücksrecht - 6. 25 wegen ungerechtfertigter Bereicherung (§ 812) oder groben Undanks (§ 530) des jetzigen Eigentümers. Ausdrücklich gesetzlich zugelassen: Sicherung eines künftigen oder bedingten Anspruchs, (obwohl die eigentliche Auflassung [nicht jedoch sonstige Verfügungen] nicht unter Bedingung oder Zeitbestimmung stehen kann, § 925 II). Für Vormerkung eines künftigen Anspruchs muss aber der Rechtsboden für seine Entstehung vorbereitet sein. Künftiger oder bedingter Anspruch muss genügend bestimmt sein. Beispiele: Vereinbarte Rückauflassungsansprüche, falls Erwerber entgegen dem Vertrag nicht rechtzeitig Kaufpreis zahlt oder falls er abredewidrig Grundstück nicht bebaut oder falls er es weiterveräußert oder falls er ohne leibliche Erben verstirbt. Ankaufsrechte, persönliche Vorkaufsrechte. 7. Wenn der gesicherte (meistens schuldrechtliche) Anspruch nicht besteht, z. B. wegen Scheins, § 117, oder wegen Formmangels, §§ 311 b I 2, 125, oder wegen Fehlens einer notwendigen Zustimmung, 1. dann ist auch Vormerkung nicht wirksam, obwohl sie eingetragen ist (unstr.), keine Heilung nach § 311 b I 2; kein „künftiger Anspruch” nach § 883 I 2. Beispiel oben „Friederikes Welt“. 2. Vormerkung wird unwirksam, wenn gesicherter Anspruch erlischt, insbes.durch Erfüllung, dann insbes. Berichtigung des Grundbuchs. 3. Daher „Akzessorietät“ der Vormerkung. 4. Hier kein Gedanke an gutgläubigen Erst- oder Zweit-Erwerb der Vormerkung (allg. M.). Beispiel oben „Friederikes Welt“. Raabestraße I. A hat an B ein Hausgrundstück an der Raabestraße verkauft, vereinbart wurde ein Kaufpreis von 2 Mio. Euro, beurkundet wurde ein Preis von nur 1,4 Mio. Euro (Der Kaufvertrag ist also als Scheingeschäft, § 117, und wegen Falschbeurkundung des wirklich Gewollten, §§ 311 b I 1, 125, unwirksam.). A bewilligte dem B die Eintragung einer Vormerkung, diese wurde eingetragen. Kein Erwerb der Vormerkung durch B. 8. 9. 5. Raabestr. II. Der gleiche Fall des Verkaufs von A an B zu einem zu niedrig beurkundeten Preis. Aber Abwandlung: in Wirklichkeit ist E der Eigentümer: Dann auch kein gutgläubiger Erwerb des B. 6. In diesem Fall auch kein wirksamer Zweiterwerb der Vormerkung: Raabestraße III. Der gleiche Fall des Verkaufs von A an B zu einem zu niedrig beurkundeten Preis. Aber Abwandlung: danach übertrug B seinen angeblichen Anspruch auf Erwerb des Hausgrundstücks und die diesbezügliche Vormerkung auf C. C glaubt an die Wirksamkeit des Kaufvertrages A - B, der Vormerkung und der Vereinbarung B - C. – Keine Rechte des C auf Grund Vormerkung. 7. Nicht vormerkungsfähig z. B. erbrechtliche Positionen zu Lebzeiten des Erblassers. Aber in den meisten Fällen nach überwiegender Meinung vormerkungsfähig folgende Fälle der Praxis: Vereinbarte Übereignungspflicht, ohne Hypothek, bei Nichtrückzahlung eines Darlehens, trotz Bedenken wegen Verfallabrede (§ 1149) oder Verfügungsverbots (§§ 1136, 137) (BayObLG NJW-RR 1997, 590), - Vereinbarte Rückübereignungspflicht bei Weiterveräußerung, trotz Bedenken wegen Verfügungsverbots (§ 137) (BGH Beschl. v. l4. 12. 1996, NJW 1997, 861, dazu Stadler, Jura 1998, 189; Beschl. v. 13. 6. 2002, BGHZ 151, 116 = NJW 2002, 2461 = JURA-Telegramm 2003, 162; Urt. v. 19. 5. 2000, NJW 2000, 2899 = JuS 2000, 1119; BayOblG NJW-RR 2002, 1594), - Vereinbarte Rückübereignungspflicht bei grobem Undank, trotz Bedenken wegen Verfügungsverbots (§ 137) oder wegen grundbuchrechtlichen Bestimmtheitsgrundsatzes des Bedingungseintritts (BayObLG NJW-RR 2001, 1529; gegen Hamm, NJW-RR 2000, 1611), Gegenseitige Ankaufs- und Vorkaufsrechte unter Miteigentümern (BayObLG NJW-RR 2003, 450), Übereignungsrecht für den Fall der Insolvenzeröffnung (BayObLG NJW-RR 2002, 1594; 2003, 450). Gutgläubiger Erwerb einer Vormerkung - Drei verschiedene Fälle unbedingt sorgfältig unterscheiden: 1. Formal wirksame Bestellung der Vormerkung durch Nichteigentümer für wirksamen Anspruch. 2. Bei Vormerkung für nicht bestehenden Anspruch trotz gutem Glauben weder Ersterwerb noch Zweiterwerb. 3. Nach Fehler bei Vormerkungsbestellung für Ersterwerber, gutgläubiger Zweiterwerb. 10. Gutgläubiger Erst-Erwerb einer Vormerkung vom Nichtberechtigten, d. h. Bestellung der Vormerkung von dem Buchberechtigten mit Wirkung gegenüber 1. dem wirklich Berechtigten und 22. August 2011 Prof. Dr. H.-P. Benöhr 2. 26 gegenüber sonstigen Erwerbern, § 893 Alt. 2. Ist anerkannt (str.), denn Bestellung einer Vormerkung ist entweder sonstige Verfügung über das Grundstücksrecht, oder einem sonstigen Verfügungsgeschäft wenigstens gleichzustellen, weil Vormerkung einem obligatorischen Anspruch in beträchtlichem Umfang dingliche Wirkungen verleiht, ähnlich wie endgültige Übertragung des Grundstückseigentums. 11. Voraussetzungen = Prüfungsfolge = Gutachten-Aufbau Alle Voraussetzungen für Rechtserwerb einer Vormerkung gemäß § 885 I 1,nämlich 1. Bewilligung des Betroffenen Kein gutgläubiger Erwerb der Vormerkung infolge einstweiliger Verfügung, § 885 I, weil kein „Rechtsgeschäft“ i. S. §§ 892 f. (hM.). 2. 3. Eintragung des Begünstigten Vormerkungsfähiger und wirksamer Anspruch 4. Aber Berechtigung des Bewilligenden fehlt 5. Stattdessen: Bewilligender ist im Grundbuch eingetragen, §§ 892 f. 6. Dem Begünstigten ist die Unrichtigkeit des Grundbuchs nicht bekannt, bei Stellung des Antrags auf Eintragung der Vormerkung, § 892 II, 7. Ein Widerspruch gegen die Richtigkeit oder eine Berichtigung des Grundbuchs ist nicht oder nicht rechtzeitig eingetragen, d. h. vor der Eintragung der Vormerkung, selbst wenn nach der Antragstellung auch selbst wenn ohne Kenntnis des Vormerkungsempfängers. Kein Widerspruch (wohl aber Berichtigung) des wirklich Berechtigten, wenn unrichtige Vormerkung nicht gutgläubig erworben werden kann, insbes. bei Nichtbestehen der angeblich gesicherten Forderung. 12. Schillerstraße I. Volker ist zu Unrecht als Eigentümer des Grundstücks Schillerstraße eingetragen; der wirkliche, aber nicht eingetragene Eigentümer ist Ernst. Volker verkauft Grundstück formgerecht an Krause, erklärt Auflassung und bewilligt Vormerkung, welche eingetragen wird. Krause ist gutgläubig. Hat Krause Vormerkung erworben? Ja, § 893 Alt. 2. Kapitel 10. Wirkung der Vormerkung Das Funktionieren der Vormerkung macht dem Anfänger Schwierigkeiten. Aber man muss sich bloß klarmachen, dass hierfür 2 Schritte erforderlich sind: einer gegenüber dem vormerkungswidrigen Erwerber und einer gegenüber dem vormerkungswidrig Verfügenden. 1. Nach mir die Sintflut. Der verwitwete Emil hat fünf Söhne. Er ist Eigentümer eines Grundstücks. Er verkauft einem seiner Söhne, dem Albert, das Grundstück in der Form des § 311 b I 1 für 400 000,- Euro, fällig bei Durchführung des Vertrages. Der Kaufvertrag ist betagt und aufschiebend bedingt in der Weise, dass Albert erst innerhalb von 2 Jahren nach dem Tod des Emil erklären kann, ob er den Vertrag durchführen will. Der Auflassungsanspruch des Albert wird durch Vormerkung gesichert. Emil lebt noch, er braucht Geld, die Grundstückspreise fallen, er will das Grundstück für den nun angemessenen Preis von 250 000,Euro an Zamir verkaufen. Er selbst wie auch Zamir rechnen nicht mit einem erheblichen Wertzuwachs des Grundstücks in den nächsten Jahren und daher auch nicht damit, dass Albert sein Ankaufsrecht einmal ausüben wird. Können Albert und Zamir wirksam Kaufvertrag abschließen? Kann Albert wirksam an Zamir Eigentum übertragen? Wenn ja, kann Zamir wirksam an einen Drittern weiter übereignen? Wie müsste Albert nach dem Tode des Emil vorgehen, wenn er das Eigentum an dem Grundstück erwerben will? 2. Wirkung der Vormerkung wird in verständlicher Weise in § 883 II beschrieben: die spätere Verfügung ist relativ unwirksam soweit sie den gesicherten Anspruch gänzlich vereiteln ... würde, oder soweit sie den Anspruch ... beeinträchtigen würde. 3. Der vormerkungswidrige Erwerb des Erwerbers ist "gegenüber" dem Vormerkungsbegünstigten unwirksam. Infolgedessen hat der vormerkungs-widrige Erwerber im Verhältnis zum Vormerkungsbegünstigten das Recht nicht wirksam erworben. Hölderlinstraße. V verkauft in wirksamer Weise sein Hausgrundstück in der Hölderlinstraße an K. Zur Sicherung seines Anspruchs auf Eigentumsübertragung erbittet K von V die Bewilligung einer Vormerkung. Vormerkung wird bewilligt und eingetragen. Trotzdem verkauft V an den Dritten D und erklärt die Auflassung. D wird ordnungsgemäß als neuer Eigentümer eingetragen. Die Eintragung des D ist dem vormerkungsberechtigten K gegenüber unwirksam, § 883 II 1. Immo_R_Stud_Skript_01_WS04(04Jul30).doc Grundstücksrecht 4. 27 Wie muss der Vormerkungsberechtigte nun vorgehen, um sein Recht durchzusetzen, wenn ein anderer Erwerber vormerkungswidrigerweise in das Grundbuch eingetragen wurde? Zwei Schritte sind erforderlich (in beliebiger Reihenfolge): 1. Gegenüber dem Erwerber und 2. Gegenüber dem Belasteten. 5. Anspruch des Vormerkungsberechtigten gemäß § 888 I gegen den vormerkungswidrig (meistens: später) eingetragenen Erwerber auf Zustimmung zu der Eintragung des Rechts des Vormerkungsbegünstigten, z. B. wenn Erwerber in vormerkungwidriger Weise als neuer Eigentümer eingetragen wurde, so im Fall Hölderlinstraße, - oder auf Löschung des Rechts des später eingetragenen Erwerbers, z. B. wenn entgegen einer Auflassungsvormerkung in vormerkungswidriger Weise Hypothek eingetragen wurde. Denselben Anspruch hat Vormerkungsberechtigter gegen etwaige Rechtsnachfolger des Erwerbers. 6. Anspruch des Begünstigten gegen den Belasteten auf Abgabe der Erklärungen, die für die Verfügung erforderlich sind, soweit nicht schon geschehen, insbesondere auf 1. Erklärung der Einigung, § 873, bzw. Auflassung, § 925, 2. Bewilligung der Eintragung des Begünstigten, § 19 GBO, so als wäre der Vormerkungsbelastete noch voll Eigentümer des Grundstücks. Grundlage für diesen Anspruch ist der gesicherte Anspruch selbst, z. B. Kaufvertrag zwischen Belastetem und Begünstigtem, §§ 433. Im Beispiel Hölderlinstraße ist die Verfügung durch V dem vormerkungsberechtigten K gegenüber unwirksam, § 883 II 1. Daher hat K gegen V einen Anspruch auf Abgabe der Eintragungsbewilligung, die ja erforderlich ist, damit das Grundbuchamt den K als den neuen Eigentümer in das Grundbuch einträgt. 7. Bei gutgläubigem Ersterwerb der Vormerkung: Anspruch des Vormerkungsberechtigten 1. gegen den wirklichen Berechtigten auf Zustimmung, falls Grundbuch inzwischen berichtigt wurde. Wenn der Widerspruch des wirklich Berechtigten eingetragen wurde nach der Eintragung der Vormerkung des gutgläubigen Erwerbsgläubigers, dann ist die Eintragung dieses Widerspruchs insoweit unwirksam, § 883 II analog. 2. 8. 9. Anspruch gegen den Buchberechtigten auf Abgabe der erforderlichen Erklärungen, Vormerkung begründet den wichtigsten Fall der nur „relativen Unwirksamkeit“. Das heißt 1. Die Unwirksamkeit bezieht sich nur auf die Beziehung (= Relation) Vormerkungsberechtigter - Erwerber, deswegen wird sie als „relativ“ bezeichnet. 2. Dass die Unwirksamkeit nur „relativ” ist, ergibt sich aus den Worten in § 888 I: der Erwerb sei „gegenüber“ demjenigen, zu dessen Gunsten die Vormerkung besteht, unwirksam. 3. Die Unwirksamkeit besteht nicht im Verhältnis zu Dritten. Denn im Verhältnis zu allen anderen (außer im Verhältnis zum Vormerkungsberechtigten) ist der Erwerber der Berechtigte. Deswegen ist das Grundbuch nach Eintragung des Erwerbers gegenüber jedermann (außer gegenüber dem Vormerkungsberechtigten) richtig. 4. Deswegen erhält der Vormerkungsberechtigte keinen Grundbuchberichtigungsanspruch. Verfügungen des (Zwischen-)-Erwerbers vor Geltendmachung der Vormerkung: Weil das Grundbuch nach Eintragung des Erwerbers richtig ist, deswegen wirksame Verfügungen des Erwerbers an Dritten, des Dritten an Vierten etc., auf guten Glauben kommt es insofern nicht an. Aber der Vormerkungsbegünstigte kann seine Vormerkung wie gegenüber dem ersten Erwerber, so auch gegenüber dessen Erwerbern geltend machen, § 888 I. 10. Schützt Vormerkung den Vormerkungsbegünstigten 22. August 2011 Prof. Dr. H.-P. Benöhr 28 auch gegen Vermietung oder Verpachtung mit Besitzeinräumung durch den Vormerkungsbelasteten? Hotel Heideröschen. V verkauft an K Hotelgrundstück „Heideröschen“, das zur Zeit noch unbewirtschaftet ist. V bewilligt für K Auflassungsvormerkung, die eingetragen wird. Dann verpachtet V dasselbe Hotel an den Pächter P. Später wird K als neuer Eigentümer eingetragen. Ist K als neuer Eigentümer gemäß §§ 566, 581 an Pachtvertrag mit P gebunden, oder kann K seine Vormerkung dem P entgegenhalten? Str. 1. 2. 11. Für den Schutz des Begünstigten K: überwiegende Lehre, also Wirksamkeit der Vormerkung, § 883 II 1 analog. Aber gegen Schutz des Vormerkungsbegünstigten, also zu Gunsten des Mieters etc. entscheidend: Schuldvertrag (Verpachtung V – P) ist keine Verfügung, auch nicht in Verbindung mit Besitzüberlassung; Sozialstaatsprinzip; Mieter schaut üblicherweise nicht in Grundbuch; Grundstückserwerber erhält Ausgleich in Form Mietzins und möglicherweise Rechte wegen Rechtsmangels gegen Veräußerer. Wirkung der gutgläubig vom Nichteigentümer erworbenen Auflassungsvormerkung 1. Gutgläubiger Ersterwerb der Vormerkung ist anerkannt. 2. Fraglich, ob der durch die Vormerkung gesicherte Anspruch noch durchgesetzt werden kann, wenn der Vormerkungsempfänger vor der Eintragung seines Vollrechts bösgläubig wird. Dagegen spricht zwar der Schutz des wirklichen Eigentümers. Dafür spricht aber der Sinn von Vormerkung und gutgläubigem Erwerb, denn andernfalls hätte gutgläubiger Ersterwerb der Vormerkung keine Bedeutung. § 892 II entsprechend. 3. Daher auch Anspruch des gutgläubigen Vormerkungsempfängers gegen wirklichen Eigentümer analog § 888 I (also analog zu dem Anspruch gegen vormerkungswidrig eingetragenen Zwischenerwerber), falls inzwischen der wirkliche Eigentümer entweder infolge Grundbuchberichtigung wieder eingetragen wurde oder einen Widerspruch gegen die Richtigkeit des Grundbuchs erwirkt hat. Streitig, ob Lediglich formellrechtliche Zustimmung im Hinblick auf §§ 19, 39 GBO („Voreintragung“), oder ob Zustimmungserfordernis entsprechend § 185 BGB, weil nicht der Bucheigentümer, sondern nur der wirkliche Eigentümer der Berechtigte ist? 4. Schillerstraße II. Volker ist zu Unrecht als Eigentümer des Grundstücks Schillerstraße eingetragen; der wirkliche, aber nicht eingetragene Eigentümer ist Ernst. Volker verkauft Grundstück formgerecht an Krause, erklärt Auflassung und bewilligt Vormerkung, welche eingetragen wird. Krause ist gutgläubig. Dann wird infolge Grundbuchberichtigung wirklicher Eigentümer Ernst eingetragen. Ernst verkauft an Detlef, Detlef wird als neuer Eigentümer eingetragen. Welche Rechte hat Krause? 12. Sicherungswirkung, Vollwirkung, Rangwirkung der Vormerkung 1. Sicherungswirkung, § 883 II. 2. Vollwirkung, d. h. auch 1. bei Insolvenz, § 106 InsO, 2. in der Zwangsversteigerung (§ 48 ZVG: „...Rechte, die durch Eintragung...einer Vormerkung gesichert sind, sind wie eingetragene Rechte zu berücksichtigen“.), 3. setzt sich gegen beschränkte Erbenhaftung durch, § 884 BGB. 3. Rangwirkung, § 883 III BGB. 13. Vormerkung begründet Anwartschaftsrecht (aber hierzu wenige Klausuren). 14. Anspruch des Vormerkungsberechtigten auf Nutzungen 1. gegen Erwerber. § 987 nicht direkt, denn Vormerkungsberechtigter ist nicht Eigentümer ex tunc. Aber analog., für die Periode zwischen (Rück-)-Übertragungspflicht und Vollendung der Rückübertragung. 2. Aus § 987 analog zwar kein Anspruch gegen vormerkungsbelasteten Veräußerer, denn dieser war ja zur Zeit seines Eigentums voll Berechtigter auch gegenüber Vormerkungsberechtigtem und nach Übertragung an Erwerber hatte er weder dingliches Recht noch Besitz am Grundstück. Aber gegen Eigentümer ab Rechtshängigkeit des Übereignungsanspruchs, § 292 (betrifft auch Übereignung mit Besitzübertragungspflicht), oder ab Verzug, §§ 286, 280 ff. Umgekehrt auch Verwendungsansprüche des Erwerbers gegen Vormerkungsberechtigten, §§ 994 ff. analog. (BGHZ 75, 288 = NJW 1980, 833; BGHZ 87, 296 = NJW 1983, 2024; Urt. v. 19. 5. 2000; BGHZ 144, 323; NJW 2000, 2899 = JuS 2000, 1119; aber str.). 15. Allgemeine Charakterisierung der Wirkungen der Vormerkung/ teils übereinstimmend, teils anders als Widerspruch 1. Die Vormerkung 1. hat eine Warnfunktion, wie Widerspruch, und 2. ist ein vorläufiges Sicherungsmittel, wie Widerspruch. 2. Die Vormerkung (im Unterschied zum Widerspruch) 1. merkt eine künftige Rechtsänderung im Grundbuch vor. 2. ,,Die Vormerkung prophezeit“ eine künftige Rechtsänderung. 3. Die Vormerkung dient 1. dazu, um künftig ein dingliches Recht zu bekommen, 2. zur Sicherung eines schuldrechtlichen Anspruchs Immo_R_Stud_Skript_01_WS04(04Jul30).doc Grundstücksrecht 3. 16. 29 gegen Verfügung des Berechtigten mit Folge des einfachen Erwerbs. Welche Wirkung hat die Vormerkung nicht? Um das "Funktionieren" der Vormerkung noch besser zu verstehen, fragen wir: Welche Wirkungen hat Vormerkung nicht? 1. Betreffend den Vormerkungsbelasteten bewirkt die Vormerkung nicht, dass dieser allein durch die Vormerkung irgendwie sein Recht verlöre, oder dass er sein Recht nicht mehr veräußern oder belasten könnte. 2. 3. Betreffend den vormerkungs-widrigen „Erwerber“ verhindert die Vormerkung nicht, dass der neue Erwerber im Grundbuch eingetragen wird. Eine Vormerkung bewirkt keine Grundbuchsperre. - Vor allem verhindert Vormerkung nicht den Eigentumserwerb eines anderen. - Das Grundbuch wird im eigentlichen Sinne nicht unrichtig, deswegen hat Vormerkungsberechtigter keinen Berichtigungsanspruch. Zu Gunsten des Vormerkungsberechtigten bewirkt die Vormerkung nicht, dass Berechtigter durch die Eintragung der Vormerkung bereits Inhaber des vorgemerkten Rechts würde, - oder dass der Vormerkungsberechtigte irgendwann später gewissermaßen von Gesetzes wegen ("automatisch") Inhaber des vorgemerkten Rechts werde. - Übrigens hat Vormerkung auch keine Heilungswirkung i. S. § 311 b I 2. 17. Prüfungsfolge = Gutachtenaufbau Angenommen: E hat zuerst an K1 Grundstück verkauft und Vormerkung bewilligt, und sodann an K2 Grundstück verkauft und wirksam übertragen. Gefragt ist nach den Rechten des K1. Vorschlag zur Prüfung der Ansprüche des Vormerkungsberechtigten K1, §§ 883 bis 888: "K1 wird Eigentümer des von E gekauften Grundstücks, obwohl K2 das Grundstück erworben hat (dazu 1.), wenn K1 von K2 die Abgabe der erforderlichen Erklärungen verlangen kann, damit K1 als neuer Eigentümer im Grundbuch eingetragen werden kann (dazu 2.), und wenn K1 auch von E die Abgabe der für den Eigentumserwerb erforderlichen Erklärungen verlangen kann (dazu 3.). (1) Infolge von Auflassung zwischen E und K2 sowie Eintragung des K2 hat K2 das Grundstück erworben, §§ 925, 873. (2) K1 kann von K2 die Abgabe der erforderlichen Erklärungen verlangen, wenn K1 wirksam eine Auflassungsvormerkung erlangt hat, §§ 883, 885, und wenn der Erwerb des K2 den Anspruch des K1 vereitelt. Bewilligung des E liegt vor. Die Vormerkung wurde für K1 eingetragen. E war als Grundstückseigentümer zur Bewilligung der Vormerkung berechtigt. Der Anspruch des K1 auf Grund Kaufvertrages ist vormerkungsfähig. Also hat K1 wirksam die Vormerkung erlangt. K1 kann nicht das Eigentum an dem Grundstück erlangen, solange der K2 als Eigentümer eingetragen ist, also vereitelt der Erwerb des K2 die Verwirklichung des Anspruchs des K1. Demnach kann K1 auf Grund seiner Vormerkung von K2 Abgabe der für die Eintragung des K1 erforderlichen Erklärungen verlangen. (3) Infolge des Kaufvertrages muss E dem K1 gegenüber die für den Eigentumserwerb erforderlichen Erklärungen abgeben (soweit nicht schon geschehen), nämlich die Auflassungserklärung und die Eintragungsbewilligung". 18. Rechtsprechung Auflassungsvormerkung und Belastungsvollmacht (BGH Beschl. v. 25. 3. 1999, NJW 1999, 2275 = JuS 1999, 1232) Gesicherter Anspruch befristet auf Tod des jetzigen Grundstücksübernehmers (BGH NJW 2002, 2874) Rangverhältnis mehrerer Vormerkungen (Dresden NJW-RR 1999, 1177) Eigentümer-Besitzer-Verhältnis entspr. (BGH NJW 2000, 2899). 19. Literatur Hager, Die Vormerkung, JuS 1990, S.429; Knöpfle, Die Vormerkung, JuS 1981, S.157; Schwerdtner, Die Auflassungsvormerkung, JURA 1985, S.316. 20. Tochter Tina. Der verwitwete V übereignete 1982 seiner Tochter Tina mittels notariellen Vertrages sein Hausgrundstück und bewilligte und beantragte die Eintragung des Eigentumsübergangs im Grundbuch. Nach diesem Vertrage durfte die T das Grundstück zu Lebzeiten des V ohne seine Zustimmung nicht an einen anderen veräußern. V behielt sich das Recht vor, Rückübereignung verlangen zu können, wenn die T einen Vertrag abschließt, der sie zur Übereignung des Grundstücks verpflichtet. V ließ auch eine entsprechende Vormerkung zur Sicherung seines Rückübereignungsanspruch eintragen. Trotzdem verschenkte und übereignete die T 1989 das Grundstück an ihren Sohn S. S wurde als neuer Eigentümer im Grundbuch eingetragen. V verweigert die Zustimmung. Aus dem Haus zog S Mieterträge in Höhe von 100 000,- DM. a) Hat V eine Möglichkeit, den Verkauf oder die Übereignungen irgendwie rückgängig zu machen? b) Kann V von T und S oder einem von ihnen Herausgabe der Mieterträge verlangen? (BGH Beschl. v. 5. bzw. l4. 12. 1996, WM 1997, 535 = NJW 1997, 861 = JuS 1997, 564, dazu Stadler, Jura 1998, 189; Beschl. v. 13. 6. 2002, BGHZ 151, 116 = NJW 2002, 2461 = JURA-Telegramm 2003, 162; Urt. v. 19. 5. 2000; NJW 2000, 2899 = JuS 2000, 1119; BayObLG NJW-RR 2002, 1594). 22. August 2011 Prof. Dr. H.-P. Benöhr 30 Kapitel 11. Übergang der Vormerkung Kann ein Vormerkungsberechtigter die zu seinen Gunsten eingetragene Vormerkung auf einen anderen übergehen lassen? 1. Eigentümer E hat an A sein Grundstück verkauft, aufgelassen und Vormerkung bewilligt. Eintragung ist noch nicht erfolgt. A hatte das Grundstück für 600 000,- Euro gekauft. A will es jetzt für 750 000,- Euro an B weiterverkaufen, B ist damit einversta den, will aber durch eine entsprechende Vormerkung gesichert werden. Kann A an B die Vormerkung, die E für den A hat eintragen lassen, übertragen? Würde B auf Grund der Vormerkung, die A auf ihn übertragen hat, sein Recht gegenüber Z durchsetzen, wenn E zwischenzeitlich für den Z Auflassung und Eintragung bewirkt hat? 2. ,,Übertragung“ der ,,Vormerkung“ 1. § 401 I analog, mit Übertragung des gesicherten Rechts, insbesondere Abtretung, § 398, z. B. des Übereignungsanspruchs K gegen V, Übergang der Vormerkung als Sicherung, ohne besonderes weiteres Rechtsgeschäft, 2. im allgemeinen formlos, vgl. § 125, und ohne Eintragung. 3. Erwerber des gesicherten Rechts nebst Vormerkung kann seine Eintragung als Vormerkungsberechtigter im Wege der Grundbuchberichtigung herbeiführen (BayObLG NJW-RR 1999, 310), § 894, aber erforderlich ist das nicht für Wirksamkeit des Übergangs der Vormerkung. 3. Rechtlich unwirksam wäre die isolierte Übertragung der Vormerkung allein, ohne die zu sichernde Forderung. 4. Gutgläubiger Zweit-erwerb der Vormerkung, d. h. Erwerb der eingetragenen, aber trotzdem unwirksamen Vormerkung von dem scheinbar Vormerkungsberechtigten? Zwei Fälle zu unterscheiden: 1. Unwirksamkeit der Forderung oder 2. Unwirksamkeit der Vormerkungsbewilligung. 5. Kein gutgläubiger Zweiterwerb der unwirksamen Vormerkung, bei Unwirksamkeit der Forderung, dann ist infolge Akzessorietätsprinzip auch gutgläubiger Erwerb der Vormerkung ausgeschlossen (unstr.). D. h. Vormerkung wird nur akzessorisch zu Forderung übertragen, §§ 398, 401; wenn keine Forderung, dann auch keine Übertragung, kein gutgläubiger Erwerb einer Forderung. Nie gutgläubiger Erwerb der Vormerkung bei Fehlen eines zu sichernden Anspruchs; Ausnahme § 405, wirkt gemäß § 401 auch für Vormerkung. Raabestraße III. A hat an B ein Hausgrundstück an der Raabestraße verkauft, vereinbart wurde ein Kaufpreis von 2 Mio. Euro, beurkundet wurde ein Preis von nur 1,4 Mio. Euro. A bewilligte dem B die Eintragung einer Vormerkung, diese wurde eingetragen. Danach übertrug B seinen angeblichen Anspruch auf Erwerb des Hausgrundstücks und die diesbezügliche Vormerkung auf C. C glaubt an die Wirksamkeit des Kaufvertrages A - B, der Vormerkung und der Vereinbarung B - C. – Keine Rechte des C auf Grund Vormerkung. 6. Aber gutgläubiger Zweiterwerb der unwirksamen Vormerkung wenn Anspruch besteht, §§ 892 f. analog (BGH, str.). 1. Z. B. nach Unwirksamkeit der Vormerkungsbestellung wegen Bewilligung der Vormerkung durch Nichtberechtigten zu Gunsten eines bösgläubigen Erwerbers, oder wegen gänzlichen Fehlens der materiellrechtlich erforderlichen Bewilligung des Berechtigten. 2. Keine direkte Anwendung §§ 892 f., weil Vormerkung kein dingliches „Recht“ ist (unstr.). 3. Bedenken gegen Analogie zu §§ 892 f.: kein Erwerb des Zweiterwerbers kraft „Rechtsgeschäfts“, sondern infolge § 401 kraft Gesetzes, kein Erwerb in Form des Liegenschaftsrechts, kein Bedarf gutgläubigen Erwerbs. 4. Aber für Analogie: Vertrauen auf Grundbucheintragung, rechtsgeschäftlicher Rechtsübergang gemäß § 398, § 893 auch für Rechtsgeschäfte außerhalb Grundbuchs, z. B. Kündigung einer Hypothek. Immo_R_Stud_Skript_01_WS04(04Jul30).doc Grundstücksrecht 7. 31 Bedarf wegen Kettenveräußerung. Voraussetzungen = Prüfungsfolge = Gutachten-Aufbau Gutgläubiger Zweiterwerb der unwirksamen Vormerkung für bestehenden Anspruch Alle Voraussetzungen für Zweiterwerb einer Vormerkung gemäß §§ 398, 401,nämlich 1. Abtretung, § 398, z. B. des Übereignungsanspruchs K gegen V vom angeblichen Vormerkungsbegünstigten an den Zessionar als Vormerkungsempfänger. 2. Existenz des abzutretenden und angeblich gesicherten Anspruchs, sorgfältig zu prüfen! 3. Aber Berechtigung des abtretenden als angeblichem Vormerkungsbegünstigten fehlt, 4. Jedoch ist Abtretender als Vormerkungsbegünstigter im Grundbuch eingetragen, §§ 892 f. 5. Dem Zessionar als Vormerkungsempfänger ist die Unrichtigkeit des Grundbuchs nicht bekannt, und zwar im richtigen Zeitpunkt. 6. Ein Widerspruch gegen die Richtigkeit der Vormerkung oder eine Berichtigung des Grundbuchs ist nicht oder nicht rechtzeitig eingetragen. In diesem Fall auch Widerspruch gegen die Vormerkung zulässig, § 899 (wirksam, solange der bösgläubige Vormerkungsberechtigte nicht weiterübertragen hat). 8. Entenweiher. A ist der wirkliche Eigentümer des Grundstücks Entenweiher. Eingetragen als Eigentümers ist der Buchberechtigte B. B verkauft das Grundstück an den bösgläubigen C und bewilligt für den C Auflassungsvormerkung, dies am 1.Juli e wird eingetragen. Am 2. August verkauft und überträgt C seinen Anspruch gegen B an D, D hält den B für den Eigentümer. Am 3. September wird für den A ein Widerspruch gegen das Eigentum des B eingetragen. D wird als Grundstückseigentümer eingetragen. Aber A verlangt von D Zustimmung zur Grundbuchberichtigung und Herausgabe des Grundstücks Entenweiher. Kapitel 12. Übertragung der Rechtsstellung des künftigen Erwerbers In der Praxis trat das Bedürfnis auf, dass der Grundstückskäufer seine wirtschaftliche und rechtliche Position weiter überträgt, schon bevor die Übereignung des Grundstücks an ihn vollendet ist. Die Gründe für dieses Bedürfnis sind die bekannten: Kreditbedarf, Zeitersparnis, Kostenminimierung. Die Juristen eilten, dieses Bedürfnis auf verschiedene Weise zu befriedigen. Problem und Lösung könnten sich für eine anwaltsorientierte Klausur anbieten: 1. Möglichkeit. Auflassungsermächtigung durch den Veräußerer 1. Unstr. kann Eigentümer = Veräußerer den (Erst-)Erwerber ermächtigen, dass (Erst-)-Erwerber im eigenen Namen Grundstück des Veräußerers an Zweiterwerber weiterveräußern kann, § 185, §§ 925, 873; formlos wirksam, § 182 II, falls nicht unwiderruflich; aber Beglaubigung wegen § 29 GBO. 2. Im allgemeinen liegt in Auflassung (§§ 873, 925) von bisherigem Eigentümer = Veräußerer an Ersterwerber stillschweigend diese Zustimmung. 3. Praktisch wichtig: nicht erforderlich, dass zuerst (Erst-)Erwerber im Grundbuch eingetragen wird, damit dann später Zweiterwerber eingetragen wird. 4. Sogenannte Kettenauflassung, z. B. Erwerber kauft großes Grundstück, parzelliert es und verkauft Parzellen weiter. 5. Diese Verfügungsermächtigung nach § 185 ist weiter übertragbar von Zweiterwerber auf Dritterwerber etc. 6. Wenn § 185, ist Konstruktion über Anwartschaftsrecht entbehrlich; gerade dann von Bedeutung, wenn Erwerber noch kein Anwartschaftsrecht hat. 7. Nachteil: Erst-Veräußerer kann diese Ermächtigung widerrufen (auch wenn er es nicht dürfte), § 183, so dass Verfügung an Dritterwerber unwirksam ist. 8. Entscheidungen: Auflassungsermächtigung betr. Anteile an Grundstücksgesellschaft (BGH Urt.v. 22.11. 1996, WM 1997, 480); Ausschluss der Auflassungsermächtigung (BGH Urt.v. 22.11. 1996, WM 1997, 480). 22. August 2011 Prof. Dr. H.-P. Benöhr 32 2. Möglichkeit. Übertragung des Auflassungsanspruchs aus Kaufvertrag, § 398, zweifelsohne formfrei. Nachteil für Zweiterwerber: rein obligatorische Vorgänge, keinerlei grundbuchliche Sicherung oder Publizität. Auflassung zur Darlehenssicherung. Die A ist Eigentümerin eines Grundstücks. In einem notariellen Vertrag von 1982 gewährte die Bank B der A ein Darlehen von 3,9 Mio. DM. In derselben Urkunde räumte A der B ein Ankaufsrecht für die Dauer von 26 Monaten ab Auszahlung des Darlehens bezüglich dieses Grundstücks ein. Das Ankaufsrecht berechtigte die B, den Abschluss eines Kaufvertrages zu 3,9 Mio. DM sowie die Übereignung des Grundstücks zu verlangen, falls das Darlehen länger als zwei Monate nach dem Rückzahlungstermin noch nicht vollständig zurückgezahlt und A von B gemahnt worden war. In derselben Urkunde bewilligte die A der B die Eintragung einer Vormerkung zur Sicherung des sich aus dem Ankaufsrecht ergebenden Übereignungsanspruchs. Zum Schluss heißt es in der Urkunde: „Weitere Abreden wurden nicht getroffen“. Die Vormerkung wurde eingetragen. Das Darlehen wurde 1982 ausgezahlt. 1983 trat die B den Anspruch auf Abschluss eines Grundstückskaufvertrages mit der A und den künftigen Übereignungsanspruch auf Grund dieses Grundstückskaufvertrages an die C ab und bewilligte die Eintragung der Abtretung bei der Auflassungsvormerkung im Grundbuch im Wege der Grundbuchberichtigung. (Nach: BGH JuS 2002, 1594; BayObLG NJW-RR 1997, 590; und 1999, 309; sowie 2002, 1594). 3. Möglichkeit. Sogenannte „Übertragung der Auflassungsvormerkung“ 1. D. h. genauer: als akzessorisches Recht folgt Vormerkung analog § 401 der Abtretung der Forderung auf Grundstücksübereignung aus dem Kaufvertrag, § 398. Sowohl der entsprechende Verpflichtungsvertrag als auch die Abtretung sind formfrei. 2. Aber möglich Ausschluss der Abtretbarkeit der Vormerkung (BayObLG NJW-RR 1999, 310). 3. Nach verbreiteter Ansicht begründet auch Vormerkung ein Anwartschaftsrecht. 4. Möglichkeit. Übertragung der Auflassungs-Anwartschaft Bereits die Auflassung (§§ 873, 925) allein (ohne Eintragungsantrag an das Grundbuchamt oder Eintragung in das Grundbuch) begründet für den Auflassungsempfänger (den Ersterwerber) eine in gewissem Maße gesicherte Rechtsstellung. Diese kann man als Anwartschaft (nicht etwa: Anwartschaftsrecht) bezeichnen und in der Form des § 925, ohne Eintragung, übertragen. 5. Möglichkeit. Übertragung des Auflassungsanwartschaftsrechts 1. Der Ausgangssatz könnte lauten: „Der Zweiterwerber kann das Auflassungsanwartschaftsrecht erwerben, wenn der Ersterwerber ein solches hatte und auf den Zweiterwerber übertragen kann“. 2. Anwartschaftsrecht – eine einhellig anerkannte Definition fehlt. Ein Anwartschaftsrecht wird angenommen, wenn von einem mehraktigen Entstehungs- oder Übertragungstatbestand eines Rechts so viele Erfordernisse erfüllt sind, dass der Veräußerer die Rechtsposition des Erwerbers nicht mehr durch einseitige Erklärung zerstören kann; ... wenn der Erwerb des Vollrechts nur noch vom Erwerber abhängt. 3. Eine solche Rechtsposition hat Ersterwerber 1. Auf jeden Fall erforderlich: notarielle Auflassung, §§ 873 I und II, 925. Denn in diesem Fall: 1. Wirksambleiben der Willenserklärungen nach Tod oder Geschäftsunfähigkeit, § 130 II. 2. V kann die Auflassungserklärung nicht mehr widerrufen Immo_R_Stud_Skript_01_WS04(04Jul30).doc Grundstücksrecht 33 unter den Voraussetzungen des § 873 II. 2. Dazu außerdem erforderlich Erfolgter Eintragungsantrag durch Ersterwerber K. Denn in diesem Fall: 1. (Spätere) Verfügungsbeschränkungen des V sind unerheblich, wichtigster Fall: Insolvenz, § 106 InsO, unter den Voraussetzungen des § 873 II + Eintragungsantrag, § 878. 2. V kann den Eintragungsantrag nicht mehr zurücknehmen, wenn Erwerber diesen gestellt hat, arg. §§ 13, 31 GBO. 3. V kann zwar wirksam Antrag zur Eintragung eines Dritten stellen, aber das Grundbuchamt soll diesen nicht vor Erledigung eines früher gestellten erledigen, §§ 17, 45 GBO. 4. Nachträglicher böser Glaube des Erwerbers schadet nicht, § 892 II. 4. Grundsätzlich Schutz des Auflassungsanwartschaftsrechts als absolutes Recht vergleichbar dem Eigentum gemäß §§ 985, 1004, 823 I. 5. Übertragbarkeit des Auflassungsanwartschaftsrechts des künftigen (Erst-)-Erwerbers auf einen Zweiten 1. durch Auflassung, aber ohne Eintragung, §§ 925, 873, 2. Str. ob außerdem zusätzlich erforderlich Antrag auf Eintragung des Zweiterwerbers als neuer Grundstückseigentümer. 3. Nicht erforderlich sind für den Erwerb des Anwartschaftsrechts durch den Zweiterwerber 1. Eintragung 1. des Ersterwerbers oder 2. des Zweiterwerbers, 2. Zustimmung des Veräußerers = (Noch-)-Eigentümers. 4. Zweiterwerber kann gemäß § 20 GBO unter Vorlage 1. der Auflassung des Veräußerers an Ersterwerber und 2. der Auflassung des Anwartschaftsrechts von Ersterwerber an Zweiterwerber beim Grundbuchamt direkt seine Eintragung als neuer Eigentümer beantragen, § 13 GBO. 6. Folge: Direkterwerb des Zweiterwerbers vom Erst-Veräußerer, ohne Zwischenerwerb des Ersterwerbers. 7. Schuldrechtlicher Verpflichtungsvertrag zur Übertragung des Anwartschaftsrechts zwischen Ersterwerber und Zweiterwerber ist formbedürftig, § 311 b I. 3. TEIL. BESTELLUNG DER HYPOTHEK Hypotheken und Grundschulden, die wichtigsten Grundpfandrechte, spielen als Realkredite in der wirtschaftlichen und deswegen auch in der juristischen Praxis eine große Rolle und sind darum wiederholt Gegenstand von Klausuren. In großem Umfang kann auf das bisher Wiederholte verwiesen werden. Sie werden gleich sehen, dass für die Bestellung einer Hypothek weitgehend die bisher erarbeiteten Regeln gelten. Kapitel 1. Grundlagen 1. Ausgangsfall Kiefernwald: „Eigentümer Ewald hat bei der Bank B ein Darlehen über 50 000,- Euro aufgenommen. Zur Sicherung des Rückzahlungsanspruchs der Bank B hat E an seinem Grundstück, dem Kiefernwald, zu Gunsten der B eine Hypothek bestellt. E zahlt seine Schuld nicht zurück. B fragt nach ihren Rechten.“ 22. August 2011 Prof. Dr. H.-P. Benöhr 34 Der Ausgangssatz könnte lauten: „B kann gegen E einen Anspruch auf Rückzahlung des Darlehens gemäß § 488 I 2 Halbs. 2 (Klausurhinweis: meistens empfiehlt sich als erste die Prüfung des Darlehens) und einen Anspruch auf Duldung der Zwangsvollstreckung in das Grundstück des E nach § 1147 haben. Wirksamkeit des Darlehens, Fälligkeit des Rückzahlungsanspruchs... Wirksamkeit der Hypothek: Zu prüfen ist, ob die Hypothek wirksam für B bestellt worden ist und nach wie vor der B zusteht. B hat die Hypothek erworben, wenn sich E und B über die Bestellung der Hypothek zu Gunsten der B einig waren, die Hypothek für die B im Grundbuch eingetragen wurde, E Eigentümer des Grundstücks war und wenn E der B den Hypothekenbrief ausgehändigt oder wenn er ihr eine Buchhypothek bestellt hat und wenn schließlich die B dem E das Darlehen ausgezahlt hat....“ 2. Legaldefinition der Hypothek, § 1113 I. 3. Verständnisproblem Die Hauptschwierigkeit für das Verständnis der Hypothek besteht darin, dass nach der allgemeinen Auffassung im Wirtschaftsleben die Hypothek (als Recht an einem Grundstück) das Wesentliche ist, während nach der Konstruktion des BGB die Hypothek lediglich ein Sicherungsrecht an einem Grundstück ist, um eine bestimmte Forderung des Gläubigers zu sichern. Das BGB liefert nun bestimmte Regeln, um dieses Sicherungsrecht, die Hypothek, zu begründen, zu übertragen und zu verwirklichen (ähnlich wie das BGB bestimmte Regeln für die anderen Sicherungsrechte, nämlich Bürgschaft und Pfandrecht, aufgestellt hat). 4. „Grundpfandrechte“ Hypotheken und Grundschulden, dazu die seltenen Rentenschulden werden als „Grundpfandrechte“ zusammengefasst. 5. Verschiedene Arten von Hypotheken und Grundschulden, je nach den Unterscheidungskriterien, die man als Akzessorietät, Brief und Berechtigung bezeichnen könnte. 1. Grad der Abhängigkeit der Hypothek von der gesicherten Forderung, Frage der Akzessorietät: Sicherungs-hypothek (Vorsicht: Sicherungs-Grundschuld ist etwas ganz anderes) / Verkehrs-Hypothek / Grundschuld 6. 2. Ausstellung oder Ausschluss des Hypotheken- bzw. Grundschuldbriefes: Brief-Hypothek und Brief–Grundschuld / Buch-Hypothek und Buch–Grundschuld 3. Berechtigung aus der Hypothek bzw. Grundschuld für einen Dritten (als Gläubiger), so der Normalfall oder ausnahmsweise für den Grundstückseigentümr selbst: Fremd-Hypothek und Fremd-Grundschuld./ Eigentümer-Hypothek und Eigentümer–Grundschuld / Wichtige Bestimmungen Es kommt immer wieder auf die folgenden, sehr wichtigen Bestimmungen an. Wenn Sie diese Bestimmungen behalten können, dürfen Sie sich in diesem Bereich ziemlich sicher fühlen. 7. 8. § 1113: Legaldefinition, Beginn der Bestimmungen zur Hypothek und Grundschuld § 1147: Anspruchsnorm § 873: Einigsein, Eintragung und Berechtigung §§ 1163, 1177: Fehlen der Forderung - Eigentümerhypothek - Eigentümergrundschuld §§ 873 I, 1157, 1163 und 1177, 1137 I: Einwendungen und Einreden § 892 und §§ 1140, 1157 und §§ 1138; 1155: guter Glaube § 1154: Abtretung § 1120: Mithaftende Gegenstände § 1191: Grundschuld. Beteiligte 1. Hypothekengläubiger und Gläubiger der gesicherten persönlichen Forderung, soll immer identisch sein, das ist der Hypothekar (G). 2. Eigentümer des belasteten Grundstücks (E). 3. Persönlicher Schuldner (S), Eigentümer und Schuldner können identisch sein, können aber auch verschiedene Personen sein. 2 Anspruchsnormen besonders häufig: Immo_R_Stud_Skript_01_WS04(04Jul30).doc Grundstücksrecht 1. auf Grund Hypothek § 1147, Lesen! Nämlich Anspruch auf Duldung der Zwangsvollstreckung in das Grundstück. Daher gelten Hypothek und Grundschuld als dingliche Verwertungsrechte (so wie Pfandrecht). 2. Daneben der persönliche Anspruch z. B. 1. auf Darlehensrückzahlung, § 488 I 2, oder 2. auf Kaufpreiszahlung, § 433 II Halbs.1. 9. Dinglicher und persönlicher Anspruch kommen nebeneinander in Betracht, 1. sei es gegen denselben Beklagten, sei es gegen verschiedene. 2. Die Prüfung dieser beiden Ansprüche können zu unterschiedlichen Ergebnissen führen, z. B. Bejahung des dinglichen Anspruchs, § 1147, aber Ablehnung der persönlichen Forderung. 10. Prüfungsfolge = Gutachtenaufbau = Klausurhinweise für § 1147. Dazu muss man meistens chronologisch prüfen: 1. Bestellung der Hypothek 1. Hat damaliger Grundstückseigentümer wirksam Hypothek oder Grundschuld für einen Gläubiger bestellt? 2. Wenn nicht: Hat dann der Erstgläubiger gutgläubig Hypothek oder Grundschuld vom Nichtberechtigten erworben? 3. Wenn nicht: Hat vielleicht Zweitgläubiger gutgläubig vom nichtberechtigten Erstgläubiger erworben? 2. Fortbestand der Hypothek - Ist Hypothek inzwischen 1. erloschen (selten) oder 2. auf einen anderen Hypothekengläubiger (= Hypothekar) übergegangen? 3. Übertragung der Hypothek - Hat der jetzige angebliche Gläubiger die Hypothek 1. durch Erwerb vom Berechtigten 2. oder gutgläubig vom Nichtberechtigten erworben? 4. Einreden 1. Hat Eigentümer Einreden gegen die Hypothek oder Grundschuld? 2. Hat der neue Gläubiger die Hypothek gutgläubig einrede-frei erworben? Selbstverständlich nur auf diejenigen Punkte näher eingehen, die im konkreten Fall Anlass zu Zweifeln geben. 11. Wenn sich E wegen der Hypothek in einer vollstreckbaren Urkunde der sofortigen Zwangsvollstreckung wegen der Hypothek unterworfen hat, § 794 I Nr. 5 ZPO, dann kann G ohne weiteres auf Grund dieser Urkunde die Zwangsvollstreckung in das Grundstück betreiben. E kann diese Urkunde sogar mit Wirkung gegenüber späteren Eigentümern desselben Grundstücks errichten, § 800 ZPO. 12. Grundsätzlich fünf Voraussetzungen für Bestellung der Hypothek zu prüfen: Zuerst wie bei Übereignung, § 873 1. Einigsein, § 873 2. Eintragung, § 873 3. Berechtigung, § 873, 4. 5. Dazu zwei wichtige Besonderheiten Brief1. entweder Übergabe, oder 2. Ausschluss des Briefes, §§ 1116 f., und Forderung, § 1113 (nicht bei Grundschuld, §§ 1191 f.). 13. Schulfall: Reiff und Arnold, Jura 1999, 474. 14. Budenbender, Grundsätze des Hypothekenrechts, JuS 1996, 665; Reischl, Grundfälle, JuS 1998, 125, 220, 318, 414, 516, 614. Kapitel 2. Bestellung der Hypothek: Einigsein, § 873 1. Im Wesentlichen wie bei der Auflassung (§ 873, aber ohne § 925). Kein materiellrechtliches Formerfordernis. Aber § 29 GBO. 22. August 2011 35 Prof. Dr. H.-P. Benöhr 2. Unwirksamkeits- und Nichtigkeitsgründe insbesondere auf Grund des Allgemeinen Teils, dieselben Gründe, die auch die Übereignung verhindert hätten. Wuchereinwand erfasst auch die dingliche Sicherung. Sorgfältig unterscheiden, ob Unwirksamkeitsgründe das Einigsein hinsichtlich der Hypothek (oder hinsichtlich der Forderung) betreffen. 3. Keine Bestellung eines Grundpfandes ohne wirksame Mitwirkung des Begünstigten, kein dinglicher Vertrag zu Gunsten Dritter (str.). 36 Verkäuferkind. V verkauft Grundstück an K. Einen Teil des Kaufpreises soll K in der üblichen Weise an V zahlen, einen Teil an ein Kind des V. Zur Sicherung dieses Anspruchs des Kindes wurde eine Hypothek zu Gunsten des Kindes vereinbart, ohne dass das Kind an dem Vertragsabschluß beteiligt war. Im übrigen wurden Schuldvertrag, Grundstücksübereignung und Hypothekenbestellung ordnungsgemäß vereinbart, die Grundsbucheintragungen sind erfolgt. 1. Ist das Verkäuferkind Inhaberin der Hypothek geworden? BGH verneint. Lehre bejaht mit verschiedenen Konstruktionen und Differenzierungen, z. B. Zuerst Eintragung, dann später Einigung Kind mit Käufer. Oder: Handeln des V als vollmachtloser Vertreter des Kindes, das später genehmigt. 2. 4. Ist wenigstens eine Eigentümergrundschuld entstanden, analog §§ 1163, 1177 ? Überwiegende Meinung verneint. Bei oder nach der Bestellung der Hypothek können der Eigentümer und der Gläubiger weitere Abreden treffen, z. B. Abrede zwischen E und G, dass die Hypothek nur nach bestimmter Mahnung, oder erst bei Nichtzahlung des persönlichen Schuldners, oder erst nach Verwertung bestimmter anderer Sicherheiten geltend gemacht werden kann. 1. 2. Wirksam auch ohne Eintragung, vgl. § 1157 I 1. Wirken als Einreden des E gegenüber G. Wichtig, die Einreden gegen die Hypothek zu unterscheiden von Einreden gegen die persönliche Forderung. 5. Wirkung der Einreden des E gegen die Hypothek als solche: E kann die Duldung der Zwangsvollstreckung (vorübergehend) verweigern, vgl. § 1157. 6. Konsequenzen eines Fehlers bei der Einigung 1. Einwendung des Eigentümers, im Wesentlichen dieselben Konsequenzen wie bei fehlender oder fehlerhafter Auflassung. Trotz Eintragung ist Hypothek nicht entstanden, Berichtigungsanspruch und Widerspruch. 2. Keine Eigentümergrundschuld (str.), gegen Eigentümergrundschuld: arg.e contrario (nicht: Analogie) § 1163, erheblich schwererer Fehler als bei Fehlen von Forderung oder von Brief, Rechtsklarheit. 3. 7. Ein-reden hingegen beeinträchtigen zwar nicht die Wirksamkeit der Hypothek, können aber vom Eigentümer dem Gläubiger entgegengesetzt werden. Rechtsprechung Grenzen der Schutzwirkung des § 878 (BGH Urt.v. 17. 6. 1997, BGHZ 136, 87 = WM 1997, 1745); überraschende Klausel für alle bestehenden und künftigen Ansprüche ( BGH WM 1997, 1324; BGH Urt. v. 24. 6. 1997, WM 1997, 1615; Hamm, Urt. v. 17. 12. 1998, WM 1999, 2005). Kapitel 3. Eintragung, § 873 Eintragungsverfahren nach der GBO. Kapitel 4. Berechtigung, § 873, oder gutgläubiger Erwerb, § 892 1. Bestellung durch Eigentümer als den Berechtigten. Immo_R_Stud_Skript_01_WS04(04Jul30).doc Grundstücksrecht 37 2. Dieselben Unwirksamkeitsgründe auf Grund Allgemeinen Teils, Personen- und Familienrechts etc. wie bei der Auflassung. Z. B. § 1365, wenn Verkehrswert des Grundstücks nahezu ausgeschöpft wird. 3. Schulfall Kohlenhandlung I. S nahm für den Betrieb seiner Kohlenhandlung persönlich bei G einen Kredit über 240 000,- Euro auf; der Kredit wurde ihm ordnungsgemäß ausgezahlt. Zur Sicherung hatte der V in Vertretung des E für G eine Hypothek am Grundstück des E bestellt. Einigung mittels Stellvertretung des V für E, Eintragung im Grundbuch des Grundstücks des E und Briefübergabe von V als Vertreter des E an G sind erfolgt. Nun stellt sich heraus, dass V keine Vertretungsmacht hatte, für E zu handeln, E lehnt eine Genehmigung ab, § 177. Ist die Hypothek wirksam begründet worden? Nein, § 873 I. Rechtshindernde Einwendung des E gegen den Bestand der Hypothek. Kein Schutz des guten Glaubens des G an Vertretungsmacht des V. (Zum Fortbestand der Einwendung auch gegenüber einem neuen Gläubiger und dessen gutgläubigen Erwerb s. u.). 4. Belastungsvollmacht oder –ermächtigung. 1. Durch diese ermöglicht der Veräußerer und noch berechtigte Eigentümer dem Käufer, dass dieser bei einem Dritten einen Kredit zur Finanzierung des Kaufpreises aufnimmt und diesen Kredit durch die Hypothek oder Grundschuld auf dem Grundstück, das dem Käufer ja noch nicht gehört, sichert. 2. 5. Grenzen der Ermächtigung: Verkäufer E ermächtigt Käufer K zur Bestellung einer Hypothek zwecks Kaufpreisfinanzierung mit der Klausel: „Der Verkäufer bevollmächtigt den Käufer, bereits jetzt, im Rahmen der Finanzierung des Kaufpreises, die Eintragung von Grundpfandrechten auf dem veräußerten Grundeigentum zu bewilligen und zu beantragen“. K nimmt bei der Bank B eine Hypothek auf, jedoch für sonstige eigene Geschäftszwecke. Später zerschlägt sich der Kaufvertrag und K zahlt auch seine Schulden bei B nicht zurück. Anspruch der Bank B gegen E nach § 1147? Ermächtigung von E an K deckte nicht Hypothek zur Sicherung sonstiger Geschäftsverbindlichkeiten. Also fehlte Berechtigung des K. Kein guter Glaube der B. Kein Recht der B. Konsequenzen eines Fehlers hinsichtlich der Berechtigung Hypothek nicht wirksam entstanden, trotz evtl. Eintragung. Im Wesentlichen dieselben Konsequenzen wie bei fehlender oder fehlerhafter Auflassung, aber u. U. gutgläubiger Ersterwerb der Hypothek. Keine Eigentümerhypothek oder –grundschuld. 6. 7. Gutgläubiger Erst-Erwerb der Hypothek 1. Wenn die dingliche Einigung des Gläubigers nicht mit dem wirklichen Grundstückseigentümer oder dessen Bevollmächtigten oder Ermächtigten erfolgt, dann kommt allenfalls der gutgläubige Erst-Erwerb der Hypothek in Betracht, § 892, nach denselben Regeln wie der gutgläubige Eigentumserwerb. 2. Adlerhorst. Anton ist Eigentümer des Grundstücks Adlerhorst. Er übereignet es mittels Einigseins und Eintragung an Bertram. A ist noch minderjährig, was A und B wissen, der Notar aber übersieht. B bestellt an dem Grundstück für ein ihm gewährtes Darlehen der Kreissparkasse C eine Hypothek. C hält den B für den Eigentümer. Kann C aus der Hypothek gegen A oder B vorgehen? Eigentum des A ist nicht auf B übergegangen. C hat Hypothek am Grundstück des A, persönliche Forderung gegen B. 3. Entscheidender Zeitpunkt, § 892: 1. Zwar braucht G nicht mehr bei Eintragung gutgläubig zu sein, weil er auf diesen Zeitpunkt keinen Einfluss hat. 2. Aber Gutgläubigkeit erforderlich bei letztem Vorgang, der von G abhängig ist, also bei Einigung bzw. Antrag bzw. Valutierung bzw. Briefübergabe, § 892 II entspr. 3. Widerspruch oder Grundbuchberichtigung vor Eintragung der Hypothek für G schadet immer, auch wenn G davon nichts weiß, § 892 I. Voraussetzungen = Prüfungsfolge = Gutachten-Aufbau für gutgläubigen Ersterwerb der Hypothek Alle Voraussetzungen für Hypothek gemäß §§ 873, 1116 f., 1113, nämlich 1. Einigsein, § 873 2. Eintragung, § 873 3. Brief Übergabe oder Ausschluss des Briefes, §§ 1116 f., und 4. Forderung, § 1113 (nicht bei Grundschuld, §§ 1191 f.). 5. Aber Berechtigung des Bestellers der Hypothek, des angeblichen Eigentümers, fehlt. 6. 7. 8. Stattdessen Besteller der Hypothek ist im Grundbuch eingetragen, § 892. Dem Hypothekengläubiger ist die Unrichtigkeit des Grundbuchs nicht bekannt. Widerspruch oder Grundbuchberichtigung ist nicht eingetragen. 22. August 2011 Prof. Dr. H.-P. Benöhr 8. 38 Rechtsprechung gutgläubiger Ersterwerb einer Grundschuld vom Nichteigentümer (BGH NJW 2001, 1069); Grenzen der Schutzwirkung des § 878 (BGH Urt.v. 17. 6. 1997, BGHZ 136, 87 = WM 1997, 1745); mangelnde Geschäftsfähigkeit bei Einigung (Koblenz Urt. v. 29. 1. 1998, WM 1999, 2068); Auflassungsvormerkung und Belastungsbevollmächtigung für Käufer (BGH Beschl. v. 25. 3. 1999, WM 1999, 969); Weitergabe der Belastungsbevollmächtigung (Düsseldorf, NJW-RR 1999, 1178); Unwirksamkeit einer Vollmacht (Köln, NJW-RR 2001, 652). Kapitel 5. Hypothekenbrief, §§ 1116 f. E hat dem G ordnungsgemäß eine Hypothek bestellt. Nun stellt das Grundbuchamt dem E (!) einen Hypothekenbrief zur Verfügung. Was ist der Hypothekenbrief, wie erfolgt seine Ausstellung, welchen Zweck hat er, was soll E mit dem Hypothekenbrief machen? 1. Streichmann. Streichmann erhält von der Bank Blaustein die Zusage eines Darlehens über 45 000,- Euro und lässt auf seinem Grundstück vereinbarungsgemäß für B eine Hypothek eintragen. Aus irgendeinem Grund kommt es wider Erwarten weder zur Auszahlung des Darlehens an S noch zur Übergabe des Hypothekenbriefes an die Bank B. 1. Ist B Inhaber der Hypothek geworden? 1. Keine Auszahlung der Forderung, § 1163 I 1. 2. Keine Briefübergabe, § 1117 I 1. Also nein. 2. Besteht für S die Gefahr, dass B über die für B eingetragene Hypothek an einen gutgläubigen Erwerber verfügt? § 1154 I 1 verlangt Briefübergabe, also nein. 2. Der Hypothekenbrief ist die über eine Hypothek vom Grundbuchamt ausgestellte öffentliche Urkunde. 3. Zweck: Übertragbarkeit und damit Umlauf der Hypothek erleichtern. Deswegen besonders wichtig die Übertragungsregeln für die Hypothek, §§ 1154 f. 4. Ob Hypothekenbrief als Wertpapier anzusehen ist, hängt von der Definition des WP ab. Abgesehen von der Begründung der Hypothek gemäß § 1117 I, keine selbständige Übereignung des Hypothekenbriefs, sondern § 952: das Recht „an“ dem Papier folgt dem Recht „aus“ dem Papier. Weiter WP-Begriff: eine Urkunde, deren Innehabung Voraussetzung für die Geltendmachung des in ihr verbrieften Rechts ist. Demnach ja. - Enger WP-Begriff: eine Urkunde, bei der durch die Verfügung über die Urkunde über das in ihr verbriefte Recht verfügt wird (Hauptfall: Wechsel). „Das Recht aus dem Papier folgt dem Recht an dem Papier. Demnach nein. 5. Die Brieferteilung ist die Regel, § 1116 I, sie kann aber ausgeschlossen werden, § 1116 II. Brief- oder Buch-Hypothek, -Grundschuld und -Rentenschuld, je nachdem, ob Brieferteilung nicht ausgeschlossen oder ausgeschlossen wird. 6. Bei Bestellung des Grundpfandrechts erforderlich, 1. 1. Entweder muss Eigentümer Brief an Grundpfandgläubiger übergeben, 2. oder Aushändigungsabrede, § 1117 II, 3. oder Übergabesurrogat, §§ 1117 I, 929 – 931, 2. oder Parteien schließen wirksam Erteilung des Briefes aus, §§ 1116 II. Kann nachträglich geändert werden, § 1116 III. 7. Funktionen des Hypothekenbriefes insbes. bei Erwerb der Hypothek (§ 1117 I), Übertragung (§§ 1154 ff.), Belastung mit Pfandrecht oder Nießbrauch, Geltendmachung (§§ 1160 f.), Befriedigung (§ 1144); wichtig für gutgläubigen Zweiterwerb. 8. Konsequenzen eines Fehlers hinsichtlich des Hypothekenbriefs Wenn Brieferteilung nicht ausgeschlossen, Brief aber noch nicht von Eigentümer an Gläubiger ausgehändigt, 1. 2. dann ist Hypothek nicht unwirksam, auch keine Hypothek für Gläubiger, sondern 3. Eigentümergrundschuld, § 1163 II, § 1177 I 1. Zweck: eine Art gesetzliches Zurückbehaltungsrecht des Eigentümers. Kapitel 6. Forderung, § 1113 Wie schon gesagt, dient die Hypothek eigentlich der Sicherung einer persönlichen Forderung, insbesondere aus Darlehen, aber etwa auch zur Immo_R_Stud_Skript_01_WS04(04Jul30).doc Grundstücksrecht 39 Sicherung der Kaufpreisforderung des Grundstücksverkäufers (insofern ersetzt sie den bei Grundstücken wegen § 925 II nicht möglichen Eigentumsvorbehalt) oder zur Sicherung eines Ausgleichsanspruchs zwischen Miterben. Was passiert nun, wenn die Forderung nicht entstanden oder wenn sie schon wieder erloschen oder wenn sie mit einer Einrede (durch den persönlichen Schuldner) behaftet ist? 1. Kiesgrube I. K kaufte von V ein Grundstück mit einer Kiesgrube für 50 000,- Euro; der Kaufpreis soll in 10 Jahresraten zu je 5000,Euro bezahlt werden. Zur Sicherung der Kaufpreisforderung bestellte der E an einem Grundstück des E für den V eine Hypothek. Da die Ausbeutung der Kiesgrube geringer ist, als zwischen V und K vereinbart, tritt K von dem Kaufvertrag wirksam zurück. Ist die Hypothek trotzdem wirksam? Müssen E und K befürchten, dass V trotzdem aus der Hypothek gegen E vorgehen wird? 2. Der Grund für viele Schwierigkeiten des Hypothekenrechts liegt in der Verbindung von Hypothek und persönlicher Forderung. Der Zweck der Hypothek besteht in der Sicherung einer bestimmten Forderung. Daher unterscheidet das Gesetz scharf 1. Hypothek mit der Rechtsbeziehung E – G und 2. persönliche Forderung mit der Rechtsbeziehung S - G. Diese Unterscheidung bleibt selbst dann grundlegend, wenn der Grundstückseigentümer E und der persönliche Schuldner S identisch ist. 3. Das BGB kennt keine Hypothek ohne Forderung. Ein Grundpfandrecht ohne zu sichernde Forderung ist eine Grundschuld, keine Hypothek. 4. Immobiliardarlehensvertrag, Legaldefinition § 492 I a S. 2, im Wesentlichen §§ 488 – 498. Verbraucherdarlehen umfasst auch Immobiliardarlehensvertrag, § 491 I a S. 2, mit: Definition des Verbraucherdarlehens (§ 491 I), Schriftformerfordernis und Formmangel (§§ 492, 494), Widerrufsrecht binnen 2 Wochen (§§ 495, 355, 506 III). Spezialregeln: Verzugszinsen und Teilleistungen (§ 497 f.), Widerrufsrecht (§ 506). 5. Wenn die Forderung, die durch die Hypothek gesichert werden soll, (noch) nicht entstanden ist, wenn z. B. Darlehensvertrag nicht zustande gekommen ist oder wenn z. B. das Darlehen, dessen Rückzahlung gesichert werden soll, noch nicht vom Gläubiger an den Schuldner ausgezahlt ist (also rechtshindernde Einwendung bezüglich Forderung), d. h. wenn Hypothek noch nicht valutiert ist, 1. dann ist Hypothek nicht unwirksam, 2. auch keine Hypothek für Gläubiger, sondern 3. Eigentümergrundschuld, § 1163 I 1, § 1177. Dasselbe gilt, wenn Forderung erloschen ist., § 1163 I 2. 6. Es kann sich auch ergeben, dass die Forderung, die eigentlich gesichert werden sollte, aus den allgemeinen Gründen unwirksam ist, z. B. wegen: fehlender oder beschränkter Geschäftsfähigkeit, Scheingeschäfts (§ 117 I), Fehlens der Form (z. B. Schenkungsversprechen, § 518), überraschende Klauseln (§ 305 c I), „Generalklausel“/unangemessene Benachteiligung (§ 307) oder wegen Sittenwidrigkeit (§ 138 I). Folge: Eigentümergrundschuld. Aber prüfen, ob Unwirksamkeit 1. die Forderung (Folge: Eigentümergrundschuld) 2. oder die Einigung der Bestellung der Hypothek (Folge: gar kein wirksames Grundpfandrecht) 3. oder beides (z. B. Wucher, § 138 II) betrifft (Folge str.). 7. Wenn die Forderung, die ursprünglich gesichert werden sollte, unwirksam ist, wenn aber zwischen Gläubiger und Schuldner eine andere Forderung besteht? 1. Hauptfall: Darlehen ist von G an S ausbezahlt, die Darlehensvereinbarung ist aber unwirksam, so dass G gegen S keinen vertraglichen Anspruch auf Darlehensrückzahlung hat, sondern einen Bereicherungsanspruch. Je nach Auslegung der Einigung gemäß § 873, ob Bereicherungsanspruch des G gegen S gesichert sein soll; Tendenz: wegen Bestimmtheitsgrundsatz im Sachenrecht bleibt es bei Eigentümergrundschuld. 2. Sonderfall Wucher i. S. § 138 II: Nicht nur darlehensvertragliche Rückzahlungsforderung des Wucherers (= G) ist unwirksam, sondern auch das dingliche Rechtsgeschäft insgesamt. 1. Daher bei strikter Anwendung des § 873, weder Fremdhypothek noch Eigentümergrundschuld (überw. Meinung); 2. oder analog §§ 1163, 1177: Eigentümergrundschuld (Baur). 22. August 2011 Prof. Dr. H.-P. Benöhr 3. 8. Wegen des Zwecks des § 138 II keine Umdeutung der Bestellung in Sicherung des bereicherungsrechtlichen Rückzahlungsanspruchs des Wucherers G (allg. Meinung). Schenkung einer Hypothek? 1. Falls Eigentümer sich mit einem Gläubiger über Hypothekenbestellung einigt, die völlig unentgeltlich sein soll, dann Schenkung beabsichtigt, § 516 I. Da Hypothek nur Sicherung ist, kommt es auf gesicherte Forderung an. Diese ist das Versprechen, eine bestimmte Geldsumme zu schenken. Formbedürftig, § 518 I 1; s. auch I 2. Hypothek ist noch keine „Bewirkung” i. S. § 518 II. Also Forderung nichtig, § 125. Infolgedessen Eigentümergrundschuld (RGZ und überwiegende M.). 2. 3. 9. 40 Begründung einer Grundschuld zum Zweck der Schenkung hingegen wäre zweifelsohne wirksam, weil Grundschuld auch ohne jede Forderung als Fremdgrundschuld wirksam ist, §§ 1191 f. (Umdeutung, §§ 157, 140 entspr., anscheinend nicht möglich). Übertragung einer Hypothek vom Erstgläubiger auf einen zweiten zwecks Schenkung dürfte ebenfalls voll wirksam sein. Bei oder nach der Entstehung der Forderung können der persönliche Schuldner und der Gläubiger weitere Abreden treffen oder können sonstige Umstände eintreten, die dem Schuldner eine Einrede gegenüber der Forderung verschaffen. 1. z. B. Stundung der Forderung als solcher; Zurückbehaltungsrecht des S gegenüber G, § 273 oder § 320, 2. rechtlich gegebene, aber noch nicht ausgeübte Gestaltungsrechte, §§ 1137 I 1, 770: der Anfechtbarkeit, § 142; der Aufrechenbarkeit, §§ 387 ff.; analog: andere Gestaltungsrechte, z. B. des noch möglichen Rücktrittsrechts, wichtig wegen Mangels, § 437 etc. Verzicht auf Gestaltungsrecht durch S ist aber auch gegenüber E wirksam. Der „Witz“ ist nun, dass der Eigentümer auch diese Einreden, die ihm „eigentlich“ ursprünglich gar nicht selbst zustehen, dem Gläubiger gegenüber geltend machen kann, § 1137 I 1; Ausdruck des Akzessorietätsprinzips, dieselbe Rechtsstellung hat insofern der Bürge gegenüber dem Gläubiger. Einrede des E sogar dann, wenn S auf diese Einreden wieder verzichtet hat, § 1137 II, wegen Schutz des Sicherungsgebers E. 10. Wenn die Forderung, die durch die Hypothek gesichert wurde, z. B. Darlehensrückzahlungsanspruch oder Kaufpreisanspruch, erloschen ist, insbesondere durch Erfüllung, § 362, Eigentümer-Grundschuld, §§ 1163 I 2, 1177 I 1. 12. Konsequenzen des Fehlens der Forderung wie bei Fehlen von Briefübergabe oder von Briefausschlussvereinbarung: 1. Hypothek ist nicht unwirksam, 2. auch keine Hypothek für Gläubiger, sondern 3. 4. 5. Eigentümergrundschuld, § 1163 I, § 1177. Ein-reden gegen die Forderung hat auch der Eigentümer, § 1137 I 1 Halbs.1. Berichtigungs- und Widerspruchsrecht des Eigentümers, §§ 894, 899. (6. Kein Schutz des guten Glaubens des angeblichen Gläubigers an Existenz der Forderung.). Kapitel 7. Vormerkung 1. Auch für die Bestellung einer Hypothek kann eine Vormerkung eingetragen werden, §§ 883 ff., Voraussetzungen und Wirkungen im Wesentlichen wie bei der Auflassungsvormerkung. Wichtigste Wirkung: Rangwahrung. Gutgläubiger Erwerb der Vormerkung für Hypothek möglich. 2. „Löschungsvormerkung“ 1. § 1179: typischerweise die Vormerkung zur Sicherung des Anspruchs eines Hypothekengläubigers (= Hypothekar) mit einem späteren Rang auf Löschung einer vorrangigen Hypothek, sobald diese zur Eigentümergrundschuld geworden ist, zu dem Immo_R_Stud_Skript_01_WS04(04Jul30).doc Grundstücksrecht 41 Zweck, dass damit die spätere Hypothek im Rang aufrückt. 2. Heute entbehrlich nach der Einführung des § 1179 a. Kapitel 8. Eigentümer-Grundschuld, seltener Eigentümer-Hypothek Es überrascht allgemein, dass man an seinem eigenen Grundstück, an dem man ohnehin als Eigentümer das Vollrecht hat, außerdem eine Grundschuld haben kann, und man fragt sich, welchen Sinn eine solche Eigentümergrundschuld haben kann. Dabei geht es nicht nur um reine Konstruktion und Theorie, sondern auch um die Ursachen einer Eigentümergrundschuld. 1. Sumpfwiese. E ist Eigentümer des Grundstücks, genannt Sumpfwiese. E bestellte dem G zur Sicherung eines Darlehens, das G dem E gewährt hatte, eine Hypothek in Höhe von 50 000,- Euro. Später einigen sich E und G darüber, dass E dem G 40 000,- Euro bezahlt und dass im Gegenzug G die gesamte Hypothek an der Sumpfwiese auf E überträgt. Das geschieht. Wie gestaltet sich die Rechtslage hinsichtlich der Hypothek? 2. Eigentümer eines Grundstücks kann gleichzeitig Inhaber eines beschränkt dinglichen Rechts an seinem eigenen Grundstück sein, vgl. § 889, keine sogenannte „Konsolidation“. 3. Wenn ein Grundpfandrecht für den Eigentümer an seinem eigenen Grundstück entsteht, kann es meistens nur Grundpfandrecht sein, das eine Forderung nicht voraussetzt, weil man keine Forderung gegen sich selbst haben kann, also eine Grundschuld; §§ 1177 I 1 (nicht eine Hypothek), 1191 ff. 4. Hauptzwecke der Eigentümergrundschuld: 1. Rang, nämlich 1. Reservierung des Rangs für spätere Zwecke, 2. Verhinderung des Aufrückens nachrangiger Grundpfandrechte. 2. Erleichterung der Verfügung des Eigentümers über ein Grundstücksrecht. 5. Entstehen der Eigentümerhypothek oder Eigentümergrundschuld 1. Eigentümer bestellt selbst, so ausdrücklich § 1196, 2. oder er erwirbt Hypothek oder Grundschuld vom Gläubiger, 3. oder von Gesetzes wegen. 6. Von Gesetzes wegen entsteht Eigentümergrundschuld 1. wegen Forderung: im Fall der Hypothek bei Nichtentstehen oder Erlöschen der gesicherten Forderung, §§ 1163 I Satz 1 oder 2, 1177 I, „vorläufige Eigentümergrundschuld“, auflösend bedingt durch Entstehung der Forderung. Bei dem Übergang der gesicherten Forderung mit Hypothek vom Gläubiger auf den Eigentümer, falls Eigentümer Rückgriff gegen persönlichen Schuldner hat, entsteht Eigentümer-Hypothek, §§ 1143, 1153 I, 1177 II; gilt nicht für Grundschuld. 2. Wegen Briefs: nach Einigung und Eintragung, wenn Brief nicht ausgeschlossen und noch nicht übergeben wurde, bei Hypothek oder Grundschuld, §§ 1192, 1163 II, 1177, 7. Besonders wichtig: Eigentümer kann diese Grundschuld auf andere übertragen. Z. B. auch Erleichterung der Zwischenfinanzierung. Beispiel: E und G vereinbaren Kredit und Hypothekenbestellung, Hypothek wird eingetragen, Briefübergabe erfolgt oder wird ausgeschlossen, es fehlt nur noch Auszahlung des Darlehens. Dann hat E eine vorläufige Eigentümergrundschuld. Diese kann E an Finanzier F übertragen um einen Kredit des F an E zu sichern, solange bis E die Auszahlung von G erhält (und damit evtl den Kredit des F zurückzahlt). Andere Gläubiger des Eigentümers können sie pfänden, §§ 857 VI; 830 ZPO (h. M.). Oder §§ 857 I und II, 829 ZPO (Baur). 8. Wenn Eigentümer sein Grundstück veräußert, behält er seine Grundschuld, diese wird Fremdgrundschuld an dem Grundstück, das nun dem Erwerber gehört. 22. August 2011 Prof. Dr. H.-P. Benöhr 9. 42 Aber § 1179 a: 1. Zwar kein Untergang des Grundpfandrechts infolge Zahlung, es entsteht zunächst Eigentümergrundschuld, §§ 1163, 1177, 2. jedoch Anspruch der nachrangigen Hypothekengläubiger auf Löschung, wenn die vorrangige Hypothek „mit dem Eigentum in einer Person vereinigt ist“. 3. Aber das gilt weder für 1. vorläufige Eigentümergrundschuld, §§ 1163 I 1 und 1163 II, 2. noch für rechtsgeschäftlich begründete Eigentümergrundschuld, § 1196. Kapitel 9. Einwendungen und Einreden des Eigentümers gegen den Erstgläubiger An dieser Stelle, nach der Bestellung, vor der Übertragung der Hypothek, ist ein kurzer Halt geboten. Man soll sich hier klar machen, welche Einwendungen und Einreden für den Eigentümer gegenüber dem angeblichen Gläubiger aus Mängeln oder besonderen Abreden, die die Hypothek und die Forderung betreffen, folgen. Denn zum einen hängt hiermit die Art und Weise zusammen, in der der Eigentümer seine Gegenrechte geltend machen kann. Zum anderen ist die genaue Kenntnis der Mechanik erforderlich, um nach einer Abtretung der zumindest scheinbaren Hypothek die Reaktion des Eigentümers gegenüber dem neuen Gläubiger zu verstehen. Auf diesem Verständnis wiederum bauen die Gutglaubensregeln zu Gunsten eines neuen Gläubigers, der von den Mängeln oder besonderen Abreden keine Kenntnis hatte, gegenüber dem Eigentümer auf. 1. Fassen wir zunächst die Entstehungsvoraussetzungen der Hypothek und die Folgen des Fehlens der Entstehungsvoraussetzungen zusammen, und folgen wir dabei der Systematik des BGB, dann sehen wir: 1. 2. 3. Erforderlich bei allen Verfügungen über ein Grundstücksrecht, § 873: Einigsein, § 873, Eintragung, § 873, Berechtigung, § 873 (abgesehen von gutgläubigem Ersterwerb). Bei Fehlen eines dieser Tatbestandsmerkmale ist die Hypothekenbestellung unwirksam, es entsteht keine Hypothek, § 873. Wenn der Grundstückseigentümer gegenüber dem angeblichen Hypothekengläubiger (= Hypothekar) diese Unwirksamkeit geltend macht, so spricht man von einer Einwendung. Eine Ein-wendung ist die Geltendmachung, dass ein Recht gar nicht entstanden („rechtshindernd“), z. B. wegen fehlender Geschäftsfähigkeit oder wegen Sittenwidrigkeit, oder schon wieder untergegangen ist („rechtsvernichtend“), z. B. infolge Aufhebung der Hypothek, §§ 1183, 875. 4. Dazu zunächst eine wichtige Besonderheit für Hypothek wie für Grundschuld: Briefübergabe oder Ausschluss des Briefes, §§ 1116 f., und Bei Fehlen dieses Tatbestandsmerkmals entsteht keine Hypothek für den angeblichen Gläubiger, die Hypothekenbestellung ist aber auch nicht unwirksam, sondern es entsteht eine Grundschuld für den Eigentümer selbst, Eigentümergrundschuld, §§ 1163, 1177. Auch diese Rechtswirkung kann der Grundstückseigentümer gegenüber dem angeblichen Hypothekengläubiger als Einwendung geltend machen. Die genannten Einwendungen beziehen sich auf die Hypothek als solche, sie stehen dem Eigentümer als solchem zu, sie werden deswegen als „eigentümerbezogen“ bezeichnet. 5. Eine zweite Besonderheit für die Hypothek (betrifft nicht die Grundschuld): Erfordernis der Forderung, § 1113 (nicht bei Grundschuld, §§ 1191 f.). Fehlt es von Anfang an an dieser, entsteht ebenfalls keine Hypothek für den angeblichen Gläubiger, die Hypothekenbestellung ist auch nicht unwirksam, sondern es entsteht ebenfalls eine Eigentümergrundschuld, §§ 1163, 1177. Auch diese Rechtswirkung kann der Grundstückseigentümer gegenüber dem angeblichen Hypothekengläubiger (= Hypothekar) als Einwendung geltend machen. Die Einwendung wegen Fehlens der Forderung betrifft zwar die Berechtigung an der Hypothek, lässt sich aber trotzdem eher als „schuldnerbestimmt“ charakterisieren. Ergebnis in diesem Zusammenhang: 1. Eigentümerbezogene Einwendungen, insbesondere rechtshindernde. Hauptfälle: Fehlerhafte Einigung oder fehlende Berechtigung des Bestellers der Hypothek. Rechtsfolge: Unwirksamkeit der Hypothek. 2. Schuldnerbestimmte Einwendung, hier: rechtshindernde, einziger Fall: (anfängliches) Fehlen der Forderung. Rechtsfolge: Eigentümergrundschuld. Immo_R_Stud_Skript_01_WS04(04Jul30).doc Grundstücksrecht 2. Zu ergänzen, dass nachträgliche Änderungen der Forderung dem Eigentümer ebenfalls schuldnerbestimmte Einwendungen gewähren, insbesondere führt Erlöschen der Forderung oft zu einer Eigentümergrundschuld, § 1163 I 2, 1177, und damit zu einer rechtsvernichtenden Einwendung. Aber auch der Übergang der Forderung mit Hypothek auf einen neuen Gläubiger entzieht dem bisherigen Gläubiger die Hypothek, §§ 1153 ff. 3. Eine weitere Ergänzung betrifft Einreden. Eine Ein-rede im materiellen Recht ist ein Gegenrecht des Verpflichteten oder Belasteten, das die Ausübung des bestehenden Rechts des Gläubigers, meistens nur vorübergehend, also „dilatorisch“, hemmt, 43 Beispiele: Stundung oder Zurückbehaltungsrechte; die Vereinbarung zwischen E und G, dass die Hypothek nur unter bestimmten weiteren Voraussetzungen oder erst nach einer bestimmten Frist oder erst nach Fehlschlagen des Zwangsvollstreckungsversuchs in das übrige Vermögen geltend gemacht werden soll. Wirkung der Einrede: der beklagte Eigentümer kann die Duldung der Zwangsvollstreckung gemäß § 1147 meistens vorübergehend, manchmal (vgl. § 1169; dazu §§ 821, 853) dauernd, verweigern; arg. § 1157. Diese Einreden können sich auf die Hypothek, nicht auf die persönliche Forderung, beziehen. Sie können damit eigentümerbezogen sein, also hauptsächlich dem Eigentümer als solchem gegen den Gläubiger zustehen, vgl. § 1157. 4. 5. Schuldnerbestimmte Einreden stehen in erster Linie dem persönlichen Schuldner gegenüber dem Gläubiger zu, §§ 1138, 1137. 1. Gemeint sind alle Einreden, die den persönlichen Schuldner berechtigten, die Befriedigung der gesicherten Forderung auf Dauer oder für eine bestimmte Zeit zu verweigern. 2. Z. B. Stundung der persönlichen Forderung, nichterfüllter Vertrag (etwa wegen noch nicht erfolgter Warenlieferung) Zurückbehaltungsrecht, Bereicherungseinrede (§ 821), Vereinbarung der Nichtklagbarkeit der gesicherten Forderung. 3. Diese schuldnerbestimmten Einreden kann der Eigentümer erheben, § 1137 I 1 Halbsatz 1, Ausnahme: keine Einrede der Verjährung, § 216 I n. F. (außer wegen Zinsen). 4. Sonderfall: Gestaltungsrechte des persönlichen Schuldners. 1. Z. B. Anfechtung oder Aufrechnung oder (analog) Rücktrittsrecht 2. Diese kann zwar Eigentümer nicht ausüben. 3. Aber Eigentümer hat ihretwegen Einrede, §§ 1137 I 1, 770. Dem entspricht die folgende Gesetzessystematik 1. Das Gesetz trifft eine doppelte Unterscheidung: 1. Es unterscheidet zum einen danach, ob 1. die Hypothek als solche betroffen ist und damit die Beziehung des Eigentümers zum Hypothekengläubiger, das sind die dinglichen = eigentümerbezogenen Einwendungen oder Einreden, §§ 873; 1157; 1116 ff., 1163 II; mit der Wirkung, dass 1. entweder Hypothek (trotz Eintragung) gar nicht entstanden ist, oder 2. dass Hypothek entstanden, aber einredebehaftet ist, oder 3. dass Eigentümergrundschuld gegeben ist, 2. 2. oder ob in erster Linie die persönliche Forderung betroffen ist, also die Beziehung des persönlichen Schuldners zum Gläubiger, das sind die schuldrechtlichen = schuldnerbestimmten Einwendungen oder Einreden, §§ 1113, 1163 I, 1138, 1137; mit der Wirkung, dass 1. Eigentümergrundschuld oder 2. Hypothek für einen anderen oder 3. Hypothek, gegen die Einrede auf Grund Forderung zu erheben ist, gegeben ist, und das Gesetz differenziert außerdem nach 1. Einwendungen und 22. August 2011 Prof. Dr. H.-P. Benöhr 2. 6. 44 Einreden, §§ 1157 (betr. Hypothek), 1138, 1137 (betr. Forderung). Maßgebend sind die folgenden Paragraphen, die Sie unbedingt behalten müssen: § 873 I. Grundstücksbelastung (Fehler = eigentümerbezogene Einwendung) § 1113 I. Gesetzlicher Inhalt der Hypothek § 1163 II, 1177. Fehlende Briefübergabe (Eigentümergrundschuld) § 1157 Einrede gegen Hypothek. §§ 1163 I, 1177. Nichtentstehen, Untergang d. Forderung (Eigentümergrundschuld) §§ 1153 ff. Übergang der Forderung auf neuen Gläubiger §§ 1138, 1137 Einreden gegen Forderung. 7. Addieren Sie die bisherigen Bemerkungen, so kommen Sie zu der Faustregel 1, die so einfach ist, dass sie nicht in einem Gesetz oder Lehrbuch steht: „Der Eigentümer hat gegenüber dem Gläubiger fast alle überhaupt denkbaren Einwendungen und Einreden“. Kapitel 10. Geltendmachung der Gegenrechte durch den Eigentümer Es ist eine für Klausuren entscheidende Frage, auf welche Weise der Eigentümer Einwendungen und Einreden überhaupt geltend machen kann. Das hängt natürlich vom Sachverhalt und von der Klausurfrage ab. 1. Kiesgrube II. K kaufte von V ein Grundstück mit einer Kiesgrube für 50 000,- Euro; der Kaufpreis soll in 10 Jahresraten zu je 5000,Euro bezahlt werden. Zur Sicherung der Kaufpreisforderung bestellte der E an einem Grundstück des E für den V eine Hypothek. Da die Ausbeutung der Kiesgrube geringer ist, als zwischen V und K vereinbart, tritt K von dem Kaufvertrag wirksam zurück. Damit verwandelt sich die Hypothek zu Gunsten des V in eine Eigentümergrundschuld zu Gunsten des E, §§ 1163 I 2, 1177 I. Auf welche Weise macht E diese Rechtsänderung geltend? 2. Hier kommen drei verschiedene Situationen in Betracht: 1. Der Eigentümer geht offensiv gegen die Eintragung des scheinbaren Gläubigers im Grundbuch vor, §§ 894 ff., 899, oder 2. der Eigentümer verteidigt sich gegen den Anspruch des scheinbaren Gläubigers aus § 1147, oder 3. der Eigentümer klagt gegen den scheinbaren Gläubiger, falls dieser aus einer vollstreckbaren Urkunde vorgehen kann, §§ 794 I Nr. 5, 795, 767 ZPO. 3. Wenn einfach nach den Möglichkeiten des E gefragt ist, dann liegen am nächsten 1. 2. Berichtigungsanspruch, §§ 894ff., und Widerspruch, § 899, des E, im Wesentlichen wie gegen die unrichtige Eintragung eines Eigentümers. Wichtigste Wirkung: verhindert gutgläubig einredefreien (Zweit-)-Erwerb der Hypothek. 4. Wenn nach dem Sachverhalt und der Aufgabenstellung der scheinbare Gläubiger aus der ihm scheinbar zustehenden Hypothek vorgeht, 5. dann beginnt man mit § 1147 als Anspruchsnorm für den G und prüft in diesem Zusammenhang ob die Hypothek dem G zusteht und ob der E eventuell Einreden hat. Wenn sich E wegen der Hypothek in einer vollstreckbaren Urkunde der sofortigen Zwangsvollstreckung unterworfen hat, § 794 I Nr. 5 ZPO, dann ist mit der Vollstreckungsabwehrklage des E zu beginnen. Antrag des E: „Die Zwangsvollstreckung aus der Urkunde...für unzulässig zu erklären“. Die Vollstreckungsabwehrklage des E gegen G ist begründet, wenn E Einwendungen oder Einreden gegen die Hypothek hat, §§ 795, 767, 797 IV ZPO. Immo_R_Stud_Skript_01_WS04(04Jul30).doc Grundstücksrecht 45 4. TEIL. ÜBERTRAGUNG DER HYPOTHEK ODER DES GRUNDSTÜCKS Die eigentliche Übertragung der Hypothek ist nicht besonders klausurrelevant. Es ist auch nicht überraschend, dass der Grundstückseigentümer gegenüber dem neuen Hypothekengläubiger (= Hypothekar) dieselben Einwendungen und Einreden hat wie gegenüber dem Erstgläubiger. Diese sind lediglich Vorfragen zu dem nicht unbeliebten Klausurproblem des gutgläubigen Zweiterwerbes einer fehlerhaften Hypothek. Außerdem seien in diesem Teil des Skripts die dinglichen und vor allem die schwer verständlichen schuldrechtlichen Folgen der Übertragung des belasteten Grundstücks behandelt. Kapitel 1. Übertragung der Hypothekenforderung: Grundlagen Bei der Übertragung der Hypothek tritt als erstes ein Grundsatzproblem auf, nämlich die Konstruktion des Gesetzes (im Gegensatz zu den Anschauungen der Praxis), nach der eigentlich die persönliche Forderung übertragen wird und diese die Hypothek nach sich zieht. Aber der zweite merkwürdige Punkt ist der, dass die Übertragung der persönlichen Forderung nicht in der Form des Schuldrechts (§ 398), sondern in besonderen Formen des Immobiliarrechts erfolgt. Hierfür stehen, drittens, alternativ die allgemeine Regelung des § 873 oder besondere Regeln für die Briefhypothek zur Verfügung. 1. Pfirsichbaumfeld. E hatte an seinem Grundstück, dem Pfirsichbaumfeld, dem W wirksam eine Briefhypothek über 20 000,- Euro bestellt. W hat diesen Hypothekenbrief seiner Tochter X mit einem Brief geschickt, in welchem W ausführte: „Hiermit schicke ich Dir, liebe X, den Hypothekenbrief über die Hypothek von 20 000,- Euro an dem Pfirsichbaumfeld des E. Ich selbst kann mich mit meinen sonstigen Wertpapieren begnügen. Dein Vater W.“. Freudig überrascht bedankt sich die X sofort telefonisch bei ihrem Vater W. Kann die X von dem E wirksam die Duldung der Zwangsvollstreckung gemäß § 1147 verlangen? 2. Zum besseren Verständnis des Folgenden rasch ein Blick auf die Gründe, die einer Hypothekenübertragung zu Grunde liegen können. Gelegentlich schenkt der bisherige Gläubiger seine Hypothekenforderung an den neuen Gläubiger, den Zessionar. Am häufigsten Finanzierungsbedarf des bisherigen Gläubigers, er verkauft typischerweise die Hypothek zu einem niedrigeren Preis als den Nennwert an den Zessionar. Diese sind die Verpflichtungsgeschäfte, Causae, für die Zession. Entsprechend dem Abstraktionsprinzip irrelevant für die Wirksamkeit der Übertragung. Nicht besonders klausurträchtig. 3. Der Ausgangssatz für die Klausur könnte lauten: „X kann von E wirksam die Duldung der Zwangsvollstreckung gemäß § 1147 verlangen, wenn X wirksam die Forderung mit Hypothek von W erworben hat und wenn der Geltendmachung der Hypothek keine weiteren Einwendungen oder Einreden entgegenstehen. Die Übertragung der Forderung mit Hypothek setzt gemäß § 1154 voraus...“ 4. Sehr wichtig ist die Konstruktion des BGB, dass nämlich die gesicherte persönliche Forderung übertragen wird und dass diese sodann die hypothekarische Sicherung mit sich zieht, das will sagen, dass dem Gesetz zufolge eigentlich nicht die Hypothek als solche direkt übertragen wird (s. schon oben die Übertragung des Anspruchs des Grundstückskäufers, die die Vormerkung mit sich zieht). ,,Mit der Übertragung der Forderung geht die Hypothek auf den neuen Gläubiger über“, § 1153 I; Akzessorietätsprinzip. Deswegen unbedingt in der Klausur ausdrücklich den Erwerb der „hypothekarisch gesicherten Forderung“ prüfen, § 1154, und bejahendenfalls fortfahren, dass mit der Forderung die Hypothek gemäß § 1153 I übergegangen ist. Die Hypothek allein kann gar nicht übertragen werden, „Aufspaltungsverbot“, § 1153 II Halbs.2. 5. Daher erforderlich Abtretungsvertrag i. S. § 398 (Forderungsübertragung) zwischen bisherigem Hypothekengläubiger (= Hypothekar) und Neugläubiger. 1. Aber diese Abtretung der Forderung, für die eine Hypothek besteht, erfolgt nicht in formfreier Weise wie gemäß § 398, sondern 2. nach der Bestimmung des § 1154. Auch § 1154 I 1 spricht ausdrücklich von "Abtretung der Forderung". 6. § 1154 ist auf den ersten Blick schwer verständlich. 1. Abs. 1 spricht nur von der Brief-Hypothek, 2. Abs. 2 enthält die Variante ebenfalls nur für die Übertragung der Briefhypothek, 3. Abs. 3 regelt die Buchhypothek und enthält eigentlich die Grundregel. 7. Entscheidend ist § 1154 Absatz 3. Dann ist es ganz einfach. Absatz 3 enthält die Grundregel, spricht diese jedoch nur für die Buchhypothek aus. 22. August 2011 Prof. Dr. H.-P. Benöhr Grundsätzlich erfolgt gemäß § 1154 III die Abtretung der durch Hypothek gesicherten Forderung auf dieselbe Weise wie die Übertragung des Grundeigentums, § 873 (ohne § 925), nämlich entsprechend § 873: 1. Einigsein zwischen bisherigem und neuem Hypothekengläubiger 2. Formalien, nämlich Bucheintragung oder weitere Form, unterschiedlich für 1. Buchhypothek und 2. Briefhypothek, 3. Berechtigung des bisherigen Hypothekengläubigers (= Hypothekars) (nicht etwas gemeint Berechtigung des Grundstückseigentümers). 8. Einigsein zwischen bisherigem und neuem Hypothekengläubiger (= Hypothekar) . Dieses ist Vertrag entsprechend § 398 BGB zwischen bisherigem und neuen Gläubiger über die Abtretung der Forderung, welche gemäß § 401 und § 1153 I die Hypothek mit sich zieht. Übertragung der Forderung bzw. Hypothek ist ein Rechtsgeschäft, grundsätzlich mit Anwendung des Allgemeinen Teils. Infolgedessen Nichtigkeit z. B. wegen Wuchers oder Sittenwidrigkeit oder nach erfolgter Anfechtung sowie Unwirksamkeit wegen Fehlens eventuell erforderlicher Zustimmungen. (Diese Verfügung über Hypothekenforderung zu unterscheiden von der zu Grunde liegenden Verpflichtung). Die Form dieses Abtretungsvertrages ist, wie gesagt, nicht in § 398, sondern in § 1154 festgelegt. 9. Fehlt es an Einigsein über Forderungs- bzw. Hypothekenübergang vom Erstgläubiger auf den Zweitgläubiger, dann ist der Übergang unwirksam. Das gilt für Buch- wie für Briefhypothek. 10. Konsequenz der fehlenden Abtretungsvereinbarung 1. Hypothek ist nicht wirksam übertragen, 2. bisheriger Gläubiger hat sein Recht behalten, 3. Eintragung des neuen Gläubigers hat Grundbuch unrichtig gemacht, 4. dagegen Berichtigungsanspruch und Widerspruch des bisherigen Gläubigers, 5. andernfalls Möglichkeit gutgläubigen Weitererwerbs der Hypothek (durch „Dritten“). 11. Die Übertragung der Hypothek ist eine „Verfügung“ im eigentlichen Sinne (ebenso wie die Begründung der Hypothek oder die Übertragung des Grundstückseigentums). 12. Rechtsgeschäftlicher Abtretungsausschluss, § 399 Halbs.2 (str.): 1. wirksam hinsichtlich der Forderung, infolgedessen auch hinsichtlich Hypothek, § 1153 II, trotz dogmatischen Bedenken im Hinblick auf § 137. Wirkt gegenüber Dritten nur bei deren Kenntnis oder Eintragung, §§ 1138, 893. 2. Entsprechendes gilt für Abtretungsausschluss hinsichtlich Hypothek Aber als Inhalt des dinglichen Rechts ist dieser eintragungsbedürftig, § 877. 13. Grundsätzlich 1. kann nur eine bestehende Hypothek 2. durch den wirklichen Gläubiger übertragen werden. Aber Wirksamkeit gutgläubigen Erwerbs. 14. Wenn ein Rechtsübergang außerhalb des Grundbuchs stattgefunden hat, z. B. infolge Ablösung oder Erbfalls, dann entsteht ein Grundbuchberichtigungsanspruch und Widerspruchsrecht des neuen Hypothekengläubigers, §§ 894, 899. Das Gleiche gilt für Erwerb einer Briefhypothek außerhalb des Grundbuchs. 15. Übertragung Briefgrundschuld (BGH Beschl. v. 28. 1. 1997, NJW-RR 1997, 910). 16. Voraussetzungen = Prüfungsfolge = Gutachten-Aufbau für Übertragung der Hypothekenforderung: 1. Einigsein des bisherigen Gläubigers und des neuen Gläubigers über Abtretung der gesicherten Forderung, § 398, Immo_R_Stud_Skript_01_WS04(04Jul30).doc 46 Grundstücksrecht 2. 3. 4. in der Form des § 1154, Wirksamkeit der Hypothek, Berechtigung des bisherigen Gläubigers. Kapitel 2. Übertragung der Hypothekenforderung: Form 1. Form der „Abtretung der Forderung“ richtet sich nach § 1154. 2. Buchhypothek, § 1154 III, nichts Besonderes: es genügt zwar die formlose Einigung gemäß § 398, aber erforderlich ist Eintragung des neuen Hypothekengläubigers in Grundbuch, wie nicht anders nach § 873 zu erwarten. Kein weiteres Formerfordernis für die Abtretungserklärung nach §§ 398, 1153. 3. Form für Briefhypothek – diese ist schwerer verständlich. Briefhypothek soll nach § 1116 I die Regel sein. 1. Da Brief so wichtig ist, da ja Brief vorhanden ist und vorhanden sein muss, ist immer erforderlich Briefübergabe, § 1154 I 1. Ohne Briefübergabe keine wirksame Übertragung der Briefhypothek. 2. Dazu ein weiteres Erfordernis, zu welchem aber die Parteien das Wahlrecht haben: 1. entweder schriftliche Abtretungserklärung, § 1154 I 1, 1. 2. eine Spitzfindigkeit des Gesetzes ist es, nur für die Abtretungserklärung des Verfügenden (d. h. des Altgläubigers) die Schriftform zu verlangen; die Annahmeerklärung des Forderungserwerbers (d. h. des Neugläubigers) bedarf keiner Form (Beispielsfall Pfirsichbaumfeld). Abtretungserklärung ist auf Verlangen öffentlich zu beglaubigen, §§ 1154 I 2, 129, wegen § 1155, oder 2. Eintragung der Abtretung in das Grundbuch, § 1154 II (in der Praxis seltener), dennoch behält die Hypothek ihre Eigenschaft als Briefhypothek, der Brief muss unbedingt trotzdem übergeben werden (solange keine Umwandlung nach § 1116 erfolgt ist). 4. Zusammenfassung der Formerfordernisse für Forderungsabtretung 1. Eintragung in Grundbuch 1. immer erforderlich für Übertragung der Buchhypothek, § 1154 III, 2. nur fakultativ für Briefhypothek, § 1154 II, dann darf bei Briefhypothek Schriftform für die Erklärung des Abtretenden entfallen. 2. Schriftform der Erklärung des Abtretenden nur erforderlich für Brief-Hypothek, falls die Abtretung der Hypothekenforderung nicht in das Grundbuch eingetragen wird, § 1154 I und II, auf Verlangen öffentlich beglaubigt, 3. Briefübergabe ist immer erforderlich bei Briefhypothek, ist gar nicht möglich bei Buchhypothek. 5. Konsequenz eines Fehlers in den Formalien: §§ 1154, 125 Hypothek ist nicht wirksam übertragen. 6. „Blankoabtretung“ erfolgt ohne die erforderliche schriftliche Bezeichnung des Abtretungsempfängers; wird aber erst ex nunc wirksam, wenn Blankett ausgefüllt wird; Übergabe des Blanketts bedeutet i. d. R. Ermächtigung zur Blankettausfüllung. 22. August 2011 47 Prof. Dr. H.-P. Benöhr 48 Kapitel 3. Gegenrechte des Eigentümers gegen den Zweit-Gläubiger Sie haben oben gesehen, in welcher Weise der Eigentümer gegenüber dem ersten Hypothekengläubiger (= Hypothekar) Mängel oder besondere Abreden, die die Hypothek und die Forderung betreffen, geltend machen kann. Daher werden Sie jetzt ohne weiteres verstehen, welche Rechte der Eigentümer hat, wenn der Erstgläubiger die Hypothek auf einen anderen, den Zweitgläubiger, übertragen hat. Und um so leichter werden Sie im nächsten Schritt begreifen, wie sich der gute Glaube des Zweitgläubigers auswirkt. 1. Kohlenhandlung II. S nahm für den Betrieb seiner Kohlenhandlung persönlich bei G einen Kredit über 240 000,- Euro auf. Zur Sicherung hatte der V in Vertretung des E eine Hypothek am Grundstück des E bestellt. Einigung, Eintragung und Briefübergabe sind darauf erfolgt. Nunmehr überträgt G ordnungsgemäß die Hypothek auf den Neugläubiger N. Dann stellt sich heraus, dass V keine Vertretungsmacht hatte, E lehnt eine Genehmigung ab, § 177; die Hypothek war also nicht wirksam begründet worden, § 873 I. Nun überträgt G diese angebliche Hypothek an G 2. G 2 hat aber Unwirksamkeit der Hypothek von Anfang an gekannt. Erwerb des G2? Nein. 2. In der Klausurlösung wird es hinsichtlich der Einwendungen, die also die Wirksamkeit der Forderung oder der Hypothek betreffen, im allgemeinen überflüssig sein, an diesem Punkt ausdrücklich zu prüfen: „Es fragt sich, ob E seine Einwendung durch die Übertragung der Hypothekenforderung von G1 auf G2 verloren hat“. Denn diese Frage ist offensichtlich zu verneinen, wie sich im Folgenden zeigen wird: kein Verlust der Einwendungen bei (scheinbarer) Übertragung von Forderung bzw. Hypothek. - 3. Hingegen ist die Fortdauer von Einreden nicht selbstverständlich, sondern „es ist zu prüfen, ob E diese Einrede (ist zu präzisieren), die er gegenüber G1 hatte, auch gegenüber G2 geltend machen kann“. Fortsetzung zu der obigen Faustregel 1: „Der Eigentümer hat gegenüber dem Gläubiger fast alle überhaupt denkbaren Einwendungen und Einreden“: Zweite Faustformel: „Der Eigentümer behält seine ursprünglichen Einwendungen und Einreden, wenn die Hypothek auf einen neuen Gläubiger übertragen werden sollte“. Anders gesagt: „Der Eigentümer verliert seine Einwendungen und Einreden nicht allein dadurch, dass die Hypothek (oder Grundschuld) auf einen neuen Gläubiger übertragen werden sollte.“ Alltagserfahrung: Der Apfel bleibt faul, auch wenn man ihn weitergibt. Auf römisch: Niemand kann mehr an Rechten übertragen, als er selbst hat, nemo plus iuris transferre potest quam ipse haberet. Bei Übertragung der durch Hypothek gesicherten Forderung vom ursprünglichen angeblichen Hypothekengläubiger (G 1) auf neuen Hypothekengläubiger (G 2) bleiben grundsätzlich alle Einwendungen und Einreden gegen die Hypothek als solche oder gegen die Forderung bestehen. 4. Grundsätzlich soll der Eigentümer keinen Nachteil erleiden, wenn der Hypothekar die Hypothek auf einen Neugläubiger überträgt. Den Nachteil erleidet grundsätzlich der Neugläubiger: er erhält gar keine oder nur eine einredebehaftete Hypothek, wegen deren er aber in vielen Fällen an den angeblichen Altgläubiger eine Zahlung erbracht hat. 5. Fortbestand 1. Ein-wendungen gegen die Hypothek als solche, § 873, ist selbstverständlich, d. h. die im Grundbuch eingetragene Hypothek existiert nicht, wenn z. B. die Hypothek ursprünglich nicht ordnungsgemäß bestellt worden ist. 2. Ein-reden gegen die Hypothek als solche wird ausdrücklich angeordnet, § 1157 S. 1 ("Einrede" und "Hypothek" im Gesetzestext unterstreichen), z. B. Abrede zwischen E und G, dass Geltendmachung der Hypothek bestimmte Mahnung oder Nichtzahlung des persönlichen Schuldners oder Verwertung anderer Sicherheiten voraussetze. 3. Ein-wendungen gegen die persönliche Forderung, §§ 1163, 1177, arg. § 1138. Beispiele: Darlehen wurde nicht ausgezahlt oder wurde zurückgezahlt, oder gesicherte Forderung mit Hypothek ist inzwischen auf einen anderen übergegangen. Immo_R_Stud_Skript_01_WS04(04Jul30).doc Grundstücksrecht 4. 49 Ein-reden des E gegen die persönliche Forderung, arg. §§ 1137 I, 1138 z. B. Stundung der Forderung als solcher, Zurückbehaltungsrecht des S, noch nicht ausgeübte Gestaltungsrechte. 6. Außerdem kann Eigentümer selbstverständlich eine eventuelle Unwirksamkeit der Übertragung der (wirksamen) Hypothekenforderung vom Altgläubiger auf den Neugläubiger geltend machen, beispielsweise wenn G1 bei Übertragung der Hypothekenforderung an G2 geisteskrank war. 7. Bestimmte Gegenrechte des Schuldners gegenüber dem Altgläubiger 1. kann der S zwar nach §§ 406 – 408 gegenüber dem Alt- oder dem Neugläubiger hinsichtlich der persönlichen Schuld, 2. kann aber gemäß § l156 der Eigentümer nicht hinsichtlich der Hypothek geltend machen. Ziegelsteig I. E, persönlicher Schuldner des G1, hat an seinem Grundstück, Ziegelsteig, Hypothek für G1 bestellt. G1 tritt ordnungsgemäß, mit Grundbucheintragung etc., an G2 ab. Dann zahlt E an G1, weil E den G1 nach wie vor für den Gläubiger hält. 1. Kann G2 dennoch die Zwangsvollstreckung in Grundstück des E betreiben, § 1147? Keine wirksame Leistung des E an G1, wegen § 1156 kein Gutglaubensschutz nach § 407, Voraussetzungen des § 893 nicht gegeben. Also Anspruch des G2 gegen E. 2. Kann G2 auf Grund persönlicher Forderung gegen E vorgehen? Nein, diese ist erloschen, § 407 (Falls E und S nicht identisch ist, bei Zahlung durch den E kein Erlöschen der Forderung des G2, fraglich). Ziegelsteig II. E hat eigene Forderung aus früherem Rechtsgeschäft gegen G 1. E ist aber auch persönlicher Schuldner des G1. Zur Sicherung der Forderung des G1 hat E an seinem Grundstück, Ziegelsteig, Hypothek für G1 bestellt. G1 tritt ordnungsgemäß, mit Grundbucheintragung etc., an G2 ab. Dann erklärt E gegenüber G2 die Aufrechnung mit seiner eigenen früheren Forderung gegen G1. Auch hier wird zu differenzieren sein: 1. Zwar § 406, so dass beide persönlichen Forderungen (E – G 1, G 2 – E) erlöschen. (Falls E und S nicht identisch ist, bei Aufrechnung durch den E kein Erlöschen der Forderungen, fraglich). 2. Aber nach § 1156 Satz 1 bleibt Hypothek für G 2 am Grundstück des E erhalten (vgl. Gedanken des § 1138) (Ausnahme: Vertrauen auf Grundbuch und Brief, §§ 893, 1155). Kapitel 4. Aber gutgläubiger Zweiterwerb der Hypothek Wie der gutgläubige Erwerb des Eigentums, so stellt auch der gutgläubige Erwerb einer angeblich bestehenden Hypothek ein beliebtes Fragenfeld dar. Dabei ist der gutgläubige Zweit-Erwerb der Hypothek (d. h. Übertragung vom nichtberechtigten Erstgläubiger an den gutgläubigen Zweitgläubiger) zu unterscheiden von dem gutgläubigen Erst-Erwerb (oben behandelt: Begründung der Hypothek durch den Nichteigentümer zu Gunsten eines gutgläubigen Gläubigers). 1. Kohlenhandlung III. S nahm für den Betrieb seiner Kohlenhandlung persönlich bei G einen Kredit über Euro 240 000,- auf; der Kredit wurde ihm ordnungsgemäß ausgezahlt. Zur Sicherung hatte der V in Vertretung des E zugesagt, für G eine Hypothek am Grundstück des E zu bestellen. Einigung zwischen V als Vertreter des S und G, Eintragung und Briefübergabe sind daraufhin erfolgt. Nunmehr überträgt G ordnungsgemäß die Hypothek auf den Neugläubiger N. Dann stellt sich heraus, dass V keine Vertretungsmacht hatte, für E zu handeln, E lehnt eine Genehmigung ab, § 177. Die Hypothek war also nicht wirksam begründet worden, § 873 I. G kann nicht existierende Hypothek nicht übertragen. Aber gutgläubiger Erwerb des N. 2. Faustformel 3: „ G2 kann sich meistens gegen alle Einwendungen und Einreden des E auf seinen guten Glauben berufen. Das endet immer bei § 892. Aber die Wege dahin sind unterschiedlich.” 3. Das bedeutet im Ergebnis: 1. wenn der Neugläubiger auf Grund der Hypothek Duldung der Zwangsvollstreckung verlangt, § 1147, kann sich der Eigentümer zwar gegen den Neugläubiger der Einwendungen und Einreden bedienen, die er gegen den Erstgläubiger hatte. 2. Der Neugläubiger, vorausgesetzt, er ist gutgläubig und ein Widerspruch oder eine Berichtigung ist nicht eingetragen, erwirbt aber vom angeblichen Altgläubiger eine vollwertige Hypothek, obwohl diese bis dahin entweder gar nicht bestand oder die einem anderen Gläubiger zustand oder gegen deren Durchsetzbarkeit Einreden geltend gemacht werden konnten, 3. mit der Folge, dass praktisch das bisher unbelastete Grundstück des Eigentümers mit der Hypothek belastet ist, oder dass der Eigentümer andere Abwehrrechte gegen die Hypothek einbüßt, oder dass der wirkliche Hypothekengläubiger (= Hypothekar) seine Hypothek verliert. 22. August 2011 Prof. Dr. H.-P. Benöhr 50 4. Der hier behandelte gutgläubige Erwerb der Hypothek vom Nicht-Hypothekengläubiger („Zweiterwerb“) ist zu unterscheiden vom gutgläubigen Erwerb vom Nicht-Eigentümer („Ersterwerb“). 5. „Widerspruch bei Veräußerungskette“: „Der Bucheigentümer B bestellt dem unredlichen H eine Hypothek. Danach wird für den Eigentümer E ein Widerspruch gegen das Eigentum des B eingetragen. Schließlich tritt H die Hypothek an den redlichen G ab. G klagt aus der Hypothek gegen den inzwischen als Eigentümer eingetragenen E.“ (Medicus Rdnr. 551, gegen RGZ 129, 124 ff.). Widerspruch war bei Hypothekenbestellung für H noch nicht eingetragen und betreffe deswegen nicht Hypothek. G habe annehmen dürfen, dass H zumindest kraft Redlichkeit Hypothek wirksam erworben habe. G erwerbe kraft § 892. 6. Rechtsprechung Gutgläubiger Zweiterwerb nach Belastungsvollmacht (BGH Urt. v. 14. 3. 2000, NJW 2000, 2021 = JuS 2000, 920). 7. Voraussetzungen = Prüfungsfolge = Gutachten-Aufbau für gutgläubigen Zweiterwerb der Hypothekenforderung: 1. Einigsein des bisherigen Gläubigers und des neuen Gläubigers über Abtretung der gesicherten Forderung, § 398, 2. in der Form des § 1154, 3. 4. Aber es fehlt an Wirksamkeit der Hypothek oder Berechtigung des bisherigen Gläubigers, 5. 6. Stattdessen guter Glaube, §§ 1157, 1138, 892 und besondere Formerfordernisse, §§ 892, 1155. Kapitel 4. Zweiterwerb der Hypothek: Guter Glaube des Hypothekenerwerbers 1. Unterschiedliche Gutglaubens-Vorschriften für neuen Gläubiger je nachdem ob 1. ein Einwendung gegen die Hypothek, § 892 I, 2. eine Einrede gegen die Hypothek, §§ 1157 S. 2, 892, oder 3. eine Einwendung gegen die persönliche Forderung, §§ 1138, 892 I, 4. eine Einrede gegen die persönliche Forderung, §§ 1138, 1137, 892, betroffen ist. (Deswegen ist die oben beschriebene Mechanik der „Gegenrechte des Eigentümers gegen den Erstgläubiger“ so wichtig.). 2. Gutglaubensvorschriften betreffend Ein-wendungen gegen die Hypothek, d. h. die im Grundbuch eingetragene Hypothek existiert nicht: immer direkt § 892. Wenn also der Neugläubiger auf Grund der Hypothek Duldung der Zwangsvollstreckung verlangt, § 1147, kann sich der Eigentümer zwar gegen den Neugläubiger der Einwendungen gegen die Hypothek bedienen, die er gegen den Erstgläubiger hatte. Der Neugläubiger, vorausgesetzt, er ist gutgläubig und ein Widerspruch ist nicht eingetragen, erwirbt aber vom angeblichen Altgläubiger eine vollwertige Hypothek obwohl diese bis dahin gar nicht bestand, mit der Folge, dass praktisch das bisher unbelastete Grundstück des Eigentümers mit der Hypothek belastet ist, und der Eigentümer die Zwangsvollstreckung nach § 1147 dulden muss. Aber § 892 nicht allein anwendbar (sondern nur in Verbindung mit § 1138), wenn die Unwirksamkeit der Hypothek ihre Ursache in Fehlern der Forderung hat, z. B. Forderung ist unwirksam, ist erloschen oder steht einem anderen zu. Denn kein gutgläubiger Erwerb der Forderung. Immo_R_Stud_Skript_01_WS04(04Jul30).doc Grundstücksrecht 3. 51 Gutglaubens-Vorschriften betreffend Ein-reden gegen die Hypothek, §§ 1157 S. 2, 892, z.B. wegen unerlaubter Handlung des G 1, § 853, oder z.B. Abrede der Stundung der Hypothek. Auch hier gilt, dass dann, wenn der Neugläubiger die Duldung der Zwangsvollstreckung verlangt, § 1147, der Eigentümer die Einrede erheben kann, die er gegen den Erstgläubiger hatte, dass aber der Neugläubiger, vorausgesetzt, er ist gutgläubig und ein Widerspruch ist nicht eingetragen, vom Altgläubiger eine einrede-freie, vollwertige Hypothek erworben hat, mit der Folge, dass praktisch der Eigentümer sein Abwehrrecht gegen die Hypothek einbüßt. 4. Guter Glaube betreffend die Forderung 1. Fundamentalsatz: kein Schutz des guten Glaubens an Forderung, § 404. 2. Ausnahme: Aber Schutz des guten Glaubens an Forderung, um gutgläubigen Zweiterwerb der Hypothek zu ermöglichen, § 1138. 3. Einschränkung der Ausnahme: § 1138 erlaubt aber nicht gutgläubigen isolierten Erwerb der Forderung. 4. Jedoch umstrittene Ansicht zur Einschränkung der Ausnahme, wenn die persönliche Forderung existiert, aber nicht dem übertragenden Hypothekengläubiger, sondern einem anderen zusteht (Dazu gleich im einzelnen). 5. Fundamentalsatz, dass guter Glaube an Existenz einer Forderung, die in Wirklichkeit nicht existiert, bei Abtretung grundsätzlich nicht geschützt wird, § 404 BGB. Teehandlung I. Der Großteehändler G vereinbart schriftlich mit Frau F, dass G der F ein Darlehen von Euro 50 000,- zur Einrichtung ihres Teegeschäftes gewähren wird; über eine Sicherung für den G wird nicht gesprochen. Zu der Auszahlung kommt es jedoch nicht. Nun tritt G diese angebliche Forderung gegen F an das gutgläubige Kreditinstitut K ab. Anspruch K gegen F? Nein; auch die Voraussetzungen der Ausnahmevorschrift des § 405 sind nicht gegeben. 6. Gutglaubens-Vorschriften betreffend Ein-wendungen gegen die persönliche Forderung, §§ 1138, 892 I, z. B. wenn die Forderung und infolgedessen Hypothek nicht entstanden ist oder erloschen ist oder in Wirklichkeit einem anderen Gläubiger zusteht. Aber der ausnahmsweise Schutz des guten Glaubens an Forderung nur zu dem beschränkten dogmatischen Zweck, nur um gutgläubigen Zweiterwerb einer solchen Hypothek zu ermöglichen, die eine einwendungs- oder einredebehaftete Forderung sichert. Wirtschaftliches Ziel: Stärkung des Hypothekarkredits. „Die Vorschriften der §§ 891 bis 899“, insbesondere die Gutglaubensvorschrift des § 892, „gelten für die Hypothek (unterstreichen!) auch in Ansehung der Forderung“. Wenn also der Neugläubiger auf Grund der Hypothek Duldung der Zwangsvollstreckung verlangt, § 1147, kann der Eigentümer zwar gegenüber den Neugläubiger die Einwendung erheben, dass die Forderung nicht entstanden oder erloschen ist oder einem anderen Gläubiger zusteht, aber der Neugläubiger erlangt auch in diesem Fall unter den bekannten Voraussetzungen eine vollwertige Hypothek, mit der Folge, dass praktisch das bisher unbelastete Grundstück des Eigentümers mit der Hypothek belastet ist, oder dass der wirkliche Hypothekengläubiger (= Hypothekar) seine Hypothek verliert. Kirschgarten I. Simon und Blau vereinbaren, dass Blau dem Simon ein Darlehen in Höhe von 40 000,- Euro gewähren und dass Simon dem Blau an seinem Grundstück ,,Kirschgarten“ zur Sicherung eine Hypothek bestellen wird. Die Hypothek für Blau wird schon in das Grundbuch eingetragen, und der Hypothekenbrief wird unvorsichtigerweise von Simon dem Blau ausgehändigt. Zu der Darlehensauszahlung kommt es nicht. Dennoch überträgt Blau die angeblich ihm zustehende Hypothek an den gutgläubigen Grün mit Abtretungserklärung und Eintragung des Grün im Grundbuch (G 2). 1. Wurde ein Grundpfandrecht wirksam begründet? Ja. 2. Aber wem steht es zu? Als Eigentümergrundschuld dem S, §§ 1163 I 1, 1177, nicht dem B. 3. Jedoch gutgläubiger Erwerb des G 2 von B, §§ 1154 I und II, 873; 1138 Halbs. 1, 892. 7. Einschränkung der Ausnahmebestimmung des § 1138. Die Vorschriften der §§ 891 bis 899 22. August 2011 Prof. Dr. H.-P. Benöhr 52 gelten nur für die Hypothek (unterstreichen!) auch in Ansehung der Forderung. Nach dem Willen des historischen Gesetzgebers 1. erlangt Hypothekengläubiger nicht die persönliche Forderung für sich. 2. Kirschgarten II. Simon und Blau vereinbaren, dass Blau dem Simon ein Darlehen in Höhe von 40 000,- Euro gewähren wird. Simon bestellt dem Blau an seinem Grundstück ,,Kirschgarten“ als Sicherheit eine Hypothek und händigt den Hypothekenbrief aus. Zu der Darlehensauszahlung kommt es nicht. Dennoch überträgt Blau die angeblich ihm zustehende Hypothek, die in Wirklichkeit gemäß §§ 1163 I 1, 1177 eine Eigentümergrundschuld des S war, an den gutgläubigen Grün. Kraft seines guten Glaubens hat Grün zweifelsohne die Hypothek an dem Grundstück des Simon erworben; 1138 Halbs. 1, 892. Aber hat Grün auch die nicht existente Forderung erworben? Nein. 3. Berühmtes Bild: § 1138 sei wie eine Brücke, so dass die Hypothek auf den Hypothekenerwerber übergeht; aber danach bricht die Brücke zusammen, so dass die Forderung allein nicht mehr zum Hypothekenerwerber gelangen kann. 4. Praktische Folge? Dieser neue Hypothekengläubiger (= Hypothekar) 1. kann zwar in das belastete Grundstück des Eigentümers vollstrecken, 2. aber er hat keinen Zugriff auf das sonstige Vermögen des Schuldners, insbesondere, wenn Eigentümer und angeblicher persönlicher Schuldner identisch ist. 5. Das ist unstreitig, wenn die persönliche Forderung gar nicht existiert, d. h. wenn es sich um eine Eigentümergrundschuld handelt. 8. Rechtslage ist umstritten, wenn die persönliche Forderung existiert, aber nicht dem übertragenden Hypothekengläubiger, sondern einem anderen zusteht. 1. Birnenplantage. Emil bestellt an seinem Grundstück, einer Birnenplantage, wirksam eine Buchhypothek zu Gunsten des Alexander, nämlich zur Sicherung eines Darlehens, das Alexander dem Samuel gewährt hatte. Alexander überträgt die Forderung mit Buchhypothek in ordnungsgemäßer Form an Blau, Blau sodann an Caesar. Nun stellt sich heraus, dass Alexander zwar das Darlehen an den persönlichen Schuldner S ausgezahlt und die Hypothek wirksam vom Grundstückseigentümer Emil erworben hat, dass Alexander aber später, bei der Übertragung an Blau, geisteskrank war. Das hat niemand gewusst. Hat Caesar die Hypothek und die persönliche Forderung erworben? Alexander hat die Hypothek wirksam erworben, §§ 1113 ff., 873. Aber keine wirksame Übertragung A – B, §§ 104 f. A ist Inhaber der Hypothek geblieben, obwohl B eingetragen ist. Nie Schutz des guten Glaubens an Geschäftsfähigkeit, schon deswegen kein gutgläubiger Erwerb der Forderung durch B, § 404. Eigentlich auch keine wirksame Übertragung B – C, weil B nicht Inhaber der Hypothek ist. Auch eigentlich kein Schutz des guten Glaubens des C an Forderung des B, § 404. Aber guter Glaube des C an Wirksamkeit der Hypothek mit Forderung geschützt, §§ 1138, 892, so dass C Inhaber der Hypothek geworden ist, A hat damit die Hypothek verloren (bis zu diesem Punkt alles unstreitig). Aber ist C auch Inhaber der persönlichen Forderung des A gegen S geworden? Str. 2. Konventionelle Lösung (Palandt; MK): 1. § 1138 will nur gutgläubigen Erwerb der Hypothek erlauben, erklärt sich nur aus der Vorstellung, dass Hypothek eine Forderung voraussetze. 2. 3. 4. 3. Also bleibt es dabei, dass gutgläubig nur die Hypothek erworben wird. Die Forderung gegen S steht nach wie vor dem ursprünglich Berechtigten (hier: A) zu. Eigentümer und persönlicher Schuldner müssen aber gegen Doppelinanspruchnahme geschützt werden, etwa 1. mit der Einrede, bei Geltendmachung des einen Rechts das andere zurückzuübertragen oder 2. mit Erlöschen der Forderung bei Zahlung auf die Hypothek oder 3. mit Ausgleichsansprüchen zwischen Grundstückseigentümer und persönlichem Schuldner. Aber moderne Ansicht (W. Gerhardt, M. Wolf): 1. Zwar beschränkte Bedeutung des § 1138. 2. Aber Argumente für die moderne Ansicht: 1. da die Hypothek gemäß § 1153 II Halbs. 2 nicht ohne die Forderung übertragen werden kann, geht auch die Forderung auf den neuen Hypothekengläubiger (hier:C) über und der bisher Berechtigte (hier A) verliert seine Forderung. Immo_R_Stud_Skript_01_WS04(04Jul30).doc Grundstücksrecht 9. 2. Auf diese Weise werden Auseinanderfallen Hypothek und Forderung vermieden. 3. Hauptzweck: Eigentümer wie Schuldner sind auf einfache Weise gegen doppelte Inanspruchnahme geschützt, und dieser ist der Zweck des § 1153. Mit dem Ergebnis, dass hier Forderung der Hypothek folgt, wird gerade Trennung beider verhindert. 53 Ähnliches gilt für Ein-reden gegen die persönliche Forderung. 1. Diese kann ja grundsätzlich der Eigentümer gegenüber der Hypothek geltend machen, § 1137 I 1. 2. Aber der Hypothekengläubiger (G 2), der diese Einreden nicht kennt, erwirbt die Hypothek insofern einrede-frei, § 1138; der Eigentümer verliert also die Einreden. 3. Aber wenn der Erwerber G 2 auf Grund der Forderung von dem Schuldner Leistung verlangt, kann der Schuldner die Einrede erheben, § 404. Kapitel 6. Eingeschränkter gutgläubiger Zweiterwerb der Sicherungshypothek 1. §§ 1184 ff. 2. Gar kein guter Glaube an Forderung, kein § 1138. 1. Daher kein gutgläubiger Zweiterwerb der Hypothek, wenn Forderung nicht existiert oder einem anderen Gläubiger zusteht, 2. kein gutgläubig einredefreier Erwerb hinsichtlich Einreden gegen Forderung, §§ 1137, 1138. Es können also nur noch Mängel der dinglichen Rechtsgeschäfte geheilt werden. 3. Den Gegensatz zur Sicherungshypothek bildet die übliche „Verkehrshypothek“. Nicht verwechseln Sicherungs-Hypothek und Sicherungs-Grundschuld. Kapitel 7. Gutgläubiger Zweiterwerb der Hypothek: Formerfordernisse Für den gutgläubigen Erwerb der Buchhypothek ist es erforderlich und ausreichend, dass der Erwerber auf die Eintragung im Grundbuch vertraut. Aber damit die Briefhypothek auch wirklich umlauffähig ist, muss sie möglichst mit demselben Gutglaubensschutz ausgestattet sein wie das Grundbuch. Damit wiederum der Grundstückseigentümer nicht ohne Schutz bleibt, müssen die Voraussetzungen und Grenzen des Gutglaubensschutzes genau festgelegt werden (§ 1155). Dabei hatte der Gesetzgeber auch zu entscheiden, welche Bedeutung unterschiedliche Eintragungen auf dem Grundbuchbrief und im Grundbach haben sollen (§ 1155, § 1140). Der Wortlaut der Vorschriften ist klar, aber trotzdem machen sie den Studierenden oft Schwierigkeiten. 1. Buchhypothek 1. Erforderlich und genügend, dass Veräußerer der Hypothek im Grundbuch als Hypothekengläubiger eingetragen war und 2. dass nicht rechtzeitig Widerspruch oder Grundbuchberichtigung erfolgt sind. Hinsichtlich der Buchhypothek kommt es im übrigen auf besondere Formerfordernisse nicht an. 2. Für gutgläubigen Erwerb der Briefhypothek sind erforderlich wie bei Erwerb vom Berechtigten die Beachtung der Form des § 1154, Absatz 1 oder Absatz 2, außerdem für gutgläubigen Erwerb vom Nichtgläubiger Besonderheiten bezüglich Grundbuch, Hypothekenbrief und Abtretungserklärungen. 3. Eckgrundstück. E hat dem G1 zur Sicherung einer Darlehensforderung des G1 gegen S von 1 Mio. Euro wirksam eine Hypothek an seinem Eckgrundstück bestellt; die Eintragung erfolgt am 1. März. Am 2. April zahlt E 100 000,- an G1 zurück, worüber ein entsprechender Vermerk im Grundbuch, aber nicht auf dem Hypothekenbrief erfolgte. Bei dieser Gelegenheit vereinbarten E und G1, ohne Eintragung, dass die Hypothek erst geltend gemacht werden dürfe, nachdem sich die Zwangsvollstreckung gegen S als erfolglos erwiesen habe. Am 3. Mai erwirkt E im Wege einer einstweiligen Verfügung die Eintragung des Widerspruchs im Grundbuch betreffend die Vereinbarung zwischen E und G1 über die Voraussetzung für die Geltendmachung der Hypothek. G1 überträgt am 4. Juni die Hypothek mit Briefübergabe und öffentlich beglaubigter Abtretungserklärung an G2. G2 weiß weder etwas von der Zahlung noch von der Abrede des 2. April. 22. August 2011 Prof. Dr. H.-P. Benöhr 54 G2 überträgt die Hypothek in schriftlicher Form mit Briefübergabe an G3. G3 weiß nichts von der Zahlung und der Abrede und glaubt, eine vollwirksame Hypothek über 1 Mio. Euro am Eckgrundstück des E erlangt zu haben. Kann G3 ohne weiteres von E die Duldung der Zwangsvollstreckung in das Eckgrundstück verlangen? 4. Erforderlich für gutgläubigen Erwerb der Forderung aus einer Briefhypothek sind Abtretungserklärungen 1. von einem im Grundbuch eingetragenen Gläubiger (dieser kann auch der Eigentümer sein, der sich eine Eigentümergrundschuld bestellt hat), bis hin zum veräußernden Gläubiger (das ist der „Vormann“ des jetzigen Gläubigers) und 2. öffentliche Beglaubigung dieser Veräußererkette - (deswegen das Recht des Hypothekenerwerbers auf öffentliche Beglaubigung, § 1154 I 2), - hier wieder die „Spitzfindigkeit“ des Gesetzes: nur der Veräußerer muss sich durch ununterbrochene Kette öffentlich beglaubigter Abtretungserklärungen ausweisen, nicht der neue Gläubiger. Gutgläubiger Erwerb ist auch möglich, wenn vom letzten Veräußerer auf den neuen Gläubiger nur schriftliche Abtretungserklärung oder Grundbucheintragung (§ 1154 I 1 oder II). Unterbrechung der Kette durch bloß schriftliche Abtretungserklärung ohne Beglaubigung 1. schadet und verhindert gutgläubigen Erwerb aller Späteren, wenn diese Abtretung unwirksam war, z. B. wegen fehlender Geschäftsfähigkeit des Abtretenden oder des Abtretungsempfängers, 2. aber ist nach h. M. unschädlich und erlaubt späteren gutgläubigen Erwerb, wenn die fragliche, nur schriftliche Abtretung, wirksam war (aber str.). Ob Fälschung schadet, weil auch sonst nicht durch guten Glauben gedeckt ist, oder wegen Umlaufsinteresses (§ 1155) durch guten Glauben ersetzt wird (so RG in obiter dictum), ist str. 5. Aber kein Schutz des guten Glaubens des Erwerbers einer Briefhypothek wenn Widerspruch oder Berichtigung im Grundbuch eingetragen ist, und zwar zur Zeit der Abtretungserklärung und der Briefübergabe, je nach späterem Zeitpunkt, auch wenn aus dem Brief nicht zu ersehen ist, und zwar gerade dann, wenn neuer Gläubiger gutgläubig ist und von Bucheintragung nichts weiß. Denn § 1155 S. 1 am Ende stellt nur die beschränkte Gleichstellung auf, „wie wenn der Besitzer des Briefes (d.h. der Veräußerer der Briefhypothek) als Gläubiger im Grundbuch eingetragen wäre“. Dann sind im übrigen die weiteren Eintragungen im Grundbuch zu berücksichtigen. Auch arg. § 1140 für Erheblichkeit der Berichtigung oder des Widerspruchs im Grundbuch. Kurz: richtiges Grundbuch zerstört falschen Hypothekenbrief. Wenn z. B. Hypothek im Grundbuch richtig mit 80 000 Euro eingetragen, oder wenn im Grundbuch Widerspruch gegen die Hypothek, soweit die Forderung 80 000 Euro übersteigt, wenn aber auf dem Brief zu Unrecht 100 000 Euro angegeben sind, dann nur Erwerb der Hypothek in Höhe von 80 000 Euro möglich. 6. Guter Glaube an unrichtiges Grundbuch wird zwar geschützt, § 892 direkt. Aber wenn Hypothekenbrief richtig ist, dann nützt die Unrichtigkeit des Grundbuchs nichts, § 1140 S. 1. Kurz: richtiger Brief zerstört falsches Grundbuch, und zwar gerade dann, wenn Gläubiger gutgläubig ist und von Briefeintragung nichts weiß. Wenn z. B. im Betrag von 80 000 Euro ein Teil von 25 000 Euro wirksam zurückgezahlt und entsprechend auf dem Hypothekenbrief quittiert aber nicht im Grundbuch eingetragen wurden, dann nur Erwerb der Resthypothek in Höhe von 55 000 Euro. 7. Faustformel: Richtiges Grundbuch oder Immo_R_Stud_Skript_01_WS04(04Jul30).doc Grundstücksrecht 55 richtiger Brief oder richtige Abtretungskette zerstören gutgläubigen Erwerb. Also Vorsicht: der Erwerber einer Briefhypothek ist weniger geschützt, als man eigentlich glauben würde. Umgekehrt: nur die übereinstimmende Unrichtigkeit von Buch, Brief und Abtretungskette erlaubt gutgläubigen Erwerb. Kapitel 8. Zusammenfassung Wie man sehen konnte, werden die Hauptprobleme bei der Hypothek durch Fehler entweder bei der Bestellung oder bei Übertragung oder infolge sonstiger Umstände verursacht. Die Probleme werden meistens durch den guten Glauben des Erwerbers ausgeglichen. Das soll im folgenden noch einmal zusammengestellt werden. 1. 1. Fehler bei der Bestellung der Hypothek Fehlendes oder fehlerhaftes Einigsein über die Hypothekenbestellung, § 873 I, Hypothek ist nicht entstanden, keine Eigentümergrundschuld, kein gutgläubiger Erwerb des Erstgläubigers, aber gutgläubiger Erwerb des Zweiterwerbers, § 892. 2. Fehlen der Eintragung - sowieso keine Hypothek, gutgläubiger Zweiterwerb nicht denkbar. 3. Bestellung durch den Nichtberechtigten. Hypothek ist eigentlich nicht entstanden, keine Eigentümergrundschuld. 1. Aber bei Bestellung durch Nichteigentümer und bei gutem Glauben des Erstgläubigers wirksam, § 892. Guter Glaube des Zweitgläubigers irrelevant. Wenn ausnahmsweise kein gutgläubiger Erwerb des Erstgläubigers, dann gutgläubiger Erwerb des Zweitgläubigers, § 892. 2. Bei Fehlen sonstiger Berechtigung, z. B. Minderjährigkeit oder § 1365 (falls diese Fälle nicht zum fehlenden „Einigsein“ gerechnet werden), keine Hypothek, keine Eigentümergrundschuld, kein gutgläubiger Ersterwerb; erst gutgläubiger Zweiterwerb. 4. Fehlende Briefübergabe etc., § 1117, Eigentümergrundschuld, §§ 1163 Absatz 2, 1177 I, kein gutgläubiger Erwerb des Erstgläubigers. Übertragung auf Zweitgläubiger ohne Briefübergabe nicht möglich, § 1154. 5. Nicht entstandene Forderung bei der Bestellung der Hypothek, Eigentümergrundschuld, §§ 1163 Absatz 1, 1177 I; kein gutgläubiger Erwerb des Erstgläubigers, aber gutgläubiger Erwerb des Zweiterwerbers, §§ 1138, 892. 1. 2. Fehler bei der Übertragung auf Zweitgläubiger Fehler 1. bei der Bestellung der „Hypothek“ des eingetragenen Erstgläubigers, gutgläubiger Erwerb des Zweitgläubigers, § 892, 2. 2. 1. 2. „in Ansehung der Forderung“ für den eingetragenen Erstgläubiger, gutgläubiger Erwerb der Hypothek durch Zweitgläubiger, §§ 1138, 892. Fehler bei der „Abtretung der Forderung“ mit Hypothek, § 1154, scheinbarer Zweitgläubiger erwirbt nicht die Hypothek, aber danach gutgläubiger Erwerb des Drittgläubigers, §§ 892, 1138. 3. Einreden Einreden gegen die Hypothek 1. hat Eigentümer ohnehin gegen Erstgläubiger, außerdem 2. auch gegen neuen Gläubiger, § 1157 Satz 1. 3. Hat Eigentümer aber gegen neuen Gläubiger nicht, 1. wenn neuer Gläubiger diese nicht kennt, §§ 1157 Satz 2, 892, und 2. wenn sie aus dem Grundbuch nicht ersichtlich sind. Einreden gegen die persönliche Forderung 1. hat Eigentümer gegen Erstgläubiger, § 1137, außerdem 2. auch gegen neuen Gläubiger, §§ 404, 1137. 3. Hat Eigentümer aber nicht gegenüber der „Hypothek“, 1. wenn neuer Gläubiger diese nicht kennt, §§ 1138, 1137, 892, und 2. wenn sie nicht aus dem Grundbuch ersichtlich sind. 22. August 2011 Prof. Dr. H.-P. Benöhr 1. 4. Die drei Faustregeln „Der Eigentümer hat gegenüber dem Gläubiger fast alle überhaupt denkbaren Einwendungen und Einreden“. 2. „Der Eigentümer verliert seine Einwendungen und Einreden nicht allein dadurch, dass die Hypothek auf einen neuen Gläubiger übertragen werden sollte.“ 3. „Der neue Gläubiger kann sich aber meistens gegen alle Einwendungen und Einreden auf seinen guten Glauben berufen. Das endet immer bei § 892. Aber die Wege dahin sind unterschiedlich.” 1. 5. Guter Glaube „in Ansehung der Forderung“, § 1138 Wenn Forderung gänzlich fehlt, 1. wird sie für Existenz der „Hypothek“ fingiert, 2. Erwerber erwirbt sie aber nicht, um sie isoliert gegenüber persönlichem Schuldner geltend machen zu können. 2. Wenn sie existiert, aber nicht dem eingetragenen Gläubiger zusteht, 1. wird sie ebenfalls als dem Eingetragenen zustehend fingiert. 2. Ob außerdem die persönliche Forderung auch als solche auf den Erwerber übergeht, ist str. 3. Das Gleiche gilt hinsichtlich Einreden gegen die persönliche Forderung. 1. 3. 56 6. Guter Glaube bei Erwerb einer Briefhypothek, § 1155 (und § 1140) Voraussetzungen des Gutglaubensschutzes des Erwerbers 1. Inhaber des Hypothekenbriefs 1. war veräußernder Gläubiger und 2. ist jetzt der Erwerber der Briefhypothek, 2. Abtretungserklärungen 1. von einem im Grundbuch eingetragenen Gläubiger 2. bis hin zum veräußernden Gläubiger sind öffentlich beglaubigt. Aber kein Schutz des guten Glaubens 1. wenn Widerspruch oder Berichtigung im Grundbuch eingetragen ist, 2. oder wenn Unrichtigkeit des Grundbuchs aus dem Brief ersichtlich ist. Kapitel 9. Übertragung des belasteten Grundstücks Die im folgenden beantworteten Fragen: „Ist der Eigentümer des belasteten Grundstücks durch die Hypothek oder Grundschuld in seiner Verfügung über das Grundstück beschränkt? Welche Rechtsstellung hat der Käufer eines solchen Grundstücks?“, sind natürlich für den Grundstücksverkehr von großer praktischer Bedeutung und könnten Gegenstand einer sogenannten Anwaltsklausur sein. 1. Kastanienhof. E hast sein Grundstück „Kastanienhof“ mit einer Hypothek zu Gunsten der Bank B belastet. Kann er ohne weiteres das Grundstück an den Interessenten I veräußern? Muss B zustimmen? Muss I haften? 2. Keine Verfügungsbeschränkung Der Eigentümer des Grundstücks, das mit einer Hypothek oder Grundschuld belastet ist, ist in keiner Weise in der Verfügung über das Grundstück beschränkt. Er kann es z. B. an einen Käufer übereignen. 3. Beteiligte am Eigentümerwechsel 1. bisheriger Eigentümer des belasteten Grundstücks = Verkäufer 2. neuer Eigentümer des belasteten Grundstück = Käufer 3. persönlicher Schuldner, kann mit bisherigem Gläubiger identisch sein, kann stattdessen verschiedene Person sein. 4. Gläubiger der Forderung ist gleichzeitig Gläubiger der Hypothek oder Grundschuld. 4. Wichtig zu unterscheiden 1. Frage der Hypothek oder Grundschuld einerseits, 2. Frage der persönlichen Schuld andererseits. 5. Sogenannter „Sukzessionsschutz“ hinsichtlich Hypothek oder Grundschuld. Wenn das belastete Grundstück vom bisherigen Eigentümer auf einen neuen Eigentümer übertragen wird (Sukzession), wenn also der Eigentümer des Grundstücks wechselt, Immo_R_Stud_Skript_01_WS04(04Jul30).doc Grundstücksrecht bleibt die Hypothek oder Grundschuld ohne weiteres erhalten. Das Eigentum an einer Sache ist wie ein Elefant, es trägt die Belastung mit Pfandrecht oder anderen beschränkten dinglichen Rechten mit sich, auch wenn es weiterwandert, daher Elefantenprinzip ©. Der Gläubiger bleibt derselbe, das Grundstück, das ihm haftet, bleibt dasselbe, nur der Eigentümer des haftenden Grundstücks wird ein anderer. Bei der Vereinbarung der Übernahme der Hypothek durch den Käufer ist ein besonderes dingliches Rechtsgeschäft in Bezug auf die Hypothek nicht denkbar, denn Käufer als neuer Eigentümer ist ohnehin mit der Hypothek belastet (anders: bezüglich der persönlichen Schuld). 6. Ausgenommen gutgläubig lastenfreier Erwerb, wenn eine Hypothek zu Unrecht gelöscht worden war, § 892. 7. Der (bisherige) Eigentümer kann sich in einer vollstreckbaren Urkunde sogar mit Wirkung „gegen den jeweiligen Eigentümer des Grundstücks“ der sofortigen Zwangsvollstreckung unterwerfen, § 800 ZPO. 8. Fortdauer der persönlichen Schuld bei ursprünglichem Schuldner Auch wenn das Eigentum an dem belasteten Grundstück wechselt, selbst wenn der Schuldner bis dahin Eigentümer des belasteten Grundstücks war, so bleibt doch der ursprüngliche Schuldner nach wie vor der einzige Schuldner des Gläubigers. Der Gläubiger bleibt gleichzeitig der Gläubiger der persönlichen Schuld und der Hypothek. 9. Infolgedessen würden als Folge der Übereignung des Grundstücks persönliche Schuld und Eigentum am belasteten Grundstück auseinanderfallen, der Käufer würde für seinen vollen Kaufpreis ein belastetes Grundstück erhalten, wenn nicht die drei Beteiligten entsprechende Vereinbarungen treffen würden. 10. Wenn die drei Beteiligten keine entsprechenden Vereinbarungen treffen, 1. dann bleibt der ursprüngliche Schuldner der Schuldner, 2. das Grundstück des Käufers bleibt mit der Hypothek oder Grundschuld belastet, 3. aber die bestehen bleibende Hypothek oder Grundschuld bedeutet einen Rechtsmangel, §§ 433, 435 S. 1, 442 II BGB n. F. 11. Erste Möglichkeit: Verkäufer (der bisherige Eigentümer) und Käufer vereinbaren, dass der Verkäufer die Hypothek oder Grundschuld ablöst. 1. Dann muss der (bisherige) Eigentümer mit dem Gläubiger (üblicherweise gegen Zahlung) eine entsprechende Vereinbarung treffen, insbesondere zwecks Aufhebung der Hypothek, §§ 1183, 875; oder Verzicht, § 1168; oder Befriedigung, § 1142 oder § 362; dazu a. o. Kündigungsrecht des S, § 490 II. 2. 3. Damit geht meistens auch die persönliche Schuld unter. Der Käufer erhält unbelastetes Eigentum und schuldet dem Verkäufer vollen Kaufpreis. 22. August 2011 57 Prof. Dr. H.-P. Benöhr 58 12. Zweite Möglichkeit 1. Der Käufer erklärt sich mit dem Bestehenbleiben der Belastung einverstanden, und vereinbart mit dem Verkäufer eine entsprechend niedrigere Barzahlung, das ist die weitverbreitete „Übernahme der Hypothek (oder Grundschuld) mit Anrechnung auf den Kaufpreis“. Nach § 435 I 1 schließt derartige Vereinbarung Rechtsmangel aus. 2. Hinsichtlich der persönlichen Schuld 1. ist damit gleichzeitig die Schuldübernahme gewollt, §§ 414 f., § 416. 2. Wenn aber G mit der Schuldübernahme durch den neuen Eigentümer nicht einverstanden ist, Verkäufer und Käufer jedoch den Kaufvertrag durchführen wollen, 1. bleibt es dabei, dass 1. der Käufer als neuer Eigentümer mit seinem Grundstück für Hypothek oder Grundschuld haftet und 2. bisheriger Schuldner nach wie vor persönlich haftet. 2. Aber der Käufer ist im Innenverhältnis zum Verkäufer und Schuldner verpflichtet, bei Fälligkeit die Schuld zu bezahlen, so auch die gesetzliche Regelung für den „Zweifel“, § 415 III. 3. Wenn bei Fälligkeit 1. vertragsgemäß der Käufer (= der neue Eigentümer) an den Gläubiger zahlt, § 362, wird die Hypothek zur Eigentümergrundschuld des Käufers, §§ 1163 I 2, 1177. Kein Regress des Käufers gegen den Verkäufer. 2. Wenn aber der Verkäufer (= der frühere Eigentümer) in diesem Fall an den Gläubiger zahlt, § 362, hat der Verkäufer einen Regressanspruch gegen den Käufer, und die Hypothek geht zur Sicherung dieses Regressanspruchs auf den Verkäufer über, § 1164 I 1 (nicht: § 1143). 13. Dritte Möglichkeit Der Käufer erklärt sich mit dem Bestehenbleiben der Belastung einverstanden, der Verkäufer bleibt der persönliche Schuldner des Gläubigers, und beide vereinbaren, dass Verkäufer rechtzeitig für die Bezahlung an den Gläubiger sorgt, der Käufer zahlt aber vollen Kaufpreis an den Verkäufer. 1. Wenn nun bei Fälligkeit vertragsgemäß der Verkäufer an den Gläubiger zahlt, § 362, wird die Hypothek zur Eigentümergrundschuld des Käufers, §§ 1163 I 2, 1177. Kein Regress des Verkäufers gegen den Käufer. 2. Wenn aber der Käufer (= der jetzige Eigentümer) in diesem Fall an den Gläubiger zahlt, hat Käufer Regress gegen Verkäufer, die persönliche Forderung des G gegen V erlischt nicht, sondern geht auf den Käufer, als den jetzigen Eigentümer über, §§ 1143 I 1 (nicht § 1164), 412, 398 ff., mit der Forderung geht die Hypothek auf den Käufer über, § 1163 I 2, bleibt aber bis zur Bezahlung der persönlichen Schuld durch den V eine Eigentümerhypothek des K. 5. TEIL. BEFRIEDIGUNG DES GLÄUBIGERS Bisher ging es um Begründung und Übertragung der Hypothek und um die Einwendungen und Einreden des Eigentümers. Damit kommt man zu der naheliegenden Frage: Was passiert, wenn Zahlung an den Gläubiger erfolgt? Die Frage nach den Wirkungen der Zahlung betrifft die Existenz von Hypothek und persönlicher Schuld und, was wichtiger ist, den möglichen Rückgriff zwischen Eigentümer und persönlichem Schuldner, wenn diese nicht identisch sind. Wenn aber keine freiwillige Zahlung erfolgt, dann fragt sich, in welcher Weise und auf welche Gegenstände des Grundstückseigentümers der Gläubiger nun zugreifen darf. Kapitel 1A. Zahlung Der Eigentümer muss nicht zahlen, doch er darf. Aber natürlich ist die Zahlung nur wirksam, wenn der Eigentümer an den Richtigen zahlt: 1. Persönliche Schuld und Hypothek sind fällig. G verklagt den E auf Zahlung. Wird G Erfolg haben? 2. Der Hypothekengläubiger (= Hypothekar) hat als solcher Immo_R_Stud_Skript_01_WS04(04Jul30).doc Grundstücksrecht 59 keinen Zahlungsanspruch gegen den Grundstückseigentümer, 1. 2. sondern nur Anspruch auf Duldung der Zwangsvollstreckung, § 1147. Gläubiger hat zwar auf Grund der persönlichen Schuld einen Zahlungsanspruch; das ist aber eine andere Frage. 3. Aber es darf freiwillig gezahlt werden, § 1142, 1. durch persönlichen Schuldner, § 362, 2. durch Eigentümer als solchen, § 1142, 3. durch Dritte, § 267; §§ 1150, 268. 4. Zahlung an 1. den wirklichen Gläubiger befreit. Wirklicher Gläubiger ist auch der gutgläubige Erwerber einer Hypothek vom Nichtberechtigten, §§ 892, 1138 (also § 893 ist nicht einschlägig). 2. Auch gutgläubige Zahlung an den Scheingläubiger befreit, d. h. an den im Grundbuch eingetragenen Nichtberechtigten, § 893, oder an den gehörig ausgewiesenen Briefinhaber, §§ 1155, 893, wenn „auf“ die Hypothek oder Grundschuld geleistet wird. § 893 insofern lex specialis gegenüber § 407. Ausgleich zwischen dem wirklichen Gläubiger und dem nichtberechtigten Zahlungsempfänger nach Vertrag, GoA, § 816 II etc. Wenn jedoch ein persönlicher Schuldner, der nicht mit dem Eigentümer identisch ist, an buchberechtigten Nichtgläubiger leistet, dann gilt das nur als Zahlung auf die persönliche Schuld, § 893 ist nicht anzuwenden, sondern nur § 407. 3. Aber keine befreiende Zahlung an Nichtgläubiger ohne Legitimation durch das Grundbuch. § 407, wirksame Leistung des Schuldners an bisherigen Gläubiger, gilt nicht „in Ansehung der Hypothek“, § 1156 S. 1. Ziegelsteig I. E, persönlicher Schuldner des G1, hat an seinem Grundstück, Ziegelsteig, Hypothek für G1 bestellt. G1 tritt ordnungsgemäß, mit Grundbucheintragung etc., an G2 ab. Dann zahlt E an G1, weil E den G1 nach wie vor für den Gläubiger hält. 1. Kann G2 dennoch die Zwangsvollstreckung in Grundstück des E betreiben, § 1147? Keine wirksame Leistung des E an G1, wegen § 1156 kein Gutglaubensschutz nach § 407, Voraussetzungen des § 893 nicht gegeben. Also Anspruch des G2 gegen E. 2. Kann G2 auf Grund persönlicher Forderung gegen E vorgehen? Nein, diese ist erloschen, § 407 (Falls E und S nicht identisch ist, bei Zahlung durch den E kein Erlöschen der Forderung des G2, fraglich). Kapitel 1B. Aufrechung Fragen der Aufrechnung sind nur mäßig relevant für Klausuren aus dem Immobiliarrecht. Sie sind aber kompliziert und sollen deswegen kurz angesprochen werden. 1. Grundfall § 387. 1. Der Schuldner (S) rechnet eigene Forderung gegen den Gläubiger (G) gegen eine Forderung des Gläubigers gegen den Schuldner auf, 2. oder umgekehrt, G – S. 2. Aufrechnung bei hypothekengesicherter Schuld, im Verhältnis S – G oder G - S Rechtsfolgen 1. Persönliche Forderung erlischt, § 389. 2. Hypothek 1. Eigentümergrundschuld, §§ 1163 I 2, 1177, oder 2. Hypothek des S, 1164. 3. Aufrechnung im Verhältnis E – G 1. Grundstückseigentümer E rechnet eigene Forderung gegen Gläubiger G gegen Hypothek des G am Grundstück des E auf, § 1142 II. Rechtsfolgen 1. Forderungsübergang mit Hypothek auf E, § 1143, 2. oder 1. Erlöschen der persönlichen Forderung, § 389, und 22. August 2011 Prof. Dr. H.-P. Benöhr 2. 2. Eigentümergrundschuld, §§ 1163 I 2, 1177. Keine Aufrechnung des G gegenüber E (h. M.), wegen enger Wortinterpretation § 1142 und wegen Fehlen der Gleichartigkeit i. S. § 387. 4. Leistungsverweigerungsrecht (= Einrede) des E gegenüber G, solange G (!) die gesicherte Forderung gegen S aufrechnen kann gegen eine Forderung des S gegen G, §§ 1137 I 1, 770 (Zweck: E darf den G darauf verweisen, sich zuerst auf andere Weise aus Vermögen des S zu befriedigen). 5. Aufrechnung nach Abtretung (Grundfall, d. h. ohne Hypothekenrecht) im Verhältnis S – G1 – G2, nach Abtretung der Forderung gegen S von Altgläubiger G 1 an Neugläubiger G 2, § 398. 1. Zweifelsohne Aufrechung des S mit eigener Forderung gegen Neugläubiger G 2, § 387, 2. oder umgekehrt. 3. S darf auch eigene Forderung, die er gegen Altgläubiger G 1 erworben hat, aufrechnen gegen die auf den Neugläubiger G 2 übergegangene Forderung, § 406 und zwar durch Erklärung des S gegenüber G 2 (Ausnahme vom Gegenseitigkeitserfordernis des § 387, zum Schuldnerschutz). 4. S darf eigene Forderung, die er gegen Altgläubiger G 1 erworben hat, aufrechnen gegen die auf den Neugläubiger G 2 übergegangene Forderung, § 407 und zwar durch Erklärung des S gegenüber G 1 (gewissermaßen umgekehrte Ausnahme vom Gegenseitigkeitserfordernis des § 387, ebenfalls Schuldnerschutz). 5. Aber Gegenseitigkeitsgebot des § 387 verhindert Aufrechnungserklärungen durch Alt- oder Neugläubiger: 1. durch G 1 mit der auf G 2 übergegangenen Forderung gegen eine Forderung des S gegen G 1 (das wäre Eingriff des G 1 in Vermögen des G 2), oder 2. 6. durch G 2 mit seiner auf ihn übergegangenen Forderung gegen eine Forderung des S gegen G 1 (das wäre Eingriff in Vermögen des S und wäre Vermögenseinbuße ohne einen Gewinn für G 2). Aufrechnung des Schuldners S nach Abtretung im Rahmen des Hypothekenrechts 1. Zweifelsohne Aufrechnung S – G 2, 1. Persönliche Forderung erlischt, § 389. 2. Hypothek 1. Eigentümergrundschuld, §§ 1163 I 2, 1177, oder 2. Hypothek des S, 1164. 2. Desgleichen umgekehrt, Aufrechnungserklärung des G 2 gegenüber S. 3. Kann S eigene Forderung, die er gegen den früheren Hypothekengläubiger G 1 erworben hat, gegen die auf den neuen Hypothekengläubiger G 2 übergegangene Forderung aufrechnen? Hier wird zu differenzieren sein: 1. Zwar § 406 oder § 407, so dass beide persönlichen Forderungen (S – G 1, G 2 – S) erlöschen. 2. 7. 60 Aber § 1156 Satz 1 schaltet u. a. § 406 „in Ansehung der Hypothek“ aus. Das bedeutet, dass Hypothek für G 2 am Grundstück des E erhalten bleibt (vgl. Gedanken des § 1138). Keine Aufrechnung des Grundstückseigentümers E gegenüber früherem Hypothekengläubiger (= Hypothekar) 1. Zwar eigentlich keine Aufrechnung wegen fehlender Gleichartigkeit, § 387. Ausnahmsweise Aufrechnung, § 1142 II. Aber Sperre der §§ 1156, 406. 2. Ausnahme: Vertrauen auf Grundbuch und Brief, §§ 893, 1155. Kapitel 2. Rückgriff Gar nicht selten in der Praxis, aber, abgesehen von einer beliebten Kontroverse, bisher nur wenig in Klausuren tritt die Frage auf, ob dann, wenn Eigentümer und persönlicher Schuldner nicht identisch sind und wenn einer der beiden an den Gläubiger gezahlt hat, der Zahlende gegen den anderen einen Rückgriff hat. Derartige Ansprüche ergeben sich in erster Linie aus dem Innenverhältnis zwischen Eigentümer und persönlichem Schuldner. 1. Rückgriffsrechte des Eigentümers gegen den persönlichen Schuldner (falls der Eigentümer an den Gläubiger zur Abwendung der Zwangsvollstreckung gezahlt hat): 1. Hauptfälle 1. Sehr häufig ein Geschäftsbesorgungsvertrag oder Auftrag,... § 670. Dieser ist überhaupt der wichtigste, dazu noch der einfachste Fall. Wildschweinwald. Siegfried will bei der Bank Grün einen Kredit über 500 000,- Euro aufnehmen, um sich eine Zahnarztpraxis einzurichten. Siegfrieds Vater, Emil, ist Eigentümer des Wildschweinwaldes. S und E vereinbaren in einem Immo_R_Stud_Skript_01_WS04(04Jul30).doc Grundstücksrecht 61 Auftragsvertrag, dass E an seinem Grundstück zu Gunsten der Bank G eine Hypothek zur Sicherung des Rückzahlungsanspruchs der G gegen S bestellt. Sie vereinbaren weiter, dass S dem E sämtliche Leistungen und Kosten, die im Zusammenhang mit der Hypothek entstehen werden, erstatten werde. Hypothekenbestellung und Darlehensauszahlung erfolgen in wirksamer Weise. Da S den Kredit nicht zurückzahlt, zahlt E an G, um die Zwangsvollstreckung in sein Grundstück zu vermeiden. Welche Rechte hat E gegen S? 2. Grundstückskaufvertrag in der besonderen Ausgestaltung: Das von V an K verkaufte Grundstück ist mit einer Hypothek zu Gunsten des G belastet, persönlicher Schuldner ist der Eigentümer und Verkäufer. Der Käufer erklärte sich mit dem Bestehenbleiben der Belastung einverstanden. Der Verkäufer erklärte sich gegenüber dem Käufer zur Erfüllung der persönlichen Schuld verpflichtet. Im Vertrauen auf diese Zusage zahlte der Käufer den vollen Kaufpreis, obwohl er Grundstück mit Hypothek übernahm. Wenn aber tatsächlich der Käufer und damit Eigentümer die Zahlung an den Gläubiger leistet, hat natürlich der Käufer=Eigentümer auf Grund der Vertragsabrede einen Rückgriffsanspruch gegen den Verkäufer=persönlicher Schuldner. 2. Wenn Eigentümer zahlt, 1. geht Forderung von G gegen Schuldner auf ihn über, § 1143 (wie bei Bürgschaft, § 774 I 1). Genauer: wenn Eigentümer als solcher (§ 1142) zahlt, dann cessio legis nach § 1143 I 1. Das Gesetz verlangt nicht ausdrücklich, dass Eigentümer bereits ein Regressrecht gegen den Schuldner hat; aber wenn E kein Regressrecht gegen S hat, kann er nicht auf Grund § 1143 Zahlung verlangen (s. u.). § 1143 regelt nur persönliche Forderung/Schuld (Regelung des dinglichen Rechts in §§ 1153, 1177). 2. Außerdem geht Hypothek auf den E selbst über, § 1153 I, 1177 II, also wie bei Regressrecht des persönlichen Schuldners, aber hier zunächst als Eigentümerhypothek, nach Zahlung durch Schuldner als Eigentümergrundschuld, § 1177 (doch nützt dem E die Hypothek ja nichts gegenüber dem S). 3. 2. Außerdem hat E das ursprüngliche Rückgriffsrecht gegen S, z. B. aus entgeltlicher Geschäftsbesorgung, §§ 675, 670. Rückgriffsrechte des persönlichen Schuldners gegen den Eigentümer (falls der persönliche Schuldner an den Gläubiger gezahlt hat). Derartige Fälle dürften seltener sein. 1. Hauptfall Typischerweise der Grundstückskaufvertrag in einer anderen Ausgestaltung: Das von V an K verkaufte Grundstück ist mit einer Hypothek zu Gunsten des G belastet, persönlicher Schuldner ist der Eigentümer und Verkäufer. Auch diesmal bleibt einverständlich die Hypothek auf dem verkauften Grundstück ruhen. Aber diesmal verpflichtete sich im Innenverhältnis (V – K) der Käufer=(neuer) Eigentümer gegenüber dem Verkäufer zur Zahlung an den Gläubiger, während der Verkäufer aber persönlicher Schuldner des G bleibt (meistens, weil G die Schuldübernahme durch K nicht genehmigt hatte, vgl. § 415); wohingegen der K auch nur einen entsprechend geringeren Kaufpreis an den V ausbezahlt hatte. Wenn jetzt, entgegen der Abrede, der Verkäufer=persönliche Schuldner an den G zahlt, hat diesmal natürlich V auf Grund der Vertragsabrede einen Rückgriffsanspruch gegen den Käufer=Eigentümer 2. Wenn persönlicher Schuldner zahlt und wenn S Regress gegen Eigentümer hat, 1. erlischt die ursprünglich gesicherte Forderung G - S, § 362, sie geht also nicht auf S über, 2. aber Hypothek geht auf Schuldner über, § 1164 (gesetzlicher Rechtsübergang; entgegen § 1163 I 2 nicht etwa Eigentümerhypothek oder –grundschuld), zur Sicherung des Regressrechts des Schuldners gegenüber Eigentümer, (gesetzliche Forderungsauswechslung; und hier ist der vom Gesetz angeordnete Hypothekenübergang wirklich von Nutzen gegenüber dem Anspruchsgegner). 3. Außerdem hat S das ursprüngliche Rückgriffsrecht gegen E, z. B. aus Verletzung des Kaufvertrages, Geschäftsbesorgung, Auftrag, Bereicherung. 3. Wenn Dritter zahlt, um dingliches Recht oder Besitz am Grundstück zu behalten, gehen Forderung, §§ 268 III, und Hypothek, § 1153 I, auf ihn über. Hauptfälle: 22. August 2011 Prof. Dr. H.-P. Benöhr 62 1. Inhaber eines nachrangigen dinglichen Rechts, dessen Recht durch Zwangsvollstreckung eines vorrangigen Rechts erlischt, §§ 91, 52 I 2, 44 ZVG; 2. Grundstücksmieter und -Pächter wegen Kündigungsrecht nach § 57 a ZVG. Aber kein gutgläubiger Erwerb des D, da kein rechtsgeschäftlicher Forderungserwerb (BGH, str.). 4. Beliebtes Klausurthema: Ausgleich mehrerer Sicherungsgeber, falls diese nicht die persönlichen (Haupt-)-Schuldner sind. Werkhof. S hat zur Tilgung seiner Geschäftsschulden ein Darlehen bei der Bank G aufgenommen. Zur Sicherung hat E an seinem Grundstück, dem Werkhof, eine Hypothek bestellt, und zur Sicherung desselben Darlehens hat B die Bürgschaft übernommen. S zahlt nicht. G wendet sich an E, E zahlt. Hat E Regress gegen S und/oder gegen B, gegebenenfalls in welcher Höhe? 1. Grundsätzlich Übergang der gesicherten Forderung auf Eigentümer, § 1143 I 1, das Gleiche gilt für Bürgen, § 774 I 1. 2. Mit der Forderung gehen die akzessorischen Sicherungsrechte über, §§ 412, 401, also Hypothek und/oder Bürgschaftsanspruch, und zwar nach dem Gesetzeswortlaut Übergang der Forderung und der Sicherungsrechte in voller Höhe. 3. Ergebnis 1. Das würde bedeuten: „Wer zuerst kommt, mahlt zuerst“, 1. wenn also z. B. der Eigentümer zuerst zahlt, geht Forderung mit Bürgensicherung auf E über. D. h. E hat 1. gegen S die Forderung, welche ursprünglich dem G zustand, 2. außerdem gegen Bürgen B volle Bürgschaftsforderung, §§ 1143 I, 412, 401 (nur zur Ergänzung: 3. außerdem hat E wahrscheinlich auf Grund Innenverhältnisses weiteren Anspruch gegen S, 4. die Hypothek selbst wird Eigentümerhypothek.). 2. Würde, umgekehrt, B zuerst zahlen, hätte B 1. gegen S die Forderung, welche ursprünglich dem G zustand, 2. außerdem in vollem Umfang Hypothek am Grundstück des E, §§ 774 I 1, 412, 401 (zur Ergänzung: außerdem hat B wahrscheinlich auf Grund Innenverhältnisses weiteren Anspruch gegen S). Also: „Wettlauf der Sicherungsgeber“ (zur Bezahlung des Gläubigers)? Oder vielleicht stattdessen Privilegierung des Bürgen? 2. Aber Gedanke aus §§ 774 II, 426: 1. Mehrere Sicherungsgeber bilden zwar keine vertragliche Gesamtschuldnergemeinschaft. 2. 5. Jedoch allgemeiner Rechtsgedanke, dass mehrere auf gleicher Stufe stehende Sicherungsgeber entsprechend § 426 I zu gleichen Teilen regresspflichtig sind(jetzt ü. M.). Wenn Eigentümer oder Schuldner oder Dritter zahlt und keinen Regress hat, 1. erlischt Forderung, § 362 I, und es entsteht Eigentümergrundschuld, §§ 1163 I 2, 1177. 2. § 1143 I 1 ordnet ohne ausdrückliche Einschränkung den Forderungsübergang auf den Eigentümer an. Immo_R_Stud_Skript_01_WS04(04Jul30).doc Grundstücksrecht 63 Doch muss § 1143 in dem Sinne verstanden werden, dass E im Ergebnis die auf ihn übergegangene Forderung gegen S nicht durchsetzen kann, wenn E selbst dem S gegenüber zur Tilgung der Forderung verpflichtet war, entweder infolge teleologischer Reduktion des § 1143, 3. - oder weil dann, wenn Eigentümer in Verpflichtung gegenüber Schuldner zahlt, E gemäß § 362 (und nicht gemäß § 1142) gezahlt hat, so dass persönliche Forderung erloschen ist und nicht übergehen konnte (und lediglich Eigentümergrundschuld entstanden ist, §§ 1163 I 2, 1177), - oder §§ 1143 I 2, 774 I 3: Einwendungen des S gegenüber E (hier: kein Regress E gegen S). Bei Zahlung ohne Verpflichtung oder besondere Berechtigung sind Erstattungsansprüche vor allem auf Grund Geschäftsführung ohne Auftrag oder ungerechtfertigter Bereicherung zu erwägen. Kapitel 3. Zwangsvollstreckung des Gläubigers, Verteidigung des Eigentümers Die Frage ist eigentlich naheliegend: Wie setzt der Gläubiger sein Recht gegenüber dem Eigentümer durch? Hierfür finden sich die Regeln in der ZPO und im ZVG. 1. Waldacker. G hat Forderung in Höhe von 100 000,- Euro gegen S. Zur Sicherung hat G Hypothek am Waldacker des E. Forderung und Hypothek sind fällig. Kann G von E Zahlung verlangen? Wie muss G vorgehen? 2. §§ 1147, 1192 I BGB. Einzelheiten geregelt in ZPO und ZVG. 3. In den drei Definitionen der §§ 1113, 1191 und 1199 sowie in § 1147 heißt es, die Geldsumme sei "aus dem Grundstück zu zahlen“. Was bedeutet diese Bestimmung? 1. Kein Anspruch des Gläubigers gegen Eigentümer auf Zahlung. Gläubiger hat Zahlungsanspruch nur gegen persönlichen Schuldner, auch wenn dieser mit Eigentümer identisch ist, für Verhältnis zum persönlichen Schuldner aber nicht maßgebend Hypothekenrecht und ZVG. 2. Sondern Gläubiger hat nur das Recht, dass notfalls das Grundstück und mithaftende Gegenstände zwangsversteigert werden, § 1147, und dass er aus dem Erlös Zahlung erhält, falls der Erlös soweit ausreicht. Daher Anspruch bzw. Klage auf Duldung der Zwangsvollstreckung. 4. Unwiderlegbare Vermutung für das Eigentum des Eingetragenen, § 1148, Hypothekar muss daher Duldungsklage gegen Eingetragenen richten. 5. Voraussetzungen für jede Zwangsvollstreckung (auch unabhängig von Sachenrecht) sind schlagwortartig: 1. (Vollstreckungs-)-Titel (§ 704 oder § 794) 2. (Vollstreckungs-)-Klausel (§§ 724 ff. ZPO) 3. Zustellung (nämlich des Titels, § 750 ZPO). 6. Wichtig für Klausur ist Vollstreckungstitel, (denn ohne „Titel“ ist Zwangsvollstreckung in Grundstück nicht möglich), 1. vor allem Urteile. 2. Außerdem vollstreckbare Urkunde, lesen Sie § 794 1 Nr.5 ZPO; dazu §§ 795, 797 ff. ZPO; insbesondere notarielle Urkunden, s. auch § 800 ZPO; in der Praxis außerordentlich wichtig für Hypotheken und Grundschulden. Vorteil für G: Klage des G gegen E auf Duldung der Zwangsvollstreckung ist überflüssig. Dagegen: Vollstreckungsabwehrklage des E gegen G, § 767 I ZPO. 7. Lösungsansatz für Klausur mit vollstreckbarer Urkunde des G, § 794 Nr. 5 ZPO: G hat angeblich Hypothek am Grundstück des E. E hat sich in einer Urkunde nach § 794 Nr. 5 ZPO der sofortigen Zwangsvollstreckung unterworfen. Jetzt betreibt G die Zwangsvollstreckung. 22. August 2011 Prof. Dr. H.-P. Benöhr 64 Wie macht nun E geltend, dass die Hypothek gar nicht dem G zusteht oder dass E gegen die Geltendmachung der Hypothek Einreden hat? Eine Klage des G auf Duldung der Zwangsvollstreckung gegen E ist überflüssig, weil ja G bereits eine vollstreckbare Urkunde in Händen hat. E kann also seine Einwendungen oder Einreden nicht als Verteidigung gegen die Klage des G geltendmachen. Hier steht dem E die Vollstreckungsabwehrklage gegen G zur Verfügung, §§ 794 I Nr. 5, 795, 767 I ZPO, mit dem Klagantrag, „die Zwangsvollstreckung aus der Urkunde für unzulässig zu erklären“. Die Parteirollen werden damit gewissermaßen umgekehrt: Nach § 767 ZPO klagt der Eigentümer gegen den (angeblichen) Gläubiger, um seine Gegenrechte geltend zu machen, (nach § 1147 BGB klagt der (angebliche) Gläubiger gegen den Eigentümer um seine Hypothek geltend zu machen). „E kann gegen G die Vollstreckungsabwehrklage gemäß §§ 794 I Nr. 5, 795, 767 I ZPO erheben, mit dem Antrag‚ die Zwangsvollstreckung aus der Urkunde für unzulässig zu erklären’, weil G nicht Inhaber der Hypothek ist oder weil der Geltendmachung der Hypothek Einreden entgegenstehen“. 8. Formen der Verwertung 1. Zwangsversteigerung, § 15 ff. ZVG 2. 3. Zwangsverwaltung, §§ 146 ff. ZVG zu anderen Zwecken Sicherungshypothek, § 866 ZPO. 4. Einzelzwangsvollstreckung, § 765, durch Pfändung und Verwertung in 1. mithaftende Forderungen, §§ 828 ff. ZPO, oder 2. Erzeugnisse, § 808 ff. ZPO, aber nie Einzel-Zwangsvollstreckung in Zubehör, § 865 II 1 ZPO. 9. Das Zwangsversteigerungsgesetz, ZVG, betrifft (trotz dem weiten Titel) nur die Zwangsversteigerung und Zwangsverwaltung von Grundstücken, hierauf verweist § 869 ZPO! 10. Kurzbeschreibung des Vorgehens nach dem ZVG: Auf Antrag eines Gläubigers ordnet das Gericht die Versteigerung des haftenden Grundstücks an und bestimmt einen Versteigerungstermin. In diesem Termin wird das Grundstück versteigert und dem Meistbietenden durch Zuschlagsbeschluss des Gerichts übereignet. Der erzielte Versteigerungserlös wird dann in einem besonderen Verteilungstermin an den betreibenden Gläubiger und die übrigen Berechtigten ausgezahlt. 11. Der Beschluss, durch den die Versteigerung des haftenden Grundstücks angeordnet wird, 1. gilt als Beschlagnahme, § 20 I ZVG, 2. und umfasst im Wesentlichen 1. das Grundstück selbst und 2. die mithaftenden Gegenstände, nämlich Zubehör des Grundstückseigentümers, Erzeugnisse, Bestandteile, Miet- und Pachtzinsforderungen, § 20 II ZVG, § 1120 ff. 3. „Die Beschlagnahme hat die Wirkung eines Veräußerungsverbotes“, §§ 23 I 1 ZVG, §§ 136, 135 BGB, allerdings mit Ausnahmen in Satz 2 des § 23 I ZVG. Aber nur relatives Veräußerungsverbot. 12. Im Grundbuch wird die Anordnung der Zwangsversteigerung eingetragen, der sogenannte "Versteigerungsvermerk“. Damit Verhinderung gutgläubigen Erwerbs. 13. Bei Insolvenz des Grundstückseigentümers, Recht des Gläubigers auf abgesonderte Befriedigung, §§ 49, 52 f. InsO. Kapitel 4. Rang Wenn ein Grundstück mit mehreren dinglichen Rechten belastet ist und wenn diese Rechte irgendwie mit einander kollidieren, stellt sich die Frage, welche Rechte vorgehen, welche zurücktreten sollen. Diese Frage stellt sich besonders dringend im Fall der Zwangsversteigerung, aber auch in anderen Fällen. Entscheidend ist der Rang der Rechte. Die wichtigsten Fragen sind natürlich, wonach sich der Rang eines Rechts bestimmt und welche Bedeutung der Rang im einzelnen hat. Demgegenüber ist das berühmte Problem, welche Rechte der Benachteiligte nach der Eintragung eines falschen Rangs hat, im wörtlichen Sinne eher von akademischem Wert. Immo_R_Stud_Skript_01_WS04(04Jul30).doc Grundstücksrecht 65 1. Auf dem Grundstück des E ruhen vier Hypotheken: zu Gunsten des A über 100 000,- €, des B über 90 000,- €, des C über 80 000,-€ und des D über 70 000,-€. C betreibt die Zwangsversteigerung. Den Zuschlag erhält X. Nach den Kosten bleibt ein Erlös von 170 000,-€. Wie wird der Erlös verteilt, was geschieht mit den eingetragenen Rechten? 2. Welche Rechte sollen vorgehen, welche sollen zurücktreten, wenn ein Grundstück mit mehreren Rechten belastet ist, und wenn die Rechte mit einander kollidieren? Die Kollision kann sich unter gleichartigen Rechten, die also in derselben Abteilung des Grundbuchs eingetragen sein müssen, ergeben, z. B. zwischen einer Grunddienstbarkeit (lesen: § 1018) einerseits und dem Nießbrauch (lesen: 1030) andererseits, wie auch unter ganz unterschiedlichen Rechten, die in verschiedenen Abteilungen eingetragen sind, z. B. zwischen einem dinglichen Vorkaufsrecht (§ 1094), einzutragen in Abteilung 2, und einer Hypothek, einzutragen in Abteilung 3. 3. Die Antwort liefert das Rangprinzip. Das Rangprinzip gehört zu den Prinzipien des Sachenrechts (während im Schuldrecht weitgehend die einfache zeitliche Priorität des Zugriffs eines der Gläubiger entscheidet). Nach § 879 besteht ein „Rangverhältnis unter mehreren Rechten, mit denen ein Grundstück belastet ist“. 4. Wonach bestimmt sich der Rang? Maßgebend in erster Linie das BGB, §§ 879 ff. 1. § 879 BGB 1. In derselben Abteilung des Grundbuchs: 1. örtliche ,,Reihenfolge der Eintragung“ in dem Grundbuch, sog. ,,Locus-Prinzip“. 2. Wonach bestimmt sich Reihenfolge? Nach Eingang der Anträge bei Grundbuchamt, §§ 17, 45 GBO, „Tempus-Prinzip“, 2. In verschiedenen Abteilungen: nach der ,,Angabe“ des Tages im Grundbuch; am selben Tag: gleicher Rang. 2. Abweichende Bestimmungen, Rangänderung und Rangvorbehalt möglich, §§ 879 - 881. 3. Erlischt vorrangiges Recht, rücken nachrangige vor. 4. Eigentümerhypothek oder Eigentümergrundschuld behalten ihren Rang, können also den Grundpfandrechten eines ,,fremden“ Gläubigers vorgehen. 5. Persönliche Gläubiger stehen im Rang hinter den Inhabern dinglicher Rechte. 6. Eigentum ist nicht rangfähig, es steht gewissermaßen am letzten Rang. 5. Bedeutung des Rangs in der Zwangsvollstreckung. Maßgebend in erster Linie das ZVG, §§ 44 ff. 1. Grundstücksrechte, die im Rang dem Recht des betreibenden Gläubigers vorgehen, 1. müssten eigentlich vorrangig befriedigt werden; aber aus Gründen der wirtschaftlichen Praktikabilität bleiben sie bei der Zwangsversteigerung erhalten, sie fallen in das ,,geringste Gebot“, §§ 44 I, 52 I ZVG; sie werden weiterhin das Grundstück belasten, wenn es dem Erwerber zugeschlagen ist. Sie werden vom Erwerber des Grundstücks übernommen. 2. Insofern rangwahrende Wirkung haben auch „Rechte, die durch Eintragung eines Widerspruchs oder einer Vormerkung gesichert sind“, § 48 ZVG. 3. Der Ersteher braucht darum bei der Versteigerung nur um so weniger bar zu bezahlen, §§ 44 I, 49 I, 52 I 1 ZVG. 4. Wird bei der Versteigerung kein Gebot in der Höhe des „geringsten Gebots“ abgegeben, d. h. in Höhe der vorangehenden Rechte und der Kosten (genauer: Legaldefinition § 44 ZVG), dann würde der betreibenden Gläubiger bei der Versteigerung leer ausgehen, die Versteigerung wäre für ihn sinnlos und würde allein dem Eigentümer Schaden bringen, deswegen wird dann das Verfahren einstweilen eingestellt oder aufgehoben, § 77; s. auch § 44 I. 2. Mit dem Zuschlag in der Versteigerung erlischt das Grundpfandrecht des betreibenden Gläubigers. Er wird aus dem Versteigerungserlös befriedigt, soweit der Erlös reicht. 3. Die nachrangigen Rechte 1. erlöschen ebenfalls mit dem Zuschlag in der Zwangsversteigerung, §§ 52 I 2, 91 I ZVG; 2. sie werden ebenfalls aus dem Erlös befriedigt, § 105 ff. ZVG, soweit der Erlös reicht, 3. und zwar in der Reihenfolge ihres Ranges, § 11 I ZVG. 4. Inhaber von Rechten, die durch den Zuschlag erloschen sind und für die der Erlös nicht ausreicht, gehen hinsichtlich ihres Grundstücksrechts endgültig leer aus, behalten aber ihre persönliche Forderung gegen ihren Schuldner. 6. Deswegen ist ein Recht um so riskanter, je schlechter sein Rang ist, wegen des höheren Risikos sind die Zinsen um so höher. 7. Können vor- oder nachrangige Rechtsinhaber etwas gegen Zwangsvollstreckung eines Berechtigten unternehmen? 1. Am einfachsten, sie befriedigen diesen, §§ 1150, 268 2. oder kaufen diesem sein Recht ab, §§ 1153 f. 8. Unzutreffende Rangeintragung (Klausurfall) Hier sind verschiedene Fälle und Lösungen zu unterscheiden, auch wenn wir nur den Fall der Hypotheken und Grundschulden nehmen: 1. Zeitlich falsche Behandlung durch Grundbuchamt, es behandelt zuerst den spätere Antrag des B und erst danach der früheren Antrag des A. 22. August 2011 Prof. Dr. H.-P. Benöhr 66 Rechte des A? Fichtenwald: Eigentümer E des „Fichtenwaldes“ bewilligt an seinem Grundstück dem A eine Hypothek über 80 000,- Euro, zu 4,5 % Zinsen, und stellt den Eintragungsantrag am 2. Januar. Darauf bewilligt E dem B eine Hypothek über 60 000,- Euro, zu 6 % Zinsen und stellt den Eintragungsantrag am 3. Februar. Im Grundbuch wird versehentlich zuerst die Hypothek des B und dann die des A eingetragen. Verletzung des Tempus-Prinzips, § 17 GBO. Aber nur Ordnungsvorschrift, Reihenfolge der Eintragungen ist maßgebend, § 879 I 1 BGB. 1. Also geht B dem A im Rang vor (unstr.). 2. Das Grundbuch ist nicht unrichtig, also kein Berichtigungsanspruch oder Widerspruchsrecht des A. 3. Bereicherung des B „in sonstiger Weise“? Str. 1. B hat eine günstige Rechtsposition erlangt. Auf Kosten des A? A hatte eine rechtlich gesicherte Rangaussicht. Ohne rechtlichen Grund (Gerhardt, Baur, Westermann, Westermann). Also Bereicherungsanspruch gegeben. 2. Dagegen ist zu sagen, dass A noch keine geschützte Rechtsstellung hatte und dass § 879 im Interesse des Rechtsverkehrs eine abschließende Regelung und damit die rechtfertigende Causa enthalte (BGH, MK). Also kein Bereicherungsanspruch. Aber Amtshaftungsanspruch des A gegen Grundbuchamt, § 839. 9. Betreibt ein Gläubiger auf Grund eines persönlichen (nicht dinglichen) Titels die Zwangsvollstreckung in das Grundstück, dann steht er an letzter Stelle. Kapitel 5. Haftungsgegenstände Erstens ist es für den Kreditgeber einerseits, die anderen Gläubiger und den Eigentümer andererseits wichtig, Klarheit darüber zu haben, welche Gegenstände von der Hypothek oder Grundschuld erfasst sind. Gesetzesziel ist es, die wirtschaftliche Einheit auch als rechtliche Einheit anzuerkennen, um für den Kreditbedürftigen, den Kreditgeber, den Erwerber in der Zwangsverwertung und in volkswirtschaftlichem Allgemeininteresse diejenigen Gegenstände zusammenzuhalten, die zusammengehören. Die neben dem eigentlichen Grundstück mithaftenden Gegenstände machen nicht selten 50 % des Sicherungswertes aus. Zweitens liegen hier reizvolle Probleme der Rechtsprechung und Prüfung. 1. Neuland I. G hat Hypothek an dem Grundstück „Neuland“ des E in Höhe von 50 000,- Euro zur Sicherung einer Forderung des G gegen S. Auf dem Grundstück des E befinden sich eine barocke gemauerte Einfahrt, 2 Vergnügungsboote auf dem auf dem Grundstück „Neuland“ befindlichen Teich und eine Zinnsoldatensammlung. G fragt, ob und bejahendenfalls wie er auf Grund seiner Hypothek auf diese Gegenstände zugreifen kann. 2. In den drei Definitionen der §§ 1113, 1191 und 1199 sowie in § 1147 heißt es, die Geldsumme sei "aus dem Grundstück zu zahlen“. Was bedeutet diese Bestimmung? Dem Grundpfandgläubiger haften nur das Grundstück selbst und bestimmte andere Gegenstände. Kein Anspruch G auf Befriedigung aus dem sonstigen Vermögen des Belasteten. 3. Gesamthypothek, Gesamtgrundschuld als ein Recht an mehreren Grundstücken möglich, §§ 1132, 1172 - 1176. 4. Im allgemeinen haften 1. das belastete Grundstück selbst und 2. selbstverständlich die wesentlichen Bestandteile, §§ 93 - 96, dazu 3. Erzeugnisse und getrennte Bestandteile, wie Vieh und Getreide auf Bauernhof, 4. Zubehör im Eigentum des Belasteten, analog Anwartschaftsrechte auf Eigentumserwerb an Zubehör, 5. Miet- und Pachtzins, 6. Versicherungsforderungen; Beispiel: Hypothek auf Grundstück, Gebäude brennt, ist aber versichert. Immo_R_Stud_Skript_01_WS04(04Jul30).doc Grundstücksrecht 5. 67 Aufsätze und Fälle Eckardt, Jura 1997, 439; W. Harms/ R. Ahorn, Sachen, Bestandteile, Zubehör, in: Jura 1982, 404 – 418. Kapitel 6. Wesentliche Bestandteile Was sind „wesentliche Bestandteile“? Wem gehören sie? Welche Rechte hat an ihnen ein Hypothekengläubiger? 1. Neuland II. G hat Hypothek an dem Grundstück „Neuland“ des E in Höhe von 50 000,- Euro zur Sicherung einer Forderung des G gegen S. Auf dem Grundstück des E befindet sich u. a. eine barocke gemauerte Einfahrt. G fragt, ob und bejahendenfalls wie er auf Grund seiner Hypothek auf diese Gegenstände zugreifen kann. 2. Am wichtigsten §§ 946, 93 - 95, 951. 3. „Bestandteile“ sind „Teile einer zusammengesetzten Sache“. 4. „Wesentliche“ Bestandteile, Legaldefinition § 93 Es kommt nur darauf an, ob einer der Sachteile zerstört werden würde etc. Es ist unerheblich, ob die ganze Sache zerstört wird etc. oder ob ein Bestandteil für die ganze Sache besonders wichtig ist. 5. Wichtig ist die Erweiterung des § 93 durch § 94 1. § 94 I, feste Verbindung, s. Gesetz; z. B. Einfriedigungsmauern, Fertighaus. 2. § 94 II, auch wenn Verbindung nicht fest: alle Teile, ohne die ein Gebäude noch nicht fertiggestellt ist; nach Beschaffenheit und Zweck; Verkehrsanschauung entscheidet, z. B. Waschbecken, Fenster, Türen, Fahrstuhl, Heizkessel, Gewächshaus, Beleuchtungsanlagen. Weitere Beispiele, aber Vorsicht, immer auf Definition und Einzelfall achten: Antenne, Be- und Entlüftungsanlage in Gaststätte; Kies auf Parkfläche. 6. Eingefügt durch Realakt. „Der Realakt ist eine Handlung, an die die Rechtsordnung Rechtsfolgen knüpft, unabhängig vom Willen des Handelnden“. Im Unterschied zum Realakt: die Willenserklärung. 7. Rechtsfolgen bei Verbindung als wesentlicher Bestandteil mit Grundstück, §§ 93, 946 1. Der bisherige Eigentümer verliert sein Eigentum, Wichtig bei Verkauf unter Eigentumsvorbehalt. 2. Eigentümer des Grundstücks wird Eigentümer 3. Ausgleichsansprüche des bisherigen Sacheigentümers kommen gegen dessen Vertragspartner, gegen einen Dritten oder gegen den Grundstückseigentümer in Betracht. Zu prüfen u. a. 1. Vertraglich geregelter Ausgleich, 2. Schadenersatz (dazu § 951 II) 1. Vertrags-Verletzung wie Unmöglichkeit der Herausgabe, positive Forderungsverletzung, 2. §§ 987 ff., 3. Eigentumsverletzung, § 823 I, 3. § 951 I 1, zwecks Ausgleich für den Rechtsverlust infolge Verbindung Rechts-grund-verweisung auf §§ 812 ff. 4. Wegnahmerecht, s. § 950 II. 5. Zweitgarage. Bauunternehmer Stehl soll Eigen auf dessen Villengrundstück eine Zweitgarage aus Fertigteilen errichten, Stehl entwendet das Material von einer Großbaustelle und baut daraus die Garage. Krause, der Eigentümer des Baumaterials, will die Garage wieder „abholen“. Kann Krause die Fertigteile nach § 985 von Eigen herausverlangen? 8. Hypothek erstreckt sich ohne weiteres auf alle wesentlichen Grundstücksbestandteile. 9. Keine Zwangsvollstreckung allein in wesentlichen Grundstücksbestandteil, weder durch Hypothekengläubiger, noch durch andere Gläubiger; sondern nur Zwangsvollstreckung in Grundstück selbst, diese erfasst auch wesentlichen Bestandteil. 10. Wichtige Einschränkung der §§ 93 f. durch § 95: Scheinbestandteile. 22. August 2011 Prof. Dr. H.-P. Benöhr 68 Scheinbestandteil ist kein wesentlicher Bestandteil. Scheinbestandteil kann sogar fest mit dem Boden verbunden sein. Dazu muss Sache gemäß § 95 1. Satz 1: entweder nur zu vorübergehenden Zweck nach erkennbarem Willen des Einfügenden eingefügt sein; z. B. Baugerüste; Bäume in Baumschule; Kinderschaukel; meistens Einfügungen durch Mieter oder Pächter; Gartenhaus auf Pachtgrundstück; aber auch Massivgebäude, Fabrik, Tankstelle, wenn nach Ablauf etwa der Miet- oder Pachtzeit abgebrochen werden soll. Holzhaus. Pächter P baute auf dem Grundstück des Verpächters E ein Holzhaus. E verkaufte und übereignete das Grundstück an K. Ist K Eigentümer des Holzhauses? § 95 I kein Eigentumserwerb des E; kein Eigentumserwerb des K nach § 892 oder 932. 2. Oder nach Satz 2 kraft dinglichen Rechts, d. h. „in Ausübung eines Rechts“ an einem fremden Grundstück . 3. Vom Gesetzgeber gewollter Unterschied in Rechtsfolgen hinsichtlich der gleichen Sachen (z. B. Einbauküche), je nachdem ob 1. Mieter, dann Scheinbestandteil, dann Eigentum des Mieters, 2. oder ob Einbau durch Grundstückseigentümer, dann wesentlicher Bestandteil, zwar Eigentum des Grundeigentümers, aber Untergang von Vorbehaltseigentum, keine Möglichkeit für Sicherungseigentum. Folge: Vorrang der Grundpfandgläubiger. 4. Wenn Sache nicht Eigentum des Grundstückseigentümers wird, dann können Vorbehalts- oder Sicherungseigentum wegen Forderungen Dritter gegen Mieter, sowie Vermieterpfandrecht des Vermieters=Grundstückseigentümers in Betracht kommen, § 562. 5. Lagerhalle. M hat das Grundstück des E als Lagerplatz gemietet. E hat ihm gestattet, darauf für die Dauer der Mietzeit von zunächst 10 Jahren eine Lagerhalle zu errichten. Nach Beendigung des Mietvertrags ist M zur Beseitigung der Halle verpflichtet. Nachdem M die Halle errichtet hat, behauptet E, sie gehöre ihm, weil er Grundstückseigentümer sei. M verneint dies. Wer hat Recht? 11. Rechtsprechung: BGH NJW-RR 1991, 343. 12. Rhododendron. Die Klägerin K mietete 1964 auf unbestimmte Zeit eine Parterrewohnung. Sie hatte nach dem Mietvertrag das Recht, den Garten ebenso wie die anderen Hausbewohner zu benutzen. Der Mietvertrag bestimmte weiter, dass Einrichtungen und Anlagen beim Auszug kostenlos zurückzulassen seien. In dem allgemein zugänglichen Garten pflanzte die K noch 1964 zwei Rhododendronsträucher ein. Der Beklagte ist Eigentümer und Bewohner einer Wohnung im Kellergeschoss desselben Hauses. Er beschnitt die beiden Rhododendronsträucher im Jahre 1996, weil er meinte, sie nähmen seiner Wohnung zuviel Licht weg. Die K behauptete, dadurch seien die Sträucher völlig zerstört und verlangt als Schadenersatz den Preis für gleich große neue Sträucher, nämlich 25.000,- DM. (Düsseldorf, NJW-RR 1999, 160) Kapitel 7. Haftung des Zubehörs Hier soll gezeigt werden: Was ist Zubehör, unter welchen Voraussetzungen unterliegt es der hypothekarischen Haftung und wie verträgt sich die Hypothekenhaftung mit Sicherungsübereignung oder Eigentumsvorbehalt? Nicht zuletzt sollte man sich in diesem Zusammenhang die beschränkte Bedeutung der „Haftung“ klar machen. 1. Neuland III. G hat Hypothek an dem Grundstück „Neuland“ des E in Höhe von 50 000,- Euro zur Sicherung einer Forderung des G gegen S. Auf dem Grundstück des E befinden sich zwei Vergnügungsboote auf dem auf dem Grundstück „Neuland“ befindlichen Teich. G fragt, ob und bejahendenfalls wie er auf Grund seiner Hypothek auf diese Gegenstände zugreifen kann. 2. Legaldefinition des Zubehörs § 97, nicht auswendig lernen. Zubehör ist eine Sache, 1. bestimmt, dem wirtschaftlichen Zweck der Hauptsache zu dienen, wichtig in der Praxis: Hauptsache ist das Grundstück; Zubehör sind dann insbesondere Maschinen (sofern nicht wesentlich Bestandteile) auf Fabrikgrundstück (so ausdrücklich § 98), oder Einrichtung für Gastwirtschaft; Büroeinrichtung in Bürohaus, Apothekeneinrichtung auf Apothekengrundstück, Alarmanlage eines Hauses, Baumaterial auf Baugrundstück, Kohlen- oder Ölvorräte zum Heizen, Zahnpressformen, wenn Grundstückseigentümer ein Dentaltechniklabor betreibt; 2. für die Dauer, schon deswegen nicht: Vorräte an Waren und Erzeugnissen, die zum Verkauf bestimmt sind, oder Rohmaterialien, die nach Be- oder Verarbeitung verkauft werden sollen. 3. räumliche Beziehung zur Hauptsache, aber weit ausgedehnt, Beispiele: Baugerät, das sich auf dem Grundstück selbst eines Baugeschäfts (nicht auf einem anderen Lagerplatz und wohl auch nicht auf Baugrundstück) befindet; Gondeln und Schwäne auf gepachtetem See zum Gasthaus; Anschlussgleis auf einem Bahngelände zur Fabrik; Leitungsnetz über Land für Gas, Wasser und Elektro; Förderbagger für Kieswerk, auch wenn immer Immo_R_Stud_Skript_01_WS04(04Jul30).doc Grundstücksrecht 69 außerhalb eingesetzt. 4. Muss aber von der Hauptsache getrennt oder trennbar sein, darf nicht Bestandteil sein, d. h., wenn eine Sache von der Hauptsache nicht getrennt werden kann, § 93, dann ist sie Bestandteil und nicht Zubehör. Faustregel: weiter Zubehör-Begriff. 3. Neben der Legaldefinition, § 97, liefert das Gesetz selbst in § 98 eine Erläuterung. 4. Zu differenzieren bei dem praktisch wichtigen Fall der LKW: 1. wenn bloß dienend, so meistens, dann Zubehör, 2. wenn hingegen LKW gerade das Wichtigste, wie bei Spedition, dann kein Zubehör (BGHZ 85, 234), hingegen Fahrzeuge bei Autovermietung als Zubehör bejaht (Eckardt, Jura 1997, 439), 3. wenn Verkaufsobjekt, sowieso kein Zubehör. 4. Außerdem Frage des Eigentums oder Anwartschaftsrechts. 5. Rechtliche Bedeutung des Zubehörs 1. Zwar Gegenstand besonderer Rechte und Rechtsgeschäfte, d. h., 1. Eigentümer der Hauptsache ist nicht notwendig Eigentümer der Zubehörsache, 2. 2. 6. das ist der entscheidende rechtliche Unterschied zum wesentlichen Bestandteil, §§ 93 ff.; keine Bedenken gegen schuldrechtliche Verträge über Zubehörsachen. Aber 1. Verpflichtung zur Veräußerung oder Belastung der Hauptsache erfasst im Zweifel auch Zubehör, § 311 c n. F. (ohne Rücksicht auf Eigentum, s. aber §§ 133, 157). 2. Übertragung des Grundstücks, §§ 873, 925, ergreift im Zweifel ohne weiteres auch Zubehör, aber nur im Eigentum des Veräußerers, § 926 I 1, andernfalls guter Glaube nötig, §§ 926 II, 932 ff. 3. Hypothek und Grundschuld erfassen Zubehör des Grundstückseigentümers, § 1120. Also Hypothek an einer beweglichen Sache! Nach § 1120 haften nur solche Zubehörsachen dem Gläubiger, die dem Grundstückseigentümer gehören, negative Formulierung des Gesetzes zum Zwecke der Beweislastregelung. Gleichgültig, ob Zubehöreigenschaft oder Eigentum vor oder nach Bestellung der Hypothek begründet worden ist. Sobald Hypothek auf eine bewegliche Sache trifft, die gleichzeitig 1. im Eigentum des Grundstückseigentümers E steht und 2. zum Grundstückszubehör gehört, schlägt (so kann man sagen) die Hypothekenhaftung zu. Trotzdem kann auch fremdes Zubehör der Zwangsversteigerung unterfallen, § 55 II ZVG. Umgekehrt: Keine Haftung als Zubehör, wenn Grundstückseigentümer die Sache an einen anderen, insbesondere einen Sicherungsnehmer, übereignet hat, 1. entweder vor der Begründung der Zubehör-Eigenschaft, (insbesondere vor der Verbringung auf das Grundstück), 2. oder vor der Begründung der Hypothek Unterschiedliche rechtliche Behandlung von Sicherungseigentum und Eigentumsvorbehalt. 7. Damit beantwortet sich auch die Frage nach der Sicherungsübereignung von Zubehörsachen an einen Dritten (D). Geldschranklieferwagen. Das Grundstück des E ist mit einer Hypothek für den G belastet. E betreibt auf seinem Grundstück einen Geldschrankhandel, indem er Geldschränke kauft und verkauft. Zum Transport der gekauften oder verkauften Geldschränke hat sich E einen Lieferwagen gekauft und diesen sich übereignen lassen. Da E weiteren Kredit braucht, übereignet E diesen Lieferwagen zur Sicherheit an den Darlehensgeber D. Hat D Sicherungseigentum an dem Lieferwagen erlangt? Ist, bejahendenfalls, dieses Sicherungseigentum mit der Hypothek für den G belastet? 1. Ausgangslage 1. Sicherungsübereignung ist in jedem Fall wirksam unter den allgemeinen Voraussetzungen, 2. fraglich ist allein, ob Sicherungseigentum des Dritten 1. mit Grundstückshypothek zu Gunsten des G belastet ist 2. oder nicht. 22. August 2011 Prof. Dr. H.-P. Benöhr 3. 2. 3. 70 Selbst wenn Sicherungseigentum mit Hypothek belastet ist, wird es unter den Voraussetzungen der §§ 1121 f. frei. Die Antwort ergibt sich einfach aus § 1120 a. E.: Es kommt darauf an, ob Hypothek die bewegliche Sache ergriffen hat. Haftung bleibt bestehen, auch wenn danach Sicherungseigentum begründet wird. Anwendungsfälle 1. (1) Hauptfall: Hypothekenbestellung für G (2) Zubehör und Eigentumserwerb des E (3) Sicherungsübereignung an D Hypothekenhaftung greift ein. Aber zweifelhaft, ob Vorrang der Hypothekenhaftung vor Sicherungseigentums, wenn Sicherungsübereignung zum Zweck der Finanzierung gerade dieser Sache. 2. (1) Wichtigster Ausnahmefall: Sicherungsübereignung an D (insbesondere außerhalb des Grundstücks) (2) Zubehör (3) Hypothekbestellung für G Keine Hypothekenhaftung. 3. (1) Hypothekenbestellung (2) Sicherungsübereignung (3) erst danach Zubehöreigenschaft Keine Hypothekenhaftung. 8. Infolgedessen keine Haftung des Zubehörs, solange Zubehörsache noch unter Eigentumsvorbehalt eines anderen steht. 9. Wie auch sonst wird das Anwartschaftsrecht analog zum Eigentum behandelt: Wenn z. B. ein LKW zum Zubehör gehört, den der Grundstückseigentümer unter EV erworben und noch nicht voll bezahlt hat, so ist zu betonen, dass 1. dieser LKW zwar Zubehör ist (wenn die weiteren Voraussetzungen gegeben sind), 2. aber weil er nicht dem Grundstückseigentümer gehört, nicht unmittelbar der Haftung nach § 1120 unterfällt, 3. dass aber auch das AR an dem LKW durch § 1120 erfasst wird. 4. Überträgt Grundstückseigentümer das AR sicherheitshalber an X, so erlangt X AR. 5. Aber dieses AR unterliegt weiterhin der Haftung nach §§ 1120 f. 6. Verwandelt sich AR in Vollrecht = Eigentum, setzt sich Haftung am Eigentum fort. In vielen Fällen ereignet es sich tatsächlich so, dass der noch offene Kaufpreisrest an V bezahlt wird und sich nunmehr die Bank, welche den Grundkredit gewährt hatte, und die Bank, welche den durch Sicherungseigentum gesicherten Mobiliarkredit gewährt hatte, um das Objekt streiten. 10. Grundstückszubehör darf weder von dem Hypothekengläubiger noch von anderen Gläubigern gepfändet werden, Pfändung des Grundstückszubehörs ist immer unzulässig, § 865 II 1 ZPO, auch wenn an dem betreffenden Grundstück aktuell keine Hypothek besteht. Gegen die Pfändung 1. § 766 ZPO, Erinnerung gegen die Art und Weise der ZV, 2. § 771 ZPO, Drittwiderspruchsklage, durch Hypothekengläubiger (= Hypothekar) (str.). Verwertung von Zubehör nur mittels Zwangsversteigerung des Grundstücks nach ZVG. 11. Was bedeutet „Haftung“ in diesem Zusammenhang? Es handelt sich hier um eine nur „latente Haftung“ des Zubehörs. 1. Denn solange keine „Beschlagnahme“ des Grundstücks erfolgt ist, kann der Grundstückseigentümer E über Zubehör wirksam verfügen. 2. Durch die Verfügung des Grundstückseigentümers wird die Zubehörsache 1. in vielen Fällen frei, nämlich „ent-haftet“; 2. aber in einigen Fällen bleibt Haftung bestehen. 3. Erst wenn die Beschlagnahme des Grundstücks erfolgt ist, kann grundsätzlich über die Zubehörsache nicht mehr verfügt werden; erst dann wird die Haftung voll wirksam. 12. Man könnte also verschiedene Phasen der Rechtsänderung einer Sache annehmen: 0. Zuerst ist es eine bewegliche Sache außerhalb des Haftungsbereichs der Hypothek. 1. Dann wird die Sache als Zubehör und als Eigentum des Eigentümers eines Grundstücks, das mit einer Hypothek belastet ist, von der hypothekarischen Haftung erfasst. Immo_R_Stud_Skript_01_WS04(04Jul30).doc Grundstücksrecht 2. 3. 71 Wenn über sie wiederum verfügt wird, ist sie in vielen Fällen enthaftet. Wenn sie aber nicht enthaftet wird und wenn dann das Grundstück wegen der Hypothek beschlagnahmt wird, dann kann über sie nicht mehr frei verfügt werden, sondern sie wird zusammen mit dem Grundstück versteigert; Ausnahme: gutgläubiger Erwerb. Kapitel 8. Enthaftung des Zubehörs Sie haben schon gesehen, dass die hypothekarische Haftung der Zubehörsachen ganz merkwürdig ist: Erstens ergreift die Hypothek, obwohl sie das typische Grund-pfandrecht ist, hiermit auch eine bewegliche Sache. Zweitens ist es bei dieser Belastung wie bei allen anderen: sie verhindert in keiner Weise weitere Verfügungen über denselben Gegenstand. Aber im diametralen Gegensatz zu den meisten anderen dinglichen Belastungen verschwindet diese sogar in vielen Fällen der Weiterverfügung. Man spricht deshalb von Enthaftung, und deren Voraussetzungen sind in diesem Kapitel zu zeigen. Oft wird übersehen, dass auch dann, wenn der Grundstückseigentümer wirksam die Enthaftung bewirken kann, er es nicht ohne weiteres darf. 1. Ackergaul Ansgar. Bauer E hat sein Grundstück mit einer Hypothek zu Gunsten des G belastet. Auf seinem Grundstück beschäftigt er den noch rüstigen Ackergaul Ansgar. Nunmehr wird der gesamte Landwirtschaftsbetrieb auf moderne Maschinen umgestellt: größere Traktoren und sonstige Maschinen werden angeschafft, von Pferden gezogene Geräte, etwa Pflüge, werden verschrottet. E begibt sich deswegen wegen Ackergaul Ansgar in Verkaufsverhandlungen. Haftet der rüstige Ansgar dem G? 2. Man spricht, wie gesagt, von der nur „latenten Haftung“ nach §§ 1120 ff. , vorausgesetzt, eine Sache ist überhaupt Zubehör im Eigentum des Grundstückseigentümers und von der Hypothek erfasst. 3. 1. Der Hypothekengläubiger G kann auf diese Gegenstände, insbesondere Zubehörsachen, auf Grund seiner Hypothek zugreifen, aber erst durch die Zwangsvollstreckung nach den Bestimmungen des ZVG (nicht etwa einfach nach ZPO). 2. Solange keine „Beschlagnahme“ des Grundstücks erfolgt ist, kann der Grundstückseigentümer E über Zubehör wirksam verfügen. Durch die Verfügung des Grundstückseigentümers wird die Zubehörsache in drei Fällen frei, nämlich „ent-haftet“, wenn 1. Zubehöreigenschaft in ordnungsgemäßer Wirtschaft aufgehoben, oder 2. wenn Sache vor der Beschlagnahme übereignet und entfernt wurde, oder 3. wenn bei Verfügung nach der Beschlagnahme Erwerber gutgläubig ist (guter Glaube in diesem Fall selten). 4. Enthaftung der Sachen, wenn Zubehöreigenschaft in ordnungsgemäßer Wirtschaft aufgehoben wird, § 1122 II; „ordnungsgemäße Wirtschaft“, d. h. entsprechend dem natürlichen wirtschaftlichen Ablauf; keine „ordnungsgemäße Wirtschaft“, wenn Maßnahme wegen Betriebsstilllegung, schlechter wirtschaftlicher Situation, Beschaffung von Bargeld. „Aufhebung“ der Zubehöreigenschaft ist Tatfrage, muss irgendwie nach außen erkennbar sein, insbes. Aufhebung der zweckdienenden Funktion auf Dauer, entsprechend § 97; strenge Anforderungen; auch Veränderung der wirtschaftlichen Nutzung des Grundstücks (z. B. Bauernhof wird Golfanlage). Vor (§ 1122 II) oder sogar nach der Beschlagnahme (§ 23 I 2 ZVG); auch, wenn Sache auf dem Grundstück verbleibt und/oder nicht veräußert wird. 5. Enthaftung der Sachen auch, wenn vor der Beschlagnahme 1. veräußert, d. h. übereignet nach §§ 929 ff., Kaufvertrag allein genügt nicht, und 2. außerdem vom Grundstück entfernt werden, § 1121 I, d. h. Wegschafften vom Grundstück im Zusammenhang mit Veräußerung, auf Dauer, deswegen genügt § 930 (Besitzkonstitut) ohne Wegschaffen nicht, Übergabe oder Wegnahme nur zur Sicherung eines Anspruchs genügt nicht. Wenn zeitlich danach Beschlagnahme des Grundstücks wegen Grundpfandrechts erfolgt, haftet der enthaftete Gegenstand nicht mehr. Wenn der Gegenstand jedoch erst nach Beschlagnahme des Grundstücks entfernt oder veräußert wird, dann ist er nur enthaftet, wenn Erwerber hinsichtlich der Beschlagnahme gutgläubig war. 22. August 2011 Prof. Dr. H.-P. Benöhr 6. Sobald der Gläubiger die Beschlagnahme des Grundstücks erwirkt hat, dann sind auch die mithaftenden Gegenstände, also Zubehörsachen, beschlagnahmt. Beschlagnahme i. S. §§ 1121 f. erfolgt im allgemeinen durch Versteigerungsbeschluss nach § 20 ZVG. Beschlagnahme begründet relatives Veräußerungsverbot gegenüber dem Eigentümer, §§ 136, 135 BGB; 23 I 1 ZVG. 1. Zwar kann Eigentümer nach wie vor über diese Gegenstände verfügen, 2. aber diese Verfügung ist gegenüber Hypothekengläubiger und Ersteher des Grundstücks unwirksam. 7. Aber gutgläubig haftungs-freier Erwerb trotz Beschlagnahme, § 1121 II 2: Guter Glaube des Erwerbers hinsichtlich Hypothek ist und bleibt irrelevant, § 1121 II 1. Vorausgesetzt: Veräußerung und Entfernung und Guter Glaube. 1. Guter Glaube. Erwerber ist „nicht in gutem Glauben“ i. S. § 1121 II 2, 1. gemäß § 932 II, da bewegliche Sachen, wenn dem Erwerber „bekannt oder infolge grober Fahrlässigkeit unbekannt ist“, dass Versteigerungsantrag gestellt ist, § 22 I 2 ZVG. 2. Außerdem Ausschluss gutgläubigen Erwerbs, wenn Versteigerungsvermerk in Grundbuch eingetragen ist, § 23 II 1 ZVG, auch ohne Kenntnis des Erwerbers. 2. Zeitpunkt für guten Glauben, wenn Erwerber durchgehend, noch bei dem letzten Akt, bei Beschlagnahme – Veräußerung – Entfernung hinsichtlich Beschlagnahme gutgläubig ist, § 1121 II. 1. Wenn Entfernung nach Veräußerung (und Beschlagnahme), § 1121 II 2, also Reihenfolge V – B – E oder B – V – E, guter Glaube erforderlich noch bei Entfernung. § 1121 II 2 war nötig, um gutgläubigen Erwerb zu verhindern, wenn Erwerber zwischen Veräußerung und unmittelbarer Inbesitznahme bösgläubig wurde. 2. Wenn Veräußerung nach Entfernung (und Beschlagnahme), also Reihenfolge E – B – V oder B – E – V, § 23 I 1 ZVG, 136, 135 II, 932 ff. BGB; guter Glaube erforderlich noch bei Veräußerung. 3. Wenn Beschlagnahme nach Entfernung und Veräußerung, also Reihenfolge V – E - B oder E – V – B, tritt Enthaftung sowieso ein, § 1121 I; guter Glaube also irrelevant. 8. Rechte des Hypothekengläubigers wegen Entziehung der Zubehörsache 1. Auf Grund allgemeiner Ansprüche zu prüfen 1. Evtl. Vertrag mit Grundstückseigentümer, 2. § 816 I und 3. Geschäftsführung ohne Auftrag. 2. Speziell, wenn Zubehörsache vom Grundstück entfernt wurde entgegen „den Regeln einer ordnungsmäßigen Wirtschaft“, hat Hypothekengläubiger (= Hypothekar) G 1. Unterlassungsklage, §§ 1134 f., 2. Schadenersatzklage § 823 I (Hypothek), § 823 II (Schutzgesetz, §§ 1134 f.) und zwar gegen 1. den Grundstückseigentümer und 2. eventuell gegen den Erwerber der Zubehörsache. 9. Es bleibt also bei den schon skizzierten Phasen der Rechtsänderung einer Sache: 0. Zuerst ist es eine bewegliche Sache außerhalb des Haftungsbereichs der Hypothek. 1. Dann wird die Sache als Zubehör und als Eigentum des Eigentümers eines Grundstücks, das mit einer Hypothek belastet ist, von der hypothekarischen Haftung erfasst. 2. Wenn über sie wiederum verfügt wird, ist sie enthaftet, wenn 1. Zubehöreigenschaft in ordnungsgemäßer Wirtschaft aufgehoben, oder 2. wenn vor der Beschlagnahme übereignet und vom Grundstück entfernt wurde. Immo_R_Stud_Skript_01_WS04(04Jul30).doc 72 Grundstücksrecht 3. 4. 73 Wenn sie aber nicht enthaftet wird und wenn dann das Grundstück wegen der Hypothek beschlagnahmt wird, dann kann über sie nicht mehr frei verfügt werden, sondern sie wird zusammen mit dem Grundstück versteigert. Aber selbst nach Beschlagnahme gutgläubiger Erwerb möglich. Kapitel 9. Ansprüche wegen Zubehörs Auf welche Weise werden nun Rechte an den Zubehörsachen geltend gemacht? Häufiger Streit zwischen bisherigem Grundstückseigentümer (E), Ersteher in der Versteigerung (K), Hypothekengläubiger (G), (angeblichem) Eigentümer der Zubehörsache (Z). 1. Rasenmäher. Zubehör des Grundstücks des E ist ein Rasenmäher, der sich auf dem Grundstück befindet und dem E gehört. Auf Betreiben des Hypothekengläubigers G wird die Zwangsversteigerung des Grundstücks betrieben. Das Grundstück wird ersteigert von K. Aus dem Versteigerungserlös wurde G wegen seiner Hypothek zum Teil befriedigt. Ist K Eigentümer des Rasenmähers geworden? Macht es einen Unterschied, ob der Rasenmäher von der Hypothek erfasst war oder nicht? Hat dann, wenn der Rasenmäher nicht dem Grundstückseigentümer E, sondern dem Eigentümer Z gehörte, Z einen Anspruch gegen E, K oder G? 2. Normalerweise erfasst die Verwertung des Grundstücks die mithaftenden Gegenstände, also auch die Zubehörsachen des Grundstückseigentümers, §§ 20 II ZVG, 1120 BGB. D.h. Der Grundstücksersteher wird Eigentümer auch dieser Sachen, der bisherige Grundstückseigentümer verliert sein Eigentum an diesen Sachen, der Wert dieser Sachen ist eingegangen in den gesamten Versteigerungserlös und ist damit im Ergebnis dem letzten der befriedigten Gläubiger zu Gute gekommen. 3. Ersteher in Ersteigerung hat Vindikation, § 985, gegen Besitzer, §§ 20 I und II ZVG, 1120 BGB, 55 I ZVG, 136, 135 BGB. 4. Probleme treten vor allem hinsichtlich solcher Sachen auf, die nicht als Zubehör im Eigentum des Grundstückseigentümers von der Hypothekenhaftung erfasst sind, aber trotzdem in die Verwertung geraten. Es muss also als erstes immer geprüft werden: unterfällt die betreffende Sache der hypothekarischen Haftung, § 1120, ist sie von der Haftung frei geworden, §§ 1121 f.? 5. Selten Klage des Grundstückseigentümers E, um geltend zu machen, dass eine bestimmte Sache nicht als Zubehör hafte. 6. Häufig begehrt der angebliche Eigentümer einer Sache (Z), dass diese nicht als Zubehör des Grundstückseigentümers mit versteigert werde. Damit fremde Sache nicht mit versteigert wird, muss der wirkliche Eigentümer der Sache (Z) 1. nach der Beschlagnahme des Grundstücks hinsichtlich dieser Sache die Aufhebung des Verfahrens beantragen, § 37 Nr. 5 ZVG. 2. 7. Wenn das Gericht dem Antrag des Z nicht stattgibt oder Verfahren insoweit nur einstweilig einstellt, § 37 Nr. 5: Drittwiderspruchsklage des Z gegen den betreibenden Gläubiger G, § 771 ZPO. Wenn der wirkliche Eigentümer der Sache die Aufhebung der Zwangsversteigerung hinsichtlich seiner Sache nicht erreicht hat, wird die Sache mitverwertet. Die Beschlagnahme erfasst zwar nur Zubehör des Grundstückseigentümers, §§ 20 II ZVG, 1120 BGB. Aber weil die Eigentumsverhältnisse an den Zubehörsachen nicht ohne weiteres zu erkennen sind, erstrecken sich Versteigerung und Zuschlag auch auf fremdes Zubehör, § 55 II, 90 II ZVG (obwohl dieses gar nicht im eigentlichen Sinne beschlagnahmt war). Daher die berühmte Besonderheit des Erwerbes durch Zuschlag in der Zwangsversteigerung des Grundstücks nach dem Zwangsversteigerungsgesetz, ZVG, §§ 90 ZVG , § 55 I, § 20 II ZVG, § 1120 BGB, 55 II ZVG. 1. § 90 ZVG (1) „Durch den Zuschlag wird der Ersteher Eigentümer des Grundstücks,...“. (2) „Mit dem Grundstück erwirbt er zugleich die Gegenstände, auf welche sich die Versteigerung erstreckt hat.“ 2. Auf welche Gegenstände hat sich denn die Versteigerung erstreckt? § 55 ZVG (1) „Die Versteigerung des Grundstücks erstreckt sich auf alle Gegenstände, deren Beschlagnahme noch wirksam ist.“ § 20 ZVG (2) „Die Beschlagnahme umfasst auch diejenigen Gegenstände, 22. August 2011 Prof. Dr. H.-P. Benöhr 74 auf welche sich bei einem Grundstücke die Hypothek erstreckt.“ § 1120 BGB: Hypothek erstreckt sich auch auf das Zubehör. 3. Nach § 1120 erstreckt sich die Hypothek zwar nicht auf fremdes Zubehör. Aber Ausnahmeregelung des § 55 II ZVG: § 55 ZVG (2) „Auf Zubehörstücke, die sich im Besitze des Schuldners ... befinden, erstreckt sich die Versteigerung auch dann, wenn sie einem Dritten gehören, es sei denn, dass dieser sein Recht nach Maßgabe des § 37 Nr. 5 geltend gemacht hat.“ 8. 4. Kurz: der Ersteher erwirbt das Eigentum auch an fremden Zubehörstücken, und zwar ohne Rücksicht auf seinen, des Erwerbers, guten Glauben. 5. Aber Anspruch des bisherigen Eigentümers der Zubehörsache zwar nicht gegen Ersteher, wohl aber auf Ersatz aus dem Versteigerungserlös, §§ 37 Nr. 5, 113 ff. ZVG hilfsweise gegen den letztrangig Begünstigten, § 812 I 1 Alt. 2 BGB. Entscheidungen, Fälle und Aufsätze BGHZ 92, 280; JuS 1973, S. 96 ff.; JuS 1979, S. 200 ff.; Fortdauer der Zubehöreigenschaft (BGH Urt. v. 30. 1. 1995, NJW 1996, 835 = JuS 1996, 647); H. Plander, JuS 1975, S. 345 ff.; H. Plander, JuS 1981, S. 565, zu BGH NJW 1979, S. 2514 betr. „Haftung und Enthaftung von Zubehör für eine Eigentümergrundschuld“; JuS 1982, S. 924 ff.; H. Kollhosser, JA 1984, S. 196 ff.; M. Reinicke, JuS 1986, S. 957; J. Wilhelm, NJW 87, S. 1785; Ludwig, NJW 1989, S. 14785; BGH NJW 1991, S. 695 (Zahnpressformen); H.M. Müller-Laube, JuS 1993, S. 529 ff. Kapitel 10. Befreiung von der Hypothek In verschiedenen Situationen hat der Eigentümer gegen denjenigen, der als Hypothekengläubiger (= Hypothekar) im Grundbuch eingetragen ist, Ansprüche auf Rückübertragung, Löschung oder Zustimmung zur Berichtigung. Wie sind diese Ansprüche zu verwirklichen? 1. Rückübertragung einer Hypothek auf den Eigentümer, §§ 1153 ff.: meistens Eigentümergrundschuld, § 1177. 2. Verzicht, § 1168, s. auch § 1165: Eigentümergrundschuld, § 1177. 3. Aufhebung, §§ 1183, 875 I, s. auch § 1165: Hypothek ist aufgehoben, spätere rücken nach: meistens „Löschungsbewilligung“. 4. Erlöschen durch Befriedigung mittels Zwangsvollstreckung, § 1181. 5. Berichtigung, § 894: Bewilligung entsprechend § 19 GBO, beglaubigt entspr. § 29 I 1 GBO. (In weiteren Fällen: Eigentümerhypothek bzw. –grundschuld). 6. TEIL. GRUNDSCHULD Nachdem im BGB die Hypothek in aller Ausführlichkeit geregelt worden ist, genügt es für die Grundschuld, weitgehend auf die ausführlichere Regelung der Hypothek zu verweisen. Wichtig ist der fundamentale Unterschied, dass die Hypothek von Rechts wegen an eine Forderung gebunden ist, die Grundschuld aber nicht. Gerade deswegen wird letztere heute bei weitem von den Kreditinstituten bevorzugt. Kapitel 1. Beschreibung der Grundschuld In diesem Kapitel soll die Grundschuld etwas genauer beschrieben werden, so dass man in den folgenden Kapiteln die von der Grundschuld verursachten Probleme besser verstehen und lösen kann. 1. Handelsbank I. Grundstückseigentümer E und die Handelsbank H sind sich darüber einig, dass H dem E einen Kredit in Höhe von 600 000,- Euro gewährt und dass E der H zur Sicherheit eine Grundschuld bestellt. Die Grundschuld wird bestellt, E übergibt der H den Grundschuldbrief. 2. Legaldefinition § 1191 I, Lesen; dazu § 1192. 3. Unterscheiden Sie „Grund-schuld“ und „Grund-pfandrecht“ (z. B. § 489 I Nr. 2) und verwechseln Sie nicht die Sicherungs-Grundschuld mit der Sicherungs-Hypothek (§§ 1184 ff.). 4. Einziger Unterschied zwischen Grundschuld und Hypothek: Grundschuld ist rechtlich (aber meistens nicht: tatsächlich) von Forderung unabhängig, keine Akzessorietät, §§ 1191 I, 1192 I. 5. Vorteile der Grundschuld, vor allem für Sicherungsgeber: Beweislast des Eigentümers wegen aller Einwendungen und Einreden, die die gesicherte Forderung betreffen, volle Wirksamkeit zu Gunsten Sicherungsgeber auch bei Fehlen oder Fehlern der zu sichernden Forderung, kein automatischer Rückfall der Sicherung an Eigentümer oder Schuldner bei Tilgung der persönlichen Forderung, Mög- Immo_R_Stud_Skript_01_WS04(04Jul30).doc Grundstücksrecht 75 lichkeit der gleichzeitigen oder auf einander folgenden Sicherung verschiedener Forderungen ohne Grundbuchänderungen. Eigentümer kann mit Eigentümergrundschuld eine Rangstelle reservieren, bei Bedarf schnell Grundschuld an einen Kreditgeber abtreten. Außerdem bleibt Kreditgeber bei Grundschuld leichter anonym. Die Grundschuld ist in der rechtlichen Konstruktion unkomplizierter und im Bestand sicherer, weil sie nicht von einer Forderung abhängig ist. 6. Anwendbar Hypothekenrecht, § 1192 I Halbs.1, als Verweisung stets mitzitieren, soweit sich nicht wegen Fehlens der Akzessorietät etwas anderes ergibt, § 1192 1 Halbs. 2. (Sinnlos, die folgende Liste auswendig zu lernen!) 7. 1. Anwendbar sind Normen, die nur das dingliche Recht als solches betreffen, z. B. §§ 1116, 1117 (Buch- oder Briefgrundschuld), 1120 ff. (Haftungsverband), 1140 (Briefgrundschuld), 1147 (Befriedigung durch Zwangsvollstreckung), 1157 (Einreden gegen die Grundschuld), 1163 Absatz 2 (Briefgrundschuld). 2. Entsprechend anwendbar sind auch bestimmte Normen, die zwar von der Forderung sprechen, aber nicht Ausdruck der Akzessorietät sind, z. B. §§ 1115 I 1 Halbs. 1 (Eintragung der Grundschuldsumme), 1142 (Befriedigungsrecht des Eigentümers), 1143 (Übergang der Grundschuld auf Eigentümer, str.), 1150 (Ablösungsrecht Dritter), besonders wichtig: 1154 (Übertragung der Grundschuld), § 1155 (gutgläubiger Zweiterwerb der Briefgrundschuld), 1163 I Satz 2 (Zahlung des Grundschuldbetrages, str.). Lassen Sie sich also nicht dadurch verwirren, dass in den genannten Bestimmungen von „Forderung“ die Rede ist, denn das dort Angeordnete gilt gleicherweise für die Grundschuld. 3. Aber nicht anwendbar Normen, die Ausdruck der Akzessorietät sind, wie §§ 1113 (Legaldefinition), 1137 – 1139 (Einwendungen und Einreden auf Grund der persönlichen Forderung), 1153 (Untrennbarkeit Hypothek und Forderung), 1163 I Satz 1 (Eigentümerhypothek bei Nichtentstehen der Forderung), 1164 – 1166 (Befriedigung durch persönlichen Schuldner), 1177 (Umwandlung Eigentümerhypothek in Eigentümergrundschuld), 1184 ff. (Sicherungs-Hypothek). Anspruchsgrundlage ist auch für den Inhaber der Grundschuld 1. entweder § 1147 (Anspruch auf Duldung der Zwangsvollstreckung), über § 1192, 2. oder Vollstreckung aus einer notariellen Urkunde, § 794 I Nr. 5 ZPO., 3. 8. gegen welche Eigentümer notfalls die Vollstreckungsabwehrklage, § 767 ZPO, erheben muss. Auch hier hat Eigentümer das Befriedigungsrecht nach § 1142. Die praktische Ausnahme: sogenannte isolierte Grundschuld, wenn von Gläubiger und Eigentümer gar keine persönliche Forderung ins Auge gefasst ist. In der Praxis sehr selten, etwa wenn Eigentümer sich selbst Grundschuld bestellt oder wenn er die Grundschuld als solche verschenken will. Onkel Emil. Onkel Emil will seinem geliebten Neffen Gundobad ein Grundstücksrecht schenken, ohne Gundobad zum Miteigentümer zu machen und ohne sich ihm gegenüber persönlich zu verpflichten. Deswegen bestellt E dem G formgerecht eine Grundschuld. Wirksam als Grundschuld. Wirksam auch als Schenkungsvollzug (anders bei Hypothek). 9. Aber das Übliche ist die „Sicherungsgrundschuld“. Diese liegt vor, wenn G und E die Grundschuld bestellen, um eine Forderung des G zu „sichern“, ohne jedoch die Existenz der Grundschuld von der Forderung rechtlich abhängig zu machen. In der Praxis sehr häufig. 10. Drei Rechtsgeschäfte sind hier zu unterscheiden: 1. Begründung der persönlichen Forderung, 2. Sicherungsvertrag, 3. Grundschuldbestellung. Unterschiedliche Rechtsfolgen bei Fehlern in einem der drei Rechtsgeschäfte. 11. Literatur: Goertz und Roloff, Die Anwendung des Hypothekenrechts auf die Grundschuld, JuS 2000, 762. Schulfälle: Schanbacher, JuS 1999, 44; Bukow und Vogelmann, JuS 2001,773. Kapitel 2. Bestellung der Grundschuld, Einwendungen und Einreden des Eigentümers Hier kommt es vor allem auf die problematische Beziehung der Forderung zur Grundschuld und auf den Sicherungsvertrag, der die Causa für die Grundschulbestellung bildet, an. 1. Handelsbank II. Grundstückseigentümer E und Handelsbank H sind sich über Kreditgewährung und Grundschuldbestellung einig, die Grundschuld wird in voll wirksamer Weise bestellt. Dann aber ruft E den Kredit bei H nicht ab, weil E eine für ihn günstigere Kreditmöglichkeit bei X findet. 22. August 2011 Prof. Dr. H.-P. Benöhr 1. 2. Kann H aus der Grundschuld gegen E vorgehen? Kann E von H die Grundschuld zurückverlangen? 2. Die Grundschuld wird auf dieselbe Weise wie eine Hypothek bestellt, aber ohne die Besonderheiten der Forderung, §§ 873, 1192 I, 1115 I, 1116, 1117. 3. Grundsätzlich vier Voraussetzungen für Bestellung der Grundschuld zu prüfen: wie bei Übereignung, § 873 1. Einigsein, § 873 2. Eintragung, § 873 3. Berechtigung, § 873, 4. 76 Dazu die eine Besonderheit Brief1. entweder Übergabe (Briefgrundschuld), oder 2. Ausschluss des Briefes (Buchgrundschuld), §§ 1116 f., 1154. Aber gerade nicht, wie bei der Hypothek: Forderung, § 1113. 4. Also keine wirksame Grundschuld, wenn Einigsein oder Eintragung oder Berechtigung fehlt; Eigentümer hat entsprechende Einwendung. Eigentümergrundschuld, solange keine Briefübergabe oder kein Briefausschluss, § 1163 II; auch deswegen entsprechende Einwendung des Eigentümers. Aber: wirksame Fremdgrundschuld, auch wenn gesicherte Forderung nicht ausgezahlt ist. 5. Entstehen der Eigentümergrundschuld wie Eigentümerhypothek: 1. Eigentümer bestellt selbst, so ausdrücklich § 1196, 2. oder er erwirbt Hypothek oder Grundschuld vom Gläubiger, 3. oder von Gesetzes wegen. 1. wegen Forderung nicht wegen Nichtentstehens der gesicherten Forderung (nicht § 1163 I Satz 1), wohl aber im Falle der Rückzahlung auf die Grundschuld, § 1163 I Satz 2 (str.), 2. wenn Brief nicht ausgeschlossen und noch nicht übergeben wurde, § 1163 II. Wenn V an seinem Grundstück Eigentümergrundschuld hat und Grundstück an K übereignet, bleibt V Inhaber der Grundschuld, diese wird also zur Fremdgrundschuld. 6. Da Grundschuld kein akzessorisches Sicherungsrecht ist, §§ 1191 f.: 1. Entstehen der Forderung irrelevant für Wirksamkeit der Fremdgrundschuld, also keine Eigentümergrundschuld, nur weil nicht valutiert (d. h.: „bezahlt“) wurde, 7. 2. 3. keinesfalls § 1163 Abs. 1 Satz 1 (allg. M.). Grundschuld steht dem Gläubiger zu (unstr.). Eigentümer hat also keinerlei Einwendung wegen Fehlens der Forderung. 4. 5. Selbstverständlich ist Höhe der Grundschuld (aber nicht der zu sichernden persönlichen Forderung) einzutragen. Aber durch Rückzahlung auf die Grundschuld entsteht Eigentümergrundschuld, § 1163 I Satz 2 entsprechend (str.). Wenn aber der Darlehensvertrag unwirksam ist oder das Darlehen nicht ausgezahlt worden ist, zu deren Sicherung die Grundschuld bestellt wurde, 1. Dann erfolgte die Grundschuldbestellung zwar nicht sine causa, denn die Causa für die Grundschuldbestellung ist ja der Sicherungsvertrag. Nach a. A. greift Bereicherungseinrede ein, § 821. 2. Aber aus dem Sicherungsvertrag ergibt sich, dass in diesem Fall die Grundschuld nicht geltend gemacht werden darf. 1. Damit liefert in diesem Fall der Sicherungsvertrag eine Einrede gegen die Grundschuld, die „Einrede der fehlenden Valutierung“. Diese Einrede kann der Eigentümer dem Grundschuldgläubiger entgegenhalten, Immo_R_Stud_Skript_01_WS04(04Jul30).doc Grundstücksrecht 77 §§ 1192, 1157 S. 1. 2. 3. Diese Einrede ist 1. sogar eintragungsfähig; 2. nicht eintragungsbedürftig; 2. aber Eintragung verhindert gutgläubigen Erwerb durch Zweitgläubiger. Außerdem Rückübertragungsanspruch des Eigentümers gegen den Grundschuldgläubiger auf Grund Sicherungsabrede oder aus § 812 1 2 Alt. 2, oder aus § 1169, „rechtszerstörende Einrede“, § 821. Das gilt auch ohne ausdrückliche Rückgewährklausel. Denn dem Sicherungsvertrag ist wegen seiner Treuhandnatur die Verpflichtung immanent, die Sicherheit zurückzugewähren, wenn und soweit sie endgültig nicht mehr benötigt wird. Der Sicherungsgeber hat damit einen durch den Wegfall des Sicherungszweckes aufschiebend bedingten Anspruch auf Rückgewähr. Zur Sicherung sogar Vormerkungsanspruch. 8. Ein-reden, die allein die Forderung betreffen, z. B. Berechtigung zur Ausübung eines Gestaltungsrechts (§ 770) oder Zurückbehaltungsrecht (§ 273 oder § 320) kann Eigentümer dem Gläubiger meistens nicht entgegensetzen, § 1192 I Halbs.2, anders als bei der Hypothek. 9. Selbstverständlich hat der persönliche Schuldner gegen die persönliche Forderung diejenigen Einwendungen und Einreden, die die persönliche Schuld betreffen, wie Unwirksamkeit, Stundung, Zurückbehaltungsrecht. Diese Rechte hat Schuldner auch dann gegen persönliche Forderung, wenn er mit Eigentümer identisch ist. 10. Bei Inanspruchnahme allein aus der Forderung hat der Schuldner im allgemeinen Zurückbehaltungsrecht, § 273, bis zur Rückübertragung der Grundschuld. 11. Sicherungsabrede = Sicherungsvereinbarung = Zweckerklärung. Diese ist das Grundgeschäft, die causa, geht der Bestellung der Grundschuld typischerweise voraus; insbesondere 1. Festlegung, dass eine bestimmte persönliche Forderung mit Zinsen durch eine bestimmte Grundschuld gesichert werden soll. 2. Rechte und Pflichten der Beteiligten, z. B. Abtretungsverbot, Trennungsverbot, Rückübertragungspflichten, Tilgungsmodalitäten. 3. Abschluss: Könnte im allgemeinen formlos abgeschlossen werden, aber meistens AGB (dann verschärfte rechtliche Kontrolle). Wenn ausdrücklicher Abschluss nicht nachzuweisen ist, dürfte meistens konkludenter Abschluss nahe liegen. 4. Wenn AGB, dann oft Bedenken gegen die Erstreckung der Haftung auf „alle anderen gegenwärtigen und künftigen Ansprüche der Bank gegen den Schuldner“. Hier ist zu differenzieren: 1. Sind Schuldner und Sicherungsgeber (= Grundstückseigentümer) identisch, ist Klausel meistens wirksam. 2. Haftet hingegen das Grundstück des E für Schulden eines Dritten, dann oft unwirksam als „überraschende Klausel“. 5. Dieses Grundgeschäft ist scharf zu trennen von der zu sichernden Forderung. 6. Fehlt es an einer Sicherungsabrede (in der Praxis selten), dann 1. ist die Bestellung des Grundpfandrechtes trotzdem wirksam, Abstraktionsprinzip. 2. Aber der Besteller des Grundpfandrechtes, d. h. der Grundstückseigentümer, hat 1. Einrede aus § 821, §§ 1192 I, 1157, und 2. Rückübertragungsanspruch aus § 812 I 1 Alt. 1 oder I 2, §§ 1192 I, 1157, wegen Fehlens der causa, und aus § 1169. 12. Eigentümer kann also Bereicherungsrecht im Falle der Sicherungsgrundschuld aus 2 unterschiedlichen Gründen haben: 1. wegen Fehlens zu sichernder Forderung und/oder 2. wegen Fehlens wirksamer Sicherungsabrede. 13. Eintragung im Hinblick auf „Sicherungsgrundschuld“? 1. Nicht 1. Eintragung als „Sicherungsgrundschuld“ oder 2. Bedingung der Existenz der zu sichernden Forderung (Grundschuld unwirksam, str.) oder 3. Sicherungsvertrag insgesamt. 22. August 2011 Prof. Dr. H.-P. Benöhr 78 2. Aber rechtswirksam Eintragung einzelner Einreden. z. B. unter welchen Voraussetzungen ein Rückübertragungsanspruch entsteht. Weiteres Beispiel: Grundschuld als solche ist sofort fällig, Sicherungsabrede erlaubt aber Geltendmachung der Grundschuld erst nach Verzug des S mit Erfüllung der gesicherten persönlichen Forderung. E hat entsprechende Einrede gemäß § 1157 gegen Anspruch des G aus § 1147. 3. Aufschiebend bedingter Rückübertragungsanspruch kann durch Vormerkung gesichert werden. 14. Auch hinsichtlich der Grundschuld als solcher können Grundstückseigentümer und Grundschuldgläubiger Vereinbarungen treffen, auf Grund deren Eigentümer Einrede gegen Gläubiger gemäß §§ 1192 I, 1157 erheben kann. 15. Rechtsprechung Zweckerklärung für Grundschuld, Vollstreckungsabwehrklage (BGH Urt. v. 23. 5. 2000, NJW 2000, 2675 = JuS 2000, 1121). Viele Entscheidungen, die bei der Hypothek zitiert wurden, sind zur Grundschuld ergangen, wenn es nicht speziell um Fragen der Forderung ging. 16. Muttersöhnchen. Die Parteien streiten über die Zulässigkeit der Zwangsvollstreckung aus einer notariellen Urkunde vom 20. Oktober 1978. Die K hatte damals an ihrem Wohngrundstück eine Grundschuld von 190 000,- DM bestellt, und zwar zu Gunsten der Beklagten zur Sicherung eines Darlehens. Nachdem dieses Darlehen vollständig getilgt war, kam es 1986 zu Verhandlungen der Beklagten mit S, dem Sohn der - damals schon 78 Jahre alten - Klägerin, über eine neue Sicherungszweckvereinbarung. Dieser S schuldete der Beklagten insgesamt 1430 000,- DM. Die Beklagte übersandte dem S eine neue Zweckerklärung für die Grundschuld sowie eine Zusatzerklärung und bat, diese Unterlagen möglichst schnell unterschrieben wieder einzureichen. Der Sohn legte beide Erklärungen am 22. September 1986 der Klägerin in ihrer Wohnung vor. Nach Einsetzen des Datums unterschrieb sie das gedruckte Zweckerklärungsformular und die maschinenschriftliche Zusatzerklärung. Diese hatte folgenden Wortlaut: „Ich habe Ihnen gegenüber am 22. 9. 1986 die Zweckerklärung sowie Abtretungs- und Verpfändungserklärung unterschrieben und bin von Ihnen gleichzeitig darauf hingewiesen worden, dass die von mir zu Gunsten der K und des S als Hauptschuldner gestellte Sicherheit nicht nur für die gegenwärtigen Forderungen Ihrer Bank gegen den Hauptschuldner, sondern für sämtliche gegenwärtigen und künftigen Ansprüche aus der bankmäßigen Geschäftsverbindung mit Ihrer Bank in dem in der Zweck- sowie Abtretungs- und Verpfändungserklärung näher bezeichneten Umfang herangezogen werden kann. Ich bin weiter darüber belehrt worden, dass mir daraus unter Umständen die Gefahr des ganzen oder teilweisen Verlustes des Eigentums am Eigentum erwachsen kann, wenn Ihre Bank gezwungen ist, bei Verzug des Hauptschuldners die Sicherheit zu verwerten“. Die B ließ sich 1993 eine notarielle Vollstreckungsklausel erteilen. Daraus betreibt sie die Zwangsvollstreckung in das Wohngrundstück der Klägerin. Diese hält die Sicherungszweckerklärung vom 22. September 1986 für unwirksam und erhebt die Vollstreckungsgegenklage. (BGHZ 131, 55). Kapitel 3. Übertragung von Grundschuld oder Forderung Die Übertragung der Grundschuld ist eigentlich ganz einfach, weil das Gesetz hier keine Rücksicht auf die persönliche Forderung zu nehmen braucht. Man muss nur wissen, dass hier nach der Verweisungsnorm des § 1192 die §§ 1154 ff. gelten, indem statt „Forderung“ zu lesen ist: „Grundschuld“. Noch einfacher ist die Übertragung der Forderung. Sorgen macht es aber, wenn Grundschuld und Forderung durch die Übertragung getrennt werden. 1. Handelsbank III. Grundstückseigentümer E und Handelsbank H sind sich über Kreditgewährung und Grundschuldbestellung einig, die Grundschuld wird in voll wirksamer Weise bestellt. Dann aber ruft E den Kredit bei H nicht ab, weil E eine für ihn günstigere Kreditmöglichkeit bei X findet. H tritt Grundschuld und angebliche Forderung an G2 ab, G2 kennt sämtliche Umstände. Hat G2 persönliche Forderung erworben? Hat G2 Grundschuld erworben? Hat E Einwendung oder Einrede gegen G2? 2. Übertragung der Grundschuld nach denselben Regeln wie die Hypothek, §§ 1192 I, 1154 ff., zu lesen: „Grundschuld“ statt „Forderung“, Buchgrundschuld: Einigung und Eintragung, §§ 1192 I, 1154 III, Briefgrundschuld: Einigung und Briefübergabe, §§ 1192 I, 1154 I und II. 3. Fehler hinsichtlich Einigung oder Brief bei der Übertragung machen Übertragung unwirksam, wie bei der Hypothek. 4. Die Einwendungen und Einreden des Eigentümers, die die Grundschuld betreffen, bleiben im Falle der Abtretung der Grundschuld bestehen. E hat gegen Zweitgläubiger G2, grundsätzlich Einreden und Einwendungen, die E auf Grund der Grundschuld schon gegen G1 hatte, §§ 1192 I Halbs. 1, 1157 S. 1, Insbesondere, wie bei der Hypothek, betreffend dingliche Einigung, oder auch Einreden, die von vorneherein gegen die Grundschuld gerichtet sind, z. B. Voraussetzungen der Geltendmachung, Stundung der Grundschuld, Ausschluss der Abtretung der Grundschuld, Beschränkung der Zwangsvollstreckung, 5. Die Einreden auf Grund des Sicherungsvertrages 1. insbesondere wegen 1. Nichtvalutierung oder Rückzahlung des Darlehens oder ausgeübten Gestaltungsrechts, Immo_R_Stud_Skript_01_WS04(04Jul30).doc Grundstücksrecht 2. 2. 79 Unerlaubte Trennung von Darlehen und Grundschuld. stammen zwar aus einem schuldrechtlichen Sicherungsvertrag, betreffen auch meistens irgendwie die persönliche Forderung, richten sich aber gegen die Grundschuld als solche, wirken also dinglich, daher gemäß §§ 1192, 1157 S. 1 grundsätzlich auch gegen Zweitgläubiger. Hier also keinesfalls mit §§ 1137 f. operieren, diese gelten gerade nicht bei der Grundschuld, auch nicht § 404, betrifft nur Verhältnis zwischen Zweitgläubiger und persönlichem Schuldner als solchen. 3. Aber Eigentümer hat diese Einreden gegenüber Neugläubiger im allgemeinen nur, wenn der volle Tatbestand der Einrede bereits im Verhältnis Eigentümer – Erstgläubiger begründet war, also z. B. Rückzahlung schon von Erstgläubiger erfolgt, Rücktritt (z. B. Sachmangel) bereits gegenüber Erstgläubiger. 6. Der gutgläubige Erwerb einer angeblich bestehenden Grundschuld bereitet keine größeren Probleme als der gutgläubige Zweiterwerb einer Hypothek. Im Gegenteil: da die Rücksichtnahme auf eine Forderung (§ 1138) wegfällt, ist es hier sogar noch einfacher: 1. § 892, betreffend Ein-wendungen gegen die Grundschuld, und 2. §§ 1192 I, 1157 S. 2, 892 für Ein-reden gegen die Grundschuld, plus § 1155 bei Briefgrundschuld. 7. Wenn gemäß § 892 I 1 diese Einwendungen oder Einreden nicht 1. „aus dem Grundbuch ersichtlich“ oder 2. „dem Erwerber bekannt“ oder 3. Gegenstand eines “Widerspruchs gegen die Richtigkeit des Grundbuchs“ sind, dann bestehen sie nicht gegenüber dem Erwerber G2, dieser hat also die Grundschuld gutgläubig einwendungs- und einredefrei erworben. 8. Wie auch sonst im Grundstücksrecht: unschädlich ist grobfahrlässige Unkenntnis. Grundschuld-Erwerber ist nur dann bösgläubig, wenn er bezüglich Sicherungsgrundschuld 1. Sicherungscharakter der Grundschuld und außerdem 2. Einrede oder Einwendung kannte. 9. Eigentümer kann zur Abwendung gutgläubigen Erwerbs 1. Einrede der ungerechtfertigten Bereicherung oder 2. entsprechenden Widerspruch im Grundbuch eintragen lassen, 3. eventuell auch Vormerkung des Anspruchs auf Rückübertragung der Grundschuld (Koblenz Urt. v. 29. 1. 1998, WM 1999, 2068). 10. E hat häufig auf Grund desselben TB, der die Einwendung oder Einrede gegen die Grundschuld begründete, einen Anspruch auf Rückübertragung der Grundschuld, Handelsbank. Wenn Grundschuld für Darlehen bestellt wurde, das endgültig nicht zur Auszahlung kommt. Diesen Anspruch kann E nicht gegen G2 haben. G2 ist eigentlich allenfalls Gläubiger, aber nicht Schuldner des E. Hier die wichtige Funktion des § 1169 i.V.m. § 1192: Wenn gegen die Grundschuld eine dauernde Einrede besteht, so dass Grundschuld nicht durchgesetzt werden kann, dann handelt es sich um eine „rechtszerstörende Einrede“, und diese gewährt einen Rückübertragungsanspruch des E auch gegen G2. 11. Gesondert zu übertragen die gesicherte Forderung, einfach § 398, weil § 1153 bei Grundschuld gerade nicht gilt. 12. Zweitgläubiger der persönlichen Forderung hat meistens Anspruch gegen Erstgläubiger auf Übertragung der (Sicherungs-)-Grundschuld, § 401 analog. 22. August 2011 Prof. Dr. H.-P. Benöhr 80 13. Einwendungen und Einreden des persönlichen Schuldners gegen die persönliche Schuld, auch gegen Zweitgläubiger, § 404, kein gutgläubig einredefreier Erwerb der persönlichen Forderung. Aber, wie gesagt, Einreden und Einwendungen dieser Art nicht gegen den Inhaber der Grundschuld. 14. Getrennte Verfügung des G über Forderung und Grundschuld ist dinglich wirksam. Daher kann es leicht zur „Spaltung“ von Grundschuld und persönlicher Forderung kommen. Wenn Gläubiger G seine Grundschuld am Grundstück des E und seine persönliche Forderung gegen S an die beiden verschiedenen Neugläubiger N1 und N2 abtritt, dann erwirbt jeder der Neugläubiger sein Recht, also etwa N1 die Grundschuld, N2 die persönliche Forderung. 15. Getrennte Verfügung des G über Forderung und Grundschuld, 1. vor Fälligkeit bedeutet Verstoß gegen Sicherungsvertrag, ist aber dennoch dinglich wirksam (str. wegen § 399 Alt.2), 2. nach Fälligkeit gilt als Verwertung des Sicherungsrechts. 16. Die Einrede gegen Inanspruchnahme aus der persönlichen Forderung ohne Rückübertragung der Grundschuld hat Schuldner auch gegen Zweitgläubiger, §§ 273, 404, kein Gutglaubensschutz. 17. Verteidigung bei Inanspruchnahme allein aus der Grundschuld: Einrede der Rückübertragungspflicht der persönlichen Forderung auf Grund des Sicherungsvertrages, wirkt aber nur gegen Erstgläubiger, nicht gegen Zweitgläubiger, wegen Erfordernis der vollen TB-Verwirklichung bei Erstgläubiger. Dazu braucht sich G2 noch nicht einmal auf guten Glauben zu berufen. Anders gesagt: E unterliegt dem Anspruch des G2, §§ 1147, 1192 Halbs.1, keine Einrede des E gegen G2 aus § 1157 S.1. 20. Rechtsprechung Gutgläubiger Zweiterwerb, Ausgleich nach § 816 (BGH Urt. v. 24. 9. 1996, WM 1996, 2197 = NJW 1997, 190; Urt. v. 16.1. 2001, NJW-RR 2001, 1097); s. auch BGHZ 85, 388. Kapitel 4. Zahlung und Rückgriff Auch wenn auf die Grundschuld oder auf die Forderung, welche durch die Grundschuld gesichert werden sollte, gezahlt wird, stellt sich die praktische Frage, ob der Zahlende bei einem anderen Rückgriff nehmen kann, wenn der Eigentümer als Sicherungsgeber und der persönliche Schuldner verschiedene Personen sind. Dazu gehört die dogmatische Frage nach dem „Schicksal“ von Grundschuld und Forderung in Folge einer Zahlung. Ausgangspunkt und Grundregeln sind dieselben wie bei der Hypothek, also §§ 1142 und 1147 BGB, §§ 794 I Nr. 5, 795,767 ZPO. Aber jetzt kommt es noch stärker auf den Zahlungszweck an: wird „auf die Grundschuld“ oder „auf die persönliche Forderung“ oder „auf beide Rechte“ gezahlt? 1. Der häufige praktische Fall dürfte so aussehen wie in dem Fall Silberwald. S nimmt ein Darlehen bei G auf, E bestellt zur Sicherung dem G eine Grundschuld am Grundstück des E. Da S die Schuld an G nicht zurückzahlt, leistet E Zahlung, um die Zwangsvollstreckung in sein Grundstück abzuwenden. Kann E von S Rückzahlung verlangen? 2. Vorfrage ist, ob b die Zahlung auf die Grundschuld oder auf die persönliche Forderung oder auf beide gleichzeitig („Doppeltilgung“) erfolgt. Die Antwort ergibt sich aus 1. dem vom Zahlenden bei der Zahlung geäußerten Willen, entsprechend § 366 I, 2. Sicherungsvertrag mit dem Grundschuldgläubiger, Immo_R_Stud_Skript_01_WS04(04Jul30).doc Grundstücksrecht 2. 3. Auslegung, Umstände, §§ 133, 157. 4. Nach der praktischen Erfahrung geht der Wille 1. des Bankkreditgebers als Zahlungsempfängers auf Zahlung auf die persönliche Schuld, 2. des zahlenden Eigentümers fraglich: zur Abwendung der Zwangsvollstreckung auf Zahlung auf Grundschuld, wegen § 1163 I 2 bzw. §§ 1142 f. auf Zahlung auf die Grundschuld, im Hinblick auf § 1179 a auf Zahlung auf die persönliche Schuld, 3. des zahlenden Schuldners auf die persönliche Schuld. 81 Bei Zahlung „auf die Grundschuld“ 1. Grundschuld wird kraft Gesetzes Eigentümergrundschuld, allg. M., aber Begründung ist str.: 1. nach §§ 1192, 1163 I 2, oder 2. nach §§ 1192, 1142, 1143, oder weiter zu differenzieren. 2. Die persönliche Forderung 1. erlischt nach dem Zweck der Sicherungsabrede, wenn der persönliche Schuldner zahlt und Forderung fällig war. 2. Wenn der Eigentümer bezahlt und nicht gleichzeitig der persönliche Schuldner ist, 1. und wenn Eigentümer keinen Regress gegen persönlichen Schuldner hat, dann erlischt Forderung ebenfalls. 2. Aber wenn Eigentümer Regress gegen den persönlichen Schuldner hat, dann erlischt die persönliche Forderung nicht sondern bleibt Forderung des Gläubigers gegen den persönlichen Schuldner, und ist vom Gläubiger auf den Eigentümer zu übertragen, § 398 ff. auf Grund des Sicherungsvertrages (Gedanke des § 1143 I 1; aber keine direkte Anwendung, keine eigentliche Analogie i. e. S., kein gesetzlicher = „automatischer“ Forderungsübergang) so dass E diese Forderung nunmehr gegen S geltend machen kann (außerdem hat E gegen S meistens eigene Forderung auf Grund des Innenverhältnisses E – S). 3. Bei Zahlung nur „auf die persönliche Schuld“ 1. Diese erlischt, § 362 I. 2. Grundschuld 1. bleibt bestehen, und zwar als Grundschuld des Gläubigers (also nicht §§ 1143 oder 1163 analog), 2. aber gegen G besteht Übertragungsanspruch (§ 1154) je nach Innenverhältnis S und E 1. entweder auf S (wenn dieser Regressanspruch hat), m. E. § 1164 I 1 entspr., oder 2. auf E, § 1154 oder § 1169 oder § 875. 4. Dritter zahlt auf Grundschuld: Übergang der Grundschuld auf Dritten, §§ 1150, 268 III (wenn Voraussetzungen des Abs.1 gegeben sind). 5. Tilgungsbestimmung des Eigentümers (BGH Urt. v. 8. 4. 1997, WM 1997, 1012); Anspruch auf Rückgewähr der Grundschuld wegen Wegfalls des Sicherungszwecks nach Erlöschen der persönlichen Forderung (Hamm, Urt. v. 17. 12. 1998, WM 1999, 2005); Erlöschen der persönlichen Forderung (BGH Urt. v. 7. 12. 1999, NJW 2000, 1108 = JuS 2000, 712); Zweckerklärung für Grundschuld, Vollstreckungsabwehrklage (BGH Urt. v. 23. 5. 2000, NJW 2000, 2675 = JuS 2000, 1121 7. TEIL. WEITERE GRUNDSTÜCKSRECHTE Sicherheitshalber sollten Sie für die Prüfung wissen, dass es außer Eigentum, Hypothek und Grundschuld weitere wichtige Grundstücksrechte gibt. Aber diese sind nicht so klausurwichtig, dass diese jetzt im Skriptum nachgezeichnet werden müssten. Es genügt, wenn Sie sich gelegentlich die einschlägigen Titel im BGB sowie die Spezialgesetze anschauen, alle mit gut verständlichen Legaldefinitionen. - Grunddienstbarkeiten, § 1018 (herrschendes / dienendes Grundstück) (Z. B. Wegerechte [BGH Urt. v. 2. 10. 1998, NJW-RR 1999, 166], Bauverbote, Lichtrechte; wichtig zur Wettbewerbsbeschränkung: Brauerei- und Tankstellendienstbarkeiten[BGH Urt. v. 10. 7. 1998, NJW 1998, 3273 = JuS 1999, 80]); - beschränkte persönliche Dienstbarkeiten, § 1090 unübertragbar, nur Ausübung übertragbar, endet mit Tod des Berechtigten; - Nießbrauch an Sachen, § 1030; an Grundstück, § 1048 unübertragbar, unpfändbar, endet mit Tod des Nießbrauchers (häufig als Vorbehalt bei Grundstücksschenkungen [Köln, NJW-RR 1999, 239 = JuS 1999, 708], für Versorgung Hinterbliebener, 22. August 2011 Prof. Dr. H.-P. Benöhr 82 selten als Kreditmittel); - Wohnungsrecht als beschränkte persönliche Dienstbarkeit, § 1093; - dingliches Vorkaufsrecht, § 1094, im Unterschied zum persönlichen Vorkauf, § 463 n. F.; - Reallast, § 1105 (z. B. persönliche Pflegepflicht des Beschenkten [BGH Beschl. v. 13. 7. 1995, NJW 1995, 2780 = JuS 1996, 172]). In besonderen Gesetzen, aber wie Grundstücke behandelt und mit Grundbüchern ausgestattet, so dass die diesbezüglichen Fälle und Entscheidungen auch für Grundstücke Bedeutung haben: - Wohnungseigentum und Erbbaurecht. 8. TEIL. ABWEHR- ODER AUSGLEICHSANSPRÜCHE In diesem Teil wiederholen Sie die Rechte, die dem Eigentümer, insbesondere dem Grundeigentümer, zustehen, wenn ihn ein anderer im Gebrauch seines Eigentums, insbesondere seines Grundbesitzes, stört, und zwar ohne Entziehung oder Vorenthaltung des Besitzes. Sie erfahren auch, welche Grenzen insofern dem Eigentum gesetzt sind. Denn „das zivile Nachbarrecht gehört zu den sich am stärksten bewegenden Teilen des Sachenrechts“ (K. Schmidt). Kapitel 1. Basisvorschriften §§ 1004 und 906 1. Schweinestall. S hat Schweineställe, deren Gestank beeinträchtigt Wohlbefinden und Vermögen des E. Hat E Rechte gegenüber S? 2. Gesetzgeberisches Programm, Struktur des § 1004 1. Anspruchsziele (= Rechtsfolgen) 1. zur Abwehr der Störungen 1. Beseitigung (§ 1004 I 1) 2. Unterlassung (§ 1004 I 2) oder 2. auf finanziellen Ausgleich (§ 906 II 2) 2. Ausschluss der Ansprüche durch Rechtfertigung 1. Verweisungsvorschrift (§ 1004 II) (fast eine Leerformel). 2. Wichtigste Regelung, auf die § 1004 II verweist, ist § 906 Am besten bei § 1004 den § 906 notieren und umgekehrt. 3. Struktur des § 906 1. § 906 erlaubt Immissionen in 2 Fällen. In diesem Umfang also kein Anspruch nach § 1004 I, nämlich 1. 2. unwesentliche Beeinträchtigung, Absatz 1; oder ortsübliche, aber nicht verhinderbare Beeinträchtigung, Abs. 2, S.1. Insofern ist § 906 keine Anspruchsnorm (abgesehen von Abs. 2 S. 2), sondern begründet nur Einwendung. 2. § 906 verbietet gewisse Immissionen. In derartigen Fällen bleibt es also bei Anspruch nach § 1004 I, nämlich 1. 2. wesentliche, aber nicht ortsübliche Immissionen; Abs. 2; und Immissionen durch eine besondere Leitung; Absatz 3, z.B. Auspuffrohr an der Grenze. 3. Grobimmissionen,nämlich größere körperliche Stoffe, wie Steinbrocken, werden durch § 906 nicht erfasst, sind also nicht gestattet (Menschen und Tiere zählen aber in ds. S. nicht zu den Immo_R_Stud_Skript_01_WS04(04Jul30).doc Grundstücksrecht 83 "größeren körperlichen Stoffen"). 3. 4. Wer sich gestört fühlt, muss zur Durchsetzung seines angeblichen Rechts 3 hintereinander aufgebauten Hindernisse durchstoßen: 1. Es muss sich um eine Beeinträchtigung i. S. § 1004 I handeln. 2. Diese Beeinträchtigung muss festgelegte Werte überschreiten und den verständigen Durchschnittsnutzer stören (§ 906 I). Andernfalls ist die Beeinträchtigung nur unwesentlich i. S. § 906 I und muss hingenommen werden. 3. 5. § 906 gewährt aber einen Ausgleichsanspruch für wesentliche, ortsübliche, aber nicht verhinderbare Immissionen; Abs. 2, Satz 2. Selbst wenn die Beeinträchtigung i. S. § 1004 I existiert und i. S. § 906 I wesentlich ist, kann dennoch ihre Unterlassung nicht verlangt werden, wenn sie ortsüblich ist und nicht in zumutbarer Weise verhindert werden kann (§ 906 II 1). Aber in diesem Fall hat der Gestörte wenigstens einen Anspruch auf finanziellen Ausgleich (§ 906 II 2). Die Obersätze könnten beispielsweise lauten: „Der Kläger kann von dem Beklagten nach § 1004 Abs. 1 Beseitigung und Unterlassung des Gestankes verlangen, wenn der Kläger Eigentümer des betroffenen Grundstücks ist, dieses durch den Gestank beeinträchtigt ist, der Beklagte hierfür als Störer haftet und wenn der Kläger zur Duldung nicht verpflichtet ist. Wenn der Anspruch ausgeschlossen sein sollte, ist zu prüfen, ob dem Kläger ein Ausgleichsanspruch nach § 906 Abs. 1 Satz 2 zusteht“. Kapitel 2. Weitere Anspruchsgrundlagen 1. Neben § 1004 sind als Anspruchsgrundlagen zu erwägen: 1. Vertrag, insbes. positive Vertragsverletzung, 2. Besitz-Entziehung oder -störung als possessorische Ansprüche, §§ 861 f., 3. § 985 wegen Besitzvorenthaltung, 4. § 823 auf Schadenersatz. 2. Nachbarrecht 1. Gesetzliche Sonderfälle des allgemeinen Abwehranspruchs, vorbeugende Abwehransprüche wegen künftiger störender Anlage, § 907 Einsturzgefahr, § 908 Vertiefung, dagegen auch Beseitigungs- und Unterlassungsanspruch, § 909. 2. Sonstiges Nachbarrecht Selbsthilferecht: Überhang, (Vorsicht: auch Wurzeln!), § 910. Eigentumserwerb, praktisch mit Folge der Selbsthilfe: Früchte = „Überfall“, § 911 (s. dagegen §§ 953 ff.). Differenzierend: „Überbau“, §§ 912 ff. (s. dazu § 946). 3. § 1004 kraft gesetzlicher Verweisung auch zum Schutz beschränkt dinglicher Rechte, z. B. gemäß § 1227 zum Schutz des Pfandrechts; § 34 II WohnungseigentumsG. 4. Man spricht auch von dem quasinegatorischen Schutz durch "dem § 1004 ähnliche Vorschriften", etwa für 1. Besitz, § 862, 2. Namen, § 12 BGB; Firma, § 37 II HGB; Unternehmensbezeichnung, § 16 UWG. 5. Rechtsanalogie aus §§ 1004 I etc.: Dazu die Kommentare und Lehrbücher zu den entsprechenden Bestimmungen. Alle absoluten Rechte sind gegen gegenwärtige Beeinträchtigungen durch einen Beseitigungs-Anspruch und gegen drohende künftige Beeinträchtigungen durch einen Unterlassungs-Anspruch geschützt. Wiederholen Sie: Analogie. Kapitel 3. Tatbestand des § 1004 Absatz 1 1. Pianistin. Hilda hat eine Wohnung im Mehrfamilienhaus des Grundstückseigentümers Erbs gemietet. Sie läßt sich Piano-Unterricht verabreichen. Dazu übt Hilda jeden Abend zwischen 22 und 23 Uhr, und zwar trotz der wiederholten Beschwerden des Vermieters Erbs und des Mieters Malus einer anderen Wohnung im Haus. Ansprüche auf Unterlassen? 2. Einzelne Tatbestandsmerkmale des § 1004 I, ergibt sich aus Gesetzestext (s. die unterstrichenen Wörter); also nicht auswendig lernen: 1. Kläger ist Eigentümer der beeinträchtigten Sache 2. Eigentum an beweglicher Sache oder, häufiger, Grundstück 3. Beeinträchtigung, und zwar 1. gegenwärtige (dann Beseitigungsanspruch) oder 22. August 2011 Prof. Dr. H.-P. Benöhr 2. 4. 5. 6. 3. drohende (dann Unterlassungsanspruch), 1. entweder Wiederholungsgefahr oder 2. erstmals drohende Beeinträchtigung (= vorbeugender Unterlassungsanspruch). Beklagter als Störer Eigentümer zur Duldung nicht verpflichtet, § 1004 II, = Rechtswidrigkeit des Eingriffs. Aber keine Voraussetzung ist Verschulden oder Deliktsfähigkeit des Störers, wichtiger Unterschied zu § 823. „Beeinträchtigung“ 1. 2. „Beeinträchtigung“, d. h. verbotene Störung entsprechend § 1004 I beispielsweise 1. größere körperliche Stoffe (grobkörperliche Immissionen) wie Steinbrocken; Errichtung einer „Klagemauer“ auf dem Kölner Domplatz. 2. Entsprechend der Aufzählung in § 906 I: „Gase, Dämpfe, Gerüche, Geräusch, Erschütterungen“ und Ähnliches, besonders wichtig jetzt Bodenkontamination. 3. Betreten eines Grundstücks; Eindringen größerer Tiere; Behinderung der Grundstückszufahrt durch verbotenes Parken. 4. Spezielle Störungen unter Nachbarn wie Vertiefung, Baumwurzeln, Blätterbefall, Überbau, §§ 907 – 912 (im einzelnen zweifelhaft). Keine Beeinträchtigungen i. S. § 1004, also kein Beseitigungs- oder Unterlassungsanspruch, § 906 kommt deswegen gar nicht mehr ins Spiel: 1. Beeinträchtigungen, die nur von Naturkräften ausgehen, z. B. Blätter von Nachbarbäumen; Unkrautsamenflug; Mehltau; Ungeziefer; natürliche Schäden durch Regenwasser; aber fast alle Beispiele umstritten: ob überhaupt Beeinträchtigung; auch je nach Schwere des Einzelfalls; ob ortsüblich; ob einem anderen etwa ein schädigendes Unterlassen oder Zustandshaftung zugerechnet werden kann. Jedenfalls bei Naturkatastrophen meistens kein persönlicher Störer. Begründung: Nur solche Beeinträchtigungen fallen unter § 1004 I, die auf menschliches Verhalten zurückgehen, da nur diese einem „Störer“ zugerechnet werden können. 2. Nicht: ,,negative Einwirkungen“. ,,Diese bestehen darin, dass jemand durch ein Verhalten in den Grenzen seines Grundstücks einem anderen Grundstück Vorteile entzieht“; z. B. die Entziehung von Licht, Luft und Grundwasser, die Beeinträchtigung von Aussicht, die Störung des Fernsehempfangs durch Hochhäuser. Begründung: Gemäß § 903 kann ,,der Eigentümer (auch des Nachbargrundstücks) ... mit der Sache nach Belieben verfahren“, s. auch § 905. 3. Aus demselben Grund und da den Immissionen in § 906 nicht „ähnlich“, unterfallen dem § 1004 I nicht ,,ideelle (= ästhetische) Einwirkungen“, insbesondere der Anblick störender Vorgänge oder Zustände, auch nicht wenn wertmindernd; z. B. Lagerplatz für Baumaterial, Schrottfahrzeuge neben Schlosshotel, Bordell (wenn Betrieb nach außen nicht wahrnehmbar). Auf Sachverhalt achten: Verunreinigungen des eigenen Grundstücks und Zugangsbehinderung durch Drogenzentrum sind keine bloß ästhetischen Störungen. So die Rsprg., die Lehre im einzelnen kritisch. 4. Beklagter als „Störer“ 1. Beklagter als Handlungsstörer (wie im öffentlichen Recht) derjenige, ,,der die Beeinträchtigung durch sein Handeln, das in positivem Tun oder pflichtwidrigem Unterlassen bestehen kann, adäquat verursacht hat“; z.B. eigenes Musizieren zur Nachtzeit. Betreiber einer stinkenden Schweinemästerei, chemischen Fabrik, Kläranlage. Immo_R_Stud_Skript_01_WS04(04Jul30).doc 84 Grundstücksrecht 85 Wenn eine tiefe ungesicherte Baugrube dem Nachbarbau die erforderliche Stütze nimmt, sind Störer: Bauherr, Architekt, Bauunternehmer. Wenn Arbeitnehmer tätig werden, haften diese in der Regel; ausgenommen, wenn sie gar keinen eigenen Entschließungsspielraum haben (str.). 2. Sehr wichtig ist auch die Haftung des nur ,,mittelbaren Störer“ oder Veranlassers; z.B. Besteller lärmender Bauarbeiten; Sportverein wegen des Lärms von seinen Tennisplätzen und auf der Straße; Vermieter (wichtig) wegen Lärms des Mieters (zumindest wenn Vermieter den Lärm des Mieters hindern kann); Verpächter eines Tanzcafés; mit Lärm verbundene Waren-Annahme zur Nachtzeit; Eigentümer eines kläffenden Hundes; Unternehmer einer Omnibuslinie, deren Fahrgäste fremdes Grundstück verschmutzen; Betreiber eines Drogenhilfezentrums. Haftung des Auftraggebers kommt in Betracht, wenn er gerade die störende Tätigkeit bestellt hat. (MüKo-Medicus unterscheidet stattdessen Tätigkeits- und Untätigkeitsstörer). 3. Haftung des Zustandsstörers "wer willentlich den beeinträchtigenden Zustand aufrechterhält“ (Schreiber), z.B. Altersmängel oder Brandgefahr eines Bauwerks. Eigentum einer störenden Anlage allein macht aber noch nicht zum „Störer“. Bei Veräußerung einer störenden Anlage endet im allgemeinen die Zustandshaftung des bisherigen Eigentümers, und der neue Eigentümer tritt in die Verantwortlichkeit des bisherigen Eigentümers ein. 4. Mehrere Störer können nebeneinander verantwortlich sein. 5 Der Kläger kann zulässigerweise 1. einen Hauptantrag auf Beseitigung oder Unterlassen und 2. einen Hilfsantrag auf Ausgleich in Geld stellen. 6. Aber auf Grund § 1004 I darf niemand zu einer unmöglichen Leistung verurteilt werden; z. B. zur Beseitigung von Menschenansammlungen vor und neben Drogenhilfezentrum. Kapitel 4. § 1004 Absatz 2: Verweisungsnorm für Duldungspflicht des Eigentümers Dabei geht es meistens um die Konflikte zwischen zwei Grundstückseigentümern, die beide gemäß § 903 mit ihrer Sache nach ihrem Belieben verfahren und den anderen von jeder Einwirkung ausschließen wollen. Diese können zwei „gewöhnliche Privatleute“ sein. Aber heute (und schon bei der Schaffung des BGB) u. a. Konflikte zwischen Industrie, Verkehr, Landwirtschaft, geistiger Produktion, Sozialeinrichtungen, Privatsphäre. Nachbarrecht regelt Inhalt und Ausmaß der Einschränkung des Grundeigentums im Verhältnis zwischen den Eigentümern benachbarter Grundstücke, insbesondere Umfang des Immissionsschutzes. 1. Steinbruch I. Flohrs Grundstück grenzt an Gills Steinbruch. Bei starkem Westwind wirkt etwas Staub auf Flohrs Wohlbefinden. Kann Flohr von Gill Unterlassung der Steinbrucharbeiten verlangen? (vgl. Gerhardt, Fall 12) 2. Duldungspflicht des Eigentümers, negatives TBM, bedeutet Rechtfertigungsgrund = rechtshindernde Einwendung für den "Störer" gegenüber Anspruch des Eigentümers aus § 1004 I oder 823 I; ähnlich wie § 986 im Verhältnis zu § 985. Selbstverständlich kommt es hierauf nur an, wenn zunächst § 1004 Absatz 1 bejaht wurde. 3. Der Obersatz könnte beispielsweise lauten: „Der Beseitigungsanspruch des Klägers K ist jedoch gemäß § 1004 II ausgeschlossen, wenn der Kläger zur Duldung der Beeinträchtigung verpflichtet ist. Eine derartige Duldungspflicht kann sich insbesondere aus einem Rechtsgeschäft, aus § 906 wie aus anderen Normen ergeben“. 4. Duldungspflichten auf Grund Rechtsgeschäfts, Vorrang vor gesetzlicher Regelung, z. B. 1. auf Grund dinglicher Rechtsgeschäfte, insbes. Dienstbarkeiten, §§ 1018, 1090; z. B. Erdgasleitung eines fremden Unternehmens unter eigenem Grundstück, wirken gegenüber jedem Rechtsnachfolger des jetzt gestattenden Eigentümers, wenn (meistens in Grundbuch einzutragende) Dienstbarkeit; 2. 5. oder auf Grund schuldrechtlicher Gestattung auf Grund Miete, Pacht, Leihe, z. B. Erlaubnis, Strommast einer fremden Gesellschaft auf eigenem Grundstück zu errichten; wirkt als relatives subjektives Recht im allgemeinen nur inter partes, also nicht gegenüber neuem Grundstückseigentümer; aber Erbe ist gebunden, da er mit dem Vermögen des Erblassers auch Schulden des Erblassers übernimmt, § 1967. Duldungspflichten auf Grund Gesetzes, aber teilweise mit Ausgleichspflicht 1. Die wichtigsten Bestimmungen: § 906 I und II 1. 22. August 2011 Prof. Dr. H.-P. Benöhr 86 2. Nachbarrecht des BGB: entschuldigter Überbau (§ 912 1), Notweg (§ 917 1). 3. Fraglich, ob darüber hinausgehend Duldungs- und Rücksichtnahmepflicht auf Grund nachbarlichen Gemeinschaftsverhältnisses besteht. Jedenfalls Grundsatz von Treu und Glauben. 4. Immissionen gemäß § 14 BundesimmissionsschutzG. Ausschluss von privatrechtlichen Abwehransprüchen. 1. ... kann nicht die Einstellung der Anlage verlangt werden, deren Genehmigung unanfechtbar ist. 2. Es können aber Vorkehrungen verlangt werden, die die benachteiligenden Wirkungen ausschließen. 3. Wenn solche Vorkehrungen nicht durchführbar oder wirtschaftlich nicht vertretbar sind, Anspruch auf Schadenersatz. Auch weitere Fälle von Planfeststellungsverfahren mit Einspruchsmöglichkeit Betroffener. Aber im allgemeinen nicht einfache behördliche Erlaubnisse, z. B. Baugenehmigung. 6. Analogie - Ausweitung des § 906 II 1: Kein Verbietungsrecht wenn die störende Anlage im Allgemeininteresse liegt, lebenswichtige Betriebe, Daseinsvorsorge; wie Bau- und Verkehrslärm auf der Bundesstraße, Hochspannungsleitungen, unterirdische Gasspeicherung, Drogenhilfezentrum, oder hoheitliche Tätigkeit oder Naturschutz (deswegen nur beschränkte Mittel gegen Froschkonzerte). Aber Rechtsfolge sehr oft: Fortführung der Analogie zu § 906 II, nämlich Ausgleichsanspruch entsprechend Satz 2. 7. Notwehr, Notstand etc., §§ 227, 228, 904, 229. 6. Mitverschulden des E reduziert seinen Anspruch, § 254 analog. 7. Keine Duldungspflicht auf Grund Priorität, weil etwa störender Betrieb schon existierte, als der Eigentümer das beeinträchtigte Grundstück erworben hat. Kapitel 5. Duldungspflicht nach § 906 Absatz 1 Das weitaus wichtigste Gegenrecht entsprechend § 1004 Absatz 2, das zum Ausschluss der Rechte nach § 1004 Absatz 1 führt, begründet § 906. Dessen Tatbestände sind im folgenden zu studieren. 1. „Erlaubt“ ist fehlende oder unwesentliche Beeinträchtigung, § 906 Absatz 1 1. Zwischenergebnis und Klausuransatz: „Obwohl, wie festgestellt, das Eigentum des E durch die Störung des S beeinträchtigt wird, ist ein Beseitigungs- und Unterlassungsanspruch gegen S nicht gegeben, wenn es sich um unwesentliche Einwirkungen i. S. § 906 I handelt...“ 2. § 906 I erlaubt unwägbare Stoffe, daher ,,Imponderabilien“, wenn sie nur unwesentliche Einwirkungen darstellen. Praktisch von entscheidender Bedeutung: „Grenz- oder Richtwerte“, § 906 I 2 und 3. Nicht hoheitlich festgelegte Werte haben Indiziencharakter. Einen gewissen Indiziencharakter dürften auch Bebauungspläne haben. - Beurteilung durch verständigen Durchschnittsnutzer, so dass trotz Überschreiten oder Unterschreiten der festgelegten Werte oder bei Fehlen einer Festlegung „wesentliche“ Beeinträchtigung verneint oder bejaht werden kann. - In dem von der Immission betroffenen Gebiet. Damit nimmt das TBM der „wesentlichen“ Beeinträchtigung auch Kriterien der Ortsüblichkeit in sich auf. Beispiel Lärm je nach Ort, Dauer und Zeitpunkt: Kinderlärm nach allgemeinem Toleranz-Gebot; Tierlärm vor allem je nach betroffenem Gebiet, eher zu dulden; bei Kirchenglocken ist aber zurückgehender Kirchenbesuch zu berücksichtigen; Diskomusik ist häufig „wesentlich“ wegen elektrischer Verstärkung, Wiederholungen, rhythmischer Impulse. 3. Rechtsfolgen gemäß §§ 1004, 906 I 1. Wenn der Tatbestand des § 906 I vorliegt, dann wegen § 1004 II: kein Anspruch aus § 1004 I. Dann endet hier die Prüfung des Beseitigungs- oder Unterlassungsanspruchs. Auf § 906 II oder § 14 BImSchG ist nicht mehr einzugehen, kein Ausgleichsanspruch nach § 906 II 2. 2. Wenn aber § 906 I nicht gegeben ist, 1. besteht Anspruch aus § 1004 I, aber nur 2. wenn sich nicht aus anderen Vorschriften die Duldungspflicht des Eigentümers ergibt. Immo_R_Stud_Skript_01_WS04(04Jul30).doc Grundstücksrecht 87 Es sind also insbesondere § 906 II 1 und § 14 BImSchG zu prüfen. Kapitel 6. Duldungspflicht nach § 906 Absatz 2 Satz 1 1. Chemie I. In einem Industriegebiet scheidet ein Chemiewerk im Rahmen ortsüblicher Benutzung und trotz aufwendiger Filteranlagen immer noch in geringen Mengen Schadstoffe aus. Die an das Industriegebiet angrenzenden Landwirte können deshalb auf ihren Feldern nicht, wie in dieser Gegend allgemein üblich, hochwertiges Getreide anbauen, weil sie wegen der Angst vor Vergiftungserscheinungen dafür keine Abnehmer finden. Sie begnügen sich deshalb mit minderwertigen Futtermitteln. Müssen sie das hinnehmen? 2. „Erlaubt“ ist auch ortsübliche, aber nicht verhinderbare Beeinträchtigung, § 906 II 1, gerade, wenn sie wesentlich ist. 3. Zwischenergebnis und weiterer Klausuransatz: „Zwar war festzustellen, dass das Eigentum des E durch die Störung des S beeinträchtigt wird und dass es sich dabei nicht um unwesentliche Einwirkungen i. S. § 906 I handelt. Trotzdem kann E nicht die Beseitigung und Unterlassung der Störung verlangen, wenn diese durch ortsübliche Benutzung des Grundstücks des S herbeigeführt wird und nicht durch effiziente und wirtschaftlich zumutbare Maßnahmen verhindert werden kann.“ 4. § 906 II 1 erlaubt gewisse Einwirkungen, wenn die folgenden TBM’e vorliegen (= Prüfungsfolge = Gutachtenaufbau): 1. Beeinträchtigung (denn wenn keine Beeinträchtigung, dann schon kein Anspruch aus § 1004 I), „Beeinträchtigung ist jede Störung des gesundheitlichen Wohlbefindens der auf dem betroffenen Grundstück lebenden Personen bzw. jede Schädigung der dort befindlichen Sachen“, 2. die nicht unwesentlich sind (denn wenn un-wesentlich, dann schon Duldungspflicht aus § 906 I), 3. die weder Grobimmission darstellen (sind ohnehin von § 906 nicht erfasst, sondern bleiben verboten), 4. noch durch besondere Leitung zugeführt (ist durch § 906 III ausdrücklich für „unzulässig“ erklärt). 5. Ortsüblich für immittierendes Grundstück (nicht-ortsübliche Einwirkungen von § 906 nicht erfasst, sondern verboten, also § 1004 I). - 6. Ortsüblichkeit ist gegeben, wenn die Immission sich nach Intensität und Wirkungsdauer im Rahmen der von den anderen Grundstücken eines räumlichen Vergleichsbezirks ausgehenden Einwirkungen halten. Es kommt auf den ,,Bezirk“, den ,,räumlichen Bereich“ an, in dem sich das störende Grundstück befindet (nicht das betroffene, gestörte Grundstück). Welches ,,Gepräge“? Industrie-, Gewerbe-, Wohngebiet? Anhaltspunkt ist öffentl.-rechtl. Bauplanung. Wenn die gleiche Art der Benutzung wie auf dem ,,störenden“ Grundstück auch tatsächlich häufiger vorkommt. Außerdem kommt es darauf an, ob die Beeinträchtigung ,,nicht durch Maßnahmen verhindert werden kann“, 1. die technisch durchführbar und effizient sind und die außerdem 2. ,,den Benutzern dieser Art wirtschaftlich zumutbar sind“, § 906 II 1 (wenn zu verhindern in wirtschaftlich zumutbarer Weise, dann sind Einwirkungen unzulässig, also § 1004 I). 7. 5. Nicht zu prüfen: Verschulden. Rechtsfolgen gemäß §§ 1004, 906 II 1 1. Soweit § 906 II 1 dem Eigentümer des beeinträchtigten Grundstücks eine Duldungspflicht auferlegt, schließen §§ 906 II 1, 1004 II den negatorischen Anspruch des Eigentümers gemäß § 1004 I aus. 2. Der große Unterschied des § 906 II 1 einerseits zu §§ 1004 I und 906 I andererseits besteht darin, dass nur § 906 II zu einem Ausgleichsanspruch führt. 3. Soweit die Voraussetzungen des § 906 II 1 nicht gegeben sind, insbesondere 22. August 2011 Prof. Dr. H.-P. Benöhr 88 wenn Störung nicht ortsüblich ist oder wenn sie in zumutbarer Weise zu verhindern ist, ist Beseitigungs- und Unterlassungsanspruch des § 1004 I begründet, soweit sich nicht aus anderen Normen eine Duldungspflicht ergibt. Kapitel 7. Ausgleichsanspruch, § 906 II 2 § 906 hat, wie gesagt, drei verschiedene Funktionen: Rechtfertigung (Absatz 1 und Absatz 2 Satz 1), Ausschluss der Rechtfertigung (Absatz 3) und Anspruchsbegründung (Absatz 2 Satz 2). Die Anspruchsbegründung nach Absatz 2 Satz 2 erfolgt aber allein zum Ausgleich der „Beeinträchtigungserlaubnis“ in dem vorhergehenden Satz 1 des Absatz 2 (nicht etwa im Zusammenhang mit Absatz 1). Auf diese Mechanik kommt es in diesem Kapitel an. 1. Chemie II. Die an das Industriegebiet angrenzenden Landwirte können wegen der Schadstoffe des Chemiewerks kein hochwertiges Getreide anbauen. Sie haben aber gemäß §§ 1004 II, 906 II 1 keinen Unterlassungsanspruch gegen das Chemiewerk. Können sie für ihre Ertragseinbußen vom Verursacher, dem Chemiewerk, Ausgleich in Geld verlangen? Ja, gemäß § 906 II 2. 2. Zum Ausgleich für die Duldungspflicht des Eigentümers gemäß § 906 II 1 gewährt das Gesetz einen besonderen Ausgleichsanspruch, § 906 II 2. 3. Der Ausgleichsanspruch wird nur dann wegen Grundstücksbeeinträchtigung gegeben, wenn die Voraussetzungen des § 906 II 1 gegeben sind. Also für § 906 II 2 einfach unter § 906 II Satz 1 subsumieren. 4. „Entsprechende Anwendung von § 906 II 2“ 1. Wenn Kläger aus rechtlichen Gründen an Unterlassungsanspruch gehindert ist. Hauptfall: „Bürgerlich-rechtlicher Aufopferungsanspruch“ als Ausgleich für Duldungspflicht entgegen § 906 II 1, wenn die störende Anlage im Allgemeininteresse liegt oder auf hoheitlicher Tätigkeit beruht. 2. 5. Ebenso, wenn Kläger aus tatsächlichen Gründen gehindert ist, die Einwirkungen rechtzeitig abzuwehren, also bei „faktischem Duldungszwang“. Beispiel: Gebäudeschäden durch Ausschachtungsarbeiten oder durch Brand auf Nachbargrundstück. Wichtig, weil kein Verschulden des Störers vorausgesetzt wird. Höhe des Ersatzes zwischen Rsprg. und Lehre str.: 1. Rsprg. in Anlehnung Wortlaut § 906 II 2: "angemessenen" Ausgleich für unzumutbaren Teil der Beeinträchtigung, „nach den Grundsätzen der Enteignungsentschädigung“, „kann je nach Art und Weise der Einwirkung auf vollen Schadenersatz gehen“, insbesondere bei Substanzschaden. Lehre: voller Ausgleich wegen "privater" Interessen beider Teile. 2. Anspruch auch wegen Beseitigungskosten, verbleibender Minderwert, Ertragseinbußen. 6. Ansprüche auch des Nichteigentümers, nämlich Mieters=Besitzers gegen Störer. 7. Klärschlamm. Unerwünschte Klärschlammdüngung einer benachbarten ökologischen Anbaufläche, Schadenersatzanspruch des Nachbar-Bauern, § 906 II 2 analog (Hamm, NJW 1996, S.1354). Kapitel 8. Rechtsprechung und Lehre 1. Rechtsprechung Kupolofen (BGHZ 92, 143; Gerhardt, Fall 13); “Wurzelrechtsprechung“ (BGHZ 97, 231; 106, 142; 135, 235; BGH JZ 1992, 310; NJW 1995, 395); Milchpulver (BGHZ 110, 313; dazu Gursky, JZ 1990, 921); „Jugendzeltplatz“ (BHZ 121, 248 = JuS 1993, 775); Steinschlag (BGH Urt. v. 19. 1. 1996, NJW-RR 1996, 659); Bodenkontamination (BGH Urt. v. 1. 12.1995; NJW 1996, 845; dazu abl. Gursky, JZ 1996, 683, und Lobingen, JuS 1997, 981); Grundstücksvertiefungsschaden (BGH NJW-RR 1997, 1374); Schweinemästerei (BGH Urt. v. 30. 10. 1998; NJW 1999, 356 = JuS 1999, 610); Sprengungen (BGH Urt. v. 20. 11. 1998; NJW 1999, 1029 = JuS 1999, 709); Brand des Nachbarhauses (BGH Urt. v. 11. 6. 1999; NJW 1999, 2896 = JuS 2000, 190); Anspruch des Besitzers=Mieters wegen Beeinträchtigung gegen Nachbarn, „Produktionshalle“ (BGH Urt. v. 23. 2. 2001; NJW 2001, 1865 = JuS 2001, 816); „Mehltau“ (BGH Urt. v. 16. 2. 2001; NJW-RR 2001, 1208 = WM 2001, 1299; abl. Roth, JuS 2001, 1161); Duldungspflicht von Industrielärm (BGH Urt. v. 6. 7. 2001; NJW 2001, 3119 = JuS 2001, 1227); Duldungspflicht spielbedingten Kinderlärms (Düsseldorf, NJWRR 1996, 211); „Fäkalienregen von der Eisenbahnbrücke“ (Schleswig, NJW-RR 1996, 399); Beschädigung Rhododendron des Mieters (Düsseldorf NJW-RR 1999, 160); Backstube neben Hotel (Karlsruhe, NJW 2001, 1236); Bauarbeiten (LG Hamburg, NJW-RR 1999, 378); Videoüberwachung sei keine Grundstücksbeeinträchtigung (LG Itzehoe, NJW-RR 1999, 1394); Drogenhilfezentrum (BGH Urt. v. 7. 4. 2000; BGHZ 144, 200 = NJW 2000, 2901 = JuS 2000, 1120). 2. Literatur Immo_R_Stud_Skript_01_WS04(04Jul30).doc Grundstücksrecht 89 H. Kollhosser, Grundfälle zu Besitz und Besitzschutz, 3. Teil. Der Besitzschutz, in: JuS 1992, K. Schreiber, Possessorischer und petitorischer Besitzschutz, in: Jura 1993, 440 ff. 3. Schulfall: „Die unverdaulichen Golfbälle“ (Hammhorst, JuS 1996, 225); Trendfall: Blätter vom Nachbarbaum (Gerhardt, Fall 14 a). 4. Gestörte Computermonitore durch Bundesbahn. K verlangt von B, der Deutschen Bundesbahn, 50 000,- DM. K ist Eigentümer eines Gebäudes auf einem Grundstück, in dem er einen Betrieb für Grafik und Text betreibt. Unmittelbar neben dem Grundstück verläuft eine Bahnlinie. Diese wurde 1996 elektrifiziert. Der Elektrifizierung ist ein Planfeststellungsverfahren vorausgegangen. Der Planfeststellungsbescheid ist rechtskräftig und sagt nichts über die Nachteile der Anlieger aus sogenanntem Elektrosmog. Infolge der Elektrifizierung kann der Kläger die Bildschirme seiner Computer nicht mehr für seinen Betrieb benutzen. Eine Abhilfe ist nur möglich, wenn er neue Flachbildschirme anschafft. Für die Anschaffung macht er den Zahlungsanspruch geltend (Stuttgart, NW-RR 2001, 1313). 9. TEIL. WEITERE BEMERKUNGEN Kapitel 1. Begriffe 1. Der Ausdruck Sachenrecht hat zwei verschiedene Bedeutungen 1. die Gesamtheit der Regelungen, die Sachen betreffen, in dieser Bedeutung „das Sachenrecht als das 3. Buch des BGB“, das ist das Sachenrecht im objektiven Sinne, 2. das einzelne Recht einer Person, das eine bestimmte Sache betrifft, z. B. das Eigentum des Herrn Altmann an seinem Auto, das Sachenrecht als subjektives Recht; wiederholen Sie die Bedeutung von objektivem und subjektivem Recht; auch bezeichnet als dingliches Recht, gleichbedeutend: dingliches Recht. 2. Das dingliche Recht ordnet dem Berechtigten eine unmittelbare rechtliche Herrschaft über eine Sache zu. 3. Eigentum: Lesen Sie § 903, das dingliche Vollrecht an einer Sache. 4. Beschränkt dingliche Rechte sind alle dinglichen Rechte, z. B. Hypotheken und Grundschulden, außer dem Eigentum als dem dinglichen Vollrecht. 5. Subjektives Recht kurz: Berechtigung. Genauer: die vom objektiven Recht einem Rechtssubjekt in dessen Interesse verliehene Herrschaftsmacht. 6. Anwartschaftsrecht – eine einhellig anerkannte Definition fehlt. Ein Anwartschaftsrecht wird angenommen, wenn von einem mehraktigen Entstehungs- oder Übertragungstatbestand eines Rechts so viele Erfordernisse erfüllt sind, dass der Veräußerer die Rechtsposition des Erwerbers nicht mehr durch einseitige Erklärung zerstören kann; ... wenn der Erwerb des Vollrechts nur noch vom Erwerber abhängt. 7. Als dingliche Rechtsgeschäfte werden die Rechtsgeschäfte des Sachenrechts bezeichnet. 8. Die Verfügung ist ein Rechtsgeschäft, das unmittelbar die Übertragung, 22. August 2011 Prof. Dr. H.-P. Benöhr Belastung oder Aufhebung eines Rechts bewirkt und das damit unmittelbar auf eine Rechtsänderung gerichtet ist. Also sind die meisten dinglichen Rechtsgeschäfte Verfügungen (im Unterschied zu Verpflichtungen). Wichtig z. B. für §§ 185, 816 und 883. Kapitel 2. Sachenrechtsprinzipien 1. 2. Spezialitätsprinzip Publizitätsprinzip, Öffentlichkeitsgrundsatz 3. Typenzwang, Typenfixierung, numerus clausus der Sachenrechte, Die Arten und der Inhalt der im (objektiven) Sachenrecht möglichen Berechtigungen sind gesetzlich festgelegt; die Parteien können keine weiteren (subjektiven) Sachenrechte neu schaffen; die Gestaltungsfreiheit als Teil der Privatautonomie ist insofern beschränkt. Damit ist die Zahl der Sachenrechte erschöpfend festgelegt. 4. Absolutheit der dinglichen Rechte. Das absolute Recht ist ein Herrschaftsrecht, das gegenüber jedermann wirkt (Gegensatz: relatives Recht wirkt nur zwischen bestimmten Personen). 5. 6. 7. 8. 9. 10. 11. Trennungsprinzip Abstraktionsprinzip das Problem der Akzessorietät Sukzessionsschutz („Elefanten-Prinzip“ ©) Rangprinzip gutgläubiger Erwerb Unterordnung unter das Verfassungsrecht. Kapitel 3. Schwerpunkte 1. Klausuren 1. Kaufvertrag 1. Formerfordernis und Heilung des Formmangels 2. Kauf bricht nicht Miete 2. Eigentumsübertragung 1. Zustimmung des Ehegatten, § 1365 2. Verhinderung der Weiterübertragung, Vorbehalt der Rückübertragung 3. Vormerkung 1. Wirkung einer Vormerkung auf späteren Mietvertrag 2. Gutgläubiger Ersterwerb vom Nichteigentümer 3. Gutgläubiger Zweiterwerb vom Nichtvormerkungsberechtigten 4. Hypothek 1. Gutgläubiger Zweiterwerb vom Nichtgläubiger, insbes. Briefhypothek 2. Rückgriff bei mehreren Sicherungsgebern 3. Fehler bei der Rang-Eintragung 4. Verwertung fremden Zubehörs 5. Sicherungsgrundschuld 1. Mängel der gesicherten Forderung 2. getrennte Übertragung von Grundschuld und Forderung Immo_R_Stud_Skript_01_WS04(04Jul30).doc 90 Grundstücksrecht 2. Rechtsprechung 1. Wirksamkeit der Vollmacht 2. Übertragung der Stellung des Grundstückserwerbers 3. Hypothek: wesentliche Bestandteile, Zubehör 4. Beseitigungs- und Unterlassungsansprüche, §§ 1004, 906 3. Weiterer Schwerpunkt: Verkauf eines belasteten Grundstücks etc. Kapitel 4. Literatur Zum Einstieg: W. Gerhardt, Immobiliarsachenrecht, 5. Aufl., 2001 anspruchsvoller: M. Wolf, Sachenrecht, 19. Aufl., 2003 ausgefallen: K. Schellhammer, Sachenrecht nach Anspruchsgrundlagen, 2001 Standardwerk: Baur/Stürner, Sachenrecht, 17. Aufl., 1999 Klassiker: Martin Wolff, Ludwig Raiser, Sachenrecht, 10. Aufl., 1957. Allgemeines „Handwerkszeug“: G. Köbler, Juristisches Wörterbuch, 12. Aufl., 2003. Unerlässlich für Klausurvorbereitung: R. Schimmel, Juristische Klausuren und Hausarbeiten richtig formulieren, 5. Aufl., 2004. 22. August 2011 91