fit am Ball Africa - CSR

Transcription

fit am Ball Africa - CSR
CSR*today
1/2011
Stars, Brains &
Helping Hands
Wie man erfolgreich Gutes tut
Germany’s Top Teachers
Sechs Asse im Schuldienst
AfriKa, mon amour
Die Reisetagebücher von
„Fit am Ball Africa“
2
Stars für CSR – Stars support CSR projects
Viele Prominente stellen sich gern in den Dienst der guten Sache – zum Beispiel für „Fit am Ball“
(FaB) oder für „Der Deutsche Vorlesepreis“ (DDVP). Eine Auswahl in Fotos (von links oben nach
rechts unten): TV-Moderatorin Collien Fernandes (DDVP), Fußball-Nationalspieler Bastian Schweinsteiger (FaB), OK-Präsidentin der Frauenfußball-WM Steffi Jones (FaB), Kölns OB Jürgen Roters (FaB),
Schauspielerin Christiane Hörbiger (DDVP), Trainer-Legende Otto Rehhagel (FaB), DFB-Trainer Horst
Hrubesch (FaB), TV-Moderatorin und WM-Botschafterin Shary Reeves (DDVP), RTL-Gesicht Katja
Burkard (DDVP), der frühere Bundesfamilienminister Heiner Geißler (FaB-Schirmherr), Deutschlands
Top-Anchorman, RTL-Chefredakteur Peter Kloeppel (DDVP), ZDF-„Sportstudio“-Gesicht Katrin
Müller-Hohenstein (FaB), Comedian Dirk Bach (DDVP), Fußball-Experte Reiner Calmund (FaB), FußballWeltmeisterinnen Inka Grings (l.) und Sonja Fuss (FaB), Fußball-Nationalspieler Lukas Podolski (FaB),
Schauspielerin Andrea Sawatzki (DDVP), DFB-Trainer Hans-Dieter Flick (links) und Fußball-Nationalmannschafts-Manager Oliver Bierhoff (rechts, FaB; Mitte: „Fit am Ball“-Projektleiter Prof. Dr. Jürgen
Buschmann), TV-Journalistin Katty Salié (DDVP), TV-Moderatorin Gülcan Kamps (DDVP), RTL-Gesicht
Birgit Schrowange (DDVP).
Fotos: Jörg Carstensen, DFB, Jens Koch, Martin Lässig, Stefan Menne, Harald Stoffels
Calmund
Editorial
Roland Stroese
Sprecher der Geschäftsführung
Intersnack Knabber-Gebäck GmbH & Co. KG
GesellschaftlicheS Engagement Geht jeden etwas an
CSR – Corporate Social Responsibility – liegt im Trend. Dass gewinnorientiertes Wachstum und Beiträge
zur sozialen Entwicklung Hand in Hand gehen sollten, ist heute vielen Unternehmen klar.
Wir von Intersnack nehmen schon seit Jahren nachhaltig unsere gesellschaftliche Verantwortung wahr.
Zum Beispiel mit dem preisgekrönten Projekt „Fit am Ball“. Die bundesweite Initiative für mehr Freude
an Sport und Bewegung in der Schule wird bereits im achten Jahr von Intersnack finanziert. Oder mit der
Bildungsinitiative „Der Deutsche Vorlesepreis“: Gegründet 2005 von Intersnack, als Unterstützung ehrenamtlicher Engagements zur Förderung des Lesens und der Liebe zum Buch.
Viele Menschen unterstützen uns bei CSR-Projekten. Prominente, die mit ihrem guten Namen für die Qualität der Initiativen bürgen. Wissenschaftler, die in unserem Auftrag Grundlagenforschung betreiben und
hochqualifizierte Hilfsprogramme entwickeln. Experten für die Organisation und Umsetzung der Programme, Lehrer und Erzieher, Schüler, Studenten und Senioren, Angehörige unterschiedlichster Berufe – und
viele ehrenamtlich tätige Bürger.
Von diesen Menschen, ihrem Schaffen und den wichtigen Projekten, in denen sie tätig sind, handelt
„CSR today“. Es ist eine Anerkennung ihrer Arbeit. Unser neues Heft dokumentiert aktuelle CSR-Trends
und Hintergründe in journalistischer Form. Wir wollen informieren und motivieren – gesellschaftliches
Engagement geht jeden von uns etwas an.
Da unsere Projekte europaweit Interesse wecken, erscheint CSR today zweisprachig, in Deutsch und in
Englisch.
Ich wünsche Ihnen viel Freude beim Lesen und eine Menge Anregungen! 
community involvement is everyone‘s responsibility
CSR - Corporate Social Responsibility - it‘s the trend. It is clear to many companies today that profit-oriented growth and contributions to social development go hand in hand.
For many years, we of Intersnack have had an abiding perception of our social responsibility. For example,
the award-winning project “Fit am Ball” (“Fit on the ball”). This nationwide initiative for greater enjoyment of sports and exercise at school is now in its eighth years of funding by Intersnack. Or there‘s the
“Der Deutsche Vorlesepreis” (“The german reading aloud prize”), an educational initiative founded in
2005 by Intersnack to support volunteer involvement to promote reading and the love of books.
There are many people who support our CSR projects. Celebrities, who vouch for the quality of the initiatives with their own reputations. Scientists, who conduct basic research on our behalf and develop highly
qualified assistance programs. Experts who organise and implement the programs, teachers and educators,
students and seniors, members of different professions - and many citizens who volunteer their time.
These people, their creative work and the important projects to which they contribute, make “CSR today”.
It is a tribute to their work. Our new booklet documents, in journalistic form, current CSR trends and how they
have developed. We want to inform and motivate; community involvement is everyone‘s responsibility.
Since our projects are arousing interest Europe-wide, “CSR today” is appearing in two languages,
German and English.
I hope you enjoy reading and get a lot of good ideas! 
3
TOP
TERMINE 2011:
5. 7. DeutschlandFinale, 3.12. Wissenschaftskonferenz
FABCON11, Deutsche
Sporthochschule
Köln, Details www.
fitamball2011.de
Calmund
Anzeige
wir danKen unseren freunden und fÖrderern
4
csr*today 1/2011
disKussion
Woher kommt der Trend zu CSR-Projekten?
Für wen lohnt sich das soziale Engagement
von Unternehmen? Warum scheitern manche
gut gemeinten Vorhaben? Drei führende Experten diskutieren über Chancen und Risiken
von Corporate Social Responsibilty Initiativen.
spendenwanderunG
Für einen guten Zweck wanderten 14 engagierte Frauen und Männer 100 Tage lang
durch Deutschland. Sie hielten Vorträge vor
Zehntausenden von Menschen, sammelten
Spenden für Schulen und Bildungseinrichtungen in Afrika. Wie organisiert man eine
solche „Spendenwanderung“?
afriKa
Teams der CSR-Aktion „Fit am Ball Africa“
bereisten in zwei Jahren sechs afrikanische Länder. Jeder, der dabei war, erlebte
Geschichten, die sein Leben ein Stück weit
veränderten. Sechs persönliche Storys aus
den Reisetagebüchern der Mitarbeiter des
Hilfsprojektes.
lehrer
Lehrer gehören zu den meistgescholtenen
Berufsgruppen überhaupt. Wir wollen mit
unserem Beitrag alte Vorurteile korrigieren.
Sechs Porträts von engagierten Pädagogen
aus unterschiedlichen Schulformen, die Kollegen, Kindern und Eltern als Vorbild gelten.
projeKte
Eine gute Idee allein reicht nicht aus, damit
ein soziales Projekt gelingt. Was braucht eine
CSR-Initiative, um nachhaltig erfolgreich zu
sein? Drei ganz unterschiedliche Fallbeispiele
für gelungenes bürgerschaftliches Engagement aus den Bereichen Schulsport- und
Leseförderung.
calmund
Reiner Calmund gehörte viele Jahre lang
zu den bekanntesten Fußball-Managern
Deutschlands. Weniger bekannt ist, wie viele
soziale Projekte der Medienstar unterstützt.
In seiner Kolumne fordert Calmund, dass
jedes Unternehmen soziale Verantwortung
übernehmen sollte.
seite 6
Where does the trend for CSR projects come
from? Who benefits from companies‘ social
involvement? Why do some well-intentioned
projects fail? Three leading experts discuss
the opportunities and risks of Corporate
Social Responsibility initiatives.
seite 20
Fourteen dedicated women and men hiked
around Germany for 100 days, for a good
cause. They addressed tens of thousands of
people and collected donations for schools
and educational institutions in Africa. How
does one organise such a ”charity hike“?
seite 34
Teams from the “Fit am Ball Africa” CSR project visited six African countries in two years.
Everyone who was there witnessed stories
that changed his or her life considerably. Six
personal stories from the travel diaries of the
staff of the aid project.
seite 48
Teachers are among the professional groups
who come in for the most scolding. We offer
a contribution to correcting old prejudices.
Six portraits of dedicated teachers from
different types of schools, who serve as role
models for colleagues, children and parents.
seite 66
A good idea alone is not enough for the
success of a social project. What does a CSR
initiative need in order to achieve sustainable
success? Three very different case studies of
successful civic involvement, from the fields
of promoting physical education and reading
skills.
seite 76
Reiner Calmund was one of the most famous
football managers in Germany for many
years. Less well known is how many social
projects this media star supports. In his
column, Calmund calls for every company to
take social responsibility.
5
Diskussion
Die Professoren Jürgen Buschmann, Horst Flaschka und
Ulrich Oevermann über Ursachen, Möglichkeiten und
Grenzen des sozialen Engagements von Unternehmen
„Die Verbesserung
der Schulbildung ist
heute ein wichtiges
CSR-Thema“
Foto: Martin Lässig
Professor Dr. Ulrich Oevermann,
geboren 1940, Soziologe, Emeritus der
Goethe-Universität Frankfurt am Main
Professor Dr. Ulrich Oevermann,
born in 1940, sociologist, Professor Emeritus at
Goethe University, Frankfurt am Main
7
Diskussion
Professor Dr. Horst
Flaschka, geboren 1940,
Germanist und Erziehungswissenschaftler,
Emeritus der Universität
zu Köln
Professor Dr. Horst
Flaschka, born in 1940,
German studies and
education researcher,
Professor Emeritus at the
University of Cologne
Professor Dr. Jürgen Buschmann, geboren 1949, Leiter des Instituts für
Olympische Studien der Deutschen Sporthochschule Köln
Professor Dr. Jürgen Buschmann, born in 1949, Director of the Institute
for Olympic Studies of the German Sport University Cologne
Wachstumsmarkt CSR: Immer mehr Unternehmen finanzieren nachhaltige gesellschaftliche
Engagements. Woher kommt
der Trend zum Guten? Was sind
Kriterien für den Erfolg eines CSRProjekts? Wieso scheitern viele
gut gemeinte Versuche? Themen
eines Streitgesprächs zwischen
drei ausgewiesenen Experten für
„Corporate Social Responsibility“.
Professor Dr. Jürgen Buschmann
(JB; Deutsche
Sporthochschule Köln) ist der
wissenschaftliche
Leiter von „Fit am Ball – Der
Schul-Cup von funny-frisch“, die
größte privat finanzierte Schulsport-Förderung Deutschlands.
Professor Dr. Horst Flaschka (HF;
Germanist und Erziehungswissenschaftler) von der Universität zu
Köln ergänzte „Fit am Ball“ durch
ein innovatives Selbst-CoachingKonzept und war an der Entwicklung der privaten Bildungsförderung „Der Deutsche Vorlesepreis“
beteiligt. Professor Dr. Ulrich
Oevermann (UOe) aus Frankfurt
am Main, seit Jahrzehnten einer
der herausragenden Soziologen
Deutschlands und Begründer der
Methode der Objektiven Hermeneutik, leitet die soziologische
Grundlagenforschung zu „Fit am
Ball“ und die unabhängige Evaluation des Projekts. Harald Stoffels
(HS), CSR-Berater und verantwortlich für die Kommunikation von
„Fit am Ball“ und
„Der Deutsche Vorlesepreis“, moderierte das Gespräch.
„Das wichtigste an CSR ist
das ernsthafte Bemühen
des Unternehmens.“
Professors Jür“The most important thing in CSR is the company‘s concept and was
involved in the
seriousness about the effort”.
gen Buschmann,
development of the
Horst Flaschka
private educational
cess of a CSR project? Why do a
and Ulrich Oeinitiative “Der Deutsche Vorleselot of well-intentioned attempts
vermann on the causes, popreis”. Professor Dr. Ulrich Oefail? Subjects for discussion bettentialities and limits of social
vermann (UOe) from Frankfurt
ween
three
qualified
experts
for
involvement by companies.
“Improvement of
education is an
important CSR
issue today”
Growth market CSR: More
and more companies are providing long-term financial aid for
social projects. Where has this
trend to do good come from?
What are the criteria for the suc8
“Corporate Social Responsibility”. Professor Dr. Jürgen Buschmann (JB; German Sport University Cologne) is the academic
manager of the project “Fit am
Ball – Der Schul-Cup von funnyfrisch”, the largest privately
financed schools sport sponsorship in Germany. Professor Dr.
Horst Flaschka (HF; specialist in
German studies and educationalist) from the University of Cologne supplemented “Fit am Ball”
by an innovative self-coaching
am Main, one of the outstanding
sociologists in Germany over
the past decades and founder of
the method of objective hermeneutics, is responsible for the
sociological research related to
“Fit am Ball” and the independent evaluation of the project.
Harald Stoffels (HS), CSR consultant and responsible for the
communication of “Fit am Ball”
and “Der Deutsche Vorlesepreis”,
hosted the discussion.
Rubrik
Fotos: Martin Lässig
9
Diskussion
Harald Stoffels, geboren 1955, Moderator der Diskussion
Harald Stoffels, born in 1955, moderator of the discussion
HS: Der Begriff Corporate Social
Responsibility ist schon ein halbes Jahrhundert alt, kam aber erst
vor rund zehn Jahren in Mode.
Was unterscheidet ein zeitgenössisches CSR-Projekt vom sozialen
Engagement eines Unternehmens
früherer Prägung?
HF: CSR-Projekte müssen eine
Projektionsfläche für viele Wünsche und Interessen abgeben. Es
muss immer ein Stück Zeitgeist
dabei sein. Ich realisiere im Augenblick eignungsdiagnostische
Maßnahmen für Unternehmen.
Darunter sind Potenzial- und
Kompetenzanalysen zu verstehen,
bei denen es darum geht, berufliche Fähigkeiten und Fertigkeiten
von Mitarbeitern für den heutigen
Arbeitsmarkt aufzuspüren, zu
entwickeln und zu optimieren.
Der Wunsch von vielen ist es, zu
erfahren, wo ihre wahren Talente
liegen und ob sie als Persönlichkeit den beruflichen An- und Herausforderungen gewachsen sind.
UOe: Das, was wir heute CSR
nennen, war früher normaler
Bestandteil des Selbstverständnisses eines Unternehmens.
Deshalb brauchte man auch keine
besondere Vokabel dafür. Dass die
10
Verhältnisse heute anders sind,
liegt aus soziologischer Sicht
daran, dass die Schere zwischen
Vergemeinschaftung und Vergesellschaftung immer weiter auseinander geht. Früher waren Unternehmen wie selbstverständlich
in lokale, regionale und nationale
Zusammenhänge eingebunden.
Und es gab so etwas wie ein
Treuebündnis zwischen Arbeitgebern und Arbeitnehmern. Die
Tatsache, dass es für das gesamte
Leben eines Menschen folgenreich ist, wenn er in einem Unternehmen eine Arbeitsstelle antritt,
war unbestritten. Dazu passt,
dass manche alten Manager heute
noch das Bild ‚lebender Organismus’ benutzen, wenn sie ihr
Unternehmen charakterisieren.
Soziologisch gesehen sind das
Aspekte der Vergemeinschaftung,
also von Konzepten, in denen der
Mensch als Ganzer thematisiert
wird. Heute jedoch ist in der Betriebswirtschaft zunehmend ein
Unternehmenskonzept dominant,
bei dem das Unternehmen nur
noch als System von Parametern
gesehen wird, mit dem Ziel einer
Optimierung der Wertebewegung.
Das Unternehmen wird in dieser
Vorstellung letztlich selbst zur
Handelsware. Der Arbeitneh-
mer gerät dann nicht mehr als
Mensch in den Blick, sondern
nur noch als Parameter, der durch
spezifisches Rollenhandeln zur
kurzfristigen Erhöhung des Unternehmenswerts beiträgt. Das sind
Aspekte der Vergesellschaftung,
soziologisch gesehen.
HS: Das wäre aber doch das
Ende von jedem sozialen Engagement, das sich nicht auf kurzfristige Wertschöpfung reduzieren
lässt?
UOe: Nein, nicht so schnell.
Einerseits verschwindet die Verwurzelung von Unternehmen als
soziale Gebilde in einer sozusagen umschreibbaren Vergemein-
schaftung zusehens. Das hängt
mit Aspekten der Globalisierung
als Vergesellschaftung zusammen.
Fällt damit auch die Sozialverantwortlichkeit flach? Nein, sonst
wäre das Phänomen der Corporate Social Responsibility Projekte
nicht entstanden. Ganz offensichtlich gibt es nach wie vor
so etwas wie das Legitimationsbedürfnis der Mächtigen. Trotz
aller betriebswirtschaftlichen
Unternehmenskonzeptionen, die
ja zum Beispiel in den USA auch
zunehmend in die Krise geraten,
ist der Versuch sichtbar, die alten
Funktionen wieder instand zu setzen. Dass ein Unternehmen sich
doch wieder als eine Lebenswelt
versteht, die mit einer sozialen
Umgebung verzahnt ist. Nur kann
Fotos: Martin Lässig
their personality can cope with
the job-related demands and
challenges.
UOe: What we call CSR today
„Der CSR-Sponsor Intersnack
und ‚Fit am Ball‘ sind
besondere Paradebeispiele.“
“CSR sponsor Intersnack and `Fit am Ball‘ are prime
positive examples”.
HS: The term Corporate Social
Responsibility has been around
for about fifty years, but only
became fashionable about ten
years ago. What is the difference
between a contemporary CSR
project and the way companies
used to help others in society?
HF: CSR projects must deliver
an object of projection for numerous wishes and interests.
It always has to include the spirit
of the age to a certain extent. At
the moment I am designing measures that diagnose a company’s
suitability. This means competence potential analyses, which
aim to track down, develop and
optimize professional potentials
of employees for the presentday labour market.The desire
of many people is to find out
where their real talents lie and if
used to be a normal component
in a company’s self-conception.
This is why no separate word
was needed for it. The fact that
things are different today is due
from a sociological point of view
to the fact that the gap between
collectivization and socialization
is growing all the time. It used to
be the norm for companies to be
involved in local, regional and
national relations. And there was
a kind of pledge of faithfulness
between employers and employees. The fact that starting work
in a company will have consequences for someone’s entire
life was undisputed. This is why
some old managers still use the
metaphor ‘living organism’ when
they are characterising their
company. In terms of sociology,
these are aspects of collectivization, in other words of concepts
where people as a whole are the
central theme. Today, however,
business management is increasingly being dominated by a concept where the company is only
regarded as a system of parameters with the aim of optimising
the movement of values. In the
end, the company itself becomes
goods in this concept. Employees are no longer considered
as human beings, but rather as
parameters that contribute to the
short-term increase in company
value through specific role-based
actions. These are aspects of
socialization from a sociological
point of view.
HS: But that would mean the
end of any social commitment
that cannot be reduced to shortterm value creation?
UOe: No, it’s not as simple
as that. On the one hand, the
rootedness of the company as a
social structure is gradually disappearing in a so-called process
of collectivization. This is related
to aspects of globalization as socialization. Does this mean that
social responsibility is a thing
of the past? No, otherwise the
phenomenon of Corporate Social
Responsibility projects would
not have been developed. Quite
obviously, the powers that be
still have some kind of need to
legitimate themselves. Despite all
economic company conceptions
which are increasingly being hit
by crises in the USA, for example, the attempt to repair old
functions can clearly be seen.
11
Diskussion
es diese Verzahnung unter den
jetzigen Bedingungen häufig nicht
mehr allein leisten. Die dominante betriebswirtschaftliche Theorie
gibt das nicht her. Es reicht aber
auch nicht, sich direkt an eine
staatliche oder kommunale Behörde anzulehnen. Denn ein Unternehmen sucht normalerweise
immer die Chance, neue Impulse
zu geben und eine Korrektur zur
Technokratie und Bürokratie zu
sein. So kommt ein Konzept wie
Corporate Social Responsibilty ins
Spiel, bei dem in der Regel ein
Berater zwischen Wirtschaft und
Wissenschaft vermittelt.
HS: Was sind denn die Grundvoraussetzungen für ein sinnvolles
CSR-Projekt?
UOe: Programme, die nur auf die
Imagepflege eines Unternehmens
abzielen, sind natürlich von vornherein zum Scheitern verurteilt,
weil dann die Glaubwürdigkeit
schnell eingebüßt ist. Auch wenn
das sehr simpel und naiv klingt:
Am wichtigsten ist zunächst
einmal das ernsthafte Bemühen
eines Unternehmens. Es muss
akzeptieren, dass es Bestandteil
einer sozialen Realität ist und
in dieser auch Verantwortung
wahrzunehmen hat. Also nicht
ausschließlich seinem Eigeninteresse unter dem Gesichtspunkt
der Gewinnmaximierung dienen
darf. Dann werden Vergemein-
schaftungsprozesse thematisch,
die inhaltlich auf vielfache Weise
ausgeprägt sein können. Dabei ist
immer von zentraler Bedeutung
für den Erfolg, dass ein Unternehmen sich das CSR-Projekt auch
wirklich zu eigen macht.
Projekt „Fit am Ball“ besondere
Paradebeispiele, die ihresgleichen
suchen.
JB: Für mich ist die Frage, ob
ein Unternehmen sich unbedingt
gesellschaftlich engagieren muss
oder nicht, weniger entscheidend.
Im Fall des Sponsors Intersnack,
der 2003 mit seiner Marke
„funny-frisch“ das Projekt „Fit
am Ball“ angeregt hat, war es
wohl tatsächlich so, dass man
von Anfang an eine Verantwortung für die Gesellschaft gesehen
hat. Der aktuelle Stimulus für die
Aktivität war das damals plötzlich
relevante Problem des wachsenden Übergewichts bei Kindern
und Jugendlichen. Für mich ist
aber wichtiger, dass wenn ein
Unternehmen sich für ein CSRProjekt entscheidet, es dann seine
Verantwortung aber auch wirklich
annimmt. Diese Verantwortung
besteht darin, sich nachhaltig zu
engagieren, nicht nur kurzfristig
und dafür oft besonders spektakulär, wie das leider viele Firmen
oder Verbände tun. Die setzen
dann CSR-Projekte wie Marketinginstrumente ein, was keinen
Sinn macht. In dieser Beziehung,
bezogen auf die Nachhaltigkeit des Engagements, sind der
CSR-Sponsor Intersnack und das
JB: Blicken wir zunächst auf
die Projektstruktur. Es gibt einen
Sponsor, Intersnack, der das
Projekt finanziert. Eine Projektdurchführung mit wissenschaftlicher Begleitung, die Deutsche
Sporthochschule Köln. Das
Institut für Hermeneutische Sozialund Kulturforschung Frankfurt
mit zusätzlicher soziologischer
Grundlagenforschung. Die Schulen als Adressaten des Projekts.
Und außerdem, wie ich finde
sehr wichtig für die Dynamik des
Projekts und für eine zusätzliche
Wertschöpfung aller Beteiligter,
eine neutrale Instanz. In diesem
Fall eine Agentur, die zwischen
den Einzelinteressen vermittelt,
Impulse der Beteiligten aufnimmt,
selbst neue Ideen einbringt. Mit
dieser Konstruktion ist bei „Fit
am Ball“ gelungen, was es meines
Wissens bis dahin noch nicht
gab: Ein CSR-Projekt in Schulen
erfolgreich zu implantieren. Mit
der Wirtschaft zusammenzuarbeiten, war für die allermeisten Schulen ja bis Anfang dieses
Jahrtausends verpönt. Damit hat
unser Projekt Neuland betreten
und für viele andere eine Vorbildfunktion übernommen.
HS: Wie würden Sie „Fit am
Ball“ als positives Beispiel genau
beschreiben?
HF: Man muss aber auch
über Inhalte sprechen – es gibt
attraktive und weniger attraktive
Projektinhalte für die Wirtschaft.
Nach meiner Erfahrung stellt
jedes Unternehmen doch immer
die Frage: Wie rechnet sich dieses
Engagement für uns, was kommt
dabei für uns heraus? Und in
dieser Hinsicht gewinnt „Fit am
Ball“ natürlich doppelt: Fußball
ist etwas, woran in Deutschland
jeder teilhaben möchte und Fußball plus Gesundheit ist natürlich
der Knaller. Daran haben Millionen Menschen ein persönliches,
vitales Interesse, quer durch alle
Schichten. Das gilt längst nicht
12
für jedes objektiv wichtige Fördervorhaben. Also, wenn ich ein
Projekt anbiete, dann muss ich
mich erst mal fragen, ob es auch
einen aktuellen Reiz hat, der in
den Köpfen von vielen verankert
ist. Das ist ein pragmatischer Aspekt mit großer Bedeutung für ein
CSR-Projekt. Übrigens auch ein
für mich wichtiger, zusätzlicher
Punkt: Beim Thema CSR wird
die Treppe von oben gekehrt.
Das heißt: Man muss gleich am
Anfang die Unternehmensleitung überzeugen. Diese Leute
erkennen am ehesten, welchen
zusätzlichen Werbe- und NutzefFotos: Martin Lässig
That a company sees itself as a
living environment again, closely
linked with a social environment. Yet these days, companies
are often not in a position to
maintain these links by themselves. The dominant economic
theory does not allow for this.
It’s not enough, however, to rely
directly on state or communal
authorities for support. Because
companies usually always look
for a chance to provide new
impulses and correct technocracy and bureaucracy. This is
where a concept like Corporate
Social Responsibility comes into
it, where a consultant usually
mediates between business and
scholarship.
HS: What are the basic requirements for a meaningful CSR
project?
UOe: Programs that have only
been designed to improve a
company’s image are bound to
fail, of course, because credibility is quickly lost. Even if this
sounds very simple and naïve:
the most important thing is the
company’s serious endeavours.
It has to accept that it is part of a
social reality where it has to take
responsibility. In other words,
a company must not only serve
its own interests from a point of
view of maximizing profit. Then
attention is directed to collectivization processes, which can be
widely different in terms of content. Success always depends to
a major extent on the company
really embracing the CSR project.
JB: For me, the question of
whether a company must make
some kind of social commitment
or not is not that crucial. In the
case of the sponsor Intersnack,
who initiated the project “Fit
am Ball” with its “funny-frisch”
brand in 2003, it was indeed the
case that the company wanted
to take over responsibility for
society right from the beginning.
The current stimulus for activity
was the suddenly relevant problem of increasing numbers of
overweight children and teenagers. For me, however, the more
important factor is that when a
company decides to carry out a
CSR project, it really does accept
its responsibility. This responsibility is expressed in terms of
long-term commitment, not only
13
Diskussion
fekt ein CSR-Projekt haben kann.
Der Einstieg über das mittlere Management führt heutzutage leider
nur auf Umwegen zum Ziel.
HS: Damit wäre dann ein Wan-
del benannt: Vom Mäzenatentum,
das dem Gemeinwohl ohne Hintergedanken dient, zum Sponsorentum, das gleichzeitig auch ein
Eigeninteresse geltend macht –
wie vermittelt auch immer?
UOe: Der Gegensatz stimmt so
nicht ganz. Zunächst einmal
mussten Unternehmen früher
viel weniger Steuern zahlen als
heute. Es fiel ihnen also erheblich
leichter, als Mäzen so etwas wie
eine freiwillige gemeinwohlorientierte Abgabe zu leisten. Wenn
man daraus aber ableiten würde,
dass wegen der höheren Steuerbelastung heute nun alles der
staatlichen Fürsorge überlassen
werden sollte, wäre das meiner
Meinung nach ein Fehler. Denn
dann würden wir nur einen
riesigen Technokratiebereich mit
geringer Innovationsrate erzeugen. Nein, ich denke, es gab
schon immer ein berechtigtes
Eigeninteresse, und zwar auf
beiden Seiten, Förderer wie Geförderter. Es gibt sozusagen eine
konkurrierende Abhängigkeit von
weltlicher Macht und Macht des
Geistes. Konkret heißt das: Die
Kulturleistenden kommen ohne
private Förderung nicht aus. Doch
wer die wirtschaftliche Macht hat,
14
muss auch immer seinen Einfluss
legitimieren, also öffentlich darstellen, dass er damit etwas Gutes
tut. Und um diese Argumente
und ihre Begründung zu erhalten,
braucht der wirtschaftlich Mächtige die Kultur und ihre Autonomie.
Das war schon immer so.
HS: Was ist denn wirklich neu
an CSR?
UOe: Was den Wandel vom
Mäzenatentum zum CSR-Sponsorentum ausmacht, besteht darin,
dass die Wirtschaft gemeinwohlorientierte Förderung aus dem
eigenen Selbstverständnis heraus
zunehmend nicht mehr leisten
kann. So ist heute zum Beispiel
auch immer ein gesicherter Effekt
des Projekts gefragt, also eine
nachhaltige Wirkung, in der Fachsprache der CSR formuliert. Dafür
braucht es einerseits wissenschaftliche, methodische Kompetenz. Andererseits muss aber
auch fachkundig Hilfe bei der
Suche nach und der Entscheidung
für ein bestimmtes Projekt geleistet werden. Diese Kompetenz
besitzt der Bereich Wissenschaft
für sich genommen nicht. Das
sichert heute der wissenschaftlich
ausgebildete Berater als unabhängige Instanz. All diese Dinge sind
neu und spezifisch für CSR.
HF: Ich denke, als Professor
ist man mit seinem Titel für die
Firmen quasi der Garantiestempel
für ein seriöses Projekt. Damit
wuchern die Unternehmen. Das
ist natürlich immer ein wenig
heikel, solange es keinen Außenstehenden gibt, der das Projekt
evaluiert. Dessen muss sich jeder
bewusst sein.
HS: Wie stellen Sie sich den
„idealen Förderer“ als CSR-Sponsor vor?
JB: Am allerbesten geht die Initiative vom Unternehmen aus. Zum
Beispiel von einem Unternehmen,
das aktuell eine Krise in der
Öffentlichkeit erlebt, also etwa
politischen Anfeindungen ausgesetzt ist, die es als ungerecht
erachtet. Mit einem sinnvollen,
unabhängigen CSR-Projekt kann
man seinen Standpunkt oft besser
deutlich machen als mit 100 Briefen an die Presse. Es kommt dann
für den Wissenschaftler darauf
an, ein Projekt zu entwickeln, das
über den aktuellen Anlass hinaus
allgemeine Bedeutung für das
Gemeinwohl hat.
UOe: Ja, oder anders gesagt: Das
Projekt muss in seiner kulturellen
Bedeutsamkeit authentisch sein.
Es darf nicht nur Schein und
Schaum sein. Und gleichzeitig
muss es für die Imagepflege des
Unternehmens konkret werthaltig
sein. Auch in meinen Augen ist
die Erfolgschance am größten,
wenn das Unternehmen in einer
Krise die Nachfrage selbst startet.
Das entspricht dem Leidensdruck
in der Arzt-Patienten-Beziehung.
Wenn der Beratungsnehmer von
sich aus etwas will, dann bindet
er sich auch am ehesten.
HS: Welche Inhalte sind heute für CSR-Projekte besonders
geeignet?
UOe: Alle Programme, die in Bereiche eingreifen, die auf Grund
der inneren Rationalisierungsdynamik unserer Gesellschaft
Defizite aufweisen. Zum Beispiel
im Bereich des Bildungssystems.
Ich meine im weitesten Sinn vor
allem die musisch-ästhetische
Bildung in der Schule. Die ist
im Zuge der PISA-Debatte leider
stark in den Hintergrund gerückt.
Dazu gehören Musik, Kunst, auch
Sport, auch das Lesen. Beim Vorlesen, das sich das Projekt „Deutscher Vorlesepreis“ zum Thema
gemacht hat, geht es ja nicht
nur um die Kulturtechnik Lesen
sondern auch um die soziale Rezeption von literarischen Texten.
Ich könnte mir auch vorstellen,
Fotos: Martin Lässig
Diskussion
selves as personally with the intention as in the case of football.
The social conscience of many
company directors often does not
go quite that far. So when I offer
a project, I have to ask myself
first whether it has an up-to-date
appeal that is fixed in people’s
heads. This is a pragmatic aspect
that is extremely important. It is
an important additional point for
me, by the way. In the case of
CSR, the stairs are cleaned from
the top. In other words: You have
to convince the company directors
right from the word go. These
people are most likely to recognize the additional marketing
effect that a CSR project can have.
Unfortunately the entry via the
middle management leads only
indirectly to the proposed result.
HS: This would mean a change:
briefly and especially spectacularly, as is unfortunately often
the case with many companies
or associations. They then use
CSR projects like marketing
instruments, which does not
make sense. In this respect, in
terms of long-term commitment,
the CSR sponsor Intersnack and
the “Fit am Ball” project are
positive prime examples that are
unequalled.
HS: How exactly would you de-
scribe “Fit am Ball” as a positive
example?
JB: Let us have a look at the
project structure first. There
is a sponsor, Intersnack, that
is financing the project. The
project is being carried out with
academic support by the German Sport University Cologne.
The Institute for Hermeneutical
Social and Cultural Research in
Frankfurt with additional sociological research. Schools as the
addressees for the project. And
in addition, an element which
I consider to be very important
for the project’s dynamism and
for the additional value creation
of all those involved, a neutral
body. In this case an agency that
mediates between the individual
interests, develops insights from
those involved and integrates
its own new ideas. The overall
structure of the “Fit am Ball”
project has managed to achieve
something which I believe to
be unique so far: the successful
implantation of a CSR project in
schools. For most schools, cooperating with companies was a
no-go until the beginning of the
millennium. This means that our
project broke new ground and
took on an exemplary function
for many others.
HF: Contents have to be
discussed, however – there are
attractive and less attractive
project contents for companies.
In my experience, every company considers the question: how
will this commitment pay off,
what will we get out of it? And
in this respect, “Fit am Ball” is a
double winner of course: football
is something that everyone in
Germany would like to be part
of, and football plus health is a
real highlight. Millions of people
have a personal and vital interest
in football, right across all social
classes. This is not true by a long
way for every objectively important sponsorship project, where
managers cannot identify them-
from patronage, which serves the
common good without ulterior
motives, to sponsorship, which
is also based on the company’s
own interests – however these
may be conveyed – is that right?
UOe: The contrast is not quite
right. First of all, let me say that
companies used to have to pay
much less in taxes than is currently the case. In other words,
it was much easier for them to
be patrons for a kind voluntary donation for the common
good. If, on the other hand, this
gave rise to the conclusion that
today’s higher corporate tax
burden means that everything
should be left to the state-funded
welfare system, this would be a
mistake in my opinion. Because
then we would only produce an
enormous technocracy with a
low innovation rate. No, I think
there was always a kind of justified self-interest on both sides,
those providing the support and
those being supported. There is
a kind of competing dependence
between worldly power and the
power of the spirit. In concrete
terms, this means: those who
contribute to culture cannot
do so without private financial
support. Yet those who have eco-
nomic power also always have
to legitimate their influence, in
other words publically show
that they are doing good. And to
maintain these arguments and
their justification, those with
economic power need culture
and autonomy. That‘s the way
it‘s always been.
HS: What is really new about
CSR then?
UOe: The reason for the tran-
sition from patronage to CSR
sponsorship is that it is no longer
a matter of course for companies
to support public welfare projects on their own for financial
reasons. Today, for example, it
has to be clear that the project
will have a reliable effect, or sustainable effect, in CSR terminology. For this to succeed, academic
and methodical expertise is
required on the one hand. On
the other, however, companies
have to be given specialist help
in looking for and deciding in
favour of a certain project. The
academic field does not in fact
have this expertise per se. It is
secured by academically trained
consultants as independent experts. All these aspects are new
and specific for CSR.
HF: I think that the title of
Professor is more or less the
guarantee of success for companies. It allows companies to
grow quickly. This is a little
delicate, of course, as long as
there is no third party evaluating
the program. Everyone must be
aware of this.
HS: What is your idea of the
“ideal sponsor” as a CSR sponsor?
JB: It’s best when the initiative
comes from the company. For
example, from a company that is
currently going through a crisis
in the public eye, that is exposed to political hostility or the
like, which it considers unjust.
A wisely chosen independent
CSR project can often make a
15
Diskussion
Fit am Ball – Der Schul-Cup von funny-frisch
Fit am Ball – Der Schul-Cup von funny-frisch
Das wissenschaftliche Projekt „Fit am Ball – Der Schul-Cup von
funny-frisch“ wurde 2003 vom Kölner Unternehmen Intersnack initiiert.
Der führende deutsche Hersteller salziger Knabberartikel (Marken wie „funny-frisch“, „Chio“, „POMBÄR“, „goldfischli“) reagierte mit dieser „Corporate
Social Responsibility“-Aktivität auf Vorwürfe politischer Gruppen. Der Genuss von Kartoffelchips, aber
auch von Schokolade, Limonade oder Hamburgern
sei wesentlich schuld am wachsenden Übergewicht
von Kindern und Jugendlichen, lautete die wissenschaftlich nicht unterstützte Behauptung im Kern.
Bei „Fit am Ball“ steht keine Diät und kein Verbot
bestimmter Speisen auf dem Plan. Stattdessen setzt
das wissenschaftliche Programm der Deutschen
Sporthochschule Köln auf regelmäßige Bewegung, Freude am
Sport und ausgewogene Ernährung als beste Mittel zur Prävention
gegen Übergewicht bzw. zur Gewichtsregulation.
Im Zentrum des Projekts stehen freiwillige Sport-AGs an Schulen;
Adressaten sind Kinder der Klassenstufen 3 bis 6. Angeregt durch
zusätzliche Forschungsergebnisse eines Teams des Frankfurter Soziologen Ulrich Oevermann wurde das Programm ab 2007 durch
Elemente zur Förderung des Gemeinschaftsgeistes und zur Bildung von Freundschaftsgruppen erweitert. „Fit am Ball“ ist heute
mit über 1.500 angeschlossenen Schulen die größte, nachhaltigste,
privat finanzierte Schulsport-Förderung Deutschlands – weiterhin
finanziert von der Snack-Marke „funny-frisch“.
Das Projekt gilt als umfassender Erfolg und wurde vielfach ausgezeichnet, u.a. durch die Bundesregierung und die EU Kommission.
Auch viele andere Untersuchungen haben inzwischen ergeben,
dass Übergewicht nicht nur eine, sondern vielfältige Ursachen hat,
unter denen Bewegungsmangel und Bewegungsunlust sowie eine
gewisse depressive Grundhaltung bei den Betroffenen häufig eine
wichtige Rolle spielen. Die These, dass der Genuss bestimmter Lebensmittel nachhaltig dick mache, gilt heute als überholt.
The academic project “Fit am Ball – Der Schul-Cup von funny-frisch”
was initiated by the Cologne-based company Intersnack in 2003.
The leading German producer of savoury snacks
(brands such as “funny-frisch”, “Chio”, “POM-BÄR”,
“goldfischli”) reacted to public criticism by introducing this Corporate Social Responsibility activity. The
main charges, not based on scientific research, were
that the consumption of crisps, as well as chocolate,
lemonade or hamburgers, was to blame for the growing number of overweight children and teenagers.
“Fit am Ball” does not include dieting or stopping the
consumption of certain food. Instead, the academic
program drawn up by the German Sport University Cologne relies on regular physical exercise, enjoyment of
sport and a balanced diet as the best means to prevent
children becoming overweight, or to regulate their weight.
The project focuses on voluntary sports clubs in schools, children
from grade 3 to 6 are invited to take part. From 2007 onwards and
inspired by additional research results by a team led by the Frankfurt sociologist Ulrich Oevermann, the program was extended by
elements related to the promotion of team spirit and formation of
groups of friends. Today, “Fit am Ball” is the largest, longest-term,
privately financed school sport project in Germany, with more than
1,500 schools taking part – and it is still financed by the “funnyfrisch” snack brand.
The project is regarded as a resounding success and has received
many awards, including one from the German government and the
EU Commission. In the meantime, numerous other studies have proved that being overweight is not only caused by one factor alone,
but rather numerous factors, including a lack of physical exercise or
a reluctance to exercise, and a certain depressive basic attitude. The
idea that the consumption of certain foods makes people fat in the
long term is now considered to be outdated.
dass man Geld dafür in die Hand
nimmt, Wissenschaftler regelmäßig in Schulen einzuladen. Die
könnten dann von ihren Forschungen berichten. Die meisten
guten Forscher antworten auf die
Frage nach ihrem Beruf ja als erstes: Rätsel lösen und Geheimnisse
lüften. Eine Begegnung mit einem
solchen Forscher kann bei Schülern Erweckungserlebnisse bewirken. Oder man könnte alte Leute
einbinden in Vergemeinschaftung
annehmende Bildungsanlässe.
Sich sozusagen ein säkularisiertes
Äquivalent ausdenken zu den Gemeinschaftsformen, die es in den
USA im Bereich der Religionsgemeinschaften noch stark gibt.
HF: Projekte mit dem Inhalt
Leseförderung, wie etwa „Der
Deutsche Vorlesepreis“, passen
momentan gut in die Integrati16
Fotos: Martin Lässig
Diskussion
Der Deutsche Vorlesepreis
Die CSR-Aktivität „Der Deutsche Vorlesepreis“ wurde 2005 von der
Marke „POM-BÄR“ des Kölner Knabberartikel-Herstellers Intersnack
gegründet. Im Zentrum steht die Förderung des Vorlesens und der Liebe zum Buch. Hintergrund bildet der
Befund, dass in kaum noch der Hälfte aller deutschen
Haushalte regelmäßig vorgelesen wird. Dabei erhöht
der frühe, emotionale Kontakt mit Büchern nachgewiesenermaßen die Bildungs- und Berufschancen
der Kinder im späteren Leben. „Der Deutsche Vorlesepreis“ zeichnet deshalb einmal jährlich im Rahmen einer Preisverleihung ehrenamtlich Aktive und Initiativen aus, die vor allem
Kindern aus bildungsfernen Familien regelmäßig vorlesen. Eine aus
Experten und Prominenten besetzte Jury (Vorsitz und Schirmherr:
RTL-Chefredakteur Peter Kloeppel) wählt Nominierte und Preisträger aus; außerdem erhalten Profis, die sich um das Vorlesen und
die deutsche Sprache im Allgemeinen verdient gemacht haben (z.B.
Schauspieler, Hörspielproduzenten) Spezialpreise. Mit begleitenden
Aktivitäten wie Lese-Events oder Vorlese-Reihen (z.B. „102 Tiere,
die es nicht gibt, an 102 Orten, von denen wir träumen“) tritt „Der
Deutsche Vorlesepreis“ zusätzlich in Erscheinung.
Der Deutsche Vorlesepreis
The CSR project “Der Deutsche Vorlesepreis” was founded in 2005
by the “POM-BÄR” brand of the Cologne-based savoury snack producer Intersnack. The project focuses on promoting
reading aloud and the love of books. The campaign
was triggered by findings that reading aloud is an activity that only takes place regularly in just about half
of all German households. Yet it has been proved that
early emotional contact to books increases the educational and professional chances of children in later life.
At an annual awards ceremony, “Der Deutsche Vorlesepreis” honours voluntary helpers and initiatives that read regularly to children especially from families with low educational achievement. A
jury composed of experts and celebrities (Chairman and Patron: RTL
Editor-in-Chief Peter Kloeppel) chooses nominees and prizewinners,
and there are special prizes for professionals who render services to
reading and the German language in general (e.g. actors, producers
of audio books and the like). “Der Deutsche Vorlesepreis” is also
in the public eye through accompanying activities such as reading
events or series of story reading (e.g. „102 Tiere, die es nicht gibt, an
102 Orten, von denen wir träumen“).
company’s position much clearer
than 100 letters to the press. The
academic involved has to develop a project that is of general
importance for public welfare far
beyond the current motive.
UOe: Yes, or to put it ano-
ther way: The project must be
authentic in its cultural significance. It must not only be about
appearances and hot air. At the
same time, it must meet the
expected values to cultivate a
company’s image. I agree that
the greatest chance of success
is when the company starts
demand itself during a crisis.
This corresponds to the psychological strain in the doctorpatient relationship. If the person
being advised wants to achieve
something, he is most likely to
commit himself.
17
Diskussion
onsdebatte. Eine türkische Mutter
kann sich jetzt sagen: Wenn ich
meinem Kind vorlese, dann wird
es wahrscheinlich in der Schule
besser dastehen. Das wäre für
mich das wichtigste Argument,
um dieses Projekt zu vermarkten.
Damit reagiert das Projekt auf
Wünsche einer großen Gruppe.
HS: Worin zeigt sich der Erfolg
eines CSR-Projektes?
JB: Zunächst natürlich darin,
dass es seine selbst gesetzten Ziele erreicht. Bei „Fit am Ball“ geht
es bekanntlich um die Prävention
von Übergewicht. Und darum,
Kinder, die bereits übergewichtig sind, bei der Lösung ihres
Problems zu unterstützen. Der
wirkliche Erfolg ist für mich aber
dann da, wenn ein gelungenes
Programm sich verselbstständigt.
Dass es zum Dauerprogramm
wird: „Fit am Ball forever“ haben
wir sehr optimistisch schon eine
der frühen Projektphasen getauft.
Unser Optimismus hat gewirkt! In
vielen Schulen, die das Programm
zum Teil auch ohne finanzielle
Förderung weiterführen. Und
beim Sponsor Intersnack, der
sogar ein zweites CSR-Projekt,
die Leseförderung „Der Deutsche
Vorlesepreis“, finanzierte.
HS: Der Sponsor wollte das Pro18
jekt, Sie, Herr Buschmann, hatten
die inhaltlichen Ideen – gab es
eigentlich irgendwo Widerstände
gegen „Fit am Ball“?
JB: Oh ja. Die Schulaufsichtsbehörde war zuerst sehr skeptisch.
Die glaubten, dass wir keine
Schulen für ein Projekt finden
würden, das ein KartoffelchipsHersteller finanziert. Ich war von
Anfang an nicht dieser Meinung
und wurde in meiner Auffassung
bestätigt, dass die Qualität eines
Projekts relevant dafür ist, ob
man Projektteilnehmer findet
- und nicht, wer es finanziert.
Entscheidend für die Qualität des
Projekts ist wiederum die Frage,
ob es sich in der Praxis als attraktiv erweist – in unserem Fall also,
ob man Schüler dafür begeistern
kann. Ohne dieses Fundament
geht gar nichts. Das ist wiederum
auch wichtig für die Lehrer, die
nur dauerhaft mitmachen, wenn
ihre Schüler Enthusiasmus zeigen. Also beides hat ja geklappt,
wie wir heute wissen. Der zweite
Widerstand ging von der Universität aus. Unser AStA war äußerst
kritisch dem Projekt gegenüber
eingestellt und anfangs bei allen
Lehrveranstaltungen dabei. Viele
meiner Kollegen lächelten von
oben herab über mein „ChipsProjekt“. Glücklicherweise hat der
Rektor unser Vorhaben von An-
fang an toleriert - ohne ihn wäre
es nicht gegangen. Inzwischen
hat sich die Stimmung längst ins
Gegenteil verkehrt: „Fit am Ball“
genießt heute hohes Ansehen in
der Hochschule.
UOe: Bezogen auf die große
Akzeptanz der Schüler ist mein
Eindruck, dass der Corpsgeist
bei „Fit am Ball“ sehr wichtig ist.
Dieser Gemeinschaftsgeist, der innerhalb der Klasse entsteht, aber
auch für die Schule als Ganzes.
Einfach durch dieses Moment des
Wettbewerbs, wenn bei Turnieren die Schulen gegeneinander
antreten.
aber effizient durch die ProjektT-Shirts mit dem „Fit am Ball“Logo. Beim Turnier sind dadurch
alle Schulen als Projektmitglieder
identifizierbar und unterscheiden
sich dann doch durch den Wettbewerb – Gemeinsamkeit und
Differenz gleichzeitig, ein hoher
Vergemeinschaftungseffekt! Das
unterscheidet die Gemeinschaft
der „Fit am Ball“-Aktiven heute
auch von den meisten Sportvereinen, die ja zunehmend nur noch
für persönliche Fitnessprogramme
genutzt werden.
HS: Meine Herren, ich danke
Ihnen für das Gespräch.
HF: Und für die Lehrer ist als
Differenzierungsmerkmal zu
anderen Projekten der Absender
Deutsche Sporthochschule Köln
sehr wichtig, also sozusagen der
Stempel für den Wissenschaftlichkeitsnachweis, das weiß
ich aus persönlicher
Erfahrung.
UOe: Ja, aber das Qualitätsversprechen muss
dann eben auch praktisch eingelöst werden,
wie Herr Buschmann
schon sagte. Und zu dem
gehört wesentlich der
Gemeinschaftsgeist, gestiftet auch sehr simpel
Fotos: Martin Lässig
Diskussion
financial sponsorship. And with
the sponsor Intersnack, that
has now financed a second CSR
project, “Der Deutsche Vorlesepreis”.
HS: The sponsor wanted the
cially suitable for CSR projects
today?
be a secularized equivalent of
the forms of community that still
exist in the USA in the field of
religious communities.
UOe: All programs that deal
HF: Projects concentrating on
HS: What contents are espe-
with areas where there are
deficits on account of the inner
rationalisation dynamics of our
society. The educational system,
for example. I mean this in the
broadest sense of the word,
particularly music and aesthetic education in schools. These
aspects have been pushed into
the background, unfortunately,
on the back of the whole PISA
debate. They include music, art,
sport and reading. “Der Deutsche Vorlesepreis” has been
created to cover the area of
reading, not only in the sense of
reading techniques but also with
a view to the social reception of
literary texts. I could also imagine people being prepared to pay
for academics to be invited into
schools regularly. They could
report on their research work.
Most good researchers answer
questions about their profession
as follows: it’s all about solving
puzzles and uncovering secrets.
Meeting such a researcher can
have an amazing enlightening
effect on pupils. Or senior citizens could become involved in
collectivization for appropriate
educational contents. This could
reading, such as “Der Deutsche
Vorlesepreis” fit in well with the
current integration debate in
Germany. A Turkish mother can
now say: If I read to my child, it
will probably have better chances at school. That would be the
most important argument for
me to market this project. The
project thus reacts to the wishes
of a large number of people.
HS: How does the success of a
CSR project become apparent?
JB: First of all, of course, in that
it achieves the targets it sets itself. In the case of “Fit am Ball”,
the focus was on preventing
children and teenagers becoming
overweight. And helping those
who are already overweight to
solve their problem. For me,
however, the real proof of success of a project is when it becomes independent. And becomes
a permanent fixture: in a real
show of optimism, we called one
of the early project phases “Fit
am Ball forever”. And our optimism paid off! In many schools,
some of which are continuing
the program without any further
project, and you, Mr Buschmann, came up with the ideas
– was there any resistance to the
“Fit am Ball” campaign?
JB: Oh yes. The education
authorities were very sceptical
at first. They thought we would
not find any schools for a project
financed by a crisps manufacturer. I thought differently right
from the start, and my feeling
was proved right – that it is the
quality of a project that is relevant as to whether a company
will find participants or not, and
not who is financing it. In turn,
the decisive factor for the quality
of a project is the question as
to whether it proves attractive
in practice – in other words in
our case, whether pupils can
be inspired to take part or not.
Nothing works without this solid
foundation. And this is important for teachers, who will only
join in long term if their pupils
are enthusiastic. Both worked, as
we now know. The second area
of resistance was at the university. Our ASta (students association) was extremely critical of the
project and came along to all the
teaching events at the beginning.
Many of my colleagues smiled
down condescendingly at my
“crisps project”. Luckily, the rector tolerated our project from the
beginning – we wouldn’t have
been able to do it without him.
In the meantime, there has been
a complete switch of mood: “Fit
am Ball” now enjoys a very good
reputation at the university.
UOe: With regard to the great
acceptance by the pupils, my impression is that the team spirit is
immensely important to “Fit am
Ball”. This spirit is created within
the class, but within the school
as a whole as well. Simply
through the moment of competition, when schools face up to
each other at tournaments.
HF: And for teachers, the fact
that the German Sport University
Cologne backs the project is very
important as distinguishing feature that sets it apart from other
projects. It is the so-called academic stamp of approval; I know
this from personal experience.
UOe: Yes, but the promise of
quality has to be kept in practice,
as Mr Buschmann mentioned.
And one major factor is team
spirit, in this case conjured up
simply but effectively through
the project T-shirts with the “Fit
am Ball” logo. At tournaments,
these T-shirts identify all schools
as members of the project, with
the differences being exposed by
the competitive atmosphere –
community and difference at the
same time, a high collectivization effect! This is the difference
between the team spirit among
“Fit am Ball” participants today
and most sports clubs, which
are increasingly being used for
personal fitness programs only.
HS: Gentlemen, thank you for
the interview.
19
Spendenwanderung
„Chefscouts“ der Spendenwanderung: Constanze Handmann und Torsten Mohr
100 Tage lang zogen die „Spendenwanderer“
von „Fit am Ball Africa“ zu Fuß durch Deutschland. Zwei Dutzend Helfer und Experten machten die 1.681 Kilometer lange Tour möglich.
Gesichter des Erfolgs
S
eit Anfang 2009 sammeln die Schulen des
CSR-Projektes „Fit am Ball Africa“ Spenden
für Schulen und Bildungseinrichtungen in
Afrika. Damit soll nicht nur Not leidenden Kindern in Afrika geholfen werden, sondern auch der
Gemeinschaftssinn der Projekt-Kinder in Deutschland gefördert werden. Zur Unterstützung von „Fit
am Ball Africa“ wanderten vom 25. Februar bis
zum 5. Juni 2010 3er-Teams des Projektbüros 100
Tage lang durch Deutschland. Sie hielten Vorträge
in Dörfern und Städten, motivierten Kinder, Eltern
und Lehrer zur Mithilfe und organisierten Pressetermine, um auf das Engagement der „Fit am Ball
Africa“-Schulen hinzuweisen. Constanze Handmann führte das Team der insgesamt 14 „Spendenwanderer“ an: Die Diplom-Sportwissenschaftlerin war
20
Fotos: Harald Stoffels
For 100 days, the charity hikers of
“Fit am Ball Africa” hiked through
Germany. Two dozen assistants and
experts made the 1,681-km trip
possible.
Faces of Success
S
ince the beginning of 2009, the schools have been
collecting donations of the CSR project “Fit am Ball
Africa”, for schools and other educational institutions in
Africa. This is not only to help needy children in Africa,
but also to foster community spirit among the children in
Germany who are carrying out the project. To support
21
spendenwanderung
rubrik
In Grevenbroich, Ziel der 98-sten Etappe. Im Bild
Schüler der Erich Kästner-Grundschule. Vorn rechts
Anneli Jägel, eine von zwölf Wanderern, auch
„Scouts“ genannt. Unten: der dem Umriss Afrikas
nachempfundene Kurs der 100-tägigen „Spendenwanderung“
At Grevenbroich, the goal of the 98th stage of the
journey. Shown are students from Erich Kaestner
Primary School. Front right is Anneli Jägel, one of
twelve hikers designated as “Scouts”. Below is the
route of the 100-day “charity hike”, which follows
the outline of Africa.
bei über 1.000 von insgesamt 1.681,04
Kilometern Gesamtstrecke dabei. Meist an
ihrer Seite: Physiotherapeut Torsten Mohr
- der Organisationschef vor Ort. Den in
sieben Bundesländern von Publikum und
Presse gefeierten CSR-Stars hielt eine engagierte Truppe den Rücken frei: Experten, Volunteers und kreative Köpfe, ohne
die eine so spektakuläre Aktion nicht
denkbar wäre. Einige von ihnen stellen
wir hier vor.
Die „Spendenwanderung“ zu „Fit am Ball Africa“ hatte viele Gesichter. Das meistfotografierte
gehörte Teamchefin Constanze Handmann: Lange
blonde Haare, strahlende Augen – ein Bild von
Lebensfreude pur! Die nachhaltigste Wirkung vor
Ort hatte das Gesicht von Torsten Mohr. Tausende
Kinder und Erwachsene hingen gebannt an seinen
Lippen, wenn „Mr Fit am Ball Africa“ von Reisen
zu Hilfsprojekten südlich der Sahara erzählte.
Doch hinter diesen Botschaftern der guten
Sache - im internen Sprachgebrauch „Scouts“
genannt - standen mehr als zwei Dutzend
Experten und Helfer. Organisatoren, Kreative und
zusätzliche Scouts, ohne die der große Erfolg
der Spendenwanderung (über 25.000 Menschen
wurden persönlich erreicht, rund 14 Millionen
Menschen durch Berichterstattung in den Medien,
Spendensumme in dieser Zeit: rund 150.000 Euro)
nicht möglich gewesen wäre. Zum Beispiel Studenten wie Alexander Ittenbach (26), Spitzname
„Itti“. Einer von zehn jungen Frauen und Männern,
die als Projekt-Fotografen und -Blogger das gefeierte Duo Constanze/ Torsten zum Trio ergänzten.
Oder die ab und an als Vertretung für einen der
beiden Hauptrepräsentanten einsprangen.
Obwohl Itti ursprünglich aus einem abgelegenen,
kleinen Dorf in der ländlichen Südeifel stammt, war
Wandern für ihn „nie eine ernsthafte Freizeitoption“.
Er fuhr lieber Rennrad – ein Sport, durch den man
vor allem schnell wegkommt von dort, wo man gerade noch war. Zum Beispiel aus der Eifel nach Köln,
die Stadt, in der Itti bis Mitte 2010 Sport und Erdkunde auf Lehramt studierte. Anfang des Jahres hatte er
noch ein paar Monate vor dem Examen zu überbrücken. Er sah den Uni-Aushang „Unternehmenslustige
Studenten gesucht“, griff zu – und entdeckte in
22
Fotos: Martin Lässig, Harald Stoffels; Grafik: Hans Klein
Markus Porr und sein „FaB-Mobil“: Der Sportstudent aus Norddeutschland legte Tausende von
Kilometern mit dem Versorgungsfahrzeug von „Fit am Ball“ zurück.
Markus Porr and his “FaB-Mobile”: the physical education student from northern Germany put
thousands of kilometres on the supply truck for “Fit am Ball”.
rund 20 gemeinwohlorientierten Wander-Tagen
doch noch sein Herz für die Bewegung zu Fuß.
„Ich habe tolle Landschaften gesehen, zum
Beispiel den großartigen Thüringer Wald, den ich
noch nicht kannte. Aber das Schönste waren die
vielen zufälligen Begegnungen, wenn man als
Wanderer unterwegs ist. Mit interessierten Leuten,
denen wir unser Projekt erklärten. Oder einmal die
Stammtischfreunde in einer Dorfkneipe, die uns
spontan 50 Euro aus der Gemeinschaftskasse
für ‚Fit am Ball Africa’ spendeten. Eine tolle Erfahrung.“
Der kommunikationsfreudige Itti kam auch bei
den Scout-Kollegen gut an, weil er oft gute Laune
ins von anstrengenden Etappen gestresste Team
brachte. Manchmal leistete der Hobby-Schiedsrichter (für Jugend-Fußball) sogar noch ein bisschen
mehr und entschärfte mit seiner verbindlichen Art
geschickt den einen oder anderen gruppendynamischen Konflikt bei den Scouts. Am Ende hat
die „Spendenwanderung“ dem leicht verspielten
Charakter (Experte im Finger-Knobelspiel „Schnick,
Schnack, Schnuck“) auch noch richtiges Glück
gebracht. „Nach der Tour habe ich eine Stelle als
Lehrer im Gymnasium Schlebusch in Leverkusen
bekommen. Ich wurde ausgesucht, weil die Schulleiterin mein Engagement bei ‚Fit am Ball Africa’
gut fand.“
Überhaupt nicht verspielt, dafür die Ruhe und
Ordnung in Person ist Sportstudent Timm Ole
Bernshausen (29) aus Bonn. Der angehende Gymnasiallehrer hält im Kölner Projektbüro seit vier
“Fit am Ball Africa”, 3-person teams from the
project office hiked all over Germany for 100
days, from 25 February to 5 June 2010. They gave
talks in villages and towns, motivated children,
parents and teachers to help and organized press
conferences to draw attention to the commitment
of the “Fit am Ball Africa” schools. Constanze
Handmann led the team of all 14 “charity hikers”:
The graduate sports scientist herself covered
more than 1,000 of the total distance of 1681.04
kilometres. Physical therapist Torsten Mohr, the
organisation chief on site, was usually at her side.
The CSR stars, acclaimed in seven German states
by audiences and the press alike, were freed up
to concentrate on their own roles, by a dedicated
troupe of experts, volunteers and creative minds
without whom such a spectacular action would
have been inconceivable. We introduce some of
them here.
The “charity hike” for “Fit am Ball Africa” had many
faces.
The most-photographed one is that of team
manager Constanze Handmann: long, blonde hair,
sparkling eyes – a picture of pure “joie de vivre”!
Torsten Mohr‘s face made the most lasting impression on-site. Thousands of children and adults
hung spellbound at every word, when “Mr Fit am
Ball Africa” told stories of his trips to aid projects
in the sub-Sahara.
But backstage for these ambassadors of the good
cause – known as “Scouts” in the language of the
team – there were more than two dozen experts
and assistants. Administrative, creative and other
Scouts, without whom the great success of the
charity hike would never have been possible (over
25,000 people were reached in person, some 14
million people through media coverage; total donations in this period: about 150,000 euros). For
example, students like Alexander Ittenbach, 26,
nicknamed “Itti”. One of ten young women and
men who, as project photographers and bloggers,
made the celebrated Constanze/Torsten duo into
a trio. Or who, from time to time, jumped in to
represent one of the two main representatives.
Although Itti came from a small, remote village in
rural Suedeifel, hiking for him was “never a real
option for my leisure time”. He preferred bicycle
racing, a sport that, above all, lets you quickly
get away from where you just were. For example, from the Eifel to Cologne, the city where Itti
studied athletics and geography until mid-2010,
in order to become a teacher. At the beginning of
this year, he still had a couple of months before
the exam. He saw the poster on the university
bulletin board, “Looking for enterprising students”,
seized the opportunity – and discovered, in some
20 days of hiking for the common good, that
travelling by foot was delightful. “I have seen
terrific landscapes, such as the great Thuringian
Forest, which I had never done before. But the
best were the many random encounters, when
you‘re a hiker on the road. Encounters with interested people to whom we explained our project.
Or the regular group of friends at a village pub,
23
Rubrik
Rubrik
24
Rubrik
Fotos: Mathias Bellinghausen, Hauke Niemann, Harald Stoffels
25
Logistik-Chef Timm Ole Bernshausen: Ein Mann aus Westfalen –
die Verlässlichkeit in Person
Logistics chief Timm Ole Bernhausen: a man from Westphalia, reliability personified
Jahren die Fäden in der Hand - als „1. Offizier“ von
Organisationschef Mathias Bellinghausen. Timm
Ole wuchs im idyllischen Ferndorftal in Südwestfalen auf und gilt als Herz und Seele des Projekts.
Planung der Strecke, Verwaltung des Projektmaterials, Koordination der Logistik, Kontakte zu den
Schulen: Alles wird von Timm Ole mit viel Energie
und Spannkraft umgesetzt. Wie motiviert sich der
im besten Sinn zuverlässig-bodenständige Mann?
„Beim Dribbel-Weltrekord ‚Fit am Ball 3000’ war
ich selbst knapp 100 Tage auf Tour. Deshalb weiß
ich zum Beispiel sehr gut, was ein Team draußen
braucht, um gut drauf zu sein. Die Rahmenbedingungen müssen stimmen, damit wir unserer
Verantwortung Kindern, Lehrern und Öffentlichkeit
gegenüber optimal gerecht werden können. Dabei
helfe ich gern.“
W
as ein Team „draußen“ zum Beispiel
braucht, ist ohne jeden Zweifel eine
anständige Übernachtung nach hartem Wander- und Vortragstag. Wie dies jedoch im Detail
zu verstehen ist, war immer wieder Gegenstand
kollegialer Diskussionen und liebenswürdiger Sticheleien zwischen „Basis“ und Scouts. Angenehm
sollte der Gasthof sein, zentral gelegen – aber
mit Blick auf das knappe Projektbudget natürlich trotzdem überaus preiswert! Die manchmal
widersprüchlichen Wünsche und Interessen aller
Beteiligten behutsam auszutarieren, übertrug
Timm Ole Bernshausen vertrauensvoll an Praktikantin „Feli“. Felizitas Siegele (22), emsige
Schwäbin aus der Gegend um Stuttgart, erledigte
deshalb auch die Übernachtungsbuchungen für
die „Spendenwanderung“-Teams. Voller Akribie bei
26
der Recherche und schwäbisch sparsam – doch
manchmal buchte die hübsche, braunhaarige
Frau nach intensiven Telefonaten mit den Scouts
auch wieder um. Warum sich Feli so für „Fit
am Ball Africa“ interessierte? Weil der schwarze
Kontinent schon lange ihr Thema ist: Nach dem
Abitur arbeitete sie ein halbes Jahr als Volunteer
in SOS-Kinderdörfern und Schulen in Südafrika.
Spontaner Halbmarathon – fast live
im Internet
Ihr Kommentar zum Projekt: „Bei der nächsten ‚Fit
am Ball Africa’-Aktion will ich wieder dabei sein –
aber diesmal vor Ort, an der Strecke!“
Was Timm Ole und Feli per Telefon oder E-Mail
klärten, setzte Fahrer Markus Porr (28) in die Praxis
um. Der auf dem Land nördlich von Hamburg
aufgewachsene Sportstudent war das „operative
Bindeglied“ zwischen Basis und Strecke. Körperlich topfit und leistungsstark, ein bisschen schräge
Type mit staubtrockenem Witz und immer für eine
Überraschung gut: ein überall beliebter „Fischkopp“ wie aus dem Bilderbuch. Als Transport-Chef
war Markus in über 100 Tagen viele tausend
Kilometer mit dem „FaB-Mobil“ getauften Projektauto unterwegs. Auch am Wochenende, an
Feiertagen, ein paar Mal sogar mitten in der Nacht
– wenn er gebraucht wurde, klemmte sich Markus
hinter das Steuer des Opel Frontera im afrikanischen Zebra-Look und fuhr los. Am Ziel warteten
neue „Roadie“-Jobs: Die schweren Pakete mit
den Projektmaterialien abladen, den drei Meter
hohen Projektelefanten FAMBO aufbauen, Kinder
bei Projekt-Events bespaßen. Und dann die ganz
besonderen Fälle. Wie der SpendenwanderungsEvent beim Halbmarathon in Frankfurt am Main.
Spontan und ohne Vorbereitung lief Markus aus
einer Laune heraus die gut 21 Kilometer Halbmarathon mit – im „Fit am Ball Africa“-T-Shirt, um für
die gute Sache zu werben. Was hat ihm rückblickend das Praktikum bei der Spendenwanderung
gebracht – außer Muskelkater und Spaß? „Eine
Menge Erfahrung. Ich habe gelernt, wie anspruchsvoll Organisation und Ausführung solcher
Projekte sind. Und ich kann mir jetzt eine Arbeit in
der Jugendsportförderung für mich selbst sehr gut
vorstellen.“
Damit Stories wie die von Markus’ spontanem
Halbmarathon beinahe in Echtzeit die Öffentlichkeit erreichen konnten, wurde „Der Mann mit der
Maus“ gebraucht. Webdesigner Frank Hempel
(55), geboren in Hamburg – somit neben Markus
Porr der zweite Norddeutsche im Team – hatte
die technische Seite des Internetauftritts unter
Kontrolle. Der Ex-Trucker und Fotograf mit dem
schon leicht silbrigen, rückenlangen Haupthaar
zeigt ganz allgemein viel Herz für soziale Engagements. Zum Projekt „Fit am Ball Africa“ stieß der
verheiratete Wahl-Kölner (eine Tochter) aber eher
per Zufall, durch einen Fotoauftrag. Dabei erfuhren
die Projekt-Macher, dass Frank schon seit 1997
auch Internetauftritte kreiert. Seine Spezialität sind
„schlichte und einfache“ Seiten – was perfekt zum
eher wenig technikaffinen Projektteam passte.
Als besonders wertvoll in der heißen Phase des
Wander-Projekts erwies sich die betont unbüro-
Spendenwanderung
Die Schwäbin Felizitas Siegele – verantwortlich für kostengünstige
Übernachtungen des Teams
The Swabian Felizitas Siegele, responsible for the team‘s affordable overnight accommodations
who spontaneously donated 50 euros from their
community coffer for `Fit am Ball Africa‘. A terrific
experience”.
The cheerful and outgoing Itti was also well received by the Scout colleagues, because his good
humour often helped the stressed-out team at the
more arduous stages of the process. Sometimes
the amateur referee (for youth football) actually
went a bit further and, with his engaging manner,
cleverly defused this or that group dynamics conflict among the Scouts. At the end of the “charity
hike”, the somewhat playful character (an expert
in the “Schnick, Schnack, Schnuck” finger-puzzle
game) also had some real good fortune. “After the
tour, I got a job as a teacher at the Schlebusch
High School in Leverkusen. I was chosen because
the school principal was pleased with my involvement in `Fit am Ball Africa.‘ “
Timm Ole Bernhausen, 29, on the other hand, not
playful in the least and an athletics student from
Bonn, personifies calm and orderliness. The prospective high school teacher held the reins at the
Cologne project office for four years, as the “No. 1
Officer” of chief organiser Mathias Bellinghausen.
Timm Ole grew up in idyllic Ferndorftal in southern
Westphalia and is considered the heart and soul
of the project. Planning the route, managing the
project materials, coordinating the logistics, liaison
with the schools: Timm Ole does everything with
energy and vigour. What motivates this reliable,
down-to-earth man (in the best sense)? “For `Fit
am Ball 3000‘, the dribbling world record, I myself
was on tour for almost 100 days. So I know very
well what a team needs out there to do a good
job. The basic conditions must be right, so that
Fotos: Martin Lässig, Harald Stoffels
we can fulfil our responsibility in the best way
to the children, the teachers and the public. I am
glad to help do that.”
What a team needs “out there”, for example, is
without a doubt a decent night‘s sleep after a
hard day of hiking and giving speeches. How
this is to be understood in detail, was always
the subject of collegial discussions and amiable
teasing between “the Base” and the Scouts. The
inn should be pleasant and centrally located, but,
in view of the project‘s tight budget, naturally still
very inexpensive! In order to carefully balance the
sometimes conflicting desires and interests of all
parties, Timm Ole Bernhausen turned confidently
to the intern “Feli”. Felizitas Siegele, 22, a diligent
Swabian from the Stuttgart area, therefore also
A spontaneous half
marathon, almost live on
the Internet
handled the overnight bookings for the “charity
hike” teams. Meticulous in her research and a
thrifty Swabian, the pretty, brown-haired woman
still sometimes had to do a booking all over
again after intensive telephone calls with the
Scouts... Why is Feli so interested in “Fit am Ball
Africa”? Because she has long been interested in
the black continent: After finishing her A levels,
she worked for half a year as a volunteer for SOS
Children‘s Villages and Schools in South Africa. Her
comment on the current project: “I want to be there again for the next `Fit am Ball Africa‘ campaign,
but next time hiking along the route!”
What Timm Ole and Feli worked out by phone
or e-mail, driver Markus Porr, 28, put into practice. The athletics student from the area north
of Hamburg was the “operational link” between
the Base and the hikers en route. Physically very
fit and high-performance, a somewhat weird
chap with dry-as-dust humour and always good
for a surprise, he is a universally popular North
German “Fish-Head”, right out of a picture book.
As the head of transportation, Markus drove
many thousands of kilometres in over 100 days,
with the project car that was baptised the “FaB
Mobile”. Even on weekends, holidays, a couple of
times in the middle of the night – when he was
needed, Markus got behind the wheel of the Opel
Frontera with the African zebra-stripes and drove
off. Upon arrival at his destination, new “roadie”
jobs awaited him: to unload the heavy boxes with
project materials, to build the three-metre-high
FAMBO project elephant, to keep the children
amused by the project events. And then, the very
special cases. Like the charity hike event at the
half-marathon in Frankfurt am Main. Spontaneously and with no prior workouts, Markus on a
whim ran the half-marathon – a good 21 km – in
his “Fit am Ball Africa” T-shirt, to advertise the
good cause. Looking back on it all, what did his
work with the charity hike bring him, except sore
muscles and fun? “A lot of experience. I‘ve learned
how challenging it is to organise and execute such
projects. And I can now very well imagine a job
for myself in promotion of youth athletics”.
For stories like that of Markus‘s spontaneous halfmarathon to reach the public in real time, “the man
with the mouse” is required. Web designer Frank
27
Spendenwanderung
Für ihn ist Feierabend ein Fremdwort: Der Hamburger
Webmaster Frank Hempel
„End of the workday“ is a foreign phrase for
webmaster Frank Hempel, from Hamburg.
kratische Arbeitszeit-Auffassung des Internetmachers – vielleicht entstanden in den fünf Jahren,
die Frank als Fotograf auf Mallorca wirkte. Denn
da auch das technisch am simpelsten konzipierte
Blogsystem für todmüde Wanderer spätabends
immer noch Probleme aufwerfen kann, erhielt
Frank manchen Hilfe-Anruf rund um Mitternacht.
Er nahm es mit hanseatischer Gelassenheit hin
jekts entwickle ich immer wieder andere Logovaund reparierte Bedienungsfehler ohne Murren zu
rianten, die in Form und Farbe leicht abweichen –
nachtschlafender Zeit.
das ‚Ur-Logo’ bleibt darin jedoch immer deutlich.“
Alle Farben, Formen und Bilderwelten, die Frank
Die schnelle Wiedererkennbarkeit der Marke „Fit
Hempel in die Welt des Internets überführte,
am Ball“ ist nicht nur als Werbung fürs Projekt
entstammten der Phantasie von Hans Klein (45).
entscheidend, sondern dient auch seinem pädAber nicht nur die kreative Seite des Blogs www.
agogischen Kern. „So wichtig, wie der Geißbock
spendenwanderung.de. Der in Köln geborene
im Logo des 1. FC Köln für den Zusammenhalt
Diplom-Grafikdesigner
der Fans des Vereins
entwirft heute schon im
„Das Logo ist für ‚Fit am ist, so bedeutend ist
vierten Jahr das gesamte
Ball‘ so wichtig wie der auch der typische ‚Fit
Erscheinungsbild der
am Ball’-Schriftzug auf
GeiSSbock für den FC.“
größten Schulsport-Förden T-Shirts für unsere
derung Deutschlands. An
Projektkinder. Das ist
seinem Arbeitsplatz mit Blick auf den Kölner Dom
ihr Zeichen, zu einer bedeutenden Gemeinschaft
entstehen die Entwürfe zu Faltblättern, Postern
zu gehören“, erklärt der Vater einer zwölfjährigen
und Broschüren. „Von den Visitenkarten der WanTochter.
derer über T-Shirts und Funktionsjacken bis hin zu
Ästheten und Anpacker, geerdete Kopfmenschen
den Rucksacküberzügen als Werbefläche für ‚Fit
und liebenswert Verrückte, erfahrene Profis und
am Ball’ oder den Wanderpässen der Kinder wird
erfahrungshungrige Newcomer: Es braucht ein
alles von einem gemeinsamen visuellen Auftritt
Team aus vielen unterschiedlichen Typen, damit
verklammert“, erklärt der Digitalexperte, der in der
eine spektakuläre CSR-Aktion wie die SpendenwanFreizeit am liebsten mit den Händen in seinem
derung für „Fit am Ball Africa“ Erfolg haben kann.
Bauerngarten schafft. „Für neue Phasen des Pro
Christiane Wirtz
28
Hempel, 55, born in Hamburg – thus, in addition
to Markus Porr, the second North German on the
team – had the technical side of Internet access
under control. The ex-trucker and photographer,
whose back-length hair is already slightly silvery,
has plenty of enthusiasm for social commitments.
The Cologne-based married man (with one
daughter) met up with the “Fit am Ball Africa”
project rather by accident, at a photography gig.
That‘s how the project leaders found out that
Frank had been creating websites since 1997.
His speciality is “plain and simple” web pages,
which was perfect for the not very tech-savvy
project team. The web designer‘s decidedly nonbureaucratic notion of working hours proved to
be especially valuable in the hot phase of the
hiking project – it probably resulted from the five
years that Frank was a photographer in Mallorca.
Since even the most technically simple blog system, designed for hikers who are dead tired late
in the evening, can still create problems, Frank
received many calls for help around midnight. He
took it all with Hanseatic composure and fixed
operating errors without a murmur, in the middle
Fotos: Frank Hempel, Hans Klein, Harald Stoffels
spendenwanderung
Ud
dunt
laorero
commod
esto odo
odipis aciduisim
dolut praessi essi. La faciliqui
blam, vent nit atet, vel irilit veriuscing exerostis del ulla faccum
doloreros nonummy nulla alisi bla facipit velit adipisl ulla feuis atumsandiam, quisisc ilisim acilit non henis dolore dipisl do dolutpat adipit wis dolortio eugue
vel ea ametum dolorer sissed tetummy nullaor amconulput in velisse quatetum del dolortisim nos alisseq
uismodipit luptat. Si essim ero do od magnisci tatem dolorti smodip eros nisi bla faci blamcon ulla feu faciduis ea core
feu feu facilit volor sumsan heniamet irit, se feumsan dipsums andipit iurem alit velis aliquisis et wis dolorperilis alit prat
lut praese magna faccum nulluptate tatum del euguerc iliquis et alisi eraesenit lum duisse el iuscidunt accum ate facinis nullutet, quatisit loborem acilis auguer se er alisl elestrud tat. Ut acip er ipis nulla facing ex et, sim in velese vel ut duipsum modolor
tissent autem et, cor secte dolorperosto consequ atueros am essed dio do et ipis amcore modolum zzriuscinci eugue con henim
diam, consectem vercilit, sed tis nim velismolent la feuguer aessequamet lore modolut numsan hent iniat praessi.Giam ad et,
veraestin vullam nibh etueril delit inim vel diamcoreet, ver senit praese del in er sequisim del utat. Magna ad eraesto odio
commodio eu faci blaorper at, sum irit lore tis amOs aliquipit loreet numsandre tat, quisi.Verat nibh exero estie vel elismod tio odolo
Design muss sein: Hans Klein aus Köln verantwortet den
visuellen Auftritt des Projekts.
A fine design: Hans Klein of Cologne is responsible for the
visual appearance of the project.
of the night. All the colours, shapes and imagery that led Frank Hempel into the world of the
Internet originated in the fantasy of Hans Klein,
45. But not only the creative side of the blog at
www.spendenwanderung.de. Born in Cologne,
the graduate graphic designer is already in his
fourth year of designing the overall appearance
of Germany‘s largest promotional for school
athletics. At his workplace with its view of the
Cologne Cathedral, the drafts of leaflets, posters
“The logo is as important for ‚Fit
am Ball‘ as the `billy goat‘ symbol
is for the 1. FC Köln football club”.
and brochures emerged. “From the business
cards of the hikers to the T-shirts and sports
jackets to the backpack covers as advertising
space for `Fit am Ball‘ or the hiking passports for
the children, are all intertwined by a common
visual appearance”, declares the digital expert,
who in his leisure time loves to work with his
hands in his cottage garden. “For new phases
of the project, I was always developing different
logo variations, that vary slightly in shape and
colour, although the original logo always remains
clear”. The quick recognition of the “Fit am Ball”
brand is not just crucial as an advertisement
for the project, but also serves its pedagogical
core. “As important as the billy goat is in the
logo of 1. FC Cologne, for the cohesion of the
fans of the football club, so is the typical ‚Fit am
Ball‘ logo on the T-shirts for our project children.
This is their sign of belonging to an important
community,” explains the father of a 12-year-old
daughter.
Aesthetes and problem-solvers, egg-heads with
their feet on the ground and lovable lunatics,
experienced professionals and experience-hungry
newcomers: It takes a team of many different types
for a spectacular CSR action such as the charity
hike for “Fit am Ball Africa” to succeed. C. Wirtz
Konfliktlöser aus Passion: Alexander „Itti“ Ittenbach –
Scout, Hobbyschiedsrichter, Junglehrer
Passionate at conflict resolution: Alexander “Itti” Ittenbach
is a Scout, volunteer referee, young teacher.
29
Spendenwanderung
6 Fragen an den Gesundheits- und Ernährungsexperten
Prof. Dr. Ingo Froböse von der Deutschen Sporthochschule Köln
„Viel trinken und Vollkornbrot mit Speck!“
ments for a long-distance hike
through Germany?
Welche körperlichen Voraussetzungen braucht man für
eine Langzeitwanderung durch
Deutschland?
Good endurance and adequately
trained leg muscles. That protects
you from injuries and damage from
too much stress. Especially if you are
going hiking in the mountains, it‘s a
good idea to get a sports medicine
check-up before you start, to rule out
all possible risk factors.
Gute Ausdauer und eine ausreichend
trainierte Beinmuskulatur. Das schützt
vor Verletzungen und Überlastungsschäden. Besonders bei Höhenwanderungen empfiehlt sich vor Beginn der
Wanderung eine sportmedizinische
Untersuchung, um alle möglichen Risikofaktoren ausschließen zu können.
What is the best way to eat during
the hike?
Wie ernährt man sich am besten
während der Wanderung?
You should take in enough carbohydrates every 90 to 120 minutes. Bananas, energy bars and sweet drinks are
easy to digest and don‘t weigh down
the body unnecessarily. The products
should also contain protein.
Man sollte alle 90 bis 120 Minuten
ausreichend Kohlenhydrate zuführen.
Bananen, Energieriegel und süße
Getränke sind leicht verwertbar und
belasten den Körper nicht unnötig. Die Produkte sollten ebenfalls
eiweißhaltig sein.
Which foods are best suited?
Fruit such as apples and bananas,
nuts and dried fruit mixes, and a
sandwich with wholemeal bread and
bacon.
Welche Lebensmittel sind am
besten geeignet?
Obst wie Äpfel und Bananen, Nüsse
und Trockenobst wie Studentenfutter
und eine Brotzeit mit Vollkornbrot
und Speck.
What is the optimal breakfast
before the day‘s hike?
It should have a lot of „fast“ as well
as “slow” carbohydrates, to provide
energy for the entire day. For example,
muesli with buttermilk, bread with jam
and bacon sandwiches. You also have
to drink enough fluids before the start.
Wie sieht ein optimales Frühstück vor der Wanderetappe aus?
Es sollte aus vielen „schnellen“ aber
auch „langsamen“ Kohlenhydraten
bestehen, um Energie für den ganzen Tag aufzunehmen. Zum Beispiel
eignen sich Müsli mit Buttermilch,
Marmeladenbrot und Schinkenbrot.
Man muss vor dem Start auch ausreichend Flüssigkeit zu sich nehmen.
Welche Getränke empfehlen Sie
und wieviel?
In den ersten zwei Stunden der
Belastung reicht klares kohlensäurefreies Wasser aus. Danach sollten
mit Kohlenhydraten angereicherte
Getränke getrunken werden. Im
Sommer und bei viel Schweißverlust etwa 0,8 bis 1 Liter pro Stunde
trinken.
What drinks do you recommend,
and how much?
Gesunde Ernährung mit Lehrerin Ute Kurth in der Erich Kästner-Schule in Grevenbroich
A healthy diet with teacher Ute Kurth in Erich Kästner school in Grevenbroich
Auf welche Nahrungs- oder Genussmittel sollte man während
der Tour verzichten?
Trinken Sie keinen Alkohol! Und
auch fettes, schwer zu verdauendes
Essen wie Schweinebraten oder
Gans sollte man vermeiden!
Interview: Denise Gorges
6 questions to health and
nutrition expert Prof. Dr.
Ingo Froböse of the German
Sport University Cologne.
“Drink a lot and
eat wholemeal
bread with bacon!”
What are the physical require-
30
In the first two hours of the hike, clear
non-carbonated water is enough. After
that, you should drink carbohydrateenriched drinks. In the summer and
when perspiring heavily, drink about
0.8 to 1 litre per hour.
Which foods and beverages should
you avoid during the tour?
Don‘t drink any alcohol! Also avoid
foods that are fatty and hard to digest,
like roast pork or goose!
Interview: Denise Gorges
Fotos: Hauke Niemann, Harald Stoffels
31
32
Fotos: Harald Stoffels
Spendenwanderung
7 Fragen an den Outdoor-Experten Thomas Petereit vom
Kölner Ausrüster Blackfoot Outdoor Sportartikel GmbH
„Lasst die Bücher zu Hause!“
Die Spendenwanderer für „Fit
am Ball Africa“ waren 100 Tage
zu Fuß in Deutschland unterwegs. Wie bereitet man sich auf
eine solche Tour vor?
when it is warmer, a simple longsleeved sport shirt is enough.
What is important in a backpack,
when you are hiking up to eight
hours a day?
Die Vorbereitung beginnt beim Kauf
der Schuhe und der Kleidung. Die
Kleidung sollte den klimatischen Bedingungen entlang der Wanderstrecke
angepasst sein, die Schuhe sollte man
vorher einlaufen. Die Spendenwanderer erhielten von uns Schuhe der so
genannten B-Kategorie. Die sind sehr
gut für das Mittelgebirge geeignet,
können teilweise sogar im Hochgebirge getragen werden. Außerdem haben
wir die Wanderer mit Funktionsbekleidung ausgestattet, die zum einen
schnell trocknend war, die aber auch
vor Wind und Wasser geschützt hat.
falsch eingestellter Rucksack sehr
unangenehme Folgen haben kann.
Für Schuhe und Rucksack zusammen 350 Euro – dafür bekommt
man Qualität im obersten Bereich.
“Leave the books
at home!”
Worauf muss man bei Schuhen
achten?
Zu welchen Ausrüstungsgegenständen raten Sie noch?
The charity hikers for „Fit am
Ball Africa“ hiked through Germany for 100 days. How do you
prepare for a tour like that?
Schuhe müssen eines - passen! Sie
sind der wichtigste Ausrüstungsgegenstand. Deshalb sollte man für
den Schuhkauf genügend Zeit und
Ruhe einplanen.
Braucht man unterschiedliche
Kleidung für unterschiedliches
Wetter?
Die Schuhe können permanent
getragen werden. Ich empfehle eine
Zipp-Off-Hose, die man entweder lang oder kurz tragen kann.
Ansonsten sollte man sich nach dem
„Zwiebelprinzip“ kleiden. Vor Kälte
schützen beispielsweise zwei Lagen
Fleece und eine Funktionsjacke, bei
wärmeren Temperaturen reicht ein
einfaches Funktionsoberteil.
Was ist beim Rucksack wichtig,
wenn man bis zu acht Stunden
täglich wandert?
Auch ein Rucksack muss vor allem
passen. Das Herzstück ist der
Beckengurt, der mittig auf den
Beckenknochen sitzen soll. So wird
die Last, die bis zu einem Drittel
des Körpergewichts betragen kann,
durch Becken und Beine optimal
aufgefangen.
Der optimale Sitz sollte von einem
Fachmann beurteilt werden, da ein
Welches Budget muss man für
die wichtigste Ausrüstung rechnen?
Jeder Alleinwanderer sollte unbedingt ein Erste-Hilfe-Set mit sich
führen, in dem auch Notfallmedikamente enthalten sind. Falls es zum
Unfall kommt, ist auch ein GPS-Gerät
hilfreich, bei dem man die Koordinaten seines Standortes ablesen und
gegebenenfalls den Rettungskräften
mitteilen kann. Wandert man als
Gruppe, kann man diese Gegenstände untereinander aufteilen.
Noch ein paar Insider-Tipps?
Bei längeren Touren nehme ich zur
Sicherheit Blasenpflaster mit. Ich
verwende ein spezielles Wachspflaster,
das zunächst auf Körpertemperatur
erwärmt und dann auf die Blase
gelegt wird. Danach kann man sofort
schmerzfrei weiterlaufen. Ein nettes Tool ist auch ein GPS-Gerät mit
Tracking-Funktion. Es zeichnet den
gewanderten Weg auf, den man
dann zu Hause am Computer für die
Freunde darstellen kann. Hingegen
lässt man das gut gemeinte Buch für
die Abende auf der Hütte oder in der
Jugendherberge am besten zu Hause.
Es wiegt zu viel und nach dem langen
Wandern ist man abends sowieso zu
müde zum Lesen.
Interview: Denise Gorges
7 questions for outdoors
expert Thomas Petereit from
the Cologne based company
Blackfoot Outdoor Sports
Equipment Supplies.
Preparations begin with buying
your shoes and clothing. Clothing
should be suitable to the climate
along the route, and shoes should
be broken in beforehand. The charity
hikers received so-called B category
shoes from us. These are especially
suitable for mid-size mountains and
can also sometimes be worn in high
mountains. We also equipped the
hikers with sports clothing, which
is quick drying and also protective
against wind and water.
Why do you have to pay attention
to your shoes?
Shoes have to do one thing – fit!
They are the most important special
equipment. Therefore, you should
plan to take your time and leisure
when buying shoes.
Do you need different clothing
for different weather?
The shoes can be worn all the time.
I suggest zip-off trousers, which you
can wear either long or short. Otherwise you should dress on the “onion
principle”. For example, two layers
of fleece and a mid-weight sports
jacket will protect you from the cold;
A backpack also, above all else, has
to fit. The vital thing is the hip belt,
which should sit centrally on the
pelvic bone. This way the weight,
which can be up to a third of your
body weight, will be optimally carried by the pelvis and legs.
The optimal fit should be assessed
by an expert, because a badly fitted
backpack can have very unpleasant
consequences.
What sort of budget should you
count on for the most important
equipment?
For shoes and backpack together,
350 euros – you can get the very
best quality for that.
What other special equipment
do you advise?
Every solo hiker should absolutely
bring a first aid kit along, which also
includes emergency medicines. If
you have an accident, a GPS device
is also helpful, so that you can find
the coordinates of your location and
if needed give them to the rescue
service. If you are hiking in a group,
you can divide this equipment up.
A few more insider tips?
On longer tours, I take blister plasters with me to be on the safe side.
I use a special wax plaster, which
is first warmed to body temperature
and then applied to the blister. After
that, you can go right on, without
discomfort. Another nice tool is a
GPS device with a tracking function.
It records your hike route, so that
you can display that on the computer at home for your friends. On the
other hand, leave at home that wellintentioned book for evenings in the
hut or youth hostel. It weighs too
much, and after the long hike you
are too tired to read in the evenings
anyway. Interview: Denise Gorges
33
Afrika
Seit 2008 sammelt „Fit am Ball“ Spenden
für Schulen in Afrika. Mitarbeiter des Teams
berichten von reisen zu den Hilfsprojekten.
AFrIKA,
MON AMOUr
Since 2008, „Fit am Ball“ has been collecting donations for schools and
educational measures in Africa. Members of the team report of their trips
to the aid projects.
AFrIKA, MON AMOUr
34
Eine Klasse mit ihrer Lehrerin
in der Grundschule Lafia G im
Ortsteil Lafiabougou von Bamako, der Hauptstadt von Mali.
Lafia G ist eine von 400 Schulen, die UNICEF in Mali unterstützt. Drei Viertel der Einwohner des westafrikanischen
Landes sind Analphabeten. Auch
heute kann in Mali nur etwa
jedes zweite Kind die Schule
besuchen. Es mangelt an Geld
für Lehrer und Unterrichtsmaterialen. „Fit am Ball Africa“
sammelte auch für Lafia G.
Foto: Harald Stoffels
35
Afrika
Torsten Mohr über Begegnungen in
Hilfsprojekten für die Kinder Afrikas
„Ich traf Viele
groSSartige
Menschen“
Ich habe als Tour-Manager von „Fit
am Ball Africa“ eine ganze Reihe MISEREORund UNICEF-Hilfsprojekte besucht, aber
auch private Einzelprojekte. Als Erstes ist
mir aufgefallen, dass überall eine positive,
sehr herzliche Grundstimmung herrscht.
Die betroffenen Menschen haben meist sehr
viel Leid gesehen und erlebt und existierten
unter schlechten Umständen. Dennoch merkt
man, dass die meisten durch die Hilfsprojekte wieder Hoffnung haben und dankbar für
die Möglichkeit sind, nach vorn schauen zu
können.
Von Anfang an hat mich die Frage beschäftigt, was das für Menschen sind, die in ihrer
Heimat die Zelte abbrechen und ihr Leben
komplett umstellen, um in Afrika anderen
zu helfen. Sehr beeindruckt hat mich 2008
in Tansania Father Anthony, ein überaus
herzlicher und weltoffener katholischer Pater
aus Indien, der mit Ordensschwestern das
Projekt „Child in the Sun“ in der Millionenstadt Dar es Salaam leitet. Man kann sich
das von MISEREOR geförderte Projekt wie
ein kleines Dorf vorstellen, in dem frühere
Straßenkinder die Möglichkeit haben, ein
geregeltes Leben zu führen. Sie können dort
wohnen, gemeinsam mit den anderen essen,
zur Schule gehen und ein Handwerk lernen
– zum Beispiel Schreiner oder Schneider,
beides in Ostafrika sehr gesuchte Berufe, mit
denen man selbständig Geld verdienen kann.
Wer 18 Jahre alt ist, hat bei „Child in the
Sun“ sogar die Chance, den Führerschein zu
machen!
Während unseres Besuchs sahen wir die
Kinder und Jugendlichen auf dem eigenen
Fußballplatz des Projekts Fußball spielen.
Father Anthony erklärte uns, wie enorm
wichtig Fußball als Mannschaftssport für sie
ist, nachdem sie sich oft lange Zeit allein auf
der Straße durchschlagen mussten. Fußball hilft dabei zu lernen, wie man in einer
Gruppe zurecht kommt, er beschert Erfolgserlebnisse und lässt die Kinder auch einfach
mal abschalten. Das lautstarke Lachen auf
dem Fußballplatz bewies, wie recht Father
Anthony hatte.
Später fuhren wir in eines der Viertel von
Dar es Salaam, in dem viele Kinder ohne
36
Familie auf der
Straße leben.
Eine Anlaufstelle
für sie ist das
„Drop in Center“
von „Child in
the Sun“. Father
Anthony erklärte
uns, wie schwierig es ist, das Vertrauen der Kinder
zu erwerben, bei
all den furchtbaren Erfahrungen,
die sie mit anderen Erwachsenen
gemacht haben.
Aber wenn sie
das Vertrauen
einmal gefunden
hätten und dann
ihren Weg gingen, mache ihn
das sehr glücklich, sagte Father Anthony. Das
war eine sehr berührende Erfahrung. Ich war
froh und bin es noch immer, einen Mann wie
Father Anthony kennen gelernt zu haben.
Eine andere tolle Person traf ich im Februar
2009 in Ruanda. Die Amerikanerin Arlene
„Mama“ Brown: 77 Jahre alt, schlohweißes
Haar, klein und hager – und eine unglaublich positive Ausstrahlung mit massenhaft
Energie. In Gitarama, der zweitgrößten Stadt
des Landes, hatte Arlene drei Jahre zuvor
ein Waisenhaus und eine Schule aufgebaut.
Jetzt kannte sie dort jedes der über 40 Kinder
mit Namen. Schon die Vorgeschichte des
Waisenhauses beeindruckte uns sehr. Bei
einer Afrikareise als Touristin hatte Arlene das Elend vieler Kinder erlebt und sich
spontan entschlossen, zu helfen. Zu Hause
in den USA sammelte sie dann 40.000 Dollar
für das geplante Waisenhaus. Anschließend
war sie in Ruanda „an die falschen Leute
geraten“, wie sie sich ausdrückte, und hatte
das gesamte Spendengeld verloren. Doch
statt sich entmutigen zu lassen, reiste Arlene
erneut in die USA, sammelte noch einmal
für ihren Projekttraum, kehrte wieder nach
Ruanda zurück – und hatte diesmal Glück
und Erfolg.
Am meisten half der gläubigen Methodistin
wohl ihr unerschütterliches Gottvertrauen.
Wie viel Ausstrahlung und Überzeugungskraft Arlene tatsächlich besitzt, wurde
deutlich, als sie uns zu einer Baugrube in
der Nähe des Waisenhauses führte. „Hier
steht in drei Monaten ein Kindergarten, eine
Krankenschwesternschule und eine Grundschule“, meinte sie fröhlich. Wir blickten auf
grob ausgehobene Lehmlöcher hinab – und
glaubten Arlene jedes Wort. Danach bestiegen wir gemeinsam einen Hügel in der Nähe.
Auf dem Scheitelpunkt angekommen, breitete Arlene wie ein Prophet aus der Bibel die
Arme aus. Sie sprach voller Optimismus im
eindringlichen Tonfall einer Predigerin: „Das
ist mein Traum. Hier wird eine Universität
für Kinder entstehen, die sonst keine schulische Ausbildung erhalten würden!“ Dann
lachte die kleine, drahtige „Prophetin“ laut
und herzlich. Ich denke, sie wird es schaffen
- wer kann dieser Frau widerstehen?
Father Anthony und Arlene Brown: Nur zwei
Beispiele für viele großartige Menschen, die
wir in den vergangenen Jahren trafen. Für
mich persönlich eine absolute Bereicherung
meines Lebens!
Afrika
„Menschen, die mein Leben bereicherten“: Torsten Mohr traf die Lehrerin
Appolinarie Nyirabahutu in Rubengera im
ostafrikanischen Land Ruanda (großes Foto links); Arlene Brown aus dem
US-Staat Pennsylvania kam 1996 nach
Ruanda und baute dort ein Waisenhaus
auf; der indische Pater Anthony vom
katholischen Orden Oblaten der makellosen
Jungfrau Maria (OMI) ist im Nachbarland
Tansania tätig.
“People who have enriched my life”:
Torsten Mohr met teacher Appolinarie
Nyirabahutu in Rubengera, in the East
African country Rwanda (large photo,
left); Arlene Brown of the U.S. state of
Pennsylvania came to Rwanda in 1996,
where she built an orphanage; and Father
Anthony, from India, of the Catholic Order
Oblates of Mary Immaculate (OMI), works
in neighbouring Tanzania.
Torsten Mohr, on meetings of the aid
projects for the children of Africa
“I met many great
people”
As tour manager of ”Fit am Ball
Africa“, I have visited a large number of
MISEREOR and UNICEF relief projects, as
well as individual private projects. The first
thing I noticed was the positive, very cordial
prevailing mood. Most of the people there
have seen and experienced a great deal of
suffering and lived in poor circumstances.
Still one notices that most of them have hope
again because of the aid projects, and are
thankful for the opportunity to look ahead to
the future.
From the outset I wondered what kind of
people pull up their stakes at home and completely change their lives to help others in
Africa. In 2008 in Tanzania, I was very much
Fotos: Stefan Menne
impressed by Father Anthony, an exceedingly
warm-hearted and open-minded Catholic
priest from India, who, together with a group
of nuns, runs the Child in the Sun project in
the city of Dar es Salaam. One can imagine
the project, sponsored by MISEREOR, as a
small village in which former street children
can lead a regular life. They can live there,
eat with the others, go to school and learn
a craft – such as carpentry or dressmaking,
both of which are very sought-after professions in East Africa, with which a person can
earn money independently. Child in the Sun
even gives anyone who is 18 years old the
chance to get a driving licence!
During our visit, we saw the children and
youth playing football on the Project‘s own
football field. Father Anthony explained to us
just how important football, as a team sport,
is for them, since they had often lived on the
street before, fending for themselves. Football
helps them learn how to manage in a group,
brings a sense of achievement and also just
allows the children to let off steam. The loud
laughter on the football field proved just how
right Father Anthony was.
Later we drove to one of the districts of Dar
es Salaam where many children live without
families, on the street. One place for them
to go is the Child in the Sun Drop-In Centre.
Father Anthony explained to us how difficult
it is to gain the children‘s trust, considering
all the terrible experiences they have had
with other adults. But if they have found that
trust and have then made their way, it makes
him very happy, said Father Anthony. That
was a very touching experience. I was happy
and still am to have met a man like Father
Anthony.
I met another terrific person in February 2009
in Rwanda. The American Arlene ”Mama“
Brown: 77 years old, snow-white hair, small
and thin – and an incredibly positive attitu-
de with enormous energy. In Gitarama, the
second largest city in the country, Arlene had
built an orphanage and a school, three years
before. Now she knows each of the more
than 40 children by name. Even the prehistory of the orphanage impressed us greatly.
During a trip to Africa as a tourist, Arlene
experienced the misery of so many children
and spontaneously decided to help. At home
in the United States, she collected $40,000
for the planned orphanage. Later, in Rwanda,
she was ”advised by the wrong people“, as
she put it, and lost all the donated money.
But instead of losing heart, Arlene went back
into the United States, collected funds all
over again for her project, returned to Rwanda – and this time had luck and success.
What probably helped the devout Methodist
the most was her unwavering trust in God.
It became clear just how much charisma
and persuasiveness Arlene has, when she
drove us to a construction project near the
orphanage. ”In three months there will be
a kindergarten here, a nursing school and
a primary school“, she said cheerfully. We
looked down at roughly dug mud holes –
and believed every word Arlene said. Then
we climbed a nearby hill together. Once
we reached the summit, Arlene spread her
arms wide, like a Biblical prophet. She spoke
full of optimism, in the ringing tones of a
preacher: ”This is my dream. There will be
a university here for children who otherwise
would receive no schooling!“ Then the small,
wiry ”prophetess” gave a loud and hearty
laugh. I think she will do it. Who can resist
this woman?
Father Anthony and Arlene Brown: just two
examples of the many splendid people we
have met in recent years. For me personally,
an absolute enrichment of my life!
37
Rubrik
Afrika
Wie man in Ostafrika
Löwen, Elefanten und
Giraffen organisiert,
berichtet Mathias
Bellinghausen.
Tansania:
Im Rausch der wilden Tiere
Ich bin bei „Fit am Ball Africa“ als
Projektmanager auch für die Organisation der
Projektreisen zuständig. Vor der ersten Reise
nach Afrika informierten mich die Journalisten in unserem Team, dass sie unbedingt
Großtiere sehen wollten. Nun war ich nie in
Afrika gewesen. Das heißt, ich hatte auch
noch nie ein typisch afrikanisches Tier wie
Zebra, Giraffe, Elefant oder Löwe in freier
Wildbahn gesehen. Ich stellte mir das sehr
aufregend und schwierig vor, solche Tiere zu
finden. Man fährt nach langer Reise durch unendliche, archaische Landschaften und muss
enorm viel Geduld aufbringen bis ein „wildes
Tier“ auftaucht und vor die Kameralinse läuft.
Vor der Abreise ins ostafrikanische Tansania
informierte ich mich noch über die in Afrika
gängigen Zahlungsmittel. Man erklärte mir,
dass nur Bargeld ginge und außerhalb der
großen Städte Reiseschecks oder Kreditkarten
praktisch keinen Wert hätten. So landeten
wir am Abend des 20. Oktober 2008 mit einer
Tasche voll Banknoten auf dem Flughafen von
Arusha, einer Stadt, die genau zwischen der
Massai Steppe und der weltberühmten Serengeti liegt. Am folgenden Tag fuhren wir mit
dem Jeep zum Tarangire Nationalpark, zwei
Stunden Autofahrt südwestlich von Arusha,
über eine zwar holprige aber insgesamt gut
ausgebaute Asphaltstraße zu erreichen.
Der Nationalpark ist mit rund 2.600 Quadratkilometern Fläche ungefähr so groß wie
das Saarland und natürlich führt kein Zaun
drum herum. Dennoch besitzt der Park am
Ende einer staubigen Piste so etwas wie eine
Einfahrt, wo eine Gebühr zu entrichten ist.
Mein Job! Die Taschen voller Bargeld ging ich
also zu dem kleinen Holzhäuschen hin und
meldete den Jeep und das sechsköpfige Team
an. Der Wildhüter nannte mir den Preis und
ich kramte die entsprechende Summe aus
einheimischer Währung zusammen. Doch
der Mann lehnte mein Geld ab! Stattdessen
wies er mit kompromissloser Miene auf die
38
von ihm aus gesehen rechte Ecke der grob
gezimmerten Theke.
Kaum zu fassen: Dort lagen gleich sechs Lesegeräte für Kreditkarten bereit. Ausgeschaltet
allerdings. Wo sollte hier auch Strom herkommen? Zum Glück hatte ich sicherheitshalber
doch meine Kreditkarte eingesteckt. Der
Wildhüter nahm die Karte und verschwand
mit ihr zu meiner Verwunderung durch die
Hintertür. Als ich von draußen röhrende und
stotternde Geräusche hörte, machte ich ein
paar Schritte um die Hütte herum. Dort stand
nun der Mann und versuchte, einen dieselbetriebenen Generator anzuwerfen. Als ihm
das nach einigen Versuchen gelungen war,
wendete er sich einer Parabolantenne zu,
die neben dem Generator stand. Er richtete
sie irgendwohin gen Himmel. In der Hütte
leuchteten nun die Displays aller Lesegeräte
auf. Jetzt zog der Wildhüter völlig selbstsicher
meine Karte durch das erste Gerät, doch es
kam keine Verbindung zustande. Auch nicht
am zweiten und auch nicht am dritten Gerät.
Dann ging er erneut zur Parabolantenne nach
draußen, richtete sie – offenbar nach Gefühl
– neu aus und probierte es anschließend am
vierten Gerät. Auch kein Erfolg. Ein paar weitere Versuche später, ausgeführt in stoischer
Ruhe, leuchtete schließlich auf dem Display
des fünften Gerätes die „OK“-Taste auf. Wir
durften passieren. Inzwischen war es beinahe
Mittag und ich fragte mich, ob wir an diesem
Tag noch Tiere sehen würden.
Wir waren jedoch erst ein paar hundert Meter
in den Park hineingefahren, da blickte uns
schon der erste Elefant von links vorn entgegen. Alle im Team schossen hoch, die Kameras im Anschlag, um durch die Fenster und
aus dem offenen Verdeck des Jeeps heraus
massenhaft Fotos und Filmaufnahmen von
der „seltenen Erscheinung“ zu schießen. Doch
nur wenige Meter davon entfernt suchte eine
Elefantenkuh mit ihrem Kalb Schatten unter
einem Baum. Ein paar hundert Meter weiter
kreuzten Gazellen unseren Weg, rechts sprang
ein Strauß durchs Gelände, gefolgt von einem
Warzenschwein. Unzählige Paviane liefen mit
ihren Jungen auf dem Rücken an uns vorbei,
und wieder nur einige hundert Meter weiter
gerieten wir um ein Haar mitten in einen Zug
von hunderten Zebras und Gnus, die vom
weit enfernten, vor Hitze flirrenden Horizont
wie an der Schnur gezogen auf uns zuschritten. Minuten später sahen wir eine Giraffe
unter einem Affenbrotbaum vor der sengenden Mittagssonne Schatten suchen und kurz
darauf eröffnete sich uns das malerischste
Gruppenbild. An einem Wasserloch tummelten sich mehrere Elefantenfamilien, Giraffen,
Wasservögel, Gazellen, Gnus und Zebras.
Unmittelbar daneben ruhte eine Löwin bewegungslos im Schatten unter einem Baum. Vier
oder fünf Meter von unserem Jeep entfernt.
Spätestens da fühlten wir uns wie im Glücksrausch, weil wir ganz ohne Mühe mitten in
diese paradiesische Szenerie hinein versetzt
worden waren. Guide Messiah Mgoba erklärte
uns lächelnd, warum die Tiersuche so leicht
gefallen war. Wir waren auf dem Höhepunkt
der Trockenzeit unterwegs und alle Tiere hielten sich um die letzten verbliebenen Wasserlöcher herum auf. Aber gewusst wo – für Tier
und Mensch!
Meine Teamkollegen und ich kamen in den
folgenden Jahren in Afrika noch manchen wilden Tieren nah, doch bei mir jedenfalls war
die Euphorie nie mehr so groß wie an diesem
21. Oktober 2008 in Tansania. An meinem
ersten Tag auf afrikanischem Boden hatte ich
gleich die volle Wucht der Schönheit dieses
Kontinents zu spüren bekommen. Ach ja, und
was die Zahlungsmittel in Afrika betrifft –
man sollte immer auch „Plastik“ dabei haben,
aber Bares ist in den allermeisten Fällen
tatsächlich besser.
Afrika
Großtiere in Tansania: Ein
unvergessliches Erlebnis für
jeden Besucher
Big animals in Tanzania:
an unforgettable experience
for every visitor
How quickly people in East Africa can
arrange for lions, elephants and giraffes,
project manager Mathias Bellinghausen
reports.
Tanzania: The Thrill of
wild Animals
As project manager for ”Fit am Ball
Africa“, I‘m also responsible for organizing
project travels. Before our first visit to Africa,
the journalists in our team told me that they
absolutely wanted to see the big animals. But
I had never been to Africa, which means, I
also had never seen a typical African animal
such as a zebra, giraffe, elephant or lion, in
the wild. I thought it would be really exciting
and difficult to find these animals. You would
have to drive a long way through endless,
primitive landscapes and show enormous
patience before any ”wild animal“ appeared
and ran before your camera.
Before our departure for Tanzania in East
Africa, I inquired about
commonly accepted means
of payment. I was told that
only cash is accepted, and
outside of the big cities,
travellers‘ checks or credit
cards have practically no
value. We landed on the
evening
of 20 October 2008, with a
briefcase
full of cash, at the airport of
Arusha, a
city which lies right between
the Massai
steppes and world-famous Serengeti Park.
The next day, we drove in a jeep through
Tarangire National Park, two hours‘ drive
southwest of Arusha, along a bumpy but
generally well built asphalt road.
The National Park, with its 2,600 square
kilometres, is about as big as Germany‘s
Saarland, and not fenced in of course.
Fotos: Stefan Menne
On the other hand the park has one entrance
at the end of a dusty road, where you have
to pay a fee. My job! I walked up to the
small wooden building with pockets full of
cash and registered the jeep and the six-man
team. The gamekeeper told me the price and
I pulled out the requested amount in local
currency. But the man refused my money!
Instead, he looked, with an uncompromising
countenance, towards the corner of the crudely built counter on his right.
Hard to believe: There were six credit-card
readers. But turned off. How would they get
electricity here? Luckily I had also brought
my credit card, as a precaution. The gamekeeper took the card and to my surprise
disappeared through the back door. When I
heard a roar and stuttering noises, I took a
few steps around the cabin. There the man
stood, trying to turn on a diesel-powered generator. When he succeeded after a few tries,
he turned to a parabolic antenna standing
near the generator. He pointed it
somewhere or other in the
sky. Then the displays lit
up in the cabin. Now the
gamekeeper competently
swiped my card, but there
was no connection. Not on
the second or third reader.
He went back
again to the parabolic antenna outside,
pointed it – clearly any
way he felt
like – again and tried the
fourth reader.
No luck. A few attempts
later, carried out stoically, the ”OK“ button
finally lit up on the fifth reader. We could go.
Meanwhile, it was nearly midday and I wondered if we would see any animals that day.
We had just gone a few hundred yards into
the Park, when the first elephant appeared
to our left. The whole team jumped up,
cameras ready, to get plenty of pictures
and film of the ”rare occurrence“ from the
windows and open hood of the jeep. But just
a few yards away, an elephant cow and her
calf were looking for shade under a tree. A
few hundred yards on, gazelles crossed our
way, to the right an ostrich ran by, followed
by a warthog. Countless baboons ran by us
with their young on their backs, and again
a few hundred yards on we barely escaped
being caught up in a herd of hundreds of
zebras and gnus, which charged at us, as if
pulled on a cord, from the faraway, heatshimmering horizon. Minutes later we saw
a giraffe under a baobab tree, looking for
shade from the blazing midday sun, and a
bit later, a group painting opened before us.
At a water hole, several elephant families, giraffes, water birds, gazelles, gnus and zebras
were milling around. Right near by, a lion lay
motionless in the shadow of a tree. Just four
or five yards from our jeep.
That moment at the latest we felt as if we
were in a lucky dream, because we had
effortlessly landed in this paradisal scene.
Our guide, Messiah Mgoba, smilingly told
us why our animal hunt was so easy: it was
at the peak of the dry season, and all the
animals gathered at the last remaining water
holes. But knowing where to go is the thing
– for animals and people!
My team mates and I were able to get near
many wild animals in our later years in
Africa, but for me, the euphoria was never as
great as on this 21 October 2008 in Tanzania.
On my first day on African soil, I had already
felt the full power of this continent‘s beauty.
And yes, as to the currency in Africa – always have ”plastic“ with you, although cash
is almost always better.
39
Im westafrikanischen Mali traf Peter Palme
faszinierende Musiker aus dem Volk der Tuareg.
Jimi Hendrix und der
Blues der Sahara
Tuareg Nomaden kennen zu lernen,
darauf war ich sehr gespannt. Dicko, unser
Guide im westafrikanischen Mali, kannte
eine große Familie. Er wusste, dass sie am
Südrand der Sahara, irgendwo in der Nähe
der Stadt Hombori ihr Lager aufgeschlagen
hatte. Also fuhren wir mit dem Geländewagen quer durch die Halbwüste. Immer wenn
Dicko in der Einöde einen Menschen sah,
sprang er aus dem Auto, um zu fragen –
nicht nach dem Weg, denn den gab es nicht,
sondern nach der Himmelsrichtung. Nach einigem Umherirren sahen wir schließlich kurz
vor Sonnenuntergang drei niedrige, halbkugelförmige Unterkünfte der Tuareg, umgeben
von einer „Mauer“ aus aufgeschichtetem
Dornengebüsch. Aber was war da zu hören?
Verzerrte Klänge von einem fremdartig
klingenden Saiteninstrument, ganz ähnlich
wie der elektrische Blues von Jimi Hendrix.
Und sehr laut! Wir kamen näher und ich sah
ein Bild, das ich so schnell nicht vergessen
werde. Auf Teppichen, die im Wüstensand
lagen, tanzten zwei Frauen und zwei Kinder,
alle in herrlich bunte Stoffe gehüllt. Rundherum saßen weitere Frauen und Kinder, die im
Takt der Musik in die Hände klatschten und
manchmal seltsam kehlige Trällergeräusche
sangen. Die Männer standen zusammen,
klatschten in die Hände und riefen ab und an
Worte, die ich nicht verstand, die aber offenbar Teil der Musik waren. Und in der Mitte
40
des Teppichplatzes saß der Tuareg-Musiker
- er entlockte einem dreisaitigen, gitarrenähnlichen Instrument (eine so genannte
Ngoni, wie ich später erfuhr), verstärkt über
den Lautsprecher eines alten Kofferradios,
mit Strom aus einer Motorradbatterie, diese
Hendrix-artigen Töne. Dazu sein Sprechgesang, der nach dem fröhlichen Ausdruck des
halbverhüllten Gesichts zu urteilen, von etwas Schönem handeln musste. Die ganze Gemeinschaft strahlte so viel von glücklichem
Zusammensein aus, dass ich wie gebannt
da stand, meine Videokamera im Arm, und
ganz vergaß zu drehen. Da kam ein Jugendlicher zu mir. Er schaute ebenso gebannt wie
ich, nur nicht auf die Szene – sondern auf
meine Kamera. Ohne lange zu überlegen,
drückte ich dem Jungen die Kamera in die
Hand und forderte ihn auf zu filmen. Begeistert stürzte er sich zwischen die Tanzenden,
schaute ab und zu kurz zu mir hin, mit
einem Nicken ermunterte ich ihn weiter zu
drehen. Strahlend gab er mir irgendwann die
Kamera zurück. Mir kam es so vor, als hätten
wir uns gegenseitig beschenkt. Er war eine
Zeitlang glücklich mit der Kamera gewesen
und ich, dieses traumhafte Geschehen in
seiner Familie miterleben zu dürfen. Was der
junge Tuareg-Kameramann gedreht hat, habe
ich natürlich in unseren Westafrika-Film
eingebaut.
Afrika
Musik mit großem zauber:
Im Camp der Tuareg-Familie
yattara am rand der Sahara
in Mali spielt rabu Sarre die
dreisaitige Ngoni, elektrisch
verstärkt.
Music with great charm: on
the edge of the Sahara in Mali,
at the camp of the yattara,
a Tuareg family, rabu Sarre
plays the three-stringed Ngoni,
electrically amplified.
In Mali, peter palme met fascinating
musicians from the Tuareg people.
JIMI HENDrIx AND THE
BLUES OF THE SAHArA
I was very excited about getting to
know Tuareg nomads. Dicko, our guide in
Mali, West Africa, was acquainted with a big
family. He knew that they had set up their
camp on the southern edge of the Sahara,
somewhere near the town of Hombori. So
we set out in the SUV across the semi-desert.
Whenever Dicko saw a man, out there in the
wasteland, he jumped from the car to ask –
not which road to take, because roads did
not exist, but the direction by the points of
the compass. After some wandering about,
just before sunset we finally saw three low,
hemispherical dwellings belonging to the
Tuareg, surrounded by a „wall“ of piled-up
brambles. But what was that sound? Distorted tones from a strange-sounding stringed
instrument, much like the electric blues of
Jimi Hendrix. And very loud! We came closer
and I saw an scene that I will not soon forget. On carpets that lay on the desert sand,
Fotos: Harald Stoffels
two women and two children were dancing,
all of them dressed in wonderfully colourful
clothes. All around were other women and
children, clapping to the beat of the music
and singing rather strange, throaty, warbling
sounds. The men stood
together, clapped their
hands and, from time
to time, chanted words
that I did not understand,
but which were apparently
part of the music. And in the
middle of the square of carpet sat
the Tuareg musician, who charmed these Hendrix-like tones out
of a three-stringed guitar-like
instrument (called a ngoni,
as I learned later), amplified by an old portable
radio‘s speaker, with its
electricity coming from
a motorcycle battery.
To
judge from the happy
expression on
his half-covered face, his chant must have
been about something beautiful. The whole
community radiated such a happy sense of
togetherness, that I stood transfixed, holding
my video camera, and quite forgot to turn it
on. Then a young fellow came over to me.
He looked just as spellbound as I did – not
at the scene, but at my camera. Without a
second thought, I pushed the camera into
the boy‘s hand
and told him to
start filming. He
rapturously barged in between the
dancers, glancing at me
quickly from time to time,
and with a nod, I encouraged
him to keep shooting. Beaming,
he gave me back the camera
after awhile. It seemed that
we had each given the other
something. He had been
happy with the camera
for a while, and I was
happy to experience
this dreamlike event
with his family. Of
course I included
Peter Palme in
in our West African
action
film, what the young
Tuareg cameraman filmed.
41
Rubrik
Afrika
Wer hat Angst vorm weiSSen Mann?
Am Morgen des 23. Oktober 2008
fuhren wir über eine staubige Serpentinenstraße durch die bis zu 2.300 Meter hohen
Usambaraberge im östlichen Tansania, nicht
weit von der Grenze zu Kenia entfernt.
Ungefähr um 10.15 Uhr sahen wir oberhalb
des Dörfchens Mombo, steil unter uns im
tief eingeschnittenen Tal, ein abgelegenes
Schulgebäude. Direkt davor, auf einer abgeflachten Kuppe, befand sich eine Art steppige
Fußballwiese. Wir stoppten, liefen hinunter
zur Schule, der auch ein Kinderhort
angeschlossen war und sprachen
mit den Lehrern über unser Projekt.
Sie zeigten sofort Interesse an einer
Patenschule in Deutschland, wir
tauschten Adressen aus und die
neue Freundschaft wurde mit Lachen und
Händeschütteln besiegelt. Dann organisierten
Lehrer und Kinder gemeinsam ein spontanes
Fußballspiel, damit unser Fotograf und der
Kameramann Material für die Berichterstattung in Deutschland aufnehmen konnten.
In der Zeit marschierte ich zurück zum Jeep,
um für die Schule ein paar Geschenke zu
holen. Der Weg führte am Kinderhort vorbei,
neben dem ein großes und dichtes Gebüsch
wuchs, aus dem zunehmend lauter werdendes Kindergeflüster drang. Ich blieb stehen
und versuchte die Quelle des Geräuschs zu
entdecken. Den ungefähr vierjährigen Jungen
sah ich allerdings erst, als er von sich aus das
Gebüsch verließ und mit kleinen Schritten
in meine Richtung kam. Seine Augen waren
weit aufgerissen und ich konnte in ihnen eine
Mischung aus Vorsicht und Neugier entdecken. Als ich einen Schritt in seine Richtung
ging, kehrte er hastig um und verschwand
wieder im Gebüsch. Ich zog mich ein paar
Schritte zurück, und der Junge zeigte sich
“Der ist angemalt!”,
riefen die Kinder.
42
erneut – dieses Mal hatte er einen anderen
Jungen dabei.
Dieses Hin und Her wiederholte sich noch
öfter, wobei aber jedes Mal mehr Kinder
einen Schritt aus dem Versteck heraus auf
mich zu wagten. Doch immer, wenn ich mich
nur geringfügig rührte, huschten alle wieder
weg. Schließlich kam mir eine Idee, woher
und wieso, weiß ich nicht mehr. Ich fing an,
auf der Stelle zu tanzen. Dabei wippte ich
von einem Bein aufs andere, klatschte in die
Hände und summte eine Melodie. Die Kinder
steckten etwas überrascht die Köpfe aus dem
Gebüsch und fingen an zu lachen, genauso
wie ich.
Schließlich wagte sich ein rundes Dutzend
Kinder heraus – alle tanzten auf mich zu,
bildeten dann einen Halbkreis um mich herum und machten mir sämtliche Bewegungen
nach. Ich klopfte mir auf den Bauch, auf den
Kopf und die Oberschenkel und die Kinder
lachten immer lauter, verloren alle Furcht,
kamen zu mir hin, zupften an meiner Haut
und riefen irgendetwas in ihrer Sprache, das ich natürlich nicht verstand.
Inzwischen war auch unser einheimischer Tour-Guide Messiah hinzugekommen. Er amüsierte sich köstlich
und klärte mich darüber auf, dass
die Kinder noch nie einen weißen Menschen
gesehen hatten. „Der ist angemalt!“, hatten
sie gerufen.
Geblieben ist mir von diesem Erlebnis die
merkwürdige Erfahrung, in einem fernen
Land als Fremder zu gelten, vor dem Kinder
Angst haben. Aber auch, dass Lachen und
Tanzen die Kluft zwischen den ostafrikanischen Kindern und dem Westeuropäer
schließen konnte - ganz ohne Worte. Ob das
umgekehrt bei uns in Deutschland wohl auch
so verlaufen wäre?
Afrika
Singen, Tanzen, Lachen: Mathias Bellinghausen entdeckt universelle Regeln friedlicher Kontaktaufnahme.
Singing, dancing, laughing: Mathias Bellingshausen discovers the universal rules of peaceful contact.
Who‘s afraid of the
white man?
On the morning of the 23rd October
2008, we drove along a dusty, winding road
through the Usambara mountains, which rise
up to 7,500 feet high in eastern Tanzania, not
far from the Kenyan border. At about 10:15,
we saw an isolated school building above the
village of Mombo, which lay below us
in a deep valley. Right in front, atop a
level hilltop, there was a kind of broad
football field. We stopped, ran down
to the school, which was attached to a
day nursery, and spoke to the teachers
about our project.
They were immediately interested in having
a sponsor-school in Germany; we exchanged
addresses and our new friendship was sealed
with laughter and handshakes. Then, together, the teachers and children organized a
spontaneous football game, so our photographer and cameraman could get material for
the report-back to Germany.
Meanwhile, I went back to the jeep to get
some presents for the school. The path went
Fotos: Harald Stoffels
by the nursery school, next to which grew a
big, thick bush, from where you could hear
children‘s whispers that kept growing louder
and louder. I stood still and tried to find
where the noise came from. I first saw a boy
about four years old, as he came out of the
bush and took little steps towards me. His
eyes were wide, and I could see a mixture
of caution and curiosity in them. As I took
“He‘s been painted!”,
called out the children, from
their hiding places.
a step towards him, he quickly turned around
and disappeared back into the bush. I took a
few steps back and the boy showed himself
again – this time he had another boy with him.
I kept repeating this back and forth, so that
every time more children dared to come out
of their hiding place towards me. But every
time, when I stirred even slightly, they all
scurried away. Finally I got an idea, how and
where I no longer know. I began to dance
then and there. I jumped from one leg to
the other, clapped my hands and hummed a
melody. The surprised children stuck their
heads out of the bush and began to laugh, as
I did.
Suddenly a dozen children ventured out –
they all danced towards me, made a half
circle around me, and moved all together
towards me. I patted my stomach, my head
and thighs, the children laughed louder,
lost all fear and came to me, plucking at
my skin and saying something in their
language, which I did not understand of
course. In the meantime, our local tour
guide Messiah came up. He was really
enjoying himself, and explained to me
that the children had never seen a white person. “He is painted”, they had called out.
I came away from this encounter with the
peculiar experience of being considered, in
a foreign country, a stranger whom children
fear. But also, that laughter and dancing can
close the gap between East African children
and Western Europeans – totally without
words. Would that have gone so well in
Germany, in the reverse situation?
43
Redakteur Harald Stoffels verrät InsiderTipps für das wahre Afrika-Erlebnis.
Auch in der Steppe läuft
nichts ohne Sherpa
Ich bin der Redakteur von „Fit am
Ball Africa“. Das heißt, verantwortlich für die
journalistischen Geschichten rund um alle
Projektreisen. Bisher habe ich mit meinen
Kollegen Fotos, Filme und Storys aus sechs
Ländern zurück gebracht - aus Tansania,
Ruanda, Senegal, Mali, Burkina Faso und
Kamerun. Mein persönliches Fazit?
Viele großartige Geschichten habe ich in
Afrika erlebt. Aber auch ein paar praktische
Dinge gelernt, die jedem Reporter nutzen
können, der in Afrika seinen Job anständig
tun will. Die aber auch für
jeden anderen individuellen
Afrika-Reisenden nützlich
sein können, sofern er
echte Erfahrungen sammeln möchte, statt nur
als flanierender Tourist
unterwegs zu sein. Vier
persönliche Tipps möchte
ich deshalb hier vorstellen:
1. Immer genug Trinkwasser im Auto! Das ist für den
Reisenden auch in abgelegenen Regionen nicht so knapp, wie manche denken.
Tatsächlich kann man fast überall im Umkreis
von 50 Kilometern genug keimfreies Trinkwasser in Plastikflaschen kaufen. Nur: Man
sollte auch wirklich immer so viel davon bei
sich haben, dass man jederzeit genügend zu
Trinken hat. Denn: Wer den Durst spürt, hat
bereits einen Teil seiner Konzentration und
Kraft verloren und viele der unglaublichen
Eindrücke Afrikas huschen dann ungesehen
vorbei.
44
2. Immer genug Licht am Mann/ an
der Frau! Mindestens drei batteriebetriebene Lampen (mit Ersatzbatterien!) pro Person sollten es schon sein.
Eine Kopflampe, weil praktischer als
alle anderen, zur Vorsicht spätestens
ab Nachmittag um den Hals zu tragen.
Eine Ersatzlampe, z.B. Mini-Maglite,
als Alternative und Ersatz im Gepäck.
Und eine Minilampe, grundsätzlich
IMMER in der Hosentasche dabei – z.B. für
den Fall, dass man die Kopflampe doch erst
sucht, wenn es schon dämmert. Warum ist
das so wichtig? Weil die Sonne südlich der
Sahara stets rasend schnell untergeht und
die Dunkelheit danach tiefschwarz und
undurchdringlich ist. Das trifft sogar
auf viele Großstädte jenseits der
Hauptverkehrsstraßen zu.
Einmal war ich in Mali im Land
der Dogon zu Fuß unterwegs:
allein und ohne Lampe, überzeugt, vor Einbruch der Dunkelheit zurück im Camp zu sein.
Die Sonne ging unter, als ich etwa
einen Kilometer vom Camp entfernt war. Ich
marschierte mit wenig Orientierung so lange
„nach Gefühl“ durchs Gelände, bis ich die
Hand nicht mehr vor Augen sah. Da fand
mich ein Junge aus dem nahe gelegenen Dorf
und führte mich zu meinen Kollegen. Die
Gruppe war keine 200 Meter entfernt gewesen, aber ich hatte nichts von ihnen gesehen
oder gehört.
3. Immer ein erstklassiges Reisehandbuch
(mein Favorit für die meisten Länder Afrikas:
„Lonely Planet“) und eine sorgfältig ausgesuchte Landkarte im Gepäck! Beides unbedingt bereits in der Heimat kaufen und vor
Reiseantritt intensiv studieren. Nicht erst im
Land selbst! Warum? Dazu unten mehr.
4. Unbedingt und (für den Reporter) wichtiger als alles andere: Ein guter Guide dabei! So
wenig, wie es ein Bergsteiger ohne Sherpa auf
einen 8.000er im Himalaja schafft, so gering
ist die Chance für eine wirklich gute Story in
Afrika ohne einheimischen Kontakt. Merke:
Ein erstklassiger Guide ist tatsächlich (fast)
jedes Honorar wert! Zu einem guten Guide
gehört natürlich immer auch ein passendes
Fahrzeug (Thema für sich).
Folgende Guide-Optionen haben wir getestet:
a. Deutsche Politiker- und Bildungsbürgererfahrener Profi-Guide, gleichzeitig Fahrer mit
gutem, eigenen Fahrzeug (Messiah Mgoba,
Goba-Tours, Dar es Salaam/ Tansania): Optimal für Einsteiger,
b. Junges Team aus gebildetem, weiblichen
Profi-Guide und Profi-Fahrer mit eigenem,
erstklassigen Fahrzeug (Cecile Umuhoza und
Amos Tega, Eos Visions, Kigali/ Ruanda):
Ideal für intensivstes Reisen (mindestens drei
Afrika
Top-Guides, Freunde: Seydou Aré Guindo aus dem Volk
der Dogon im westafrikanischen Mali, ein Mann mit
unglaublichem Kulturwissen (oben links neben MaskenTänzer); Improvisations-Experte Jean Clement Hakou
(mit Ball) in den abgelegenen Mandara Bergen im
Norden von Kamerun; Kassim Konate (mit Zigarette)
aus Mali, der coolste Fahrer westlich des Kongo; Cecile
Umuhoza beim Dreh in einer ruandischen Pygmäengemeinde; Dicko Hamadoun (mit weißem Schech-Turban), weltgewandter Enkel des Königs von Boni (Mali)
Top guides and friends: Seydou Aré Guindo of the
Dogon people in Mali, a man with incredible cultural
knowledge (top left, next to mask dancer); improvisation expert Jean Clement Hakou (with ball), in the
remote Mandara Mountains of northern Cameroon;
Kassim Konate (with cigarette) of Mali, the coolest
driver west of the Congo; Cecile Umuhoza, filming in
a Rwandan pygmy community; Dicko Hamadoun (with
white sheikh‘s turban), the urbane grandson of the
King of Boni (Mali)
Editor Harald Stoffels reveals insider tips
for the true African experience.
Even in the steppe, nothing works without a
Sherpa
I am the editor of “Fit am Ball Africa”,
which means I‘m responsible for the articles
about all the project trips. So far, my colleagues
and I have brought photos, film, and stories back
from six countries – Tanzania, Rwanda, Senegal,
Mali, Burkina Faso, and Cameroon. My personal
conclusions?
I‘ve experienced many fantastic things in Africa.
But I‘ve also learned a few practical things,
which every reporter can make use of who
wants to do a decent job in Africa. These can
also be useful for everyone going to Africa, as
long as he wants to genuinely experience the
country, rather than just strolling around like a
tourist. I want to give you four personal tips:
1. Always have enough drinking water in your
car! It is not as scarce as many think, even for
those visiting remoter regions. Actually, you
can buy enough pure drinking water in plastic
bottles within 50 kilometres of almost everywhere. However, you should always take along
enough, that you have enough to drink at all
times. Because when you are feeling thirsty, you
have already lost some of your concentration
Fotos: Stefan Menne, Harald Stoffels
and strength, and many incredible impressions
of Africa whiz by unseen.
2. Always have enough light on you! You should
have at least three battey-powered lamps (with
replacement batteries!) per person. By afternoon at the latest, carry a head lamp around
your neck, since it is more practical than any
other. Carry a replacement lamp, for example a
mini-maglite, as an alternative and spare in your
baggage. And ALWAYS carry a mini lamp in your
pocket, just in case you have to look for your
head lamp when it is already getting dark. Why
is this so important? The sun always sets very
quickly south of the Sahara, and the darkness
that follows is totally black and impenetrable.
That also happens in many cities, except on the
main streets.
I was once hiking in the Dogon region in Mali,
alone and without a lamp, convinced I would
be back in camp before dark. The sun set, when
I was still about a kilometre from camp. I kept
on walking, hardly knowing where I was going,
following “my senses”, until I could no longer
see my hand in front of my face. Then a boy
from the neighbouring village found me and
led me back to my companions. The group had
hardly been 200 yards away, but I had not heard
or seen them.
3. Always have a first-class travel handbook (my
favourite for most African nations: “Lonely Planet”) and a carefully chosen map in your luggage! Buy both of them while you are still at home,
and study them thoroughly before you start your
trip. Not when you have already arrived! Why?
More on this below.
4. Essential and (for a reporter) more important
than anything else: Have a good guide with you!
There is as little chance to get a really good story
in Africa without local contacts, as for a mountain climber to make it up a 26,000-foot mountain in the Himalayas without a sherpa. Take
note: a first class guide is worth every penny!
A good guide should of course always come with
a suitable vehicle (an issue all on its own).
We tested the following guide options:
a. A professional guide experienced with German politicians and well-off patrons, who is also
driver of his own good-quality vehicle (Messiah
Mgoba, Goba Tours, Dar es Salaam, Tanzania):
optimal for beginners;
b. A young team composed of a well-educated,
female professional guide and a professional
driver with their own first-class vehicle (Cecile
Umuhoza and Amos Tega, Eos Visions, Kigali,
Rwanda): ideal for the most intense trips (at
least three stories a day for a reporter) with intellectual aspirations;
c. A team of an educated young professional
guide and an old trooper with decades of experience (ex-revolutionary) as the professional driver
– with varying vehicles, which take some getting
used to (Dicko Hamadoun and Kassim Konate,
Mansa Africa Tours, Bamako, Mali): perfect for
intensive men-only trips in hazardous countries;
45
Afrika
Unterwegs in der Steppe: der erfahrene Messiah
Mgoba am Steuer im Massai-Gebiet in Tansania
On the road in the steppe: Messiah Mgoba,
a man of experience, driving in the Maasai
region of Tanzania
Storys pro Tag) mit intellektuellem Anspruch,
c. Team aus gebildetem jungen Profi-Guide
und jahrzehntelang erfahrenem Haudegen
(Ex-Revolutionär) als Profi-Fahrer - mit wechselnden, gewöhnungsbedürftigen Fahrzeugen
(Dicko Hamadoun und Kassim Konate, Mansa
Africa Tours, Bamako/ Mali): Perfekt für
intensives Männer-Reisen in abenteuerlichen
Ländern,
d. Freund mit wechselnden, teils dubiosen
Zufalls-Taxis (Papa Malick Diouf, Musiker aus
Dakar/ Senegal, lebt mit Familie seit 15 Jahren in Köln/ Deutschland): Ideal für intensive
afrikanische Großstadterfahrung,
e. Freund mit unterschiedlichsten, teils spontan besorgten, teils dubiosen Fahrern und
Fahrzeugen (Jean Clement Hakou, FußballSpielerberater aus Yaoundé/ Kamerun, lebt
mit Familie seit 15 Jahren in Berlin/ Deutschland): Hervorragend für Stadt und Land im
faszinierenden, aber nicht einfach zu bereisenden Zentralafrika.
Jeder Guide war anders/ großartig/ ein absoluter Treffer. Wichtig: Möglichst schon vor
Reiseantritt recherchieren + verpflichten bzw.
den Freund frühzeitig überreden/ überzeugen,
besser keine Zufalls-Engagements vor Ort!
Frage zum Schluss: Wozu also noch intensives Studium von Reisehandbuch und Landkarte (Punkt 3.), wenn man doch einen guten
Guide vor Ort zur Verfügung hat? Antwort:
Weil auch der allerbeste und freundlichste afrikanische Guide oft andere Pläne hat als man
selbst. Und das häufig schon am allerersten
Tag. Aus den unterschiedlichsten Gründen.
Die besten Storys und Erlebnisse entstehen
dann aus der gemeinsamen Diskussion der
unterschiedlichen Programmideen – und für
diese gepflegte afrikanische Debatte mit manchen rhetorischen Tricks und Kniffen ist man
besser so gut wie möglich präpariert.
Soviel zu den Insider-Praxis-Tipps. Und was
waren die besten Storys? Das ist eine andere
Geschichte!
46
Unterwegs in Wüste und
Großstadt: Ganaba Draman,
Experte für die Kulturen
Westafrikas, mit vier TuaregReitern; Papa Malick Diouf,
in Köln lebender Musiker,
Festival-Chef (“MitAfrika”)
und Networker, mit einem
Fischhändler in seiner Heimatstadt Dakar (Senegal)
On the road in desert and
city: Ganaba Draman,
expert for West Africa’s
cultures, beside four Tuareg
riders in Mali; Papa Malick
Diouf, a musician, festival
director (“MitAfrika”) and
networker, who lives in Cologne, with a fishmonger in his
home town Dakar (Senegal)
d. A friend with various, at times dubious, random taxis (Papa Malick Diouf, a musician from
Dakar, Senegal, who has lived with his family in
Cologne, Germany, for the past 15 years): ideal
for an intense tour of African cities;
e. A friend with differing, at times just acquired, at times dubious drivers and vehicles (Jean
Clement Hakou, football agent from Yaoundé,
Cameroon, who has lived with his family for
15 years in Berlin, Germany): wonderful for city
and countryside in fascinating, but not so easy to
visit, Central Africa.
Each guide was unusual/terrific/a total hit.
Important: If at all possible before you start your
trip, do your research and engage – prevail on
or convince – your friend; better not to take a
chance with on-site deals!
The last question: Why the intensive study of a
travel handbook and map (point 3), if you have
a good guide on location? Answer: Because even
the absolute best and friendliest African guide
frequently has other plans than you do. And
often from the very first day. For all kinds of
reasons. The best stories and experiences come
out of mutual discussion of the most diverse
ideas for the program – and you should be as
well-prepared as possible for this cherished
African debate, which includes many rhetorical
tricks and dodges.
So much for the practical insider tips. And what
were the best stories? That‘s another story!
Kamerun-Team:
Der Autor (mit
Hut) in einer
Drehpause
Cameroon team:
the author (with
hat) in a shooting
break
Fotos: Harald Stoffels
MISEREOR-Mitarbeiter
Georg Larscheid über seinen
“Erstkontakt” mit einer
fremden Kultur
Das mutige Mädchen vom Kilimanjaro
Ein Vormittag im Oktober 2008.
Ich bin für MISEREOR im Norden von Tansania mit dem „Fit am Ball Africa“-Team unterwegs. Wir besuchen eine Basisschule am Fuß
des Kilimanjaro. Der Klassenraum ist heillos
überfüllt mit ungefähr sieben- bis neunjährigen Jungen und Mädchen. Uralte Bänke,
an den Wänden nur noch Reste von Putz,
Fensteröffnungen ohne Verglasung, durch
die Kinder neugierig hineinschauen, die im
Raum keinen Platz mehr gefunden haben.
Alle wirken hoch konzentriert, staunen uns
mit großen Augen an. Nichts scheint ihnen
zu entgehen von dem, was die „weißen
Fremden“ tun, wie sie sich bewegen und
sprechen, wie sie gekleidet sind. Wir schauen zurück in die vielen fremden, schwarzen,
fast immer freundlich strahlenden Gesichter mit den weiß blitzenden Zähnen. Wir
bemühen uns, ebenso freundlich zurück zu
lächeln. Lehrer Valeriani Taba Moshi bittet
uns, Platz zu nehmen in einer Schulbank.
Dann berichtet er auf Englisch, woran es den
Menschen hier mangelt - man merkt sofort,
der Mann ist mit Leib und Seele Leiter dieser
abgelegenen Schule im Regenwald.
Plötzlich sehe ich, wie ein vier- oder fünfjähriges Mädchen neben mir auftaucht.
Vielleicht ein Geschwisterkind – was nicht
unüblich wäre, weil in Afrika ältere Kinder
oft auch während der Schulzeit jüngere Geschwister beaufsichtigen müssen. Während
ich weiter zuhöre, bemerke ich, wie eine
kleine Hand ganz langsam und zögerlich
über die Schulbank „schleicht“, an der ich
sitze. Es ist die Hand des Mädchens. WahrFoto: Stefan Menne
scheinlich verfolgt es das Ziel, einmal unbemerkt weiße Haut anzufühlen. Ich schaue
weiter ruhig zum Lehrer hin. Endlich berührt
das Mädchen mit ganz vorsichtigem Druck
mein Handgelenk – und zieht sofort seinen
Arm mit einer schnellen Bewegung zurück.
Ich sehe zu ihm hin und es wirkt erschrocken, vielleicht weil es sich „ertappt“ fühlt.
In den Minuten danach sieht es mich freundlich, aber auch etwas verlegen von der Seite
an. Ich erwidere immer mal wieder lächelnd
seinen Blick, möchte ohne Worte auch meine
Freude über den gegenseitigen „Erstkontakt“
zeigen. Das war wohl eine angenehme, wichtige Erfahrung für uns beide, denke ich heute, eine schöne, kleine Begegnung zwischen
zwei Kulturen.
MISEREOR staff member Georg Larscheid,
on his “first contact” with a foreign culture
The brave girl from
Kilimanjaro
One morning in October 2008,
I was travelling for the German NGO
MISEREOR through northern Tanzania with
the “Fit am Ball Africa” team. We visited
a basic school at the foot of Kilimanjaro.
The classroom was terribly overcrowded
with seven- to nine-year-old boys and girls.
Ancient benches, only remnants of plaster on
the walls, open, unglazed windows, through
which the children, unable to find any room
inside, peered in curiously.
All of them seemed to be totally concentrated, staring at us with wide eyes. Nothing
seemed to escape them about what the “white strangers” did, how they moved and spoke, how they were dressed. We looked back
into all the foreign, black, almost always
friendly faces with their shining white teeth.
We tried to smile back in just as friendly a
way. Teacher Valeriani Taba Moshi invited us
to sit down on a school bench. Then he told
us in English, what the local people needed – you saw right away that the man is
committed body and soul to run this isolated
jungle school.
All of a sudden, I saw a four- or five-year-old
girl pop up near me. Maybe someone‘s sister
– that would not be unusual, because in Africa older children often have to watch their
younger siblings during school time. As I
listened, I noticed that a small hand was very
slowly and hesitantly “creeping” across my
bench. It was the little girl‘s hand. Probably she wanted for once to touch white skin
without being seen. I kept quietly looking
at the teacher. Finally the girl very carefully
touched my wrist – and quickly drew her
arm back. I looked at her and she acted
frightened, maybe because she felt “caught”.
Minutes later, she looked at me sideways,
in a friendly but bashful way. I kept smiling back at her, wanting also to wordlessly
show my happiness with our mutual “first
contact”. That was a pleasant, important experience for us both, I think today, a lovely,
small encounter between two cultures.
47
Rubrik
Faul? Mutlos? Immer schlecht gelaunt? Über solche Lehrer-Klischees können
diese Pädagogen nur lachen. Porträts von Ulla Arens und Mathias Bellinghausen
48
Lehrer
„Germany’s Top Teachers“ –
Lehrer, die wir klasse finden!
Sie jammern viel, melden sich oft krank, arbeiten zu wenig. Das
denken – gemäß Meinungsumfragen - Millionen Deutsche über
die bundesdeutschen Lehrer. Zeit, diesem kritischen Bild positive
Beispiele entgegenzusetzen. „CSR today“ präsentiert sechs ganz
unterschiedliche Pädagogen, die sich weit über die normale Arbeitszeit hinaus für ihre Schüler einsetzen. Sechs von über 2.000
Lehrern aus dem Schulsport-Förderprojekt „Fit am Ball – Der
Schul-Cup von funny-frisch“.
“Germany‘s Top Teachers” –
the ones we think are first rate!
They complain a lot, often call in sick, don‘t work enough. That,
according to opinion polls, is what millions of Germans think
about teachers in the Federal Republic. It‘s time to counter this
negative image with positive examples. “CSR Today” introduces
six very different teachers, who work long beyond the normal
hours to benefit their students. Six out of over 2,000 teachers from
“Fit am Ball – Der Schul-Cup von funny-frisch”, the school sports
promotion project.
Fotos: Heinz Werner Lamberz, Stefan Menne, Marcus Scheidel, Harald Stoffels
49
Interviews
Gymnasium, 10. Klasse: Birgit Heinemann gibt Schülerinnen
Tipps für ein Referat.
„Man muss die Sprache der Schüler sprechen
und trotzdem Autorität ausstrahlen“, sagt die
Lehrerin Birgit Heinemann.
„Ich bin, wie ich bin – in
der Schule wie zu Hause“
Erdkunde in der 10. Klasse.
Die Jugendlichen flüstern,
kichern, reden mit dem Hintermann. Sie sind unruhig und
nervös, denn ab der nächsten
Erdkundestunde kommt etwas
Neues auf sie zu. Sie sollen
Referate halten – über eine Stadt
oder ein Land ihrer Wahl. Birgit
Heinemann führt den Zeigefinger
an die Lippen und sofort kehrt
50
Ruhe ein. „Ihr dürft mir jetzt
zuhören“, meint sie in ihrer gut
gelaunten Art, die bei den Schülerinnen und Schülern bestens
ankommt, denn jetzt sind sie
ganz bei der Sache. Die 44-jährige erklärt, worauf sie bei den
Vorbereitungen achten sollen,
gibt Tipps und versucht, Ängste
zu nehmen: „Keine Panik auf der
Titanic.“ Vorlaute Bemerkungen
kontert sie souverän mit schlagfertigen Antworten – ohne zu
beschämen.
Man spürt, dass die hochgewachsene, attraktive Frau die
Jugendlichen ernst nimmt und
respektiert. Dass sie ihnen nah
ist, ohne sich anzubiedern. „Es
fällt mir leicht, an die Schüler
ranzukommen“, sagt sie auch
selbst. Unkonventionell und locker schafft sie eine aufmerksame, doch gleichzeitig entspannte
Atmosphäre im Klassenraum.
In Birgit Heinemanns Unterricht
darf sogar gelacht werden! Auch
optisch ist sie den Kindern nah
- mit ihren langen, offenen Haaren, den Jeans, den modischen
Stiefeln und der farblich passenden, langen Jacke wirkt Birgit
Heinemann überaus jugendlich.
Freund oder Kumpel will sie
den Jugendlichen aber nicht
sein – bei allem Verständnis und
bei aller Sympathie. Irgendwie
schafft sie diesen schwierigen
Spagat, an dem viele Lehrer
scheitern: Mit den Schülern auf
einer Wellenlänge zu liegen, ihre
Sprache zu sprechen, aber trotzdem Autorität auszustrahlen und
Grenzen zu setzen. Oder wie es
eine ihrer Schülerinnen formuliert: „Sie ist locker und cool,
aber wir haben Respekt vor ihr.“
Was ist ihr Geheimnis? „Ich denke, ich bin authentisch. So offen
und impulsiv, wie ich zu Hause
bin, zeige ich mich auch im
Unterricht. Verstellen kann und
will ich mich nicht. Und wenn
ich mal schlechte Laune habe,
dann gebe ich das zu.“ Vielleicht
liegt ihr Geheimnis auch darin,
dass die Kinder spüren, wie sehr
sie den Job liebt, den sie als
ihren „Traumberuf von Kindheit
an“ bezeichnet. Noch nie habe
es einen Tag gegeben, an dem
sie sich morgens ungern ins Auto
gesetzt hat, um in die Schule zu
fahren, sagt sie. Im Gegenteil,
jeden Tag freue sie sich darauf,
mit den Schülern zu arbeiten,
denn sie bekomme „so viel von
ihnen zurück.“
Sie wuchs als eine von zwei
Schwestern in der „Waldstadt“
Iserlohn im Sauerland auf und
hat in Bonn Erdkunde und Sport
studiert. Dort wohnt sie noch
immer, mit ihrem Mann, einem
selbständigen Unternehmensberater und dem zehnjährigen
Sohn. Nach einer ersten Anstellung in Koblenz wechselte
sie vor sechs Jahren nach Linz
am Rhein, eine Kleinstadt 30
Kilometer südlich von Bonn.
Knapp tausend Schülerinnen
und Schüler, die mehrheitlich
aus behüteten Elternhäusern
stammen, werden am MartinusGymnasium unterrichtet. Birgit
Heinemann arbeitet dem Sohn
zuliebe Teilzeit. Das Muttersein
veränderte ihre Einstellung zum
Job. „Ich glaube, es hilft, wenn
man ein Kind hat. Seitdem
erlebe ich mich als sanfter und
verständnisvoller den Schülern
gegenüber.“ Außerdem hat auch
der Sport sie beruflich stark
geprägt: „Als Sportler ist man
einfach lockerer im Umgang mit
anderen Menschen. Und gewinnt
Erfahrung darin, Gruppen zu
leiten. Das hilft enorm für den
Job.“
Der Sport ist auch privat ihre
große Leidenschaft. Früher war
Birgit Heinemann Leichtathletin, auch heute läuft sie noch in
ihrer Freizeit. Außerdem fährt
sie Mountainbike und Ski. In der
Schule leitet sie eine MarathonAG, die an Marathon-Events in
München, Köln und Bonn oder
beim „Rheinhöhenlauf“ – ein
Volkslauf im vorderen Westerwald oberhalb von Linz – regelmäßig teilnimmt. Seit drei Jahren
ist Birgit Heinemann auch bei
„Fit am Ball“ aktiv. Warum?
„Die Zielsetzung, im Team etwas
zu erreichen, gefällt mir sehr
gut. Außerdem hat ,Fit am Ball’
einen hohen Aufforderungscharakter. Über den Event – zum
Beispiel der Dribbel-Weltrekord
2008 – werden Kinder zum Sport
motiviert, die dazu sonst keine
Lust haben.“
Wie nachhaltig „Fit am Ball“
wirkt, erklärt Birgit Heinemann
an einem Beispiel: Eine Schülerin, die in der ersten „Fit am
Ball“-AG der Schule mitmachte, läuft jetzt sogar in ihrer
Marathon-AG. Die Extra-Zeit,
die Birgit Heinemann für solche
Projekte investiert, bedeutet für
sie keinen Stress. Das macht sie
gern: „Unser Engagement wird ja
auch vom Martinus-Gymnasium
gewürdigt.“
Gibt es sonst noch etwas, was
sie am Sport fasziniert? Den
Gedanken der Fairness findet
sie wichtig und den möchte sie
auch auf den Erdkundeunterricht
übertragen. Deshalb bittet die
Lehrerin ihre Schüler am Ende
der Stunde eindringlich, die
Vorträge der anderen Schüler
zu würdigen. Und Kritik so zu
äußern, dass sie nicht verletze.
Ein paar Wochen später berichtet
Birgit Heinemann gut gelaunt,
dass ihr Appell sich gelohnt hat.
Die Referate seien „spitzenmäßig“ ausgefallen. Und die Besprechung verlief in bester Sportlermanier: „Total fair!“.
U.A.
Fotos: Heinz Werner Lamberz
Lehrer
Birgit Heinemann unterrichtet Erdkunde und Sport am Martinus-Gymnasium
in Linz am Rhein.
“We have to speak the students‘
language, while still projecting
authority,” says teacher Birgit
Heinemann.
“I am the same at
school as I am at
home: myself”
Geography in 10th grade.
The teenagers are whispering,
giggling, talking to those behind them. They are restive
and nervous, because the next
geography lesson is going to be
something quite new. They are
going to have to give presentations about a city or a country
of their choice. Mrs Heinemann
puts her index finger to her lips,
and silence is immediately restored. “You may listen to me now,”
she says cheerfully, which is the
best way to get through to the
students, who are now focused
on the task. The 44-year-old woman explains how they should
prepare themselves, gives some
tips, and tries to ease anxieties:
“No panic on the Titanic.” She
has a quick comeback for any
cheeky comment, but avoids
shaming anyone.
One senses that the tall, attrac-
tive woman takes the youngsters
seriously and respects them; that
she is close to them, without
pandering to them. “I find it easy
to get through to the students,”
she says. Unconventional and
informal, she creates an attentive
yet relaxed atmosphere in the
classroom. There may even be
laughter in Mrs Heinemann‘s
class! She also looks a bit like
the children – with her long,
free-flowing hair, jeans, stylish
boots, and long, colour-coordinated jacket, Mrs Heinemann
appears very youthful.
But with all due understanding and sympathy, she does
not want to be the teenagers‘
buddy or pal. Somehow she
manages this difficult balancing
act, which many teachers fail
to master: to be on the same
wavelength as the students, to
speak their language, but still to
exude authority and set boundaries. Or, as one of her pupils puts
it: “She is informal and cool, but
we respect her.”
What is her secret? “I think I‘m
authentic. I‘m open and impulsive at home, and I act the same
way in the classroom. I cannot
put on an act and I don‘t want
to. And if I‘m in a bad mood, I
admit it.” Perhaps her secret also
lies in the fact that the children
notice how much she loves the
job, which she describes as her
“dream job, ever since childhood.” There has never been a
morning, she says, when she
was reluctant to get into the car
and drive to school. On the contrary, every day she looks forward
to working with the students,
because she gets “so much back
from them.”
She grew up with her sister in
the “forest city” Iserlohn, in
Sauerland, and studied geography and sports in Bonn. She still
lives there with her husband,
who is an independent consultant, and their ten-year-old son.
After her first job in Koblenz,
six years ago she moved to
Linz am Rhein, a small city 30
kilometres south of Bonn. Nearly
a thousand students attend Martinus High School, most of them
from a sheltered upbringing.
Mrs Heinemann works part time
for her son‘s sake. Motherhood
changed her attitude toward the
job. “I think it helps if you have
a child. I have found myself
gentler and more understanding
with the students.” Sports have
also greatly affected her professionally. “As an athlete, you‘re
just more relaxed in dealing with
other people. And you gain experience in leading groups. This
helps tremendously on the job.”
Sports are also privately her great passion. Mrs Heinemann used
to be a track and field athlete,
and she still runs in her spare
time, as well as going mountain
biking and skiing. At the school,
she leads a marathon extracurricular group, which regularly
participates in marathons in
Munich, Cologne, and Bonn, or
in the “Rheinhöhenlauf”, a fun
run in the lower Westerwald,
above Linz. Mrs Heinemann has
also been active in “Fit am Ball”
for three years. Why? “I am very
pleased with the goal of achieving something as a team. And
besides, “Fit am Ball” is very
challenging. Such an event – for
example, the world record for
dribbling in 2008 – motivates
children to participate in the
sport who otherwise would not
want to.”
“Fit am Ball” has a lasting effect,
Mrs Heinemann explains, giving
an example: A girl student who
played in the school‘s first “Fit
am Ball” project team, is now
even running in her marathon
club. The extra time that Mrs
Heinemann invests in such
projects doesn‘t add any stress
to her life. It makes her happy:
“Our involvement is also much
appreciated by Martinus High
School.”
Is there anything else that you
find fascinating about sports?
She thinks the idea of fair play
is important, and would like to
apply it to the geography lesson.
So the teacher forcefully urges
asks her students, at the end of
the hour, to assess one another‘s
presentations, and to give
criticism, in a way that doesn‘t
hurt. A few weeks later, Mrs
Heinemann reports cheerfully
that her appeal succeeded. The
presentations turned out to be
“top notch,” and the discussion
was in the best sportsmanlike
manner: “Totally fair!”
U.A.
51
Kooperationstraining in der 3. Klasse:
Für Doris Brosowski ist Teamgeist ein wichtiges Lernziel.
Cooperation training in the 3rd year: team spirit is an
important learning goal for Doris Brosowski.
52
Lehrer
Doris Brosowski leitet die
Astrid-Lindgren-Schule in Rheinbrohl.
„Lehrer sein ist toll.
Kein Tag ist wie der
andere“
Am Nordpol ist ein Schiff gekentert. Die Kinder haben sich
knifflige Aufgabe gestellt. Taktische Planung, Beweglichkeit und
Teamgeist sind gefordert. Doris
Brosowski unterstützt die sieben-,
achtjährigen Schüler immer
wieder mit kleinen Tipps. Am
Ende sitzen alle glücklich auf der
„rettenden Insel“ – ohne mit dem
Fußboden, dem „eisigen Polarmeer“, in Berührung gekommen
zu sein.
In diesem „Kooperationstraining“
sollen die Kinder
lernen, gemeinsam
Ziele anzustreben,
im Team zu arbeiten, sich in den
Dienst einer Sache
zu stellen. Ein
Lernziel, das für
Doris Brosowski runs the Astrid
Lindgren School in Rheinbrohl.
eight-year-olds, giving them little
tips. Finally, all of them were happily sitting on the “rescue island”without having touched the floor,
the “icy polar sea.”
This “cooperation training” teaches
the children to strive for common
goals, to work in teams, and to
serve a cause. It is a learning goal
which means a lot to. Ms. Brosowsky – even beyond the lessons
themselves.
Since 2002, the 48-year-old pedagogue has been the principal of the
elementary school (157 children,
11 teachers, of whom only one is
a man) in Rheinbrohl, a village on
the middle Rhine, some 40 miles
upriver from Cologne. A good deal
has changed at the Astrid Lindgren School since the beginning.
With her commitment (“When I
do something, it will be done with
effort!”) and her innovations, the
ideas of the blacksmith‘s daughter
have put a distinctive stamp on
the school. The petite and casually
auf Eisschollen gerettet. Doch
um zu überleben, müssen sie
es zu einer Insel schaffen, ohne
ins kalte Wasser zu fallen. Nur
wenn alle sich gegenseitig helfen,
kann das jedem einzelnen Kind
gelingen …
In der Astrid-Lindgren-Schule in
Rheinbrohl sind
die Eisschollen
natürlich aus Filz.
Und die Insel ist
eine Matte. Trotzdem erreicht
Doris Brosowski
die Phantasie ihrer
Schüler sofort. Kindern aus der dritten
Klasse hat sie diese
“It‘s great to
be a teacher. No
day is like any
other”
A ship capsized at the North
Pole. The children managed to
save themselves on the ice floes;
but to survive; they had to get to
an island, without falling into the
cold water. Every single child could
be saved only if they all helped
each other...
At the Astrid Lindgren School
in Rheinbrohl, of course, the ice
floes are made out of felt, and the
island is a mat. Yet Doris Brosowski immediately sparks her pupils‘
imagination. She gave this tough
problem to third-graders. Tactical
planning, flexibility, and team spirit
are all required. Ms. Brosowsky
kept encouraging the seven- and
Fotos: Heinz Werner Lamberz
53
Doris Brosowski große Bedeutung
hat. Auch über den Unterricht
hinaus.
Seit 2002 ist die 48-jährige Pädagogin Rektorin der Grundschule (157
Kinder, elf Lehrer, davon nur ein
Mann) in Rheinbrohl, einem Dorf
am Mittelrhein, gut 70 Kilometer
flussaufwärts von Köln. Seitdem
hat sich in der Astrid-LindgrenSchule viel verändert. Mit Engagement („Wenn ich etwas mache,
dann richtig!“) und innovativen
Ideen drückte die Tochter eines
Hufschmieds der Schule einen
unverwechselbaren Stempel auf.
„Spannend“ findet die zierliche,
sportlich-modisch gekleidete Frau
ihren Beruf. Sie sagt, und ehrliche Begeisterung klingt in ihrer
Stimme mit: „Kein Tag ist hier wie
der andere!“
So entwickelte sich in den vergangenen acht Jahren aus einer
normalen Grundschule eine
Vorzeige-Ganztagsschule - mit einer Fülle an schulischen Angeboten und AGs. Die sind so vielfältig,
abwechslungsreich und bunt
wie ihre Namen: „Märchenstunde“, „Buchbinder“, „Musical“,
„Gesund und lecker kochen“, „Bewegungsspiele“, „Kunterbunt und
kreativ“, „Entspannungsinsel“,
„Experimente“... Angeboten wird
außerdem Tischtennis, Musik,
dressed woman finds her profession “exciting.” “No day here is like
the other!” she says, and you can
hear the genuine enthusiasm in her
voice.
In the past eight years, a mainstream elementary school has
thus turned into a flagship all-day
school, with a wealth of course
offerings and extracurricular activities. These are as diverse, rich
in variety, and colourful as their
names: “Fairy Tale Hour,” “Bookbinders,” “Musical,” “Healthy and
Delicious Cooking,” “Exercise Games,” “Topsy-Turvy and Creative,”
“Relaxation Island,” “Experiments”
... Among the offerings are pingpong, music, soccer, French and
Turkish language instruction, and
much more. And every two years,
the students go to France for an
exchange program with a school
in a small town near Bordeaux. To
give the children the best possible
support, a psychologist and social
worker complete the team of
teachers. It is no surprise, that the
school has gotten only the highest grades for quality, from both
parents and pupils!
54
Fußball, Französisch, Türkisch
und vieles mehr. Und alle zwei
Jahre geht's nach Frankreich, zum
Schüleraustausch in eine kleine
Stadt in der Nähe von Bordeaux.
Um die Kinder bestmöglich zu unterstützen, ergänzen eine Psychologin und eine Sozialpädagogin
das Lehrerteam. Wen wundert es,
dass die Schule bei der Qualitätsprüfung von Eltern und Schülern
nur Bestnoten bekommen hat!
Deshalb war Doris Brosowski
auch sofort Feuer und Flamme,
als sie von den „Fit am Ball“AGs hörte: „Sport und Bewegung
sind einfach wichtig, und dass
zur Frauen-Fußball-WM jetzt die
Mädchen besonders angesprochen
werden, gefällt mir sehr gut.“
Damit das alles zu schaffen ist,
sitzt Doris Brosowski als Organisatorin auch nachmittags
und an den Wochenenden am
Schreibtisch. „Wenn ich so mit
dem Taschenrechner arbeite und
kalkuliere, fühle ich mich mehr
wie ein Betriebsleiter als wie ein
Lehrer.“ Seit drei Jahren ist sogar
ein Hausmeister im Budget drin,
was sie besonders freut. Davor
hieß es „Selbst ist die Frau“ - die
Lehrerinnen griffen persönlich zu
Hammer und Schraubenzieher,
wenn irgendwo etwas wackelte
oder quietschte.
Überhaupt: Das Kollegium. „Die
sind einfach toll. Das Arbeitsklima
ist sehr gut, wir lachen viel zusammen und haben fast keinen Krankenstand.“ Gemeinsam mit einer
Kollegin leitet die Rektorin nach
wie vor selbst eine Klasse. So kann
sie die Seite der Lehrerinnen besser
verstehen, sagt Doris Brosowski,
und wissen, wovon sie sprechen.
Der andere Teil der Wahrheit ist,
dass die Lehrerin Brosowski gar
nicht anders kann. Zu sehr ist sie
begeisterte Pädagogin, die von
ihren Schülern liebevoll als „meine
Kinder“ spricht.
Ihr Ziel ist es, die Kinder zur
Selbständigkeit erziehen. Lob ist
ihr wichtig, genauso wie Konsequenz. Auch „Fehler machen ist
in Ordnung, daran können Kinder
wachsen.“ Und es ist ihr wichtig,
dass der Lehrer genauso Fehler
zugibt. Vor allem, wenn er ein Kind
einmal falsch behandelt hat.
Viel hat sich geändert in den
„In unserer Familie wurden
positive Werte vorgelebt. Das hat
mich stark gemacht.“
“Our family practiseD its positive values.
This has made me strong.”
Ms. Brosowsky was therefore immediately fired up, when she heard
about the “Fit am Ball” activities:
“Sports and exercise are really
important, and it pleases me very
much that the girls are especially
concentrated on the Women‘s
Soccer World Cup.” To make sure
that everything gets done, Ms.
Brosowski is at her desk afternoons
and weekends, as an administrator.
“When I am working like this with
my pocket calculator and adding
up numbers, I feel more like a
company manager than a teacher,”
she says. For the past three years,
a caretaker has also been included
in the budget, which makes her
especially happy. Before that, it
was a “do-it-yourself for women,”
as the teachers had to personally
grab hammers and screwdrivers,
whenever something wobbled or
squeaked.
The faculty is first rate. “They are
just plain great. The work atmosphere is very good, we laugh a lot,
and hardly anybody takes sick leave,” she says. The principal herself
still teaches a class, along with a
colleague. This allows her to better
understand the teachers, Ms. Brosowski says, and know what they
are talking about. But the truth is
also that teacher Brosowski cannot
do it any other way. She is too
much of an enthusiastic teacher,
who speaks lovingly of her pupils
as “my children.”
Her goal is to educate the children
to be independent. Praise is important to her, but so is accepting
the consequences of one‘s actions:
“Making mistakes is all right; children can grow because of them.”
And it is important to her that
teachers also admit to mistakes, especially if the teacher has handled
a child in the wrong way.
A great deal has changed since
the years when she was a teacher,
Ms. Brosowski says. Teachers have
to do a lot more to motivate the
children, who are already over sti-
Jahren, seit denen sie Lehrerin ist,
sagt Doris Brosowski. Die Lehrer
müssten mehr leisten, um die Kinder zu motivieren, schließlich seien
die durch Fernsehen, PlayStation
und Co. bereits reizüberflutet.
Der Anspruch an die Schule sei
gewachsen: Die Kinder würden früher eingeschult, gleichzeitig käme
die Ansprache zu Hause immer
öfter zu kurz. „Vielen Kindern
fehlt heute ein Stück unbeschwerte
Kindheit“, resümiert Doris Brosowski nachdenklich.
Sie selbst hat das gehabt – wohl
eine der Quellen ihrer Begeisterungsfähigkeit und Energie. Mit
zwei Schwestern wuchs sie in
der nahe gelegenen Kleinstadt
Linz auf, direkt am Waldrand.
„Wir tobten viel draußen herum,
genossen aber auch die Ruhe und
Gemütlichkeit zu Hause. In unserer Familie wurden positive Werte
und Gemeinschaft vorgelebt.
Das hat mich geprägt und stark
gemacht.“
Halt findet die frühere Leistungssportlerin (Basketball, bis zu einer
Knieverletzung) und begeisterte
Krimileserin schon seit langem
in ihrer eigenen Familie. Da wird
mehr als einmal über die Schule
gefachsimpelt – denn auch Ehemann und erwachsene Tochter
sind Lehrer!
U.A.
mulated by television, PlayStation,
etc. The demands on the school
have grown: The children are being
enrolled earlier, while at the same
time they receive less and less
attention at home. “Many children
today are missing out on a piece of
carefree childhood,” was how Ms.
Brosowski thoughtfully summed
it up.
She had that kind of childhood herself – which is very much a source
of her enthusiasm and energy. She
grew up with two sisters, in the
nearby small town of Linz, right on
the edge of the forest.
“We ran around outside a lot, but
also enjoyed quiet and cosiness at
home. Positive values and community were practised in our family.
This shaped me, and made me
strong.”
The former competitive athlete
(basketball, until a knee injury)
and enthusiastic reader of crime
novels has, for a long time, found
support in her own family. There,
more often than not, they talk shop
about school, since her husband
and adult daughter are also
teachers!
U.A.
Lehrer
Alfred Cremer ist Sportlehrer an der Städtischen Realschule Neuss-Südstadt.
„‘Mensch sein‘, heiSSt mein Motto – ehrlich und gerade“
„Hallo, Herr Cremer!“, „Gu-
ten Tag, Herr Cremer!“, „Köln
und Gladbach haben gewonnen,
Herr Cremer!“, „Spielen wir heute wieder Fußball, Herr Cremer?“
Wenn Alfred Cremer mit sportlich federndem Schritt die
Flure der Städtischen Realschule
Neuss-Südstadt durchmisst,
hört er aus allen Ecken seinen
Namen. Ein verbaler Sturzregen
aus Grüßen, Späßen, Fragen
und Kurznachrichten – letztere
Alfred Cremer is a physical
education teacher at the NeussSuedstadt secondary school.
“ ‘Be a human
being,’ is my
motto: honest
and direct”
“Hello, Mr. Cremer!” “Good
day, Mr. Cremer!” “Cologne and
Fotos: Harald Stoffels
überwiegend fußballbezogen
– prasselt auf den Sportlehrer
ein. Natürlich hat er für jeden
Schüler eine Antwort parat:
Schnell und auf den Punkt - wie
ein gelungener Tennis-Return.
Nächste Frage? Noch jemand,
der was mitteilen will? Ein Gag,
den Cremer noch nicht kennt?
Der Grauhaarige lächelt sehr
jugendlich. Offenkundig ist der
Mann in seinem Element.
Ziemlich schwierig allerdings,
mit Cremer ein zusammenhängendes Gespräch zu führen, unter diesen Umständen an seinem
krachend lauten Arbeitsplatz.
Also Tür auf, rein ins Elterngesprächszimmer (Einrichtung mit
dem Kellerbar-Charme der 70er
Jahre), Tür zu (klar, dass alle
fünf Minuten ein Halbwüchsiger
reinguckt und irgendwas sucht
oder mitzuteilen hat). Frage
eins liegt auf der Hand: Gefühlte
1.000 Sprechakte pro Stunde –
Gladbach won, Mr. Cremer!”
“Are we going to play football
again today, Mr. Cremer?”
When Alfred Cremer strides with
light, athletic steps through the
corridors of the Neuss-Suedstad
municipal secondary school, he
hears his name from every nook
and cranny. A verbal flood of
greetings, jokes, questions and
headlines – the last primarily
about football – pelt the coach.
Of course he has an answer
ready for each one: quick and to
the point, like a successful tennis
return. Next question? Anyone
else wants to say something?
A joke that Cremer hasn‘t heard?
The grey-haired man smiles
youthfully. It is obvious that the
man is in his element.
But it is certainly difficult to
hold a coherent discussion with
Cremer, in his bustling workplace. Therefore, open the door,
into the room for conferences
Alfred Cremer ist gläubiger Katholik.
Anteilnahme und Solidarität sind für
ihn wichtige Werte.
55
Lehrer
„Herr Cremer, wie hält man das
aus?“
Der 59jährige mit der durchtrainierten Figur eines Ausdauerathleten reagiert ein wenig verwundert. „Stress? Nein, das macht
gerade das Schöne an meinem
Beruf aus!“ Für den gebürtigen
Neusser, der sich selbst als heimatverbunden bezeichnet und
die fröhlich-redselige rheinische
Mentalität schätzt, ist es seit
vielen Jahren normal, dass er
bekannt ist wie der sprichwörtliche bunte Hund. Nicht nur in
seiner Schule (rund 500 Schüler,
hoher Ausländeranteil) sprechen
Kinder und Erwachsene ihn
ständig an, sondern auch, wenn
er in der Stadt unterwegs ist oder
auf dem Weg nach Hause. Der ist
übrigens nur kurz, denn Cremer
wohnt „aus Überzeugung“ in
der Nähe der Schule. „Weil ich
es genieße, mit dem Fahrrad zur
Schule fahren zu können statt
mit dem Auto stundenlang im
Stau zu stehen. Und ich bin so
näher am Alltag meiner Schüler
dran, kann's mir gut leisten,
nachmittags noch mal für eine
AG in die Schule zu kommen.“
Das ist wohl der Schlüssel zum
Geheimnis, warum dieser Mann
bei Schülern wie Eltern gleichermaßen gut ankommt. Er ist eben
nicht nur als Pädagoge aner-
„Alles, was man von den Kindern verlangt, muss man auch selbst können. Nur so überzeugt man sie“,
sagt Sportlehrer Alfred Cremer.
professionell und informativ.“
Lehrer zu werden, mit Kindern
zu arbeiten, das lag für Alfred
Cremer nah, seit er in der Jugend als Übungsleiter Kinder im
Tischtennis betreute und in der
Katholischen Jungen Gemeinde
aktiv war. Also studierte der
älteste Sohn eines Malermeisters
Chemie und Sport, an der Pädagogischen Hochschule Rheinland
in seiner Heimatstadt, und ging
in den Schuldienst. Doch nach
einer Weile zeigte sich, dass ihm
etwas fehlte – der richtig enge
„Ich bin flexibel, spontan,
voller Ideen. Aber auch zerstreut
und schusselig.“
kannt, sondern auch als einer,
der freiwillig und aus eigenem
Antrieb Sport-Projekte anschiebt
und sich ganz allgemein in der
Freizeit sehr für Schule und
Schüler engagiert. Er betreut
unter anderem die Fußballschulmannschaften der Schule, bildet
dazu auch so genannte „Sporthelfer“ aus (Schüler der achten
Klasse) und kümmert sich um
Kinder und Jugendliche, die
beim „Internationalen Neusser
Sommernachtslauf“ oder beim
„Neusser Erftlauf“ mitmachen.
Natürlich ist Cremer auch bei
„Fit am Ball“ dabei, „weil das
bei den Schülern richtig gut
ankommt. Außerdem ist die
Vorbereitung für die Lehrer sehr
56
Bezug zu den Schülern. „Ich
unterrichtete Chemie und Sport
in vielen Klassen, hatte dadurch
aber pro Klasse nur einige
wenige Stunden pro Woche. Das
reicht nicht aus, um Schüler
richtig kennenzulernen.“ Also
drückte er mit 45 noch einmal
die Schulbank und ließ sich zum
Mathematiklehrer ausbilden. Er
erreichte damit, was er anstrebte: Weniger Klassen zu unterrichten, dafür aber mit deutlich
mehr Stunden pro Klasse.
Wie ist er denn so als Lehrer streng? „Nicht wirklich“, meint
Cremer und lächelt verschmitzt.
„Wenn ich Noten gebe und dabei
zufällig auf das Kruzifix schaue,
gebe ich im Zweifelsfall doch
lieber die 4 als eine 5. So bin ich
nun mal.“
Der gläubige Katholik hat für
Unterricht und Leben das Motto
„Mensch sein“ ausgesucht - also
authentisch, ehrlich, gerade. Das
schließt Cremers Stärken mit ein
– er ist flexibel, spontan, steckt
voller Ideen. Aber er legt genauso seine Schwächen bereitwillig
offen: „Ich bin zerstreut und
schusselig.“ Auch die letztgenannten beiden Punkte bestätigt
Konrektorin Saga Sjölund mit
einem Lächeln: „Damit bringt er
uns manchmal zur Verzweiflung
– aber auf eine nette Art und
Weise.“
Wie sollte seiner Meinung nach
ein guter Lehrer heute sein? Ein
Entertainer vielleicht, der die
Kinder mit coolen Sprüchen und
Computer-Einsatz bei Laune
hält? „Nein“, antwortet der
leidenschaftliche Pädagoge sehr
bestimmt. „Er muss vor allem
durch Fachwissen und Können
überzeugen. Und die Kinder
müssen spüren, dass er seinen
Beruf liebt.“ Das fällt bei Alfred
Cremer leicht. Jeder versteht
sofort, dass der Mann für diese
Realschule lebt, seit er vor
zehn Jahren dorthin wechselte.
Selbst als aus Heiserkeit einmal
die Stimme versagte, erschien
Cremer zum Unterricht. Er hat
ihn nur mit Gesten bestritten:
„Die Schüler sind darauf eingestiegen - es hat funktioniert.“
Sein sportliches Können zeigt
Cremer bei unserem Besuch
Siebtklässlern im Sportunterricht. Seilchenspringen ist dran
und keiner beherrscht das Seil
auch nur annähernd so gut wie
der Mann, der dieses Jahr 60
Jahre alt wird. Wie ein Boxer im
Training hüpft er auf der Stelle,
dass selbst die Kinder staunen
und applaudieren. „Ich bin
nicht der Typ Sportlehrer, der
Kommandos gibt und bei den
Übungen nur daneben steht. Die
Schüler respektieren einen eher,
wenn sie sehen, dass man das
alles selbst noch beherrscht.“
Die Schüler – das sind für ihn
„seine Kinder“, was offenkundig
nicht nur so dahergesagt ist.
Denn Cremers Augen blitzen
vor Stolz, wenn er von ihnen
erzählt, und man spürt die
Zuneigung, die er für sie empfindet. Eigene Kinder blieben
Cremer „leider versagt“. Als
Ersatz dafür sieht der Lehrer
seine Schüler aber nicht – wie
jeder gute Schulpädagoge kennt
er die Notwendigkeit, bei allem
Engagement doch eine gewisse
Distanz zu wahren. „Ich bin
möglicherweise eine Art väterlicher Freund. Mehr geht nicht.“
Schließlich ist da auch noch
ein privates Leben: Mit Ehefrau - und einem Hobby. „Nun
sind wir aber gespannt, Herr
Cremer!“ - „Sport, ich spiele mit
Begeisterung Tennis“, kommt ein
fröhlicher, verbaler Return, „was
sonst?“
U.A.
Lehrer
professional and informative”.
Becoming a teacher, working with children, has
been very close to Alfred
Cremer‘s heart since he, in
his youth, began looking
after children as a table-tennis trainer and was active
in the Catholic Youth Community. So, the oldest son
of a master painter studied
chemistry and athletics, at
the Rhineland Teachers‘
College in his home town,
and went into teaching.
But after a while, it became
clear to him that something was missing – the
best way to achieve a close
connection to the students.
“I taught chemistry and
athletics to many classes,
but as a result had only a
few hours for each class
per week. That was not
“Whatever you require the children to do, you must be able to do yourself. That‘s the only
way you can convince them”, says physical education teacher Alfred Cremer.
enough to really get to
know the students”. Therefore, at the age of 45, he
with parents (furnished with
am so close to my students‘ daily
went back to school and trained
the charm of a 1970s cellar bar),
routine, that I can easily return
to be a maths teacher. This way
close the door (of course, every
to school in the afternoon for an
he achieved what he aspired to:
five minutes a teenager peeks in,
extracurricular activity”.
teaching fewer classes, but spenlooking for something or letting
That is probably the key to the
you know the news). The first
question is obvious: It feels like
“I‘m flexible, spontaneous, full of
you‘re having 1,000 conversations per hour! “Mr Cremer, how
ideas. But also absent-minded and
do you take it”?
scatter-brained”.
The 59-year-old, who has the
well-toned physique of an enduding significantly more hours
rance athlete, is a bit surprised at secret of why this man appeals
with each class.
the question. “Stress? No, that‘s
equally to students and parents.
What kind of a teacher is he –
what makes my job so delightHe is not only recognized as a
strict? “Not really”, Cremer says,
ful!” This native of Neuss, who
pedagogue, but also as someone
smiling mischievously. When I
says he is attached to his home
who will voluntarily and on his
am giving marks, and happen
region and treasures the conviviown initiative kick-start sports
to look at the crucifix while I‘m
al, effusive Rhineland mentality,
projects, and is overall very
doing it, if in doubt, I prefer to
has become accustomed, over
committed to helping the school
give a 4 rather than a 5. That is
many years, to standing out in
and students in his free time. He
how I am.”
the crowd. Not only in his school supervises, among other things,
The practising Catholic has
(about 500 students, a high prothe school football team, along
chosen a motto for both teaching
portion of them immigrants) are
with training the so-called “sport
and life: “Be a human being”
both children and adults consaides” (eighth-grade students),
– meaning authentic, honest,
tantly talking to him, but also
and taking care of the children
direct. That includes Cremer‘s
when he is walking about the
and youths who take part in the
strengths – he is flexible, spontacity or on his way home. That
International Neuss Summer
neous, and full of ideas. But he
trip is short, by the way, because
Night Marathon or the Neuss
also frankly admits weaknesses:
Cremer lives near the school,
Erft Marathon. Naturally, Cremer
“I am absent-minded and scat“out of conviction”. “Because I
is also part of “Fit am Ball”, “beterbrained.” Vice principal Saga
enjoy it that I can ride a bicycle
cause that really appeals to the
Sjoelund acknowledges the last
to school rather than sit in a car
students. Besides, the training
two points with a smile:
for hours in a traffic jam. And I
course for the teachers is very
Fotos: Harald Stoffels
“He sometimes brings us to our
wits‘ end – but in a nice way”.
What is his view of a good
teacher these days – maybe an
entertainer, who keeps the children in smiling with cool patter
and computer use? “No”, the
dedicated pedagogue answers
emphatically. “Above all, he has
to convince students through
knowledge and ability. And the
children have to sense that he
loves his profession”. That comes
naturally for Alfred Cremer.
Everyone realises right away that
this man lives for this secondary
school, since he transferred here
10 years ago. Even when he once
became so hoarse that he lost
his voice, Cremer came to class.
He taught using gestures alone:
“The students joined in, and it
worked out”.
Cremer shows his athletic ability
to seventh graders in gym class
during our visit. The class is
working on the jump rope, and
no one is as good with the rope
as this man, who will be 60
years old this year. He hopped
in place like a boxer in training,
so that the children themselves
were amazed and applauded.
“I am not a typical coach, who
gives orders and just stands
around during practice. Students
really respect someone, when
they see that that you can still do
all that yourself”.
The students – for him, they
are “his children”, which is
obviously not only expressed
in that way, because Cremer‘s
eyes shine with pride when he
talks about them, and you sense
his affection for them. Children
of his own were “unfortunately
denied” to Cremer. He does not
see his students as substitutes –
like every good school teacher,
he understands the need to keep
a certain distance. “I am what
you could call a kind of fatherly
friend: Anything more, does not
work”. After all, he also has a
private life, with his wife – and
a hobby. “Now we really want
to know, Mr Cremer!” “Sports. I
love to play tennis,” is the cheerful, verbal “return”. “What else?”
U.A.
57
Lehrer
Der Journalist, Politiker und Sportlehrer Jörg Niebergall unterrichtet
15 Klassen in der Carmen-Sylva-Schule Neuwied.
„Die Schule ist der Dreh- und Angelpunkt in meinem Leben“
Schwarze Trainingshose,
schwarzes Sporthemd, schwarze Weste oben drüber. So wie
Johnny Cash einst den „Man in
Black“ besang - in existenzialistisch düstere Kleidung gehüllt
- tritt Jörg Niebergall täglich
seinen Dienst an. Auch die tiefe,
laute Stimme und die bullige
Statur des 1,86 Meter großen
99-Kilo-Manns schrecken sensible Seelen eher ab. Doch dann
fällt der Blick auf das spitzbübische Lächeln in dem von langen,
wenn auch spärlichen, blonden
Journalist, politician and
physical education teacher Jörg
Niebergall teaches 15 classes
at the Carmen Sylva School in
Neuwied.
“The school is
the pivot-point
in my life”
Black tracksuit pants, black
sport shirt, black sport waistcoat
on top. Like the “Man in Black”
whom Johnny Cash once sang
about – decked out in dark,
58
Locken umrahmte Gesicht. Und
sofort wird einem alles klar…
kraft reicht für drei. Mindestens.
Jörg Niebergall (51) ist der Typ
„Harte Schale, weicher Kern“.
Der Sportlehrer und Sportkoordinator an der Carmen-SylvaSchule Neuwied poltert und
schreit – und trotzdem lieben ihn
alle. Warum? Weil er ganz offensichtlich ein positiver, fröhlicher
Mensch ist. Weil er der Erste ist,
der hilft, wenn jemand bittet.
Weil er mitreißen kann, Kinder
wie Erwachsene. Seine Antriebs-
Wohin mit all der Energie –
wenn man schon so viel davon
besitzt? Ruhig sitzen? Keine
Chance. Eins nach dem anderen?
Doch nicht er. Der Rheinländer
Jörg Niebergall erzählt im Stil
einer Stromschnelle. Story auf
Story bekommt man zu hören, in
knappen Sätzen, hohem Tempo. Vieles deutet er im „ersten
Durchlauf“ nur an, dann bricht
er ab - flott weiter zum nächsten
Thema, damit bloß keine Lan-
existentialist clothes – that‘s
how Joerg Niebergall reports
to work every day. The deep,
booming voice and brawny
stature of the 6 foot 1 inch tall,
15.5 stone man, have a rather
daunting effect on sensitive
souls. But then, your glance falls
on the mischievous smile in the
face framed by long, if sparse,
locks of blond hair. And then it
all becomes clear....
Joerg Nibergall, 51, is the “hard
shell, soft heart” type. The physical education teacher and athletics coordinator of the Carmen
Sylva School in Neuwied blusters
and shouts, but everyone loves
him anyway. Why? Because he
is obviously a positive, cheerful
person. Because he is the first to
help, when someone asks for it.
Because he can thrill both children and adults. He has enough
drive for three people. At least!
What to do with all that energy,
when you‘ve got so much of it?
Sit quietly? No way. One thing
at a time? Not him. The Rhinelander Joerg Niebergall talks like
a waterfall. You hear story after
story, in short sentences, at a
Fotos: Harald Stoffels
59
Lehrer
Die Geschichten darüber
sprudeln nur so heraus
aus dem Lehrer – mit
viel Spaß am Erzählen,
doch ganz ohne anzugeben. Die Engagements
sind für ihn selbstverständlich, keine Frage.
geweile aufkommt! Man muss
sich anstrengen, mitzukommen,
Themen merken und später
nachfragen - zu bremsen ist der
Mann ohnehin nicht.
Eins nach dem anderen also.
Thema Schule, sowieso Niebergalls „Königsdisziplin“. Die
Carmen-Sylva-Schule in Neuwied-Niederbieber im nördlichen Rheinland-Pfalz ist eine
so genannte „Realschule plus“:
So heißt in Rheinland-Pfalz die
Schulform, in der Haupt- und
Realschule zusammengefasst
sind. Viele der 543 Kinder
kommen aus sozial schwachen
Familien, viele mit Migrationshintergrund. Für diese Jungen
und Mädchen legt sich Jörg Niebergall so richtig ins Zeug. Damit
im Sportunterricht auch Fahrradtouren möglich sind, organisiert
er „mal eben“ 40 gebrauchte
Räder. Er fährt mit Gruppen zu
Fit-am-Ball-Events: Reisen, die er
natürlich in Eigenregie organisiert (für den Dribbel-Weltrekord
„Fit am Ball 3000“ ging es 2008
sogar eine ganze Woche lang
quick tempo. He only touches on
many things in the “first runthrough”, then he breaks off,
dashing to the next theme, so
nobody gets bored! You have to
strain to keep up with him, take
notes of the topics and ask about
them later – anyway, there is no
way to stop the man.
But one thing at a time. The
subject of school is anyway
Niebergall‘s absolute favourite.
The Carmen Sylva School in
Neuwied-Niederbieber in the
northern Rhineland-Palatinate
is a so-called “intermediate
secondary school plus”, which
is what they call a combined
secondary general school and
intermediate secondary school,
in Rhineland-Palatinate. Many
of the 543 children come from
underprivileged families, many
with immigrant backgrounds.
Joerg Niebergall really works
flat-out for these boys and girls.
To make bicycle tours possible
in school athletics, he comes up
with “just about” 40 used bicycles. He takes groups to “Fit on
the Ball” events: Trips, which he
60
Niebergalls unbändige
Energie spüren die Schüler im Sportunterricht
auf sehr direkte Weise.
„Zack-zack!“: Sportlehrer Jörg Niebergall erklärt in Rekordzeit der Klasse sein BallspielWir sind als Zeugen
Konzept.
dabei: Der Lehrer rast
in die Halle, und zack„Jugend trainiert für Olympia“
nach Oberbayern) und für die er
zack liegen Basketbälle und Matist die Carmen-Sylva-Schule auf
auch immer wieder Sponsoren
ten bereit. In Sekundenschnelle
findet.
sein Betreiben dabei. Bei der
hat Niebergall der fünften Klasse
Schulfußball-Turnierserie „Fritzdie Übungen erklärt - und los
Niebergall trainiert die FußballWalter-Cup“ und beim DFBgeht's. Die Kinder sind stänProjekt „Team 2011“ natürlich
schulmannschaft der Schule,
dig in Bewegung, keiner muss
auch. Nicht zu reden von der
baut zusätzlich gerade eine
aussetzen oder warten bis er
Kooperation mit dem Sportverein
Mädchenmannschaft auf, will
dran ist. Wie eine Mischung aus
im Nachbarort TuS Rodenbach
im kommenden Schuljahr eine
Dirigent und Flugzeugeinweiser
- bei dem Jörg Niebergall ganz
Sportklasse ab Klasse 5 einrichchoreographiert Niebergall die
nebenbei auch Vorsitzender ist.
ten. Beim Schulsportwettbewerb
Kinder in der riesigen Halle,
seine mächtige Stimme erreicht
„Wir sind gut vernetzt. Alles
ohne Mikro klar und deutlich
den hintersten Winkel. Am Ende
eine Frage der Organisation.“
sind die Kinder gut ausgepowert.
“We have a good support network.
It‘s all a question of organisation”.
of course organizes single-handedly (for the “Fit am Ball 3000”
dribbling world record they spent
a whole week in Upper Bavaria in
2008), and for which he is always
finding sponsors.
Niebergall trains the school
football team, also builds up a
girls‘ team, and will establish
an athletics class for 5th grade
in the coming school year. The
Carmen Sylva School is involved
in the school sport competition
“Youth Training for the Olympics”, at his instigation. And of
course also the Fritz-Walter Cup
tournament series and the “Team
2011” German Football project.
Not to mention cooperation with
the neighbouring Gymnastics
and Sport Association of Rodenbach, of which Niebergall
is also, incidentally, the chairman. Stories about all this come
bubbling out of the teacher, with
plenty of fun and no arrogance
in the telling. It is self-evident
for him, that there is no question
about having all these commitments.
The students sense Niebergall‘s
unbounded energy directly
in athletics class. We are witnesses to that: The teacher
raced into the hall and rapidly
laid out basketballs and mats.
In just seconds, Niebergall had
explained the exercises to the
5th grade class, and it all gets
started. The children are constantly in motion, no one has to
sit out or wait for his turn. Like
a combination of conductor and
aeroplane ground crew, Niebergall choreographs the children in
the huge hall, his powerful voice
reaching the most distant corners
clearly and distinctly without
a microphone. At the end, the
children are worn out. And in a
good mood – that is something
to see!
This man can also motivate the
older students, which is certainly
a lot more difficult with pubescent youngsters than with little
ones. It is absolutely clear, every
second, that with Joerg Niebergall, athletics – and above all
football – is his passion. As a
result he is very concerned that
the children‘s capabilities have
deteriorated over the years. He
has had to scale down his expectations of the students. “Now
I am glad, if they bring their
sports kit with them”. And if not?
“If they claim to be sick, then I
suggest calling their parents and
asking if they were sick when
they got up. Then most of them
participate”.
The student‘s social attitude is
especially important for Niebergall. That also affects him when
he gives marks.
By his own estimation, he is not
especially strict, but more of
a mate. “That goes along with
sports”. Many of the students
affectionately call him “Nibbes”.
Which the principal does not
particularly like to hear, Niebergall admits. “But how can I
forbid all the children here from
Fotos: Harald Stoffels
Lehrer
Rubrik
Und gut drauf – das ist deutlich
zu sehen!
Auch die Großen kann der Mann
hervorragend motivieren, was
bei Pubertierenden sicher viel
schwerer ist als bei den Kleinen.
Sport – und da vor allem Fußball
– ist nun mal seine Leidenschaft,
das ist bei Jörg Niebergall jede
Sekunde überdeutlich klar. Deshalb macht er sich große Sorgen,
weil die Leistungsfähigkeit der
Kinder über die Jahre immer
schlechter geworden ist. Seine
Erwartungen an die Schüler
musste er mit der Zeit herunterschrauben. „Ich bin ja schon
froh, wenn sie ihre Sportsachen
mitbringen.“ Und wenn nicht?
„Wenn sie behaupten, krank zu
sein, dann schlage ich vor, die
Eltern anzurufen und zu fragen,
ob das beim Aufstehen auch
schon so war. Dann machen sie
meistens doch mit.“
Besonders wichtig ist für Jörg
Niebergall die soziale Einstellung
der Schüler. Das wirkt sich bei
ihm auch auf die Benotung aus.
saying it? I teach 15 classes!”
“His” school is the pivot of
Niebergall‘s life. The only son of
a vulcaniser, raised in the village
of Rodenbach near Neuwied,
came to teaching via a series
of detours. He wanted to study
athletics, but unfortunately a
serious knee injury made this
impossible. All the same, he
decided to study for an athletics and mathematics teaching
certificate for elementary and
secondary general school in Koblenz. After graduation, however,
Niebergall‘s passion for news
photography and writing won
the upper hand. He began his
career as a freelance reporter
for newspapers in the NeuwiedKoblenz region. At 30, however,
he went into teaching after all.
He still works for the Rhein-Zeitung as a freelance reporter – his
second profession.
Two jobs in parallel, both gruelling and very demanding, plus
being chairman of the athletic
association – not many people
lead such a stressful life. But for
Joerg Niebergall, even that is not
Besonders streng ist er nach
eigener Einschätzung aber nicht,
eher der Kumpeltyp. „Das bringt
der Sport eben so mit sich.“ Viele
der Schüler nennen ihn liebevoll
„Nibbes“. Was der Rektor nicht
so gern hört, wie Jörg Niebergall
zugibt. „Aber wie soll ich das
denn allen Kindern hier verbieten? Ich unterrichte 15 Klassen!“
Koblenz ins Berufsleben. Mit
Mitte 30 zog es ihn dann aber
doch in den Schuldienst. Als freier Journalist arbeitet er immer
noch für die „Rhein-Zeitung“ –
nebenher im Zweitberuf.
„Seine“ Schule ist der Dreh- und
Angelpunkt in Jörg Niebergalls
Leben. Dabei kam der im Dorf
Rodenbach bei Neuwied als
Einzelkind aufgewachsene Sohn
eines Vulkaniseurs nur über
Umwege in den Schuldienst.
Sport wollte er studieren, doch
eine schwere Verletzung am Knie
machte das leider unmöglich.
Stattdessen entschied er sich für
ein Sport- und Mathematikstudium/ Lehramt an Grund- und
Hauptschulen in Koblenz. Nach
dem Abschluss gewann jedoch
Niebergalls Leidenschaft für's
journalistische Fotografieren und
Schreiben die Oberhand.
Er startete als freier Reporter bei
Zeitungen im Raum Neuwied-
Zwei aufreibende, den ganzen
Menschen fordernde Jobs parallel, Vorsitzender im Sportverein
– nicht viele Menschen führen
so ein Stressleben. Nur Jörg
Niebergall füllt das noch lange
nicht aus. Er ist politisch aktiv
(Abgeordneter in Stadtrat und
Kreistag für die Freie Wählergruppe FWG Neuwied), pfeift
am Wochenende als Schiedsrichter, sammelt bei der jährlichen
Radtour „Tour der Hoffnung“
Spenden für krebskranke Kinder
– die Liste der Engagements will
kein Ende nehmen. Heikle Frage,
Herr Niebergall: „Wann sehen
Sie eigentlich Ihre Frau, wenn sie
dauernd in Sachen Kinder, Sport,
Journalismus oder Politik unterwegs sind?“ „Kein Problem“,
sagt der „Multi-Aktivist“, „meine
Andrea ist immer mit dabei, das
machen wir alles zusammen.“
enough. He is politically active
(delegate to the city and county
councils for the Independent
Voters Association, FWG, of
Neuwied), blows his whistle as
a referee on weekends, collects
contributions for the annual
bicycle “Tour of Hope” for child
cancer patients – the list of
commitments just does not seem
to end. A delicate question, Mr.
Niebergall: “When do you ever
see your wife, since you are
constantly on the go in the cause
of children, athletics, journalism
or politics?”–“No problem”, says
the “multi-activist”. “My Andrea
is always with me, so we do
it all together”. Andrea, in the
tenth year of marriage to Joerg,
is also a teacher, the curriculum
coordinator at the Carmen Sylva
Andrea, im zehnten Jahr verheiratet mit Jörg, ist auch Lehrerin
– pädagogische Koordinatorin
an der Carmen-Sylva-Schule in
Neuwied –, auch Stadträtin für
die FWG und sie ist auch für die
Rhein-Zeitung aktiv: Jörg fotografiert, Andrea textet. Wenn beide
außer Haus sind (ein gemütliches
Holzhaus haben sie irgendwie
zwischendurch auch noch gebaut), passen die Großeltern auf
den sechsjährigen Sohn Till auf:
„Wir sind gut vernetzt - alles eine
Frage der Organisation.“
Letzte Frage: „Auf welche Weise
spannt das Power-Paar in den
Ferien aus – vier Wochen DauerSchlafen, Kraft für's restliche
Jahr tanken?“ Weit gefehlt.
„Wir sind am liebsten mit dem
Schiff unterwegs. Tagsüber an
Land sein, übernachten und am
nächsten Morgen ist man schon
wieder woanders. Zuletzt haben
wir so Australien und Neuseeland
gesehen.“ Schnell, schnell muss
es eben gehen für Jörg Niebergall
und seine Andrea – auch im
Urlaub.
U.A.
School in Neuwied, city councilwoman for the Independent Voters Association, and she works
for the Rhein-Zeitung: Joerg
takes photos and Andrea writes
copy. When neither one is at
home (somehow they have built
a comfortable wooden house
in the midst of all this), the
grandparents take care of their
six-year-old son, Till: “We have a
good support network; it is all a
question of organisation”.
Last question: How does this
“power pair” relax on holiday?
Four weeks of constant sleep,
to build up strength for the rest
of the year? Far from it. “Our
favourite is to go on cruises.
To be ashore by day, spend the
night aboard ship, and the next
day you are already somewhere
else. Recently we saw Australia
and New Zealand”. Fast! It has to
happen fast for Joerg Niebergall
and his Andrea, including on
holiday.
U.A.
“Wham-bam!”: Physical education teacher Jörg Niebergall explains his strategy
for the ballgame to the class, in record time.
61
Cindy Schoßee ist Klassenlehrerin in der Humboldt-Grundschule Erfurt.
„Manchmal nehme ich die
Kinder mit nach Hause“
Der vierspurige Juri-GagarinRing in Erfurt umrandet die
Altstadt der Thüringer Landeshauptstadt und zieht sich dabei
wie eine breite Schneise durch
das Wohngebiet. Mittendrin
unter den grauen Plattenbauten,
gar nicht so fern vom prächtigen
Innenstadt-Einkaufszentrum
Anger 1, steht frei die Humboldt-Grundschule Erfurt. Ein
schmuckloser Zweckbau ohne
Turnhalle, der Schulhof augenscheinlich viel zu klein. Doch
ein Klassenraum sticht schon
von außen ins Auge: An den
Fenstern im dritten Stock flattern
bunte Vorhänge im Wind. Ein
erstes Zeichen der farbenfrohen
Oase, die Klassenlehrerin Cindy
Schoßee (36) dort für ihre 4b
geschaffen hat.
An den Wänden des Klassenraums türmen sich Spiel-,
Lehr- und Bastelmaterialien auf
Regalen. In einer Ecke steht ein
Sessel, davor ein Tisch, um den
bunte Plastikhocker angeordnet
sind. Modellarbeiten dazwischen, Weltkarte und Poster an
den Wänden. Das Lehrerpult
nicht frontal vor der Klasse,
sondern seitlich im Raum, in
einem Halbkreis umringt von
den Tischgruppen der Kinder.
Im Ganzen gesehen eine ganz
besondere Ordnung – fröhlich
und kreativ.
„Ich brauche diese Art Lernumgebung und die Kinder fühlen
sich hier auch wohl“, erklärt
Cindy Schoßee. Die Hände in die
Hüften gestützt lässt die junge
Lehrerin ihren Blick durch die
Klasse streifen, als hätte sie die
Möbel gerade erst aufgestellt.
Die Humboldt-Grundschule liegt
in einem sozialen Brennpunkt.
Die meisten Kinder haben ausländische Eltern. Einige sprechen
noch im zweiten Schuljahr kaum
ein Wort Deutsch und müssen
bei Cindy Schoßees Kollegin
Tabea Trommer (29) den Kurs
„Deutsch als Fremdsprache“
absolvieren. „Wir haben auch
Ärzte, Musiker und Lehrer
unter den Eltern“, beginnt die
Pädagogin, und dann fällt ihre
Stimme leicht ab: „In anderen
Elternhäusern sind aber leider
Drogen, Schläge oder Gespräche
über die vorige Gefängnisstrafe
an der Tagesordnung. Ich habe
Kinder, die freitagnachmittags
einfach hier sitzen bleiben und
sich unter Tränen weigern, nach
Hause zu gehen. Kinder, die
wegen schwerer Depressionen
behandelt werden, sind hier leider keine Seltenheit. Manchmal
sitzen wir im Kreis und sprechen
gemeinsam über diese Dinge.
Dann trösten sich die Kinder
untereinander oder alle weinen
einfach zusammen und nehmen
Cindy Schossee is a teacher at
Humboldt Primary School in
Erfurt.
first sign of the brightly coloured oasis which teacher Cindy
Schossee, 36, has created for her
class 4b.
Along the classroom walls,
materials for play, learning, and
crafts are piled up on bookcases.
In one corner is an armchair, a
table in front of it, with coloured
plastic stools arranged around it.
In between are model projects;
world maps and posters hang
on the walls. The teacher‘s desk
is not in front of the class, but
rather on the side of the room,
ringed with a semicircle of the
grouped children‘s tables. Overall you see a very special order
– cheerful and creative.
“I need this kind of learning
environment, and the children
also feel comfortable here”, Ms
Schossee explains. Hands on her
hips, the young teacher lets her
glance range through the class,
as if she had just arranged the
furniture for the first time.
The Humboldt Primary School
is located in a social trouble
spot. Most of the children have
immigrant parents. Even in their
second year of school, some of
them speak hardly any German,
and have to take the “German
as a foreign language” course
of Cindy Schossee‘s colleague
Tabea Trommer, 29. “We also
have doctors, musicians, and
teachers among the parents”, the
teacher begins, and then she lowers her voice. “In other homes,
drugs, beatings, or talk about a
previous prison term are everyday matters”. I have children,
who on Friday afternoon just sit
here in tears, and refuse to go
home. Children who are under
treatment for serious depression,
are unfortunately not rare here.
Sometimes we sit in a circle and
talk about these things together.
Then the children console each
other or all of them just cry
together and take each other in
their arms”.
Physical closeness is not a problem for the ten boys and seven
girls in class 4b, despite their
coming from diverse cultures.
“For many of them, their group
inside these four walls means a
family of their own. The children
are very sensitive and empathetic. They see immediately when
something is not right with one
of their fellow students or with
me. Unfortunately, that is because a number of the children
have already had to experience a
great deal in life”.
How can you think about normal
teaching under these circumstances? “Of course not, not
by the book. Anyway, I am not
so big on textbooks. I prepare
every lesson meticulously with
exercise sheets, games, or other
ideas. The children should learn
by discovery and move around
a lot – also in normal teaching.
Concentration lasts at the most
“Sometimes I take
the children
home with me”
The four-lane Yuri Gagarin
Ring in Erfurt encircles the Old
Town of the Thuringia state
capital and cuts a wide swath
through the neighbourhood.
In the midst of the grey tower
blocks, not really very far from
the glamorous Anger 1 shopping
centre at the city centre, the
Erfurt Humbolt Primary School
stands by itself. A plain, functional building, with no gymnasium, the school courtyard is
obviously much too small. But
one classroom catches the eye
already from the outside: At the
third-storey windows, colourful
curtains flutter in the wind. A
62
Grundschullehrerin Cindy Schoßee arbeitet in einem sozialen Brennpunkt. Sie
hat selbst zwei Söhne.
Lehrer
sich gegenseitig in den Arm.“
Körperliche Nähe ist trotz
unterschiedlicher Herkunftskulturen kein Problem bei den zehn
Jungen und sieben Mädchen in
der 4b. „Für viele bedeutet ihre
Gruppe in diesen vier Wänden
eine eigene Familie. Die Kinder
sind sehr sensibel und empathisch. Sie merken sofort, wenn
bei einem Mitschüler oder sogar
bei mir etwas nicht stimmt. Leider kommt das daher, dass ein
Teil der Kinder schon sehr viel
hat erleben müssen.“
Wie ist unter diesen Umständen
überhaupt an normalen Unterricht zu denken? „Natürlich
nicht, wie er im Buche steht. Ich
bin aber sowieso nicht so für
Lehrbücher. Ich bereite jeden
Unterricht akribisch mit Übungsblättern, Spielen oder anderen
Ideen vor. Die Kinder sollen
entdeckend lernen und sich viel
bewegen – auch im normalen
Unterricht. Die Konzentration
hält sowieso nur höchstens
zehn Minuten. Und auf dem
kleinen Schulhof oder in der
maroden Halle in der Nähe, in
der die ganze Schule nur acht
Unterrichtsstunden pro Woche
verbringen darf, können sich die
Kinder auch nicht wirklich austoben. Da nehme ich sie manchten minutes anyway. And in the
small courtyard or in the ramshackle community hall nearby,
where the whole school is only
allowed to spend eight class
hours per week, the children
cannot really let off enough
steam. I prefer to take them
home sometimes and let them
play with our guinea pigs”.
For this teacher, who is on every
school committee, it is not a
problem to have her students
as guests. Whoever looks for
Cindy Schossee to make a clear
division between professional
and private life, like the divisions
between the colourful classroom
and the grey blocks of flats
outside, looks in vain. “I always
wanted to be a teacher, and always want to remain one. That‘s
my life”, she says firmly. She
often sits with her colleagues at
6:30 a.m. in school, buttering
some bread for children who
come to school without breakfast. If one of her students someFotos: Marcus Scheidel
mal lieber mit zu mir nach
Hause und lasse sie mit unseren
Meerschweinchen spielen.“
Ihre Schüler zu Gast zu haben,
ist für die in allen Schulgremien engagierte Lehrerin kein
Problem. Wer bei Cindy Schoßee nach einer klaren Grenze
zwischen Beruf und Privatleben
Ausschau hält, so wie die Grenze
zwischen dem bunten Klassenraum und den grauen Wohnblöcken davor, der sucht vergebens.
„Ich wollte immer Lehrerin werden und es auch immer bleiben.
Genau das ist mein Leben“, sagt
sie sehr bestimmt. So sitzt sie oft
schon mit Kolleginnen um 6.30
Uhr in der Schule, schmiert ein
paar Brote für Kinder, die ohne
Frühstück zum Unterricht kommen. Wenn einer ihrer Schüler
mal nicht nach Hause oder in
die Kinderauffangstation in der
Nachbarschaft will, bleibt sie
noch ein paar Stunden länger in
der Schule und holt ihre eigenen
beiden Jungs zum Spielen dazu.
Cindy Schoßee wuchs in Gera
auf, einer 100.000-EinwohnerStadt gut 80 Kilometer östlich
von Erfurt. Schon mit 16 zog sie
zu Hause aus - die Eltern hatten
sich getrennt. Sie begann in
Weimar eine Ausbildung an der
Erzieherinnenschule der ehemaligen DDR, wechselte dann nach
Erfurt, holte dort das Abitur
nach und studierte schließlich
Lehramt mit den Schwerpunkten Deutsch und Sport. In den
folgenden Jahren brachte sie die
beiden Söhne Oliver (heute 11
Jahre) und Noah (heute 8) zur
Welt, mit denen sie als alleinerziehende Mutter zusammenlebt.
An ihrem 31. Geburtstag bekam
Cindy Schoßees Leben die entscheidende berufliche Wendung.
Das Schulamt Erfurt rief an.
Jemand sagte: „Wenn sie jetzt
gleich zu uns kommen, haben
sie einen Job!“
Zu „Fit am Ball Africa“ ist sie
eher zufällig gekommen. „Ich
stand gerade im Sekretariat und
Teacher Cindy Schossee works in a social trouble spot. She herself has two sons.
times does not want to go home,
or wants to go to the children‘s
refuge in the neighbourhood,
she stays several hours longer at
school and brings her own two
sons there to play.
Cindy Schossee grew up in Gera,
a city of 100,000 people some 80
kilometres east of Erfurt. She left
home already at 16 – her parents
had split up. She began her training in Weimar at the Pre-School
Teacher Training School of the
former East Germany, transferred
to Erfurt, qualified for her A levels there and eventually got her
teacher‘s certificate with German
and PE as her main subjects. In
the following years, she gave
birth to two sons, Oliver (now
11 years old) and Noah (now 8),
and lives with them as a single
mother. On her 31st birthday,
Schossee‘s life got the decisive
career change. The Erfurt school
authority called her. Someone
said: “If you can come to us
right away, you have a job!”
She came upon “Fit am Ball
Africa” more or less by accident.
“I was standing in the office and
was about to make a phone call,
when someone from the project
office called up and described
the fantastic idea of dribbling
balls to raise donations at the Erfurt Zoo”. At first I was uncomfortable with the idea, because
bin ans Telefon gegangen, als
jemand vom Projektbüro anrief
und die tolle Idee vom SpendenDribbeln im Erfurter Zoo erklärte. Mir war das zuerst etwas
unangenehm, weil ich wusste,
dass meine Kinder keine große
Spendensumme sammeln konnten. Aber letztendlich kamen
doch ein paar Euro zusammen
und die Kinder waren mächtig
stolz. Noch heute tragen über
die Hälfte der Kinder beim Sport
stolz ihr ,Fit am Ball‘-Shirt – wie
ich übrigens auch.“
„Das Schlimmste ist eigentlich“,
sagt die 1,63 Meter große Pädagogin zum Schluss, „wenn die
Kinder langsam größer werden
als ich. Weil ich nicht so groß
bin wie ein Model, kriege ich auf
diese Weise sehr direkt mit, wenn
der Abschied naht, also dass die
Kinder bald auf eine weiterführende Schule wechseln.“
Das hört der zehnjährige Philipp,
der gerade nach der sechsten
Stunde unaufgefordert den
Klassenraum aufräumt und die
Stühle zusammenstellt. Mit seiner fachmännischischen Antwort
bringt Philipp das Verhältnis der
Klasse zu ihrer Lehrerin auf den
Punkt: „Für ein Model haben sie
viel zu viel Ausstrahlung! Mir
gefallen sie so viel lieber!“ M.B.
I know that my children cannot
raise any big contributions. But
ultimately they got a few euros
together and the children were
really proud. Still today, over
half of the children proudly wear
their `Fit am Ball‘ shirts in PE
class – as I do, by the way.”
“The worst is, actually”, the 5
foot 4 inch teacher says at the
end, “when the children slowly
become taller than I am. Since I
am not as tall as a model, this is
how I know that it is getting close to time to say goodbye, that
the children will soon be going
on to secondary school”.
Ten-year-old Philipp heard that.
Right after the sixth period, he
was clearing up the classroom
and putting the chairs in order,
without being asked. With his
expertlike answer, Philipp gets to
the heart of the class‘s relationship to their teacher: “You have
far too much charisma for a model! I like you so much more the
way you are!”
M.B.
63
Simone Nielen ist Klassenlehrerin in der Gemeinschafts-Grundschule Sonnenstraße, Düsseldorf-Oberbilk.
„Ich gebe mein Bestes – Schicksale kann ich nicht ändern“
Tim ist heute Manager. Nicht
irgendeiner, sondern ein ganz
besonderer: „FlüsterstimmenManager“. Das heißt, er muss an
seinem Tisch darauf aufpassen,
dass alle möglichst leise sind. Eine
verantwortungsvolle Aufgabe für
den siebenjährigen Schüler, die
ihm Klassenlehrerin Simone Nielen übertragen hat. Tim soll dabei
helfen, dass die 2b gemeinsam
und erfolgreich lernen kann. Was
nicht unbedingt selbstverständlich
ist: Die 2b versammelt 21 Schüler
aus 13 Nationen mit unterschiedlichen Sprachen. Sie gehört zur GGS
Sonnenstraße in Düsseldorf-Oberbilk, eine Offene Ganztagsschule
mit insgesamt 240 Kindern aus 20
Ländern (80 Prozent Migrationshintergrund).
Das Erstaunliche: Die ganze 2b
lernt aufmerksam und mit Begeisterung. Wer Durcheinander oder
Lärm erwartet, undisziplinierte
Kinder und eine überforderte Lehrerin, der täuscht sich gewaltig. Si-
64
mone Nielen, die vor nicht einmal
zwei Jahren ihre Lehrerausbildung
abschloss, hat die Klasse im Griff.
Ohne zu schreien, ohne Strafen zu
verhängen. Ihre Methoden – wie
die Vergabe von „Manager-Posten“
– helfen dabei. Vor allem aber
wirkt ihre natürliche Autorität.
Ganz in sich ruhend steht die
mädchenhafte, 29-jährige Frau
vor ihrer Klasse. Leise und mit
Betonung erklärt sie eine Aufgabe, die die Kinder lösen sollen.
Fünf Motive einer Bildgeschichte
müssen in der richtigen Reihenfolge zusammengefügt werden.
Die Kinder sitzen im Halbkreis
um die Lehrerin herum. Sie sind
ganz bei der Sache, melden sich
fleißig. Die meisten sprechen kein
perfektes Deutsch. Der Wortschatz
ist dürftig, weil in der Familie eine
andere Sprache gesprochen wird.
Trotzdem: Schon nach kurzer Zeit
liegen die einzelnen Bilder in der
richtigen Reihenfolge zusammen,
die Geschichte kann erzählt und
Simone Nielsen is a class
teacher and sports coordinator at Sonnenstrasse Primary
School in Düsseldorf-Oberbilk.
“I do my best, but
I cannot change
fates”
Today Tim is a manager. Not
just any kind of manager, but
a very special one: “whisper
manager”. That means he has to
make sure that everyone at his
table is as quiet as a mouse. A big
responsibility for the seven-yearold schoolchild, assigned to him
by teacher Simone Nielen. This is
how Tim is supposed to help class
2b to learn together and effectively.
A task whose success is not at all
obvious: class 2b brings together 21
schoolchildren from 13 countries
with diverse languages. The class
belongs to the Sonnenstrasse com-
munity primary school in Düsseldorf-Oberbilk, an open all-day
school with a total of 240 children
from 20 countries (80 percent from
immigrant backgrounds).
The amazing thing is that the
entire class is learning attentively
and enthusiastically. Anyone who
expects chaos or noise, undisciplined children and an overwhelmed
teacher, is badly mistaken. Simone
Nielen, who only graduated from
her teacher‘s training two years
ago, has the class under control.
Without having to raise her voice,
without imposing punishment.
Her methods help, such as giving
out “manager positions”. But most
important is her natural authority.
The girlish 29-year-old woman
stands before her class, completely
calm. Quietly and emphatically she
explains the assignment she wants
the children to tackle. They have
to arrange five motifs of a picture
story in the right order. The children sit around their teacher in a
Fotos: Stefan Menne
Lehrer
dann von den Kindern aufgeschrieben werden. Stolz zeigen die
Schüler der Lehrerin das Ergebnis.
Simone Nielen lobt, schreibt Häkchen ins Heft.
„Kinder im Grundschulalter sind
leicht fürs Lernen zu begeistern“,
kommentiert die Pädagogin.
Glaubt man ihr, dann geht das
auch an einer Schule in schwierigem sozialen Umfeld ohne
besondere Tricks. Sie kommt stets
gut vorbereitet in den Unterricht,
erklärt Simone Nielen und sie freut
sich jeden Morgen auf ihre Klasse,
was die Kinder wohl fühlen. Ein
Vorbild will sie ihnen sein: „Wenn
ich erwarte, dass die Kinder verlässlich, gewissenhaft und ehrlich
sind, dann muss ich das auch
vorleben.“
Sie braucht nicht laut zu werden,
sagt Simone Nielen und sie will es
auch nicht. „Ich arbeite viel mit
meiner Stimme, rede leise. Wenn
ich schweige, wissen die Kinder
genau, dass etwas nicht stimmt.“
Sie setzt auf Konsequenz: „Das
ist wichtig bei den Kindern. Aber
auch liebevoll zu sein. Und ich
beziehe sie viel mit ein. Wir stellen
gemeinsam Verhaltensregeln auf
und sprechen darüber, warum es
zum Beispiel wichtig ist, dass sie
leise sind. Nicht, weil ich persönlich das schön finde, sondern weil
sie dann besser lernen können.“
Dass es nach zwei Schulstunden
konzentriertem Arbeiten trotzdem unruhig wird, ist normal.
„Ihr braucht Bewegung“, spricht
Simone Nielen die Kinder an. Als
Sportlehrerin und Sportkoordinatorin der Schule erkennt sie das
sofort. Alle bilden einen Kreis,
singen ein Lied und machen dazu
viele unterschiedliche Gesten,
hopsen, drehen sich im Kreis.
Danach kehrt wieder Ruhe ein, die
Kinder arbeiten weiter an ihrer Geschichte, an Matheaufgaben und
Schreibübungen. „Gerade in der
Stadt sind für Kinder Bewegungsund Sportangebote so wichtig.
Das schätze ich auch am Projekt ‚Fit am Ball’. Am besten ist
täglicher Sportunterricht.“ Deshalb
bietet die GGS Sonnenstraße auch
eine Fülle freiwilliger Sportmöglichkeiten für die unterrichtsfreie
Zeit: Bewegungsangebote wie
Fußball, Handball, American Flag
Football, Karate oder Schwimmen
(im schuleigenen Schwimmbad)
werden gut angenommen.
Woher Simone Nielen die Kraft
und ihre starken Nerven hat,
kann sie nicht sagen. Es mag am
Elternhaus in Geldern liegen, einer
Kleinstadt am Niederrhein, 70
Kilometer von Düsseldorf entfernt.
Der Vater Bankkaufmann, die
Mutter Medizinisch-technische
Assistentin – klingt nach glücklicher Kindheit in einer ländlichen
Gegend. Simone Nielen hätte sich
nach dem Studium in Münster
– mit den Schwerpunktfächern
Sport, Mathematik und Deutsch
– auch eine leichtere Aufgabe
suchen können. Aber sie hat sich
bewusst an der
GGS Sonnenstraße in DüsseldorfOberbilk beworben. „Ich habe
großen Respekt
vor der Situation. Aber hier
kann man was
bewegen, auch
mit dem jungen
Kollegium. Wir
arbeiten prima
zusammen und harmonieren sehr
gut. Und es gibt auch viele tolle
Eltern, die uns unterstützen.“
Zum Beispiel richten sie morgens
ein gesundes Frühstück her. Für
Kinder aus armen Familien, die
mit leerem Magen zur Schule kommen. Die Lebensmittel spendet die
Düsseldorfer Tafel.
Die Kinder hängen an Simone
Nielen – auch im wörtlichen Sinn.
Manche brauchen körperliche
Nähe, eine Umarmung. Kann
sie am Ende des Schultags gut
abschalten oder „nimmt sie vieles
mit“ nach Hause? „Ich muss natürlich über die Schule reden. Die
Geschichten muss sich dann mein
Freund anhören.“ Der Freund, von
Beruf Journalist, und ein funktionierender Freundeskreis, das
braucht sie. Ein ganz normales
Privatleben mit Kino, Büchern und
Volleyball, ihr sportliches Hobby
– so bleibt Simone Nielen auch
seelisch in Form. Denn bei aller
Liebe zum Beruf ist die zierliche
Frau mit den hochgesteckten braunen Haaren doch ganz Realistin:
„Ich bin kein Held. Ich gebe mein
Bestes, mehr geht nicht. Schicksale
kann ich nicht ändern. Wenn man
diesen Job ein Leben lang machen
will, braucht man auch einen gesunden Abstand, die Möglichkeit
abzuschalten.“
U.A.
half circle. They are really involved,
and raise their hands diligently.
Most do not speak perfect German.
Vocabulary is meagre, because they
speak another language at home.
Still, after a short time, the individual pictures are put in the right
order, the story can be told and
then written out by the children.
The children proudly show their
teacher the result. Nielen praises
them, writing check marks in her
notebook.
“Primary school children are easy
to inspire about learning”, the
teacher comments. You believe
her, because
she is doing it
at a school in a
difficult social
environment,
without using any
special tricks. She
always comes
well prepared for
teaching, Nielen
explains, and she
looks forward to
her class every
morning, which makes the children feel comfortable. She wants to
set a good example for them: “If I
expect the children to be reliable,
conscientious and honest, I too
must set an example”.
She does not have to raise her voice, Nielen says, and she does not
want to. “I work a great deal with
my voice, and speak softly. When
I am silent, the children know very
well that something is not right”.
She believes in consequence: “That
is important for the children. But
also to be affectionate. And I involve them a great deal. We set rules
for conduct together and discuss
why, for example, it is important
that they are quiet. Not because I
personally like it, but because they
can learn better that way”.
It is normal that after two class
hours of concentrated school
work, things become a bit unruly.
“You need to get moving”, Simone
Nielen tells the children. As a PE
teacher and athletics coordinator
for the school, she recognises that
immediately. They all form a circle,
sing a song, making all sorts of
gestures, hopping and spinning
around in a circle. After that, quiet
returns, the children work further
on their story, on maths homework
and writing exercises. “Especially
in the city, opportunities for exer-
cise and athletics for children are
really important. I also appreciate
the `Fit am Ball‘ project for that
reason. The best thing is a daily
PE class”. Therefore, the Sonnenstrasse primary school also offers
plenty of sports activities during
free time: opportunities for physical
activity such as football, handball,
American flag football, karate or
swimming (in the school‘s own
pool) are all well received.
Ms Nielen cannot say where she
gets her strength and strong nerves.
It could come from her parents‘
home in Geldern, a small town
on the lower Rhine, 70 kilometres
from Duesseldorf. With her father
a banker and her mother a medical
technical assistant, it sounds like
a happy childhood in a rural area.
After her studies in Münster – with
her main subjects being PE, mathematics, and German – Nielen
could also have looked for an easier assignment. But she applied to
the Sonnenstrasse primary school
in Düsseldorf-Oberbilk, knowing
what she was doing. “I have great
respect for this situation. Here you
can get things moving, together
with the young faculty. We work
fantastically together and harmonise very well. And there are many
really great parents, who support
us”. For example, they prepare a
healthy breakfast in the mornings,
for children from poor families
who come to school with empty
stomachs. The Düsseldorf Table
project donates the groceries.
The children are quite attached
to Simone Nielen – even literally.
Many need physical closeness, a
hug. Is she able to break off easily,
at the end of the day, or does she
“take a lot with her” home? “Of
course I have to talk about school.
My boyfriend has to listen to the
stories”. She needs her boyfriend, a
journalist, and a functioning circle
of friends. A quite normal private
life, including cinema, books and
volleyball, her athletic hobby,
keeps Nielen in form emotionally
as well. Despite all her love for her
profession, the petite woman with
upswept brown hair is also a total
realist: “I‘m no heroine. I do my
best; more I cannot do. I cannot
change fates. When you want to do
this as a lifelong job, you also need
a healthy distance, the possibility
to switch off”.
U.A.
65
Projekte
Fallbeispiele für gelungene soziale Initiativen aus
Ludwigsburg, Hamburg und Köln. Christine Gerstner
berichtet.
KINDERN GUTES TUN –
WIE GENAU GEHT DAS?
Case studies of successful social initiatives in Ludwigsburg, Hamburg and Cologne.
Christine Gerstner reports.
DOING GOOD FOR CHILDREN – HOW EXACTLY DOES IT WORK?
66
Foto: Arslan Ufuk
67
Projekte
Der gute Wille allein reicht meistens
nicht aus, damit bürgerschaftliches Engagement nachhaltig wirkt. Genauso wichtig
sind durchdachte Konzepte, etwas Geld und
Anerkennung im sozialen Umfeld der Aktiven.
Hier drei gelungene Beispiele aus der Praxis für Initiativen mit großem und schon jahrelang
anhaltendem Erfolg.
Good will alone is usually not enough
to give civic involvement a sustainable impact.
Equally important are concepts that have been
well thought through, some money and recognition of the participants by their social milieu.
Here are three case studies of initiatives that
have had great success lasting many years.
„Projekt JuKi“ engagiert sich in Kindergärten mit hohem Einwandereranteil.
Mädchen-„Gang“ als Lesehelfer
A
lles begann mit dem UNICEF-JuniorBotschafter-Wettbewerb 2006: Ein Aufruf an Kinder
und Jugendliche, sich für sozial benachteiligte
Kinder zu engagieren. Julika und Kira aus Ludwigsburg hörten davon – die beiden Freundinnen waren gerade mal elf Jahre alt. Trotzdem entwickelten
die Mädchen ganz ohne fremde Hilfe eine eigene
Idee. Sie suchten sich einen Kindergarten, spielten
dort mit Kindern aus ausländischen Familien und
lasen ihnen vor. Nebenbei suchten sie mit selbst
verfassten und kopierten Flugblättern Mitstreiter
für ihr Projekt: Die Initiative „Projekt JuKi -Jugend
für Kinder!“ war geboren. Julikas Mutter Angelika
Pfeiffer, Sozialpädagogin und im Bereich Familienbildung tätig, ahnte nichts vom Engagement ihrer
Tochter. Erst als eines Tages die Polizei in der Tür
stand – sie vermutete hinter den Flugblättern der
Mädchen eine kriminelle Jugendgang – wurde
Angelika Pfeiffer aufmerksam.
Von da an unterstützte die stolze Mutter Julika und ihre Freundin mit vielen Tipps. Sie half,
Spendenanträge zu stellen und bei der Öffentlichkeitsarbeit für das Projekt. Heute lesen zehn
„JuKis“ im Alter von elf bis 15 Jahren regelmäßig
in Kindergärten mit hohem Einwandereranteil vor.
Ziel der Jugendlichen ist es, Kindern unabhängig von ihrer nationalen oder sozialen Herkunft
gleichwertige Bildungschancen zu ermöglichen.
Die Initiative hat sogar ein eigenes JuKi-Zimmer in
einer Wohnung der Stadt Ludwigsburg organisiert.
Die Möbel wurden gespendet, Bücher und Spiele
68
werden von Sponsoren gestellt oder aus Preisgeldern finanziert.
Die Gruppe kann fünf Jahre nach der Gründung
tatsächlich stolz sein auf eine schon lange Liste
von Auszeichnungen, darunter der „Eine-WeltPreis“, der „Deutsche Kinderpreis“, der „Integrationspreis der Bundesregierung“ und nicht zuletzt
„Der Deutsche Vorlesepreis 2010 für Integration“.
Nicht nur die Kita-Kinder, auch die JuKi-Vorleser
selbst profitieren von der öffentlichen Anerkennung. So hat Julika schon viele Persönlichkeiten
aus Politik und Kultur kennen lernen dürfen und
den Deutschen Bundestag in Berlin besichtigt.
Mittlerweile engagieren sich die JuKis auch international - für Projekte in Westafrika. Sie unterstützen ein Waisenhaus in Nigeria und die Initiative
AIM gegen weibliche Genitalverstümmelung in
Sierra Leone.
Doch weiterhin geht es Julika und den JuKis vor
allem um benachteiligte Kinder in ihrer Heimatstadt.
So betreute Julika drei Jahre lang das türkische
Mädchen Erva. Anfangs sprach Erva so schlecht
Deutsch, dass ihre Vorschulerzieherin die Einschulung mit sechs Jahren für aussichtslos hielt. Die
Eltern konnten dem Mädchen wegen ihrer eigenen
schlechten Deutschkenntnisse nicht helfen. In den
regelmäßigen Treffen mit Julika machte Erva jedoch
schnell Fortschritte. Die Sprachfertigkeiten verbesserten sich, damit auch ihr Selbstbewusstsein und
durch das gemeinsame Basteln und Malen auch
die Feinmotorik. Schließlich konnte Erva doch noch
mit sechs Jahren die erste Klasse besuchen, und
heute ist sie eine gute Schülerin, erzählt Julika.
Nun betreut Julika ein anderes Mädchen türkischer
Herkunft. Auch die fünfjährige Eda profitiert von den
Lesestunden und genießt das Zusammensein mit
ihrer zehn Jahre älteren Betreuerin.
Nicht alles geht so glatt. Julika berichtet auch von
negativen Erlebnissen. Einmal war sie „tief geschockt“, als sie ein Kind zu Hause besuchte. Die
siebenköpfige Familie lebte in nur einem Zimmer.
Platz und Geld waren so knapp, dass die Kinder
zu dritt auf einer Matratze schlafen mussten.
„Manchmal hören wir auch blöde Sprüche, wenn
wir an unserem Infostand neue Mitglieder werben
wollen oder um Spenden bitten“, beschreibt Julika
Widerstände gegen ihr Projekt, „die muss man
dann eben mit einem Lächeln abwehren.“
Neben den Aktivitäten für die Initiative interessiert sich Julika für Sport (Badminton, Klettern),
Musik (sie spielt Oboe und Klavier) und Kunst
(ihr liebstes Schul-Hauptfach). Nach der Mittleren
Reife möchte sie für einen Schüleraustausch ins
Ausland. Und danach? Mit dem Gedanken, ihr
ehrenamtliches Engagement später mal als Beruf
auszuüben, kann sich Julika nicht anfreunden.
„Wenn man mit Kindern arbeitet, ist man am
Ende des Tages so fertig, dass man nur noch ins
Bett sinken möchte. Ich kann mir eher vorstellen,
Politikwissenschaft zu studieren, weil ich auch die
Grünen sehr gut finde. Vor allem Jürgen Trittin, der
ist mein Vorbild!“
Fotos: Arslan Ufuk
Projekte
Project JuKi -- Youth for the Children
works in kindergartens with a high
proportion of immigrants.
A Girls Gang as
reading assistants
I
t all began with the UNICEF Junior Ambassadors‘ Competition 2006: a call on children and
young people, to get involved with helping socially disadvantaged children. Julika and Kira from
Ludwigsburg heard about it – the two girlfriends
were just eleven years old. Yet the girls came up
with their own idea. They looked for a nursery
school, played there with children from immigrant
families and read to them. Meanwhile they looked
for helpers for their project, with leaflets they
wrote and photocopied themselves: “Project JuKi
– Youth for Children!” was born. Julika‘s mother,
Angelika Pfeiffer, a social education worker and
active in family services, did not know of her
daughter‘s involvement. Only when the police
came to her door one day – they suspected there
could be a criminal youth gang behind the girls‘
leaflets – did Angelika Pfeiffer take notice.
From then on, the proud mother supported Julika
and her friend with many tips. She helped set up
applications for donations, and with publicity for
the project. Today, ten “JuKis”, aged 11 to 15, regularly read aloud at preschools that have a high
proportion of immigrants. The young people‘s goal
is to make it possible for children, whatever their
national or social origins, to have equal opportunities for education. The initiative also organized its
own JuKi Room in an apartment in the city of Ludwigsburg. The furniture was donated, books and
toys were contributed by sponsors or financed
from prize money.
Five years after its founding, the group can
really be proud of a long list of awards,
including the “Eine-Welt-Preis”, the “Deutscher Kinderpreis”, the “Integrationspreis
der Bundesregierung”, and, last but not
least, “Der Deutsche Vorlesepreis 2010 für
Integration”. Not only the preschoolers, but
also the JuKi readers themselves, benefit
from the public recognition. This is how
Julika has gotten to know many political
and cultural personalities, and to visit the
German Parliament in Berlin. Meanwhile,
the JuKis are also involved internationally,
in projects in West Africa. They support
an orphanage in Nigeria and the AIM
Initiative against female circumcision in
Sierra Leone.
But above all, Julika and the JuKis are
concerned about underprivileged children
in their home city. For three years, Julika
was a mentor for Erva, a Turkish girl. At
first, Erva spoke German so badly that her
preschool teacher thought there would
be no point in enrolling her in school at
the age of six. Her parents could not help
Julika gründete mit einer Freundin die Initiative
„JuKi“. Sie hilft der fünfjährigen Eda (Foto), deren
Eltern aus der Türkei stammen, die deutsche Sprache zu lernen.
Julika and a girlfriend launched the “JuKi” initiative.
She helps five-year-old Eda, whose parents come
from Turkey, to learn German.
the girl, because of their own poor knowledge of
German. But in her regular meetings with Julika,
Erva made rapid progress. Her language skills
improved, and with that, her self-confidence, and,
by working together on handicrafts and painting,
her fine motor skills as well. In the end, Erva was
able to enter the first grade at age six, and today
she is a good student, Julika says. Now, Julika is
mentoring another girl of Turkish origin. Fiveyear-old Eda is also benefiting from the hours of
reading, and enjoys being with her mentor, who is
ten years older than she.
But not everything goes so smoothly. Julika also
reports negative experiences. Once, she was
“deeply shocked” when she visited a child at
home. The seven-member family was living in just
one room. Space and money were so limited, that
the children had to sleep three together on one
mattress. “Sometimes we also hear stupid
things, when we are trying to get new
members or ask for contributions at our
information stand”, is how Julika describes
opposition to her project. “You just have to
answer with a smile”.
In addition to her work for the Initiative,
Julika is interested in sports (badminton,
climbing), music (she plays oboe and piano)
and art (her favourite subject at school).
After getting her O-levels, she wants to go
on a school exchange abroad. And then?
Julika is not keen on making her voluntary
commitment her profession later on. “If you
work with children, at the end of the day
you are so worn out, that you only want to
fall into bed. I would rather study political science, because I really like the “Die
Grünen”. Above all Jürgen Trittin; he is my
role model!”
69
Projekte
Rubrik
Hans Raatz leitet schon im achten Jahr
„Fit am Ball“-AGs in Köln.
Aus dicken Kindern wurden
selbstbewusste Schüler
„Ehrgeiz und Spielfreude sind natürlich sehr
wichtig“, sagt der 54-jährige Fußballtrainer und
Sozialmanager Hans Raatz vom Kölner Sportverein
TV Dellbrück 1895 e.V. „aber ich persönlich lege
auch großen Wert auf das Sozialverhalten, das
heißt auf Teamgeist und Fairness!“ Und das müsse
von den Erwachsenen vorgelebt werden. Deshalb
stört es Raatz schon seit langem, dass in vielen
Fußballvereinen bereits bei den Kindermannschaften der Fokus ganz auf Leistung und Torerfolg
liegt. „Da habe ich oft hässliche Situationen am
Spielfeldrand erlebt. Bei diesem Leistungsdruck
fühlen sich schon die Kleinsten als Versager und
im schlimmsten Fall verlieren die Kinder auf Dauer
den Spaß am Sport.“
Damit dies nicht geschieht, ist in Raatz` „TVDFußball- und Bewegungsschule“ vieles anders als
in den meisten Vereinen. Großen Wert legen die
Übungsleiter schon seit der Gründung 2007 auf
eine „spaß- und vertrauensvolle Umgebung“ und
sie sehen das Spiel als „hervorragendes Medium
zum sozialen Lernen“, wie es in ihrem Konzept
heißt. Der „puren Leistungsorientierung“ im Profi-
Hans Raatz has run “Fit am
Ball” project teams in Cologne
since 2003.
Overweight children
became self-confident
students
“Ambition and love of the game are of course
very important”, says Hans Raatz, the 54-yearold football trainer and social manager of the
Dellbrueck Gymnastics Club (TVD) 1895. “But
personally I also put a lot of value on social behaviour, which means team spirit and fairness!” And
these values must be practised by the adults. It
has bothered Raatz for a long time, that in many
football clubs the focus is totally on performance
and making goals, even for the children‘s teams.
“I‘ve often seen ugly situations on the sidelines.
Because of this pressure for success, even the
smallest children feel like failures, and in the
worst cases, the children permanently lose any
enjoyment of athletics”.
To make sure that this does not happen, things
are very different in Raatz‘s “TVD Football and
Exercise School” than in most of the clubs. Since
it was founded in 2007, the trainers have put
70
und Amateurbereich – „schon im Jugendfußball
beobachten wir heute eine ähnliche Entwicklung“
– soll entgegengewirkt werden, Das ist Raatz und
seinen Kollegen besonders wichtig.
Entstanden ist die bemerkenswerte Fußball- und
Bewegungsschule, an der heute 110 Kinder
teilnehmen, aus freiwilligen Schulsport-AGs
des CSR-Projektes „Fit am Ball – Der Schul-Cup
von funny-frisch“. 2003 war Raatz über einen
Zeitungsartikel auf „Fit am Ball“ gestoßen. Der
Diplom-Politikwissenschaftler betreute schon
damals eine 20-köpfige Fußball-AG an der GGS
Dellbrücker Hauptstraße („Regenbogenschule“) im
Kölner Osten. Seitdem
ist Raatz bei jeder „Fit
am Ball“-Staffel dabei.
Besonders gut gefalle
ihm an dem Projekt der
Deutschen Sporthochschule Köln, dass nicht
nur fußballspezifische
Übungen im Vordergrund stünden, sondern
auch die Elemente Ernährung und allgemeine
Bewegungsfähigkeit. „Das pädagogische Konzept
von Professor Jürgen Buschmann läuft darauf
hinaus, bewegungsungewohnten Kindern Zugang
zum Sport und zur Bewegung zu verschaffen“,
erklärt Raatz, inzwischen stellvertretender Leiter
der Offenen Ganztagsschule der GGS Dellbrücker
Hauptstraße: „Das finde ich gut.“
Besonders die „Dienstältesten“ in Raatz` Fußballtruppe, viele schon seit 2003 mit „Fit am Ball“ vertraut
und zum Teil heute selbst als Übungsleiter und CoTrainer aktiv, loben und genießen den Gemeinschaftscharakter des Projekts. Zusammensein und Fußball
spielen mit guten Kumpels,
ohne Leistungsdruck und
ohne destruktive Kritik – das
kommt bei allen an. „Fit am
Ball“ habe bei ihnen in vielerlei Hinsicht etwas verändert, berichten die Jungs. „Ich
war sehr schüchtern“, sagt
der zwölfjährige Kai, „heute
bin ich viel freundlicher und
the idea of giving access
high value on an
to athletics and exercise to
“environment of fun
and trust”, and they
children who are unused to
physical activity”, explains
see the game as an
“outstanding medium
Raatz, who is now deputy
head of the open all-day
for social learning”, as
the school‘s mission
school at the Dellbrücker
Fußballtrainer, Sozialmanager, Politikwissenschaftler: Hans Raatz, ein Mann mit vielen Talenten
statement says. It is
Hemptstraße School: “I like
especially important for
that”.
Raatz and his colleagues to counteract the “pure
The “longest serving” members of Raatz‘s football
team especially praise and enjoy the project‘s
performance orientation” in professional and amateur sports alike: “In youth football, we are seeing
community character. Many of them have been
a similar development”.
involved with “Fit am Ball” since 2003, and some
This special Football and Exercise School, with
are today active as trainers and co-trainers. To
110 children enrolled today, came about as a
get together and play football with good mates,
without pressure to perform and without destrucresult of the CSR-project “Fit am Ball – Der SchulCup von funny-frisch”.
tive criticism – everyone likes that. “Fit am Ball”
In 2003, Raatz stumbled upon a newspaper artichas changed things for them in many ways, the
le on “Fit am Ball”. The political science graduate
guys report. “I was very shy”, says the 12-year-old
was already supervising a 20-man football team
Kai. “Today I am a lot more friendly and outgoing,
at Dellbrücker Hemptstraße Community Primary
and can relate to others better”. Thirteen-yearSchool in East Cologne. Since then, Raatz has
old Johann confirms that regular training with 30
other players strengthens not only one‘s physical
been part of every “Fit am Ball” season. What he
condition, but also self-confidence. Felix and
especially likes about this project of the German Sport University Cologne, is that it not only
Leander, both 13, think that they can now move
promotes specific football exercises, but also basic
much better than a year ago, and that their “leg
nutrition and general physical prowess. “Professor
coordination” has definitely improved.
Some tell of really big successes.
Jürgen Buschmann‘s teaching concept comes from
Fotos: Martin Lässig
71
offener und kann besser auf andere zugehen.“ Der
13-jährige Johann bestätigt, dass regelmäßiges
Training mit 30 Mitspielern nicht nur die Kondition, sondern auch das Selbstbewusstsein stärke.
Felix und Leander, beide 13 Jahre, glauben, dass
sie sich jetzt viel besser bewegen können als vor
einigen Jahren und dass sich ihre „Beinkoordination“ deutlich verbessert habe.
Einige erzählen von ganz großen Erfolgen. Sam
Jost, 16 Jahre: „Ich war in der Grundschule ein
molliger Typ. Erst durch ‚Fit am Ball’ bin ich richtig
in Bewegung gekommen. Dadurch habe ich mehr
Sport gemacht und vor allem viel lieber, und ich
bin dann oft zum Fußball gegangen.“ So richtig
abgenommen habe er ab dem Sommer 2008, als
Sam auch Übungsleiter bei Hans Raatz wurde und
sich an die von „Fit am Ball“ und seinem Trainer
vorgeschlagenen Ernährungstipps hielt. Also:
Viel trinken - hauptsächlich Wasser -, gesunde
Ernährung und regelmäßige Mahlzeiten, so gut
wie nicht zwischendurch essen und auch zu den
Hauptmahlzeiten „normale Mengen“, also nicht
übertrieben viel.
Ergebnis: Innerhalb weniger Monate hatte der
Schüler satte 20 Kilo verloren. „Alles ist besser geworden“, freut sich Sam, „man hat viel mehr Freude
daran, sich zu bewegen, man fühlt sich auch im
übertragenen Sinn leichter und man besitzt mehr
Ausdauer.“ Es habe ihn eine Menge Überwindung
gekostet, aber jetzt sei er sehr froh, es geschafft zu
haben und er halte seit zwei Jahren sein Gewicht!
Nicht nur Hans Raatz, auch Sams großer Bruder
Dominik ist deshalb sehr stolz auf ihn.
Dominik Jost ist 19 Jahre alt und seit 2007 als CoTrainer in der TVD-Fußball- und Bewegungsschule
aktiv. Ihm gefällt besonders die Zusammenarbeit
mit den Kindern und dass durch den Ansatz der
Schule der Teamgeist gestärkt wird. Deshalb hat
Dominik nach dem Abitur ein freiwilliges soziales
Jahr in der Geschäftsführung der Fußballschule begonnen. Mittlerweile kann er sich sogar vorstellen,
Sport zu studieren.
„Fit am Ball“ sei für die Schule eine feste Institution geworden, eine Art geflügeltes Wort, ergänzt
Hans Raatz. Selbst außerhalb der Turniere liefen
die Fußballjungs mit den Projekt-T-Shirts herum
und „Devotionalien“ wie der erste „Fit am Ball“Fußball würden sorgsam gehütet, obwohl der
mittlerweile schon völlig verschrumpelt sei. Es
sei schön, die fruchtbaren Ergebnisse zu sehen,
wie die Jungs sich verbesserten, wie sie selbstbewusster würden und sich selbst zum Übungsleiter
entwickelten.
Nach seinem eindringlichsten „Fit am Ball“Erlebnis gefragt, nennt der Trainer die Geschichte
eines Jungen, dessen Mutter das Projekt immer
Sam Jost, 16: “I was a chubby kid in primary
school. I first began to really exercise through
“Fit am Ball”. I did more athletics, much more
willingly, and I often went out for football”.
He has lost so much weight since the summer
of 2008, that Sam has become a trainer with
Hans Raatz and is sticking to the eating tips
that “Fit am Ball” and his trainer gave him. That
means: Drink a lot – especially water; eat healthy
foods at regular mealtimes; eat almost nothing
between meals; and, at meals, eat “normal portions” and don‘t overdo it.
The results: the student had lost over three stone
in a few months. “Everything is better”, Sam says
happily. “You like to exercise a lot more, you feel
easier about it, and you have more stamina”. He
had a lot to overcome, but now he is really glad
that he made it, and has kept his weight down for
two years! Not only Hans Raatz, but also Sam‘s
big brother Dominik is really proud of him.
Dominik Jost is 19, and has been active since
2007 as a co-trainer in the TVD Football and
Exercise School. What he likes is working with the
children, and that the school‘s approach strengthens team spirit. Therefore, after his A-levels, he
joined the football school‘s administration during
his gap year. Meanwhile, he can even imagine
studying physical education.
“Fit am Ball” has become an institution at the
school, a kind of byword, Raatz adds. Even outside
the tournaments, the football boys run around
wearing their project T-shirts, and “devotional objects” like the first “Fit am Ball” football are carefully
guarded, although it has totally shrivelled up. It is
beautiful to see the productive results, how the
boys have improved, becoming more self-confiident, and developing into trainers themselves.
Asked about his most moving experience with “Fit
am Ball”, the trainer told the story of a boy whose
mother had always strongly supported the project.
She died on the day before a group trip to a “Fit
am Ball” event in Frankfurt am Main. Despite this
terrible loss, the boy wanted to go to Frankfurt, to
help his team, which was also his father‘s express
wish. Raatz, who has three children (26, 22, and 16
years old) with his wife, a nursery school teacher,
pauses for a long moment: “With all tragedies,
one comes to understand how a special empathy
develops through real involvement. The relationship
to the children and their parents becomes totally
different. That keeps happening and makes things
really rewarding for us advisers”.
72
stark unterstützte. Sie starb am Vorabend einer
Reise der Gruppe zu einem „Fit am Ball“-Event in
Frankfurt am Main. Trotz des schlimmen Verlustes
wollte der Junge unbedingt mit nach Frankfurt,
um seinem Team zu helfen, was dann auch der
ausdrückliche Wunsch des Vaters war. Hans Raatz,
der mit seiner Ehefrau, einer Erzieherin, selbst drei
Kinder hat (26, 22 und 16 Jahre alt), hält einen
langen Moment inne: „Bei aller Tragik versteht
man in einer solchen Situation, wie sich durch
wahres Engagement auch eine gewisse Art von
Empathie entwickelt. Es entsteht ein ganz anderes
Verhältnis zu den Kindern und ihren Eltern. Da
kommt viel zurück, und das macht die Sache für
uns Betreuer wirklich lohnend.“
Die „Fit am Ball“-AG 2011 von Hans Raatz im rechtsrheinischen Kölner Stadtteil Dellbrück ist eine von
über 1.500 AGs in ganz Deutschland. Die SnackMarke „funny-frisch“ unterstützt das Projekt schon
seit 2003.
Fotos: Martin Lässig
Projekte
Rubrik
Photographer Artworker Writer
Rubrik
Kinder
Marlies Bothmann über ihr Ehrenamt bei der Initiative „MENTOR“:
„Das geht so richtig an die Seele!“
J
ohann ist ein begabter und interessierter Schüler, überhaupt ein vielseitiger
Junge. In seinen Lieblingsfächern Sport
und Mathe steht der 14-jährige auf Eins, er spielt
leidenschaftlich gern Theater und schaut seine
Lieblings-Fernsehserie „Scrubs“ im englischsprachigen Original. Wenn nur das Lesen nicht
wäre. „Ich war lange Zeit auf dem Stand eines
Zweitklässlers“, erinnert sich Johann, der die 8.
Klasse einer Stadtteilschule im Hamburger Westen
besucht. „Ich habe vieles nicht verstanden, beim
Vorlesen nur gestottert und gehakt.“ Wenn man
Johann heute beim Vorlesen zuhört, dann holpert
es an manchen Stellen ein bisschen. Insgesamt
liest er aber flüssig und mittlerweile sogar gern,
wie er sagt. Man kann sich nur sehr schwer
vorstellen, wie dramatisch Johanns Leseschwäche
bis vor kurzem war.
Geholfen hat ihm Marlies Bothmann, mit der sich
Johann regelmäßig trifft. Die 68-jährige frühere
Großhandelskauffrau ist eine von 600 ehrenamtlichen Mitarbeitern der Initiative „MENTOR – die
Leselernhelfer HAMBURG e.V.“. Gegründet 2003 in
Hannover, ist der Verein seit sechs Jahren auch in
Hamburg tätig. Er kooperiert eng mit Hamburger
Schulen. Die Leselernhelfer kümmern sich um
lese- und sprachschwache Kinder, die oft aus
bildungsfernen Elternhäusern oder aus Einwandererfamilien stammen. Die Methode der Initiative
basiert auf einer 1:1 Betreuung. Ein Mentor widmet sich einem Schulkind, das aus verschiedenen
Gründen Probleme mit dem Lesen hat. Rund ein
Jahr lang trifft man sich einmal in der Woche, um
gemeinsam zu lesen.
74
Marlies Bothmann und Johann erklären, wie sie
zusammen arbeiten. Zu Beginn der Stunde sprechen Mentorin und Schüler darüber, was Johann
in der vergangenen Woche erlebt hat. Dann
beginnen sie zu lesen. Heute steht das spannende Fantasymärchen „Krabat“ von Otfried Preußler
auf dem Programm. Erst liest Frau Bothmann vor,
währenddessen liest Johann leise für sich mit.
Dann übernimmt der Jugendliche die folgende
Passage. Es fällt auf, dass die Mentorin den Schüler auch bei Fehlern nur selten unterbricht. Genau
das weiß Johann zu schätzen: „Frau Bothmann
lässt mich lesen, bis ich die Fehler selbst erkenne
und verbessere oder bis ich sie frage. Sie redet
mir nicht rein, das würde ich auch wirklich nervig
finden, wenn ich mich gerade konzentriere.“
Das ist tatsächlich ein ganz wichtiger Punkt, sagt
auch Marlies Bothmann: „Johann bleibt ruhiger,
wenn man ihn nicht unterbricht. Er merkt ja selbst,
wenn das vorgelesene Wort falsch war und es im
Zusammenhang keinen Sinn ergibt. Wenn er es
gar nicht versteht, schiebt er mir das Buch hin und
dann sage ich ihm, wie es richtig ist. So ergänzen
wir uns gegenseitig.“ Immer wieder erkundigt
sich Johann nach bestimmten Wortbedeutungen,
manchmal diskutiert er auch mit der Mentorin
über den gelesenen Inhalt. Für Marlies Bothman
ein wichtiges Indiz, dass Johann das Gelesene
verstanden hat. Außerdem schulen die Gespräche
die rhetorischen Fähigkeiten und das textanalytische Verständnis des Jungen, erläutert die verheiratete Mutter einer erwachsenen Tochter.
Obwohl das Jahr mit der Mentorin jetzt vergangen
ist, will Johann unbedingt weitermachen. „Ich lese
Marlies Bothmann on her
volunteer work with the
MENTOR initiative:
“It really touches
your heart!”
J
ohann is a gifted and interested student,
and overall a versatile boy. In his favourite
subjects of athletics and maths, the 14-yearold is at the top; he loves to act, and watches
his favourite television series, “Scrubs”, in the
English original. If only he didn‘t have to read!
“I was at second-year level for a long time”,
remembers Johann, who is in the 8th year at a
city neighbourhood school in western Hamburg. “There was a lot I didn‘t understand, and
I only stuttered and stumbled when reading
aloud”. When you listen to Johann reading
aloud today, he‘s a bit clumsy in some places.
But overall he reads fluently and has even
come to enjoy it, he says. You can hardly imagine how severe Johann‘s reading disabilities
were a short time ago.
He was helped by Marlies Bothmann, who
met with Johann regularly. The 68-year-old
former wholesale businesswoman is one of
600 volunteers in “MENTOR – die Leselernhelfer Hamburg e.V.”. Founded in Hanover
in 2003, the club has also been active in
Hamburg for six years. It cooperates closely
with the Hamburg schools. The Reading Aid
Fotos: Martin Brinckmann
Projekte
schon viel besser und flüssiger und es macht mir
volunteers work with children who have
auch mehr Spaß. Vor allem lese ich im Unterricht
reading and speaking disabilities. They often
mehr vor, was meine Lehrerin schon sehr positiv
come from households with low levels of
bemerkt hat. Sie sagt, ich sei jetzt offener und
education, or from immigrant families. The
selbstbewusster geworden.“ Das bestätigt die
method is based on working one-to-one. A
Mentorin: „Johann war schüchtern und zurückhalmentor devotes him/herself to one schooltend. Jetzt ist er in seiner ganzen Art freier geworchild, who has reading problems for various
den. Das hängt damit zusammen, dass wir uns
reasons. For about a year, they meet once a
immer mehr angenähert haben und uns langsam
week, to read together.
immer vertrauter geworden sind.“
Marlies Bothmann and Johann explain how
„Vertrauen schaffen“ ist ein wichtiges Schlagwort
they work together. At the beginning of the
bei den Leselernhelfern, die in Seminaren und
hour, the mentor and student talk about what
Fortbildungen spezifisch geschult werden. Auch
Johann did in the past week. Then they begin
Marlies Bothmann erläutert, dass nur in einer
to read. Today, the exciting fantasy story “Kraverständnisvollen und geduldigen Atmosphäre
bat” by Otfried Preussler is on the program.
Lesehemmungen ab- und Selbstbewusstsein aufFirst, Mrs. Bothmann reads out loud, while
gebaut werden können. „Mindestens eine Stunde
Johann reads along quietly to himself. Then
lang stehen die Schüler im Mittelpunkt und ernten
the boy takes the next passage. It is notable
die volle Aufmerksamkeit und Zuneigung eines
Erwachsenen. Für manche Kinder ist das etwas
ganz Besonderes.“ Bei den Grundschülern wird
die Lesestunde zusätzlich mit Spielen aufgelockert. „Wir sind allerdings keine Nachhilfelehrer“,
macht die Mentorin deutlich: „Deshalb fördern
wir auch frühestens ab der 2. Klasse, denn die
Erstklässler sollen ja erst mal in Grundzügen
lesen lernen.“
In Hamburg wurden bislang 1.700 Kinder durch
die Initiative betreut. Der Erfolg schlägt sich nicht
nur in der steigenden Nachfrage nieder, sondern
auch in öffentlicher Anerkennung. Zuletzt wurde
„MENTOR – die Leselernhelfer HAMBURG e.V.“
Marlies Bothmann unterstützt den 14-jährigen Johann.
mit dem „Deutschen Vorlesepreis“ in der Kategorie „Vorleseleistung des Jahres“ ausgezeichnet. Solche Auszeichnungen seien sehr wichtig,
that the mentor seldom interrupts the student,
sagt Marlies Bothman. Zum einen könnten die
even when he makes a mistake. Johann apPreisgelder zum Beispiel in Werbematerialien für
preciates that: “Mrs Bothmann lets me read,
die Initiative und in Bücher investiert werden. Zum
until I recognize the errors by myself and coranderen würden die ehrenamtlichen Mitarbeiter
rect them, or until I ask her. She doesn‘t jump
für ihre Leistungen belohnt und in ihrem Engagein, which I really find annoying, when
ment bestärkt. Denn natürlich ginge auch nicht
I am trying to concentrate”.
immer alles glatt: „Bei einigen Schülern würden
That is a really important point, Mrs Bothdie Mentoren am liebsten das Handtuch werfen.“
mann agrees: “Johann stays calmer if you
Marlies Bothmann hingegen hat von „ihren Kindon‘t interrupt him. He notices it himself, if
dern“ nur Positives zu berichten. An Johann zum
the word he read was wrong and it doesn‘t
Beispiel mag sie seine Feinfühligkeit und die Dismake sense in context. When he really does
kussionsfreude. Auch an eine junge Schülerin aus
not understand, he slides the book over to
Afghanistan erinnert sie sich gern. Sie konnte dem
me and then I tell him what is correct. That
Mädchen über eine unsichere Zeit hinweg helfen,
way we complement each other”. Time and
als es hin- und hergerissen war zwischen deutagain, Johann asks about particular word
scher und afghanischer Kultur und kaum Rückhalt
meanings, and sometimes he discusses the
von Elternhaus oder Mitschülern erhielt. Zu der
book‘s content with the mentor. For Marmittlerweile jungen Frau hat Marlies Bothmann
lies Bothmann, that is an important sign
immer noch Kontakt. Sie trifft sich ab und zu mit
that Johann has understood what he read.
ihr und konnte ihr einen Praktikumsplatz in einer
Other than that, the conversations develop
Arztpraxis vermitteln. Ihre Motivation zieht die
the boy‘s verbal capabilities and ability to
Mentorin aus der Dankbarkeit der Kinder: „Ohne
analyse text, explains the married mother of
übertreiben zu wollen, fahre ich oft von einer
an adult daughter.
Lesestunde mit Glücksgefühlen nach Hause. Alle
Although the year with the mentor has
Kinder, die ich betreut habe, waren am Ende des
passed, Johann absolutely wants to continue.
Lesejahres sehr dankbar und hätten am liebsten
“I already read much better and more fluentweitergemacht. Das gibt mir sehr, sehr viel. Das
ly, and it is much more fun for me. Above
geht einem so richtig an die Seele.“
all, I read out loud much more in class,
which my teacher sees very positively. She
says that I have now become more open and
self-confident”. The mentor confirms that:
“Johann was shy and held himself back.
Now he has become freer in every way. This
goes along with our having become closer
and grown to trust each other more”.
“Achieving trust” is an important watchword
for the Reading Aid volunteers, who are
specially trained in seminars and continuing
education. Marlies Bothmann explains that,
only in an understanding and patient atmosphere, can reading inhibitions be diminished
and self-confidence built up. “At least for an
hour, the students are the centre of things,
and get the full attention and devotion of an
adult. For many children, that is something
very special”. For primary school children,
the reading hour is made more relaxed with
play. “We are not private tutors”, the mentor
makes explicit. “Therefore we only offer help
in the second year at the earliest, because in
the first year, the children are supposed to
learn the basics of reading”.
In Hamburg, so far 1,700 children have
received guidance through this initiative. Its
success is not only reflected in the growing
numbers of applications, but also in public
recognition. Most recently, “MENTOR – die
Leselernhelfer Hamburg e.V.” has been
distinguished by “Der Deutsche Vorlesepreis
2010” in the category of “Reading Aloud
Achievement of the Year”. Such honours are
very important, Mrs Bothmann says. For one
thing, the prize money can be invested in
advertising material and books for the initiative. On the other hand, the volunteer workers are praised for their achievements and
this strengthens their commitment. Because,
naturally, things don‘t always go smoothly:
“With some of the students, the mentors
would prefer to throw in the towel”.
Marlies Bothmann, however, has only positive
things to report about “her children”. She likes
Johann‘s sensitivity and love of discussion.
She also happily remembers a young schoolgirl from Afghanistan. She was able to help
the girl through an uncertain time, when she
was torn between German and Afghan culture
and got hardly any backing from her parents
or fellow students. Mrs Bothmann still has
contact with the girl, who has meanwhile
grown into a young woman. She sometimes
meets her and was able to assist her in getting
a trainee position in a doctor‘s practice. Her
motivation is the children‘s gratitude: “Without wanting to exaggerate, I often drive
home from a reading hour feeling happy.
All the children whom I have advised were
very grateful at the end of the reading year
and would have very much preferred to keep
going. That gives me very great satisfaction.
It really touches your heart”.
75
Calmund
Fußballexperte Reiner Calmund unterstützt „Fit am
Ball“ und eigene gemeinnützige Projekte. Er fordert:
„Jedes Unternehmen
muss zu seiner sozialen
Verantwortung stehen!“
Reiner Calmund „Ich hatte eine schöne, aber
fühl zu zeigen. Das kann eine Initialzündung für
andere sein. ‚Fit am Ball’ unterstütze ich, weil hier
Leistungsfähigkeit und Bewegung gefördert werden
und gleichzeitig Kinder für wichtige Themen wie
die Hilfe für Schulen in Afrika sensibilisiert werden. In der Deutschen Sporthochschule Köln und
dem großzügigen Sponsor ‚funny-frisch’ haben
sich Partner gefunden, die perfekt passen. Ich bin
der Meinung, dass alle Unternehmen große soziale
Verantwortung besitzen und diese auch wahrnehmen müssen, es kann nicht nur um Umsatz und
Profit gehen. Wenn die Löhne bezahlt sind, alle
Innovationskosten, Investitionen in Forschung und
Entwicklung usw. beglichen, dann sollten vom
absoluten Reingewinn 20 bis 30 Prozent in gemeinnützige Projekte fließen, das ist meine Meinung!“
Football expert Reiner Calmund supports “Fit am
Ball” and his own charitable projects. He insists:
there are also holes in the social support network which have to be filled privately. With each
project, it is not just a matter of money, but also
a way to show solidarity and sympathy. They can
be a jump-start for others. I support ‘Fit am Ball’
because it promotes performance and exercise, and
at the same time children are made sensitive to
important issues such as helping schools in Africa.
The German Sports University in Cologne and the
generous sponsor ‘funny-frisch’ are perfect partners. I think that every corporation has big social
responsibilities and must take them seriously; you
cannot just be concerned with turnover and profits.
When the wages are paid, all innovation costs for
research and development etc are met, then 20 to
30 percent of clear profits should go to charitable
projects, that‘s my view!”
auch schwere Kindheit. Mein Vater starb, als ich
sechs Jahre alt war. Meine Mutter hatte drei Jobs
gleichzeitig, um die Familie durchzubringen: Als
Kellnerin, Putzfrau und Bürohilfe. Sie ist mein
Vorbild, weil sie mir zwei Dinge mitgegeben hat:
Immer Gas geben, damit die Kohlen stimmen und
etwas an Menschen abgeben, denen es unverschuldet schlecht geht. Deshalb unterstütze ich zum
Beispiel ein Waisenhaus in der thailändischen Stadt
Pattaya, eine Schule in der vietnamesischen Provinz Bac Giang und viele andere Initiativen. Auch
in Deutschland gibt es Löcher im sozialen Netz,
die von privater Seite geflickt werden müssen.
Es geht bei der einzelnen Aktion nicht nur ums
Geld, sondern auch darum, Solidarität und Mitge-
“Every company has to assume social responsibility!”
Reiner Calmund “I had a good, but also
difficult childhood. My father died when I was six.
My mother had three jobs at the same time, to support the family: as a waitress, cleaning woman and
office helper. She is my role model, because she
taught me two things: Always give your all, so the
money doesn‘t give out; and give something to those who have troubles that aren‘t their fault. So, for
example, I contribute to an orphanage in the Thai
city of Pattaya, a school in the Vietnamese province
of Bac Giang and many other causes. In Germany
Foto: Harald Stoffels
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Impressum
CSR*today
Verlag: JungesKoeln-Verlag OHG, Ursulaplatz 2, 50668 Köln
Herausgeber: Roland Stroese,
Intersnack Knabber-Gebäck GmbH & Co. KG, Köln
Redaktion: Harald Stoffels, SMC Koeln
Gestaltung: Hans Klein Grafik Design, Köln
Übersetzungen Deutsch-Englisch: Frank Lenz,
text2text sprachenservice, Köln
Schlussredaktion und Korrektur: Ulla Arens,
Tina Finsterbusch, Michaela Grahl
Autoren: Ulla Arens, Mathias Bellinghausen, Reiner Calmund,
Christine Gerstner, Denise Gorges, Torsten Mohr, Georg Larscheid,
Peter Palme, Harald Stoffels, Christiane Wirtz
Fotografen: Mathias Bellinghausen, Martin Brinckmann,
Jörg Carstensen, Frank Hempel, Hans Klein, Jens Koch, Martin
Lässig, Heinz Werner Lamberz, Stefan Menne, Hauke Niemann,
Marcus Scheidel, Harald Stoffels, Arslan Ufuk
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Druck: Welzel+Hardt GmbH, Wesseling
Vielen Dank für die Unterstützung mit technischem
Gerät und Outdoor-Ausrüstung an: Blackfoot Outdoor
Store GmbH in Köln, Garmin Deutschland GmbH in Gräfelfing,
Leica Camera AG in Solms.
Vielen Dank für die Unterstützung bei der „Fit am
Ball Africa“-Spendenwanderung AN: Deutsches Jugendherbergswerk in Detmold.
Besonderer Dank an: Alle Aktiven, Freunde und Förderer der
CSR-Projekte „Fit am Ball“ und „Der Deutsche Vorlesepreis“,
außerdem besonders an die Deutsche Sporthochschule Köln mit
dem Team des Projektbüros „Fit am Ball“, an Elena Tzavara und
die Kinderoper Köln, an Michael Trippel vom 1. FC Köln und an
Papa Malick Diouf von „Mama Afrika“.
CSR*today finden Sie auch im Internet:
www.csr-today.de
Calmund
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7. Oktober: Gala Der Deutsche Vorlesepreis 2011
Kinderoper Köln, Kartäuserwall 20.
www.derdeutschevorlesepreis.de