Konzept_Innenstadt_18März2013
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Konzept_Innenstadt_18März2013
Konzept Innenstadtentwicklung Stadt Homburg (Teil eines Masterplans) 18. März 2013 Prof. Dr. Marc Piazolo Allianz der Vernunft Oberbürgermeisterwahl Homburg 2014 INHALTSVERZEICHNIS VORWORT 2 EINLEITUNG 3 1. RAHMENBEDINGUNGEN FÜR DEN EINZELHANDEL 6 1|1 ALLGEMEINE ENTWICKLUNGSTRENDS FÜR HOMBURG 2|2 HANDLUNGSOPTIONEN FÜR DIE ANSIEDELUNG EINES EINKAUFSZENTRUMS IN DER INNENSTADT 6 9 2. AUSGANGSLAGE DES EINZELHANDELS IN HOMBURG 12 2|1 BEVÖLKERUNG, EINZUGSGEBIET UND KAUFKRAFT 2|2 EINZELHANDELSSTRUKTUR IN HOMBURG 12 14 3. EINKAUFSZENTRUM AUF DEM ENKLERPLATZ 15 3|1 ECE-CENTER (SCHLOSSBERG GALERIE) – DIE PLANUNG 3|2 WIRKUNGSANALYSE ZUM ECE- CENTER 17 18 4. ALTERNATIVEN FÜR DIE INNENSTADT 21 4|1 ANGEMESSENE DIMENSION DER EINZELHANDELSENTWICKLUNG 4|2 ALTERNATIVEN – MIT UND OHNE EINKAUFSZENTRUM 21 24 5. FAZIT UND WEITERFÜHRENDE SCHRITTE 31 LITERATURVERZEICHNIS 33 ANLAGEN 35 1 VORWORT Liebe Homburgerinnen und Homburger, seit mehr als zwei Jahren wird in der Öffentlichkeit die Ansiedelung eines großen Einkaufszentrums von ca. 18.200 qm Verkaufsfläche auf dem Enklerplatz kontrovers diskutiert. Eine sachgerechte und öffentlich geführte Diskussion mit den Bürgern der Stadt fand bislang kaum statt. Vielmehr sehen der Oberbürgermeister und die große Koalition die Kritik immer als eine Frage von „Alles oder Nichts“ an: Einem Investor (ECE), der auf die Stadt zukommt und rosige Zeiten verspricht, sind alle Steine aus dem Weg zu räumen. Keinesfalls ist sein Konzept zu hinterfragen. Die Stadt wollte daher das gesetzlich vorgeschriebene Raumordnungsverfahren umgehen und Ende 2011 schon Baurecht schaffen. Nach Intervention der Landesregierung wird, um Rechtsicherheit – auch für den potentiellen Investor – zu schaffen, seit Frühjahr 2012 an dem Raumordnungsverfahren gearbeitet. Die abschließenden Gutachten der Stadt und des Landes liegen aktuell noch nicht vor. Im Zuge der öffentlichen Diskussion bildeten sich erst die Arbeitsgemeinschaft Pro Homburg und im Sommer 2012 die Bürgerinitiative Homburger Wollen Mitsprache (HWM). Der Widerhall in der Bevölkerung für eine kleinere Zwei-Center-Lösung ist mit inzwischen 3.700 Unterschriften (Stand 15. März 2013) außerordentlich groß. Mit Blick auf die Kommunal- und Oberbürgermeisterwahlen im Juni 2014 gründete sich im Dezember 2012 die Allianz der Vernunft. Als breit aufgestellte bürgerliche Allianz wollen wir die Herausforderungen für die Stadt Homburg sachgerecht und problemorientiert angehen. Dabei stellen wir unsere Vorstellungen der Öffentlichkeit zur Diskussion. Ein offener Diskussionsprozess mit vielen Beteiligten und Betroffenen ist notwendig, um Ideen zu sammeln und die Akzeptanz für neue Innenstadtprojekte zu erhöhen. Gleichzeitig sollten wir aus Erfahrungen anderer Kommunen lernen und im Rahmen eines offenen Bieterwettbewerbs das beste Konzept für die Stadt Homburg auszuwählen. Dies halten wir für vernünftiger als ein von oben verordneter Blindflug mit einem „Monstercenter“. Ein solches Center wird voraussichtlich zu einer gewissen Verödung (höhere Leerstände) der Innenstadt führen. Unser Konzept zur Innenstadtentwicklung im Bereich des Einzelhandels ist der erste Baustein eines zukünftigen Masterplans für die Gesamtentwicklung Homburgs. Es gibt gangbare Alternativen zu einem „Monstercenter“ auf dem Enklerplatz. Unser Konzept bietet hierfür eine sachgerechte Diskussionsgrundlage. Kommen wir miteinander ins Gespräch und gestalten Sie mit uns gemeinsam die Stadt Homburg aktiv mit! Ihr Marc Piazolo OB-Kandidat für die Allianz der Vernunft 2 EINLEITUNG Die Kreisstadt Homburg ist eine von elf Mittelzentren im Saarland und nimmt durch die überproportional hohe Arbeitsplatzdichte eine besondere Stellung ein. Sie versorgt als Bildungs- und Wirtschaftszentrum die Bevölkerung mit Gütern und Dienstleistungen des gehobenen Bedarfs. Hierzu gehören öffentliche Einrichtungen, wie Landrats- und Finanzamt, die Bundesagentur für Arbeit, mehrere weiterführende Schulen bis hin zum Universitätsklinikum des Saarlandes. Mit kulturellen, freizeit- und sportlichen Einrichtungen wird die Zentrumsfunktion der Stadt gestärkt.1 Dadurch entfaltet Homburg seine regionale Anziehungskraft sowohl als Standort für Unternehmen und Arbeitsplätze als auch als Einkaufsstadt für die Bevölkerung des Umlandes. Als Standort muss sich Homburg im (über)regionalen Wettbewerb mit anderen Mittelzentren, wie Neunkirchen, der Landeshauptstadt Saarbrücken sowie – aufgrund seiner Grenzlage – mit Zweibrücken messen lassen. Die besondere Lage Homburgs legt die interkommunale Zusammenarbeit zwischen den Mittelzentren Blieskastel – Homburg – Zweibrücken nahe. Gerade in Zeiten klammer Haushaltslage fällt die Finanzierung öffentlicher Infrastruktureinrichtungen zur Sicherstellung der Versorgung der Bevölkerung immer schwerer. Folglich sollten sich Gemeinden enger abstimmen (Bauleit-, Rahmenplanung), Synergien ausloten und je nach Projekt auch über eine gemeinsame Finanzierung nachdenken.2 Die interkommunale Zusammenarbeit im Bereich der Schwimmbäder macht für die Gemeinden Bexbach, Homburg und Kirkel Sinn. Warum nicht ein gemeinsam abgestimmtes Bäderkonzept auf den Weg bringen? Der Standort Hinkelsbix für das geplante Kombibad wäre dann zu überdenken. Das bietet die Chance ein saarlandweites Modellprojekt anzustoßen. Lasst uns neue Wege gehen! Die Verwaltung kann in Zusammenarbeit mit den Gremien der Stadt, mit engagierten Bürgerinnen/Bürgern und eventuell mit seinen Nachbarkommunen den Rahmen für eine erfolgversprechende Stadtentwicklung festlegen. Einen solchen Rahmen bietet ein Masterplan für Homburg. An Versuchen, einen solchen Leitfaden für die Stadtentwicklung zu erstellen, hat es nicht gemangelt. In den letzten zehn Jahren hat die Stadt mehrere solcher Konzepte in Auftrag gegeben (Anlage 1). Der Schwerpunkt lag hierbei auf Märktekonzepten, die sich mit der Entwicklung des Einzelhandels beschäftigten. Isoplan (Dr. Schreiber) legte auch das aktuellste Gutachten (Dezember 2011) zur Enklerplatzbebauung durch ECE vor. Das Handbuch zur Stadtentwicklungsstrategie 2025 mit den acht Leitlinien und einem entsprechenden Maßnahmenkatalog verfolgt einen wesentlich breiteren Ansatz. Es kommt einem städtischen Masterplan zwar nahe, gibt den Diskussionsstand allerdings nur bis Ende 2009 wieder. Seitdem ist in Homburg einiges bewegt und vieles zur 1 2 Vgl. Saarland (2006) S. 972. Dies entspricht einer z.T. sehr konkreten Aufforderung der Landesregierung zur Zusammenarbeit zwischen Zweibrücken und Homburg [ Saarland (2006) S. 975 und S. 983f.]. 3 Diskussion gestellt. Im Bereich der Nahversorgung siedelten sich neue Märkte an, zuletzt Lidl und Edeka. Neue Planungen, wie z.B. ECE am Enklerplatz, Vauban-Carrée, Kombibad, Musikpark, Musikschule etc. tauchten auf. Ein Masterplan lebt von seiner Aktualität und seiner regelmäßigen periodischen Weiterentwicklung. Nur dann bietet er Handlungsalternativen für die Entscheidungsträger der Stadt. Gleichzeitig garantiert die Einbindung engagierter Bürgerinnen und Bürger, unterschiedlicher Interessengruppen und Vereine, dass die Vorschläge zur Stadtentwicklung transparent und ergebnisoffen diskutiert, fundiert dargestellt und dann breit akzeptiert werden. Das vorliegende Konzept zur Innenstadtentwicklung bietet einen Ausschnitt auf die Themenvielfalt der Handlungsfelder unserer Stadt Homburg. Es stellt die Ansichten und Vorschläge der Allianz der Vernunft vor. Damit wollen wir eine sachlich orientierte Diskussion mit der Öffentlichkeit, der Verwaltung und den politischen Entscheidungsträgern anstoßen. Wir wollen miteinander und nicht übereinander reden, um die Zukunft unserer Stadt im Rahmen einer modernen demokratischen Gesprächsund Entscheidungskultur anzupacken. Unser Focus liegt zunächst auf der Entwicklung der Innenstadt und des Einzelhandelangebotes der City Homburg. Eng damit verbunden ist jedoch auch die Verkehrs- und Parkplatzsituation in der Innenstadt. Daher werden diese beiden Bereiche ebenfalls angesprochen. Eine Stadt bzw. der Stadtrat gibt den Investoren und Gewerbetreibenden die innerstädtischen Rahmenbedingungen über die Bauleitplanung, das Baurecht oder auch Gestaltungssatzungen vor. Darüber hinaus kann sie durch den Besitz, Verkauf sowie die Verwendung eigener Grundstücke und Immobilien die Investitionsvorhaben direkt steuern und beeinflussen. Ein strategisches Grundstücksmanagement kann positive Entwicklungsanreize zu setzen. Die kommunale Tochter Homburger Stadtbus + Parkhaus GmbH (HPS) nimmt im Immobilienbereich inzwischen eine zentrale Rolle ein: Sie besitzt mehrere strategisch-bedeutsame Grundstücke in der Innenstadt (z.B. Vauban-Carrée, Uhlandstraße), da sie mit jährlichen Gewinnauszahlungen der Stadtwerke ausgestattet wird. Die sich damit bietenden Gestaltungsmöglichkeiten sollte die Stadt sinnvoll nutzen. Die Umsetzung sowie der Erfolg einzelner Projekte liegen hauptverantwortlich am Geschick der privaten Investoren und dem Engagement der Gewerbetreibenden. Mit Blick auf die Entwicklung des Einzelhandels muss jedoch nicht nur das Angebot attraktiv sein, sondern auch die Bürgerinnen und Bürger tragen durch ihre Akzeptanz als Verbraucher zum Erfolg bei. Zudem sind die allgemeinen gesellschaftlichen Trends, wie die Bedeutung des Internethandels und die demographische Entwicklung, zu berücksichtigen. Sie werden das künftige Bild der Handelsstrukturen vor Ort stark verändern. Ziel eines Entwicklungskonzeptes für die Innenstadt ist es, die Attraktivität der Innenstadt als Einkaufsort, als kulturelles und gesellschaftliches Zentrum sowie als gastronomischen Mittelpunkt unserer Stadt zu stärken. Homburg muss sich einem intensiven (über)regionalen Wettbewerb stellen. Dies gelingt am ehesten durch eine Vielfalt im 4 Angebot, einer hohen Unverwechselbarkeit und der Einzigartigkeit. Die Stadt muss zum Verweilen einladen. Wir sollten alles dafür tun, dass nicht nur die Homburger selbst, sondern auch die Menschen aus den angrenzenden Gemeinden gerne nach Homburg kommen. Vorgehensweise für das Konzept Innenstadtentwicklung Um zu erforschen, inwieweit die Einzelhandelsentwicklung hierzu einen Beitrag leisten kann, müssen wir zunächst einige Grundlagen näher beleuchten, die für unsere Stadt von Bedeutung sind. In Kapitel 1 sprechen wir die allgemeinen Rahmenbedingungen für den Einzelhandel und die grundsätzliche Vorgehensweise bei der Entwicklung eines Einzelhandelskonzeptes an. Kapitel 2 beschreibt die spezifische Ausgangslage des Einzelhandels in Homburg. Kapitel 3 stellt die Planung eines innerstädtischen Einkaufszentrums vor und diskutiert unterschiedliche Entwicklungsrisiken. In Kapitel 4 stellen wir alternative Einzelhandelsszenarien vor. Eine zusammenfassende Beurteilung der unterschiedlichen Risiken für die Innenstadt rundet unser Konzept ab. Dabei gehen wir u.a. auf die Verkehrs- und Parkplatzsituation ein und sprechen die weiteren Arbeitsschritte im Hinblick auf einen sich fortschreibenden Masterplan an. 5 1. RAHMENBEDINGUNGEN FÜR DEN EINZELHANDELS Die allgemeinen Rahmenbedingungen werden zu Beginn angesprochen. Im zweiten Abschnitt stellen wir Handlungsoptionen für die ideale Vorgehensweise bei der Entwicklung des Einzelhandels inklusive eines offenen Einkaufszentrums vor. 1|1 ALLGEMEINE ENTWICKLUNGSTRENDS FÜR HOMBURG Die Innenstadt Homburgs ist im Besonderen vom Einzelhandel geprägt. Damit führen Entwicklungen im Einzelhandel, wie Standortverlagerungen oder der Zuzug neuer Magnetbetriebe (C&A), auch zum Wandel der funktionalen Struktur und des Erscheinungsbilds einer Stadt. Eine für Homburg neue Angebotsform – ein großes innerstädtisches Einkaufszentrum – stellt die derzeit geplante Ansiedelung von ECE am Enklerplatz dar. Aufgrund von Größe und Besatz (Geschäftsausstattung) wird das Center den Strukturwandel im Einzelhandel Homburgs massiv beeinflussen. Wettbewerbsintensität nimmt durch Center und E-Commerce (Internethandel) zu Ein verstärkter Wettbewerb durch die Center-Ansiedelung kann positive Kräfte freisetzen, in dem Inhaber bestehender Geschäfte Neu- und Ersatzinvestitionen tätigen, um im Wettbewerb erfolgreich zu bestehen. Der Wettbewerb kann jedoch auch zur Geschäftsaufgabe zwingen und eine Verlagerung von Geschäften in das neue Center anregen. Letzteres betrifft insbesondere standortungebundene Filialisten (wie dm-markt, New Yorker), die in einem typischen Center anzufinden sind. Beide Entwicklungen führen zu einem deutlichen Anstieg des Leerstands im Bereich der ursprünglichen Geschäftsbestandsflächen. Alternativ werden diese Flächen anderswertig genutzt: es entsteht ein Trading-Down-Prozess durch „Ein Euro“ Läden oder die Vermietung an „Casinos“. Die Innenstadt Neunkirchens bietet mit seinem zunehmenden Leerstand Anschauungsunterricht der negativen Art.3 Dies gilt es für Homburg zu vermeiden! Die wachsende Bedeutung des Internets – E-Commerce – beeinflusst die generelle Entwicklung des Einzelhandels. Das Internet ist einerseits Konkurrenz zum stationären Einzelhandel, andererseits fungiert es als zusätzlicher Vertriebskanal. In 2012 nutzte etwas über 70% aller Kunden das Internet als Einkaufsquelle und der Umsatz lag mit knapp 30 Mrd. EUR so hoch wie nie zuvor – Tendenz steigend. Der Anteil am Gesamtumsatz des Einzelhandels lag noch bei unter 8 % (Anlagen 2-3).4 Allerdings liegt der Umsatzanteil für bestimmte Warengruppen, wie Bücher, Elektrogeräte, Bild- und Tonträger sowie Textilien mit bis zu 20 % bereits deutlich höher. Dieses Sortiment ist typisch für ein Stadtzentrum, so dass die Entwicklung des E-Commerce insbesondere den Einzelhandel der Innenstädte nachhaltig beeinflussen wird. Folglich wird ein Wandel der Einzelhandelsstruktur in Zukunft auch unabhängig von einer Center-Ansiedelung stattfinden.5 Der traditionelle Einzelhandel wird also zugleich vom zunehmenden Internethandel und einem möglichen Einkaufszentrum mit Vollsortimentierung bedrängt. 3 Vgl. SaarWirtschaft (2012) S. 23. Vgl. Sandhop, K. (2012) S. 269f. sowie www.statista.com (2013a und 2013b). 5 Vgl. Beckmann / Linnhoff (2012) S. 15-18. Unter Umständen gelingt es innerstädtischen Fachgeschäften, die gleichzeitig im Internet aktiv sind, sich Wettbewerbsvorteile zu erarbeiten, in dem Kunden ihre Ware 4 6 Verkaufsflächen wachsen, Umsatz stagniert Die Verkaufsflächen haben bundesweit in den 90er Jahren stark zugenommen (+ 42 %). Seit 2000 verläuft die Expansion aufgrund der Wachstumsschwäche der deutschen Volkswirtschaft deutlich abgeschwächt (bis 2010: + 12 %). Die Ursachen der Zunahme der Verkaufsflächen liegen in der Expansion großflächiger Fachmärkte mit überwiegend nicht-zentrenrelevanten Sortimenten, wie Bau- und Möbelmärkten sowie Lebensmitteldiscounter. Solche Fachmärkte finden sich üblicherweise – so auch in Homburg (u.a. Globus, Hela, Dehner, Netto, Lidl, Aldi) - an der Peripherie der Stadt. Ebenso haben die Entwicklung der Einkaufszentren und die Veränderung von Ladenkonzepten zur Erweiterung der Verkaufsflächen beigetragen. Die Entwicklung des Einzelhandelsumsatzes verlief dagegen wesentlich verhaltener (Abbildung 1). In den Jahren 2000-2012 nahm der Umsatz pro Jahr nur um 0,5 % zu. In Folge dessen ging die durchschnittliche Flächenproduktivität (Umsatz je qm) zurück. Abb. 1: Umsatzentwicklung im Einzelhandel (Deutschland, im engeren Sinn, in Mrd. EUR) 500 450 400 350 300 250 200 150 100 50 0 411,9 415,6 406,9 401,2 410 432,1 413,7 416,2 411,2 415,7 402,8 410,9 421,5 427,9 Quelle: www.statista.com (2013c) aus Statistisches Bundesamt, HDE mit Prognose 2013. Führt man beide Entwicklungstrends (Verkaufsflächen und Umsatz) zusammen, dann fand die Umsatzstagnation vorwiegend zu Lasten der Innenstädte statt. Für Städte unter 100.000 Einwohnern kam es in den letzten 20 Jahren im Durchschnitt zu einem Rückgang der Einzelhandelsumsätze. Ungünstige Aussichten für Wirtschaftswachstum und Demographie Blicken wir auf seriöse ökonomische Prognosen, dann ist aufgrund der Eurokrise in den nächsten zehn Jahren für die Bundesrepublik von einem geringen Wirtschaftswachstum (BIP real um 1-2 % p.a.) und Einkommenszuwächsen auszugehen. Gleichzeitig führt die demographische Entwicklung zu einem deutlichen Rückgang der Bevölkerung. Diesem Trend ist insbesondere das Saarland stark ausgesetzt – zwischen 2008 und 2030 wird die saarländische Bevölkerung um 14 % abnehmen; d.h. von 1.080.000 auf voraussichtlich 930.000 Einwohner. Gleichzeitig wird der Anteil der Älteren (über 65online bestellen und gleichen Tags ihre Ware im Laden selbst abholen. Selbst Center-Betreiber, wie ECE, denken über neue Angebotsmodelle nach (vgl. Handelsblatt 2013). 7 Jährige) drastisch zunehmen. Der Alterungsprozess schreitet damit für das Saarland im Vergleich zu den anderen Flächenländern der alten Bundesrepublik am schnellsten voran.6 Drang der Einkaufszentren in Mittelstädte wie Homburg Einkaufszentren als geplante Agglomeration (Zusammenballung) von Einzelhandelsgeschäften entstanden in den 1950er Jahren in den USA. In Deutschland liegt die Zahl der Einkaufszentren inzwischen bei über 400 (416 in 2008). Weitere 80 Projekte befinden sich in Planung und Umsetzung. Damit prägen die Center das Einzelhandelsgefüge vieler Städte – genau genommen fast aller Großstädte und inzwischen über 12 % der 508 Kommunen zwischen 20.-50.000 Einwohner.7 Da die Großstädte bereits ausreichend mit Einkaufszentren bestückt sind, drängen die Centerentwickler in die Mittelzentren, wie Homburg. In mittelbarer Nähe zu Homburg sind Einkaufszentren in Kaiserslautern (ECE), Pirmasens (PVS) und Völklingen geplant. Wie in Homburg handelt es sich dabei um Einkaufszentren in Innenstadtlage. Das Unternehmen ECE ist der unumstrittene Marktführer im Management von Einkaufszentren in Deutschland (89 Center; vgl. Anlage 4). Es unterhält sowohl das Saarpark-Center in Neunkirchen als auch die Europagalerie in Saarbrücken.8 Ein einheitliches Objektmanagement bildet die Grundlage für den Erfolg der Einkaufszentren. Die Gestaltung eines Centers, die Anordnung der Betriebe sowie der Branchen- und Mietermix werden auf die Bedürfnisse der Kunden abgestimmt. Daher sehen die Center oft identisch aus. Ein gemeinsamer Etat erlaubt standortbezogene Werbemaßnahmen und Inszenierungen von Events, um die öffentliche Aufmerksamkeit zu erhöhen. Neben den typisch geschlossenen Centern an Stadtrandlagen werden an innerstädtischen Standorten inzwischen auch offene Formate realisiert. Bei offenen Formaten sind mehrere Gebäude um einen öffentlichen Raum gruppiert und/oder die Geschäfte sind nach außen hin geöffnet.9 Offene Formate erlauben einen intensiveren Kundenaustausch mit den übrigen Geschäftslagen der Innenstadt.10 Der Wettbewerb nimmt durch Center-Ansiedelungen und Internethandel weiter zu. Ein Strukturwandel in der Innenstadt ist vorprogrammiert und muss konstruktiv begleitet werden. Auch ohne Center-Ansiedlung ist die Attraktivität der Homburger Innenstadt zu stärken. Der Einzelhandelsumsatz wird in den nächsten zwei Jahrzehnten aufgrund allgemeiner Wachstumsschwäche und einem Bevölkerungsrückgang – wenn überhaupt – nur moderat zunehmen. 6 Statistisches Bundesamt (2011) Tab. 2. Der Altenquotient – 65-Jährige und Ältere je 100 Personen zwischen 20 und unter 65 Jahren – springt für das Saarland von 37 auf 59 (in: Abb. 12). 7 Vgl. Beckmann / Linnhoff (2012) S.27ff – Stand 2008. 8 Das Saarpark-Center in Neunkirchen ist mit rd. 130 Fachgeschäften und einer Verkaufsfläche von 33.500 qm das größte Einkaufszentrum des Saarlandes. Die Europagalerie Saarbrücken umfasst 25.000 qm mit 110 Fachgeschäften. Beide Center werben mit einem sich überschneidenden Kundeneinzugsgebiet von rd. 1- 1.2 Mio. Konsumenten bei einem Anfahrtsweg von 30-45 Minuten zum Center (ECE 2012 S.3). 9 Vgl. Beckmann / Linnhoff (2012) S. 26. 10 Laut Staatsministerium des Innern (2003 S. 45) können sich geschlossenen Center als Einkaufsinseln, die speziell als Vollsortimenter nicht auf die Verbindung zur Innenstadt angewiesen sind, entwickeln. 8 Einkaufszentren streben in die noch „unbesetzten“ Innenstädte der Mittelstädte im Umkreis Homburgs. Die Gestaltung eines offenen Einkaufszentrums kann durchaus kompatibel zur gewachsenen Fach- und Einzelhandelsstruktur einer Innenstadt wie Homburg sein. 1|2 HANDLUNGSOPTIONEN FÜR DIE ANSIEDELUNG EINES EINKAUFSZENTRUMS IN DER INNENSTADT In einer aktuellen Aufbereitung einer Vielzahl von Studien zur Wirkung von Einkaufszentren in der Innenstadt werden Handlungsempfehlungen für die unterschiedlichen Akteure in dem Ansiedelungsprozess ausgesprochen.11 An dem nachfolgendem Phasenablauf lässt sich durch den Vergleich mit der Vorgehensweise der Stadt Homburg sehr gut darstellen, inwieweit die Stadt jetzt schon Risiken für die künftige Stadtentwicklung eingegangen ist. Zudem sind in Tabelle 1 auch die Aufgaben festgehalten, die von der Stadtverwaltung sowie den beteiligten Akteuren (allgemeine Öffentlichkeit, Gewerbetreibende, Vereine) noch abzuarbeiten wären. Tab. 1: Drei Phasen der kommunalen Befassung mit der Ansiedlung eines innerstädtischen Einkaufszentrums Stadt Homburg Kommunale Ausgangslage 1 Klärung der Zielsetzung der Innenstadtentwicklung: Wofür ein Einkaufszentrum? Akteure Städtebauliche Entwicklungskonzepte und Wirkungsprognosen teilweise erfüllt Kommunale Zielsetzung Nutzen verschiedener Ansiedlungsoptionen Zielkonflikte teilweise offen und nicht aktuell Gestaltung des Ansiedlungsprozesses Planung Einkaufszentrum: 2 3 Beteiligungsprozesse Kommunale Steuerung Bewertung der Ausgangslage Mit welcher Ausprägung in Funktion, Größe und Gestaltung? Indikatorenauswahl zur Ermittlung der ortsspezifischen Auswirkungen Begleitung in Bau und Betrieb: Kommunale Steuerungsinstrumente Wie kann eine positive Koexistenz von Innenstadt und Einkaufszentrum erreicht werden? Kommunale und private Initiativen zur Innenstadtentwicklung Funktionale und bauliche Ausprägung des Einkaufszentrums Funktionale Ausprägung der Innenstadt Bebauungsstrukturen der Innenstadt Bauleitplanung (Basis Einzelhandelskonzept) Einzelhandelsmonitoring Standortgemeinschaften Stadt- und Standortmarketing Quelle: Beckmann / Linnhoff (2012) S. 108; eigene Bewertung zu Homburg. 11 9 Vgl. Beckmann / Linnhoff (2012) 107ff. geringe Einbindung der Öffentlichkeit weitgehend noch offen offen teilweise vorhanden Von zentraler Bedeutung sind die Ausgangslage Homburgs (s. Kapitel 2) und die klare Zielsetzung der Stadtentwicklung bzw. Stadtentwicklungsplanung. Die Stadt Homburg hat unter Einbindung einer großen Anzahl an Beteiligten Leitlinien mit Handlungsansätzen erarbeitet und diese im Handbuch zur Stadtentwicklungsstrategie 2025 festgehalten.12 Allerdings gibt das Handbuch den Diskussionsstand 2008/2009 wieder. Zu diesem Zeitpunkt hatte ECE noch nicht bei der Stadtspitze „angeklopft“ und von einem großen Einkaufszentrum auf dem Enklerplatz war überhaupt keine Rede. Dies spiegeln die folgenden Auszüge zum Thema Einzelhandel wider. Leitlinie 3: Homburg steigert die Attraktivität der Innenstadt Der Einzelhandel in der Innenstadt soll gestärkt und Neuansiedelungen oder Verlagerungen sollen vorrangig in die City gelenkt werden. Die Aktivierung von Brachflächen, die Schließung von Baulücken in Randbereichen der Innenstadt sowie der Abbau von Leerständen haben Vorrang vor der Entwicklung auf der „grünen Wiese“.13 Handlungsansätze - Gestalterische Verbesserung Enklerplatz / Zweibrücker Tor Fachkonzept Innenstadt - Verdichtung der Einzelhandelsnutzung - Leerstandsmanagement14 Diese grundsätzlichen Aussagen haben aus unserer Sicht weiterhin Gültigkeit. Die Entwicklung am Zweibrücker Tor wird inzwischen erfolgreich umgesetzt. Eine Diskussion über die Ansiedlung eines Einkaufszentrums am Forum hatte vor zehn Jahren schon einmal stattgefunden. Damals war eine Größenordnung von 12.000 qm Verkaufsfläche für Lebensmittel, Textilien und Elektro geplant, begutachtet und letztlich nicht umgesetzt worden. 2004 hatte isoplan (Dr. Schreiber) die zusätzliche Generierung der Einzelhandelsumsätze speziell mit Blick auf den Bereich Textilien kritisch hinterfragt. 15 Bei Realisierung der Forumsbebauung hätte ein Magnetbetrieb am Enklerplatz aufgrund des begrenzten Kaufkraftvolumens keine Chance – so die Aussage von isoplan.16 Seit Herbst 2010 interessiert sich das Entwicklungs- und Managementunternehmen ECE für die Enklerplatzbebauung und lockt die Verantwortlichen mit einem Center-Projekt, das ein Investitionsvolumen von 90 Mio. EUR bei einer Verkaufsfläche von 20.000 qm umfassen soll. Daraufhin beauftragt die Verwaltung isoplan mit der Fortschreibung des Einzelhandelskonzeptes. Die vorläufigen Erkenntnisse werden im Mai 2011 präsentiert. Die Endfassung wurde im Dezember 2011 der Öffentlichkeit vorgestellt.17 12 Zu den Beteiligten gehörten Vertreter aus Stadtverwaltung, Politik (Stadt- und Ortsräte), Wirtschaft, Vereine und Verbände (FIRU / isoplan 2010 S. 5). 13 FIRU / isoplan (2010) S. 13. 14 FIRU / isoplan (2010) S. 21. 15 isoplan (2004) S. 52. Das Einkaufszentrum am Forum sollte zwischen Rathaus, Hallenbad und dem realisierten Hela-Baumarkt liegen. 16 isoplan (2004) S. 47f. und S. 56 17 isoplan (2011a, 2011b). 10 Aus Sicht des Oberbürgermeisters Karlheinz Schöner sollte die Fortschreibung des Einzelhandelskonzeptes als Grundlage für die Entscheidungen im Stadtrat zu den erforderlichen Grundstücksverkäufen und der Schaffung von Baurecht am Enklerplatz dienen. Das Verträglichkeitsgutachten im Rahmen des gesetzlich vorgeschriebenen Raumordnungsverfahrens – auf das Dr. Schreiber in seinem Gutachten mehrfach hinweist18 – wollte der Oberbürgermeister umgehen. Die Landesregierung hielt jedoch an der Verträglichkeitsprüfung - zumindest gegenüber den Nachbarkommunen – im Rahmen eines „abgespeckten“ Raumordnungsverfahrens fest.19 Für die Ansiedlung großflächiger Einzelhandelseinrichtungen über 5.000 qm Verkaufsfläche ist in der Regel die Durchführung eines Raumordnungsverfahrens erforderlich. Die Entscheidung hierüber obliegt der Landesplanungsbehörde.20 Es ist äußerst nachlässig, dass die Verträglichkeit des ECE-Centers auf die Einzelhandelsbetriebe der Homburger Innenstadt von Dr. Schreiber (isoplan 2011 S. 59) überhaupt nicht geschätzt oder berechnet wird. Der Gutachter des Märktekonzeptes trifft – ungeprüft – einfach die Annahme, dass sich nicht mehr als 10 % des Einzelhandelsumsatzes der Innenstadt ins Center verlagern würden. Das im Frühjahr 2012 in Auftrag gegebene Lademann-Gutachten wiederum legt seinen Schwerpunkt ebenfalls nicht auf die Innenstadtverträglichkeit.21 Positive Beispiele für Mittelstädte der Region für Verträglichkeitsgutachten, die auch mit unterschiedlichen Entwicklungsszenarien arbeiten und diese abwägen, finden sich für die Stadtgalerie Pirmasens und das City-Center Völklingen.22 Merzig und Völklingen haben zudem vorbildlich und erfolgreich ein Raumordnungsverfahren mit der saarländischen Landesentwicklungsplanung durchgeführt.23 Mit dem Handbuch zur Stadtentwicklungsstrategie 2025 (Stand 2009) verfügt die Stadt grundsätzlich über das richtige Instrumentarium. Die Aktualisierung dieses Handbuches – bzw. eines darauf aufbauenden Masterplans – sollte nun folgen. Aufgrund der aktuellen Entwicklungen – Umsetzung im Bereich der Nahversorgung (Mannlichstraße, Lidl, Netto am Forum), und den geplanten Vorhaben, wie ECECenter und Vauban-Carrée – ist dies ein gravierendes Defizit. Die Vorgehensweise der Verwaltung – gutachterliche Rechtfertigung einer konkreten Projektplanung (ECE-Center) – ist nachlässig und nicht zielführend für die Gesamtentwicklung der Stadt. Umso wichtiger sind die enge Einbindung der Öffentlichkeit sowie die Abwägung unterschiedlicher Entwicklungsszenarien. 18 isoplan (2011b) z.B. S. 14. Hier verweist Dr. Schreiber auf Saarland (2006) S. 992. Am 25. Januar 2012 wurde zwischen der Landesplanungsbehörde und der Stadt Homburg vereinbart, eine interkommunale Raumverträglichkeitsprüfung durchzuführen. Dabei geht es vorliegend um die Auswirkungen der Planung Homburgs auf die Nachbarzentren Neunkirchen, St. Ingbert und Blieskastel (Landtag des Saarlandes 2012 S. 1 und 3). 20 Saarland (2006) S. 992. 21 Zwischen Dr. Lademann & Partner und ECE bestehen vielfältige geschäftliche Kontakte: so ist Dr. Lademann Mitglied im German Council of Shopping Centers (im Vorstand sitzt ein Direktor von ECE) und Mitglied in der Stiftung „Lebendige Stadt“. Die Stiftung wurde von Alexander Otto, Vorsitzender der Geschäftsführung von ECE, gegründet. 22 CIMA (2011) für Pirmasens und CIMA (2010) für Völklingen. 23 Landtag des Saarlandes (2012) S. 3. 19 11 2. AUSGANGSLAGE DES EINZELHANDELS IN HOMBURG Bevor die Ausgangslage des Einzelhandels in seiner Struktur und Verteilung im Stadtgebiet vorgestellt wird, gehen wir kurz auf das Einzugsgebiet, die Bevölkerung und die damit verbundene Kaufkraft von Homburg ein. 2|1 BEVÖLKERUNG, EINZUGSGEBIET UND KAUFKRAFT Aufgrund der räumlichen Nähe zu benachbarten Mittel- und Oberzentren ist das Einzugsgebiet Homburgs als Mittelzentrum gemeinsam mit der Stadt Bexbach und der Gemeinde Kirkel nicht nur flächenmäßig relativ klein. Die Bevölkerung lag Ende 2011 bei 71.689 Einwohnern, davon waren 43.724 in Homburg wohnhaft. Der mittelfristige Rückgang der Bevölkerung wird in Tabelle 2 ersichtlich. Der Rückgang fällt in der Kreisstadt Homburg etwas geringer aus als in seinem Einzugsgebiet und im Saarland allgemein.24 Tab. 2: Bevölkerungsentwicklung 2005 - 2030 Gemeinde Einwohner Veränderung Einwohner 31.12.2005 31.12.2011 2005-2011 2030 Homburg 44.307 43.724 - 1,3 % 35.600 - 38.700 Kirkel 10.286 9.994 - 2,8 % 8.000 - 8.850 Bexbach 18.891 18.006 - 5,3 % 14.000 - 15.900 Summe 73.574 71.689 - 2,6 % 57.600 - 63.450 Quelle: Statistisches Amt Saarland (2012a) S. 9; Schreiber (2011b) S. 12ff; eigene Prognose. Eine wirtschaftliche Stärke der Stadt Homburg stellt die hohe Zahl an sozialversicherungspflichtigen Beschäftigten dar. Ende 2011 waren es 30.994 Beschäftigte.25 Im Verhältnis zur Bevölkerung liegt damit Homburg nach Saarlouis landesweit an zweiter Stelle. Entsprechend ist auch die Zahl der Einpendler mit knapp 16.000 Beschäftigten relativ hoch. Neben den verkehrspolitischen Herausforderungen stellt die hohe Zahl an Einpendlern ein gewisses Potential für den Zuwachs an Kaufkraftbindung dar. Gesamtes Einzugsgebiet Mit den zwei weiteren Mittelzentren, Blieskastel und Zweibrücken, bildet Homburg einen recht abgerundeten Wirtschaftsraum, der zudem in den Landkreis Kusel ausstrahlt.26 Zusammengenommen haben alle Gemeinden dieses Einzugsgebietes Homburgs eine Bevölkerung von 180.500 Einwohnern (2010). Davon orientieren sich rd. 110.000 Einwohner nach Homburg (Schreiber 2011b S. 41). Entsprechend der allgemeinen 24 In Homburg kommen noch ca. 600 Studierende mit Zweitwohnsitz als Einwohner hinzu. Sie fallen jedoch wirtschaftlich kaum ins Gewicht. 25 Statistisches Amt Saarland (2012b) S. 37. 26 Die Landesentwicklungsplanung spricht von einem besonderen Handlungsraum Homburg – Zweibrücken. Sie empfiehlt zudem die Kooperation zwischen den Kommunen Blieskastel – Homburg – Zweibrücken. Saarland (2006) S. 975 und S. 982f.. 12 Bevölkerungsentwicklung ist jedoch damit zu rechnen, dass bis 2030 die einzelhandelsrelevante Einwohnerzahl um 10 – 20 % abnehmen wird. Kaufkraft – Umsatz 374 Mio. EUR und Potenzial bei 574 Mio. EUR (2011) Die einzelhandelsrelevante Kaufkraft allein der Homburger Bevölkerung liegt 2011 gemäß der Gesellschaft für Konsumforschung bei 225 Mio. EUR. Pro Person sind dies 5.173 EUR und damit leicht höher als der Landesdurchschnitt. Innerhalb der Jahre 20052011 ist die absolut verfügbare Kaufkraft um 12 Mio. EUR (+ 5,7 %) gestiegen.27 Der Umsatz des Einzelhandels liegt aufgrund der mittelzentralen Funktion der Stadt Homburg gegenüber der Kaufkraft seiner Bevölkerung mit 374 Mio. EUR deutlich höher. Durch die Attraktivität des Angebots übersteigt der Umsatz die Kaufkraft Homburgs um 149 Mio. EUR bzw. um 66 %. Die sogenannte Einzelhandelszentralität liegt somit bei 178 %; die Stadt befindet sich damit weit über dem Durchschnitt saarländischer Mittelstädte. Homburg bindet also jetzt schon – in Relation zur eigenen Kaufkraft – mehr Kaufkraft aus seinem regionalen Umfeld als Neunkirchen oder Saarbrücken. Demgegenüber schätzt Schreiber (2011b) für das Homburger Einzugsgebiet ein einzelhandelsrelevantes Kaufkraftpotenzial von 574 Mio. EUR (603 Mio. EUR inkl. Potenzialreserve). Davon werden momentan 2/3 tatsächlich abgeschöpft (s. Anlage 5). Die inzwischen fertig gestellten Märkte der Nahversorgung (E-Center Mannlichstraße, LIDL und NETTO als Lebensmitteldiscounter am Forum sowie die Planungen des Vorhabens „An der Sandrennbahn“ werden laut Schreiber (2011b S. 45ff.) den Einzelhandelsumsatz auf 380 Mio. EUR erhöhen. Die gesamte Verkaufsfläche von Innenstadt und Peripherie wird sich demnach auf knapp 140.000 qm erhöhen. Im Vergleich zu den beiden vorangegangen Untersuchungen ist der Umsatz des Einzelhandels seit 2003 zurückgegangen: In 2003 lag er bei 432 Mio. EUR und im Jahr 2006 bei geschätzten 382 Mio. EUR. In beiden Untersuchungsjahren lagen jedoch die Verkaufsflächen um einiges niedriger als in 2011; folglich ist die Flächenproduktivität in den letzten zehn Jahren deutlich gesunken.28 Im Zeitraum 2003-2011 ist der Umsatz des Einzelhandels in Homburg trotz deutlicher Ausweitung der Verkaufsfläche rückläufig. Seit 2006 hat er sich stabilisiert. Die demographische Entwicklung wird real zu einem verstärkten Rückgang der einzelhandelsrelevanten Kaufkraft führen: Alleine bis 2020 könnten dies laut Schreiber (2006 S. 50) bei einem Kaufkraftpotential von 542 Mio. EUR (2006) bis zu 57 Mio. EUR p.a. sein. Entsprechend empfiehlt er die Reduzierung der Gesamtverkaufsfläche um 10.000 qm und in der Innenstadt um mindestens 2.500 qm. 27 28 In Schreiber (2011b) S. 35. Die Verkaufsfläche des Einzelhandels in Homburg lag 2003 bei 116.761 qm (isoplan 2004 S. 14f); in 2006 maß Schreiber (2006 S. 26f.) die Verkaufsfläche auf 114.508 qm – in 2011 waren es 131.719 qm (Schreiber 2011b S. 43). 13 2|2 EINZELHANDELSSTRUKTUR IN HOMBURG Die Struktur des Einzelhandels in Homburg beruht auf den „Sünden“ der Vergangenheit: großflächige Einzelhandelsbetriebe, wie Fach- und Verbrauchermärkte, liegen an der Peripherie bzw. an nicht integrierten Standorten (z.B. Globus), während die Bedeutung der Innenstadt für den Einzelhandel eine etwas untergeordnete Rolle spielt. In 2011 lag der Anteil der City an der Gesamtverkaufsfläche bei 20 %, am Umsatz mit 85 Mio. EUR bei 23 % (vgl. Abbildung 2 und Anlage 6).29 Die Ansiedlung von Globus bzw. Blitz in Einöd liegt jedoch auch in der zentralen Lage zwischen den beiden Kreisstädten Homburg und Zweibrücken begründet. Der von der Stadtspitze immer wieder geäußerte Wunsch einer Verlagerung dieser Fach- und Verbrauchermärkte auf das stadtnahe DSD-Gelände ist aus Sicht des Unternehmens deshalb wenig attraktiv. Im Gegenteil – ALPHATECC wird den Standort Einöd (Blitz) nach Presseberichten (2013) mittelfristig aufgeben. Abb. 2: Einzelhandelsstandorte in Homburg (Verkaufsflächen und z.T. Umsatz) ECE E-Center; VKF 4.580 m²; Umsatz: 16 Mio. € VKF 18.200 m² Umsatz: 64 Mio. € Umsatz: 85 Mio. € Truppacher Höhe Innenstadt Zweibrücken VKF 13.370 m²; Umsatz: 63 Mio. € Gegenüber den Style Outlets ist ein Fachmärktezentrum mit ca. 28.000 m² geplant. Die Ausstattung ist mit Möbel, Baumarkt, Raumausstattung, Fahrrädern und Blumen vorgesehen. (Salzmann 2013) STYLE OUTLETS Zweibrücken: VKF 20.520 m²; Umsatz: 118 Mio. € Truppacher Höhe (geplant) VKF von ca. 28.000 m² Ergänzungen M. Piazolo (2012) K. Schreiber, Einzelhandelskonzept Homburg (2011b) S. 57/71 CIMA Verträglichkeitsgutachten PIRMASENS (2011) S. 37ff. 29 Dies sind nicht innenstadtrelevante Sortimente. Sie stellen keine direkte Konkurrenz zur City Homburg dar. Vgl. Schreiber (2011b) S. 43. 2006 lag der Einzelhandelsumsatz der City noch bei knapp 98 Mio. EUR (Schreiber 2006 S. 41). 14 Auf die Stadtrandlagen konzentriert sich der Hauptteil des Einzelhandelsumsatzes. Eine teilweise Rückverlagerung in die Innenstadt kann durchaus sinnvoll sein. Hierzu bieten sich die Elektrofachmärkte ProMarkt oder ALPHATECC an. Mit Zweibrücken besteht ein gemeinsamer Handlungsraum. Um einen ruinösen Wettbewerb zu begrenzen, ist eine engere kommunale Kooperation in der Planung von Einzelhandelsvorhaben sinnvoll (Ausweisung Gewerbegebiete). Dies erleichtert auch die Planung von Infrastrukturmaßnahmen für kundenbedingte Verkehrsströme (ÖPNV, Straßenführung, Revitalisierung der Bahnstrecke HOMZW). Bilder: M. Piazolo (2013) 3. EINKAUFSZENTRUM AUF DEM ENKLERPLATZ Der Enklerplatz ist die größte Erweiterungsfläche für die Innenstadt von Homburg. Aktuell wird der Platz am östlichen Ende der Talstraße als Parkplatz für bis zu 400 PKW genutzt – und gemessen an seiner guten Frequentierung auch benötigt. Ein innenstadtnahes Einkaufszentrum in einem Gebäudekomplex wäre in der vorgesehenen Größenordnung von 18.-20.000 qm Verkaufsfläche nur an diesem Standort realisierbar. Aus strategischer Sicht wurde schon in den Märktekonzepten der Jahre 2004 und 2006 sowie in den Leitlinien und Handlungsansätzen der Stadt, die Entwicklung des Enklerplatzes als zielführend für die Steigerung der Attraktivität der Innenstadt erachtet. Hierüber herrscht ein breiter Konsens in Verwaltung, Öffentlichkeit und Politik. Ein Magnetbetrieb wäre … als Abschluss der City nach Osten wünschenswert. (Schreiber 2006 S. 77) Ein Magnetbetrieb kann ein einzelner großer Anbieter oder ein Einkaufszentrum sein, das aufgrund seines attraktiven Angebots Kundenströme in bedeutendem Umfang anzieht. In 15 dem aktuellen Gutachten 2011 greift Dr. Schreiber dies mit der sogenannten Knochenlösung auf (Abbildung 3).30 Abb. 3: Analyse und Entwicklungspotentiale der Innenstadt Edeka-Center Mannlichstraße Wohn- und VKF 4.580 m²; Gesch.-Bebauung Umsatz ca. 16 Mio. € K. Schreiber, Einzelhandelskonzept Homburg (2011a) GMA, Auswirkungsanalyse Homburg Mannlichstraße (2009) Gegenüber dem Jahr 2006 kam es - trotz Zuzug von H&M – zu einer Verkleinerung der 1A-Lagen in der Innenstadt. Das Saarpfalz-Center und weite Teile der Eisenbahnstraße entwickelten sich hin zu 1B-Lagen.31 Um diesen Trend umzukehren wird empfohlen, zwei Magnete am westlichen und östlichen Ende der Talstraße (Enklerplatz und SaarpfalzCenter/Vauban-Carrèe) anzusiedeln oder mit Blick auf das Saarpfalz-Center durch eine Renovierung aufzuwerten. Sortiment Mit Blick auf das Sortiment sieht der Gutachter Lücken im qualitativ höherwertigen Bereich von Bekleidung, Schuhe, Lederwaren, Uhren/Schmuck, Einrichtungsbedarf und persönlichem Bedarf. Zudem fehle ein qualitätsvolles Lebensmittelangebot. Auch sollte das Einkaufen für die Kunden zum Erlebnis werden, in dem ein attraktives Ambiente mit hoher Aufenthaltsqualität geboten wird.32 30 Die Bezeichnung „Knochenlösung“ verwenden OB Schöner und Herr Schreiber (2011b S. 63). Vgl. Karte 9 in Schreiber (2006) S. 63. 32 Schreiber (2011a) Folie 14. 31 16 Quelle: ECE-Projektplanung in: Neuheisel (2013) 3|1 ECE-CENTER (SCHLOSSBERG GALERIE) – DIE PLANUNG In dem Einzelhandelskonzept (2011b) geht Dr. Schreiber von einer Gesamtnutzfläche von 20.000 qm aus: 18.200 qm reine Verkaufsfläche und 1.800 qm für Gastronomie und Dienstleistungen. Das Sortiment bzw. der Besatz weisen die für ein in sich geschlossenes Innenstadt-Center typische Struktur als Vollsortimenter auf. In Schreiber (2011a) fehlt jedoch die sortimentsgenaue Analyse für eine gezielte innerstädtische Weiterentwicklung des Warenangebotes.33 Aus Sicht des Center-Managers sollen die Kunden in dem Center das gesamte zentrenrelvante Sortiment finden. Als Ankermieter sind ein Elektrofachmarkt und ein Lebensmittelvollsortimenter (je 3.000 qm) vorgesehen, ergänzt durch mehrere kleinteilige Bekleidungsgeschäfte, Schuhgeschäfte und einen Drogeriemarkt. Aufgrund der großen Gesamtverkaufsfläche für Bekleidung (8.000 qm) wäre auch ein Ankermieter in diesem Segment denkbar.34 Tab. 3: ECE-Center (Modell) – Verkaufsfläche und Umsatz Warengruppe Verkaufsfläche Umsatzerwartung Verlagerung Umverteilung Zuflüsse Umland qm Mio. € Mio. € Mio. € Mio. € Nahrungsmittel Gesundheit Σ periodischer Bedarf 3.000 800 3.800 11,4 3,2 14,6 0,1 0,2 0,3 7,3 2,0 9,3 4,0 1,0 5,0 Bekleidung Schuhe, Leder Technik (Elektro) Haushalt Einrichtung Σ aperiodischer Bedarf 8.000 2.000 3.000 1.000 400 14.400 26,4 6,0 12,0 3,6 1,4 49,4 4,3 1,1 12,0 0,7 0,0 18,1 4,5 0,4 0,0 2,2 0,5 7,6 17,6 4,5 0,0 0,7 0,9 23,7 Summe 18.200 64,0 18,4 16,9 28,7 Anteil Innenstadt 69,3% 75,1% 21,6% 19,9% 33,7% Quelle: Vgl. Schreiber (2011b) Tabelle 22 und 24 ; Anteile Innenstadt – eigene Berechnung. 33 34 Vgl. Föhrer / Schuder (2011) S. 3. Vgl. Schreiber (2011b) S. 55-57. Diese Umsatzverteilung ist typisch für ein Innenstadtcenter, z.B. Stadtgalerie Pirmasens, CIMA (2011) S. 59. 17 Tabelle 3 stellt die angedachte Verkaufsfläche, der Umsatz und dessen Ursprungsquellen des ECE-Centers dar. Der erwartete Gesamtumsatz von 64 Mio. € speist sich aus drei Quellen: der Verlagerung bestehender Geschäfte innerhalb Homburgs, der Umverteilung der Kaufkraft zu Lasten bestehenden Einzelhandels sowie die zusätzliche Kaufkraft aus der Region (Umland). Dr. Schreiber trifft bei seiner Umsatzerwartung dabei folgende zentrale Annahmen:35 (1) Einer der drei Elektrofachmärkte wird in das Center wechseln (12 Mio. €). (2) Die Hälfte der Filialisten in der City wechseln in das Center (ca. 5-6 Mio. €). (3) Der Umsatz der Innenstadtgeschäfte, deren Sortiment mit dem City-Sortiment vergleichbar ist, geht um 10% zurück (ca. 7-8 Mio. €). Bei diesen Annahmen ist zu berücksichtigen, dass eine Verlagerung bestehender Einzelhandelsbetriebe der Innenstadt in das neue Einkaufszentrum am Enklerplatz Leerstände oder zumindest einen Trading-Down-Effekt in den bestehenden Lagen verursachen wird. Da der Einzelhandel der Innenstadt nur 23 % des Gesamtumsatzes von Homburg ausmacht, hatten die älteren Märktekonzepte sowie die Leitlinien der Stadtentwicklung festgehalten, dass es Ziel sei, den Einzelhandel von der Peripherie in die Innenstadt zu verlagern. 3|2 WIRKUNGSANALYSE ZUM ECE-CENTER Verträglichkeit einfach nur angenommen – nicht ermittelt! Grundsätzlich muss die Planung eines Einkaufzentrums von einem Verträglichkeitsgutachten (> 5.000 qm Verkaufsfläche) begleitet werden. Fließt mehr als 10 % des Umsatzes aus bestehenden Geschäften der Innenstadt ins Center, dann kann der Bau des Centers u.U. gerichtlich gestoppt werden. Dr. Schreiber ermittelt jedoch nicht die Höhe der Umsatzverlagerung, sondern er nimmt sie einfach als gegeben hin – und zwar mit den maximal zulässigen 10 %. Folglich bestätigt er die Innenstadtverträglichkeit, indem er sie in seiner Annahme genauso festsetzt. Dies widerspricht methodisch der gängigen Vorgehensweise: es müsste sogar nach Warengruppen getrennt eine Analyse der Auswirkungen der Besatzgröße im Center auf die bestehenden Einzelhandelsbetriebe der Innenstadt – als best- und worst-case-Senarien – durchgeführt werden. Die Stadt Homburg hat jedoch kein ausdrückliches Verträglichkeitsgutachten in Auftrag gegeben, sondern nur die Fortschreibung des Märktekonzeptes – ein fahrlässiges Versäumnis. Es gibt allerdings noch mehr Ungereimtheiten: Isoplan (2011) erstellte in 2011 auch für die Stadt Bexbach ein Einzelhandelsgutachten. Bei der Vorstellung im Stadtrat äußerte Dr. Schreiber sich folgendermaßen: „Wenn in Homburg eine Einkaufsgalerie steht, könnten 7 Mio. € Kaufkraft aus Bexbach abfließen.“ Im Homburger-Gutachten werden nur 1,4 Mio. € (Schreiber 2011b S. 60) angeführt! Der Kaufkraftverlust von 7 Mio. € entspricht im Übrigen genau 10 % des Umsatzvolumens der Bexbacher Innenstadt. 35 Schreiber (2011b) S. 56-57; er trifft noch weitere vier kleinere Annahmen. 18 Umsatzverlagerung aus der Peripherie – Bewerkstelligung jedoch ungewiss Die 18 Mio. € an Umsatzverlagerung aus der Peripherie Homburgs in das Center beruhen größtenteils auf einer einfachen Annahme: Ein Elektromarkt – gemäß Umsatzannahmen von 12 Mio. € könnte dies nur ALPHATECC sein - soll überzeugt werden, in das ECECenter überzusiedeln. Wie dies praktisch zu gewährleisten ist, bleibt offen. Rechtlich hat die Stadt keinerlei Handhabe bestimmte Unternehmen in das Center zu beordern, bzw. anderen Unternehmen den Umzug ins ECE zu verbieten. Sollten Saturn (statt dem verschwisterten Media Markt), H&M, P&C oder die BrinkmannMode ins ECE einziehen, dann kommt es automatisch zu einer zusätzlichen innenstadtrelevanten Umsatzverlagerung von 10-16 Mio. €. Das Center wäre damit selbst nach der „Methode Schreiber“ nicht mehr innenstadtverträglich. Mit Media-Markt hat ECE laut eigenen Angaben 2012 schon Verhandlungen aufgenommen.36 Saturn ist ein typischer Ankermieter von ECE-Centern. Nebenaspekt – Stellplatzangebot für PKW (Parkplätze) Das Stellplatzangebot eines geschlossenen innerstädtischen Einkaufszentrums kann durch eine Begrenzung des Angebots im Zentrum zu einer besseren Integration beitragen. Je größer das angeschlossene Parkhaus ist, desto autonomer ist das Center mit negativen Folgen für den bisherigen innerstädtischen Einzelhandel. Für ein großes Center mit 18.200 qm ergibt dies maximal 260 Stellplätze (70 qm Verkaufsfläche je Stellplatz) – deutlich weniger als aktuell am Enklerplatz bereitgestellt sind. Gleichzeitig bedarf es einer effizienten Parkraumbewirtschaftung innerhalb der gesamten Innenstadt.37 Schreiber (2011b) äußert sich hierzu nur am Rande. Mehrere Szenarien testen Es ist üblich mehr, als nur ein einziges Szenario zu überdenken. Das hat Herr Schreiber nach eigener Aussage nicht getan. Als Grundlage für weitere Szenarien bieten sich vor allem die Entwicklung des Vauban-Carrées und die Verlagerungen der angeführten Firmen aus dem Saarpfalz-Center in das ECE an. Unterschiedliche Flächenproduktivitäten wären ebenso ansetzen. Methodisch korrekte Verträglichkeitsgutachten schätzen die Umsatzumverteilung je Sortimentsklasse und unter verschiedenen Szenarien – so z.B. zu Völklingen oder Pirmasens. Dann werden Obergrenzen für die jeweiligen Verkaufsflächen festgelegt.38 Damit wird die Entscheidung (Pro oder Contra) auf eine fundiertere Basis gestellt. Trifft der Stadtrat eine Fehlentscheidung, dann gibt es kein Zurück mehr. Die Augen vor unterschiedlichen Szenarien und Eintrittswahrscheinlichkeiten zu verschließen ist fahrlässig! Wir wollen das Risiko der Verödung bestehender Geschäftslagen möglichst klein halten. Hierbei ist Lademann (2011, S. 224) durchaus zuzustimmen, dass die Einzelhandelsentwicklung auf der Basis einer Nulllösung – d.h. es wird kein Einkaufszentrum gebaut bzw. die einzelhandelsrelevante Verkaufsfläche entwickelt sich 36 ECE-Projektmanager K. Volquardsen in: Neuheisel (2012). Vgl. Junker et al. (2011) S. 36-37. 38 Vgl. für Pirmasens CIMA (2011) Kapitel 6.3 und für Völklingen CIMA (2010) Kapitel 6.4. Es jedoch zu berücksichtigen, dass die Stadt Homburg 37 19 nicht erheblich weiter – als Alternativszenario ebenso geprüft werden sollte. „Jede Therapie sollte erst beginnen, wenn eine gründliche und belastbare Diagnose vorliegt. Ein Shoppingcenter in der richtigen, also marktgerechten `Dosierung` kann … ein Heilmittel gegen eine Sogkraft von Städten sein.“39 Es kann ein Heilmittel sein, muss es aber nicht! Zur Verwirrung der Situation trägt zusätzlich bei, dass in den Gutachten sich gegenseitig widersprechende Handlungsempfehlungen zu finden sind. Dr. Schreiber hatte in 2006 ein Märktekonzept für die Kreisstadt Homburg vorgelegt und mit keinem Wort ein Shopping Center gefordert. Es kommt noch deutlicher: „Eine Kompensation der Verluste“ (aufgrund des Bevölkerungsrückgangs bis 2020 um 9 %) „durch eine stärkere Kaufkraftbindung ist … unwahrscheinlich. Mittelfristig werden somit mindestens 10 % der verfügbaren einzelhandelsrelevanten Kaufkraft entfallen. Bei gleichbleibender Flächenproduktivität müsste die Gesamtverkaufsfläche in Homburg damit um mehr als 10.000 m² reduziert werden, in der Kernzone der Innenstadt um mindestens 2.500 m².“ (Schreiber 2006, S. 50) Somit forderte Dr. Schreiber erst eine Reduktion der Verkaufsfläche in der Innenstadt. Trotzdem stellt er 2011 dem ECE Center mit einer zusätzlichen Verkaufsfläche von 18.200 qm eine Unbedenklichkeitsbescheinigung aus. Des Weiteren sieht er einen Ausbau des westlichen Pols in der Talstraße (Vauban-Carrée mit 3-5.000 qm) als wünschenswert an. Zwei Gutachten vom selben Autor enthalten sich diametral widersprechende Ergebnisse und Empfehlungen. Dies nährt den Verdacht, dass das Gutachten 2011 eine Gefälligkeit zugunsten des Auftraggebers der Stadt Homburg darstellt. Der Investor ECE klopft bei der Stadt mit einem Shopping-Center-Plan für 20.000 qm Verkaufsfläche an. Die Stadt vergibt die Fortschreibung des Einzelhandelskonzeptes an isoplan (Dr. Schreiber). Das Einzelhandelskonzept (2011) bestätigt die Innenstadtverträglichkeit eines großen Einkaufzentrums am Enklerplatz ohne Einschränkungen. Im Herbst 2011 hatte der Investor ECE die gewünschte Verkaufsfläche auf rd. 18.500 qm reduziert. Der Gutachter zog im Dezember 2011 nach. Da keine Alternativen geprüft wurden, orientiert sich das Gutachten rein am Interesse des Auftraggebers (Stadtverwaltung Homburg) und des Investors (ECE). Gefälligkeitsgutachten Es ist ein Gutachten, das sich trotz besseren Wissens nicht an sachlicher bzw. fachlicher Richtigkeit orientiert, sondern am Interesse des Auftraggebers. 39 Lademann (2011) S. 229; Zitat von M. Piazolo gekürzt. 20 4. ALTERNATIVEN FÜR DIE INNENSTADT Als Basis für die Entwicklung von Alternativen wäre ergänzend noch eine Handelsplatzanalyse durchzuführen – doch dies sprengt den Umfang unseres Konzeptes. Daher basieren die folgenden Überlegungen auf den Grundlagen des Einzelhandelskonzeptes von Dr. Schreiber (2011) sowie den punktuellen Entwicklungen in der Innenstadt während der letzten anderthalb Jahre. Bevor wir Alternativen vorstellen und diskutieren, ist auf die grundsätzliche Dimension der Einzelhandelsentwicklung in der Innenstadt Homburg einzugehen. Je nach Dimension und Standortverteilung stellen wir Alternativen mit und ohne Einkaufszentrum vor. 4|1 ANGEMESSENE DIMENSION DER EINZELHANDELSENTWICKLUNG Soll das Einzelhandelsangebot in der Innenstadt erweitert werden, so wird das Ausmaß der Erweiterung nach oben durch das vorhandene Kaufkraftpotenzial im Einzugsgebiet von Homburg begrenzt. In Abschnitt 2|1 wurde festgehalten, dass dieses einzelhandelsrelevante Potenzial bei rd. 575 Mio. EUR (2011) liegt und von der Stadt bereits zu 2/3 abgeschöpft wird. Dies ist ein – im landesweiten Vergleich - recht hoher Wert. Die angestrebte deutlich höhere Abschöpfungsquote von 75 %40 erscheint aufgrund der bisherigen Entwicklung Homburgs sowie des intensiveren Wettbewerbs durch die Center in Saarbrücken, Neunkirchen und Kaiserslautern (geplant) wenig realistisch.41 Durch Gesetzgebung und die Rechtsprechung ist die Ausweitung so nach oben zu begrenzen, dass weder dem vorhandenen Einzelhandel im eigenen zentralen Versorgungsbereich noch in den Nachbarkommunen zu viel Kaufkraft abgezogen wird. Als Zumutbarkeitsgrenze (Beeinträchtigungsverbot) wird i.d.R. von einem Wert von 10 % des Umsatzes im Bestand ausgegangen.42 Die schon angeführten Verträglichkeitsgutachten im Rahmen der Raumordnungsverfahren überprüfen die voraussichtliche Einhaltung des Beeinträchtigungsverbotes. Es ist grundsätzlich zu beachten, dass die Größenverhältnisse (Verkaufsfläche) zwischen einem neuen Einkaufszentrum und dem bisherigen Einzelhandelsbestand entscheidend für die Innenstadtverträglichkeit sind. Je größer das neue Center, umso stärkere Beeinträchtigungen – gemessen an der Verlagerung des Umsatzes – sind für die alteingesessenen Betriebe zu erwarten. Die Verträglichkeit wird natürlich auch durch die Art des Sortimentbesatzes City-Center vs. Innenstadt beeinflusst (Ergänzungen sinnvoll). Im März 2008 öffnete die ECE Stadtgalerie in Hameln mit zusätzlichen 13.000 qm an Verkaufsfläche in der Innenstadt (+37 % Verkaufsfläche – in Homburg kämen rund 70 % hinzu!). Das Verträglichkeitsgutachten hatte für Hameln eine Umsatzumverteilung von 8,5 % prognostiziert – also innenstadtverträglich. Zwei Jahre später attestierte Möller (2010) eine tatsächliche Umverteilung von 23 %, hohe Leerstände sowie die teilweise Verödung der Innenstadt. Aufgrund der eingetretenen Umsatzumverteilungen hätte das Center nie gebaut werden dürfen. 40 Vgl. Schreiber (2011a) Folie 15. Föhrer et al. (2011 S. 4-5) halten die Steigerung aufgrund des regionalen Wettbewerbs als zu optimistisch. 42 Vgl. Schreiber (2011b) S. 52f.. 41 21 Tab. 4: Theoretischer Vergleich ausgewählter Ausstattungsmerkmale bei gleichen Vorhaben Beispiel A Beispiel B Homburg VKF Planung City-Center 18.200 qm 18.200 qm 18.200 qm VKF Bestand Innenstadt 10.000 qm 26.300 qm 26.300 qm VKF Bestand Nachbarkommune 50.000 qm 50.000 qm 50.000 qm 60 % 100% 165 % Zentralität VKF – Verkaufsfläche in qm. Eigene Zahlen; angelehnt an Beckmann / Linnhoff (2012) S. 111. Die Größenordnungen in Tabelle 4 (rechte Spalte) entsprechen in etwa den Verhältnissen in Homburg. Die unterschiedliche Wettbewerbssituation mit den Nachbarkommunen bei gleichzeitig verschiedener Zentralität der Vorhabenkommune kann für das gleiche CenterProjekt zu ganz unterschiedlichen Auswirkungen führen. Für Beispiel A mit einer geringen Verkaufsfläche in der Innenstadt und mit einer geringen Zentralität dürften die negativen Auswirkungen des City-Centers eher Standorte außerhalb der eigenen Innenstadt betreffen. Dies gilt unter der Voraussetzung, dass die Angebotspalette sich verbreitert und die Attraktivität der Innenstadt erhöht. Im Falle Homburgs würden Beckmann / Linnhoff (2012 S. 112) u.U. starke Auswirkungen auf den innerstädtischen Einzelhandelsbestand erwarten. Die Wettbewerbsposition ist in der Ausgangslage für Homburg aufgrund der hohen Zentralität schon sehr günstig, so dass eine deutliche Erhöhung der Zentralität auf Kosten der Nachbarkommune eher unwahrscheinlich ist und ein Verdrängungswettbewerb deshalb innerhalb der Stadt einsetzen muss. Zwei Richtwerte haben sich aufgrund von Verträglichkeitsanalysen innerstädtischer Einkaufszentren herausgebildet:43 (1) Verkaufsfläche Center ist auf maximal 15 % des bestehenden Verkaufsflächenbestandes der Innenstadt (in qm) zu begrenzen.44 (2) Anzahl der Ladeneinheiten im Center soll maximal 50% der bestehenden Läden in der 1A-Lage enthalten. Orientieren wir uns an den beiden Richtwerten gemeinsam, dann ist die Innenstadtverträglichkeit für Homburg mit einem kleineren Center und wenigen Ladengeschäften am ehesten gegeben. Was heißt dies konkret? Die Innenstadt Homburg in Abbildung 3 gemäß Abgrenzung von Dr. Schreiber (2011) hat im Bestand eine Verkaufsfläche von 26.300 qm. Rechnet man das E-Center an der 43 44 Vgl. DIfU (2008) und Walther (2008) in: Beckmann et al. (2008) S. 60. Zudem soll in Städten bis 200.000 Einwohner die innerstädtische Verkaufsfläche nicht um mehr als 15.000 qm erhöht werden (Junker et al. 2011 S. 17). 22 Mannlichstraße hinzu, dann kommt man auf 31.000 qm. Die 15 %-Regel für die Verkaufsfläche ergibt somit eine Centergröße von 4.650 qm. Selbst wenn man, wie Dr. Schreiber (2011) getan, die Innenstadt (fälschlicherweise) als „Stadtteil Homburg“ definiert und die Verkaufsfläche somit auf 49.000 qm ausweitet,45 erreicht man für das ECE-Center eine Größenordnung von max. zumutbaren 7.350 qm. Ein zusätzliches Einkaufszentrum in der Innenstadt von Homburg sollte demnach zwischen 4.650 qm bis 7.350 qm Verkaufsfläche betragen. Eine Einzelhandelsagglomeration ist jedoch erst ab 8.-10.000 qm als Einkaufszentrum anzusehen.46 Aus Sicht eines Center-Entwicklers ist aus betriebswirtschaftlichen Rentabilitätsüberlegungen eine Mindestgröße für ein Einkaufszentrum anzustreben. Größere – in sich geschlossene Center – führen mit einer größeren Wahrscheinlichkeit auch zu einem ökonomischen Erfolg des Centers. Aus rein wirtschaftlicher Sicht von ECE ist auf Basis der Projektplanung die Verkaufsfläche von 18.200 qm als gewünschte Größenordnung durchaus nachvollziehbar. Aus gesamtstädtischer Sicht sind dagegen die negativen Effekte eines großen Centers (Anstieg des Leerstandes, Verödung von Straßenzügen) seriös abzuwägen. Die Stadt muss ein ureigenes Interesse an der Attraktivitätssteigerung der Innenstadt als Gesamtes haben. Da auch kleinere Einkaufszentren (10.-12.000 qm) rentabel arbeiten können, schwächt die Versteifung der Homburger Stadtspitze auf ein großes Center die eigene Verhandlungsposition gegenüber professionellen Managementunternehmen innerstädtischer Einkaufszentren, wie ECE. Bild: M. Piazolo (2013) Für die Innenstadt ist das Vauban-Carrée mit 2.528 qm ein Filetstück in Händen der städtischen HPS GmbH. Im Rahmen eines bedingungsfreien Bietverfahrens konnten bis Juni 2012 Angebote eingereicht werden (Mindestgebot: 661 €/qm). Ab Juli 2012 wollte man mit dem Höchstbietenden in konkrete Kaufvertragsverhandlungen eintreten. Acht Monate später liegen immer noch keine Ergebnisse vor. Eile legt die HPS GmbH wahrlich nicht an den Tag. Gleichzeitig verbaut sich die Stadt mit ihrem einseitigen Blick auf den Enklerplatz mit einem großen City-Center automatisch die Chance am Vauban-Carrèe. Verschiebt sich die Einkaufsachse in Richtung östliche Talstraße, dann nimmt das Interesse der Investoren ab und der Grundstückswert für das Vauban-Carrée reduziert sich auf Kosten der Bürger um bis zu 200 €/qm. 45 46 Schreiber (2011b) S. 53. Vgl. Beckmann / Linnhoff (2012) S. 14. 23 4|2 ALTERNATIVEN – MIT UND OHNE EINKAUFSZENTRUM Mit Hilfe von zwei attraktiven Polen (Magenten) am westlichen und östlichen Ende der Talstraße die Innenstadt im Bereich des Einzelhandels zu stärken, findet uneingeschränkte Zustimmung. Die bisherige Umsetzung seitens der Verwaltung ist jedoch wenig zielführend. Trotz gültigem Baurecht und dem Vernehmen nach seriösen Investorenkonzepten gibt die Stadtverwaltung kein Startsignal für das Vauban-Carrée. Dadurch wird fahrlässig kostbare Zeit vergeudet. Im Folgenden zeigen wir drei Möglichkeiten auf, wie sich die Innenstadt gesund weiterentwickeln könnte. Sie beruhen darauf, dass die Risiken eines großen Einkaufscenters auf dem Enklerplatz für die Stadt als Gesamtes wesentlich höher sind, als die eventuellen wirtschaftlichen Chancen für den Betreiber des Centers. Ein solches „Monstercenter“ lehnen wir ab. Alternative 1 sehen wir aus Sicht der Stadt und seiner unterschiedlichen Interessensgruppen als bestmögliches Modell an. Aufgrund seiner „Größe“ ist es zudem für bundesweit tätige Center-Entwickler interessant. Erfahrungen aus anderen Mittelstädten haben gezeigt, dass Interessenskonflikte im Rahmen öffentlichen Diskussion an „runden Tischen“ begleitet durch transparente Prozesse auch zu Einigungen zum Wohle aller Beteiligten führen können (z.B. in Weiden 2011). Ein solcher Prozess wäre jetzt anzustoßen. In der ersten Alternative wird das Interesse eines Großinvestors und Center-Managers, wie ECE, berücksichtigt. Alternative 1 – Offenes Center an mehreren Standorten: Hohenburg Galerie I-III Offen gestaltete Einkaufszentren in der Innenstadt erhöhen die Ausstrahlungskraft auf die Innenstadt. Mehrere Centereingänge bzw. eigene Eingänge zu den Center-Läden oder zur Center-Gastronomie kennzeichnen ein offenes und einladendes Center. Daneben gibt es vermehrt City-Center, die sich auf mehrere Gebäudekomplexe verteilen. Abb. 4: Hohenburg Galerie (I-III) 24 Mit Blick auf die beiden Pole der Talstraße schlagen wir ein offenes Center in einer Hand – d.h. unter einem gemeinsamen Management – vor. Das Saarpfalz-Center mit seinem Erneuerungsbedarf (Investitionsstau) und das Vauban-Carrée bilden den westlichen Pol, ein kleinerer Magnet am Enklerplatz den östlichen Pol (Abbildung 4). Mit einem überzeugenden Gesamtkonzept lässt sich das bestehende Saarpfalz-Center sicherlich einbinden. Vorteile Management aus einer Hand wird dazu führen, dass die Sortimente aufeinander abgestimmt sind. Schwerpunkte könnten im Saarpfalz-Center/Vauban-Carrée Elektro und Mode sein. Die zusätzliche Verkaufsfläche wird idealerweise zum Teil durch Standortverlagerungen aus der Peripherie in die Innenstadt gefüllt. Am Enklerplatz könnten es hochwertige Nahversorgung, Mode und Gastronomie sein. Mit den drei Standorten liegt die Verkaufsfläche und der Umsatzvolumen des Centers etwas unter dem Wunsch von ECE oder eines anderen Managementunternehmens. Die Verkaufsfläche einer „Hohenburg Galerie I-III“ käme auf etwa 17.650 qm: o Saarpfalz-Center 10.150 qm (Hohenburg Galerie Teil I) o Vauban-Carrée 3.000 qm (Hohenburg Galerie Teil II) o Enklerplatz 4.500 qm (Hohenburg Galerie Teil III) Im Gegensatz zu einem einzigen City-Center am Enklerplatz gäbe es nun keinen Anreiz für den Elektronik-Markt im Saarpfalz-Center den Standort innerhalb der Innenstadt zu wechseln (Vermeidung von Verlagerungen im Zentrum). Die Stadt setzt das Vauban-Carrée im Rahmen eines Gesamtkonzeptes strategisch für die Stärkung der Attraktivität der Innenstadt ein. Die höhere Attraktivität würde sich in der Ausweitung der 1A-Lagen (gegenüber 2011) wiederspiegeln: Saarpfalz-Center erholt sich von 1B auf 1A ebenso Teile der Eisenbahnstraße. Das Vauban-Carrée und der Enklerplatz kommen als 1ALagen hinzu (Vermeidung von Trading-Down-Effekten). Bestehende Strukturen werden über ihre Integration genutzt, um die ökonomischen Vorteile eines größeren Centers zu generieren. Imagegewinn für den Großinvestor und Center-Manager. Damit zeigt das Unternehmen tragfähige Wege beim Gang in die Innenstädte von Mittelzentren auf. Hohe Akzeptanz des Konzeptes durch die Öffentlichkeit und die bisherigen Gewerbetreibenden ist zu erwarten. Im Januar 2012 sprachen sich in einer repräsentativen Umfrage über 50 % für ein Mehrcentermodell aus, nur 36 % votierten für ein großes geschlossenes Center (s. Anlage 7). Verkehrsströme innerhalb der Innenstadt werden entlastet. Es strömen nicht alle Kundinnen/Kunden in ein einziges Einkaufszentrum. Nachteile bzw. Herausforderungen 25 Planerisch und gestalterisch ergibt sich ein Mehraufwand für den Investor. Andererseits könnte das Homburger Projekt dem Unternehmen aufgrund des Modellcharakters einen Know-how-Vorsprung für City-Center in Mittelzentren verschaffen. Eine ergänzende Entwicklungsmöglichkeit für dieses offene Drei-Center-Modell stellt die potentielle Einbindung des angrenzenden Talzentrums dar. Die Modernisierung bzw. Revitalisierung dieser bestehenden Einkaufsflächen ist dringend notwendig. Seitens der Stadt ist ein Parkleitsystem zu entwickeln, das den Kunden alle relevanten Informationen auch tatsächlich mitteilt. Dies gilt vor allem für die frühzeitige Anzeige eines freien Parkraums. Damit verbunden sind der Bau der (schon geplanten) Parkhäuser an der Gerberstraße und Uhlandstraße/Scheffelplatz sowie der Erhalt von Parkraum auf dem Enklerplatz in der Größenordnung von rd. 150 Stellplätzen für Tageskundschaft (Abbildung 5). Abb. 5: Hohenburg Galerie mit Parkhäusern und Parkplätze Sollte der angedachte Parkraum von 150 Stellplätzen auf dem Enklerplatz nicht ausreichen, dann gibt es die Ausweichmöglichkeit auf den Parkplatz vor der Jugendherberge oder die Integration eines Parkhauses an das kleine Center auf dem Enklerplatz mit maximal 300 Stellplätzen. Grundsätzlich wäre es sinnvoll ein allgemeines Parkraumkonzept für die Innenstadt auszuarbeiten. 26 Alternative 2 – Sukzessive Entwicklung der Einzelhandelsstandorte – vom Westen Ein großes geschlossenes „Monster-Center“ am Enklerplatz birgt aufgrund der schon stattgefundenen Gespräche zwischen ECE als Projektentwickler und dem Unternehmen Saturn/Media-Markt die Gefahr, dass Media-Markt den Standort Saarpfalz-Center aufgibt. Wahrscheinlich würde dann Saturn ins das City-Center ziehen. Damit bricht der Ankermieter (und Magnet) im Saarpfalz-Center weg. Die negative Entwicklung der Bliespromenade in Neunkirchen nach dem Bau des Saarpark-Centers müsste Warnung genug sein. In Folge dessen sollte eine sukzessive Entwicklung des Einzelhandels sinnvollerweise zuerst am Vauban-Carrée mit einer einzelhandelsrelevanten Verkaufsfläche von rd. 3.000 qm beginnen. Eine gemeinsame Kooperation mit dem Management des SaarpfalzCenters wäre sinnvoll. Voraussetzung wäre ebenso die Realisierung des Parkhauses an der Gerberstraße, dessen Planung schon vorliegt. Dort könnte noch eine Verkaufsfläche von 1.000 qm untergebracht werden. Der Enklerplatz bleibt in diesem Fall erst einmal ein Reservepotential. Abb. 6: Vauban-Carrée, Saarpfalz-Center und Gerberstraße Vorteile 27 Management aus einer Hand oder in Kooperation mit Saarpfalz-Center wäre möglich. Eine Zusammenarbeit mit dem Einzelhandelsbereich Parkhaus Gerberstraße bietet sich zusätzlich an. Mit den beiden neuen Standorten liegt die Verkaufsfläche an der Untergrenze des ermittelten und für die Innenstadt erträglichen Flächenpotenzials. Die Verkaufsfläche käme auf etwa 4.000 qm: o Vauban-Carrèe 3.000 qm o Gerberstraße 1.000 qm Verkehrsströme innerhalb der Innenstadt bleiben entlastet. Es strömen nicht alle in ein einziges Einkaufszentrum. Die Grundstücke befinden sich bereits in der Hand der HPS GmbH. Von daher hätte die Stadt nicht nur ein Interesse an der Umsetzung beider Projekte, sondern könnte die Gestaltungshoheit zurück gewinnen, die durch die Solitärbebauung des Enklerplatzes durch das ECE verloren geht. Nachteile bzw. Herausforderungen Stärkung nur eines Pols der Innenstadt (im Westen). Für den Enklerplatz als Erweiterungsfläche ist eine städtebaulich und funktional sinnvolle Verwendung zu finden. Risiko der weiteren Verschlechterung der 1B-Lagen in der Eisenbahnstraße. Alternative 3 – Sukzessive Entwicklung der Einzelhandelsstandorte – vom Osten Eine behutsame und sukzessive Ausweitung des Einzelhandelsangebotes kann auch von Osten her am Enklerplatz realisiert werden. Dabei muss die Stadt jedoch mit Schaffung des entsprechenden Baurechts in Verbindung mit einer Gestaltungssatzung die maximale einzelhandelsrelevante Verkaufsfläche auf 7.000 qm begrenzen, um im Verträglichkeitskorridor zu bleiben. Der Center-Entwickler muss demnach alternative Verwendungsmöglichkeiten für sein Bauvolumen erarbeiten oder das Bauvolumen entsprechend reduzieren. Abb. 7: Enklerplatz – Kleines Center Vorteile Management aus einer Hand. 28 Unterbringung eines Magnetbetriebs – ergänzt um hochwertigen Nahversorger und Gastronomie – möglich. Belebung der Eisenbahnstraße mit Aufwertung der 1B-Lagen. Nachteile Stärkung nur eines Pols der Innenstadt (im Osten). Für die Erweiterungsfläche am Vauban-Carrée ist eine städtebaulich und funktional sinnvolle Verwendung zu finden. Risiko der Entwicklung am Vauban-Carrée – eine einzelhandelsrelevante Verwendung ist wenig wahrscheinlich. Es hätte die Verminderung der Grundstückswerte der stadteigenen HPS GmbH zur Folge. Allerdings wäre die Wertminderung nicht so hoch, wie im Falle eines großen Centers auf dem Enklerplatz. Risiko des Verlustes des Ankermieters (Elektronik-Markt) aus dem SaarpfalzCenter ist reduziert, aber nicht vollständig gebannt. Alternative 4 – Innerstädtischer Wohnraum und Ladenzeile am Enklerplatz Die Alternative 2 mit der behutsamen Einzelhandelsentwicklung beginnend am Vauban- Carrée ließe sich mit dem Ausbau attraktiver Wohnraumlagen auf dem Enklerplatz verbinden. Gleichzeitig bleibt durch entsprechende planerische Anordnung ein gewisser Spielraum für die Entwicklung eines zusätzlichen Einzelhandelsangebotes im Rahmen der Fortsetzung der Ladenzeile (Erdgeschoss) in der Talstraße in Richtung Osten erhalten. Auf dem ehemaligen Gelände Mühlenz-Schuhe befindet sich eine Erweiterungsfläche für weiteren Einzelhandel. Abb. 8: Enklerplatz – Ladenzeile und hochwertiger Wohnraum Vorteile 29 Hochwertiger Wohnraum in der Innenstadt. Fortführung der bisherigen Bebauung im vorhandenen städtebaulichen Maßstab. Belebung der Eisenbahnstraße mit Aufwertung der 1B-Lagen. Stärkung nur eines Pols der Innenstadt (im Westen) wäre abgeschwächt. Verlust des Ankermieters im Saarpfalz-Center ist gebannt. Einzelhandelserweiterung von bis zu 2.500 qm möglich. Nachteile Ein Center-Entwickler als Investor wäre wohl nicht mehr interessiert. Ein Einzelhandelsmagnet am Enklerplatz ist nicht unterzubringen. Um eine städtebaulich und funktional sinnvolle Bebauung bzw. Verwendung des Enklerplatz zu finden, bietet es sich an, einen Ideenwettbewerb z.B. unter Architekturstudierenden als Projektarbeit auszuschreiben. Bei einer Verwendung des Enklerplatzes – wie in Alternative 4 – vorgeschlagen, geht wertvoller Parkraum im Osten der Stadt verloren. Als Ausweichmöglichkeit bietet sich der Parkplatz vor der Jugendherberge an; u.U. müsste dort ein Parkhaus errichtet werden, um die notwendige Anzahl an Stellplätzen bereitzuhalten. Dies hätte aufgrund der Laufwege eine Aufwertung der Eisenbahnstraße von Rondell bis Talstraße zur Folge. Die Kombination der beiden Alternativen 2 und 4 ist gegenüber einem offenen City-Center an drei Standorten (Alternative 1) als zweitbestes Konzept zur Innenstadterweiterung anzusehen. Ein offenes Center an drei Standorten im Westen und Osten der Talstraße – die Hohenburg Galerie I-III - ist aus Sicht der Stadtentwicklung der Innenstadt eindeutig zu präferieren. Die Innenstadtverträglichkeit ist mit einem Ausbau der einzelhandelsrelevanten Verkaufsfläche um maximal 7.500 qm gegeben. Die beiden Pole sind einigermaßen gleichgewichtig und groß genug, um jeweils attraktive Ankermieter zu beherbergen. Die Gesamtgröße des offenen Centers (16.500 qm) macht die Investition und das Management des Einkaufszentrums interessant für bundesweite Center-Entwickler, wie ECE. Die Klammer mit Magnetbetrieben im Westen und im Osten der Talstraße erhöht die Kundenfrequenz in ihrem zentralen Bereich (Christian Weber Platz). Eine deutliche Steigerung der Attraktivität der Innenstadt ist zu erwarten – auch im Bereich der unteren Eisenbahnstraße. Die Verwaltung sollte die beiden strategischen Grundstücke (Vauban-Carrée und Enklerplatz) in einem wettbewerblichen und öffentlichen Bieterverfahren „vermarkten“. Als Vorgabe sollte gelten, die Grundstücke gemeinsam unter einem Dach einzelhandelsrelevant zu entwickeln.47 47 Wettbewerbsverfahren zur städtebaulichen Entwicklung empfiehlt das bayrische Staatsministerium des Innern (2003). 30 5. FAZIT UND WEITERFÜHRENDE SCHRITTE Mit dem Konzept zur Innenstadtentwicklung bieten wir einen Ausschnitt auf die Themenvielfalt der Handlungsfelder unserer Stadt Homburg. Damit wollen wir eine sachlich orientierte Diskussion mit der Öffentlichkeit, der Verwaltung und den politischen Entscheidungsträgern anstoßen. In diesem Sinne stellt das Konzept Teil eines zukunftsweisenden Masterplanes für die Stadt dar. Weitere Bereiche müssen folgen, um einen vollständigen Leitfaden zu entwickeln. Wir haben uns auf die Entwicklung der Innenstadt beschränkt und setzen den Schwerpunkt auf die Stärkung des Einzelhandelangebotes der City Homburgs, da aus unserer Sicht irreversible Fehlentscheidungen seitens der Stadtverwaltung anstehen. Die Analyse von Trends im Einzelhandel (Internethandel), der künftigen Bevölkerungsverluste sowie ein geringes Wirtschaftswachstum machen eine deutliche Ausweitung der einzelhandelsrelevanten Kaufkraft äußerst unwahrscheinlich. Selbst bei Berücksichtigung einer gewissen Verlagerung von Einzelhandelsbetrieben von den Randlagen Homburgs in die Innenstadt, birgt ein Einkaufszentrum mit einer zusätzlichen Verkaufsfläche von 18.200 qm am Enklerplatz die realistische Gefahr von erheblichen Leerständen und Verödungstendenzen bestehender Gewerbeflächen. Zudem sollte eine ausgewogene Entwicklung an den beiden Polen (West und Ost) der Talstraße stattfinden. Innenstadtverträglich erscheint maximal eine Ausweitung neuer Verkaufsflächen in der Größenordnung von maximal 7.350 qm. Um gleichzeitig dem Ansinnen eines großen Center-Unternehmens nachzukommen und die beiden Pole gleichmäßig zu entwickeln, schlagen wir ein offenes Center an drei Standorten (Enklerplatz, Vauban-Carrée und Saarpfalz-Center) vor. Eine Integration der bestehenden Verkaufsfläche des SaarpfalzCenters ist realistisch und ermöglicht das „Management in einer Hand“ eines Einkaufszentrums, Hohenburg Galerie I-III, in einer Größenordnung von insgesamt 17.650 qm. Die bisherigen Versäumnisse der Verwaltung, wie die mangelnde gemeinsame Vermarktung städtischer Grundstücke, liegen offen. Die Stadt bzw. der Stadtrat muss seinen Gestaltungsrahmen nutzen! Es ist noch nicht zu spät: Wir halten es für möglich, mit den aktuellen Interessenten, Verhandlungen im Hinblick auf eine für die Innenstadt sinnvolle Paketlösung erfolgreich zu führen. Ein „Runder Tisch“ mit allen Betroffenen und Beteiligten böte sich hierfür an.48 Unter Umständen wäre jetzt noch eine gemeinsame Vermarktung mit einem wettbewerblichen Bieterverfahren der strategischen Grundstücke Vauban-Carrée und Enklerplatz möglich. Weiterführende Schritte Selbst im Bereich des Einzelhandels sind noch weite Felder offen: die Stärkung der Attraktivität anderer Lagen in der Innenstadt, wie der Altstadt oder den 1B-Lagen in der Eisenbahnstraße zwischen Rondell und Hauptbahnhof; bzw. eine höhere Attraktivität bzw. die Wiederbelebung der Stadtteilzentren. Dazu brauchen wir eine Prozessstruktur, mit Hilfe derer kreative Ideen von einer Vielzahl an Beteiligten entwickelt werden. Nur ein 48 Ein positives Beispiel ist Weiden mit einem für alle verbindlichen Empfehlungskatalog ganz konkreter Handlungsmaßnahmen zur Entwicklung eines innerstädtischen Einkaufszentrums (Weiden 2011). 31 rollierender Masterplan, der auf der Stadtentwicklungsstrategie 2025 aufsetzt, wird dies für eine nachhaltige Entwicklung Homburgs leisten. Die Einzelhandelsentwicklung ist durch ein schlüssiges Verkehrskonzept und ein Parkleitsystem mit dezentralen Parkräumen – verteilt um die Innenstadt – zu ergänzen. Auch mit Blick auf die Verkehrsbelastung und dem Parken hat ein offenes Center mit mehreren Standorten deutliche Vorteile gegenüber dem bisher geplanten geschlossenen Ein-Center-Modell. 32 LITERATURVERZEICHNIS Beckmann, R.M. / Lembcke, J. / v. Schlippenbach, U. / Wiemken, T. 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Juni 2004 Auftraggeber: Stadt Homburg; Auftragnehmer: isoplan, Saarbrücken, z.T. mit FIRU, Kaiserslautern * Auftraggeber: WOBA Pirmasens; Auftragnehmer: GMA, Gesellschaft für Markt- und Absatzforschung, Ludwigsburg Anlage 2 Anteil der Online-Käufer an der Gesamtbevölkerung in Deutschland 2000-2012 Quelle: www.statista.com (2013a). Erläuterung: Anteil der Konsumenten in Deutschland, die in den letzten 12 Monaten im Internet eingekauft haben. 35 Anlage 3 E-Commerce Umsätze in Deutschland 2000-2013 (in Mrd. EUR) Quelle: www.statista.com (2013b); HDE-Berechnungen. Enthalten sind Transaktionen über materielle Güter, Dienstleistungen, Nutzungsrechte und Informationen. Anlage 4 Managementunternehmen für Einkaufszentren in Deutschland (nach Anzahl der betreuten Einkaufszentren in 2011) Quelle: www.statista.com (2013d) 36 Anlage 5 Kaufkraftströme 2011 im Einzugsgebiet Homburg Quelle: Schreiber (2011b) S. 41. Anlage 6 Verkaufsfläche und Umsatz des Einzelhandels in der Innenstadt (City) Quelle: Berechnung von Schreiber (2011b) S. 41. 37 Anlage 7 Homburger wollen zwei kleinere Center Weder noch 13,0% Großes Center 18.500 m² VKF 36,3% Mehrcentermodell Zwei kleinere Center auf Vaubanund Enklerplatz 50,7% C.M.R. Mannheim im Auftrag vom Arbeitskreis „Pro-Homburg“ 500 Wahlberechtigte, repräsentative Umfrage (09.01.2012) 38 39