Die ökonomischen Auswirkungen der Flüchtlingszuwanderung in

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Die ökonomischen Auswirkungen der Flüchtlingszuwanderung in
Die ökonomischen Auswirkungen
der Flüchtlingszuwanderung in Deutschland
Frank Bödefeld
Hochschulschriften . Standort Meschede . Nr. 2/2016
Impressum
Herausgeber
Der Rektor der Fachhochschule Südwestfalen,
Professor Dr. Claus Schuster
Fachhochschule Südwestfalen
Baarstraße 6
58636 Iserlohn
www.fh-swf.de
Layout
Dezernat 5: Hochschulkommunikation
Text
Karl Betz
Bildnachweis
Titelseite: Meditations
Druck
WIRmachenDRUCK GmbH
Mühlbachstr. 7
71522 Backnang
ISBN (print): 978-3-940956-55-2
ISBN (elektr.): 978-3-940956-56-9
www.fh-swf.de/cms/hochschulschriften
Meschede 2016
Inhaltsverzeichnis
1 Zuwanderung im neoklassischen Arbeitsmarkt ………………….. 1
2 Zuwanderung im nachfrageorientierten Arbeitsmarkt…………….. 3
3 Die Flüchtlingsmigration aus angebotsorientierter Sicht………….. 4
3.1 Der Arbeitsmarktzugang für Flüchtlinge ……………. 7
3.2 Die erwartete Wirkung des erhöhten Arbeitsangebots
durch die Flüchtlingsmigration ………………….. 10
4 Die Flüchtlingsmigration aus nachfragorientierter Sicht ……….. 13
4.1
Erhöhte Staatsnachfrage und privater Konsum ….. 13
4.2
Die kurzfristige Finanzierung der
Flüchtlingsmigration ……………………………… 18
5 Die fiskalische Wirkung der Flüchtlingsmigration ……………... 20
6 Prognosen über die Wirkung der Flüchtlingsmigration ………… 26
Literaturverzeichnis ……………………………………………….. 31
Abbildungsverzeichnis
Abbildung 1 Zuwanderung im angebotsorientierten Modell
3
Abbildung 2 Zuwanderung im nachfrageorientierten Modell
4
Die ökonomischen Auswirkungen der
Flüchtlingszuwanderung in Deutschland
Frank Bödefeld
1 Zuwanderung im neoklassischen Arbeitsmarkt
Im neoklassischen Arbeitsmarktmodell ist die Zuwanderung von
Arbeitskräften gleichbedeutend mit einem Bevölkerungswachstum.
Auf dem Arbeitsmarkt bieten nun zu jedem gegebenen Lohnniveau
mehr Personen ihre Arbeitsleistung an.
Grafisch bedeutet dies, dass sich die Angebotskurve nach rechts
verschiebt.
Abbildung 1 Zuwanderung im angebotsorientierten Modell
Durch die Zuwanderung ändert sich an der Arbeitsnachfragekurve
zunächst nichts, so lange davon ausgegangen wird, dass die Zuwanderer vor allem aufgrund der Suche nach Arbeit ins Land immigriert sind
und kein eigenes Kapital mitbringen. Wenn sich am Kapitalangebot bei
Zuwanderung nichts ändert, bleibt die Arbeitsnachfragefunktion auf
dem Arbeitsmarkt unverändert (Betz, Karl (2006) S. 84).
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Frank Bödefeld
Durch das höhere Angebot an Arbeitern, bei gleichzeitig
stagnierender Nachfrage, sinken in der Folge die Löhne der Arbeiter.
Das geringere Lohnniveau verbessert die „Lohn-Profit-Relation“ zu
Gunsten der Unternehmer, die so eine höhere Profitrate auf ihr
eingesetztes Kapital erhalten. Dieser höhere Zinssatz führt auf dem
Kapitalmarkt zu einem größeren Kapitalangebot. Mehr Menschen
möchten bei steigenden Zinsen ihr Geld verleihen. Aufgrund dieses
höheren Kapitalangebots, können die Unternehmer mehr investieren.
Wozu sie wiederrum mehr Arbeiter benötigen, um unter anderem die
neuen Maschinen zu bedienen und dadurch steigt die Arbeitsnachfrage
(Betz, Karl (2006) S.84).
Neben einer Beschäftigungsausweitung, vergrößert sich ebenfalls
die „freiwillige“ Arbeitslosigkeit unter den Einheimischen, da diese bei
sinkenden Lohn, Freizeit als Alternative vorziehen. Es handelt sich in
diesem Fall um substitutive Arbeiter, die von den Zuwanderern ersetzt
werden. Komplementäre Arbeiter können dagegen von Zuwanderung
profitieren, da sie eine ergänzende Arbeitsleistung anbieten und die
Nachfrage nach dieser Arbeit im Zuge der Beschäftigungsausweitung
steigt.
Die steigende Nachfrage nach Vorarbeitern bei steigender Zahl an
Hilfsarbeitern, kann als Beispiel für eine komplementäre Arbeit
genannt werden.
Die Wirkung von Zuwanderung aus Sicht der Neoklassik kann
darüber hinaus im Solow-Wachstumsmodell diskutiert werden.
Eine Erkenntnis dieses Modells ist es, dass die Steigerung der Kapitalintensität bzw. der Sparquote kein langfristiges Wachstum in einer
Volkswirtschaft erzeugt, da der Effekt ab einem bestimmten Punkt
zum Stehen kommt. Langfristiges Wachstum kann nur durch exogene
Faktoren, wie dem Faktor Arbeit, erfolgen (Betz, Karl (2015) S.2).
Die Frage ist nun, was passiert im Solow- Modell, wenn der Faktor
Arbeit mit ins Modell einbezogen wird und es zu einem
Bevölkerungswachstum kommt?
Zur Veranschaulichung der folgenden Überlegungen wird die
Cobb-Douglas Produktionsfunktion in Wachstumsraten übersetzt:
Die ökonomischen Auswirkungen der Flüchtlingsmigration
Y = TF ∗ K ∗ L
α
3
β
=>
gY = gTF + α ∗ gK + β ∗ gL
Grundsätzlich bedeutet ein Zuwachs beim Arbeitsangebot, dass
mehr Menschen zu jedem gegebenen Lohnsatz arbeiten möchten.
Darüber hinaus sinkt der Kapitalstock je Arbeiter bei einem kurzfristig
konstanten Einsatz von Kapital der Unternehmen. Das vorhandene
Kapital verteilt sich nun auf mehr Arbeiter (Betz, Karl 2015 S.2).
Abgesehen davon wird im neoklassischen Modell von Vollbeschäftigung und einem konstanten Altersaufbau ausgegangen. Dies bedeutet
langfristig, dass das Kapital mit der gleichen Rate wie die Beschäftigung wächst (gL gleich gK). Der konstante Altersaufbau bewirkt dabei,
dass das Wachstum der Bevölkerung identisch ist mit dem Wachstum
der Arbeit (gL gleich gB gleich gK). Desweiteren wird in diesem Fall
angenommen, dass sich der weitherhin exogen vorgegebene Stand der
Technik nicht weiter verbessert und gTF somit null ist. Zusammen mit
der Annahme konstanter Skalenerträge (α + β = 1), ergibt sich folgende
Vereinfachung:
gY = gL
Während das Wachstum des Outputs auf den wachsenden Pool an
Arbeitern zurückzuführen ist, bleibt die Arbeitsproduktivität (λ= Y/L)
bei einem Bevölkerungswachstum konstant (gλ = gY - gL = 0). Dies
bedeutet langfristig ist das Lohnniveau in einer Volkswirtschaft, trotz
Zuwanderung, konstant (Betz, Karl 2015 S.2f).
2 Zuwanderung im nachfrageorientierten Arbeitsmarkt
Zuwanderung in eine Volkswirtschaft erhöht aus nachfrageorientierter Sicht, wie bereits in der Neoklassik, zunächst einmal das
Arbeitsangebot. Egal wie hoch der herrschende Reallohn ist, durch die
Zuwanderung gibt es nun mehr Menschen, die zu diesem Lohn
arbeiten möchten. Das neue Beschäftigungsniveau bestimmt sich aber
in diesem Fall auf dem Gütermarkt.
Die Zuwanderer bringen ihre eigene Nachfrage mit (nach
Lebensmitteln, Kleidung, Unterkünften etc.). Die autonome Nachfrage
auf dem Gütermarkt erreicht dadurch ein höheres Niveau und
verschiebt im Modell die Nachfragekurve nach oben. Um dieses
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herzustellen, bedarf es einer höheren Beschäftigung, so dass die
Nachfrage nach Arbeitern auf dem Arbeitsmarkt steigt.
Abbildung 2 Zuwanderung im nachfrageorientierten Modell
Das neue Gleichgewicht, dass sich im Modell dadurch einstellt,
muss, im Gegensatz zum Gleichgewicht in der Neoklassik, nicht bei
Vollbeschäftigung erfolgen. Grund dafür ist, dass sich der
gleichgewichtige Zinssatz, der schlussendlich das Reallohnniveau
bestimmt, nicht am Arbeitsmarkt ermittelt wird, sondern am
Vermögensmarkt. Das Gleichgewicht am Vermögensmarkt, bei dem
Geldwertstabilität gewährleistet ist, bestimmt den Zinssatz und der
daraus resultierende Reallohnsatz bestimmt das Angebot auf dem
Arbeitsmarkt (Betz, Karl S.86).
3 Die Flüchtlingsmigration aus angebotsorientierter Sicht
Im Solow- Wachstumsmodell hängt der Output einer
Volkswirtschaft von den Faktoren Kapital und Arbeit sowie vom
technischen Fortschritt ab. Um die ökonomische Wirkung der
derzeitigen Flüchtlingsmigration aus angebotsorientierter Sicht
einschätzen zu können, ist zunächst das Bevölkerungswachstum zu
bestimmen, dass sich daraus ergibt, da durch diese Zuwanderung
vorrangig der Faktor Arbeit im Mittelpunkt steht.
Die ökonomischen Auswirkungen der Flüchtlingsmigration
5
In 2015 kamen nach Schätzungen etwa 1,1 Millionen Menschen als
Flüchtlinge nach Deutschland („Frankfurter Allgemeine“ 06.12.2015).
Aus angebotsorientierter Sicht ist der Teil der Menschen von
Bedeutung, die in Deutschland ein Bleiberecht erhalten, da mit diesem
Bleiberecht auch der Zugang zum deutschen Arbeitsmarkt verbunden
ist.
Um einschätzen zu können, wie viele der etwa 1,1 Million
Menschen ein Bleiberecht erhalten, ist die Differenzierung nach
Herkunftsland hilfreich.
Syrer stellen mit Abstand die größte Gruppe unter den Flüchtlingen.
Von den im Januar bis Dezember 2015 registrierten Erstanträgen,
stammte der größte Teil (etwa 105.000 Anträge bzw. 35,9 Prozent) von
syrischen Flüchtlingen, gefolgt von Menschen aus Albanien (12,2
Prozent), dem Kosovo (7,6 Prozent), Afghanistan (7 Prozent) und dem
Irak (6,6 Prozent) (Bundesamt für Migration und Flüchtlinge Januar
2016 S.2f).
Die Schutzquote für Menschen aus Syriern lag dabei 2015 bei
praktisch 100 Prozent, während sie bei Menschen aus den
Balkanstaaten bei jeweils unter einem Prozent lag, da diese Länder
mittlerweile alle als „sichere Herkunftsstaaten“ eingestuft werden
(Bundesamt für Migration und Flüchtlinge Januar 2016 S.2ff).
Der Begriff „Schutzquote“ in diesem Zusammenhang beziffert den
Anteil der Flüchtlinge, die in Deutschland ein Bleiberecht erhalten
haben.
Die prozentualen Anteile können sich für die 1,1 Millionen
Flüchtlinge aus 2015 aber noch deutlich verschieben, da mit rund
441.000 registrierten Anträgen auf Asyl bis Ende 2015 nicht einmal
die Hälfte der Menschen erfasst ist, die in dem Jahr als Flüchtlinge
nach Deutschland kamen. In der zweiten Jahreshälfte reduzierte sich
die Zahl der Flüchtlinge aus den Balkanländern drastisch, während die
Menschen aus Syrien, Irak und Afghanistan in immer größerer Zahl in
Deutschland ankamen (Bundesamt für Migration und Flüchtlinge
Januar 2016 S.2ff).
Die Schutzquote für alle in 2015 entschiedenen Asylanträge lag bei
knapp 55 Prozent (Bundesamt für Migration und Flüchtlinge Januar
2016 S.2ff).
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Frank Bödefeld
Da aber wie erwähnt nur über einen geringen Teil der 2015 nach
Deutschland gekommenen Flüchtlinge bereits entschieden wurde, ist
eine Schutzquote für die 1,1 Millionen Menschen um die 70 Prozent,
aufgrund des hohen Anteils an syrischen Flüchtlingen, wahrscheinlicher.
Für eine mögliche Erhöhung des Arbeitsangebots ist auf kurze Sicht
der Teil der Flüchtlinge relevant, der sich in einem erwerbsfähigen
Alter befindet. Bei den Flüchtlingen, die in 2014 nach Deutschland
kamen, lag die Erwerbsfähigenquote bei etwa 67 Prozent, im Vergleich
zu 62 Prozent für die einheimische Bevölkerung in Deutschland
(Bundesamt für Migration und Flüchtlinge Januar 2015 S.21).
Bei einer angenommenen Schutzquote von 70 Prozent für 1,1
Millionen Flüchtlinge in 2015, ergibt sich eine Zahl von etwa 516.000
Menschen im erwerbsfähigen Alter.
Die Erwerbsquote (Personen die im erwerbsfähigen Alter sind und
dem Arbeitsmarkt potentiell zur Verfügung stehen) wird aber aller
Voraussicht nach nicht bei 100 Prozent liegen. In Deutschland liegt die
Erwerbsbeteiligung bei Personen.
In der Vergangenheit war es so, dass Menschen aus Asylzugangsländern nach 15 Jahren eine Erwerbsquote von 70 Prozent aufwiesen.
Auf Basis dieser Zahlen (1,1 Millionen Flüchtlinge mit 67 Prozent
im erwerbsfähigen Alter, Erwerbsquote von 70 Prozent bei Menschen
aus Asylzugangsländern und unterstellter Schutzquote von 70 Prozent)
ergibt sich eine zusätzliche Zahl von Arbeitern von rund 361.100
Personen.
Bei einer Erwerbspersonenzahl rund 43 Millionen in bedeutet dies
laut Solow Wachstumsmodell ein langfristiges Plus von gL = gY = 0,84
Prozent durch die Zuwanderung.
Angebotseffekt
gL = gY
Eigene Prognose
(1,1 Mio. x 0,7 x 0,67 x 0,7) /43 Mio.
= 0,84 Prozent
Die ökonomischen Auswirkungen der Flüchtlingsmigration
7
3.1 Der Arbeitsmarktzugang für Flüchtlinge
Was im Solow-Modell Wachstum erzeugt bzw. in der
angebotsorientierten Theorie als Solches, ist nicht die durch die
Zuwanderung erzeugte Zunahme des erwerbsfähigen Teils der
Bevölkerung an sich, sondern die Tatsache, dass diese Menschen ihre
Arbeit auf dem Arbeitsmarkt anbieten können und somit das
Arbeitsangebot erhöhen. Hier liegt bei kurzfristiger Betrachtung der
angebotsorientierten Wirkung eines der größten arbeitsmarktrelevanten
Probleme der aktuellen Flüchtlingsmigration.
Es ist davon auszugehen, dass sich für die erste Zeit durch die
Zuwanderung zwar der Anteil der erwerbsfähigen Menschen im Land
erhöht, diese ihre Arbeit auf dem Arbeitsmarkt aber nicht anbieten
können bzw. ihnen der Zugang für die erste Zeit sehr erschwert wird.
Im Durchschnitt finden nur 8 Prozent der Flüchtlinge im Alter von 15
bis 64 Jahren im Zuzugsjahr eine Beschäftigung in Deutschland
(Institut für Arbeits- und Berufsforschung September 2015 S.9).
Der erste Grund betrifft die Asylgesetzgebung in Deutschland. In
den ersten drei Monaten, nachdem ihr Antrag aufgenommen wurde,
dürfen Flüchtlinge keine Arbeit aufnehmen. Es gilt ein striktes Arbeitsverbot. Nach Ablauf dieser Zeit erhalten Asylbewerber eine eingeschränkte Arbeitserlaubnis. Dies bedeutet, dass die Zustimmung der
zuständigen Arbeitsagentur eingeholt werden muss, bevor eine Stelle
angetreten werden kann. Hierbei findet eine sogenannte Vorrangigkeitsprüfung statt. Die Stelle kann nur von einem Asylbewerber besetzt
werden, wenn sich für diese Stelle kein vorrangiger Bewerber findet.
„Vorrangig“ in diesem Zusammenhang sind z.B. deutsche Staatsbürger, EU- Bürger oder Flüchtlinge denen der Asylstatus bereits
zuerkannt wurde. Erst nach 15 Monaten Wartezeit entfällt diese
Vorrangigkeitsprüfung bzw. sie entfällt bereits vorher, wenn das Asylverfahren positiv für den Antragsteller abgeschlossen wird. Menschen
mit einem Bleiberecht erhalten nämlich einen uneingeschränkten
Zugang zum Arbeitsmarkt (Pro-Asyl 17.11.2015).
Die Vorrangprüfung entfällt völlig für Asylbewerber mit anerkanntem Hochschulabschluss in Engpassberufen oder mit anerkanntem
Berufsabschluss in Ausbildungsberufen nach der "Positivliste".
Die Positivliste der Arbeitsagentur gibt dabei an, unter welchen
Vorrausetzungen „(…) die Besetzung offener Stellen mit
ausländischen Bewerberinnen oder Bewerbern arbeitsmarkt- und
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Frank Bödefeld
integrationspolitisch (…) verantwortbar ist.“ (Bundesamt für Arbeit
und Soziales Oktober 2015).
Die Chance auf einen zügigen Arbeitsmarktzugang aufgrund dieser
Ausnahmen für Engpassberufe, ist für die aktuell nach Deutschland
kommenden Flüchtlinge relativ gering.
Grundsätzlich weisen die im Juni 2015 bereits bei der Bundesagentur für Arbeit registrierten sozialversicherungspflichtig Beschäftigten
und Erwerbslosen aus Asylherkunftsländern im Bereich der Berufsqualifizierung Defizite auf. 22 Prozent von ihnen haben betriebliche
oder schulische berufsqualifizierende Abschlüsse erworben und
weitere 10 Prozent erhielten eine akademische Ausbildung. Über die
Hälfte (53 Prozent) hat dagegen aber keine abgeschlossene
Berufsausbildung. Bei den sozialversicherungspflichtig Beschäftigten
und Erwerbslosen aus Bürgerkriegs- und Kriegsgebieten, wie
Afghanistan, Eritrea oder Syrien liegt der Wert von Menschen ohne
Berufsabschluss mit 71 Prozent noch höher (Institut für Arbeits- und
Berufsforschung September 2015 S.5).
Ein Grund für diesen niedrigen Wert ist, dass das deutsche duale
System der Ausbildung in anderen Ländern der EU bzw. weltweit in
dieser Form nicht existiert. Die Anerkennung von im Ausland
erworbenen Berufsabschlüssen ist daher bereits im europäischen
Kontext nicht immer unproblematisch. Es gibt zwar in Deutschland das
sogenannte Anerkennungsgesetz ("Gesetz zur Verbesserung der Feststellung und Anerkennung im Ausland erworbener Berufsqualifikationen"), aber im Fall der Erfassung der Berufsqualifikationen von
Flüchtlingen kommt erschwerend hinzu, dass diese in vielen Fällen
nicht die erforderlichen Dokumente zum Nachweis ihrer erworbenen
Fähigkeiten vorweisen können. In manchen Fällen versucht man durch
simple Demonstration der Fertigkeiten, die Kenntnisse der Flüchtlinge
zu bestätigen. Solch ein Prozess ist aber aufwendig und eignet sich nur
für bestimmte Berufe (im Handwerk zum Beispiel). Oftmals bleibt für
die Betroffenen nur der Weg durch eine deutsche Ausbildung, um die
notwendige Berufsqualifikation zu erlangen (Institut für Arbeits- und
Berufsforschung September 2015 S.5).
Ein weiteres Problem in diesem Zusammenhang sind die fehlenden
Deutschkenntnisse der Menschen. Die notwendigen Sprachqualifizierungen müssen von den Betroffenen somit erst nach Ankunft in
Die ökonomischen Auswirkungen der Flüchtlingsmigration
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Deutschland erworben werden. Ein Schritt der unabdingbar ist, da ausreichende Sprachkenntnisse aus beruflicher Sicht bei der Stellensuche
von großer Bedeutung sind. Studien in dieser Richtung haben ergeben,
dass gute bzw. sehr gute Sprachkenntnisse von Migranten deren
Chancen auf dem deutschen Arbeitsmarkt erhöhen. Zudem führen
mangelnde Deutschkenntnisse dazu, dass selbst Migranten mit einer
nachgewiesenen Berufsausbildung in der Regel nur unterhalb ihres
Qualifikationsniveaus eine erste Beschäftigung finden, wenn sie die
deutsche Sprache nicht im ausreichenden Maße beherrschen (Brücker,
Herbert, Liebau, Elisabeth, Agnese Romiti und Vallizadeh, Ehsan 2014
S.1148).
Aufgrund dieser genannten Defizite werden viele der Flüchtlinge
aller Voraussicht nach zunächst nur im Niedriglohnbereich eine
Anstellung finden. Die Umfrage des ifo-Instituts im Herbst 2015
ergab, dass deutsche Unternehmen „(…) das größte Beschäftigungspotenzial für Flüchtlinge als ungelernte Hilfsarbeiter“ sehen. Von den
etwa 3.000 befragten Unternehmen sahen 41 Prozent ein großes
Potential für die Flüchtlinge, in ihrer eigenen Branche als Hilfsarbeiter
eingestellt zu werden. Die anderen 59 Prozent sahen dafür nur geringe
Chancen. 22 Prozent konnten sich vorstellen, dass die Flüchtlinge als
Facharbeiter in ihrer Branche beschäftigt werden könnten, aber nur 3
Prozent eine hielten eine Anstellung als Führungskraft für realistisch
(ifo-Institut 26.11.2015).
Abschließend kann als weiterer Grund für den verzögerten
Arbeitsmarktzugang der Flüchtlinge, neben der Asylgesetzgebung und
fehlendem Nachweis von Berufsqualifikationen, die langen Warte- und
Bearbeitungszeiten genannt werden.
Bei der aktuell hohen Zahl an Flüchtlingen reichen die Kapazitäten
der Bundesländer für eine zeitnahe Erfassung und Bearbeitung der
Fälle nicht aus.
Im Jahr 2014 belief sich die durchschnittliche Dauer der
Asylverfahren auf 11,3 Monate und der Median (der Wert, bei dem die
Hälfte der Verfahren zum Abschluss kam) betrug sieben Monate (DIW
2015 S. 842).
Für manche Herkunftsländer ist dieser Wert noch deutlich höher.
Asylbewerber aus Afghanistan zum Beispiel müssen im Schnitt 16,5
Monate auf einen Entscheid in ihrer Sache warten (Thränhardt,
Dietrich Mai 2015 S.16f).
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Das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge gibt offiziell die
durchschnittliche Bearbeitungszeit für Asylanträge im Oktober 2015
mit 5,3 Monaten an. Für Menschen aus Afghanistan und Irak ergeben
sich dabei in der Regel längere Bearbeitungszeiten. Der Grund hierfür
liegt unter anderem im Fehlen von Dolmetschern (Bayrischer
Rundfunk 02.10.2015).
Zu diesen rund 5 Monaten muss aber noch die Wartezeit
hinzugerechnet werden, die vergeht bis Flüchtlinge überhaupt offiziell
ihren Asylantrag einreichen können. Die Zeit bis es einem, in
Deutschland angekommenen, Flüchtling formal möglich ist seinen
Antrag auf Asyl beim Bundesamt für Migration und Flüchtlinge
einzureichen, beträgt im Herbst 2015 bis zu 9 Monate. In manchen
Fällen ist die Zeit noch länger, wie zum Beispiel für Menschen aus
Irak und Afghanistan, aus den bereits genannten Gründen
(Flüchtlingsrat Berlin e.V. S. 1).
Es vergehen so im Schnitt bis zu 2 Jahre bis über einen Asylantrag
entschieden ist und die Menschen bei positiv Ausgang einen
uneingeschränkten Zugang zum Arbeitsmarkt erhalten. Aufgrund diese
langen Zeit ergeben sich bei den Flüchtlingen ähnliche Problem wie
bei Langzeitarbeitslosen allgemein. Es besteht die Gefahr von
„Hysterese“, bei dem die Menschen mit der Zeit ihre bereits
erworbenen Fähigkeiten für bestimmte Berufe verlernen und darüber
hinaus die Arbeitsmotivation immer weiter absinkt (Bundeszentrale für
politische Bildung 2010).
3.2 Die erwartete Wirkung des erhöhten Arbeitsangebots durch
die Flüchtlingsmigration
Auf Basis der genannten Faktoren ist es wahrscheinlich, dass durch
die Flüchtlingsmigration von 1,1 Millionen Menschen in 2015 die
Erwerbspersonenzahl nicht schlagartig vergrößern wird, und auch der
Aufbau der Zahl der Erwerbstätigen sich über mehrere Jahre hinziehen
wird. In der Vergangenheit belief sich der Anteil der Beschäftigten an
der Bevölkerung von 15 bis 64 Jahren unter den Flüchtlingen im
Zuzugsjahr durchschnittlich auf 8 Prozent. Nach fünf Jahren stieg der
Anteil auf knapp 50 Prozent, nach zehn Jahren auf 60 Prozent und
nach 15 Jahren auf knapp 70 Prozent (Institut für Arbeits- und
Berufsforschung September 2015 S.9).
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Die höhere Zahl von Flüchtlingen in den letzten Jahren hat sich
dabei bereits auf dem Arbeitsmarkt in 2015 bemerkbar gemacht. Im
Oktober 2015 gab es insgesamt 506.000 registrierte Beschäftigte aus
Asylzugangsländern. Dies waren 42.000 bzw. 9,1 Prozent mehr
Beschäftigte als zum gleichen Zeitpunkt in 2014. Dabei fiel der
Anstieg von Personen mit einer syrischen Staatsangehörigkeit mit 49
Prozent relativ am stärksten aus. Von 42.000 zusätzlichen
Beschäftigten entfielen 39.000 auf sozialversicherungspflichtige
Beschäftigungsverhältnisse.
Der
Rest
waren
geringfügige
Beschäftigungen (Bundesagentur für Arbeit Dezember 2015 S.8).
Die
Beschäftigungsausweitung
erhöht
dabei
das
Bruttoinlandsprodukt. Die Einkommen der einheimischen Bevölkerung
steigen darüber hinaus ebenfalls, wenn davon ausgegangen wird, dass
ihnen zum großen Teil die Unternehmens- bzw. Kapitalanlagen im
Land gehören und nicht dem Ausland (Institut der Arbeits- und
Berufsforschung Januar 2015 S.8).
Wie erwähnt finden aber nicht alle Menschen aus
Asylzuzugsländern sofort in Deutschland Arbeit, sondern erhöhen
zunächst auch die Zahl die Erwerbslosen. Die Zahl der
Leistungsempfänger im SGB II aus den Asylzugangsländern stieg im
Oktober 2015 im Vergleich zum Jahr davor um 26 Prozent. Besonders
stark war der Anstieg bei den Staatsangehörigen aus Syrien. Der Anteil
der Personen aus den Asylzuwanderungsländern an allen
Leistungsempfängern im SGB II hat sich so von 6,0 Prozent auf 7,5
Prozent erhöht (Bundesagentur für Arbeit Dezember 2015 S.11).
Ein Grund für die höhere Arbeitslosigkeit ist aus angebotsorientierter Sicht unter anderem der gesetzliche Mindestlohn. Wie erwähnt,
finden Menschen aus Asylzuzugsländern überwiegend im Niedriglohn
eine Beschäftigung. Mit steigender Zahl des Arbeitsangebots in diesem
Bereich sollten auf einem neoklassischen Arbeitsmarkt die Löhne
kurzfristig fallen. Seit Anfang 2015 gilt jedoch ein gesetzlicher
Mindestlohn von 8,50 Euro. Darüber hinaus gibt es tarifliche
Vereinbarungen bzgl. der verschiedenen Lohn- und Gehaltsgruppen für
die jeweiligen Branchen in verschiedenen Teilen des Landes.
Durch diese gesetzlichen und tariflichen Mindestlöhne ist relativ
schnell eine Grenze erreicht unter den der Lohn einer legalen Beschäftigung nicht fallen kann. Aus angebotsorientierter Sicht bedeutet
eine solche Situation eine Zunahme von unfreiwilliger Arbeitslosig-
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keit. Menschen (solche mit Migrationshintergrund und ohne gleichermaßen) sind vielleicht bereit, ihre Arbeit bei einem fallenden
Lohnniveau für einen niedrigeren Lohn anzubieten, können dies
aufgrund gesetzlicher und tariflicher Bestimmungen aber nicht tun. Ein
Teil der neu hinzugekommenen Erwerbspersonen würde also nicht
beschäftigt werden, sondern unfreiwillig arbeitslos sein, zusammen mit
dem Teil der arbeitslosgemeldeten heimischen Arbeiter, die ihre Arbeit
ebenfalls nicht zu einem geringeren Lohn anbieten können.
Der Präsident der Bundesvereinigung der Arbeitgeberverbände
(BDA) Ingo Kramer plädiert in diesen Zusammenhang für eine
komplette Abschaffung des eingeführten Mindestlohns (Frankfurter
Rundschau 19.11.2015).
Abgesehen von der Abschaffung des Mindestlohns hätten auch
umfassende Qualifikations- und Integrationsmaßnahmen für die
Menschen aus Asylzuzugsländern eine positive Wirkung, da so die
Chance auch außerhalb des Niedriglohnbereichs Arbeit zu finden
vergrößert wird und somit die Mindestlohnschwelle nicht ins Gewicht
fallen würde.
Darüber hinaus ist das Thema der verbesserten Verfahren zur
Anerkennung im Ausland erworbener Berufsabschlüsse und Qualifikationen ein weiterer Bereich bei dem Deutschland verhindern kann,
dass Migranten zum überwiegenden Teil nur im Niedriglohnbereich
eine Beschäftigung finden.
Der Effekt auf die Löhne der einheimischen Arbeiter ist aller
Voraussicht nach gering und zum Teil positiv.
Wie im Theorieteil erwähnt wächst die Produktivität langfristig mit
der gleichen Rate wie die Beschäftigung. Da Arbeiter mit ihren
Grenzprodukt entlohnt werden, bleibt der Lohn somit konstant.
Es ergibt darüber hinaus ein positiver Effekt für den Teil der
einheimischen Beschäftigten, die eine komplementäre Leistung zur
Arbeit der Menschen aus Asylzugangsländern anbieten.
Einen solchen positiven Effekt für besserqualifizierte Beschäftigte
bei Zuwanderung von niedrigqualifizierten Arbeitern wurden unter
anderem von Studien in Großbritannien, der Schweiz und Schweden
festgestellt (International Monetary Fund 2016 S.23).
Die ökonomischen Auswirkungen der Flüchtlingsmigration
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4 Die Flüchtlingsmigration aus nachfragorientierter Sicht
Im Gegensatz zur neoklassischen Theorie, steht bei der
nachfrageorientierten Sicht der Flüchtlingsmigration nicht die Frage
nach dem Erwerbspersonenpotential der Flüchtlinge und deren Zugang
zum Arbeitsmarkt im Mittelpunkt. Die ökonomische Wirkung der
Flüchtlingsmigration ist bereits früher spürbar. Jeder Einzelne der in
2015 in etwa erwarteten 1,1 Million Flüchtlinge bringt seine eigene
(autonome) Nachfrage, zunächst nach grundlegenden Dingen wie
Verpflegung und einer Unterkunft mit. Dies bedeutet, dass sich der
autonome Teil der Nachfrage vergrößert. Ein höheres
Gütermarktgleichgewicht bedeutet wiederrum eine höhere Nachfrage
auf dem Arbeitsmarkt, um dieses zusätzliche Output herzustellen. Dies
erhöht die Beschäftigung. Somit errechnet sich die Veränderung des
Einkommens indem die Veränderung des autonomen Teils der
Nachfrage mal dem Multiplikator.
4.1 Erhöhte Staatsnachfrage und privater Konsum
Eine höhere Zahl von Flüchtlingen führt unmittelbar zu einer
höheren Staatsnachfrage, die zu mindestens kurzfristig einen großen
Teil der hinzugekommenen autonomen Nachfrage ausmacht.
Der andere Teil ist der hinzugekommene private Konsum der
Flüchtlinge selbst. Dieser wird kurzfristig vor allem durch
Transferleistungen des Staates getragen, aber auch durch eine
Steigerung des privaten Verbrauch eines Teils der einheimischen
Bevölkerung, der nun eine Beschäftigung gefunden hat.
Für die Kosten der Aufnahme, Unterbringung und Erstversorgung
der Flüchtlinge sind grundsätzlich die jeweiligen Bundesländer und
deren Kommunen verantwortlich. Nach Angaben des statistischen
Bundesamtes beliefen sich die Kosten für die Kommunen der 13
Flächenbundesländer (Stadtstaaten wie Hamburg oder Bremen sind
nicht erfasst) im ersten Halbjahr 2015 auf 1,2 Milliarden Euro. Dies ist
ein Anstieg von 70 Prozent im Vergleich zum ersten Halbjahr 2014.
Insgesamt macht dieser Betrag bei Gesamtausgaben der Kommunen in
Höhe von circa 105 Milliarden Euro, etwa ein Prozent aus (Der Spiegel
24.09.2015).
Kurzfristig können diese Ausgaben auf weit über 10 Milliarden
Euro ansteigen. Grundlage dieser Schätzung ist die Pauschale von
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12.000 bis 13.000 Euro je Asylbewerber, die einige der Bundesländer
an ihre Kreise und Kommunen pro Jahr zahlen (für Unterbringung,
Verpflegung etc.). In Berlin beträgt die Pauschale zum Beispiel 12.000
Euro, während sie in Baden-Württemberg derzeit bei 13.260 Euro liegt
(Weingartner, Maximilian und Plickert, Philip September 2015).
Bei einer Zahl von 1,1 Million Flüchtlingen in 2015 belaufen sich
die Kosten bzw. die staatliche Nachfrage für ein Jahr auf 12,2 bis 13,3
Milliarden Euro.
Aus Nachfragesicht macht eine Differenzierung der Flüchtlinge in
Menschen mit Aussicht auf Asyl und denen mit nur geringen Chancen,
wie im angebotsorientierten Teil besprochen, kurzfristig keinen Sinn.
Auch wenn nicht alle Flüchtlinge ein Anrecht auf Asyl und damit ein
längerfristiges Bleiberecht in Deutschland erhalten werden, müssen sie
zunächst wie alle anderen auch mit dem Nötigsten versorgt werden.
Während der unmittelbare Bedarf für Verpflegung und
Unterbringung der 1,1 Million Menschen, ungefähr 12 bis 13
Milliarden Euro im Jahr beträgt, ergeben sich in der Folge weitere
Kosten, besonders für den Teil der Zuwanderer, der ein Bleibebrecht in
Deutschland erhalten wird.
Das Ifo-Institut geht dabei in einer Schätzung von Kosten von 21,5
Milliarden Euro für das Jahr 2015 aus. Dies beruht auf der Annahme,
dass bis zum Jahresende 1,1 Millionen Flüchtlinge nach Deutschland
einreisen. In den Kosten sind dabei, neben den grundlegenden
Aufwendungen für Behausung und Ernährung, weitere Posten wie
Kitas, Schulen, Deutschkurse, Ausbildung und Verwaltung mit
eingerechnet (Handelsblatt 10.11.2015).
Ein großer Bereich ist dabei der Wohnungsbau. Im Bereich der
Unterkünfte werden für die Menschen kurzfristig vor allem zusätzliche
Erstaufnahmeeinrichtungen geschaffen, bei denen man oftmals
bestehende Immobilien (wie zum Beispiel leerstehende Schulgebäude)
saniert bzw. zum Zweck der Unterkunft umbaut. Nach eigenen Aussagen waren die Kommunen im Oktober 2015 auf die Aufnahme von
knapp 500.000 Flüchtlingen vorbereitet (Ernst & Young 2015 S.9).
Gezählt wurden aber in 2015 über 1 Million Flüchtlinge. Es fehlten
daher im Oktober 2015 noch Kapazitäten zur Unterbringung von mindestens 500.000 Menschen. Jede dritte Kommune plante bei der Schaffung dieses zusätzlichen Wohnraums für Asylbewerber die Errichtung
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von neuen Wohngebäuden. 17 Prozent planen die Sanierung von
leerstehenden Wohnimmobilien (Ernst & Young 2015 S.21).
Es ergibt sich dadurch ein höherer Bedarf an Baumaßnahmen und
somit Aufträge für Bauunternehmen, die wiederum werden für die
Bewältigung der höheren Nachfrage mehr Arbeiter benötigen.
Mittelfristig ergibt sich durch die stärkere Zuwanderung darüber
hinaus ein zusätzlicher Bedarf an dauerhaftem Wohnraum, da ein
überwiegender Teil der Flüchtlinge ein Bleiberecht in Deutschland
erhalten wird. Eine Studie des Pestel-Institus geht bis 2020 von einem
jährlichen Bedarf von 400.000 neuen Einheiten aus (Tagesschau
15.09.2015)
Bundesbauministerin Barbara Hendricks ging im Sommer 2015 in
einer eigenen Schätzung ihres Ministeriums von einem jährlichen
Bedarf von 350.000 Wohnungen, die neu geschaffen werden müssen,
aus („Die Zeit“ 17.09.2015).
Im Bereich der Verwaltung bzw. des öffentlichen Dienstes kündigte
der Bund, die Länder und die Kommunen ebenfalls einen erhöhten
Bedarf an Mitarbeitern an. Nach einer Schätzung des Beamtenbunds
und Tarifunion (DBB) benötigt der öffentliche Dienst rund 180.000
Mitarbeiter mehr, um die Aufgaben rund um die Flüchtlingsmigration,
bewältigen zu können („Frankfurter Rundschau“ 17.11.2015).
Bei diesen geforderten Neueinstellungen handelt sich zum einen um
Verwaltungsstellen für eine schnellere Bearbeitung von Asylanträgen
und ähnlichen, aber auch um Bedarf, der sich durch die
Integrationsaufgaben ergibt. So werden unter anderem mehr
Mitarbeiter für die geplante Ausweitung des Angebots von
Integrations- bzw. Sprachkursen benötigt.
Die Kommunen selbst gehen, aufgrund des Flüchtlingszuzugs, bei
Bereichen wie der Kinderbetreuung, Integrations- und Sprachkursen
und schulische Betreuung von Ausgabensteigerungen zwischen 10 bis
13 Prozent in 2015/16 aus (Ernst & Young 2015 S.16).
Teil der direkten Ausgaben für Unterbringung und Verpflegung der
Flüchtlinge im Rahmen von 12 bis 13 Milliarden Euro, sind auch
Transferleistungen an die Flüchtlinge selbst.
Asylbewerber erhalten monatlich das sogenannte Existenzminimum, im Wert von 352 Euro. Für die in 2015 erwarteten 1,1 Millionen
Flüchtlinge, wären dies etwa 4,65 Milliarden Euro an zusätzlichen
16
Frank Bödefeld
Transferleistungen pro Jahr für die Zeit als Asylbewerber (Bundesregierung November 2014).
Bei 12 Milliarden Euro an direkten Flüchtlingsaufwendungen,
beträgt der Anteil rund 39 Prozent.
Zu beachten ist bei diesem Punkt, dass der Betrag nicht zu 100
Prozent als Bargeldauszahlung erfolgt, sondern auch in Form von
Sachleistungen. In welchem Verhältnis das Existenzminimum von 352
Euro in Sachleistungen oder Bargeldauszahlung erfolgt, liegt im
Ermessen der einzelnen Bundesländer und der verantwortlichen
Behörden vor Ort.
Zusammenfassend lässt sich festhalten, dass als unmittelbare
Konsequenz der Zuwanderung der Flüchtlinge und deren autonome
Nachfrage nach Dienstleistungen und grundlegenden Gütern, die
Staatsnachfrage und Transferleistungen steigen. Um diese erhöhte
Nachfrage nach bestimmten Leistungen zu befriedigen kommt es bei
den „Unternehmen“ (staatlich und nichtstaatlich) zu einer Produktionsausweitung. Sie stellen mehr Güter und Dienstleistungen her. Für die
Produktionsausweitung werden u.a. mehr „Arbeiter“ (bzw. mehr
Erzieher, Beamte, Lehrer, Bauarbeiter, Arbeiter in der Tabakindustrie
etc.) benötigt.
Durch die autonome höhere Nachfrage stellen sich so Zweit- und
Drittrundeneffekte ein. Dieser Effekt wird bei Keynes als Ausgabenmultiplikator beschrieben. Je höher die marginale Konsumneigung
desto höher ist generell auch der Effekt des Multiplikators. In diesem
Fall sind es der Staatsausgaben- und der Transfermultiplikator. Empirische Studien sehen den Staatsausgabenmultiplikator dabei oft zwischen 1 und 1,5 (Betz, Karl, Ehret, Martin und Raulf, Frank 2013 S.
4f).
Bei einem geschätzten Plus bei C0 von 30 Milliarden Euro durch
die Zuwanderung der Flüchtlinge für 2016 und einen unterstellten
Multiplikator von 1 ergebe sich für Deutschland, dessen Bruttoinlandsprodukt bei rund 3 Billionen Euro liegt, folgendes Bild:
Eigene Prognose
Nachfrageeffekt
Y = [1/(1-c)] × Co
30/3000 x 1 = 1 Prozent
Die ökonomischen Auswirkungen der Flüchtlingsmigration
17
Beim Transfermultiplikator ist zu beachten, dass in der Literatur in
der Regel davon ausgegangen wird, dass Migranten eine höhere
Sparquote aufweisen als die einheimische Bevölkerung. Dieser Effekt
sei besonders in den ersten Jahren ausgeprägt (Bundesamt für
Migration und Flüchtlinge 2005 S.42).
Bei den aktuellen Zuwanderern ist es ebenfalls möglich, dass sie
einen gewissen Teil ihres verfügbaren Einkommens sparen bzw. ein
größerer Teil des Geldes ins Ausland geht, zum Beispiel um
Verwandte im Heimatland zu unterstützen bzw. diese nachzuholen. In
der Vergangenheit glich sich das Sparverhalten dann mit den Jahren
dem der Einheimischen an. Ein Grund dafür ist z.B. eine gelungene
Integration. Flüchtlinge, die nicht wissen ob sie längerfristig im Land
bleiben können, werden sich generell beim Konsum zurückhalten
(Neumann, Thomas 1996 S.33).
Die Bedeutung von umfassenden Integrationsmaßnahmen findet
sich somit in der angebots- und nachfrageorientierten Theorie. In
diesem Fall ist der Ausgangspunkt nicht die positive Wirkung auf dem
Arbeitsmarkt, sondern die positive Wirkung einer gelungenen
Integration der Flüchtlinge auf den Multiplikator und somit auf die
gesamtwirtschaftliche Nachfrage.
Bei einer steigenden Staatsnachfrage ist ebenfalls zu beachten, dass
verschiedene Studien in der Vergangenheit zu dem Schluss kamen,
dass die Höhe des Multiplikatoreffekt abhängig ist von der
konjunkturellen Lage der Volkswirtschaft. Auerbach und
Gorodnichenko sehen zum Beispiel einen größeren Impuls durch
zusätzliche Staatsausgaben in Zeiten einer Rezession. In dieser Zeit ist
auch die Gefahr einer inflationären Wirkung geringer, die ansonsten
einen negativen Effekt auf den Multiplikator haben kann (Auerbach,
Alan J. und Gorodnichenko, Yuriy 2012 S. 20).
Auf kurze Sicht ist durch die steigende Nachfrage mit einer
sinkenden Arbeitslosenquote zu rechnen, da einige Monate vergehen
werden, bis der erwerbsfähige Teil der Zuwanderer mit Bleibebrecht
auf dem Arbeitsmarkt seine Arbeit anbieten kann und damit das
Arbeitsangebot vergrößert. So werden von der höheren Nachfrage auf
dem Arbeitsmarkt kurzfristig fast ausschließlich die einheimischen
Arbeiter profitieren. Sobald die Flüchtlinge mit Bleiberecht ihre Arbeit
anbieten dürfen, kann es aber zu einer höheren Arbeitslosigkeit
18
Frank Bödefeld
kommen, da nicht sicher ist, ob die Erhöhung der
gesamtwirtschaftlichen Nachfrage (und die damit verbundene
Erhöhung der Beschäftigung) ausreicht, um die Arbeitslosenquote
konstant zu halten. Ein Großteil dieser Arbeitslosigkeit wird aller
Voraussicht, z.B. aufgrund von fehlender Berufsqualifizierung und
Sprachkenntnissen, von den Flüchtlingen selbst getragen werden.
Anders als in der angebotsorientierten Betrachtung ist der Grund für
diese steigende Arbeitslosigkeit aber nicht der gesetzliche Mindestlohn
bzw. ein allgemein zu starrer Arbeitsmarkt, sondern das Fehlen der
entsprechenden Nachfrage. Die Arbeitslosigkeit ist allgemein bei
Menschen mit fehlender Qualifikation aktuell sehr hoch. Von den 25bis 64-jährigen Arbeitslosen sind bundesweit 45 Prozent aufgrund ihrer
geringen Qualifikation auf die Suche nach Helfertätigkeiten beschränkt
(Institut für Arbeits- und Berufsforschung November 2014 S.5).
Die zusätzliche Nachfrage durch die Flüchtlinge wird zwar auch die
Nachfrage nach Arbeitskräften mit geringer Qualifikation erhöhen,
aber aller Voraussicht nach nicht in dem Umfang, um eine insgesamt
steigende Arbeitslosigkeit zu verhindern.
4.2 Die kurzfristige Finanzierung der Flüchtlingsmigration
Eine höhere Staatsnachfrage aufgrund der hohen Zahl an
Flüchtlingen wirkt im Prinzip wie ein Konjunkturpaket. Zu beachten
ist jedoch, in welcher Weise die Kosten des Staates für die Flüchtlinge
gegenfinanziert werden. Wenn im Gegenzug zum Beispiel Leistungen
des Staates an anderer Stelle gekürzt werden, dann werden sich beide
Effekte mehr oder weniger neutralisieren. Es ist in dem Fall de facto
keine erhöhte Staatsnachfrage, sondern lediglich eine Umverteilung
zwischen verschiedenen Aufwandsposten im Etat. Es ist also zu
untersuchen, wie der Bund, die Länder und Kommunen die erhöhten
Kosten aufgrund der Flüchtlingsmigration finanzieren und welche
Auswirkung dies auf die Gesamtnachfrage hat.
Der Bund selbst hat im Haushaltsetat für 2016 etwa 8,6 Milliarden
Euro für die Flüchtlingsausgaben vorgesehen. Davon gehen 4,3
Milliarden Euro an die Länder für die Erstaufnahme. Die weiteren
Milliarden werden für den Sozial- und den Innen-Etat verwandt. Mit
dem Geld sollen zum Beispiel mehr Stellen für das Bundesamt für
Die ökonomischen Auswirkungen der Flüchtlingsmigration
19
Migration und Flüchtlinge und die Bundespolizei bezahlt werden
(„Handelsblatt“ 13.11.2015).
Finanziert werden sollen die zusätzlichen Aufwendungen unter
anderem durch die frei werdenden Mittel durch den Wegfall des
Betreuungsgelds, das vom Verfassungsgericht für unrechtmäßig erklärt
worden war („Handelsblatt“ 25.09.2015).
Neben den freigewordenen Mitteln für das Elterngeld werden die
Einnahmen der Versteigerung von Mobilfunklizenzen in diesem Jahr
für Finanzierung der Flüchtlinge verwandt (Geers, Theo September
2015).
Darüber hinaus werden 5 Milliarden Euro, die der Bund aufgrund
von steuerlichen Mehreinnahmen dieses Jahr als Plus verzeichnen
konnte, nicht wie geplant für die Tilgung der Staatsschulden verwandt
werden, sondern im Rahmen eines Nachtragshaushalts wurden diese
Milliarden in eine Rücklage transferiert. Mit diesem Geld soll 2016 der
Zuschuss an die Länder für die Unterbringung und Verpflegung der
Asylbewerber finanziert werden (Geers, Theo September 2015).
Während der Bund aller Voraussicht nach die kurzfristigen Kosten
der Flüchtlingsmigration ohne andere Einsparungen im Etat, höhere
Steuern oder neue Schulden bewältigen wird, sieht es auf Seite der
Kommunen, die grundsätzlich für die Erstaufnahme und Versorgung
der Asylbewerber verantwortlich sind, anders aus. Trotz Zusagen des
Bundes, sich an den Kosten für die Aufnahme und Unterbringung in
2015 und 2016 stärker zu beteiligen, erwarten 28 Prozent bzw. mehr
als jede vierte Kommune, dass sie aufgrund der zusätzlichen Aufgaben
2015 neue Schulden machen müssen (Ernst & Young 2015 S.12).
Hochgerechnet gingen die Kommunen dabei von einem zusätzlichen
Schuldenbetrag in Höhe von etwa 1,1 Milliarden Euro für 2015 aus.
Für 2016 gaben etwa 40 Prozent der deutschen Kommunen an, dass
sie für die Versorgung und Unterbringung der Flüchtlinge neue
Schulden
aufnehmen
müssen.
Besonders
hoch
ist
der
Finanzierungsbedarf in Nordrhein-Westfalen. Hier erwartet jede zweite
Kommune, dass neue Schulden nötig seien werden. Insgesamt ergibt
sich laut Hochrechnung für 2016 ein zusätzlicher Schuldenbetrag von
nochmals 1,2 Milliarden Euro für die Kommunen bundesweit.
20
Frank Bödefeld
5 Die fiskalische Wirkung der Flüchtlingsmigration
Aus angebotsorientierter Sicht ist die Zuwanderung der Flüchtlinge
zunächst mit hohen Kosten für den Staat verbunden. Diese fallen zum
Beispiel für die Unterbringung und Verpflegung der Menschen selbst
an. Später sind es zusätzliche Posten wie Sprach- und
Integrationskurse, die darüber hinaus mit ins Gewicht fallen.
Das Ifo-Institut geht, wie zuvor bereits benannt, in einer Schätzung
bei einer Flüchtlingszahl von etwa 1,1 Millionen von Kosten in Höhe
von 21,5 Milliarden Euro für 2015 aus.
In der Anfangszeit, solange die Flüchtlinge das Arbeitsangebot
nicht vergrößern, stehen diesen Kosten keine Einnahmen durch die
Zuwanderer gegenüber. Wie zuvor ausgeführt, wird aber durch die
Zuwanderung der Flüchtlinge mittelfristig, durch den Teil der
Menschen die eine Bleibebrecht erhalten, ein höheres
Beschäftigungsniveau in Deutschland erwartet. Aus fiskalischer Sicht
bedeutet dies eine höhere Zahl an Steuerzahlern und Arbeitern, die in
die Sozialversicherungssysteme einzahlen.
Je höher die Schutzquote desto höher im späteren Verlauf auch die
fiskalischen Rückflüsse für den Staat. Müssten alle Flüchtlinge
Deutschland wieder verlassen, ständen den Ausgaben auch langfristig
keine Einnahmen gegenüber.
Da es mit Blick auf die Erfahrungen aus der Vergangenheit
wahrscheinlich ist, dass viele der Flüchtlinge nur im
Niedriglohnbereich eine Anstellung finden, wird das Steuer- und
Abgabenaufkommen geringer ausfallen als vergleichsweise bei
Einheimischen.
Eine Person mit Asylstatus, die Vollzeit arbeitet, verdiente in der
Vergangenheit im Durschnitt im ersten Jahr nach dem Zuzug 1100
Euro. Nach zehn Jahren lag der Wert bei 1500 Euro und nach 15
Jahren bei 1600 bis 1700 Euro. Im Vergleich zu anderen Migranten,
war das Lohnniveau von Flüchtlingen im ersten Jahr ihrer
Beschäftigung 400 Euro niedriger und auch nach 15 Jahren blieb im
Durchschnitt eine Differenz von 300 Euro bestehen. Damit gehörten
Menschen, die als Flüchtlinge nach Deutschland kamen, in der
Vergangenheit im Durchschnitt zu den am schlechtesten verdienenden
Die ökonomischen Auswirkungen der Flüchtlingsmigration
21
Gruppen auf dem deutschen Arbeitsmarkt (Weingartner, Maximilian
und Plickert, Philip September 2015).
Zu beachten ist bei diesem Punkt, dass durch den eingeführten
Mindestlohn, der Durchschnittsverdient im Niedriglohnbereich, auch
für Menschen aus Asylzuzugsländern, steigen sollte.
Ein positiver Aspekt bei den aktuellen Flüchtlingen ist, dass sie im
Schnitt relativ jung sind, daraus ergibt sich eine längere Zeitspanne der
möglichen Erwerbstätigkeit.
Eine Möglichkeit aus Angebotssicht die direkten fiskalischen
Kosten mit dessen Nutzen zu vergleichen, stellt die „Cash-FlowBilanz“ dar. Mit Hilfe einer „Cash-Flow-Bilanz“ lässt sich zeigen, in
welcher Höhe direkt zurechenbare Zahlungsströme vom Staat zum
Bürger (z.B. in Form von Sozialleistungen, Bildungsausgaben) und
vom Bürger zum Staat (z.B. in Form von gezahlten Steuern und
Sozialversicherungsbeiträgen) fließen.
In einer 1994 veröffentlichten Studie kam Ralf Ulrich für das
Basisjahr 1984 zu dem Ergebnis, dass Zuwanderer in Deutschland
einen insgesamt positiven Fiskaleffekt auf den deutschen
Staatshaushalt hatten (Bundesamt für Migration und Flüchtlinge 2005
S. 24f).
Der Hauptgrund waren die hohen Rentenbeiträge der Zuwanderer,
die großenteils jung und nicht selbst im Rentenalter waren. Dagegen
nahmen Menschen mit Migrationshintergrund im Vergleich zu den
Einheimischen überproportional Arbeitslosengeld, die damalige
Sozialhilfe und Kindergeld in Anspruch (Bundesamt für Migration und
Flüchtlinge 2005 S. 25).
Das Ergebnis dieser Studie ist nur als eine Momentaufnahme zu
verstehen, da ein sich mit der Zeit verändernden Altersaufbau (und
damit
veränderte
Nettozahlungen)
der
Zuwanderer
nicht
mitberücksichtigt wurde. Im Laufe des Lebens werden sie zum
Beispiel bei der Rentenkasse vom Beitragszahler zum Empfänger.
In der Studie von Hans Werner Sinn aus dem Jahre 2001 wurde aus
diesem Grund der Nettofiskaleffekt der Zuwanderer in Deutschland
unter der Annahme untersucht, dass Transferleistungen und Beiträge je
nach Altersabschnitt variieren. So wurden unter anderem bei den
Kalkulationen zurückgestellte Sozialleistungen wie etwa Renten- und
Pflegeversicherung als Transfers mitberücksichtigt. Im Gegensatz zu
22
Frank Bödefeld
Ulrich kam Sinn zu dem Ergebnis, dass die Nettobeiträge von
Zuwanderern zum deutschen Sozialversicherungssystem 1997
insgesamt negativ waren. Nur bei Zuwanderern, die seit mehr als 25
Jahren in Deutschland lebten, war der fiskalische Beitrag zum
Sozialversicherungssystem mit 1.670 DM positiv. Bei allen anderen
Zuwanderern war der Beitrag negativ (Sinn, Hans-Werner (2001)
S.226).
Eine Rolle spielt dabei der Altersaufbau. Zuwanderer sind in der
Regel jünger als der Durchschnitt der einheimischen Bevölkerung in
Deutschland, was sich auf die Erwerbsdauer und damit den
Nettobeitrag positiv auswirkt. Sie nehmen im größeren Maße
Sozialleistungen wie Arbeitslosengeld in Anspruch als der Rest der
Bevölkerung, dafür sind sie weniger krank und belasten so im
geringeren Umfang das Gesundheitssystem (Glover, Stephen (2001)
S.43f).
Bei den aktuellen Flüchtlingen geht man ebenfalls davon aus, dass
diese gesünder sind als der durchschnittliche Deutsche, was wiederum
am Altersaufbau liegt. Die Bundesärztekammer schätzt die
Gesundheitskosten pro Flüchtling und Jahr auf 2.300 Euro. Das sind
600 Euro weniger als bei einem Deutschen („Die Welt“ 31.12.15).
In einer weiteren Studie für das DIW kommt Bauer zu der
Erkenntnis, dass die Höhe des Fiskaleffekts der Zuwanderer neben der
Länge des Aufenthalts in Deutschland, im besonderen Maße von einer
erfolgreichen Arbeitsmarktintegration abhängt. Anstrengungen des
Staates für eine möglichst schnelle Integration von Zuwanderern,
zahlen sich so durch einen später positiven Beitrag der Zuwanderer aus
(Bauer, Thomas K. 2002 S. 264f).
In diesem Zusammenhang machen sich die Arbeitsverbote für
Asylbewerber in der Anfangszeit negativ bemerkbar.
Aus der bisher aktuellsten Studie von Holger Bonin vom Zentrum
für Europäische Wirtschaftsforschung (ZEW) geht hervor, dass im Jahr
2012 die gezahlten Steuern und Abgaben, der in Deutschland
lebenden, Ausländer, die persönlich zurechenbaren Leistungen des
Staates
und
der
Sozialversicherungen
(u.a.
geleistete
Transferleistungen und Bildungsausgaben) im Durchschnitt um 3.300
Euro pro Kopf überstiegen (Institut für Arbeitsmarkt und
Berufsforschung August 2015 S. 2f)
Die ökonomischen Auswirkungen der Flüchtlingsmigration
23
Beachtet wird wie bei Sinn auch, dass die ausländischen Mitbürger
im Laufe der Zeit älter werden und aus dem Berufsleben ausscheiden.
Werden die insgesamt erbrachten Steuern und Beiträge der
ausländischen Bevölkerung den künftigen Ansprüchen an die
Sozialtransfers (z.B. Rentenzahlungen) gegenübergestellt, entsteht ein
Überschuss für den Staat von 22.300 Euro pro Kopf. Der Nutzen über
die Lebenszeit gesehen, fällt also insgesamt positiv aus, ist aber
deutlich geringer als der in der ZEW-Studie von Bonin ermittelte
Überschuss für die deutsche Bevölkerung von 88.500 Euro pro Kopf
(„Die Zeit“ 09.01.2015).
Die Nettobeiträge werden aus Sicht des Staates generell ab dem
Zeitpunkt positiv, ab dem die Menschen ins Erwerbsleben eintreten. In
der Zeit davor und danach, gibt der Staat mehr Geld aus, als er
zurückbekommt.
Zu beachten ist dabei, dass die deutsche Bevölkerung immer älter
wird und weniger junge Menschen ins erwerbsfähige Alter
nachwachsen. Der Nettobeitrag der Einheimischen ist somit im
Vergleich zu den Zuwanderern zwar höher, aber es immer weniger
Deutsche die diesen Beitrag tatsächlich erbringen.
Bei den 1,1 Millionen Flüchtlingen in 2015 ergibt sich so
kurzfristig ein Erwerbsfähigenpotential von etwa 70 Prozent. Diese
Menschen im erwerbsfähigen Alter haben dem deutschen Staat bis zu
diesem Zeitpunkt keine negativen Fiskalbeiträge beschert. Die Kosten
des Heranwachens dieser Menschen fielen in ihren Heimatländern an.
Somit haben sie in diesem Punkt einen Vorteil gegenüber den
Einheimischen, die bis zur Zeit ihrer Erwerbsfähigkeit nur negative
Fiskalbeiträge vorzuweisen haben. Eine „Hypothek“, die sie durch
spätere Zeit der Beschäftigung erst wieder „abbezahlen“ müssen.
Neben direkt zurechenbaren Ausgaben und Einnahmen des Staates
für seine Bürger, gibt es allgemeine Aufwandsposten, die sich nicht
ohne weiteres einer einzelnen Person zuschreiben lassen. Zu diesen
Kosten gehören unter anderem die Ausgaben zur Landesverteidigung,
Infrastrukturmaßnahmen oder Kosten für die öffentliche Verwaltung
des Landes. Im selben Zusammenhang gibt es darüber hinaus ebenfalls
allgemeine Einnahmen des Staates wie zum Beispiel bestimmte
Abgaben und Gebühren oder Veräußerungsgewinne durch den Verkauf
von Staatsvermögen. Im Jahr 2012 lag der Saldo der allgemeinen
Ausgaben des Staates abzüglich den Einnahmen bei 249 Milliarden
24
Frank Bödefeld
Euro (Institut für Arbeitsmarkt und Berufsforschung August 2015 S.
3).
Da es wie gesagt keine Möglichkeit gibt diese Kosten
aufwandsgerecht jedem Bürger einzeln zurechnen, ist eine Möglichkeit
der Verrechnung, diese Aufwendungen gleichmäßig auf alle Bürger
der Bundesrepublik zu verteilen. Laut der im Jahr 2011 durchgeführten
Volkszählung („Zensus 2011“) lebten am 9.Mai 2011 80,2 Millionen
Menschen in der Bundesrepublik. Davon besaßen etwa 74 Millionen
Personen die deutsche Staatsbürgerschaft und knapp 6,2 Millionen
einen ausländischen Pass (Statistischen Bundesamt 31.05.2013).
Dividiert man die allgemeinen Kosten von 249 Milliarden durch die
Anzahl der in Deutschland lebenden Menschen ergeben sich Kosten
pro Kopf von ca. 3.105 Euro. Zusammen mit dem von Holger Bonin
ermittelten positiven Saldo der direkt zurechenbaren Ausgaben und
Einnahmen des Staates von ca. 3.300 Euro, ergibt sich ein positiver
Wert von etwa 195 Euro für das Jahr. Erst wenn die Zinsausgaben des
Staates (im Jahr 2012 lagen diese bei etwa 69 Milliarden oder ca. 860
Euro pro Bürger) gleichmäßig auf deutsche und ausländische Bürger
verteilt werden, ergibt sich für das betrachtete Jahr 2012 bei den
Ausländern im Land einen negativen Saldo von etwa 665 Euro pro
Kopf (Institut für Arbeitsmarkt und Berufsforschung August 2015 S.
3).
Bei der Frage, ob durch die Migration positive oder negative
fiskalische Effekte zu erwarten sind, ist die grundsätzliche Frage zu
beantworten, ob es überhaupt richtig ist, auf die Zuwanderer
proportional alle allgemeinen Staatsausgaben zu verteilen. Es ist
darüber hinaus zu überlegen. wie sich die entstehenden Kosten
verteilen würden, wenn keine Menschen nach Deutschland zuwandern
würden bzw. nur in einem geringeren Maße. Die Antwort gewinnt
besonders mit Blick auf die demographische Entwicklung in
Deutschland an Bedeutung.
Anstatt einer proportionalen Verteilung, wäre auch eine anteilige
Anrechnung in Höhe der Grenzkosten denkbar.
Zwar erfordert ein höherer Zuzug von Menschen zum Beispiel
mehr Lehrerstellen, genauso wie bei einer schrumpfenden und
alternden Bevölkerung, sich ein geringerer Bedarf an Lehrkräften
ergibt. Aber neben den variablen Kosten (zu denen man als Beispiel
Die ökonomischen Auswirkungen der Flüchtlingsmigration
25
die Lehrer zählen kann), bestehen die allgemeinen Staatsausgaben zum
Teil aus Fixkosten (zum Beispiel Schulgebäude, Hausmeister,
Sekretariat, Rektor/in etc.). Es ist zwar möglich mittelfristig diese
Kosten zu minimieren (durch Zusammenführung von Schulen zum
Beispiel), aber auch der Rückbau von staatlicher Infrastruktur ist
häufig mit Kosten verbunden.
Darüber hinaus gibt es Fixkosten, die völlig unabhängig von der
Bevölkerungsentwicklung anfallen. Dazu gehören u.a. die Zinsen auf
die Staatsschulden. 2012 machten diese 69 Milliarden Euro bzw. etwa
850 Euro pro Bundesbürger aus (Institut für Arbeitsmarkt und
Berufsforschung August 2015 S. 5).
Diese Zahlungsversprechen fallen auch in Zukunft an, unabhängig
ob die Bevölkerung schrumpft oder nicht. Bei einer negativen
Bevölkerungsentwicklung steigen jedoch die Kosten jedes Einzelnen
an, da die Kosten auf weniger Menschen verteilt werden können.
Wie erwähnt ist der Fokus auf den individuellen direkt
zurechenbaren fiskalischen Nettobeitrag von Zuwanderern eine rein
angebotsorientierte Betrachtung.
Aus Nachfragesicht erhöhen die Flüchtlinge wie beschrieben u.a.
kurzfristig die Staatsausgaben. Durch die Zuwanderung wird durch die
gestiegene Nachfrage, ebenfalls die Beschäftigung und das damit
verbundene Volkseinkommen erhöht. Ein höheres Steueraufkommen
für den Staat ist wie bei der Neoklassik die Folge. Anders als bei der
neoklassischen Theorie jedoch, ist nicht zwingend davon auszugehen,
dass die Beschäftigungszunahme im großen Teil (abgesehen von den
komplementären einheimischen Arbeitern in der angebotsorientierten
Sicht) von den Zuwanderern getragen wird bzw. ist es nicht so, dass
die höhere Beschäftigung auf das höhere Arbeitsangebot
zurückzuführen ist. Aus Nachfragesicht wird nicht von
Vollbeschäftigung ausgegangen. Wenn also durch die erhöhte
Zuwanderung mehr Menschen Arbeit finden, können dies auch zuvor
arbeitslose Einheimische sein, die beim herrschenden Lohnniveau
Arbeit gesucht haben, aber keine Stelle finden konnten.
In diesem Punkt ist zu beachten, dass die höhere Nachfrage der
Zuwanderer kurzfristig bereits zu einer höheren Arbeitsnachfrage führt
und die Zuwanderer erst später auf dem Arbeitsmarkt ihre Arbeit in
Konkurrenz zu den Einheimischen anbieten können. Der fiskalische
Effekt, den die Zuwanderer aus Nachfragesicht beitragen, muss also
26
Frank Bödefeld
nicht durch Steuer- und Abgabenzahlungen der Zuwanderer selbst,
sondern kann auch durch die höhere Beschäftigung bei den
Einheimischen erfolgen.
6 Prognosen über die Wirkung der Flüchtlingsmigration
Wie in den vorherigen zwei Kapiteln illustriert, ist es möglich, mit
Hilfe der aktuell verfügbaren Informationen, Erfahrungen aus der
Vergangenheit und auf Basis der nachfrage- bzw. angebotsorientierten
Theorie versuchen zu prognostizieren, welche Wirkung die
Flüchtlingsmigration in Deutschland haben wird.
An dieser Stelle nochmals die eigene Prognose:
Eigene Prognose
Erwarteter
Angebotseffekt
Erwarteter
Nachfrageeffekt
gY = gL
Y = [1/(1-c)] × Co
(1,1 Mio. x 0,70 x
0,67 x 0,70)/43
30/3000 x 1
= 0,84 Prozent
= 1 Prozent
Im Folgenden werden weitere Studien vorgestellt, die sich mit der
aktuellen Flüchtlingsmigration und den daraus resultierenden erwarteten ökonomischen Auswirkungen für Deutschland beschäftigen.
Das Deutsche Institut für Wirtschaftsforschung (DIW) geht in seiner
Studie beim Punkt der Flüchtlingszuwanderung von einem insgesamt
positiven Effekt für die deutsche Wirtschaft aufgrund aus.
Aus Nachfragesicht erwartet man einen Impuls durch die steigende
Nachfrage die das Output vergrößert. Unterstellt wird dabei ein
Multiplikator von 0,5 (Juncker, Simon und Fratzscher, Marcel
November 2015 S.1086). Dieser ist geringer als in der eigenen
Prognose, unter anderem deshalb, weil das DIW beim Anteil der
Transferleistungen einen geringen Multiplikatoreffekt erwartet als bei
Die ökonomischen Auswirkungen der Flüchtlingsmigration
27
dem Teil der höheren Staatsnachfrage (Juncker, Simon und Fratzscher,
Marcel November 2015 S.1083ff).
Gleichzeitig wird auch ein Angebotseffekt durch die steigende Zahl
an Arbeitern erwartet. Das DIW unterstellt dabei im Basisszenario eine
Schutzquote
von
45
Prozent,
zusammen
mit
einer
Erwerbsfähigenquote von 73 Prozent und einer Erwerbsquote von 80
Prozent ergibt sich folgendes Bild (Juncker, Simon und Fratzscher,
Marcel November 2015 S.1086):
DIW Prognose
Angebotseffekt
Nachfrageeffekt
(1,1 Mio. x 0,45 x
0,73 x 0,8) 43 Mio.
= 0,67 Prozent
30/3000 x 0,5
= 0,5 Prozent
Die Deutsche Bank Research geht in ihrer Prognose von einem
kurzfristigen Impuls durch die steigende Nachfrage aus und unterstellt
dabei einen Multiplikator von 0,76 (Folkerts-Landau, David 2015
S.16).
Aus Angebotssicht hängt der Effekt nach Meinung der Deutschen
Bank stark vom Erfolg der Integrationsbemühungen ab. Bei einer
Schutzquote von 63 Prozent erwartet man im positiven Fall, dass die
Erwerbsquote der Flüchtlinge auf längere Sicht bei 50 Prozent liegen
wird (Folkerts-Landau, David 2015 S.16).
Als Problem in diesem Zusammenhang sieht die Deutsche Bank
den gesetzlichen Mindestlohn, der eine höhere Beschäftigungsquote
verhindert (Folkerts-Landau, David 2015 S.16f).
Zusammenfassend stellt sich die Prognose folgendermaßen dar:
Deutsche Bank
Research Prognose
Angebotseffekt
(1,1 Mio. x 0,63 x
0,67 x 0,5)/ 43 Mio.
= 0,54 Prozent
Nachfrageeffekt
30/3000 x 0,76
= 0,76 Prozent
28
Frank Bödefeld
Nach Ansicht des Kieler Instituts für Weltwirtschaft (ifw) ist die
Wirkung der Flüchtlingsmigration aus Angebotssicht stark abhängig
vom Erfolg der Integrationsmaßnahmen, aber selbst wenn diese
gelingen, erwartet das ifw, dass die Kosten der Flüchtlingsmigration
über jedweden positiven Angebotseffekt liegen werden. Unterstellt
wird dabei im Basisszenario eine Schutzquote von 70 Prozent und eine
Erwerbsquote von 66 Prozent (Institut für Weltwirtschaft 2015 S. 11).
Einen Nachfrageeffekt durch die Zuwanderung fällt nach Meinung der
Kieler Ökonomen, wenn überhaupt, nur verschwindend gering aus, da
das Institut zum einen erwartet, dass mittelfristig zur Finanzierung
Steuererhöhungen und Kürzungen notwendig werden und zum
anderen, die Nachfrage auf Bereiche mit hoher Kapazitätsauslastung in
der Wirtschaft trifft, bspw. beim Wohnungsbau in Städten (Institut für
Weltwirtschaft 2015 S. 11f).
Kieler Institut für
Weltwirtschaft (ifw)
Prognose
Angebotseffekt
(1,1 Mio. x 0,7 x 0,67
x 0,66)/ 43 Mio.
= 0,79 Prozent
Nachfrageeffekt
Der Sachverständigenrat für Wirtschaft erwartet durch die
Zuwanderung der Flüchtlinge einen Nachfrageeffekt in Form von drei
Kanälen. Erstens führen die zusätzlichen Transferleistungen zu einem
höheren Konsum. Zweitens steigt durch die Zuwanderung die
staatliche
Nachfrage
und
drittens
werden
auch
die
Wohnungsbauinvestitionen in Folge ansteigen. Unterstellt wird dabei
ein Multiplikator von 0,39 (Sachverständigenrat 2015 S. 43).
Auf Angebotsseite wird ein „.(…) expansiver Impuls für das
Arbeitsvolumen und somit auf das Produktionspotenzial“ erwartet
(Sachverständigenrat 2015 S. 114). Dieser Impuls wiederrum ist stark
abhängig von Integrationserfolg der Flüchtlinge. Grundsätzlich würde
der Effekt noch größer ausfallen, wenn der gesetzliche Mindestlohn
abgeschafft würde.
Unterstellt wird dabei vom Sachverständigenrat im Basisszenario
eine Schutzquote von 60 Prozent, wobei 72 Prozent der Menschen im
Die ökonomischen Auswirkungen der Flüchtlingsmigration
29
erwerbsfähigen Alter sind und die Erwerbsquote bei 70 Prozent liegt
(Sachverständigenrat 2015 S. 43).
Sachverständigenrat
Für Wirtschaft
Prognose
Angebotseffekt
(1,1 Mio. x 0,6 x 0,72
x 0,7)/43 Mio.
= 0,77 Prozent
Nachfrageeffekt
30/3000 x 0,39
= 0,39 Prozent
Das Institut der deutschen Wirtschaft Köln erwartet auf
Nachfrageseite einen positiven Effekt durch die gestiegenen staatlichen
Ausgaben und Transferleistungen. Unterstellt wird in diesem
Zusammenhang ein Multiplikator von 0,75.
Von der zusätzlichen Nachfrage besonders profitieren werden dabei
Wirtschaftsbereiche wie „(…) konsumnahe Bereiche, soziale
Dienstleistungen und sehr spezifische Bereiche“ (Pressemitteilung
Institut der deutschen Wirtschaft Köln 2016).
Im Gegensatz dazu wird vom Institut der deutschen Wirtschaft
Köln kein Angebotseffekt erwartet, da unter anderem auch auf die
Lage des deutschen Arbeitsmarktes verwiesen, bei dem aktuell bereits
eine Arbeitslosigkeit vorhanden ist (Institut der deutschen Wirtschaft
2015 S.30f).
Angebotseffekt
Institut der deutschen
Wirtschaft Köln
Prognose
Nachfrageeffekt
30/3000 x 0,75
= 0,75 Prozent
Der Internationale Währungsfond (IMF) geht in seiner Prognose
über die ökonomischen Auswirkungen der Flüchtlingsmigration von
einen kurzfristigen Nachfrageeffekt durch die Zuwanderer in
Deutschland aus. So erwartet der IMF für 2017 ein zusätzliches Plus
beim Output von 0,3 Prozent durch die gestiegene Nachfrage in Form
von höheren Staatsausgaben inkl. Transferleistungen an die Flüchtlinge
selbst (International Monetary Fund 2016 S.14).
Der mittel- und langfristige Effekt der Zuwanderung hängt nach
Meinung des IMF von angebotsorientierten Faktoren ab. Bei guter
30
Frank Bödefeld
Integration der Flüchtlinge in den Arbeitsmarkt sieht man ein Plus für
die drei im Mittelpunkt stehenden Länder (Deutschland, Österreich
und Schweden) ein Plus des BIP zwischen 0.5 bis 1.1 Prozent aus.
Unterstellt wird dabei eine Schutzquote in Deutschland von 60 Prozent
(International Monetary Fund 2016 S.14).
Zusammengefasst sieht die Prognose wie folgt aus:
Internationaler
Währungsfond (IMF)
Prognose
Angebotseffekt
(1,1 Mio. x 0,6 x 0,67
x 0,7)/ 43 Mio.
= 0, 72 Prozent
Nachfrageeffekt
= 0, 3 Prozent (2017)
Die ökonomischen Auswirkungen der Flüchtlingsmigration
31
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„Frankfurter Rundschau“ vom 17.11.2015 „Personalengpässe
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„Frankfurter Rundschau“ vom 19.11.2015 „Arbeitgeber fordern
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„Handelsblatt“ vom 25.09.2015 Merkel gibt den Ländern eine
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„Handelsblatt“ vom 13.11.2015 „Schäubles schwarze Null wackelt“
„Handelsblatt“ vom 10.11.2015 „Kosten dürften sich auf 20
Milliarden Euro verdoppeln“
ifo-Institut vom 26.11.2015
„Deutsche Firmen sehen Flüchtlinge vor allem als Hilfsarbeiter“
Institut der deutschen Wirtschaft Köln (2016) „Einen günstigeren
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Pro-Asyl vom 17.11.2015
„Asylpaket I: Asylrechtliche Änderungen seit dem 23.10.2015 in
Kraft“
„Spiegel“ vom 24.09.2015
Kommunen zahlen Milliardensumme für Asylbewerber
Statistisches Bundesamt vom 31.05.2013
„Zensus 2011: 80,2 Millionen Einwohner lebten am 9. Mai 2011 in
Deutschland“
34
Frank Bödefeld
„Tagesschau“ vom 15.09.2015 „Studie sieht hohen Bedarf“
Weingartner, Maximilian und Plickert, Philip; „Asylbewerber kosten
bis zu 10 Milliarden Euro“
Hochschulschriften Standort Meschede
Elektronische Fassungen: Kurz-URL: http://www.fh-swf.de/cms/hochschulschriften
Bisher erschienen:
02/2016 Frank Bödefeld – Die ökonomischen Auswirkungen der
Flüchtlingszuwanderung in Deutschland
01/2016 Karl Betz – International Economics with IS-MP
A (monetary) Keynesian Approach
06/2015 Karl Betz – Growth Theory for a Monetary Production Economy:
Integrating the Treatise and the General Theory
05/2015 Karl Betz – Comparing Paradigms on a Level Playing Field
04/2015 Karl Betz – Endogenous Money and the (Real) Rate of Interest.
A Comment on Marc Lavoie
03/2015 Frank Raulf – Asset Allocation mit dem Wolfe Algorithmus
02/2015 Karl Betz – The IS-MP-model and the difference between neoclassical
and Keynesian economics
01/2015 Frank Bödefeld – Animal Spirits
01/2013 Karl Betz/Martin Ehret/Frank Raulf – Multiplikatoren
02/2012 Karl Betz – Griechenland und die Eurokrise
01/2012 Karl Betz – The (not so) Benign Effects of Government Debt
01/2008 Rüdiger Waldkirch – Kann der Shareholder-Ansatz Orientierung bieten?
ISBN (print): 978-3-940956-55-2
ISBN (elektr.): 978-3-940956-56-9