Pink Panther Juwelenraub, gar nicht lustig: Eine

Transcription

Pink Panther Juwelenraub, gar nicht lustig: Eine
2
Deutschland ■
Paulchen Panther,
ewig verfolgt von
Inspektor Clouseau,
so wie hier in „Der
rosarote Panther
wird gejagt“.
Die Filmreihe um
spektakuläre
Juwelenraube gab
der Bande ihren
Namen
Operation
Pink Panther
In Haft:
Zoran Kostic
In Haft:
Nikola Ivanovic
In Haft:
Dusko Poznan
Gesucht:
Dragan Mikic
In Haft: Hadziahmetovic Rifat
Gesucht:
Milos Jovanovic
In Haft:
Ilja Bogdanovic
In Haft:
Pedrag Vujosevic
In Haft:
Milan Ljepoja
In Haft:
Illincic Borko
Gesucht:
Pedrag Lovric
In Haft:
Vladimir Lekic
Gesucht: Dragan
Djordjevic
Gesucht:
Alexandar Nikolic
Juwelenraub, gar nicht lustig: Eine Bande von
Ex-Jugoslawen hat zwischen Hamburg und Tokio über
120 Juweliere überfallen und dabei Schmuck
und Uhren im Wert von mehr als 140 Millionen Euro
erbeutet – abgebrüht und hoch professionell.
Doch allmählich kommen die deutschen und
internationalen Ermittler den Gangstern auf die Spur
FOTOS: Cinetext
Text Felix Hutt
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2 Deutschland
Dubai
Lausanne
Am 15. April 2007 rasten die Pink
Panther mit zwei Audi A8 in
die Wafi-City-Mall. Einen fuhren
sie in das Schaufenster des
Juweliers Graff und raubten
Schmuck und Uhren im Wert von
mehr als elf Millionen Euro.
Auf der Flucht verbrannten sie die
Autos und reisten mit falschen
Pässen aus. Die Videos vom
Überfall sind ein Hit auf Youtube
Am 5. Mai 2009 überfielen Zoran Kostic
und Nikola Ivanovic den Juwelier
„A l’Emeraude“ am Place Saint François.
Die zwei Pink Panther trugen Krawatten
und gaben sich als seriöse Kunden,
weshalb sie vom Eigentümer ins
Geschäft gelassen wurden. In weniger
als zwei Minuten stahlen sie Uhren im
Wert von 1,3 Millionen Euro. Als sie am
11. Mai in Paris verhaftet wurden,
fand man bei ihnen nur zwei Uhren der
Marke Patek Philippe aus der Beute
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weltweit überfallen und dabei Schmuck und Uhren im Wert von
mehr als 140 Millionen Euro erbeutet.
Ihren Namen erhielten die Pink Panther nach einem ihrer ersten
Überfälle in der Londoner Bond Street, als sie einen Diamantring,
mehr als eine halbe Million Euro wert, in einer Dose mit Gesichts­
creme versteckten, wie im „Pink Panther“-Film mit David Niven
und Peter Sellers von 1963. Ein Scotland-Yard-Beamter gab ihnen
daraufhin den Namen.
Einen Tag nach dem Überfall von Lausanne bekommt Joachim
Kledtke, 49, einen Anruf von der Polizei aus der Schweiz. Kledtke
ist Kriminalhauptkommissar beim Landeskriminalamt NordrheinWestfalen in Düsseldorf, Dezernat 11, organisierte Kriminalität. Seit
drei Jahren ermittelt seine Abteilung gegen die Pink Panther. Die
zwei Täter, die gestern den Juwelier „A l’Emeraude“ überfallen
haben, seien unmaskiert gewesen, berichtet der Kollege aus der
Schweiz, alle Indizien sprächen für einen Pink-Panther-Überfall. Ob
Kledtke sich die Bilder der Überwachungskamera ansehen und bei
der Identifizierung helfen könne?
Kledtke kann, er erkennt Kostic und Ivanovic sofort, die zwei
werden auch in Deutschland gesucht. Gegen Kostic liegt ein
Haft­befehl der Staatsanwaltschaft Frankfurt vor, Aktenzeichen
3390JF210391/04, er hat am 29. Dezember 2003 mit zwei Komplizen Juwelier Wempe in der Frankfurter Goethestraße überfallen
und Uhren im Wert von etwa zwei Millionen Euro gestohlen. Für
Ivanovic, der in Deutschland unter dem Namen Nennad Jovovic
gelebt hat, interessiert sich die Staatsanwaltschaft Köln. Sie hat am
6. März 2009 unter dem Aktenzeichen 107JS55/08 einen Haftbefehl gegen ihn erlassen, weil er die Juweliere Laerbusch in Mülheim
und Gadebusch in Köln überfallen hat. Kostic und Ivanovic: Sie
gelten als Bosse im Pink-Panther-Netzwerk.
Ein Netzwerk, das für Fahnder wie Kledtke schwer zu durchschauen ist. Die Pink Panther operieren nicht aus einer geschlossenen Gruppe heraus, sondern sind weltweit in Zellen organisiert,
die sich nach einem nicht erkennbaren System immer wieder neu
zusammenfinden, um ihre Überfälle auszuführen. Interpol schätzt
die Bande auf circa 200 Mitglieder. Es gibt keine Hierarchie wie in
der Mafia, sondern nur ein paar Anführer, die für ihre Überfälle
Handlanger engagieren, um zum Beispiel Fluchtwagen zu stehlen
oder Unterkünfte zu organisieren. Fest steht, dass Bosse wie Kostic
und Ivanovic durch die Pink Panther reich wurden, die Handlanger
dagegen bekommen für ihre Dienste niedrige vierstellige Summen.
Die Ermittler durchschauen nicht, welche Untergruppen der Pink
Panther miteinander in Kontakt stehen – nur dass sie es tun, dafür
sprechen die immer wieder neu zusammengestellten Teams. Zwar
kennt die Polizei die Köpfe der Bande, aber sie kann kein Organigramm zeichnen, die Mitgliederstruktur ist zu unübersichtlich. Klar
ist, dass die meisten aus Serbien oder Montenegro kommen und
ihre Heimatländer nach den Überfällen häufig als Rückzugsort
wählen, weil sie sich dort vor Strafverfolgung sicher fühlen.
Von einigen der inzwischen verhafteten Mitglieder wissen die Ermittler, dass viele Pink Panther eine militärische Ausbildung haben,
mit Waffen umgehen können, kampferprobt sind. Die meisten leben seit Langem im Ausland, sind vielsprachig und gelten als intelligent. „Ihre Überfälle sind sehr durchdacht ausgeführt“, sagt Kledtke,
„die Logistik, Vorbereitung, Durchführung und Flucht ist bis auf die
Sekunde geplant.“ Und die Pink Panther legen großen Wert darauf,
dass ihre Überfälle cool aussehen, großes Kino eben.
Ein gutes Beispiel dafür ist der Überfall auf den Juwelier Graff in
Dubai, einer der spektakulärsten Coups der Pink Panther. Zwei Handyvideos, aufgenommen von Passanten, sind auf der Internetplattform
Youtube längst ein Hit: Am 15. April 2007 fahren um 21.23 Uhr zwei
zuvor in Dubai und Abu Dhabi gestohlene Audi A8 durch die verglaste Tür der Einkaufspassage Wafi City in Dubai. Während der weiße
Audi mit laufendem Motor im Innenbereich der Passage direkt vor
dem Laden parkt, steuern die Pink Panther den schwarzen Audi rückwärts in Tür und Schaufenster des Juweliers. Das Glas zerbirst, drei
Gangster stürmen aus dem schwarzen Audi ins Geschäft, zerschlagen
mit Hämmern und Waffen die Vitrinen. Sie raffen Armbänder, Ringe
und Halsketten, an denen Diamanten, Saphire und Rubine glitzern,
in ihre Taschen, der Gesamtwert ihrer Beute beträgt mehr als elf
Millionen Euro. Nach nicht einmal zwei Minuten ertönt die Hupe des
weißen Audi, woraufhin die drei Gangster fluchtartig das Geschäft
verlassen. Sie steigen ein, die Wagen rasen davon.
Eine Minute später erscheint die erste Polizeistreife am Tatort.
Die Fluchtwagen werden noch in derselben Nacht gefunden. Die
Pink Panther haben sie in Brand gesetzt.
Zur Verschleierung ihrer Identität benutzen die Pink Panther bei
der Ausreise aus Dubai Pässe von gefallenen jugoslawischen Sol­
daten. Doch über gesicherte Spuren und einen DNA-Abgleich mit
Interpol in Lyon gelingt es, mehr als zehn Tatbeteiligte zu identifizieren. Einige von ihnen, unter ihnen die Drahtzieher Milan Ljepoja
und Dusko Poznan, konnten mittlerweile verhaftet werden.
„Die Pink Panther sind keine gewöhnlichen Verbrecher“, sagt
Joachim Kledtke, „sie sind ein Kriminalphänomen.“ Sie hätten eine
Arbeitsweise entwickelt, die sie dem jeweiligen Objekt anpassen
können, was sie unberechenbar mache. Als Kledtke diesen „Modus
Operandi“, wie er die Methoden der Bande nennt, näher erläutert,
hört er sich ein bisschen an wie ein Fußballtrainer, der von der Taktik des Gegners schwärmt, weil er weiß, dass er ihr unterlegen ist.
B
ereits Wochen vor einem Überfall lassen die Pink Panther
den Juwelier ausspionieren oder kommen selbst als Kunden
ins Geschäft. Sie lassen sich Schmuck
und Uhren zeigen, wissen so ganz genau,
ob sich ein Überfall lohnt, welcher Bestand
sich im Geschäft befindet, wo welche Steine
oder Uhren liegen. Zudem erkennen sie,
welche Alarmvorkehrungen der Juwelier
getroffen hat, ob man zum Beispiel klingeln
muss, um in den Laden zu kommen, ob die
besonders teuren Steine separat in Tresoren
gelagert werden, ob der Juwelier Sicher­ Ermittelt von
heitspersonal in Zivil vor dem Laden postiert Düsseldorf aus:
hat, wo die Überwachungskameras hängen, Joachim Kledtke
wann wie viel Personal im Geschäft ist und
wann wenig Kundschaft. Die Pink Panther
kalkulieren immer mit ein, dass Alarm ausgelöst wird, wissen,
wie viel Zeit sie haben werden, bis die Polizei kommt, welche
Streifen wann Patrouille fahren und wann die Polizisten Schichtwechsel haben.
Sie haben mehrere Fluchtvarianten, meist flüchten sie die
ersten Meter zu Fuß, rennen bevorzugt in Gegenrichtung durch
Einbahnstraßen, weil ihnen so keine Autos folgen können, steigen
dann in einen gestohlenen Wagen, den ein Komplize steuert ➔
29/2009 stern FOTOS: PHILIPPE MAEDER/Edipresse; Markus Feger
A
m Nachmittag des 5. Mai 2009 steht ein Mann
vor der Tür des Juweliers „A l’Emeraude“ in
Lausanne. Er hat kurze schwarze Haare, trägt
Hemd, dunkle Krawatte, macht einen seriösen
Eindruck. Niemand hat ihn hier schon mal
gesehen. Hinter den Schaufenstern des
Ju­ Juweliers funkeln Diamanten von H. Stern
und und Dior, neben den Hochkarätern liegen
Uhren von Jaeger-LeCoultre, Hublot, Pa nerai und Patek Philippe.
Der vermeintlich seriöse Kunde heißt
Nikola Ivanovic, 36, er klingelt um
16.55 Uhr, der Eigentümer lässt ihn herein. Ivanovic spricht ge­
brochenes Französisch, er sagt freundlich „Bonjour“, da klingelt
es noch einmal, wieder steht ein Mann mit Krawatte vor der Tür.
Ivanovic sagt, er habe sein Portemonnaie im Auto vergessen, und
öffnet die Tür. Der zweite Mann tritt ein, er heißt Zoran Kostic, 39,
er ist Ivanovics Komplize.
Die zwei Männer ziehen Revolver und scheuchen den Eigentümer und seine Angestellten in ein Nebenzimmer, wo sie sich auf
den Boden legen müssen. Die Ganoven sind gut vorbereitet, sie wissen, dass sich die Eingangstür bei Alarm verriegelt, deshalb stellen
sie eine Aktentasche in die Tür. Sie wissen, wie viel Zeit sie haben,
bis die Polizei kommt, und in welche Richtung sie flüchten müssen,
um nicht erwischt zu werden. Sie arbeiten so präzise wie die teuren
Uhren, die sie in ihre Taschen gleiten lassen. Ohne Hektik, ohne
Geschrei, ohne Verletzte, ohne Tote.
Der Überfall dauert eine Minute und 47 Sekunden, rein und raus
und weg, ihre Beute: 94 Uhren im Wert von mehr als zwei Millionen Schweizer Franken, rund 1,3 Millionen Euro.
Die Polizei kommt eine Minute zu spät. Wieder einmal waren die
Pink Panther schneller als ihre Jäger.
„Jäger“, „Pink Panther“: Das klingt nach Inspektor Clouseau,
nach Peter Sellers, nach einer lustigen rosaroten Cartoon-Figur,
nach großem Kino. Doch die Pink Panther, um die es in dieser Geschichte geht, sind Räuber aus Osteuropa, auf ihre Art auch großes
Kino, aber eben sehr gefährlich. Die Gang aus dem ehemaligen Jugoslawien hat in den vergangenen zehn Jahren über 120 Juweliere
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2 Deutschland
Hamburg
Paris
Am 13. Juni 2007 raubten drei Pink
Panther bei „Uhren Becker“ im Einkaufszentrum AEZ Uhren von Rolex, Breguet,
TagHeuer und anderen Herstellern.
Wert der Beute: eine Million Euro. Eine Mit­
arbeiterin erlitt dabei einen Schock. Die
Gangster hatten zuvor eine falsche Fährte
gelegt und der Polizei mit Holzstämmen
die Straße versperrt. Sie flüchteten
mit zwei Motorrollern und entkamen der
Polizei, die Ende Juni 2009 zwei der drei
Täter identifiziert und zur Fahndung ausgeschrieben hat
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chen. Bei vielen haben wir einen Korridor einbauen lassen. So muss
der Kunde erst klingeln, gelangt dann in einen Vorraum, wird dort
überprüft und erst danach in den Verkaufsraum gelassen.“
All das schrecke die Pink Panther leider nicht ab, sagt Shaw, sie
spähten die Juweliere aus und seien auf die Sicherheitsvorkehrungen vorbereitet. Als er vor 20 Jahren als Loss Adjuster begann,
habe ein gutes Schloss und Panzerglas gereicht. Die Pink Panther
jedoch hätten das Genre des Juwelenraubs auf ein neues Niveau
gebracht. Dann zählt Shaw einige Pink-Panther-Coups der vergangenen Jahre auf, als wären es die größten Hits.
Am 5. März 2004 überfielen zwei Pink Panther den Juwelier „Le
Supre-Diamant Couture de Maki“ im schicken Tokioter Ginza-Viertel. Sie hatten sich mit Smogmasken getarnt, sprühten den Angestellten Tränengas in die Augen und stahlen die berühmte Halskette
„Comtesse de Vendôme“, die mit 116 hochkarätigen Diamanten besetzt ist und auf 27 Millionen Dollar geschätzt wird. Sie ist „ein
Rembrandt der Juwelenwelt“, sagt Shaw, und wurde bis heute nicht
wiedergefunden. Er vermutet, dass die Pink Panther, wenn sie hochwertige Edelsteine stehlen, Cutter engagieren, die die Diamanten
sofort schneiden. So seien sie nicht mehr wiederzuerkennen.
S
haw erzählt von Biarritz, wo die Pink Panther, um lästige Zuschauer zu vermeiden, vor ihrem Überfall eine Parkbank gegenüber dem Juwelier anmalten und ein Schild aufhängten:
„Frisch gestrichen!“ Am 30. August 2005 überfielen sie einen von
Shaws Kunden, den Juwelier Julian in Saint-Tropez. Zwei Ganoven
kamen mit Hawaiihemden als Touristen getarnt ins Geschäft, zogen
Pistolen aus ihren Badehosen und entwischten mit der Beute in
einem Motorboot über das Mittelmeer.
Einer der Badehosen-Gangster war Zoran Kostic, der mit seinem
Kompagnon Nikola Ivanovic am 21. Juni 2007 vor dem Juwelier „Ciribelli“, unweit des Kasinos in Monaco, auftauchte. Monaco ist für
Verbrecher besonders heikel, mehr als 400 Kameras und viele Polizisten sorgen hier für die Sicherheit der Reichen und Schönen. Die
zwei Pink Panther betraten, als Geschäftsmänner verkleidet, den
Laden und raubten Uhren von Audemars Piguet im Wert von mehr
als einer halben Million Euro. Danach entkamen sie in einem gelben Fiat, obwohl die Polizei sofort Straßensperren errichtet hatte.
André Muhlberger, Polizeidirektor von Monaco, kann dies bis
heute nicht fassen: „Die haben ihre Fluchtroute inklusive der
Ampelphasen perfekt geplant, die waren in weniger als anderthalb
Minuten raus aus Monaco, unglaublich, ein Meisterstück!“
A
uch John Shaw nennt die Pink Panther ein „Phänomen“, selbst
wenn die Medien ihnen ab und zu einen falschen Coup an dichten. Am 4. Dezember 2008 überfiel eine Bande den Juwelier Harry Winston in Paris, auch Winston ist ein Shaw-Kunde.
Der Schaden betrug mehr als 60 Millionen Euro. Von der „Inter­
national Herald Tribune“ bis zur „Welt“ hieß es: Pink Panther. Ein
Irrtum. Die Experten sind sich längst einig, dass hier ein Mitarbeiter von Harry Winston beteiligt war, der die Räuber hineinließ, obwohl sie mit Frauenperücken wie Dragqueens verkleidet waren.
„So stümperhaft arbeiten die Pink Panther nicht“, sagt Shaw. In
der vergangenen Woche wurden schließlich mehr als 32 Franzosen
festgenommen, die als dringend tatverdächtig gelten – aber keine
Pink Panther sind.
Dennoch wurden auch schon Mitglieder der Pink Panther fest­
genommen. Vinko Tomic zum Beispiel. Tomic, 51, soll Juweliere in
Basel und Bangkok ausgeraubt haben. Am 12. Juni 2009 fuhr er mit
zwei kroatischen Helfern in einem schwarzen Audi Q7 mit deutschem Kennzeichen nach Monaco, um sich bei Juwelieren nach den
neuesten Uhren zu erkundigen. Einem Juwelier kam ihr großes
Interesse an Luxusuhren und ihr Akzent verdächtig vor, er meldete
die drei der Polizei. Polizeichef André Muhlberger ordnete eine 24Stunden-Überwachung an, identifizierte Tomic anhand von Fotos,
die die Kameras in Monaco gemacht hatten, und wartete. Und tatsächlich: Die drei liefen immer wieder um den Kasinoplatz und
das Hôtel de Paris, wo die Juweliere ihre gut bestückten Auslagen
präsentieren, sie notierten Fluchtrouten, stoppten die Zeit, die sie
brauchen würden, um zu Fuß zu entkommen.
Am Donnerstag, dem 18. Juni 2009, schlug Muhlbergers Spezial­
einheit um 11.45 Uhr vor dem Kasino zu. Tomic und Komplizen
wollten gerade die Juweliere Boucheron und Chopard überfallen.
„Die Pink Panther sind immer noch gut, aber wir Jäger werden immer besser“, sagt Muhlberger, „in letzter Zeit haben wir einige
Schlüsselfiguren zu fassen bekommen.“
Dazu gehören auch Zoran Kostic und Nikola Ivanovic. Die
zwei Pink-Panther-Bosse sitzen nun im Gefängnis. Für sie war
der Überfall auf den Juwelier in Lausanne erst mal der letzte Coup.
Die Schweizer Ermittler waren ihnen auf der Spur, hatten eine
Telefonüberwachung geschaltet, ahnten die Fluchtroute nach Frank­
reich und alarmierten ihre französischen
Kollegen, die die beiden dann in Paris überwachten. Am 11. Mai, einem Montag, ver­
haftete eine Eliteeinheit der Pariser Polizei
Zoran Kostic und Nikola Ivanovic um 7.55 Uhr
vor dem Hotel Utrillo, nicht weit von
der Place Pigalle. Auf ihren Zimmern fand
man zwei Patek-Philippe-Uhren aus dem
Überfall von Lausanne und Flugtickets nach
Pink-Panther-Jäger:
Serbien.
Am Freitag, dem 5. Juni 2009, wurden Monacos Polizeichef
Kostic und Ivanovic im Palais de Justice in André Muhlberger
Paris dem Richter vorgeführt. Er verurteilte
sie vorerst nur wegen Besitzes falscher Dokumente zu zehn Monaten (Kostic) und zwei Jahren (Ivanovic) Haft.
Doch dabei wird es nicht bleiben. In der Schweiz, in Monaco, in
Frankreich und auch in Deutschland werden die Anklageschriften
für ihre Überfälle vorbereitet. Die Staatsanwaltschaften Köln und
Frankfurt haben bei den Pariser Behörden Auslieferungsanträge
eingereicht. Auf Kostic und Ivanovic warten wohl einige Jahre
Gefängnis, wo auch immer.
Joachim Kledtke möchte nach Paris fliegen und Nikola Ivanovic
verhören, er erhofft sich mehr Informationen über die Hintermänner. Die Anwälte der beiden Pink Panther berichten, dass Kostic
und Ivanovic sehr zuvorkommende Männer seien, die sich ständig
nach ihren Familien erkundigten. Pink Panther, nein, mit dem Begriff könnten sie nichts anfangen.
Als die beiden vom Richter vor der Urteilsverkündung gefragt
werden, ob sie noch ein Statement abgeben möchten, sagt Kostic
nur: „Ich bereue es.“ Und auch Ivanovic sagt: „Ich bereue es.“ Dabei
schauen sie wie zwei Lausbuben, die man beim Kirschenklau in
Nachbars Garten erwischt hat.
Das Spiel ist aus, aber das Kino geht weiter.
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FOTOS: Marcus Krueger/Action Press; Florian Büh/action press; STEPHANE DE SAKUTIN/AFP; Getty Images; Matthieu COLIN; Felix Hutt
und den sie nach wenigen Kilometern irgendwo abstellen, um in
einen anderen Fluchtwagen zu wechseln.
Auch ihre Fluchtroute passen sie den Gegebenheiten an. Bei
einem Überfall auf „Uhren Becker“ in einem Hamburger Einkaufszentrum im Juni 2007 flüchteten die Pink Panther der Uzice-Gruppe,
benannt nach ihrem serbischen Heimatort, auf Motorrollern durch
ein Waldgebiet, weil die Polizeihubschrauber sie so nicht verfolgen
konnten. „Sie sind bei der Planung ihrer Überfalle sehr kreativ“,
sagt Kledtke, „und sie machen sehr wenig Fehler.“
Die Pink Panther benutzen falsche Pässe, schlafen selten in Hotels,
meist bei Bekannten, kommunizieren über Internetchats, die schwer
zu überwachen sind. Sie haben kaum Kontakt mehr zu ihren Familien
im ehemaligen Jugoslawien. Sie wechseln ständig ihre Aufenthaltsorte. „Man kommt, wenn überhaupt, nur über die Beobachtung der
sogenannten Residenten – ihren Verbündeten in der Stadt des nächsten Überfalls – an sie ran“, erklärt Kledtke. „Am schlimmsten für uns
ist, dass wir nicht wissen, wer die Hintermänner sind. Der übliche Ermittlungsansatz, über die Beute die Täter zu finden, funktioniert nicht, weil wir nicht wissen,
was sie oder ihre Hintermänner mit den Uhren
und dem Schmuck machen. Von der Beute
taucht meist nichts wieder auf. Und wenn wir
mal einen Pink Panther erwischen, dann
schweigt er in der Regel, leugnet, dass es sie
überhaupt gibt, und hat, wenn’s hochkommt,
gerade mal eine erbeutete Uhr bei sich.“
Auf der Suche nach
Ein Umstand, der auch John Shaw zu schafder Beute: Privatfen macht. Seine Firma S.W. Associates hat in
detektiv John Shaw Paris ihr Büro, John Shaw ist „Loss Adjuster“,
Schadensabwickler, man könnte auch sagen:
Privatdetektiv. Zu den Kunden des Schotten
gehören einige der großen Juweliere der Pariser Place Vendôme, der
Londoner Bond Street, aus New York, Zürich und Deutschland.
Wenn einer seiner Kunden Opfer eines Überfalls wird, dann
macht sich Shaw auf die Spur der gestohlenen Uhren oder Diamanten und kassiert im Erfolgsfall Provisionen von den Versicherungen.
Zusätzlich berät er die Juweliere in Sicherheitsfragen. „Wir raten
den Juwelieren, nach Möglichkeit private Kundentermine zu ma-
Am 27. September 2004 stahlen
Pink Panther auf der Louvre Biennale
zwei seltene Diamanten von Chopard,
Wert: zehn Millionen Euro (Foto
ähnlich). Die Diebe lenkten die Verkäuferinnen mit Gesprächen ab, einer
von ihnen klaute die Diamanten –
unbemerkt von Sicherheitsdienst
und Hunderten von Besuchern, unter
ihnen der damalige Staatspräsident
Jacques Chirac
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09.09.2009 17:27:43 Uhr