Einführung in die Vermessung und Fotogrammetrie Teil 1

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Einführung in die Vermessung und Fotogrammetrie Teil 1
Theorie Vermessung
Einführung in die
Vermessung und Fotogrammetrie
Teil 1: Vermessung
Klaus Budmiger
Flotron AG
Gemeindemattenstrasse 4, 3860 Meiringen
[email protected]
INHALTSVERZEICHNIS
1
2
Zielsetzung der Vorlesung ..............................................................................................3
Organisation der Vermessung in der Schweiz ...............................................................4
2.1
Das Bundesamt für Landestopographie (L+T) ........................................................4
2.1.1
Die Landesvermessung innerhalb der L+T .......................................................4
2.1.2
Die amtliche Vermessung innerhalb der L+T...................................................4
2.2
Die kantonalen Vermessungsämter ........................................................................4
2.3
Die privaten Geometerbüros ...................................................................................5
2.4
Produkte der amtlichen Vermessung ......................................................................5
2.4.1
Der Übersichtsplan ............................................................................................5
2.4.2
Der Grundbuchplan...........................................................................................7
2.4.3
Der Leitungskataster .........................................................................................8
3 Einige Bemerkungen zu Projektionssystemen ...............................................................9
3.1
Geoid, Ellipsoid, Kugel, Ebene.................................................................................9
3.2
Flächentreue vs. Winkeltreue ................................................................................11
3.3
Das Projektionssystem der schweizerischen Landesvermessung .........................13
3.3.1
Bezugsfläche....................................................................................................13
3.3.2
Die schiefachsige, winkeltreue Zylinderprojektion .......................................14
4 Das schweizerische Fixpunktnetz..................................................................................15
4.1
Das System CH1903.................................................................................................15
4.1.1
Triangulation 1. bis 4. Ordnung .....................................................................15
4.1.2
Die Nivellement- Fixpunkte ............................................................................17
4.2
Das System LV95 .....................................................................................................19
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Theorie Vermessung
5
Klassische Vermessungstechnische Arbeiten................................................................20
5.1
Höhenbestimmung mit Nivellement .....................................................................20
5.1.1
Das Prinzip des Nivellements ..........................................................................20
5.1.2
Das Streckennivellement.................................................................................21
5.1.3
Arten von Nivellements ..................................................................................22
5.1.4
Beispiel Nivellement........................................................................................23
5.2
Winkelmessung.......................................................................................................26
5.2.1
Horizontal- und Zenitwinkel ..........................................................................26
5.2.2
Winkeleinheiten in der Vermessung..............................................................27
5.2.3
Der Theodolit und die Totalstation................................................................28
5.3
Elektronische Distanzmessung...............................................................................30
5.3.1
Einleitung.........................................................................................................30
5.3.2
Das Prinzip der elektrooptischen Distanzmessung .......................................31
5.3.3
Fehlereinflüsse und atmosphärische Korrekturen ........................................33
5.4
Tachymetrische Vermessung (Winkel- und Distanzmessung) ..............................34
5.4.1
Der Polygonzug ...............................................................................................34
5.4.2
Detailpunktaufnahme.....................................................................................36
6 Vermessung mit GPS .................................................................................................37
7 Grundlagen zu vermessungstechnischen Berechnungen ............................................38
7.1
Abkürzungsverzeichnis ..........................................................................................38
7.2
Glossar .....................................................................................................................38
7.3
Einführung ..............................................................................................................39
7.4
Koordinatensysteme rechtwinklig und polar .......................................................41
7.5
Einheiten in der Vermessung.................................................................................41
7.6
Kleine Formelsammlung Trigonometrie ...............................................................42
7.6.1
Das rechtwinklige Dreieck ..............................................................................42
7.6.2
Sinussatz und Cosinussatz im allgemeinen Dreieck ......................................42
7.7
Koordinatenberechnungen ...................................................................................43
7.7.1
Distanz zwischen zwei Punkten .....................................................................43
7.7.2
Azimut zwischen zwei Punkten......................................................................43
7.7.3
Berechnung der Horizontaldistanz ................................................................44
7.7.4
Berechnung der Höhe eines Punktes (Z-Koordinate)....................................44
7.7.5
Berechnung der X und Y Koordinaten ..........................................................45
7.7.6
Die Orientierung des Teilkreises (Ausrichtung nach Norden) ......................46
7.7.7
Berechnung der Koordinaten des eigenen Standortes (Exzentrum) ..........48
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1 ZIELSETZUNG DER VORLESUNG
Die Ausbildung in Vermessung und Fotogrammetrie hat folgende Zielsetzungen:
•
Kennen der Einsatzmöglichkeiten der modernen Vermessung, insbesondere der
Fotogrammetrie in schwergewichtig geographischen Arbeiten.
•
Produkte aus dem Vermessungswesen, und ihre Verwendungsmöglichkeiten
Dies soll erreicht werden durch:
•
Theoretische Vorlesung im Wintersemester mit ausgelesenen Übungen
•
Einwöchiger Blockkurs im Sommersemester. Vertiefung des Wissens durch
weitgehend selbständige, praktische Arbeiten.
•
Interessierten steht die Möglichkeit von Projektarbeiten offen.
Zur Verfügung stehendes Material:
Das GIUB besitzt einen ansehnlichen Gerätepark für terrestrische Vermessungen. Der
elektronische Theodolit, das GPS Gerät und Computer mit Software können von
StudentInnen, welche die Vorlesung und den Blockkurs besucht haben, für eigene
Arbeiten eingesetzt werden.
Weiter steht eine digitale Fotogrammetriestation für die dreidimensionale Auswertung
von Luftbildern zur Verfügung.
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2 ORGANISATION DER VERMESSUNG IN DER SCHWEIZ
2.1 DAS BUNDESAMT FÜR LANDESTOPOGRAPHIE (L+T)
Seit 1997 wird die L+T mit Leistungsauftrag und Globalbudget geführt (new public
management). Anfangs 1999 wurde die eidgenössische Vermessungsdirektion in die L+T
integriert. Als Bundesamt innerhalb des VBS hatte die Landestopographie
traditionellerweise die Hauptaufgabe, die Herstellung und Nachführung der
schweizerischen Kartenwerke. Hauptkunde war das Militär. Mit der Armeereform 95
vermutete man einen Rückgang des Absatzmarktes Dies bewog die Verantwortlichen
Stellen, dass die L+T vermehrt auch im Markt, schwergewichtig im Bereich Service Public
auftritt. Die L+T hat einen eigenen Flugdienst zur Herstellung der Luftbilder zur
Kartennachführung und spezieller Projekte.
2.1.1 Die Landesvermessung innerhalb der L+T
Die drei Bereiche Kartografie, Topgrafie und Geodäsie liegen im Bereich der klassischen
Aufgaben der L+T. Die Hauptaufgaben sind:
•
Erhaltung, Ergänzung und Erneuerung des Fixpunktnetzes der Landesvermessung
und des Landesnivellements.
•
Topografische und Fotogrammetrische Aufnahmen für die Nachführung der
eidgenössischen Kartenwerke.
•
Nachführung der Landeskarte.
•
Führung des NPOC (National Point Of Contact). Der NPOC ist die schweizerische
Kontaktstelle zu den Mitgliedstaaten der ESA (European Space Association). Ihr
obliegt der Aufbau eines Archivs von Satellitenbilddaten der Schweiz und die
Beratung für Anwender von solchen.
•
Durchführung von verschiedenen Projekten zur Entwicklung und zum Verkauf neuer
und bestehender digitaler Produkte (Bsp. Atlas der Schweiz auf CD, Swiss Map100,
etc.).
2.1.2 Die amtliche Vermessung innerhalb der L+T
Die amtliche Vermessung stützt sich auf den Artikel 950 ZGB der besagt, dass die
Aufnahme und Beschreibung der einzelnen Grundstücke im Grundbuch aufgrund eines
Planes erfolgt, der in der Regel auf einer amtlichen Vermessung beruht.
Die Vermessungsdirektion (V+D) ist in der Landestopographie integriert. Sie übt die
Oberaufsicht und die Oberleitung aus über die Durchführung und Erhaltung der
amtlichen Vermessung. Sie ermittelt die die Kostenanteile des Bundes an die
Vermessungskosten. Sie regelt und betreut das Zahlungswesen.
Die V+D brachte ihren eigenen Flugdienst in die L+T ein. Eine Grosszahl der privaten
fotogrammetrischen Projekte wurden und werden immer noch mit Bildern vom
Flugdienst der V+D durchgeführt.
2.2 DIE KANTONALEN VERMESSUNGSÄMTER
Die Realisierung, die Nachführung, die Erhaltung und Erneuerung der kantonalen
Fixpunkte LFP2 (früher Triangulationspunkte 4. Ordnung), die Herstelllung des
Übersichtsplanes und der Parzellarvermessung ist Sache der Kantone. Die Führung ist
den kantonalen Vermessungsämter übertragen.
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2.3 DIE PRIVATEN GEOMETERBÜROS
In den meisten Kantonen werden die Arbeiten der Parzellarvermessung und deren
Nachführung weitgehend durch städtische Vermessungsämter oder durch private
Vermessungsbüros (Geometerbüros) ausgeführt. In diesen Fällen obliegt den Kantonen
die Verifikation der Vermessungswerke.
2.4 PRODUKTE DER AMTLICHEN VERMESSUNG
2.4.1 Der Übersichtsplan
Der Übersichtsplan (Abbildung 1) wurde durch die Kantone in den Massstäben 1:10'000
und 1:5'000 erstellt und nachgeführt. Heute ist der Übersichtsplan über viele Gebiete als
digitaler Rasterplan käuflich. Vielerorts wird der Übersichtsplan von dgitalen Orthofotos
abgelöst (Abbildung 2).
Der Vertrieb läuft über die kantonalen Vermessungsämter.
Abbildung 1: Ausschnitt aus dem Übersichtsplan des Kantons Bern (Spiez)
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Abbildung 2: Ausschnitt aus einem Orthofoto der amtlichen Vermessung mit überlagertem Parzellennetz
(Spiez)
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2.4.2 Der Grundbuchplan
Das wichtigste Werk der amtliche Vermessung ist der Grundbuchplan. Er wird heute bei
eine Neuerstellung vollständig digital erfasst und in einem Landinformationssystem
verwaltet. Alte Vermessungswerke die noch auf papierbeschichteten Aluplatten von
Hand gezeichnet wurden, werden stückweise in eine digitale Form aufgearbeitet. Der
Grundbuchplan ist der beschreibende Teil des Grundbuches. In ihm werden die
Parzellengrenzen, Baurechte, Hausgrundrisse und wichtigsten Kulturgrenzen
aufgezeigt. Jedes Grundstück wird durch Grenzmarken (Marksteine, Bolzen, Kreuze,
Koordinatenpunkte) abgegrenzt. Ausdrucke werden typischerweise in den Massstäben
1:500 bis 1:2000 von den örtlichen Geometer verkauft.
Abbildung 3: Ausschnitt aus einem digitalen Grundbuchplan der Gemeinde Meiringen
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2.4.3 Der Leitungskataster
Die Leitungen von Elektrizitätswerken, die Kanalisation und die Trink- und
Abwasserversorgung bilden heute ein dichtes und kompliziertes unterirdisches Netz. Ihr
Wert für unsere Zivilisation ist riesig und der Unterhalt entsprechend aufwändig.
Leitungsinformationssysteme ermöglichen die Verwaltung der ganzen Anlagen. Ohne
Informationssysteme wäre besonders in grossen Gemeinden und Städten ein sicheres
Funktionieren nicht mehr denkbar. Der Leitungskataster wird im Siedlungsgebiet
aufbereitet für die Ausgabe in den Massstäben 1:250 bis 1:1000.
Abbildung 4: Ausschnitt aus dem Leitungskataster (Thema Abwasser) der Gemeinde Meiringen mit dem
Grundbuchplan als Hintergrund
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3 EINIGE BEMERKUNGEN ZU PROJEKTIONSSYSTEMEN
3.1 GEOID, ELLIPSOID, KUGEL, EBENE
Die Oberfläche der Erde ist ein unregelmässiger Körper, der sich mathematisch nicht
genau beschreiben lässt.
Abbildung 5: Die Figur der Erde in 15'000- facher Überhöhung
Das Bestreben, die Erde genau darzustellen und Berechnungen auf der Erdoberfläche
zu ermöglichen, führt zu verschiedenen Approximationen der Oberfläche:
•
Das Geoid ist der theoretische Körper, der sich ergibt, wenn man sich vorstellt, die
Meeresoberfläche umspanne die ganze Erde. Die Feldlinien der Schwerkraft bilden
mit der Geoidoberfläche einen rechten Winkel. Die Abweichungen des Geoides vom
Rotoationsellipsoid zeigt sich in den Lotabweichungen. Diese werden bestimmt mit
geodätischen und astronomischen Messungen. Eine andere Methode, die Gestalt des
Geoids zu erhalten, ist die Schweremessung, also das Bestimmen der Schwerkraft auf
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der Erdoberfläche. Die Höhen in der Landeskarte und die Höhen im schweizerischen
Projektionssystem CH1903 sind auf das Geoid bezogen, weil sie mit
Vermessungsinstrumenten bestimmt wurden (oder werden). Diese Instrumente
werden mit Libellen horizontiert und richten sich somit auf die Schwerkraft aus (auf
das Geoid).
•
Das Rotationsellipsoid ist eine mathematische Näherung an die Erdoberfläche. Man
verwendet es für die Lageberechnungen von Ländern mittlerer Grösse. Die kleine
Achse entspricht der Erdachse. Für die Erde wurden verschiedene Ellipsoide
bestimmt. Bekannt ist u.a. das Ellipsoid wie es vom GPS-System gebraucht wird
(WGS84). Für die Vermessung von Ländern existieren lokale Ellipsoide der lokalen
Erdoberfläche besser entsprechen als ein globales Ellipsoid.
Erdoberfläche
Geoid
Ellipsoid
•
Die Kugel ist die nächste Approximation an das Rotationsellipsoid. Man verwendet
sie für die Lagemessungen kleiner Länder.
•
Die Erde, als Ebene dargestellt, gebraucht man für die Vermessung kleiner Gebiete,
etwa in der Grösse 10 km x 10 km.
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3.2 FLÄCHENTREUE VS. WINKELTREUE
Die Abbildung des Geoids zeigt, dass die Form der Erde nicht genau erfasst werden
kann. Sie muss daher durch geometrische Körper und Flächen genähert definiert
werden. Das Endprodukt Karte zum Beispiel, ist eine ebene Darstellung einer
dreidimensionalen Realität. Die führt zu Abbildungsproblemen, lässt sich doch eine
Kugel (bereits eine Approximation der tatsächlichen Erdoberfläche) nicht einfach in die
Ebene „drücken“. Die Abbildung der Kugeloberfläche in der Ebene hat zur Folge, dass
das Bild verzerrt wird. Nur bei kleinen Gebieten kann die Abweichung zwischen der
tatsächlichen Gestalt auf der Erdoberfläche und ihrer Repräsentation auf dem Papier
oder in Zahlen vernachlässigt werden.
Es ist nur möglich Karten zu konstruieren, die entweder die Fläche des Gebietes, oder
aber die Winkel richtig wiedergeben. Bei einer flächentreuen Projektion stehen die
Flächen in ihrem richtigen gegenseitigen Verhältnis, die Richtungen werden aber
verzerrt. Umgekehrt, bei einer winkeltreuen Projektion werden die Richtungen richtig
dargestelt. Breitenkreise und Meridiane stehen senkrecht aufeinander. Jedoch weisen
die Flächen mit zunehmendem Abstand vom Projektionszentrum immer grösser
werdende Fehler auf.
1
Einige Beispiele die Imhof entnommen wurden:
Abbildung 6: Grönland und Arabien in ihrem richtigen gegenseitigen Flächenverhältnis, aber nur in
annähernd richtiger Form
1
Imhof E.: Gelände und Karte. Eugen Rentsch Verlag Erlenbach, Zürich, Stuttgart, 1968, p. 73-84
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Abbildung 7: Grönland und Arabien in winkeltreuer, aber nicht flächentreuer Darstellung
Abbildung 8: Das Bild der Erde in der Zylinderprojektion der Schweizerischen Landesvermessung
(Quelle ETHZ).
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3.3 DAS PROJEKTIONSSYSTEM DER SCHWEIZERISCHEN
LANDESVERMESSUNG
3.3.1 Bezugsfläche
Die Grundlage bildet das Rotationsellipsoid von Bessel (1849).
Grosse Halbachse a = 6377397.16 m
Kleine Halbachse b = 6356078.96 m
Schmiegungskugel für das Ellipsoid (in Bern)
Radius = M * N = 6378815.9036 m
M = Meridiankrümmungsradius
N = Querkrümmungsradius
Ellipsoidische Koordinaten von Bern
Breite B = 46° 57‘ 08.66“
Länge L = 7° 26‘ 22.50“
Die mathematische Überführung der Punkte auf dem Ellipsoid in die entsprechenden
2
Punkte auf der Ebene erfolgt in zwei Schritten :
1. Winkeltreue Abbildung Ellipsoid – Kugel
2. Winkeltreue Abbildung Kugel – Ebene (Zylinder)
2
Formeln für die Umrechung Elliposid – Kugel – Ebene und umgekehrt sind beim Bundesamt für
Landestopographie (Wabern) erhältlich
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3.3.2 Die schiefachsige, winkeltreue Zylinderprojektion
Abbildung 9: Darstellung der schiefachsigen, winkeltreuen Zylinderprojektion der Schweiz
Abbildung 10: das schweizerische Landeskoordinatensystem im Vergleich mit Längen- und Breitenkreisen
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4 DAS SCHWEIZERISCHE FIXPUNKTNETZ
4.1 DAS SYSTEM CH1903
4.1.1 Triangulation 1. bis 4. Ordnung
Die Fixpunktmessungen für die neue Landeskarte wurden in den ersten drei
Jahrzehnten unseres Jahrhunderts durchgeführt. Dabei wurden zum Teil Messungen des
18. Jahrhunderts im Jura und Mittelland mit einbezogen (schweizerische geodätische
Kommission, europäische Gradnetz-Triangulation, 1862 – 1891).
Mit Triangulation bezeichnet man das Verfahren der Dreiecksmessung. Das ganze Land
wurde in ein Netz von Dreiecken aufgeteilt. Die sogenannten Dreiecke erster Ordnung
massen 30 bis 60 km. Von jedem Dreieck wurden alle drei Winkel gemessen. Als
Grundlage zur Berechnung der Seitenlängen dienten die drei Basisstrecken bei Aarberg,
Weinfelden und Bellinzona, die ebenfalls von der SGK (1880/ 1881) übernommen
wurden.
CC
Der mittlere Fehler einer gemessenen Richtung betrug nach der Ausgleichung 1.8 .
Dieser Wert ist beachtlich. Die heutigen Winkelmessungen können auch mit den
heutigen Geräten, mit der besten Optik und Elektronik ausgestattet, nicht übertroffen
werden.
Abbildung 11: Triangulationsnetz 1. Ordnung nach Zölly
Die Punkte 1. Ordnung wurden mit der Triangulation zweiter Ordung weiter verdichtet.
Nach der Ausgleichung wurde erneut verdichtet, die Triangulation dritter Ordnung.
Diese Triangulationen (1. Bis 3. Ordnung) wurden durch die Landestopographie erstellt
(und werden heute noch von ihr unterhalten). Die Kantone realisierten die
Triangulation vierter Ordnung mit nunmehr kleinen Dreiecksseiten von 500 m bis 2 km.
Diese Punkte werden weiterhin unterhalten. Mit den Triangulationspunkten besitzen
2
wir heute etwa 64'000 Fixpunkte (1 bis 2
pro km ). Diese können für
Vermessungsarbeiten bei der Landestopographie und bei den kantonalen
Vermessungsämtern bezogen werden.
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Abbildung 12: Ausschnitt aus einer Triangulations- Punktkarte
Abbildung 13: Beschreibung des Triangulationspunktes 1230-6360
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4.1.2 Die Nivellement- Fixpunkte
In den Jahren 1864 – 1891 wurde durch die schweiz. Geodätische Kommission (SGK) das
erste Präzisionsnivellement des Landes mit 2200 Höhenfixpunkten auf einer
Gesamtlänge von 4300 km gemessen und ausgewertet. Der Horizont wurde von der
französischen Höhenmessung auf den Pierre du Niton im Genfer Hafenbecken
übernommen. Seine Höhe wurde mit 376.86 m ü.M. bestimmt.
Durch die Untersuchungen der Höhenverhältnisse der Schweiz (Dr. Jakob Hilfiker, 1902),
wurde eine neue Ausgangshöhe des Pierre du Niton bestimmt (373.6 m ü.M.), die sich
auf das Mittelwasser im Hafen von Marseille stützt.
Das neue Landesnivellement wurde in den Jahren 1903-1927 neu versichert, gemessen
und berechnet. Die Fixpunkte wurden in Dreier- und Vierergruppen mit Messingbolzen
in Gebäudemauern angebracht. Die aus 7500 Höhenpunkte bestehenden 18 Polygone
haben eine Gesamtlänge von ungefähr 4500 km. Der mittlere Fehler für 1 km
Doppelnivellement betrug 1.4 mm:
Die Kantone erweiterten das Netz mit eigenen Nivellements. Viele Gemeinden verfügen
heute über ein Gemeindenivellement, das eine weitere Verdichtung der
Höhenfixpunkte ist.
Die eidgenössischen (NF) und die kantonalen Punkte (NC) werden sorgfältig verwaltet
und in Verzeichnissen veröffentlicht.
Seit 1943 wird durch die L+T systematisch das ganze eidgenössische Netz neu gemessen
und berechnet. Durch die alten und neuen Messungen, die bis 70 Jahre
auseinanderliegen, konnte die Vertikalbewegung der Erdkruste im Gebiet der Schweiz
nachgewiesen werden. Die jährlichen Hebungen betragen bis 1.5 mm im Alpenraum.
Angaben über die Höhenfixpunkte können bei der L+T, bei kantonalen
Vermessungsämtern und bei lokalen Geometerbüros bezogen werden.
Abbildung 14: Nivellementnetz 1903 - 1927 nach Zölly
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Abbildung 15: Beschreibung eines Nivellementsfixpunktes
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4.2 DAS SYSTEM LV953
Seit ca. 1985 verfolgt die L+T ein neues Konzept für eine zeitgerechte
Landesvermessung. Sie soll allmählich die bald 100-jährige Landestriangulation und das
Landesnivellement ablösen. Der Fundamentalpunkt dieses neuen Fixpunktnetzes ist die
Geostation Zimmerwald bei Bern.
Das ab 1988 in Teilnetzen neu aufgebaute Grundlagennetz wurde mit der
Messmethode GPS hochgenau bestimmt und sollte in den nächsten Jahren praktisch
allen Bedürfnissen der Vermessung genügen. Es besteht aus ca. 180 sorgfältig
ausgewählten geodätischen Punkten und wird nach Bedarf weiter verdichtet. Die
"absolute" Genauigkeit der Koordinaten liegt landesweit bei 0.5 bis 1 cm für die Lage
bzw. bei 2 bis 3cm für die ellipsoidische Höhe. (Koordinatenbezeichnung: E=2'600'000 m
/ N=1'200'000 m).
Abbildung 16: LV95-Netz / Stand August 2000
Besondere Beachtung wurde der Definition von zwei neuen Bezugssystemen geschenkt.
Das global gelagerte System CHTRS95 ist optimal mit dem internationalen und dem
europäischen Bezugssystem verbunden. Es enthält ein kinematisches Modell und eignet
sich
für
wissenschaftliche
Zwecke
und
anspruchsvolle
Ingenieurprojekte.
Das lokal gelagerte Bezugssystem CH1903+ ist statisch und stellt der Amtlichen
Vermessung einen optimalen Bezugsrahmen zur Verfügung. Dank Anschlussmessungen
an die Punkte der alten Landesvermessung, können die Daten vom heutigen, noch
offiziellen Bezugssystem CH1903 übernommen und in das neue System CH1903+
transformiert werden
3
Quelle: Homepage der L+T: \www.swisstopo.ch
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5 KLASSISCHE VERMESSUNGSTECHNISCHE ARBEITEN
5.1 HÖHENBESTIMMUNG MIT NIVELLEMENT
Für viele Aufgaben werden die Höhen von Einzelpunkten benötigt. Als eine der
gebräuchlichsten Methoden dazu, dient das Nivellement. Die Vorteile der Methode
liegen in der einfachen Handhabung des Gerätes und der durchsichtigen
Berechnungsart.
5.1.1 Das Prinzip des Nivellements
Das Funktionsprinzip des Nivellements ist anschaulich und einfach. Man benötigt ein
Gerät, dessen Zielachse in einer horizontalen Ebene liegt. Das heisst, ein Fernrohr, das
so auf dem Stativ fixiert ist, dass der Blickstrahl genau horizontal läuft. Dreht man das
Fernrohr um die Stehachse, dann beschreibt der Blickstrahl eine horizontale Ebene.
Damit sind auch die Konstruktionsvorschriften für ein Nivelliergerät gegeben.
Vorblick
Rückblick
Horizontale Blickebene
Lattenstandort
A
A
Lattenstandort
B
Abbildung 17: zum Prinzip des Nivellements
Die Höhendifferenz von A nach B ergibt sich folgendermassen (Abbildung 17): Die
Latte oder der Doppelmeter wird auf Punkt A aufgestellt. Mit Hilfe des horizontalen
Sehstrahles kann am Meter abgelesen werden, wieviel die Blickebene über dem Punkt A
liegt.
Die Latte wird nun auf Punkt B aufgestellt.
Damit kann wieder die
Höhendifferenz zwischen Punkt B und dem Sehstrahl abgelesen werden.
Die
Höhendifferenz von A nach B ergibt sich aus der Messung zu Punkt A minus der
Messung zu Punkt B. Wir bezeichnen die Visur zu Punkt A als Rückblick und die Visur
nach B als Vorblick.
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5.1.2 Das Streckennivellement
Abbildung 18: Nivelliergerät NA2 von Leica
Das Prinzip des Nivellierens kann nun verallgemeinert werden. Normalerweise liegen
der Anfangs- und Endpunkt weit auseinander, so dass die Strecke unterteilt und
Höhenunterschied an Höhenunterschied gereiht wird:
R1
V1
R2
V2
R3
A
V3
R4
V4
R5
V5
dh1
dh2
dh3
dh4
dh5
B
Abbildung 19: die Gesamthöhendifferenz ergibt sich aus der Summe der einzelnen Höhendifferenzen
Die totale Höhendifferenz von A nach B ergibt sich aus der Summe der einzelnen
Unterschiede (1), oder der Summe aller Rückblicke minus der Summe aller Vorblicke (2).
Die Lattenstandorte unterteilen die Strecke A und B. Man nennt sie Umstellpunkte.
Berechnung der Gesamthöhendifferenz:
H = h1+ h2+ h3+ h4+ h5
H = R1 – V1 + R2 – V2+ R3 – V3+ R4 – V4+ R5 – V5
H=
∑ R−∑ V
5
5
1
1
(1)
(2)
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Einige praktische Regeln und Vorschriften zum Nivellieren
Zur Aufdeckung grober Fehler muss ein Nivellement hin- und zurückgemessen werden.
Das heisst, die Höhenunterschiede zwischen Anfangs- und Endpunkt müssen beim Hinund Zurückmessen innerhalb der Messgenauigkeit liegen.
Um allfällige grobe Fehler genauer zu lokalisieren, soll mindestens jeder fünfte
Umstellpunkt bei der Hin- und Rückmessung identisch sein. Damit beschränkt sich die
Nachmessung nur auf denjenigen Teilabschnitt, in welchem die Unstimmigkeit erkannt
wurde.
Verbindet ein Nivellement zwei Punkte, die beide eine bekannte Höhe haben, so sind
die Widersprüche gleichmässig auf die Messungen zu verteilen.
Die Zahlen sind sauber zu schreiben, damit keine Unklarheiten auftreten.
Die Kontrolle, ob die Höhendifferenz aus Hin- und Rückmessung identisch sind, wird auf
dem Felde durchgeführt. Die restlichen Berechnungen erfolgen dann im Büro.
5.1.3 Arten von Nivellements
a) Bestimmung der Punkthöhen mit nur einem Ausgangsfixpunkt.
Der Nachteil liegt darin, dass ein allfälliger Fehler der Ausgangshöhe nicht erkannt
werden kann. Unbedingt hin- und zurück messen!
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b) Schlaufennivellement
Zur Bestimmung der Punkthöhen wird von einem Fixpunkt ausgegangen und auf
demselben wieder abgeschlossen. Die Summe aller Höhendifferenzen muss Null
ergeben. Wie bei Methode a) muss man hin- und zurück messen, damit Fehler, die sich
kompensieren könnten, aufgedeckt werden können.
c) Bestimmung der Punkthöhen von zwei Festpunkten aus:
Man beginnt beim Ausgangspunkt und schliesst beim Endpunkt ab. Die gemessene
Gesamthöhendifferenz muss der Soll- Differenz entsprechen, oder innerhalb der
Messgenauigkeit liegen. Unterschiede zwischen gerechneter und gemessener Differenz
sind gleichmässig auf die Messungen zu verteilen. Aus denselben Gründen wie bei a)
und b) muss man unbedingt hin- und zurück messen. Der Vorteil dieser Methode liegt
darin, dass die Fixpunkte kontrolliert werden.
5.1.4 Beispiel Nivellement
Gegeben:
Gesucht:
Vorgehen:
A
Bekannte Höhenfixpunkte A und B im Gelände.
Die Höhe des Punktes P soll bestimmt werden.
1. Messung (Hinmessung) von Punkt A ausgehend über Punkt B nach
Punkt B messen.
2. Messung (Rückmessung): Retour von Punkt B über Punkt P nach Punkt
A messen.
P
K. Budmiger. Einführung in die Vermessung und Fotogrammetrie. Teil 1
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B
Seite 23
Theorie Vermessung
Punkt
(Latte)
A
R
V
R-V
1.234
gemessen
Höhe
definitiv
569.223
569.223
570.112
570.117
571.662
571.672
571.652
571.667
571.213
571.234
572.172
572.198
571.726
571.757
573.022
573.058
gemittelt
0.889
U1
2.012
0.345
1.550
U2
0.987
0.462
-0.010
U3
1.296
0.997
-0.439
P
1.983
1.735
571.238
0.959
U4
0.672
1.024
-0.446
U5
2.129
1.118
1.296
B
0.833
Soll
573.058
Soll-ist
0.036
Korrektur an Höhendifferenz
Punkt
(Latte)
B
R
0.005
V
R-V
1.026
gemessen
Höhe
definitiv
573.058
573.058
571.639
571.633
572.024
572.011
571.261
571.242
571.939
571.914
571.428
571.397
569.960
569.922
569.267
569.223
gemittelt
-1.419
U10
1.077
2.445
U11
0.998
0.692
0.385
-0.763
P
1.688
1.761
U12
1.100
1.010
0.678
-0.511
U13
0.667
1.611
U14
0.296
2.135
-1.468
-0.693
A
Soll
0.989
569.223
Soll-ist
-0.044
Korrektur an Höhendifferenz
-0.006
Berechnungsvorgang
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Theorie Vermessung
Berechnung der Hinmessung
1. Berechnung der einzelnen Höhendifferenzen (R-V)
2. Berechnung der einzelnen Punkthöhen (Höhe gemessen) aus den aufaddierten
Höhendifferenzen. Dabei wird von der Höhe des Punktes A ausgegangen.
3. Die aus den gemessenen Höhendifferenzen erhaltene Höhe des Endpunktes
(Punkt B) vergleichen mit der gegebenen Höhe des Punktes B (= Soll-Ist).
4. Die Höhendifferenz (Soll-Ist) gleichmässig auf alle Höhendifferenzen verteilen.
Berechnung der Rückmessung
Der Berechnungsgang ist analog demjenigen der Hinmessung
Definitive Höhe des Punktes B
Die definitive Höhe von P ist das Mittel aus den beiden Höhen aus der Hin- und
Rückmessung.
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Seite 25
Theorie Vermessung
5.2 WINKELMESSUNG
5.2.1 Horizontal- und Zenitwinkel
Die Messung von Winkeln ist eine der grundlegenden Operationen der klassischen
Vermessungstechnik. Bei Vermessungen über kleinere Gebiete gilt als Bezugsfläche die
Ebene, bei jenen über grosse Gebiete (Landesvermessung) die Kugel oder das Ellipsoid.
Wir beschränken uns auf die Betrachtungen der Winkel auf einer ebenen Bezugsfläche.
Zenit
Horizontalwinkel
Abbildung 20: Die mit dem Theodoliten gemessenen Winkel sind die Horizontal- und Zenitwinkel.
Die Scheitelöffnung zweier sich in der Ebene schneidenden Geraden ergibt den
Horizontalwinkel.
Zenitwinkel
Höhenwinkel
Der Zenitwinkel bezieht sich auf die
Senkrechte
des
Beobachtungsstandortes. Er misst Null
in der Senkrechten (Zenit) und 90°, bzw.
100 gon in der Horizontalen.
Mit einem Theodoliten lassen sich die
Horizontalwinkel
und
die
Vertikalwinkel messen.
Horizontalebene
Abbildung 21: Beziehung zwischen Zenit- und Höhenwinkel
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Seite 26
Theorie Vermessung
5.2.2 Winkeleinheiten in der Vermessung
In vielen Ländern wurde für die Vermessung die Winkelteilung Neugrad oder GON
eingeführt. Vergleich der Grad- Teilung und der Gon-Teilung:
GRAD
GON
Vollkreis
360°
400 gon
Ein Quadrant entspricht
90°
100 gon
1° = 60‘ (Minuten)
1 gon = 100 Neuminuten
1‘ = 60“ (Sekunden)
1 Neumin. = 100 Neusek.
Eine Einheit hat
Umrechnungstabelle:
Grad nach Gon
Gon = Grad/0.9
Gon nach Grad
Grad = Gon x 0.9
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Theorie Vermessung
5.2.3 Der Theodolit und die Totalstation
Abbildung 22: drei Totalstationen von Leica: TC2003, TC1101, TPS100 (von links nach rechts)
Theodolit
Das Gerät zur Messung von Horizontal- und Zenitwinkeln heisst Theodolit. Es gibt eine
ganze Reihe von Theodoliten. Unterscheidungskriterien sind:
•
Mechanischer- oder elektronischer Theodolit.
•
Genauigkeit der Kreisablesung: Minuten- oder Sekundentheodolite.
Totalstation
•
Eine Totalstation besteht aus
•
einem elektronischen Theodoliten zur Messung der Horizontal- und Vertikalwinkel
•
ein elektronischer Distanzmesser
•
eine Registriereinheit zur Speicherung der Winkel, Distanzen und Punktcodes
•
Programme zur Berechnung von vermessungstechnischen Aufgaben im Gelände
Funktionsprinzip eines Theodoliten
Im Wesentlichen besteht ein Theodolit aus dem Unterbau, der fest mit dem Stativ
verbunden ist und dem Oberbau (Alhidade), der gegenüber dem Unterteil gedreht
werden kann. In der Alhidade liegt je ein Teilkreis für die Ablesung der Horizontal- und
Vertikalwinkel. Der Horizontalteilkreis ist bezüglich seiner Funktionsweise nichts
anderes als ein Winkelmesser wie wir ihn für geometrische Konstruktionen gebrauchen.
Er kann in seiner horizontalen Ausrichtung gedreht werden. Man kann also auf einem
bekannten Punkt zu einem andern Punkt eine bestimmte Richtung einstellen. Mit dem
Horizontalkreis lassen sich Winkel zwischen zwei oder mehreren Punkten messen.
Achtung: die abgelesenen Winkel beziehen sich nicht auf die Nordrichtung !
Der Vertikalkreis kann nicht aus seiner Lage gebracht werden. Seine Nullstelle ist auf
den Zenit ausgerichtet. Bei aktuellen Modellen geschieht dies automatisch durch ein
Pendel. Bei alten Theodoliten, musste vor jeder Ablesung der Höhenteilkreis mit Hilfe
von Libellen horizontiert werden. Im Oberbau ist das Fernrohr befestigt, das sich mit der
Alhidade zusammen um die Stehachse drehen lässt und sich um die Kippachse bewegt.
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Fernrohr
Feststellschraube
für
die
Vertikalbewegung des
Fernrohres
Vertikalteilkreis
Scharfstellung
für das
Fernrohr
Pendel für den
Feinjustierschraube für
Vertikalbewegung
des Fernrohres
Vertikalteilkreis
Feinjustierschraube für
Horizontalbewegu
ng des Fernrohres
Feststellschraube für
die Horizontalbewegung des
Fernrohres
Spiegel für die
Teilkreisbeleuchtung
Horizontalteilkreis
Libelle für die
Feinhorizontierung
Horizontierschraube
Abbildung 23: Schnittbild des mechanischen Theodoliten K1-S
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Seite 29
Theorie Vermessung
5.3 ELEKTRONISCHE DISTANZMESSUNG
5.3.1 Einleitung
Die elektronische Distanzmessung in Kombination mit der Winkelmessung bildet heute
die wichtigste Methode zur Koordinatenbestimmung in der Vermessungspraxis.
Weltweit sind überall dort Theodoliten mit Distanzmessern (Tachymeter) im Einsatz, wo
es darum geht, einfach und schnell Punkte in Lage und Höhe zu bestimmen. Die
Anwendungsgebiete sind so vielfältig, dass der Gebrauch dieser Geräte längst nicht
mehr auf Vermessungsfachleute beschränkt ist.
Forstingenieure, Agronomen,
Geographen und Geologen bedienen sich Theodolit und Distanzmesser um bestimmte
Vermessungsarbeiten selbständig auszuführen. Hersteller aus verschiedenen Ländern
bieten eine grosse Palette von guten Messsystemen an.
Mit elektronischen Distanzmessern werden typischerweise Distanzen bis etwa 1.5 km
gemessen. Sind grössere Distanzen gefordert, dann wird heute GPS eingesetzt.
Abbildung 23: Eine Totalstation (Theodolit, Distanzmesser, Registriereinheit) im Einsatz in
gebirgigem Gelände. Im Hintergrund wird der Reflektor auf den zu bestimmenden Punkt
gehalten, damit die Einmessung erfolgen kann.
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5.3.2 Das Prinzip der elektrooptischen Distanzmessung
Reflektor
Sender
Messwelle
Empfänger
Abbildung 24: Sendeeinheit, Messwelle und Reflektor
Eine Trägerwelle (Messwelle) wird durch Modulation der Amplitude zum
Informationssignal. Dieses wird vom Sender zum Reflektor und wieder zurück zum
Empfänger gesendet. Der Phasenmesser misst die Phasendifferenz zwischen dem
weggehenden und ankommenden Signal. Durch die sinnvolle Wahl von zwei oder
mehreren Frequenzen kann die Distanz aus der Zusammensetzung der
Phasendifferenzen abgeleitet werden (Grob.- und Feindistanz).
Je nach Gerät bedient man sich Distanzmesser mit elektrooptischen Wellen, mit
Wellenlängen von 0.1 – 1 µm. Dieses Licht lässt sich gut bündeln, daher genügen
Reflektoren (Trippelprismen) die auf dem Zielpunkt aufgestellt werden.
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Theorie Vermessung
Zur Distanzmessung mit Phasendifferenzen
L
a
p
v=
c
n
l=
v
c
=
f
n∗ f
p=
p
∗l
2 pi
a = Amplitude
l = Modulationswellenlänge
f = Modulationsfrequenz
v = Lichtgeschwindigkeit in Luft (ca.
3108 m/sec)
c = Lichtgeschwindigkeit im Vakuum
n = Brechungsindex der Luft
p = Phasendifferenz
p = Länge der Phasendifferenz
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5.3.3 Fehlereinflüsse und atmosphärische Korrekturen
Massgebend für genaue Messungen sind:
a)
Die Modulationsfrequenz.
Sie wird durch Quarzkristalle erzeugt und
aufrechterhalten. Eine Abweichung der Temperatur und des Luftdruckes von der
Eichgrösse bewirkt eine Veränderung der Frequenz. Der interne Rechner geht
jedoch von einer konstanten Frequenz aus. Eine Abweichung wirkt sich direkt
proportional auf die angezeigte Distanz aus, was einer Massstabsveränderung
entspricht.
b)
Der Brechungsindex der Luft.
Er ist das Verhältnis der Ausbreitungsgeschwindigkeit im Vakum und der Luft. Umgekehrt kann man sagen, bei
bekanntem
Brechungsindex
lässt
sich
berechnen,
wie
gross
die
Ausbreitungsgeschwindigkeit des Messsignals ist. Wie bei a) geht der interne
Rechner von einer konstanten Ausbreitungsgeschwindigkeit aus, eine
Abweichung davon verändert den Massstab.
Schlussfolgerungen aus a) und b): Die Modulationsfrequenz und der Brechungsindex
verändern ihre Grösse mit Temperatur- und Luftdruckschwankungen. Sie wirken sich
auf die gemessene Distanz direkt proportional aus. Bei Messungen langer Distanzen
und/oder hoher Präzision, kann man die gemessene Distanz korrigieren, indem an
Stand- und Zielpunkt die Temperatur und der Luftdruck gemesen wird.
Die Genauigkeit einer gemessenen Distanz kann der Gerätebeschreibungen der
Hersteller entnommen werden. Sie liegen in der Grössenordnung von +/- 2mm plus
5ppm (mm/km).
Atmosphärische Korrekturen
Sie werden an der gemessenen Distanzen angebracht.
Messungen für hohe Präzision und lange Distanzen.
dD[mm / km] = 282 −
0.387 ∗ p
1 + 0.0037 ∗ t
p = Druck in mmHg
t = Temperatur im °C
dD[mm / km] = 282 −
0.290 ∗ p
1 + 0.0037 ∗ t
p = Druck in mb
t = Temperatur in °C
Korrigiert werden nur
Für Überschlagsrechnungen kann man sich folgende Zahlen merken:
dT = 1°C
Æ
dD = 1mm/km
dp = 3mmHg = 4mbar
Æ
dS = 1mm/km
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5.4 TACHYMETRISCHE VERMESSUNG (WINKEL- UND DISTANZMESSUNG)
5.4.1 Der Polygonzug
Ein Hauptzug verbindet zwei Triangulationspunkte, ein Nebenzug zwei Polygonpunkte.
Ein Ringzug beginnt und endet auf demselben Punkt. Der Nachteil liegt darin, dass die
Distanzen auf systematische Fehler nicht kontrolliert sind.
Das Prinzip beruht auf der Richtungs- und Distanzmessung. Ein Polygonzug beginnt
und endet auf einem bekannten Punkt.
Normaler Polygonzug:
Fixpunkt
(Fernpunkt)
Fixpunkt
(Fernpunkt)
Polygonpunkte
Fixpunkt
(Instrumentenstandort)
Fixpunkt
(Instrumentenstandort)
Ringpolygonzug:
Fixpunkt
(Fernpunkt)
Fixpunkt
(Instrumentenstandort)
Polygonpunkte
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Theorie Vermessung
Einige praktische Bemerkungen:
-
-
-
Falls kein lokaler PP-Zug gemessen wird, sollte ein Polygonzug je an einem
koordinatenmässig bekannten Triangulationspunkt oder Polygonpunkt an- und
abschliessen.
Die An- und Abschlussvisuren auf den beiden Ausgangspunkten eines Zuges sollten
möglichst lang sein, um Felhereinflüsse der Zentrierung und Ungenauigkeiten in
den Koordinaten zu vermeiden.
Die Polygonseiten sollten gut messbar sein (keine Hindernisse). Eine seriöse
Rekognoszierung geht der Messung voraus.
Die Polygonpunkte sollen an geschützten, sicheren Orten liegen und leicht wieder
auffindbar sein.
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5.4.2 Detailpunktaufnahme
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Theorie Vermessung
6 VERMESSUNG MIT GPS
Eine wertvolle Übersicht über die Vermessung mit GPS gibt die Schrift der Firma Leica
Geosystems AG, Heerbrugg. Die Publikation wird in der Vorlesung als separater Text
angeboten. Sie kann auch zusätzlich direkt bei Leica in Glattbrugg bestellt werden.
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Theorie Vermessung
7 GRUNDLAGEN ZU VERMESSUNGSTECHNISCHEN
BERECHNUNGEN
7.1 ABKÜRZUNGSVERZEICHNIS
Ds oder ds
Dh oder dh
∆h
i
s
dY, dX, dZ
YP, XP, ZP
HA
schiefe Distanz
Horizontaldistanz (Kartendistanz)
Höhendifferenz
Instrumentenhöhe
Zielhöhe oder Reflektorhöhe
Koordinatendifferenzen in Y, X, Z
Koordinaten Y,X,Z des Punktes P
Höhe des Punktes A (Z- Koordinate)
7.2 GLOSSAR
Azimut
Horizontalwinkel
Zenit
Vertikalwinkel
Zenitwinkel
Horizontaldistanz
Station
Fixpunkt
Neupunkt
Freie Station
Theodolit
Horizontalteilkreis
Vertikalteilkreis
Der Winkel zwischen Nord und einem
Zielpunkt
Der Winkel zwischen drei Punkten in der
Horizontalebene gemessen
Die gegengesetzte Richtung der
Schwerkraft in einem Punkt (senkrecht
hinauf)
Der Winkel von der Senkrechten aus
gemessen zu einem Punkt
Gleich wie der Vertikalwinkel
Kartendistanz (ohne Projektion)
Theodolitenstandort
ein Punkt dessen Koordinaten (Y,X,Z)
bekannt sind
ein Punkt dessen Koordinaten (Y,X,Z)
nicht bekannt sind, die aber eingemessen,
bzw. berechnet werden sollen
Der Theodolit wird frei auf dem Felde
aufgestellt (nicht auf einem Fixpunkt). Die
Koordinaten des Standortes werden
rückwärts aus den Messungen zu
Fixpunkten berechnet.
das Vermessungsgerät mit dem Winkel
und Distanzen gemessen werden
Der Horizontalwinkel, bzw. Vertikalwinkel
des Instrumentes (Theodoliten) mit der
Winkelteilung
K. Budmiger. Einführung in die Vermessung und Fotogrammetrie. Teil 1
Ausgabe 10. 2002
Seite 38
Theorie Vermessung
7.3 EINFÜHRUNG
In einem Rutschhang sollen von Zeit zu Zeit markierte Punkte neu eingemessen werden
um damit die Verschiebungsbeträge feststellen zu können. Das Problem stellt sich:
• Wie können die Verschiebungen festgestellt werden?
• Die Verschiebungen müssen sich auf ein Referenzsystem beziehen das als fest,
also nicht verschiebbar betrachtet werden kann.
Das Referenzsystem ist im Normalfall ein ebenes, rechtwinkliges Koordinatensystem.
Jeder Punkt erhält seine Koordinate in X, Y und Z zum Zeitpunkt der Einmessung. Mit
jeder neuen Einmessung ergeben sich für jeden Punkt neue Koordinaten, aus denen sich
Richtungs- und Distanzvektoren (die Verschiebungen) berechnen lassen. Die
Bestimmung der Koordinaten der Punkte ist die Aufgabe die es zu lösen gilt. Dafür gibt
es in der Vermessung die drei gebräuchlichen Methoden:
• Tachymetrische Vermessung: Bestimmung der Punktkoordinaten mit Hilfe von
Winkel- und Distanzmessung
• GPS Vermessung: Bestimmung der Koordinaten mit Hilfe von Satelliten- Messsignalempfängern
• Fotogrammetrische Vermessung:
Messungen aus Luftbildern
Bestimmung
Punktkoordinaten
mit
Punkt P(Y,X,Z)
Am 10.10.1999
Xp
X – Koordinate
(Hochwert, Süd-Nord)
der
Punkt P(Y,X,Z)
Am 31.5.2000
Xp
YP
YP
Y – Koordinate
(Rechtswert, West-Ost)
Abbildung 25: Koordinaten desselben Punktes an zwei verschiedenen Daten
K. Budmiger. Einführung in die Vermessung und Fotogrammetrie. Teil 1
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Theorie Vermessung
Nord
X – Koordinate
(Hochwert, Süd-Nord)
Punkt P(Y,X,Z)
Am 10.10.1999
Distanz
Azimut
Punkt P(Y,X,Z)
Am 31.5.2000
Y – Koordinate
(Rechtswert, West-Ost)
Abbildung 26: Verschiebungsvektor zwischen den zwei Punktlagen (Azimut und
Distanz)
Abbildung 26 zeigt die Beziehung zwischen den kartesischen (rechtwinklign)
Koordinaten der Punkte (x,y,z) und der Polarkoordinaten (Azimut, Distanz). Der Punkt
wanderte von seiner Lage am 10.10.99 zu seiner Position am 31.5.2000. Das Azimut
besagt, in welcher Richtung (von Norden aus gemessen) der Punkt gewandert ist. Ein
Azimut von Null heisst, dass der zweite Punkt genau nördlich des ersten Punktes liegt.
Ein Azimut von 200gon, bzw. 180° bedeutet, dass der zweite Punkt genau südlich des
ersten Punktes liegt. In der obigen Abbildung liegt der zweite Punkt (31.5.2000) etwa in
einem Azimut von 250 gon bezogen auf den ersten Punkt (10.10.1999).
K. Budmiger. Einführung in die Vermessung und Fotogrammetrie. Teil 1
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Theorie Vermessung
7.4 KOORDINATENSYSTEME RECHTWINKLIG UND POLAR
Mathematik
Vermessung
Kartesische Koordinaten
Y
X
(Nord)
P (X,Y)
P (X,Y)
Y
X
(West - Ost)
Polarkoordinaten
Nord
Y
X
P (X,Y)
P (Y,X)
Azimut
nz
s ta
Di
δ
Di
st
an
z
X
Y
7.5 EINHEITEN IN DER VERMESSUNG
Die Winkeleinheit ist Gon. Ein Vollkreis misst 400 Gon.
Grad
Gon
Vollkreis
360°
400 gon
Quadrant
90°
100 gon
Untereinheiten
1° = 60'
1 gon = 100 c
c = Centigon oder Neuminuten
1' = 60"
1 c = 100 cc
cc= Neusekunden
40°32‘59“
40,5497
Beispiel
gon
Umrechnung von Gon in Altgrad: Altgrad = Gon * 0.9
Umrechnung von Altgrad in gon: Gon = Altgrad / 0.9
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7.6 KLEINE FORMELSAMMLUNG TRIGONOMETRIE
7.6.1 Das rechtwinklige Dreieck
α
b
a
2
c
2
= a +b
2
sin α =
a Gegenkathete
=
c Hypothenuse
cos α =
b
Ankathete
=
c Hypothenuse
tan α =
a Gegenkathete
=
b
Ankathete
c
β
7.6.2 Sinussatz und Cosinussatz im allgemeinen Dreieck
γ
Sinussatz:
a
b
c
=
=
sin α sin β sin γ
b
a
α
Beispiel:
c
β
a=
b ∗ sin α
sin β
Cosinussatz:
c 2 = a 2 + b 2 − 2 ∗ a ∗ b ∗ cos γ
Bei der Berechnung des Winkelwertes aus dem Sinuswert (arcsin) ist immer zu
prüfen, welcher der beiden Winkel die zum sin gehören, der richtige ist. Der
Rechner gibt immer den kleineren Winkel aus.
Beispiel: der sin Wert von 75 gon ist gleich dem sin Wert von 125 gon.
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Theorie Vermessung
7.7 KOORDINATENBERECHNUNGEN
7.7.1 Distanz zwischen zwei Punkten
X – Koordinate
(Hochwert, Süd-Nord)
Punkt P2
(Y2, X2, Z2)
dY
Xp2
dX
dX = X 2 − X 1
dY = Y 2 − Y 1
Dh
Xp1
Dh = (dX ) 2 + (dY ) 2
Punkt P1
(Y1, X1, Z1)
YP1
Y-Koordinate
(Rechtswert)
YP2
X – Koordinate
(Hochwert, Süd-Nord)
7.7.2 Azimut zwischen zwei Punkten
Punkt P2
(Y2, X2, Z2)
dY
Xp2
Azimut
dX
Dh
dX = X 2 − X 1
dY = Y 2 − Y 1
Azimut = arctan
Xp1
dY
dX
Punkt P1
(Y1, X1, Z1)
YP2
Y – Koordinate
(Rechtswert,
WestOst)
YP1
Bei der Berechnung des Azimutes mit einem Taschenrechner oder Computer ist zu
prüfen, in welchem Quadrant das Azimut liegt:
dY
dX
Quadrant
+
+
I:
0 - 100 gon
+
-
II:
100 – 200 gon
-
-
III:
200 – 300 gon
-
+
IV:
300 – 400 gon
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Theorie Vermessung
7.7.3 Berechnung der Horizontaldistanz
Mit einem Theodoliten messen wir im Normalfall die schiefe Distanz (Ds) und den
Vertikalwinkel (V). Weil wir alle Punkte in die Ebene des Koordinatensystems
projizieren, müssen wir aus den gemessenen schiefen Distanzen (Ds) ihre
Horizontaldistanzen (Dh) berechnen.
Z (Zenit)
Dh (Kartendistanz)
Gemessen:
•
schiefe Distanz (Ds) zwischen
Instrument und Reflektor
•
Vertikalwinkel (V) vom Zenit zum
Reflektor
Z
Ds
X
V
Reflektorstando
Y
Horizontaldistanz = sin V ∗ schiefe Distanz
Instrumentenstandort
7.7.4 Berechnung der Höhe eines Punktes (Z-Koordinate)
Aus den Messungen kann die Höhendifferenz zwischen dem Instrumentenstandort und
dem Zielpunkt berechnet werden. Ist die Meereshöhe vom Instrumentenstandort (HA)
gegeben, kann die Meereshöhe des Punktes (HB) berechnet werden. Ist die Meereshöhe
des Zielpunktes gegeben, kann die Meereshöhe des Instrumentenstandortes berechnet
werden.
∆h
HB
Ds
Reflektorhöhe
(s)
V
Instrumenten
-höhe (i)
HA
Instrumentenstandort
Z
Gegeben:
• Meereshöhe des
Instrumentenstandortes
Gemessen:
• schiefe Distanz (Ds) zwischen
Instrument und Reflektor
• Vertikalwinkel (V) vom Zenit zum
Reflektor
• Höhe des Instrumentes über dem Boden
(i)
• Höhe des Reflektors über dem Boden (s)
∆h = cos V ∗ Ds
HB = HA + i + ∆h − s
oder
X
Y
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7.7.5 Berechnung der X und Y Koordinaten
Um die Koordinaten eines Punktes (P2) zu berechnen, benötigen wir
Das Azimut vom Messpunkt (P1) zum Neupunkt (P2)
•
Die Horizontaldistanz vom Messpunkt (P1) zum Neupunkt (P2). Die
Horizontaldistanz muss normalerweise zuerst aus den Messungen (Zenitwinkel und
schiefe Distanz) berechnet werden.
X – Koordinate
(Hochwert, Süd-Nord)
•
dY
Xp2
Punkt P2
(Y2, X2, Z2)
Dh
Xp1
Azimut P1-P2
Horizontaldistanz P1-P2
(Dh)
(wurde vorgängig aus den
Messungen berechnet)
dY = sin Azimut ∗ Distanz
Punkt P1
(Y1, X1, Z1)
YP1
•
•
Azimut
dX
Gegeben
dX = cos Azimut ∗ Distanz
YP2
Y – Koordinate
(Rechtswert,
WestOst)
Y 2 = Y 1 + dY
X 2 = X 1 + dX
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7.7.6 Die Orientierung des Teilkreises (Ausrichtung nach Norden)
7.7.6.1 Theorie
Messpunkt
(Theodolitenstandort)
Richtung
zum
X
Um aus unseren Winkelmessungen
zu
Nullrichtung
des wünschten
Teilkreises
Koodinaten zu gelangen,
wir
uns eigentlich Azimute zu messen. Doch die
Richtungen die wir mit dem Theodoliten
messen sind nicht nach Norden orientiert
(keine Azimute). Die Nullmarke des
Teilkreises des Theodoliten ist zufällig nach
irgend einer Richtung eingestellt.
Y
N
Nullrichtung
des Teilkreises
Azimu
Messpunkt
(Theodolitenstandort
Richtung zum
Neupunkt
N
Orientierung
Nullrichtung
des Teilkreises
berechnetes
Azimut
gemessene
Richtung
Um aber gemessene Punkte in das
Landeskoordinatensystem einordnen zu
können, wird das Azimut vom Messpunkt
(Theodolitenstandort) zum Neupunkt
benötigt.
Um die Nordrichtung ableiten zu können,
wird die gemessene Richtung mit einem
dazugehörenden, berechneten Azimut zu
einem Fixpunkt verglichen. Die Differenz
zwischen der berechneten Sollrichtung
(dem Azimut) und der tatsächlichen
Messung ist die Orientierung des
Teilkreises. Dieser Korrekturwert muss an
jeder Messung angebracht werden, um die
Azimute zu den Neupunkten zu erhalten.
In der Praxis ist es so, dass zur Kontrolle die
Horizontalwinkel zu zwei oder mehr
Fixpunkten gemessen werden. Zu jedem
Fixpunkt wird einzeln die Orientierung des
Teilkreises berechnet. Sie sollte bei allen
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Theorie Vermessung
Messungen innerhalb der Messgenauigkeit gleich sein.
7.7.6.2 Beispiel einer Stationsorientierung
X
Fixpunkt
88
Y
Auf dem Fixpunkt 1, dessen Koordinaten
bekannt sind, soll das Azimut (die
Nordabweichung) zum Punkt 2 bestimmt
werden. Zur Bestimmung der Orientierung des
Horizontalteilkreises im Koordinatensystem
wurden zusätzlich drei Punkte gemessen, deren
Koordinaten bekannt sind.
1
Fixpunkt
77
Neupunkt
2
Fixpunkt
93
Lösungsvorgang:
1. Berechnung der drei Azimute vom Fixpunkt 1 (Instrumentenstandort) zu den
bekannten Punkten 77, 88, 93 (Siehe Seite 43).
2. Differenzbildung zwischen den gemessenen Richtungen und den berechneten
Azimuten
3. Mittel der Differenzen ergibt die gemittelte Orientierung
4. Berechnung der bereinigten Azimute zu den Punkten (= Messung + gemittelte
Orientierung)
Zielpunkte
4.
2.
1.
Berechnetes
Azimut
StandortFixpunkt
Gemessene
Richtung
Differenz
Bereinigtes
Azimut
Azimut-Messung
Mittel+Messung
Fixpunkt Nr. 88
85.1440
0.0000
85.1440
85.1443
Fixpunkt Nr. 93
194.1438
108.9994
85.1444
194.1437
Fixpunkt Nr. 77
263.3558
178.2113
85.1445
263.3556
254.6175
Neupunkt Nr. 2
169.4732
Mittel
(Orientierung)
85.1443
3.
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7.7.7 Berechnung der Koordinaten des eigenen Standortes
(Exzentrum)
Für die Einmessung der Punkte steht oft an der geeigneten Stelle kein Fixpunkt zur
Verfügung. Mit einer freien Station stellt man das Vermessungsinstrument an einer
beliebigen Stelle im Felde, von der aus einerseits die neu einzumessenden Punkte zu
sehen sind und andererseits von der zwei oder besser mehr Fixpunkte eingemessen
werden können.
Um die Koordinaten der Neupunkte berechnen zu können, müssen vorgängig die
Koordinaten des Instrumentenstandortes berechnet werden.
Fixpunkt 1
Gegeben
Dh
• Koordinaten der Fixpunkte 1 und 2
Gemessen
β
α
Instrumenten
-Standort
•
Distanz Dh vom
Instrumentenstandort zum
Fixpunkt 1
•
Winkel α: Zwischenwinkel
γ
Fixpunkt 2
zwischen den beiden Fixpunkten
Horizontaldistanz berechnen
•
Berechnung der Horizontaldistanz Dh aus den Originalmessungen (schiefe Distanz
und Vertikalwinkel).
Siehe Seite 44
Meereshöhe des Instrumentenstandortes berechnen
•
Berechnung der Höhe des Instrumentenstandortes aus den Messungen (schiefe
Distanz und Vertikalwinkel).
Siehe Seite 44
Y, X- Koordinaten des Instrumentenstandortes berechnen
•
Distanz a zwischen Fixpunkt 1 und Fixpunkt 2 aus Koordinatendifferenzen
berechnen
Siehe Seite 43
•
Winkel γ aus allgemeinem Sinussatz berechnen (siehe Seite 42):
sin α ∗ Dh
a
gon
= 200 -α-γ
Sinγ =
β
•
Azimut zwischen Fixpunkt 1 und Fixpunkt 2 (aus Koordinatendifferenzen)
Siehe Seite 43
•
Azimut vom Fixpunkt zum Instrumentenstandort :
Azimut FP1-Instrument = Azimut Fixpunkt1-Fixpunkt2 + β
•
Berechnung der Koordinaten des Instrumentenstandortes aus:
- Azimut FP1-Instrument
– Distanz Dh
Siehe Seite 45
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