07_Soft Skills
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Soft Skills Key Skills zum Erfolg Von Birgit Gaim-Marsoner, Dipl.-Päd. (Univ.) 34 Wozu braucht man Schlüsselqualifikationen? Herzlichen Glückwunsch! Als Referendar haben Sie endlich den Nachweis Ihrer Hard Skills bzw. Ihrer fachlichen Kompetenz in der Tasche! Wie sieht es denn mit Ihren Soft Skills, wie z. B. kommunikativer Fähigkeit, Selbstdarstellung und Arbeitstechnik aus? Können Sie z. B. in einer stressigen Situation Ihre Vorschläge wirkungsvoll präsentieren und dabei Dritte mit Ihrer Persönlichkeit überzeugen? Wie kritikfähig, einfühlend und teamfähig sind Sie? Falls Sie denken, dass diese weichen Qualifikationen eher „nice to have“ sind, so irren Sie sich! Unsere globalisierte Informations- und Dienstleistungsgesellschaft erfordert zusehends einen sensiblen Umgang mit Kunden, Kollegen und Mandanten aus aller Welt. Wir existieren schließlich in und durch Beziehungen und da „menschelt“ es immer und überall! Insbesondere dann, wenn wir unter Leistungs- und Zeitdruck zusammenarbeiten müssen oder uns gut für ein Projekt oder Mandat verkaufen wollen. Der hart umkämpfte wirtschaftliche Markt erfordert mehr denn je kreative Lösungen, die meistens im Team erarbeitet werden. Es gibt 138.104 zugelassene Rechtsanwälte (BRAK Januar 2006). Daher ist Ihr fachliches Wissen das „Entrée Billet“ zur Berufsausübung. Ihre Schlüsselqualifikationen sind ein entscheidendes Qualitätssiegel für Ihre erfolgreiche Karriere. Die repräsentative Studie der DIHK – Deutsche Industrie und Handelskammer vom Juni 2004 – bei IHK-Betrieben mit dem Titel: „Fachliches Können und Persönlichkeit sind gefragt“ zeigt: Personalentscheider sind enttäuscht über die fehlenden Soft Skills der Hochschulabsolventen. Sie vermissen bei den jungen Akademikern vor allem Team-, Kommunikations-, Konflikt- und Kritikfähigkeit sowie Führungskompetenzen. In diesem Kontext bestätigen die HR-Manager eine allgemeine Entwicklung der Soft Skills zu Key Skills: Schlüsselqualifikationen entlarven sehr schnell die persönlichen Schwachpunkte und gelten deshalb oft als „Zünglein an der Waage“, wenn es um die Vergabe von Stellen, Mandaten und Beförderungen geht. Die beste Zeit für den Erwerb Ihrer Schlüsselqualifikationen ist das Referendariat. Mit dem Eintritt in den stressigen Berufsalltag werden Sie später kaum noch die Zeit dafür haben. Soft Skills zum Berufseinstieg Unter Soft Skills versteht man generell alle Aspekte einer emotionalen Intelligenz, wie z. B. soziale Kompetenz, Empathie, intra- und interkulturelle Kompetenz, Menschenkenntnis, Kritikfähigkeit, Selbstbewusstsein, Selbstdisziplin, Führungsqualitäten, Teamfähigkeit, Networking, problemlösungsorientiertes bzw. analytisches Denken sowie ständige Lernbereitschaft, um hier nur einige zu nennen. Wie eine konkrete Umsetzung für Ihren Berufseinstieg ausschauen kann, zeigen die folgenden Beispiele. Kommunikative Kompetenz Darunter versteht man die Fähigkeit, die unbewusst gesendeten Signale Ihres Gesprächspartners, wie z. B. die Stimmlage und Körpersprache, durch aktives Zuhören und Beobachten zu entschlüsseln und für sich zu nutzen. Gemäß dem Motto: „actio = reactio“ beeinflussen wir uns durch diese Signale gegenseitig. Setzen Sie deshalb bewusst diese Signale für sich in Verhandlungen ein: Beobachten Sie in welcher Tonlage und Geschwindigkeit gesprochen wird. Die Faustregel lautet hierbei: Hohe und laute Tonlagen mit einem schnellen Redefluss wirken unangenehm. Wählen Sie deshalb eine tiefe und ruhige Tonlage und reden Sie nicht hastig! Legen Sie in Ihren Vorträgen öfters mal eine kleine Redepause von einigen Sekunden ein und halten Sie Augenkontakt zu Ihrem Gesprächspartner. Verzichten Sie, wenn möglich, auf das anonyme Wörtchen „man“ und auf Füllwörter und „ähms“ à la Edmund Stoiber. Verwenden Sie in Ihren Aussagen lieber ein teamorientiertes „wir“ Beck’scher Referendarführer 2007 | www.beck.de oder „uns“ als immer ein egoistisches „ich“. Achten Sie auf die Konnotationen Ihrer Worte und benutzen Sie positiv besetzte Wörter in Ihren Statements. Formulieren Sie kurze Sätze und bei statistischen Zahlenangaben verzichten Sie auf die Nachkommastellen. Lassen Sie andere ausreden und seien Sie sachlich in Ihrer Kritik. Schließlich wird niemand gerne „coram publico“ an den Pranger gestellt. Achten Sie auch auf das „Nicht-Gesagte“. „Qui tacet, consentire videtur“! Berücksichtigen Sie ebenfalls die möglichen geschlechtsspezifischen Unterschiede im Kommunikationsgebaren: Frauen sind im Durchschnitt eher beziehungsorientiert und auf Harmonie ausgerichtet, während Männer meistens kämpferisch und machtorientiert kommunizieren. Durch Ihre Körpersprache vermitteln Sie den ersten Eindruck in Sekunden und dies erfolgt noch bevor Sie Ihren ersten Satz ausgesprochen haben! Denken Sie daran: „You never get a second chance to make a first impression”! Für eine selbstsichere Präsentation stellen Sie sich schulterbreit hin und strecken Sie das Brustbein heraus, halten Sie den Kopf gerade und schauen Sie entschlossen nach vorne. Verzichten Sie auf die beliebte „Hand in der Hosentasche“! Signalisieren Sie dem Auditorium lieber eine aktive Haltung, schließlich führen Sie kein Parkplatzgespräch. Wenn Sie im Vorstellungsgespräch sind, demonstrieren Sie dem Personalchef eine offene Körpersprache, also keine überschlagenen Beine und verschränkten Arme über dem Brustkorb: All das signalisiert eine ablehnende Haltung. Geben Sie sich entspannt und aufmerksam, indem Sie bequem auf Ihrem Stuhl sitzen und die Rückenlehne für Ihre Zwerchfellatmung nutzen. Sie sprechen dadurch ruhiger. Beobachten Sie sich selbstkritisch und nutzen Sie die Körpersprache und Verhaltensweise Ihres Gegenübers als Spiegel und erkennen Sie, wie Sie rüber kommen. Simulieren Sie mit Freunden ein Bewerbungsgespräch und zeichnen Sie es auf. In der anschließenden Betrachtung erkennen Sie schnell Ihre Fehler. „Quae nocent, docent!“ Denken Sie positiv und vor allem daran, dass es hier nicht um Ihre perfekte Inszenierung, sondern um Ihr selbstsicheres Auftreten geht. Body Language Die selbstkritische Einschätzung der eigenen Stärken und Schwächen sowie deren souveräner Umgang im Alltag beinhalten die Fähigkeit eines starken Selbstbewusstseins. Wie schon gesagt, ist damit nicht die Fähigkeit zur perfekten Inszenierung einer „aalglatten Fassade“ gegenüber Dritten gemeint, sondern ein authentisches Verhalten. Das Problem dabei ist, dass wir meistens ein idealisiertes Selbstbild von uns haben. Wir regen uns lieber über negative Charaktereigenschaften bei anderen auf, anstatt uns selbstkritisch zu fragen, warum wir ausgerechnet damit ein Problem haben. Ein altes indisches Sprichwort besagt: „Wenn Du mit dem Finger auf jemanden zeigst, zeigen immer drei Finger auf Dich zurück!“ Wer also um seine negativen und positiven Facetten weiß und souverän damit umgeht, indem er über sich selbst lachen kann, ist für seine Umwelt berechenbar, sympathisch und selbstsicher. In Verbindung mit einer guten Rhetorik können Sie Ihre selbstbewusste Art in Vorträgen und Verhandlungen gewinnbringend einsetzten. Positives Denken ist die wichtigste Grundvoraussetzung für ein starkes Selbstbewusstsein! Wenn Sie unsicher sind, dann programmieren Sie sich mit positiven Affirmationen: „Ich schaffe das!“ oder „Ich bin gut!“ Selbstbewusstsein Die so genannte Empathie beschreibt die Fähigkeit, sich in die Gefühlslage des anderen hinein zu versetzen, indem Sie den Sachverhalt mit dessen Augen betrach- Empathie Beck’scher Referendarführer 2007 | www.beck.de 35 ten. Dieser Perspektivwechsel ist enorm wichtig, wenn es um die Gewinnung von kreativen und sachdienlichen Lösungen geht. Wie im vorherigen Punkt bereits erwähnt, gilt in schwierigen Diskussionen immer die goldene Regel: „Jeden sein Gesicht wahren zu lassen!“ Dies gelingt uns, wenn wir den anderen so behandeln, wie wir selbst gerne behandelt werden möchten. Wenn Sie Verständnis für die Motivlagen und Einwände anderer zeigen, dann können Sie sie besser von Ihrer Sache überzeugen. Binden Sie Ihre Kritiker und deren Verbesserungsvorschläge für Ihre Lösung vorurteilsfrei mit ein. Sie werden sehen, dass Ihre Kritiker verstummen und Sie sogar noch dazu gelernt haben. 38 Teamfähigkeit In Stellenanzeigen findet man dieses Soft Skill oft, gemeint ist damit die Fähigkeit seine Ideen und Bedürfnisse dem Interesse einer Gruppe unterzuordnen. Wie in einem Orchester oder in einer Fußballmannschaft sollten dabei alle Mitglieder Ihre Partitur oder Aufgabe im Team kennen und diese im Sinne der Erwartungen des Allgemeininteresses verwirklichen. Eine Grundvoraussetzung dafür ist das gegenseitige Vertrauen in die Kompetenzen der Teamkollegen und deren Loyalität. Dies schließt auch Urteile gegenüber der Arbeitsweise und den Ergebnissen der anderen Kollegen mit ein. Schauen Sie sich die raffinierten Kniffe in der Organisation und Umsetzung von erfolgreichen Kollegen an! Networking Ein guter Teamworker ist nebenbei bemerkt auch immer ein guter Networker! Scheuen Sie sich nicht – in komplizierten Fällen – Ihre erfolgreichen Kollegen um Rat zu fragen. Die Kollegen werden sich geschmeichelt fühlen und Ihnen sicherlich gerne helfen. Wenn Sie Vakanzen im Referendariat haben, bieten Sie Ihre Hilfe an. Die Kollegen schätzen Ihren Teamgeist. Umgeben Sie sich im Sinne von „Who you are is who you know!“ bevorzugt mit erfolgreichen und positiv gestimmten Kollegen, denn gute Laune steckt an. Darüber hinaus bietet Ihnen das Internet ebenfalls noch die Möglichkeit zum Networken. Der „Open Business Club“ (www.openbc.com), um hier nur ein Forum zu nennen, ist eine internationale Kontaktbörse für Geschäftsleute, die Ihren Bekanntheitsgrad für interessante Kontakte im Internet nutzt. Ihr „Vita-Konto“ Wer sich in einer leitenden ehrenamtlichen Tätigkeit, in einer Non-Profit-Organisation, z. B. einer politischen Stiftung, einem ausländischen Juristenverein oder im Bereich der Public Affairs in einem Verband betätigt, zeigt soziales Engagement, Belastbarkeit und Führungsqualitäten. Schreiben Sie das in Ihrer Vita unter Hobbies oder sonstige Aktivitäten. Darüber hinaus können sich hierbei interessante Kontakte für Ihre Karriere ergeben. Übrigens profitieren die ehrenamtlich Engagierten unter Ihnen von den kostengünstigen Seminaren, die von Stiftungen veranstaltet werden. Ein Blick auf die jeweilige Internetseite lohnt sich (Adressen im Service-Teil). Ferner kann die Angabe eines Mannschaftssports im Lebenslauf auch für Ihren Teamgeist und für eine geglückte Work-Life-Balance sprechen! Sie dokumentieren damit die geglückte Umsetzung Ihres Zeitmanagements und Organisationstalentes. Jeder weiß, wie wichtig der körperliche und seelische Ausgleich bei der heutigen Arbeitsbelastung ist. „Mens sana in corpore sano“. Zeitmanagement Zur Teamfähigkeit gehören auch Zeitmanagement und Selbstdisziplin, um Termine und Fristen zuverlässig einzuhalten. Einen guten zeitlichen Überblick erhalten Sie mit einem Ziel- und Zeitplans. Legen Sie Ihre Fristen nach Priorität fest und arbeiBeck’scher Referendarführer 2007 | www.beck.de ten Sie sie konsequent ab. Ein altes amerikanisches Sprichwort rät: „If the first thing you do each morning is to eat a live frog, you can go through the day with the satisfaction of knowing that that is probably the worst thing that is going to happen to you all day long!“ Insofern Ihre Termine es zulassen, können Sie das Krötenschlucken in die Stunden Ihres biorhythmischen Leistungshochs verlegen. Dass verhandlungssicheres Englisch in unserer globalisierten Welt wichtig ist, ist unbestritten und muss hier auch nicht tiefgehender erörtert werden. Prüfen Sie im Vorfeld Ihrer Bewerbung die erforderlichen Sprachkenntnisse für den jeweiligen Job. Entscheiden Sie danach, in welchem Umfang Sie die Sprache(n) lernen wollen. Einige Sprachenschulen bieten kostenlose Interviews zur Einstufung Ihres Sprachniveaus an. Im Service-Teil finden Sie einige Anbieter hierzu. Sprachkenntnisse • Deutscher Manager-Verband e.V. (Hrsg.): Handbuch Soft Skills – Band 1: Soziale Kompetenz. Zürich/Singen: vdf. Hochschulverlag, 2003. ISBN 3-7281-2878-3 • Deutscher Manager-Verband e.V. (Hrsg.): Handbuch Soft Skills – Band 2: Psychologische Kompetenz. Zürich/Singen: vdf. Hochschulverlag, 2004. ISBN 3-7281-2879-1 • Deutscher Manager-Verband e.V. (Hrsg.), Handbuch Soft Skills – Band 3: Methodenkompetenz. Zürich/Singen: vdf. Hochschulverlag, 2004. ISBN 3-7281-2880-5 • Mühleisen/Oberhuber: Karrierefaktor Soft Skills. Trainieren Sie Ihre Schlüsselqualifikationen, Freiburg, 2005, Haufe. ISBN 3-448-06825-X • Martin/Schuster: Survivalstrategien für Beruf und Alltag – Veränderungstraining – Change Management, 2005, Weinheim, Beltz. ISBN 3-407-36028-2 • Hesse/Schrader: Praxisbuch Small Talk. Gesprächseröffnungen, Themen, rhetorische Tricks, Frankfurt am Main, 2003, Eichborn. ISBN 3-821-83874-4 • DAV – Ratgeber: Für Junge Rechtsanwältinnen und Rechtsanwälte, 11. überarb. Aufl., 2006, Berlin, Deutscher Anwaltverlag. ISBN 3-8240-0835-6 • Lang: Schlüsselqualifikationen: Handlungs- und Methodenkompetenz, Personale und Soziale Kompetenz, 2000, München, DTV Verlag. ISBN 3-423-50842-6 • Römermann/Paulus: Schlüsselqualifikationen für Jurastudium, Examen und Beruf, 2003, München, C. H. Beck. ISBN 3-406-50453-1 • Däubler: Verhandeln und Gestalten, 2003, München, C. H. Beck. ISBN 3-406-51269-0 Buchempfehlungen Beck’scher Referendarführer 2007 | www.beck.de 39