07_Soft Skills

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07_Soft Skills
Soft Skills
Key Skills zum Erfolg
Von Birgit Gaim-Marsoner, Dipl.-Päd. (Univ.)
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Wozu braucht man
Schlüsselqualifikationen?
Herzlichen Glückwunsch! Als Referendar haben Sie endlich den Nachweis Ihrer
Hard Skills bzw. Ihrer fachlichen Kompetenz in der Tasche! Wie sieht es denn mit
Ihren Soft Skills, wie z. B. kommunikativer Fähigkeit, Selbstdarstellung und Arbeitstechnik aus? Können Sie z. B. in einer stressigen Situation Ihre Vorschläge wirkungsvoll präsentieren und dabei Dritte mit Ihrer Persönlichkeit überzeugen? Wie
kritikfähig, einfühlend und teamfähig sind Sie? Falls Sie denken, dass diese weichen
Qualifikationen eher „nice to have“ sind, so irren Sie sich! Unsere globalisierte Informations- und Dienstleistungsgesellschaft erfordert zusehends einen sensiblen
Umgang mit Kunden, Kollegen und Mandanten aus aller Welt. Wir existieren
schließlich in und durch Beziehungen und da „menschelt“ es immer und überall!
Insbesondere dann, wenn wir unter Leistungs- und Zeitdruck zusammenarbeiten
müssen oder uns gut für ein Projekt oder Mandat verkaufen wollen. Der hart
umkämpfte wirtschaftliche Markt erfordert mehr denn je kreative Lösungen, die
meistens im Team erarbeitet werden. Es gibt 138.104 zugelassene Rechtsanwälte
(BRAK Januar 2006). Daher ist Ihr fachliches Wissen das „Entrée Billet“ zur Berufsausübung. Ihre Schlüsselqualifikationen sind ein entscheidendes Qualitätssiegel für
Ihre erfolgreiche Karriere. Die repräsentative Studie der DIHK – Deutsche Industrie und Handelskammer vom Juni 2004 – bei IHK-Betrieben mit dem Titel: „Fachliches Können und Persönlichkeit sind gefragt“ zeigt:
Personalentscheider sind enttäuscht über die fehlenden Soft Skills der Hochschulabsolventen. Sie vermissen bei den jungen Akademikern vor allem Team-,
Kommunikations-, Konflikt- und Kritikfähigkeit sowie Führungskompetenzen. In
diesem Kontext bestätigen die HR-Manager eine allgemeine Entwicklung der Soft
Skills zu Key Skills: Schlüsselqualifikationen entlarven sehr schnell die persönlichen
Schwachpunkte und gelten deshalb oft als „Zünglein an der Waage“, wenn es um
die Vergabe von Stellen, Mandaten und Beförderungen geht.
Die beste Zeit für den Erwerb Ihrer Schlüsselqualifikationen ist das Referendariat. Mit dem Eintritt in den stressigen Berufsalltag werden Sie später kaum noch die
Zeit dafür haben.
Soft Skills zum Berufseinstieg
Unter Soft Skills versteht man generell alle Aspekte einer emotionalen Intelligenz,
wie z. B. soziale Kompetenz, Empathie, intra- und interkulturelle Kompetenz,
Menschenkenntnis, Kritikfähigkeit, Selbstbewusstsein, Selbstdisziplin, Führungsqualitäten, Teamfähigkeit, Networking, problemlösungsorientiertes bzw. analytisches Denken sowie ständige Lernbereitschaft, um hier nur einige zu nennen. Wie
eine konkrete Umsetzung für Ihren Berufseinstieg ausschauen kann, zeigen die
folgenden Beispiele.
Kommunikative Kompetenz
Darunter versteht man die Fähigkeit, die unbewusst gesendeten Signale Ihres
Gesprächspartners, wie z. B. die Stimmlage und Körpersprache, durch aktives
Zuhören und Beobachten zu entschlüsseln und für sich zu nutzen. Gemäß dem
Motto: „actio = reactio“ beeinflussen wir uns durch diese Signale gegenseitig. Setzen
Sie deshalb bewusst diese Signale für sich in Verhandlungen ein: Beobachten Sie in
welcher Tonlage und Geschwindigkeit gesprochen wird. Die Faustregel lautet hierbei: Hohe und laute Tonlagen mit einem schnellen Redefluss wirken unangenehm.
Wählen Sie deshalb eine tiefe und ruhige Tonlage und reden Sie nicht hastig! Legen
Sie in Ihren Vorträgen öfters mal eine kleine Redepause von einigen Sekunden ein
und halten Sie Augenkontakt zu Ihrem Gesprächspartner. Verzichten Sie, wenn
möglich, auf das anonyme Wörtchen „man“ und auf Füllwörter und „ähms“ à la
Edmund Stoiber. Verwenden Sie in Ihren Aussagen lieber ein teamorientiertes „wir“
Beck’scher Referendarführer 2007 | www.beck.de
oder „uns“ als immer ein egoistisches „ich“. Achten Sie auf die Konnotationen Ihrer
Worte und benutzen Sie positiv besetzte Wörter in Ihren Statements. Formulieren
Sie kurze Sätze und bei statistischen Zahlenangaben verzichten Sie auf die Nachkommastellen. Lassen Sie andere ausreden und seien Sie sachlich in Ihrer Kritik.
Schließlich wird niemand gerne „coram publico“ an den Pranger gestellt. Achten Sie
auch auf das „Nicht-Gesagte“. „Qui tacet, consentire videtur“! Berücksichtigen Sie
ebenfalls die möglichen geschlechtsspezifischen Unterschiede im Kommunikationsgebaren: Frauen sind im Durchschnitt eher beziehungsorientiert und auf Harmonie ausgerichtet, während Männer meistens kämpferisch und machtorientiert
kommunizieren.
Durch Ihre Körpersprache vermitteln Sie den ersten Eindruck in Sekunden und
dies erfolgt noch bevor Sie Ihren ersten Satz ausgesprochen haben! Denken Sie
daran: „You never get a second chance to make a first impression”! Für eine selbstsichere Präsentation stellen Sie sich schulterbreit hin und strecken Sie das Brustbein
heraus, halten Sie den Kopf gerade und schauen Sie entschlossen nach vorne. Verzichten Sie auf die beliebte „Hand in der Hosentasche“! Signalisieren Sie dem
Auditorium lieber eine aktive Haltung, schließlich führen Sie kein Parkplatzgespräch. Wenn Sie im Vorstellungsgespräch sind, demonstrieren Sie dem Personalchef eine offene Körpersprache, also keine überschlagenen Beine und verschränkten Arme über dem Brustkorb: All das signalisiert eine ablehnende Haltung.
Geben Sie sich entspannt und aufmerksam, indem Sie bequem auf Ihrem Stuhl
sitzen und die Rückenlehne für Ihre Zwerchfellatmung nutzen. Sie sprechen
dadurch ruhiger.
Beobachten Sie sich selbstkritisch und nutzen Sie die Körpersprache und Verhaltensweise Ihres Gegenübers als Spiegel und erkennen Sie, wie Sie rüber kommen.
Simulieren Sie mit Freunden ein Bewerbungsgespräch und zeichnen Sie es auf. In
der anschließenden Betrachtung erkennen Sie schnell Ihre Fehler. „Quae nocent,
docent!“ Denken Sie positiv und vor allem daran, dass es hier nicht um Ihre perfekte
Inszenierung, sondern um Ihr selbstsicheres Auftreten geht.
Body Language
Die selbstkritische Einschätzung der eigenen Stärken und Schwächen sowie deren
souveräner Umgang im Alltag beinhalten die Fähigkeit eines starken Selbstbewusstseins. Wie schon gesagt, ist damit nicht die Fähigkeit zur perfekten Inszenierung
einer „aalglatten Fassade“ gegenüber Dritten gemeint, sondern ein authentisches
Verhalten. Das Problem dabei ist, dass wir meistens ein idealisiertes Selbstbild von
uns haben. Wir regen uns lieber über negative Charaktereigenschaften bei anderen
auf, anstatt uns selbstkritisch zu fragen, warum wir ausgerechnet damit ein Problem
haben. Ein altes indisches Sprichwort besagt: „Wenn Du mit dem Finger auf jemanden zeigst, zeigen immer drei Finger auf Dich zurück!“ Wer also um seine negativen
und positiven Facetten weiß und souverän damit umgeht, indem er über sich selbst
lachen kann, ist für seine Umwelt berechenbar, sympathisch und selbstsicher. In
Verbindung mit einer guten Rhetorik können Sie Ihre selbstbewusste Art in Vorträgen und Verhandlungen gewinnbringend einsetzten. Positives Denken ist die wichtigste Grundvoraussetzung für ein starkes Selbstbewusstsein! Wenn Sie unsicher
sind, dann programmieren Sie sich mit positiven Affirmationen: „Ich schaffe das!“
oder „Ich bin gut!“
Selbstbewusstsein
Die so genannte Empathie beschreibt die Fähigkeit, sich in die Gefühlslage des
anderen hinein zu versetzen, indem Sie den Sachverhalt mit dessen Augen betrach-
Empathie
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ten. Dieser Perspektivwechsel ist enorm wichtig, wenn es um die Gewinnung von
kreativen und sachdienlichen Lösungen geht. Wie im vorherigen Punkt bereits
erwähnt, gilt in schwierigen Diskussionen immer die goldene Regel: „Jeden sein
Gesicht wahren zu lassen!“ Dies gelingt uns, wenn wir den anderen so behandeln, wie
wir selbst gerne behandelt werden möchten. Wenn Sie Verständnis für die Motivlagen und Einwände anderer zeigen, dann können Sie sie besser von Ihrer Sache überzeugen. Binden Sie Ihre Kritiker und deren Verbesserungsvorschläge für Ihre
Lösung vorurteilsfrei mit ein. Sie werden sehen, dass Ihre Kritiker verstummen und
Sie sogar noch dazu gelernt haben.
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Teamfähigkeit
In Stellenanzeigen findet man dieses Soft Skill oft, gemeint ist damit die Fähigkeit
seine Ideen und Bedürfnisse dem Interesse einer Gruppe unterzuordnen. Wie in
einem Orchester oder in einer Fußballmannschaft sollten dabei alle Mitglieder Ihre
Partitur oder Aufgabe im Team kennen und diese im Sinne der Erwartungen des Allgemeininteresses verwirklichen. Eine Grundvoraussetzung dafür ist das gegenseitige
Vertrauen in die Kompetenzen der Teamkollegen und deren Loyalität. Dies schließt
auch Urteile gegenüber der Arbeitsweise und den Ergebnissen der anderen Kollegen
mit ein. Schauen Sie sich die raffinierten Kniffe in der Organisation und Umsetzung
von erfolgreichen Kollegen an!
Networking
Ein guter Teamworker ist nebenbei bemerkt auch immer ein guter Networker!
Scheuen Sie sich nicht – in komplizierten Fällen – Ihre erfolgreichen Kollegen um
Rat zu fragen. Die Kollegen werden sich geschmeichelt fühlen und Ihnen sicherlich
gerne helfen. Wenn Sie Vakanzen im Referendariat haben, bieten Sie Ihre Hilfe an.
Die Kollegen schätzen Ihren Teamgeist. Umgeben Sie sich im Sinne von „Who you
are is who you know!“ bevorzugt mit erfolgreichen und positiv gestimmten Kollegen,
denn gute Laune steckt an. Darüber hinaus bietet Ihnen das Internet ebenfalls noch
die Möglichkeit zum Networken. Der „Open Business Club“ (www.openbc.com),
um hier nur ein Forum zu nennen, ist eine internationale Kontaktbörse für
Geschäftsleute, die Ihren Bekanntheitsgrad für interessante Kontakte im Internet
nutzt.
Ihr „Vita-Konto“
Wer sich in einer leitenden ehrenamtlichen Tätigkeit, in einer Non-Profit-Organisation, z. B. einer politischen Stiftung, einem ausländischen Juristenverein oder im
Bereich der Public Affairs in einem Verband betätigt, zeigt soziales Engagement,
Belastbarkeit und Führungsqualitäten. Schreiben Sie das in Ihrer Vita unter Hobbies oder sonstige Aktivitäten. Darüber hinaus können sich hierbei interessante
Kontakte für Ihre Karriere ergeben. Übrigens profitieren die ehrenamtlich Engagierten unter Ihnen von den kostengünstigen Seminaren, die von Stiftungen veranstaltet werden. Ein Blick auf die jeweilige Internetseite lohnt sich (Adressen im
Service-Teil).
Ferner kann die Angabe eines Mannschaftssports im Lebenslauf auch für Ihren
Teamgeist und für eine geglückte Work-Life-Balance sprechen! Sie dokumentieren
damit die geglückte Umsetzung Ihres Zeitmanagements und Organisationstalentes.
Jeder weiß, wie wichtig der körperliche und seelische Ausgleich bei der heutigen
Arbeitsbelastung ist. „Mens sana in corpore sano“.
Zeitmanagement
Zur Teamfähigkeit gehören auch Zeitmanagement und Selbstdisziplin, um Termine
und Fristen zuverlässig einzuhalten. Einen guten zeitlichen Überblick erhalten Sie
mit einem Ziel- und Zeitplans. Legen Sie Ihre Fristen nach Priorität fest und arbeiBeck’scher Referendarführer 2007 | www.beck.de
ten Sie sie konsequent ab. Ein altes amerikanisches Sprichwort rät: „If the first thing
you do each morning is to eat a live frog, you can go through the day with the satisfaction
of knowing that that is probably the worst thing that is going to happen to you all day
long!“ Insofern Ihre Termine es zulassen, können Sie das Krötenschlucken in die
Stunden Ihres biorhythmischen Leistungshochs verlegen.
Dass verhandlungssicheres Englisch in unserer globalisierten Welt wichtig ist, ist
unbestritten und muss hier auch nicht tiefgehender erörtert werden. Prüfen Sie im
Vorfeld Ihrer Bewerbung die erforderlichen Sprachkenntnisse für den jeweiligen
Job. Entscheiden Sie danach, in welchem Umfang Sie die Sprache(n) lernen wollen.
Einige Sprachenschulen bieten kostenlose Interviews zur Einstufung Ihres Sprachniveaus an. Im Service-Teil finden Sie einige Anbieter hierzu.
Sprachkenntnisse
• Deutscher Manager-Verband e.V. (Hrsg.): Handbuch Soft Skills – Band 1:
Soziale Kompetenz. Zürich/Singen: vdf. Hochschulverlag, 2003.
ISBN 3-7281-2878-3
• Deutscher Manager-Verband e.V. (Hrsg.): Handbuch Soft Skills – Band 2:
Psychologische Kompetenz. Zürich/Singen: vdf. Hochschulverlag, 2004.
ISBN 3-7281-2879-1
• Deutscher Manager-Verband e.V. (Hrsg.), Handbuch Soft Skills – Band 3:
Methodenkompetenz. Zürich/Singen: vdf. Hochschulverlag, 2004.
ISBN 3-7281-2880-5
• Mühleisen/Oberhuber: Karrierefaktor Soft Skills. Trainieren Sie Ihre
Schlüsselqualifikationen, Freiburg, 2005, Haufe.
ISBN 3-448-06825-X
• Martin/Schuster: Survivalstrategien für Beruf und Alltag – Veränderungstraining – Change Management, 2005, Weinheim, Beltz.
ISBN 3-407-36028-2
• Hesse/Schrader: Praxisbuch Small Talk. Gesprächseröffnungen, Themen,
rhetorische Tricks, Frankfurt am Main, 2003, Eichborn.
ISBN 3-821-83874-4
• DAV – Ratgeber: Für Junge Rechtsanwältinnen und Rechtsanwälte,
11. überarb. Aufl., 2006, Berlin, Deutscher Anwaltverlag.
ISBN 3-8240-0835-6
• Lang: Schlüsselqualifikationen: Handlungs- und Methodenkompetenz,
Personale und Soziale Kompetenz, 2000, München, DTV Verlag.
ISBN 3-423-50842-6
• Römermann/Paulus: Schlüsselqualifikationen für Jurastudium, Examen
und Beruf, 2003, München, C. H. Beck.
ISBN 3-406-50453-1
• Däubler: Verhandeln und Gestalten, 2003, München, C. H. Beck.
ISBN 3-406-51269-0
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