Grippe, Schweinegrippe, Oscillococcinum - Was kann die
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Grippe, Schweinegrippe, Oscillococcinum - Was kann die
Grippe, Schweinegrippe, Oscillococcinum - Was kann die Homöopathie? Ein Interview mit Sven Sommer (http://www.svensommer.com) Eine Züricher Zeitschrift stellte etliche Fragen zu diesem aktuellen Thema Ich würde Ihnen gern einige Fragen über die homöopathische Behandlung von Grippe stellen: Laut einem Cochrane-Review soll das Mittel Oscillococcinum die Symptome einer saisonalen Grippe um 0.28 Tage verkürzen. Ist Ihnen diese Studie bekannt? Ja, die Studie kenne ich. Wenn Sie die Vollversion gelesen haben, dann wissen Sie auch, dass das Mittel den Patient zudem um einen halben Tag früher in die Arbeit zurückkehren läßt, dass Oscillo das Fieber um knapp ein halbes Grad Celsius senkt und Schüttelfrost, Muskel- und Kopfschmerzen sowie den Husten am Tage reduziert. Es senkt auch den Gebrauch von Schmerz- und Fiebermitteln. Nebenwirkungen wurden keine bekannt. Im Vergleich dazu zeigt jetzt eine neue Studie, dass Tamiflu anscheinend nicht viel besser wirkt. Es verkürzt die saisonale Grippe auch nur um einen halben Tag. Zudem sind die Nebenwirkungen erheblich: Forscher der Uni Oxford veröffentlichten eine Studie (im BMJ erschienen), die belegt, dass für Kinder unter 12 die Nebenwirkungen von Tamiflu größer sind als der Nutzen. Es verursacht Erbrechen, Dehydration etc. - Kinder mussten aufgrund der Nebenwirkungen hospitalisiert werden. Die Tochter des englischen TV-Moderators Andrew Castle starb beinahe nach der Einnahme von Tamiflu. In Japan wurde schon vor Jahren von möglichen schweren Nebenwirkungen mit Todesfolge berichtet. Zudem fand ich noch interessant: im Frühjahr - also kurz vor dem Beginn der Schweinegrippe - kam eine Studie heraus, nach der in der letzten Grippesaison schon 98% aller Grippeviren in den USA gegen Tamiflu resistent waren. Auch noch zwei Sätze zur Grippeimpfung: Sehr bemerkenswert finde ich hier die Zusammenfassung des Cochrane-Reviews Vaccines for preventing influenza in healthy adults (2007): There is not enough evidence to decide whether routine vaccination to prevent influenza in healthy adults is effective. Und dies bei über 60.000 Studienteilnehmern! Weiter: It did not change the number of people needing to go to hospital or take time off work. Und im Cochrane-Review Vaccines for preventing influenza in healthy children (2008) steht zu lesen: In children under the age of two, the efficacy of inactivated vaccine was similar to placebo. Die Autorität in Bezug auf evidenzbasierter Medizin konnte sich also nach Durchsicht der Studienlage nicht entschließen, Grippeimpfungen uneingeschränkt zu empfehlen. Und als es 1971 zu einer Panik und dannach zu überstürzten Massenimpfungen gegen einen Ausbruch von Grippe durch einen Schweinevirus im amerikanischen Fort Dix kam, starben in Folge mehr Menschen an der Impfung als an der Grippe selbst. Das halte ich für beachtenswert. Denn die momentane Schweinegrippe verläuft bis dato viel milder als die saisonale Grippe, bei der jährlich Tausende allein in Deutschland sterben (nach dem Robert-KochInstitut ca. 8000 pro Jahr, im Winter 2002/03 sollen es sogar über 20.000 gewesen sein). Im Vergleich dazu sind nach WHO-Angaben bis zum 12.August 2009 in ganz Europa (!) 54 Menschen an der Schweinegrippe gestorben. Daher ist eine besonders sorgfältige Zulassungsprüfung des neuen Impfstoffs in Bezug auf Verträglichkeit m.E. wichtig und eine Panikmache halte ich bisher für nicht angebracht. Ich habe zu dem Mittel bzw. zur Homöopathie-Anwendung bei Grippe folgende Fragen: - Haben Sie schon Patienten (mit saisonaler Grippe) mit diesem Mittel behandelt? Wie sind Ihre Erfahrungen? Ja, Oscillo hat sich besonders gut bewährt, wenn es innerhalb der ersten 48 Stunden einer Influenza- Erkrankung eingenommen wird. Ich gebe das Mittel alleinig oder - falls deutliche Symptome für ein anderes Homöopathikum vorhanden sind - auch die beiden im Wechsel. So empfehle ich das auch in meinen Ratgebern gegen den grippalen Infekt. Oftmals kommt es damit gar nicht zum (vollen) Ausbruch der Grippe. Patienten , die sich dagegen erst 2 Tage nach Ausbruch einer Grippe vorstellen, behandle ich in der Regel nicht mehr mit Oscillo, sondern mit spezifischen homöopathischen Mitteln je nach den vorliegenden Symptomen. - Was halten Sie davon, das Mittel bei Schweinegrippe einzunehmen? Ich würde es - neben spezifischen Homöopathika - ohne zu Zögern anwenden. Ein Grund dafür ist, dass in der Vollversion des Oscillo-Review darauf hingewiesen wird, Jüngere (unter 30) würden besser auf die Behandlung ansprechen. Das ist genau die Altersgruppe, die von der Schweinegrippe anscheinend besonders betroffen ist. Meines Wissens nach wurde die Wirksamkeit von Tamiflu bei der Schweinegrippe bisher nur im Reagenzglas (in vitro) nachgewiesen. Mir liegt jedenfalls keine Studie vor, die zeigt, dass das Mittel Patienten geholfen hat, die nachweislich an Schweingrippe erkrankt sind. Im Gegenzug werden jedoch schon Resistenzen beobachtet und beschrieben. Zusammen mit den potentiellen Nebenwirkungen bedeutet dies für mich, dass ich bei der Behandlung von möglichen, aber nicht nachgewiesenen Schweingrippefällen und bei Kindern unter 12 ganz generell der Anwendung von Tamiflu sehr kritisch gegenüber stehe. Ein Cochrane-Review sieht das ähnlich: "Because of their low effectiveness, [Tamiflu / Relanza ] should not be used in routine seasonal influenza control." In der kommenden Herbst-Winterzeit werden wir ohne Test nicht auseinander halten können, wer an Schweinegrippe und wer an normaler Grippe erkrankt. Für mich käme in solchen Fällen das Mittel Oscillo dann schon dadurch in Frage, da es keine Nebenwirkungen kennt. Bei nachgewiesener Schweinegrippe würde ich es auf jeden Fall auch mit Oscillo versuchen. - Kann man es auch zusätzlich zu schulmedizinischen Mitteln (Tamiflu oder auch Paracetamol) einnehmen? Ja, dies ist generell möglich, denn Neben- und Wechselwirkungen sind m.W. nach keine bekannt. Man prüfe aber immer den Beipackzettel! Die Kombination von Oscillo mit Fieber- und Schmerzmitteln wurde auch in den Studien des Cochrane-Reviews erwähnt. - Ab wann, in welcher Einnahmeform, Dosierung und wie oft sollten Patienten man Mittel mit Oscillococcinum einnehmen? Das Mittel wird am besten gleich bei den ersten Symptomen (Fieber, Schwäche, Husten, Schnupfen, Frost, Gliederschmerzen) einer Grippeerkrankung eingesetzt. Zwei bis drei mal täglich eine Dosis über drei Tage. Das Präparat "Oscillococcinum" ist von der französischen Firma Boiron erhältlich. Die Kügelchen läßt man im Mund zergehen. Wie mit allen homöopathischen Mitteln sollte man zehn Minuten davor und danach nicht Essen, Trinken oder Zähneputzen. Die Studien in dem Cochrane-Review haben keine belegbare prophylaktische Wirkung von Oscilllo. gezeigt. Daher wende ich es als Prophylaxemittel nicht an. - Wann sollten Patienten es nicht einnehmen? Auch hier lese man bitte die Hinweise im Beipackzettel. M. W. gibt es keine Gegenanzeigen. Ich persönlich wende das Mittel bei Grippefällen, die älter als 48 Stunden sind, nur noch selten an. Wichtig ist auch immer, sich die Grenzen einer möglichen Selbstbehandlung vor Augen zu halten. Bei sehr starkem Krankheitsgefühl, sehr hohem Fieber, Verdacht auf Lungenentzündung oder Gehirnhautentzündung, bei schlechtem Allgemeinbefinden etc. muss ein vermeintlicher grippaler Infekt und jede schwere Influenza immer fachlich abgeklärt werden. In England ist gerade eben ein Kind an Meningitis gestorben, weil die Erstversorger anscheinend ohne große Untersuchung auf Schweinegrippe tippten und Tamiflu verabreichten. So etwas darf natürlich nicht passieren. Auch Oscillo würde in solchen Fällen nicht helfen. Bei klaren, deutlichen Beschwerden (wie Husten, Gliederschmerzen, Halsschmerzen) würde ich zudem immer ein spezifisches Homöopathikum dafür suchen (z.B. Bryonia für den trockenen Grippehusten oder Eupatorium, "das homöopathische Aspirin" bei ausgeprägten Gliederschmerzen. Bei leichteren Verläufen (z.B. einem grippalem Infekt) kann man dies auch gut für sich selber machen. Meine Ratgeber geben hier Hilfestellung, die sich inzwischen millionenfach bewährt hat. - Welche Nebenwirkungen können auftreten? Oscillo. hat m.W. keine Neben- oder Wechselwirkungen. Siehe Beipackzettel. Das homöopathische Mittel ist zu hoch verdünnt, als dass diese zu erwarten wären. Eines der großen Vorteile bei der Behandlung mit homöopathischen Mitteln. Gerade diese hohe Verdünnungen sind es jedoch, die vielen Kritikern der Homöopathie zu schaffen machen - so auch bei Oscillo. - und selbst wenn ein Cochrane-Review, das Beste was die evidenzbasierte Medizin momentan zu bieten hat, dem Mittel zwar keine überragende, jedoch aber deutliche Wirkung über Placebo bestätigt. - Welche Patienten sollten es ggf. nicht einnehmen? Bitte immer den Beipackzettel lesen. (Ich kenne nur den spanischen - darin gibt es weder Neben- noch Wechselwirkungen, noch Einschränkungen.) Bei Schwangeren empfehle ich die Einnahme homöopathischer Mitteln am besten nur nach Abspreche mit einem versierten Behandler. Auch sollte hier die medizinische Überwachung in naher Zukunft engmaschiger verlaufen, nachdem eine Studie im Lancet gezeigt hat, dass Schwangere bei der neuen Grippe eher gefährdet zu sein scheinen. - Worauf sollten Patienten, die das homöopathische Mittel einnehmen, sonst noch achten? Wichtig sind immer die ganz allgemeinen Maßnahmen bei einem grippalen Infekt: ausreichende Trinkmenge (Kräutertees), Schlaf, Bettruhe, leichte, aber gesunde Ernährung wie Obst, die äußere Anwendung von Wickel etc. Während der Einnahme von homöopathischen Mitteln sollten generell keine koffeinhaltigen Produkte (Kaffee, Cola, etc.) eingenommen werden. Auch Kampfer und Pfefferminzprodukte können die Wirkung aufheben (in Zahnpasta, Salben etc.). - Kennen Sie weitere homöopathische Mittel, die Patienten bei Grippe einnehmen können? Welche? Ja, ich habe schon etliche erwähnt: Bryonia, gegen den trockenen, schmerzhaften Grippehusten oder Eupatorium perf. "das homöopathische Aspirin" bei ausgeprägten Glieder- und Kopfschmerzen. Weitere Mittel wären: Ferrum phosphoricum gegen mildes sowie Aconitum und Belladonna gegen plötzlich hohes Fieber, Gelsemium gegen die Sommergrippe mit großer Müdigkeit und Abgeschlagenheit. Dies sind nur die gängigsten Mittel. Wichtig ist, dass Homöopathika nach der vorherrschenden Symptomatik verordnet werden. Nur dann können sie richtig wirken. Von meinen Ratgebern bietet hier sicherlich Der große Kompass Homöopathie die beste Hilfe. Aber auch die Kompasse Homöopathie für Kinder, Homöopathie in der Schwangerschaft und der Ratgeber Homöopathie ab 50 führen das Mittel Oscillococcinum und andere Grippemittel auf. Siehe Übersicht "homöopathische Bücher" Zusammenfassend läßt sich also sagen, dass die Schulmedizin sich auch heute bei der Behandlung von viralen Infektionen noch schwer tut . Speziell bei der Grippe läßt die Effektivität von Medikamenten und Impfungen (im Gegensatz zu bakteriellen Erkrankungen) weiterhin zu Wünschen übrig, gleichzeitig besteht aber ein bedeutsames Nebenwirkungspotential. Alternative Behandlungsmethoden wie die Homöopathie gewinnen hier schon dadurch an Beachtung, da sie keine nennenswerten Nebenwirkungen zeigen. Dafür gibt es - wie sogar eine Cochrane Review belegt - positive Effekte. Was verständlich ist, denn die Homöopathie tut nichts anderes, als die Selbstheilungskräfte (modern ausgedrückt: das Immunsystem) zu stärken. Übrigens war sie bei den grassierenden Epidemien im 19.Jahrhundert schon einmal der schulmedizinischen Behandlung überlegen. Ich halte die Homöopathie somit bei der Behandlung der saisonalen Grippe (und eventuell auch bei der Schweinegrippe) für eine echte Alternative. Vielen Dank für Ihre Antworten. Diese möchte ich gern in einem Artikel verwenden, in dem sowohl Homöopathen wie auch Schulmediziner zu Worte kommen werden. Unsere Zeitschrift vertritt eine der Alternativmedizin aufgeschlossene Linie. Nachtrag: Homöopathie war schon 1918 während der spanischen Grippe Pandemie hochwirksam Es wird immer wieder von Skeptikern gefordert, die Homöopathie müsse sich auch in klinischen Studien bewähren. Der Cochrane-Review zu Oscilllococcinum bietet hier einen modernen Wirksamkeitsbeleg. Aber schon während der Pandemie der spanischen Grippe 1918, die weltweit bis zu 100 Millionen Todesopfer forderte, scheint sich die Homöopathie nachweislich bewährt zu haben. Einer amerikanischen Studie nach lag damals die Sterblichkeitsrate von 24.000 in den schulmedizinischen Krankenhäusern behandelten Grippepatienten bei knapp 30 Prozent, während im Vergleich dazu nur etwa 1 Prozent der 26.000 Influenza-Kranken starben, die in den homöopathischen Krankenhäuser behandelt worden waren. Bei der schrecklichsten Pandemie der modernen Menschheitsgeschichte wäre das eine bedeutsame Differenz zu Gunsten der Homöopathie. Mehr dazu hier: http://pressetext.de/news/090813004/homoeopathie-bei-schweinegrippe-erfolgreich/