Rezension Mittelbayerische Zeitung ()

Transcription

Rezension Mittelbayerische Zeitung ()
Meldung der Mittelbayerischen Zeitung vom 16.1.07:
Kindliche Comics für Erwachsene
„Neue Illustration“ in der Galerie Dr. Erdel
Von Gabriele Mayer, MZ
REGENSBURG. Nichts ist zufällig, überflüssig, unbedacht: nicht die
Autoren, nicht die erlesenen Illustrationen, auch nicht das Papier, das
Format, die Schrift und das Originalgrafikverfahren des Drucks. Sie sind nicht
nur für Erwachsene, aber auch nicht eigens für Kinder, obwohl einer von
mittlerweile 27 erschienenen Bänden mit dem Titel „Lebens-Mittel“ und Texten
von Enzensberger bis Wagenbach sich mit elementaren materiellen und
ideellen Dingen wie z.B. dem Brot befasst. In erster Linie sind sie ganz für ihn
gemacht, für Achim Abmeier, den Herausgeber selbst, der damit seine
kindliche Comic-Begeisterung ins Erwachsenenalter gerettet hat.
Längst vergriffene Hefte
Sie sind zum Bilderlesen da und in ihnen steckt eben so viel Lust wie
Abgründigkeit. Sie sind inspiriert von den Dadaisten, die die Welt auf den
Kopf stellten und den Sinn um den Unsinn bereicherten und von der
Konkreten Poesie, die die Worte ins Bild setzt und die Bedeutung ins
Konkrete übersetzt. Ihre Auflage beträgt jeweils bis zu 3000 Stück.
Die Reihe folgt keinem Plan, nur dem Gefühl des Herausgebers. Es sind die
Tollen Hefte, mit etlichen wichtigen Buchpreisen ausgezeichnet und verlegt
von der Büchergilde Gutenberg. Sie sind etwas für Leute, die auf
Entdeckungssuche im Kleinen und Kleinsten gehen, dem Wahnsinn des
Alltags und der Normalität des Unerwarteten und scheinbar
Zusammenhanglosen mit Humor begegnen.
Die Galerie Dr. Erdel Verlag hat nun eine Ausstellung der, zum größten Teil
vergriffenen Tollen Hefte kombiniert mit einer Ausstellung von Acrylarbeiten,
Zeichnungen, Aquarellen, Siebdrucken und Linolschnitten von einigen der
namhaften Graphikkünstler, die einzelne Hefte gestaltet haben: von ATAK,
Rotraut Susanne Berner, Anke Feuchtenberger, Yvonne Kuschel, Thomas M.
Müller, Volker Pfüller, Axel Scheffler und Henning Wagenbreth. Themen und
Formen der Künstler sind unverwechselbar, auch wenn man den jeweiligen
Stil vielfach zu kennen meint. Klar: in der „Zeit“, in der „Süddeutschen“, in
anderen Printmedien und der Kinderbuchgestaltung sind sie vertreten.
Die Bilder kennzeichnet ein vergnüglich makaberer Surrealismus und die
heimliche Irritation im scheinbar Vertrauten und Unauffälligen, im Westernidyll
oder auf der Blumenwiese eines Liebespaares. Oder wie bei dem Mann und
der Frau, die gemeinsam in der Badewanne sitzen, doch nur auf der
weiblichen Seite befindet sich das Wasser. Individualismus, Themen und eine
Handschrift, die nur dem Zeichner allein zu gehören scheinen und dabei doch
alle Welt ansprechen, das ist der Gestus dieser Arbeiten.
Das kleine Format der Bilder hat seinen tiefen Grund, denn der Hintersinn,
die Ironie und der Humor kommen vorzugsweise nicht großmächtig daher,
sondern eben aus dem Hinterhalt.
Bis zum 16. Februar in der Galerie Dr. Erdel Verlag, Fischmarkt 3, Mo. und
Fr. 16 bis 19 Uhr.