Klimawandel und Umweltkatastrophen – Analysen von Trends

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Klimawandel und Umweltkatastrophen – Analysen von Trends
Klimawandel und Umweltkatastrophen –
Analysen von Trends
Prof. Dr. Peter Höppe
Leiter GeoRisikoForschung
Münchener Rückversicherungs-Gesellschaft
Wissenschaftstage, 21. Oktober 2006
Münchener Rück
• Versicherer der Versicherungen
• Gegründet 1880
• Einer der größten Rückversicherer
weltweit
• Prämienvolumen der RV
ca. 20 Mrd. Euro
• Führende Rolle im Bereich der
Versicherung von Naturkatastrophen
Große Naturkatastrophen der letzten Jahre
Die letzten Jahre brachten Rekorde bei Naturkatastrophen in Hinsicht auf:
Intensitäten
Frequenzen
Schäden
Überschwemmung Dresden, August 2002
volksw. Schaden 16 Mrd. €, versichert 3,4 Mrd. €
Sommer 2003, die größte humanitäre Naturkatastrophe in
Europa seit hunderten von Jahren, ca. 35.000 Hitzetote
Hitzetote und Gefühlte Temperatur am 8. August 2003, 13 UTC
Mortalitätsdaten: Earth Policy Institute
Gef. Temp.: Deutscher Wetterdienst
Hitzebelastung
2,000
†
extrem
2,000
†
7,000
†
15,000
†
hoch
mäßig
leicht
behaglich
leicht
mäßig
hoch
extrem
1,500 4,000
†
†
4,000
†
Kältestress
2004 der erste Hurrikan im Südatlantik
Hurrikan Catarina vor Brasilien im März 2004
Rekord Hurrikan Saison 2004 in der Karibik und in Florida
Überblick über die vier
schadenträchtigsten Hurrikane
in 2004
Schadenbilanz, alle vier:
Volkswirt. Schaden:
US$62 Mrd
Versicherter Schaden: US$31 Mrd
Wind speed in
gusts (km/h)
Wetterrekorde 2005
Höchste Niederschlagsmenge innerhalb von 24 Stunden in Indien:
26. Juli 2005, Mumbai, 944 mm
Volkswirtschaftliche Schäden in Mio. US$:
Versicherte Schäden in Mio. US$:
Tote:
5.000
700
1.150
August - Überschwemmungen im Alpenraum
Volkswirtschaftliche Schäden in Mio. US$:
Versicherte Schäden in Mio. US$:
3.000 (CH 2.100)
1.700 (CH 1.500)
August – Hurrikan Katrina (25.-30.8. 2005)
Hurrikan Katrina war der sechststärkste seit Beginn der Messungen
Größter versicherter Schaden durch ein Einzelereignis aller Zeiten!
Volkswirtschaftliche Schäden in Mio. US$:
Versicherte Schäden in Mio. US$:
Tote:
125.000
60.000 (mit NFIP)
1.299
Oktober – Hurrikan Wilma, 21.-24.10.
Wilma war der stärkste Hurrikan seit Beginn der Messungen! Bildquelle: Reuters
Volkswirtschaftliche Schäden in Mio. US$:
Versicherte Schäden in Mio. US$:
16.000
10.000
Hurrikan Vince (9. Oktober 2005)
Vince, ein Hurrikan in einer bisher hurrikanfreien Region
(östlicher Nordatlantik, Madeira)
Wetterrekorde 2005
Nie zuvor seit Beginn der Aufzeichnungen (1850) gab es so viele
Hurrikane (15; bisheriger Rekord 1969 12) und benannte tropische
Wirbelstürme (27; bisheriger Rekord 1933: 21) in einer Saison.
Münchener Rück
NatCatSERVICE® (Schadendatenbank für Naturkatastrophen)
Seit 1980 systematische Datensammlung (auch retrospektiv)
Ca. 600-850 Ereignisse pro Jahr, davon bis zu 10-15 “große Naturkatastrophen”
Bis heute mehr als 22,000 Ereignisse aus dem Zeitraum 1980-2005
Vollständige Daten der Großen Naturkatastrophen von 1950 an
Große Naturkatastrophen 1950 - 2005
prozentuale Verteilung weltweit
267 Schadenereignisse
6%
Geologisch bedingte Ereignisse
29%
25%
1,75 Millionen Tote
2%
7%
Erdbeben/Tsunami,
Vulkanausbruch
Wetterbedingte Ereignisse
36%
55%
Sturm
Überschwemmung
Extremtemperaturen
40%
Volkswirtschaftliche Schäden: 1.700 Mrd. US$*
Versicherte Schäden: 340 Mrd. US$*
5%
6%
5%
11%
31%
25%
79%
38%
*in Werten von 2005
© 2006 GeoRisikoForschung, Münchener Rück
Große Naturkatastrophen 1950 – 2005
Anzahl der Ereignisse
16
Erdbeben/Tsunami, Vulkanausbruch
Sturm
Überschwemmung
Temperaturextreme (z.B. Hitzewelle, Kältewelle, Waldbrand)
14
12
Anzahl
10
8
6
4
2
0
1950
1955
1960
1965
1970
1975
© 2006 NatCatSERVICE, GeoRisikoForschung, Münchener Rück
1980
1985
1990
1995
2000
2005
Große Naturkatastrophen 1950 – 2005
Volkswirtschaftliche und versicherte Schäden
200
180
Volkswirtschaftliche Schäden
(in Werten von 2005)
160
Davon versicherte Schäden
(in Werten von 2005)
140
Trend volkswirtschaftliche
Mrd. US$
120
Trend versicherte Schäden
100
80
60
40
20
0
1950
1955
1960
1965
1970
© 2006 NatCatSERVICE, GeoRisikoForschung, Münchener Rück
1975
1980
1985
1990
1995
2000
2005
Große Wetterkatastrophen 1950 – 2005
Volkswirtschaftliche und versicherte Schäden
Mrd. US$
180
160
Volkswirtschaftliche Schäden
(in Werten von 2005)
140
Davon versicherte Schäden
(in Werten von 2005)
120
Trend volkswirtschaftliche
100
Trend versicherte Schäden
80
60
40
20
0
1950
1955
1960
1965
1970
© 2006 NatCatSERVICE, GeoRisikoForschung, Münchener Rück
1975
1980
1985
1990
1995
2000
2005
Naturkatastrophen in Deutschland 1970-2005
Anzahl der Ereignisse
35
30
25
20
15
10
5
0
1970
1972
1974
Erdbeben
Stand: 01/2006
1976
1978
1980
1982
Sturm
1984
1986
1988
1990
1992
1994
Überschwemmung
1996
1998
2000
2002
2004
Temperaturextreme
(z.B. Hitzewelle) und
Massenbewegung
(z.B. Lawine)
© 2006 GeoRisikoForschung, Münchener Rück
Naturkatastrophen nehmen an Frequenz und Ausmaß
dramatisch zu
Die Gründe
- Bevölkerungszunahme
- Steigender Lebensstandard
- Konzentration von Bevölkerung und Werten in Großstadträumen
- Besiedlung und Industrialisierung stark exponierter Regionen
- Anfälligkeit moderner Gesellschaften und Technologien
- Weltweite steigende Versicherungsdichte
- Änderung der Umweltbedingungen
Globale Mitteltemperatur, 1856 – 2005
Abweichungen vom Mittel 1961-1990
Source: CRU, UK (2006), compilation acc. to WMO
Innerhalb der letzten 100 Jahre Anstieg um ca. 0,8°C!
Die wärmsten Jahre seit 1861
Globale Mitteltemperatur in Bodennähe
Alle der 10 wärmsten Jahre in den letzten 18 Jahren
1.
2.
3.
4.
5.
6.
7.
8.
9.
10.
1998
2005
2002
2003
2004
2001
1997
1995
1988
1987
(Quelle WMO, Genf)
CO2 – Entwicklung Mauna Loa (1955 – 2004)
CO2-Konzentration in der Atmosphäre
der letzen 650.000 Jahre, Daten gemessen an Antarktischen
Eisbohrkernen
400
380
2005:
360
381 ppmv CO2
340
CO 2 (ppmv)
320
300
280
260
240
220
200
180
160
-650 -600 -550 -500 -450 -400 -350 -300 -250 -200 -150 -100
-50
0
Tausend Jahre vor heute
Quelle: Messungen an Eisbohrkernen: Siegenthaler et al., Science 310, 1313-1317, (2005). Etheridge et al., J. Geophys. Res. 101, 4115-4128 (1996). Petit et
al., Nature 399, 429-436 (1999). Fischer et al., Science 283, 1712-1714 (1999). Indermühle et al., Geophys. Res. Lett. 27, 735-738, (2000). Monnin et
al., Earth Planet. Sci. Lett. 224, 45-54, (2004). Monnin et al., Science 291, 112-114, (2001). Direkte atmosphärische Messungen: Keeling and Whorf.
The Carbon Dioxide Research Group, Scripps Institution of Oceanography (SIO), University of California, La Jolla, California USA 92093-0444.
Klimawandel und Extremereignisse
Immer mehr wissenschaftliche Belege
• Mit hoher Wahrscheinlichkeit (>90%) hat der menschliche Einfluss das Risiko
einer Hitzewelle wie 2003 in Europa wenigstens verdoppelt (Stott et al.,
Nature 2004).
• Modellrechnungen ergeben, dass sich bis 2050 die maximalen Windgeschwindigkeiten in Hurrikanen um 0,5 auf der Saffir Simpson Skala und
der begleitende Niederschlag um 18% erhöhen werden (Knutson und Tuleya,
Journal of Climate 2004).
• Tropische Stürme sowohl im Nordatlantik als auch im Nordwestpazifik haben
seit 1970 bereits an Dauer und Intensität um ca. 50% zugenommen; dieser
Trend wird weiter anhalten (Emanuel, Nature 2005; Webster et al., Science
2005).
• Aufgrund des Klimawandels haben sich die Oberflächentemperaturen der
Weltmeere in den für die Entstehung von tropischen Wirbelstüme bedeutenden
Regionen bereits im Mittel um 0,5°C erhöht
(Barnett et al., Science 2005 Santer et al., PNAS, Sept. 2006)
Veränderungen der MeeresoberflächenTemperaturen
NATL = Nordatlantik
WPAC = Westpazific
SPAC = Südpazifik
EPAC = Ostpazifik
NIO = nördl. Indischer Ozean
SIO = südl. Indischer Ozean
SH = Ozeane der südl.
Hemisphäre
Quelle: Webster et al. (2005),
Science Vol. 309.
Klimawandel und Extremereignisse
Immer mehr wissenschaftliche Belege
• Mit hoher Wahrscheinlichkeit (>90%) hat der menschliche Einfluss das Risiko
einer Hitzewelle wie 2003 in Europa wenigstens verdoppelt (Stott et al.,
Nature 2004).
• Modellrechnungen ergeben, dass sich bis 2050 die maximalen Windgeschwindigkeiten in Hurrikanen um 0,5 auf der Saffir Simpson Skala und
der begleitende Niederschlag um 18% erhöhen werden (Knutson und Tuleya,
Journal of Climate 2004).
• Tropische Stürme sowohl im Nordatlantik als auch im Nordwestpazifik haben
seit 1970 bereits an Dauer und Intensität um ca. 50% zugenommen; dieser
Trend wird weiter anhalten (Emanuel, Nature 2005; Webster et al., Science
2005).
• Aufgrund des Klimawandels haben sich die Oberflächentemperaturen der
Weltmeere in den für die Entstehung von tropischen Wirbelstüme bedeutenden
Regionen bereits im Mittel um 0,5°C erhöht
(Barnett et al., Science 2005 Santer et al., PNAS, Sept. 2006)
• Von allen bekannten Faktoren, die größere Stürme beeinflussen, kann nur der
kontinuierliche Anstieg der Meeresoberflächentemperaturen während der letzten 35
Jahre die Anstiege der Sturmintensitäten in den 6 Ozeanbecken erklären (Webster et al.,
Science 2006)
Bedeutende natürliche Klimazyklen
• Multidekadische Atlantische Oszillation (AMO) -> Einfluss auf Hurrikane
• Nordatlantische Oszillation (NAO) -> Einfluss auf europäische Winterstürme
• El Niño/La Niña (ENSO) -> Einfluss auf Niederschlagsregime im Pazifik und
Tropenstürme im Pazifik sowie im Atlantik
Klimazyklen sowie Klimaänderung und
Hurrikanhäufigkeit im Nordatlantik
-
Data source: NOAA, re-handling by Munich Re 2005
25
Number of Storms
20
Tropical Storms + Hurricanes
Hurricanes (Category 1-5)
Major Hurricanes (Category 3-5)
Annual Frequencies of Major
Hurricanes in Warm or Cold Phases
Atlantic warm and cold phases
according to Landsea et al. (1999)
Warm
Phase
Cold
Phase
Warm
Phase
Cold
Phase
15
10
4.1/year
5
2.6/year
1.5/year
1.3/year
0
1850
1875
1900
1925
1950
1975
2000
Voraussagen der Münchener Rück sind eingetroffen
Wenn die Wassertemperaturen in den nächsten Jahrzehnten um
0,5 oder 1 Grad steigen, ist mit einer Verlängerung der Hurrikansaison
um mehrere Wochen und einer starken Erhöhung der Häufigkeit bzw.
Intensität der Hurrikane zu rechnen.
Sowohl aus dem Sektor Naturkatastrophen wie aus der kontinuierlichen
Veränderung der Umweltbedingungen werden bei der zu erwartenden
Klimaänderung schwerwiegende Belastungen auf die Versicherungswirtschaft zukommen.
(Sturm Broschüre (1990), S. 100 ff)
Modellrechnung der Veränderungen des Jahresmittels der
Lufttemperatur, Vergleich 1980 mit 2080
source: IPCC
Änderung der Lufttemperatur
Wintertemperatur (°C) der Periode 1961-90 (links) und Temperaturanstieg im
Jahresmittel für die Jahre 2071-2100 gegenüber dem Vergleichszeitraum 1961-90
(rechts). Szenario A1B (Mischung aus fossilen und anderen Energiequellen) .
Quelle: Max-Planck-Institut für Meteorologie/UBA, 2006
Modellrechnung der Veränderungen
des Jahresniederschlags in %, Vergleich 1980 mit 2080
source: IPCC
Änderung der Sommerniederschläge
in Deutschland
Sommerniederschläge (mm) der Periode 1961-90 (links) und Niederschlagsveränderung
im Jahresmittel für die Jahre 2071-2100 gegenüber dem Vergleichszeitraum 1961-90
(rechts). Szenario A1B (Mischung aus fossilen und anderen Energiequellen).
Quelle: Max-Planck-Institut für Meteorologie/UBA, 2006
Änderung der Winterniederschläge
in Deutschland
Winterniederschläge (mm) der Periode 1961-90 (links) und Niederschlagsveränderung im Jahresmittel für die Jahre 2071-2100 gegenüber dem
Vergleichszeitraum 1961-90 (rechts). Szenario A1B (Mischung aus fossilen und
anderen Energiequellen). Quelle: Max-Planck-Institut für Meteorologie/UBA, 2006
Prognostizierter Anstieg des Meeresspiegels
hoch
mittel
niedrig
Munich Re - CUGC3 Geo 2001
Prof. Schellnhuber (PIK):
„Es gilt das Unbeherrschbare zu vermeiden und das
Unvermeidliche zu beherrschen“
Zusammenfassung:
ƒ Der Klimawandel findet bereits statt und kann nur noch gebremst, nicht mehr
gestoppt werden.
ƒ Naturkatastrophen nehmen (weiter) dramatisch an Zahl und Ausmaß zu.
Die Schadenpotenziale erreichen neue Größenordnungen.
ƒ Immer mehr wissenschaftliche Studien liefern Belege, dass der Klimawandel
das Risiko für Wetterkatastrophen bereits erhöht hat
ƒ In Deutschland ist mit häufigeren Hitzewellen, Starkniederschlägen und einer
Zunahme der Sturmschäden zu rechnen.
ƒ Wir müssen uns anpassen und gleichzeitig die Emissionen von
Treibhausgasen senken
ƒ Die Versicherungswirtschaft hat ein großes Potential, Klimaschutz zu fördern
(Produkte, Investments, Sponsoring, Kommunikation)
Ein neues Produkt der Münchener Rück für
Klimaschutzprojekte
Die "Kioto Multi Risk Police"
Zielgruppe: Banken, Fonds, Projektbetreiber sowie reduktionsverpflichtete Unternehmen, die
Interesse an der Generierung von Emissionsrechten durch CDM*- oder JI**Projekte haben
Zweck:
Der Investor soll für den Schaden kompensiert werden, der entsteht, wenn ein
CDM-Projekt die vereinbarte Menge an Emissionsrechten nicht liefern kann.
Vorteile:
Traditionell getrennte Versicherungsbranchen (z. B. Sachschaden, Kredit- oder
Länderrisiko) werden durch einen ganzheitlichen Ansatz gebündelt.
=> Vermeidung von Deckungslücken.
Konzept ist übertragbar, ist flexibel und auf JI-Projekte und auf zukünftige
außereuropäische Systeme übertragbar.
Konzept bietet Investoren Unterstützung und leistet
darüber hinaus einen Beitrag zur Akzeptanz und
Umsetzbarkeit der Kioto-Mechanismen
* CDM: Clean Development Mechanism
** JI: Joint Implementation
Rolf Wieland
Münchener Rück:
viele Aktivitäten für den Klimaschutz
- Mitglied der Climate Group
- Mitglied des Global Roundtable on Climate Change (Jeff Sachs)
- Vorstandsmitglied des European Climate Forum
- Gastgeber von Side Events bei den jährlichen Weltklimatagungen
der UNFCCC (COP)
- Mitarbeit bei der UNEP-Financial Initiative
- Mitglied des Carbon Disclosure Projects (CDP)
Aktuelle Publikationen und strategisches
Brettspiel
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