Sichere Schule - Gesundheits- und lernförderndes Klassenzimmer

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Sichere Schule - Gesundheits- und lernförderndes Klassenzimmer
Sichere Schule
Gesundheits- & lernförderndes Klassenzimmer
Impressum
Herausgeber
Unfallkasse Nordrhein-Westfalen
Regionaldirektion Rheinland
Sankt-Franziskus Straße 146
40470 Düsseldorf
Telefon 0211 2808-0
Telefax 0211 2808-209
E-Mail
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Internet www.unfallkasse-nrw.de
In Zusammenarbeit mit
Deutsche Gesetzliche Unfallversicherung e.V. (DGUV)
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Internet www.dguv.de
Verantwortlich für den Inhalt
Gabriele Pappai
Erstellt im Rahmen des Projektes „Gesundheits- &
lernförderliches Klassenzimmer“ der DGUV unter
Mitwirkung folgender Autoren:
Redaktion
Boris Fardel
Autoren UK NRW
Boris Fardel
Ralph Glaubitt
Ralf Huihsen
Gestaltung, Umsetzung
rend Medien Service GmbH
www.rend.de
Bildnachweis
Boris Fardel
Ralph Glaubitt
Dr. Simone Peters
Stephan Floß
rend Medien Service GmbH
Ausgabe März 2014
www.sichere-schule.de
Akustik:
Dr. Jürgen Maue, IFA Sankt Augustin
Farbgestaltung:
Dr. Elke Frenzel, KUVB / Bayer. LUK,
Ralph Glaubitt, UK NRW
Möblierung:
Susan Freiberg, IAG Dresden
Natürliche und künstliche Beleuchtung:
Renate Hanßen-Pannhausen, IAG Dresden
Gerold Soestmeyer, DGUV
Raumgröße und Flexible Raumnutzung:
Andrew Orrie, DGUV
Raumluftqualität und Raumklima:
Dr. Simone Peters, IFA Sankt Augustin
Tafelsysteme:
Susan Freiberg, IAG Dresden
Dr. Simone Peters, IFA Sankt Augustin
Inhaltsverzeichnis
Lernräume
Akustik
Farbgestaltung
Möblierung
Natürliche und künstliche Beleuchtung
Raumgröße und flexible Raumnutzung
Raumluftqualität und Raumklima
Tafelsysteme
Weitere Informationen zu modernen Lernräumen
Anhänge
Moderne Lernräume
Das Herforder Modell
Lernräume als gesundheits- und kommunikationsfördernde Lebensräume gestalten
Das lernfördernde Klassenzimmer
Tische und Stühle
Türen
Barrierefreie Türen und Türelemente
Beschlagumrüstung
Die sieben Beleuchtungskriterien
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Sichere Schule | Gesundheits- und lernförderndes Klassenzimmer
Akustik
01 | Informationen
Raumakustik
Mündlicher Unterricht gelingt nur, wenn Kinder und
Jugendliche aufmerksam zuhören können. Deshalb
sollte das gesprochene Wort im Raum klar und mühelos
zu verstehen sein.
Lärm und Halligkeit werden von Schülerinnen und
Schülern wie auch von Lehrkräften als sehr unangenehm
empfunden. Die Schülerinnen und Schüler leiden unter
der schlechten Sprachverständlichkeit und können dem
Unterricht nur schwer folgen. Das führt zu einer schnellen
Ermüdung und Beeinträchtigung ihrer Leistungen. Die
Lehrkräfte empfinden die schlechte Akustik und die damit
verbundenen hohen Geräuschpegel als Stressbelastung.
Zudem müssen sie ihre Stimmen deutlich stärker belasten, möglicherweise mit der Folge von gesundheitlichen
Problemen.
Für eine gute Sprachverständlichkeit ist es vor allem
erforderlich, dass das Klassenzimmer eine ausreichende
Menge an Schallabsorptionsflächen aufweist, sodass sich
eine möglichst geringe Nachhallzeit ergibt. Unterrichtsräume weisen in der Regel eine Fläche von 60 m² bis
70 m² und eine Raumhöhe von 3 m auf.
Entsprechend den Vorgaben der DIN 18041, „Hörsamkeit
in kleinen bis mittelgroßen Räumen“, sollen Klassenräume, die ein solches Raumvolumen aufweisen (Größe
bis ca. 250 m), Nachhallzeiten von 0,5 bis 0,6 s aufweisen. Nehmen Schülerinnen und Schüler mit eingeschränktem Hörvermögen an der Sprachkommunikation teil oder
findet Kommunikation in einer Sprache statt, die nicht als
Muttersprache gelernt wurde, sollen niedrigere Nachhallzeiten bis zu 0,4 s eingehalten werden. Dies betrifft somit
nicht nur Schüler und Schülerinnen mit Migrationshintergrund, sondern alle Schüler, die eine Fremdsprache
lernen. Letztlich wirken sich gute akustische Raumeigenschaften auf alle positiv aus.
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Akustik
01 | Informationen
Raumakustik
Die genannten Zielvorgaben lassen sich in der Regel
schon allein durch eine schallabsorbierende Deckengestaltung realisieren. Bei Verwendung eines hochabsorbierenden Materials sollte dieses eventuell nur an den
Rändern der Decke angebracht werden, um die für die
Sprachverständlichkeit bedeutenden hochfrequenten
Schallanteile (Konsonanten) bis in den hinteren Teil der
Klasse zu übertragen.
Bei der Auswahl der Materialien ist auch auf eine ausgewogene Schallabsorption in allen relevanten Frequenzbereichen zu achten.
Neben der Halligkeit eines Raumes ist auch der Grundgeräuschpegel für die Sprachverständlichkeit von Bedeutung. Das Grundgeräusch wird zum Beispiel durch von
außen eindringende Geräusche, durch Flüstern oder
Stühlerücken erzeugt. Um Sprache gut verstehen zu
können, benötigt man im Allgemeinen einen Sprachpegel,
der mindestens um 10 bis 15 dB(A) über dem Grundgeräuschpegel liegt. Erwachsene können störende Hintergrundgeräusche relativ gut ausblenden und unvollständige akustische Informationen im Geiste ergänzen.
Kinder sind dazu jedoch weniger in der Lage und werden
deshalb durch Störgeräusche viel stärker beeinträchtigt.
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Akustik
01 | Informationen
Lombard-Effekt
Die Halligkeit in einem Klassenraum führt dazu, dass die
Lehrkraft lauter spricht, um die Lernenden akustisch
besser zu erreichen. Aber auch die Schülerinnen und
Schüler verhalten sich in halligen Räumen lauter. Insbesondere bei Gruppenarbeit wird lauter gesprochen um
sich verständlich zu machen. Die daraus resultierende
Unruhe und der höhere Grundgeräuschpegel führen
wiederum dazu, dass noch lauter gesprochen wird und
sich der Schalldruckpegel immer weiter in die Höhe
schraubt. Das hier beschriebene Aufschaukeln der
Geräuschbelastung wird als Lombard-Effekt bezeichnet.
Die als extrem unangenehm empfundene Geräuschbelastungssituation lässt sich durch geeignete akustische
Maßnahmen wesentlich entschärfen. Durch die Einbringung von Schallabsorptionsmaterial in den Raum erreicht
man eine geringere Halligkeit und eine bessere Sprachverständlichkeit. Dadurch kann wieder leiser gesprochen
werden und die Geräuschbelastung schaukelt sich nicht
weiter auf. Je nach Ausgangssituation lassen sich durch
geeignete raumakustische Maßnahmen Pegelminderungen bis zu 10 dB(A) erreichen. Dies wird als Halbierung
der Lautstärke wahrgenommen.
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Akustik
02 | weitere Hinweise
Welche Bedeutung die Raumakustik in Klassenzimmern
und in Lernräumen des schulischen Ganztages für das
Wohlbefinden und die Gesundheit des Lehrpersonals
hat, wird vielfach unterschätzt. Für die Schülerinnen und
Schüler macht sich die Geräuschbelastung vor allem in
ihren Lernleistungen bemerkbar. Insbesondere für
Schülerinnen und Schüler mit eingeschränktem Hörvermögen oder einer anderen Muttersprache ist die gute
akustische Gestaltung des Klassenzimmers Voraussetzung für einen effektiven Unterricht.
Dabei lassen sich die raumakustischen Verhältnisse in
Klassenzimmern mit verhältnismäßig geringem Aufwand
günstig gestalten. In der Regel reicht schon eine schallabsorbierende Deckenfläche mit einem zu 50 bis 60 Prozent
schallabsorbierenden Material.
Geeignet sind zum Beispiel ca. 20 mm dicke Akustikplatten aus Mineralfasermaterial, wenn sie in mindestens
10 cm Abstand zur Decke montiert werden.
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Akustik
02 | weitere Hinweise
Wenn die raumakustische Maßnahme in Eigenleistung
(Selbsthilfe-Aktion) realisiert werden soll, bieten sich
auch schwer entflammbare Schaumstoffmaterialien
für die Deckengestaltung an, weil sich diese leicht
zuschneiden und direkt an die Decke ankleben lassen.
Zur raumakustischen Auslegung von Klassenräumen
bietet das Institut für Arbeitsschutz (IFA) einen Raumakustikrechner an, der eine Berechnung der Nachhallzeit und den Vergleich mit den Vorgaben der DIN 18041
ermöglicht. Diese Ergebnisse können dann als erste
Grundlage für eine Beurteilung und die erste Planung
herangezogen werden. Es wird jedoch empfohlen, einen
Fachplaner einzubeziehen. Die Maßnahmen sollten darüber hinaus mit dem zuständigen Sachkostenträger,
z. B. bezüglich der Einhaltung der brandschutztechnischen Bestimmungen oder baubiologischen Vorgaben,
abgestimmt werden.
Bei der Auswahl der schallabsorbierenden Materialien
sollte auch berücksichtigt werden, inwieweit diese später
überstreichbar sind oder sich die Eigenschaften hierdurch
möglicherweise verschlechtern könnten.
Ebenso ist darauf zu achten, dass die Materialien an
der Decke sicher und dauerhaft befestigt und nur zugelassene Befestigungsmittel oder Kleber verwendet
werden.
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Akustik
02 | weitere Hinweise
Ergänzend zur schallabsorbierenden Decke kann eine
schallabsorbierende Belegung des oberen Teiles der
Raumrückwand (von der Lehrkraft abgewandte Seite)
sinnvoll sein. Das gilt insbesondere für größere Räume,
in denen der über die Decke und die Rückwand reflektierte Schall in den vorderen Reihen mit einer größeren
Verzögerung gegenüber dem direkten Schall eintrifft
(mehr als 17 m Ausbreitungsweg). Durch die Überlagerung des direkten Schalls und des zeitlich verzögerten
Reflexionsschalls kann sich dabei die Verständlichkeit
für Sprache deutlich verschlechtern (verschliffene
Information). Die Wand hinter der Lehrerkraft sollte
dagegen reflektierend sein, um die den Direktschall
unterstützenden frühen Reflexionen zu gewährleisten.
Maßnahmen zur Reduzierung des Grundgeräuschpegels
können z. B. notwendig sein, falls die Schule an einer
stark befahrenen Straße liegt. Dann ist vor allem auf eine
ausreichende Schalldämmung der Fenster zu achten.
Natürlich sollten auch die in dem Klassenzimmer eingesetzten Geräte, wie z. B. Projektionsgeräte, so ausgewählt werden, dass sie möglichst leise sind.
Ebenfalls sollte bei der Auswahl der Möbel darauf
geachtet werden, dass die Geräuschbelastungen durch
sie möglichst gering gehalten werden, z. B. durch die
Auswahl entsprechender Stuhl- und Tischgleiter.
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Akustik
03 | Quellen
Lärm in Bildungsstätten, INQA
Hörsamkeit in kleinen bis mittelgroßen Räumen,
DIN 18041
Barrierefreies Bauen - Planungsgrundlagen –
Teil 1: Öffentlich zugängliche Gebäude, DIN 18040-1
Weiterführende Informationen:
Raumakustikrechner, IFA
Flüsterndes Klassenzimmer: Lärmproblematik in
Schulen; Vorschriften und Normen;
Selbsthilfemaßnahmen
Veröffentlichungen:
Huber, L., Kahlert, J., Klatte, M.: Die akustisch
gestaltete Schule.
Auf der Suche nach dem guten Ton. Vandenhoeck
und Ruprecht, Göttingen 2002
Lärmminderung in Schulen. Umwelt und Geologie,
Lärmschutz in Hessen, Heft 4, Hessisches Landesamt
für Umwelt und Geologie, Wiesbaden 2007
Maue, J. H.: 0 Dezibel + 0 Dezibel = 3 Dezibel –
Einführung in die Grundbegriffe und die quantitative
Erfassung des Lärms. 9. erweiterte Auflage, Erich
Schmidt Verlag, Berlin 2009
Oberdörster, M., Tiesler, G.: Akustische Ergonomie
der Schule. Schriftreihe der Bundesanstalt für
Arbeitsschutz und Arbeitsmedizin, Fb 1071, Dortmund
/ Berlin / Dresden 2006
Rickes, O., Gemes, A., Helfmann, H.: Reduzierung der
Lärmbelastung in Schulen durch Verbesserung der
Raumakustik. Unfallkasse Hessen + Gewerkschaft
Erziehung und Wissenschaft, April 2006
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Farbgestaltung
01 | Informationen
Eine harmonisch gestaltete Umgebung, die unterschiedliche Unterrichtsformen zulässt, die Bedürfnisse der
Nutzer berücksichtigt und an deren Gestaltung die Nutzer
beteiligt wurden, stärkt nicht nur das Wohlbefinden
sondern kann auch die Gesundheit der Lehrenden und
Lernenden fördern. So werden aus Lernräumen Lebensräume für die Zukunft. Ein wichtiger Aspekt bei der Gestaltung der Räume ist die Farbgebung.
In den meisten Klassenzimmern sind die Wände bislang
vollkommen weiß gehalten. Weiß lässt Räume zwar
größer erscheinen, wirkt ansonsten allerdings eher steril.
Insbesondere Kinder haben zum abstrakten Weiß keinen
Bezug. Der Einsatz von Farbe im Klassenzimmer kann
daher das Raumempfinden positiv verändern.
Wichtig ist hierbei, dass die gewählte Wandfarbe sich
harmonisch in die Umgebung einfügt. Bei der Auswahl
der Wandfarbe sollten daher insbesondere die Farben
des Fußbodens, der Tür- und Fensterprofile sowie des
Mobiliars in die Überlegungen einbezogen werden.
Weiterhin sollte Farbe immer gezielt und mit Maß eingesetzt werden. Ein „Zuviel“ kann hier schnell erdrücken.
Des Weiteren sind die lichtreflektierenden Eigenschaften
der farbigen Oberflächen zu berücksichtigen, da sie Auswirkungen auf die Qualität der Beleuchtung haben. Deshalb existiert die Anforderung an den Reflexionsgrad.
Es wird empfohlen, sich bei der Farbgestaltung von erfahrenen Fachleuten beraten zu lassen, die ein entsprechendes Farbkonzept für ein Klassenzimmer oder
auch für ein gesamtes Schulgebäude erarbeiten können.
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Farbgestaltung
02 | weitere Hinweise
Farben wecken bei jedem Betrachter Emotionen oder
lösen Assoziationen aus. In der Farbpsychologie sind
jeder Farbe unterschiedliche Gefühle und Wirkungen zugeordnet, die sie in der Regel erzeugen. So bewirkt die
Farbe Gelb meist eine positive, heitere Stimmung und
Blau wirkt eher kühl. Farben können sowohl positive als
auch negative Gefühle hervorrufen. Rot kann einerseits
anregend, dynamisch und stimulierend wirken, aber
andererseits auch einen aggressiven Charakter entwickeln.
Die Wirkung der einzelnen Farben ist abhängig von
der Intensität, vom Kontrast, der Größe der gestalteten
Fläche und der Wechselwirkung mit anderen eingesetzten Farben. Darüber hinaus haben aber auch die Wahl
der Materialien, der Oberflächen und die Funktion des
Gegenstandes Einfluss auf die Wirkung der Farbe.
Ebenso steht die Farbwirkung in enger Beziehung zum
Licht und ist somit von der Lichtplanung des Raumes
abhängig. Alles muss gut aufeinander abgestimmt
werden.
Des Weiteren sollte bei der Wahl der Farben auch berücksichtigt werden, dass die Wahrnehmung von Farben auch
individuell unterschiedlich sein kann. So kann die Wahrnehmung jedes Einzelnen z. B. auch von Kultur, Erziehung, Mode oder persönlichen Erfahrungen beeinflusst
werden.
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Farbgestaltung
02 | weitere Hinweise
Durch die Beteiligung der Schülerinnen und Schüler an
der Farbgestaltung kann sich die Identifikation mit dem
eigenen Klassenraum und der Schule erhöhen. Sinnvoll
ist es, im Vorfeld der Planungen mit den Schülerinnen und
Schülern die Farben und ihre Wirkungen im Unterricht zu
besprechen. Wird die Umgestaltung noch in Eigenregie
durchgeführt, kann dies die Akzeptanz noch steigern.
Bei der Auswahl der (Anstrich-) Farben sollte jedoch der
Sachkostenträger eingebunden werden. Er kann in der
Regel beraten, welche Farben umweltverträglich sind
und sich mit den bisher verwendeten Farben vertragen.
Die Farbgestaltung einzelner Räume sollte sich auch
immer an einer übergeordneten Farbgestaltung des
Gebäudes orientieren.
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Farbgestaltung
03 | Quellen
Das Lernfördernde Klassenzimmer – Ein Konzept der
guten gesunden Schule, Handlungsanleitung für
Planer, Schulleiter und Lehrkräfte, Schriftenreihe des
Bayerischen GUVV
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Möblierung
01 | Informationen
Moderne Unterrichtsräume zeichnen sich dadurch aus,
dass unterschiedliche Lern- und Unterrichtssituationen
durch schnelles Umstellen der Möbel eingerichtet werden
können.
Gruppenarbeiten, individuelle Förderung und gemeinsame Unterrichtseinheiten sind dann nach Bedarf durchführbar. Eine flexible Lernlandschaft ermöglicht so die
Umsetzung unterschiedlicher pädagogischer Konzepte.
Deshalb sollte bei der Auswahl der Möbel darauf geachtet
werden, dass neben der Einhaltung der ergonomischen
Anforderungen diese auch schnell und leicht verschoben
werden können, so dass sie variabel im Raum einsetzbar
sind. Dies ist bei mit Rollen ausgestatteten Möblierungen
der Fall.
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Möblierung
01 | Informationen
Tische und Stühle
Kinder wachsen ganz unterschiedlich schnell. So können
die Größenunterschiede selbst innerhalb einer Klasse
oft erheblich sein. Deshalb sind für die Schülerinnen und
Schüler auf deren unterschiedliche Körpermaße abgestimmte Tische und Stühle bereitzustellen. Das verwendete Mobiliar sollte anpassbar sein.
Nach den bisherigen Vorgaben soll in den Klassenräumen
eine ausreichende Anzahl verschiedener Tisch- und
Stuhlhöhen zur Verfügung gestellt werden. Die Tische
und Stühle sind entsprechend der Farbmarkierung der
Norm für die Bereitstellung von "Möbel – Stühle und
Tische für Bildungseinrichtungen" aufeinander abzustimmen. Hinweise zur Umsetzung der Vorgaben finden
sich in der Schrift „Richtig sitzen in der Schule“. Mit dem
in den meisten Schulen vorhandenen Mobiliar kann das
in der Regel nicht realisiert werden. Um der Individualität
der Körpergrößen gerecht zu werden und die Bereitstellung einer größeren Anzahl verschieden hoher Stühle
und Tische zu vermeiden, sind stufenlos höhenverstellbare Stühle und Einzeltische zu bevorzugen.
Da in den Schulen viele Arbeitsaufgaben im Sitzen stattfinden, kann dies zu einer erhöhten Belastung der Wirbelsäule und der Rückenmuskulatur führen. Langfristig
können so Haltungsschwächen und Haltungsschäden
entstehen, die zu Rückenschmerzen führen. Um den
Belastungen entgegenzuwirken, sollten die Stühle
drehbar sein und ein dynamisches Sitzen ermöglichen,
das heißt, den Wechsel zwischen hinterer und vorderer
Sitzposition sowie eine Seitwärtsneigung zulassen.
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Möblierung
01 | Informationen
Tische und Stühle
Die Höhe der Schülertische ist an die jeweilige Körpergröße der Schülerinnen und Schüler anzupassen und erlaubt
somit ein ergonomisches Arbeiten im Sitzen. Einige Hersteller bieten auch Tische an, die so weit höhenverstellbar sind, dass auch ein Arbeiten im Stehen möglich ist.
Dieser Haltungswechsel ist nicht nur gesundheitsförderlich, er trägt auch zu körperlicher und geistiger Mobilität
bei. Ergänzend sollten die Lehrkräfte die Sitzphasen auch
durch die konzeptionelle Umsetzung eines bewegten
Unterrichts und des gezielten Einsatzes von Bewegungspausen abwechslungsreich gestalten.
Ein entscheidendes Merkmal eines ergonomisch wünschenswerten Schülertisches ist eine um etwa 16° neigbare Tischplatte.
Für die richtige Handhabung des Mobiliars sollten die
Der Lehrerarbeitsplatz ist mit einem Drehstuhl und einem
Schülerinnen und Schüler von den Lehrkräften in die
Tisch auszustatten, die ebenfalls höhenverstellbar sind.
Notwendigkeit und Bedienbarkeit zur Einstellung der
Bei entsprechender Variabilität kann der höhenverstell-
Tische und Stühle auf die individuelle Körpergröße
bare Lehrertisch einerseits die individuelle Einstellung auf
eingewiesen und eingebunden werden. Die körperge-
die Körpergröße der Lehrkraft ermöglichen und ander-
rechte Anpassung der Tische und Stühle sollte halbjähr-
erseits auch von den Schülerinnen und Schülern im
lich überprüft werden.
Stehen genutzt werden.
Der Beinfreiraum muss bei barrierefrei gestalteten
Die Ausstattung der Schüler- und Lehrertische mit Rollen
Tischen folgende Maße aufweisen.
erleichtert die Handhabung und gewährleistet eine
flexible Aufstellung im Raum für verschiedene Unterrichtsarrangements, wie Gruppenarbeit oder Werkstattunterricht.
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Möblierung
01 | Informationen
Schränke für Schulranzen
Die Unterbringung von Schulranzen und -taschen in
Regalen auf Rollen ist zu bevorzugen, da hierdurch sogenannte Stolperfallen durch die am Boden liegenden Ranzen und Taschen vermieden werden. Diese fahrbaren
Regale können auch als Raumteiler für die flexible Gestaltung des Klassenzimmers genutzt werden. Für die
Unterbringung der Arbeitsmaterialien sollte jede
Schülerin und jeder Schüler ein eigenes Schubfach
besitzen, das im fahrbaren Regal aufbewahrt werden
kann.
Weitere Einrichtungsgegenstände
Weitere Einrichtungsgegenstände in Klassenräumen wie
ein Medienschrank, Schränke für Unterrichtsmaterialien
oder Stellwände sollten ebenfalls mit Rollen ausgestattet
werden, um jederzeit eine schnelle Umgestaltung des
Raumes vornehmen zu können. Von den Einrichtungen
dürfen keine Verletzungsgefahren ausgehen.
Stellwände können auch mit einer schallabsorbierenden
Oberfläche, z. B. mit einer Stoffbespannung, zur Verbesserung der Raumakustik beitragen und zur Abtrennung
von Gruppen- und Einzelarbeitsplätzen für Schülerinnen
und Schüler herangezogen werden.
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Möblierung
02 | weitere Hinweise
In bestehenden Klassenräumen kann es sinnvoll sein,
dreieckige oder trapezförmige Tische einzusetzen, die
auch als Sitzgruppen für 4 oder 6 Schülerinnen und
Schüler zusammengestellt werden können. Durch die
veränderte Tischgeometrie werden etwa 3 bis 4 m²
weniger Grundfläche beansprucht und eine deutlich
flexiblere Positionierung von Sitzgruppen im Raum
ermöglicht.
Sind die Tische mit Rollen ausgestattet, können schnell
und unkompliziert neue Raumkonzeptionen geschaffen
werden. Die dreieckigen Tische haben den Vorteil, dass
sie stapelbar sind und somit eine noch flexiblere Nutzung
des Raumes ermöglichen. Bei Verwendung nicht höhenverstellbarer Dreieckstische sollten Stühle mit unabhängig voneinander höhenverstellbaren Sitzflächen und
Fußauf lagen eingesetzt werden, um eine individuelle
Anpassung an die Schülergrößen zu gewährleisten. Ein
Nachteil von Dreieckstischen besteht darin, dass es
aufgrund der Tischgeometrie kaum möglich ist, zwei DINA4-Hefte, z. B. Schreibheft und Unterrichtsbuch, versetzt
übereinanderzulegen. Als Einzelarbeitstische sind diese
Tische deshalb weniger geeignet.
Im Hinblick auf eine ergonomische Sitzhaltung ist jedoch
die Höhenverstellung von Tisch und Stuhl zu bevorzugen.
Dadurch können die Füße der Schülerinnen und Schüler
auf dem Boden stehen, haben mehr Bewegungsfreiheit
und ein aktives dynamisches Sitzen wird ermöglicht. Auf
Fußablagen kann dann verzichtet werden. Die individuelle
Höhenverstellung der Tische hat allerdings den Nachteil,
dass bei Zusammenstellung unterschiedlich hoher Tische
zu Sitzgruppen keine durchgängig ebene Tischfläche
entsteht.
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Möblierung
02 | weitere Hinweise
Ergonomische Schulmöbel allein können durch das Sitzen
hervorgerufene körperliche Belastungen nicht verhindern. Auch optimales und normgerechtes Mobiliar kommt
nur mit einer gesundheitsbewussten Einstellung, mit
dynamischen Sitzweisen und alternativen Sitzformen
wirklich zur Geltung. Zur Vermittlung dynamischer Sitzweisen und alternativer Sitzformen können zeitweise
auch Sitzbälle eingesetzt werden.
Der ergonomisch wünschenswerte Schülerstuhl soll
über die richtige Sitzhöhe hinaus unterschiedliche
Sitzpositionen ermöglichen:
die mittlere Sitzposition als ideale, aufrechte
Lesehaltung
die rückwärtige Sitzposition als Ruhe- und
Zuhörhaltung
die vordere Sitzposition als Arbeitshaltung beim
Schreiben und Lesen
Erläuterungen zum Bild
A. Sitzhöhe: Das Kind muss mit beiden Füßen den
Boden vollständig berühren. Die Oberschenkel
müssen waagerecht auf der Sitzfläche aufliegen.
B. Sitztiefe: Kniekehle und Unterschenkelrückseite
dürfen die Vorderkante der Sitzfläche nicht
berühren.
C. Tischhöhe: Die Ellbogenspitze muss sich bei
herunterhängenden Armen in Tischplattenhöhe
befinden.
D. Beinfreiraum: Zwischen Tischunterbau und
Oberschenkel muss Bewegungsspielraum bleiben.
Folgende Tabelle gibt eine Orientierung für die Bereitstellung der Möbel nach der zurzeit gültigen Norm für
Tische und Stühle in Bildungseinrichtungen (DIN EN 17291).
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Möblierung
02 | weitere Hinweise
Zukunftsorientierte Merkmale
Während u. a. die Norm von 1981 (DIN ISO 5970) von
einer physiologisch richtigen Sitzhaltung ausgeht,
berücksichtigt die europäische Norm zu Tischen und
Stühlen (DIN EN 1729-1) daneben das dynamische Sitzen
durch unterschiedliche zulässige Sitzwinkel.
Darüber hinaus sind die Größenklassen für Schulmöbel
neu definiert und zusätzlich die Klasse 7 mit der Farbkennung „braun“ für sehr große Schüler eingeführt.
Werden keine höhenverstellbaren Tische eingesetzt,
sind für Schülerinnen und Schüler, die in einem Rollstuhl sitzen, Tische mit blauer Farbkennzeichnung
zu verwenden. Genügen Standardtische nicht, sind
Spezialtische in Absprache mit den Landschaftsverbänden einzusetzen.
Die folgenden Tabellen enthalten Maße für Stühle und
Tische der europäischen Norm DIN EN 1729-1 und der
zurzeit noch gültigen DIN ISO 5970 im Vergleich (auszugsweise, Maße in cm).
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Möblierung
03 | Quellen
UVV Schulen, GUV-V S1, § 11 Abs. 4
Richtig sitzen in der Schule, GUV-SI 8011
Schulbau – Bautechnische Anforderungen zur
Verhütung von Unfällen, DIN 58125
Möbel – Stühle und Tische in Bildungseinrichtungen,
DIN EN 1729
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Natürliche und künstliche Beleuchtung
01 | Informationen
Eine gute Beleuchtung wirkt sich positiv auf die visuelle
Wahrnehmung aus, fördert das Konzentrationsvermögen
und damit den Lernerfolg der Schülerinnen und Schüler.
Sie ist Voraussetzung, um z. B. Unterrichtstexte und
Arbeitsaufträge auch über längere Zeiträume gut lesen
und bearbeiten zu können. Eine gute Beleuchtungssituation in Lern- und Klassenräumen kann auch die
Kommunikation unter Lernenden und Lehrenden verbessern.
Eine gute Beleuchtung zeichnet sich durch einen ausgewogenen Mix von natürlicher und künstlicher Beleuchtung aus.
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Natürliche und künstliche Beleuchtung
01 | Informationen
Natürliche Beleuchtung
Tageslicht besitzt Qualitäten, die von künstlicher Beleuchtung kaum zu erreichen sind, z. B. die Dynamik,
Farbe und Menge des Lichts. Der positive Einfluss auf
die Gesundheit und das Befinden von Schülerinnen und
Schülern sowie Lehrkräften gilt dabei als gesichert. Tageslicht kann durch Fenster, Dachoberlichter und lichtdurchlässige Bauteile ins Gebäude gelangen. Fenster
ermöglichen zusätzlich die wichtige Sichtverbindung nach
außen. Eine ausreichende natürliche Beleuchtung erfolgt
in der Regel über entsprechend große Fensterflächen,
deren Verhältnis von lichtdurchlässiger Fläche zur Raumgrundfläche mindestens 1:10 und bei Rohbaumaßen
entsprechend 1:8 betragen muss. Mit der Entfernung vom
Fenster nimmt das vorhandene Tageslicht jedoch stark
ab. Mit lichtlenkenden Elementen kann für diese Bereiche
eine Verbesserung erzielt werden.
Neben den Vorteilen des Tageslichts können bei nicht
fachgerechter Planung und Ausführung jedoch auch
Nachteile eintreten. Blendung und übermäßige Erwärmung durch Sonneneinstrahlung müssen durch geeignete
Sonnenschutzvorrichtungen vermieden werden. Deshalb
sollten je nach Ausrichtung zur Himmelsrichtung Jalou-
Auch durch eine geeignete Anordnung der Tische kann
Blendung durch Tageslicht reduziert werden. Die Hauptblickrichtung sollte möglichst parallel zur Fensterfront
sein. Bei großer Außenhelligkeit wäre beim Blick zum
Fenster die Blendung sonst zu groß und beim Blick vom
Fenster weg würde man sich den Arbeitsplatz selbst
verschatten.
sien, Lamellenstores, Rollos, Sonnenschutzgläser oder
andere entsprechende Vorrichtungen zum Schutz gegen
die Sonne vorhanden sein. Diese müssen regelmäßig
gewartet und gereinigt werden. Vor übermäßiger Aufheizung der Räume durch Sonnenstrahlung schützen außen
liegende Sonnenschutzvorrichtungen besser als innen
liegende. Die Materialien der Verglasung und des
Sonnenschutzes sollten die spektrale Zusammensetzung
des einfallenden Tageslichts möglichst wenig verändern.
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Natürliche und künstliche Beleuchtung
01 | Informationen
Künstliche Beleuchtung
Da nicht zu jeder Zeit ausreichend Tageslicht zur Verfügung steht, muss es mit künstlicher Beleuchtung ergänzt
werden. Bei der Planung ist zu beachten, dass die Raumbeleuchtung bei unterschiedlichster Anordnung der
Tische und Stühle überall ausreichend gute Lichtbedingungen schaffen muss, auch an den Wänden. Die gleichmäßige Aufhellung des Raums ist wichtig, um bei wechselnden Blickrichtungen starke Helligkeitsunterschiede
zu vermeiden. Eine ständige Anpassung der Augen an
unterschiedliche Helligkeiten könnte sonst zu Augenermüdung und Verringerung der Konzentration führen.
Im gesamten Klassenraum sollte die mittlere horizontale
Beleuchtungsstärke in einer Höhe von 0,75 m über dem
Boden mindestens 300 Lux betragen und die mittlere
vertikale Beleuchtungsstärke in einer Höhe von 1,20 m
über dem Boden mindestens 100 Lux. Bei Neubau oder
Renovierung wird empfohlen, für die Beleuchtung aller
Unterrichtsräume Beleuchtungsstärken von mindestens
500 Lux horizontal und 175 Lux vertikal zugrunde zu
legen. Diese Werte werden für Fachunterrichtsräume und
Büroräume gefordert und die Sehanforderungen sind mit
denen im Klassenraum vergleichbar.
Schülerinnen und Schüler mit eingeschränktem
Sehvermögen und Lehrkräfte in höherem Alter
benötigen für die gleichen Sehleistungen höhere
Beleuchtungsstärken, z. B. 750 bis 1000 Lux. Dies
könnte auch durch Einsatz von individuellen Arbeitsplatzleuchten erreicht werden. Für die betroffenen
Schülerinnen und Schüler wird ebenfalls ein Platz in
Tafelnähe empfohlen.
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Natürliche und künstliche Beleuchtung
01 | Informationen
Künstliche Beleuchtung
Für eine gleichmäßige Aufhellung des Raumes sind
Leuchten mit indirekter Lichtverteilung gut geeignet.
Sie sorgen für einen freundlichen, angenehmen Raumeindruck und minimieren Reflexionen. Eine abgehängte,
reine Direktbeleuchtung ist zwar lichttechnisch effizienter, hat jedoch den Nachteil, dass die Raumdecke relativ
dunkel bleibt. Kombinierte Direkt-Indirekt-Systeme sind
deshalb besonders zu empfehlen. Für den Bereich der Wandtafel sollten getrennt schaltbare
Leuchten vorhanden sein. Die mittlere vertikale Beleuchtungsstärke sollte im Bereich der Tafel mindestens 500
Lux betragen, um auch von den hinteren Plätzen eine
optimale Erkennbarkeit zu gewährleisten. Bei Tafeln, die
aufgeklappt und nach oben verschoben werden können,
ist auf eine ausreichend große, gleichmäßig beleuchtete
Fläche zu achten. Dies ist ebenso wichtig bei variabel
angebrachten Tafelsystemen, Flipcharts oder Landkarten.
Um Reflexionen zu vermeiden, sollten gut abgeschirmte
Lichtquellen eingesetzt werden. Geeignet sind z. B.
asymmetrisch abstrahlende Leuchten in einem Abstand
von 0,85 bis 1,30 m von der Tafel.
Für die Sehleistung, die Behaglichkeit und das Wohlbefinden ist es wichtig, dass die Farben der Unterrichtsmaterialien und der Umgebung natürlich und wirklichkeitsgetreu wiedergegeben werden. Die Qualität der
Wiedergabe von Farben bei künstlicher Beleuchtung
wird durch den Farbwiedergabeindex festgelegt. Er kann
höchstens den Wert 100 annehmen, das wäre die beste
Die künstliche Beleuchtung kann manuell zuschaltbar
Qualität und identisch mit der Farbwiedergabe des natür-
oder automatisch und – falls erforderlich – auch dimmbar
lichen Tageslichts. In Klassenräumen sollten Lampen
ausgeführt werden. Aus Gründen der Energieeinsparung
mit einem Farbwiedergabeindex von mindestens 80
wird die Beleuchtung auch oft mit einer tageslichtab-
verwendet werden.
hängigen Steuerung ausgestattet oder präsenzabhängig
ausgeführt. In diesen Fällen ist darauf zu achten, dass der
gesamte Raum erfasst wird und dass die Präsenzmelder
beim Betreten des Raumes direkt ansprechen.
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Natürliche und künstliche Beleuchtung
01 | Informationen
Künstliche Beleuchtung
Für die Sehleistung, die Behaglichkeit und das Wohlbefinden ist es wichtig, dass die Farben der Unterrichtsmaterialien und der Umgebung natürlich und wirklichkeitsgetreu wiedergegeben werden. Die Qualität der
Wiedergabe von Farben bei künstlicher Beleuchtung
wird durch den Farbwiedergabeindex festgelegt. Er kann
höchstens den Wert 100 annehmen, das wäre die beste
Qualität und identisch mit der Farbwiedergabe des natürlichen Tageslichts. In Klassenräumen sollten Lampen mit
einem Farbwiedergabeindex von mindestens 80 verwendet werden.
Mindestwert der
Arbeitsräume, Arbeitsplätze, Tätigkeiten
horizon talen
Beleuchtungsstärke
Mindestwert
der
Farbwiedergabe
Bemerkungen
Index
vertikale Beleuchtungsstärke
≥ 100 lx
Unterrichtsräume in Grund- und weiterführenden Schulen
300 lx
80 Ra
Bei Neubau oder Renovierung
werden die Werte für Fachunterrichtsräume empfohlen.
Fachunterrichtsräume: naturwissenschaftlicher und
technischer Unterricht, Werken und textiles Gestalten,
500 lx
80 Ra
500 lx *
80 Ra
Lehrwerkstätten, Handarbeitsräume, Zeichensäle
Wandtafel
vertikale Beleuchtungsstärke
≥ 175 lx
* vertikal
Quelle: ASR A3.4 Beleuchtung
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Natürliche und künstliche Beleuchtung
02 | weitere Hinweise
Lichtfarbe von Lampen
Die Lichtfarben von Lampen werden entsprechend der
ähnlichsten Farbtemperatur in drei Gruppen eingeteilt:
warmweiß (< 3300 K)
neutralweiß (3300 bis 5300 K)
tageslichtweiß (> 5300 K)
Warmweißes Licht wird als gemütlich und behaglich empfunden, neutralweißes Licht erzeugt eine eher sachliche
Stimmung und tageslichtweißes kaltes Licht wird für Innenräume erst ab einer Beleuchtungsstärke von etwa
1000 Lux empfohlen. Für Klassenräume sind Lampen mit
der Lichtfarbe neutralweiß geeignet. Bei Leuchtstofflampen ist dies z. B. an dem Code 840 zu erkennen.
Lichtschalter
Lichtschalter sind leicht erreichbar und erkennbar in der
Nähe der Zu- und Ausgänge anzubringen. Sie sollten sich
in einer Höhe von 85 cm über Fußboden befinden, mindestens 50 cm von der Ecke entfernt sein und selbstleuchtend ausgeführt werden.
Lichtschalter sind nach dem Zwei-Sinne-Prinzip
erkennbar, wenn sie einen ausreichenden Kontrast
aufweisen und taktil erfassbar sind.
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Sichere Schule | Gesundheits- und lernförderndes Klassenzimmer
Natürliche und künstliche Beleuchtung
02 | weitere Hinweise
Reflexionsgrade im Raum
Um die Helligkeit im Raum gleichmäßig zu verteilen,
sollten auch die Reflexionsgrade großer Raumoberflächen
beachtet werden. Diese hängen im Wesentlichen von den
Farben ab. Die Decke sollte mit einem Reflexionsgrad von
0,7 bis 0,9 am hellsten sein, z. B. weiß. Für die Wände
sind helle Pastelltöne mit einem Reflexionsgrad von 0,5
bis 0,8 geeignet. Dabei sollte das Umfeld von Whiteboards nicht zu dunkel und das von schwarzen oder
grünen Wandtafeln nicht zu hell sein, um Augenermüdung durch Adaptation an große Helligkeitsunterschiede
zu vermeiden. Für den Fußboden wird ein Reflexionsgrad
von 0,2 bis 0,4 empfohlen, er kann also etwas dunkler
sein, z. B. grau, blau oder braun. Für Tischflächen und
Möbel kann der Reflexionsgrad zwischen 0,2 und 0,7
liegen, hier ist die Spannweite möglicher Farben am
größten.
Wartung
Der Lichtstrom der Lampen nimmt über die Betriebsdauer durch Alterung und Verschmutzung ab, dadurch
verringert sich auch die Beleuchtungsstärke im Raum.
Deshalb muss die Beleuchtungsanlage regelmäßig
gewartet und gegebenenfalls instand gesetzt werden.
Auch die Renovierung des Raumes kann zu besseren
Beleuchtungsbedingungen beitragen. Ein Wartungsplan,
der das Intervall und die Methode für die Reinigung der
Lampen und Leuchten sowie das Intervall für den
Lampenwechsel enthalten muss, ist vom Planer zu
erstellen. Grundsätzlich wird eine jährliche Leuchtenreinigung empfohlen.
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Sichere Schule | Gesundheits- und lernförderndes Klassenzimmer
Natürliche und künstliche Beleuchtung
02 | weitere Hinweise
Lichtszenen durch Steuerung
Neueste Studien belegen, dass Licht nicht nur zum Sehen
benötigt wird, sondern dass es auch andere biologische
Prozesse im menschlichen Körper beeinflusst. Dafür sind
insbesondere die Beleuchtungsstärke und das Spektrum
des Lichts von Bedeutung. Licht mit hoher Beleuchtungsstärke und großem Blauanteil im Spektrum kann helfen,
Ermüdungserscheinungen entgegenzuwirken. Diese
aktivierende Wirkung kann tagsüber am besten durch
ausreichendes Tageslicht im Klassenraum erzielt werden.
Licht mit geringeren Beleuchtungsstärken und weniger
Blauanteil kann hingegen zur Entspannung und Beruhigung beitragen.
Mit Lichtsteuerungssystemen ist es möglich, für die
künstliche Beleuchtung von Klassenräumen unterschiedliche Lichtstimmungen zu programmieren. Die
Lichtszenen sollten dabei auf verschiedene Unterrichtssituationen abgestimmt sein und sich je nach Bedarf
einfach „durch Knopfdruck“ abrufen lassen. Lichtszenen
mit tageslichtweißem Licht und einer höheren Beleuchtungsstärke von etwa 1000 Lux wirken dabei eher aktivie-
Beim Einsatz eines in der Helligkeit und insbesondere der
Farbtemperatur variabel steuerbaren Lichts sollte aber in
jedem Fall die Farbgestaltung des Raumes mit berücksichtigt werden, um störende Farbverfälschungen durch
die höheren Rot- oder Blauanteile im Licht zu vermeiden.
rend und können für gewisse Aufgaben die Konzentration
Aus diesem Grund sollten nicht nur für die Lichtplanung,
fördern. Im Gegensatz dazu könnte eine „entspannende
sondern auch für die Farbgestaltung Fachplaner hinzuge-
und beruhigend wirkende“ Lichtszene mit warmweißem
zogen werden, die beides optimal aufeinander abstimmen
Licht und einer geringeren Beleuchtungsstärke von etwa
können.
300 Lux z. B. für Gesprächsrunden genutzt werden. Zur
Grundbeleuchtung des Raumes ist eher eine neutrale
Lichtstimmung mit neutralweißem Licht und 500 Lux
geeignet.
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Sichere Schule | Gesundheits- und lernförderndes Klassenzimmer
Natürliche und künstliche Beleuchtung
03 | Quellen
Tageslicht am Arbeitsplatz – leistungsfördernd und
gesund, BGI/GUV-I 7007
Sonnenschutz im Büro, BGI-827
Beleuchtung im Büro, BGI-856
Bauordnung für das Land Nordrhein-Westfalen –
Landesbauordnung – (BauO NRW), § 48
Technische Regeln für Arbeitsstätten, Beleuchtung,
ASR A3.4
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Sichere Schule | Gesundheits- und lernförderndes Klassenzimmer
Raumgröße und flexible Raumnutzung
01 | Informationen
Schülerinnen, Schüler und Lehrkräfte verbringen in der
Schule etwa 70 bis 80 Prozent ihrer Zeit in den Klassenräumen. Deshalb ist es wichtig, dass hier ausreichend
Platz zur Verfügung steht. Angaben zum Platz- und/oder
Luftraumbedarf für allgemeine Unterrichtsräume sind als
verbindliche Kenngrößen in den landesspezifischen
Schulgesetzen, Schulbauverordnungen oder Schulbaurichtlinien allerdings nur an sehr wenigen Stellen zu
finden. Eine Differenzierung z. B. nach Altersstufen,
speziellen Fachräumen oder pädagogischen Konzepten
fand sich bis Ende 2011 in Nordrhein-Westfalen. So
sollten an Grundschulen 2,5 m² und an Förderschulen
teilweise bis 3,0 m² Grundfläche je Schülerin oder Schüler
vorgesehen werden. In den im März 2012 erschienenen „Materialien zum
Schulbau“ des Schulministeriums in NRW werden jedoch
nur noch pauschale Orientierungsgrößen für schulisch
genutzte Flächen aufgeführt. Sie liegen zwischen 4,4 m²
und 5,8 m². Darin sind jedoch nicht die Flächen für Sporthallen und Fachräume enthalten. Sie lassen nun eine
flexiblere Planung zu und können so an die veränderten
Anforderungen im Schulbau besser angepasst werden.
Der in der Fachliteratur für den Schulbau verwendete
Planungswert von 2 m² pro Schülerin oder Schüler ist
bezogen auf die heutigen Bedürfnisse auf jeden Fall
als zu gering anzusehen.
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Sichere Schule | Gesundheits- und lernförderndes Klassenzimmer
Raumgröße und flexible Raumnutzung
01 | Informationen
Mehr Freiraum im Klassenzimmer
Die Orientierung an einem Flächenwert pro Schülerin oder
Schüler sagt nicht aus, wie viel Freiraum ihnen im Klassenzimmer zur Verfügung steht. Der Flächenbedarf ergibt
sich letztlich aus der Nutzung und der damit verbundenen
Flächenbedarfe. So sind z. B. Flächen für Garderoben, Einrichtungsmobiliar, zusätzliche Medienarbeitsplätze
oder Leseecken einzuplanen. Erst der darüber hinausgehende freie Raum im Klassenzimmer ist letztlich ein
Qualitätsfaktor für eine „Gute gesunde Schule“ und
entscheidend hinsichtlich konzeptioneller Nutzung
und gestalterischer Vielfalt.
Bei der Frage, welches Inventar in bestehenden Klassenräumen tatsächlich benötigt wird, sollte der freie Raum
als grundlegender Qualitätsmaßstab herangezogen
werden. Tische, Stühle und Tafelsysteme sind sicher
unverzichtbar, aber schon die Ausstattung mit anderem
Mobiliar (z. B. Schränke, Regale, Garderoben) ist sorgsam
zu überlegen. Vielleicht kann es auch außerhalb platziert
oder sogar gänzlich weggelassen werden. Dafür müssen
jedoch an anderer, gut erreichbarer Stelle, Kapazitäten
bereitstehen, um z. B. Garderoben oder Schülerschränke
einrichten zu können. Das wiederum erfordert eine
geschickte Nutzung aller möglichen Grundflächenressourcen in Fluren, Nischen und Nebenräumen –
natürlich unter Einhaltung der Brandschutzanforderungen.
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Sichere Schule | Gesundheits- und lernförderndes Klassenzimmer
Raumgröße und flexible Raumnutzung
01 | Informationen
Platzgewinn durch andere Schultischgeometrie
Bei der Auswahl des Tisch- und Stuhlmobiliars sind Veränderungen möglich, die im Sinne von mehr freiem Platzangebot zu lernförderlichen Raumbedingungen führen.
Die heute üblichen Schüler-Doppeltische (Abmessungen
120 x 50 cm bzw. 120 x 60 cm) nehmen bei einer Klassengröße von 30 Schülern eine Grundfläche von 9 bis 11 m²
ein. Sind die Tische in Reihen angeordnet, werden einschließlich der Stühle sogar 25 bis 27 m benötigt. Durch
die Verwendung von dreieckigen oder trapezförmigen
Tischen können Sitzgruppen für 4 oder 6 Schüler zusammengestellt werden. Dadurch werden etwa 3 bis 4 m²
weniger Grundfläche beansprucht und eine deutlich
flexiblere Positionierung von Sitzgruppen im Raum
ermöglicht.
Sind die Tische mit Rollen ausgestattet, können schnell
und unkompliziert neue Raumkonzeptionen geschaffen
werden. Auch fahrbare Regale, Schränke und Medienpulte lassen sich leicht im Klassenraum verschieben,
um Platz oder Raumtrennungen für andere Lehr- und
Lernformen, z. B. Gruppenarbeit, zu erhalten. Weitere
Hinweise zum Einsatz dreieckiger oder trapezförmiger
Tische sind unter Möblierung zu finden.
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Sichere Schule | Gesundheits- und lernförderndes Klassenzimmer
Raumgröße und flexible Raumnutzung
01 | Informationen
Flexibilität der Mediensysteme
In einem solchen Umfeld verändert sich auch die zentrale
Position der Schultafel in ihrer traditionellen Funktion für
den Frontalunterricht zugunsten anderer Unterrichtselemente. So könnten z. B. die gesamten Wandflächen
eines Klassenraums über schienengeführte Systeme
multifunktional eingebunden und genutzt werden.
Auch der künftige Einsatz multimedialer und interaktiver
Systeme, z. B. „Active-boards“, wird den bisherigen Ausstattungsstandard mit Schultafeln maßgeblich verändern.
Dadurch erweitern sich die Bewegungsspielräume und
ermöglichen aufgrund der variablen Medienangebote
ganz unterschiedliche Lernstile und Sozialformen. Der
klassische Unterrichtsraum wird zum Ausgangspunkt
einer gesundheitsförderlichen Lernumgebung im
Sinne einer guten und gesunden Schule.
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Sichere Schule | Gesundheits- und lernförderndes Klassenzimmer
Raumgröße und flexible Raumnutzung
01 | Informationen
Raumgewinn durch flexible „Lernlandschaften“
Für die Innenraumgestaltung mit flexiblem Mobiliar und
Tafelsystemen spricht nicht nur die konzeptionelle Ausrichtung als multifunktionale „Lernlandschaft“. Auch die
vorhandene Fläche kann geschickter genutzt werden und
schafft im Zusammenspiel mit den neuen Gestaltungselementen mehr Bewegungsraum. Obwohl die eigentliche
Grundfläche unverändert bleibt, erscheint das Klassenzimmer größer.
Dieses Ausstattungskonzept ist nicht nur für Schulbauten
mit neuen Unterrichtsräumen geeignet, sondern eröffnet
auch für die raumgestalterische und „raumgewinnende“
Sanierung älterer Klassenzimmer ganz neue Perspektiven, die sich in aller Regel ohne aufwändige bauliche
Maßnahmen realisieren lassen.
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Sichere Schule | Gesundheits- und lernförderndes Klassenzimmer
Raumgröße und flexible Raumnutzung
01 | Informationen
Unverzichtbare Ausgangsvoraussetzungen
Bei aller Vielfalt an Möglichkeiten zur Raumgestaltung
müssen grundlegende Bedingungen für Raumgröße und
Luftraum erfüllt sein. Die in der Fachliteratur und in Verordnungen genannten Richtwerte von 2 m² Grundfläche
und 6 m³ Luftraum pro Schüler oder Schülerin stellen
zwar eine Basis für den allgemeinen Unterrichtsraum dar,
sie muss aber auch bezogen auf die geänderten Anforderungen und auf mögliche Klassenstärken gesehen
werden.
Da bei einem Flächenwert von 2 m „freie“ Platzreserven
kaum vorhanden sind, empfiehlt die gesetzliche Schülerunfallversicherung, jedem Kind eine Grundfläche von
mindestens 2,5 m zuzubilligen oder die für die neuen
Lernformen erforderlichen zusätzlichen Flächen in nahegelegenen Nebenräumen, die den Klassenräumen zugeordnet sind, zur Verfügung zu stellen. Die Größe der
Unterrichtsräume sollte sich auch immer auf die maximale Höchstbelegung mit Schülerinnen und Schülern
beziehen.
Gerade in Grundschulen werden gerne Leseecken,
Schränke mit umfangreichen Lernmaterialien oder einzelne PC-Arbeitsplätze im Klassenraum eingerichtet, weil
im Schulgebäude hierfür keine geeigneten Räume zur
Verfügung stehen. Das Flächenangebot in den einzelnen
Unterrichtsräumen steht somit in direkter Beziehung zum
gesamten Raumangebot in der Schule.
Darüber hinaus kann ein zusätzlicher Platzbedarf erforderlich werden für Schülerinnen und Schüler mit körperlicher Beeinträchtigung, wie z. B. Rollstuhlfahrer oder
Schülerinnen und Schüler mit Förderbedarf aufgrund
körperlicher oder geistiger Beeinträchtigung.
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Sichere Schule | Gesundheits- und lernförderndes Klassenzimmer
Raumgröße und flexible Raumnutzung
02 | weitere Hinweise
Räume flexibler nutzen und gestalten – die „Fraktale
Schule“
Die „Fraktale Schule“ ist ein aus Skandinavien stammendes Lernraumkonzept. Bei der baulichen Planung werden
vor allem Unterrichtsformen berücksichtigt, die bewegtes
und lebendiges Lernen sowie gemeinsames Arbeiten in
kleinen Gruppen ermöglichen. Die bisher vorherrschende
rechteckige Raumstruktur von Klassenzimmern wird von
konzentrischen bzw. wabenformähnlichen Räumen mit
Lernnischen abgelöst.
Durch die Gestaltung mit Fensterelementen bietet jede
dieser Lerneinheiten eine hohe Transparenz und Offenheit. Gleichzeitig ermöglicht diese Anordnung auch –
unter anderem in akustischer Hinsicht – ungestörte
Kommunikation in der Gruppe. Die großzügige Gestaltung
der Lernräume erlaubt Einzel-, Partner- oder Gruppenarbeiten ebenso wie Kreisgespräche und multimediale
Präsentationen.
Für eine optimale Gestaltung dieser Räume ist neben der
veränderten Raumgeometrie jedoch eine Grundfläche von
etwa 85 m² je Klassenraum erforderlich. Neben der alternativen Gestaltung der Lernräume bietet die fraktale
Schule zusätzlich unterschiedliche Multifunktionszonen
an. Neben Selbstlernzentren mit Medienecken, Foren für
Vorträge oder Vorführungen wird auch ein ansprechend
gestalteter Teamraum mit Transparenz und Rückzugsnischen für die Lehrkräfte in die Schularchitektur
integriert.
Das 2007 realisierte Neubauprojekt dient bereits als
Vorbild für erste Altumbauten. Pläne und Abbildungen
siehe unter: www.fraktale-schule.de
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Sichere Schule | Gesundheits- und lernförderndes Klassenzimmer
Raumgröße und flexible Raumnutzung
03 | Quellen
UVV Schulen, GUV-V S1
Materialien für den Schulbau
W. Buddensiek: Lernräume als gesundheits- und
kommunikationsfördernde Lebensräume gestalten
www.fraktale-schule.de
Veröffentlichungen
K. Doberer: Das flexible Klassenzimmer,
Sonderdruck aus Schularchitektur und neue
Lernkultur, S. 148 -158
J. Watschinger, J. Kühebacher: Schularchitektur und
neue Lernkultur
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Sichere Schule | Gesundheits- und lernförderndes Klassenzimmer
Raumluftqualität und Raumklima
01 | Informationen
Eine gute Raumluftqualität und ein gutes Raumklima
tragen wesentlich zum Wohlbefinden und zur Gesundheit
der Schülerinnen und Schüler in Klassenräumen bei. Dazu
ist eine ausreichende Lüftung notwendig, durch die der
Unterrichtsraum mit Frischluft versorgt wird und Ausdünstungen von Menschen und aus Materialien sowie
Wärme- und Feuchtelasten abgeführt werden.
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Sichere Schule | Gesundheits- und lernförderndes Klassenzimmer
Raumluftqualität und Raumklima
01 | Informationen
Raumluftqualität
Einen Hinweis auf die Raumluftqualität liefert die Konzentration an Kohlenstoffdioxid (CO2). Die Hauptquelle an
CO2 ist die Atemluft des Menschen. Untersuchungen
haben gezeigt, dass hohe CO2-Konzentrationen in der
Raumluft zu Konzentrationsschwierigkeiten und Müdigkeit führen können. Bereits im Jahr 1858 hat Max von
Pettenkofer erkannt, dass eine CO2-Konzentration unter
1000 ppm „die Gesundheit unserer Jugend wesentlich
stärken“ würde. Heute ist diese Zahl als Pettenkofer-Zahl
bekannt.
Das Umweltbundesamt hat im „Leitfaden für die Innenraumhygiene in Schulgebäuden“ Leitwerte für die CO2Konzentration festgelegt:
CO2Konzen-
hygienische
tration
Bewertung
Empfehlung
[ppm]
< 1000
hygienisch
unbedenklich
keine weiteren Maßnahmen
Lüftungsmaßnahmen intensi-
1000 – 2000
hygienisch
auffällig
vieren (Außenluftvolumenstrom
bzw. Luftwechsel erhöhen)
Lüftungsverhalten überprüfen und
verbessern
> 2000
hygienisch
inakzeptabel
Belüftbarkeit des Raumes prüfen
ggf. weitergehende Maßnahmen
prüfen
Diese Werte sind auch in der Technischen Regel für
Arbeitsstätten (ASR A3.6) „Lüftung“ aufgeführt. Eine CO2Konzentration von 1500 ppm gilt in Klassenräumen als
akzeptabel; Ziel sollte jedoch immer eine CO2Konzentration unter 1000 ppm sein.
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Sichere Schule | Gesundheits- und lernförderndes Klassenzimmer
Raumluftqualität und Raumklima
01 | Informationen
Raumklima
Das Raumklima wird im Wesentlichen durch die Raumtemperatur, Luftgeschwindigkeit und Luftfeuchte beeinflusst. Die Raumtemperatur sollte mindestens 20 °C und
maximal 26 °C betragen. Angenehm wird eine Temperatur
zwischen 20 °C und 22 °C empfunden. Um ein übermäßiges Aufheizen des Klassenraumes durch Sonneneinstrahlung zu minimieren, sollte an den Fenstern eine
geeignete Außenbeschattung installiert werden.
Zugluft kann zu Unbehaglichkeitsempfinden bei Personen
führen. Zur Vermeidung von Zugluft werden Luftgeschwindigkeiten bis 0,15 m/s empfohlen. Die Luftfeuchte
sollte idealerweise zwischen 30 und 55 Prozent liegen.
Hohe relative Luftfeuchten über 65 Prozent (bei ca. 23 °C)
sind zu vermeiden, da dadurch Schimmelbildung
begünstigt werden kann.
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Sichere Schule | Gesundheits- und lernförderndes Klassenzimmer
Raumluftqualität und Raumklima
01 | Informationen
Lüftung
Die Lüftung von Klassenräumen kann über Fensterlüftung
oder über mechanische Lüftungssysteme erfolgen. Der
Außenluftvolumenstrom sollte in Klassenräumen entsprechend der DIN EN 15251 „Eingangsparameter für
das Raumklima“ bei 17 – 30 m³/h je Schüler liegen.
Ein kurzzeitiges Lüften über gekippte Fenster ist wenig
effektiv; eine andauernde Kipplüftung führt insbesondere
im Winter wegen der entweichenden Wärme zu erhöhten
Energieverlusten. Für eine effektive Lüftung sind Fenster
und nach Möglichkeit auch Türen weit zu öffnen (Stoßlüftung, Querlüftung). Dabei genügen bereits wenige
Minuten für einen ausreichenden Luftaustausch. Es ist
vor und nach jeder Unterrichtsstunde und am besten
auch in der Mitte der Unterrichtsstunde zu lüften. Eine
sinnvolle Ergänzung zur Beurteilung der Luftqualität
bieten Luftgüteampeln. Sie zeigen den Nutzern an, wann
die CO2-Konzentration zu hoch und Lüften notwendig ist.
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Sichere Schule | Gesundheits- und lernförderndes Klassenzimmer
Raumluftqualität und Raumklima
01 | Informationen
Lüftung
Ein Problem ist, dass je nach Lage der Schule die Fenster
aufgrund hoher Lärmbelastung und Luftverschmutzung
im Außenbereich nicht geöffnet werden können. Da die
Fenster zur Vermeidung von Unfällen oft abschließbar
ausgeführt und somit nicht vollständig geöffnet oder
nur gekippt werden können, führt dies bei den Lehrkräften zu einem erhöhten organisatorischen Aufwand,
der dazu führen kann, dass auch dadurch eine ausreichende Frischluftversorgung unter Umständen
nicht gewährleistet wird.
Eine Alternative bieten mechanische Lüftungssysteme.
Sie gewährleisten durchgehend einen ausreichenden
Luftaustausch. Es kann zwischen dezentralen und zentralen Lüftungssystemen unterschieden werden. Dezentrale
Lüftungssysteme bieten sich für die Nachrüstung von
bestehenden Schulen an. Bei Neubau oder Sanierung
einer Schule kommen eher zentrale Lüftungssysteme
in Betracht. Unabhängig vom System ist eine regelmäßige
Wartung mindestens einmal jährlich Pflicht.
Aus energetischer Sicht ist eine Wärmerückgewinnung zu
empfehlen. Lüftungssysteme verursachen Geräusche, die
aber nicht zu einer Lärmbelastung führen dürfen. Als
Regelungsgröße für die Frischluftmenge bietet sich in
Klassenräumen die CO2-Konzentration an. Mechanische
Lüftungssysteme haben darüber hinaus den Vorteil, dass
sie auch Wärmelasten abführen können; dies ist gerade
bei energetisch sanierten Gebäuden wichtig, da die sich
in einem Raum aufhaltenden Personen, üblicherweise bis
zu 30 Schülerinnen und Schüler, mit einer „Wärmeleistung“ von jeweils 80 bis 120 W mehr Wärme produzieren, als der Raum aufgrund seiner bauphysikalischen
Struktur benötigt.
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Sichere Schule | Gesundheits- und lernförderndes Klassenzimmer
Raumluftqualität und Raumklima
02 | weitere Hinweise
Lüftungssysteme
Bei zentralen Lüftungssystemen versorgt ein Lüftungsgerät zentral mehrere Räume oder ein gesamtes Gebäude
über ein Luftleitungssystem mit aufbereiteter Außenluft.
In den Räumen sind nur Zu- und Abluftdurchlässe vorhanden.
Bei dezentralen Lüftungssystemen ist das Lüftungsgerät
ein komplettes System in einer Einheit, das im Klassenraum installiert wird. Je nach Leistung und Klassengröße
sind ein oder mehrere Geräte pro Klassenraum notwendig. Es gibt verschiedene Bauformen, die nach den
jeweiligen Anforderungen ausgewählt werden können.
Brüstungsgeräte werden unterhalb der Fenster
aufgestellt.
Wandgeräte befinden sich an einer Außenwand des
Klassenraums, während Deckengeräte unterhalb der
Decke montiert werden. Brüstungs- und Deckengeräte
können gut durch eine Brüstungsverkleidung oder eine
abgehängte Decke „versteckt“ werden. Wandgeräte gibt
es z. B. in Form von Schränken, die sich in das Klassenzimmerbild integrieren lassen. Brüstungsgeräte sind auch
oberhalb der Brüstung neben bestehenden Fenstern bzw.
im Austausch für ein Fensterelement möglich. Hierbei ist
zu beachten, dass die Zu- und Abluftöffnungen nicht
durch außen liegende Verschattungselemente verdeckt
werden und die zur Belichtung erforderliche Fensterfläche
nicht unterschritten wird.
In der nachfolgenden Tabelle sind einige Merkmale von
zentralen und dezentralen Lüftungssystemen vergleichend gegenübergestellt.
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Sichere Schule | Gesundheits- und lernförderndes Klassenzimmer
Raumluftqualität und Raumklima
02 | weitere Hinweise
Lüftungssysteme
Merkmal
zentral
dezentral
Planungsaufwand
hoch
gering
baulicher Aufwand
hoch
gering
Fassadeneingriff
gering
hoch
Platzbedarf
Luftverteilsystem
hoch
(eigener Raum)
verzweigt
mittel
einfach
während
Zugänglichkeit
einfach
Schulbetrieb
nicht möglich
Wartungsaufwand
Aufwand Brandschutz
mittel (ein Gerät +
Rohrleitungen)
hoch (viele Geräte)
hoch
gering
zentrale, komplexe
individuell je
Regelung
Raum
Lüftkühlung/Erhitzung
möglich
möglich
Luftfilterung
möglich
möglich
Wärmerückgewinnung
möglich
möglich
Regelung (z. B. CO2)
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Sichere Schule | Gesundheits- und lernförderndes Klassenzimmer
Raumluftqualität und Raumklima
02 | weitere Hinweise
Luftgüteampeln
Luftgüteampeln, auch CO2-Ampeln genannt, besitzen
einen CO2-Sensor und messen stetig die CO2-Konzentration im Raum. Wie bei einer Ampel wird optisch die
Überschreitung von bestimmten CO2-Werten angezeigt.
Bei grüner Anzeige ist die CO2-Konzentration im Klassenraum niedrig und somit in Ordnung, bei gelber Anzeige sollte gelüftet werden und bei roter Anzeige ist die
CO2-Konzentration hoch und es muss dringend gelüftet
werden. Die CO2-Ampel sollte nicht direkt neben Fenstern oder Türen aufgestellt werden und auch nicht in
unmittelbarer Nähe zu Personen. Im ersten Fall kann
eine zu niedrige Konzentration und im zweiten Fall
eine zu hohe Konzentration gemessen werden.
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Sichere Schule | Gesundheits- und lernförderndes Klassenzimmer
Raumluftqualität und Raumklima
03 | Quellen
Innenraumarbeitsplätze – Vorgehensempfehlung für
die Ermittlung zum Arbeitsumfeld, BGIA
Raumtemperatur, Technische Regel für
Arbeitsstätten, ASR A3.5
Technische Regel für Arbeitsstätten, Lüftung, ASR
A3.6
Eingangsparameter für das Raumklima zur Auslegung
und Bewertung der Energieeffizienz von Gebäuden,
DIN EN 15251
Ergonomie der thermischen Umgebung, DIN EN ISO
7730
Lüftung von Schulen, FGK Status-Report 22
Umwelt & Gesundheit, Leitfaden für die
Innenraumhygiene in Schulgebäuden
Gesunde Luft in Schulen – VOC- und
Aldehydkonzentrationen
in beschwerdefreien Klassenräumen
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Tafelsysteme
01 | Informationen
Die veränderten pädagogischen Konzepte vieler Schulen
führen in den letzten Jahren auch zwangsläufig zu Veränderungen in der Raumgestaltung und Auswahl der
Möblierung. Die Reduzierung des Frontalunterrichts
sowie mehr Einsatz von Gruppenarbeit und die stärkere
Ausrichtung auf eine individuelle Förderung der Schülerinnen und Schüler haben zur Folge, dass flexible Lernlandschaften gewünscht werden und eine flexible
Raumnutzung erforderlich wird. Somit verliert auch die
klassische Wandtafel mehr und mehr ihre Bedeutung.
Fahrbare interaktive Tafeln sowie verschiebbare und
abnehmbare Wandtafelsysteme halten Einzug in die
Klassenräume.
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Tafelsysteme
01 | Informationen
Flexible Tafelsysteme
Flexible Tafelsysteme basieren auf einem Schienensystem, welches in unterschiedlichen Höhen an mehreren
Wänden des Klassenraums montiert werden kann. In
diese Schienen werden Tafelelemente eingehängt, die auf
der Vorder- und Rückseite unterschiedliche Oberflächen
aufweisen können. Hierzu zählen z. B. klassische grüne
Kreideoberflächen, Weißwandtafeln oder Elemente,
die als Pinnwand genutzt werden können.
Außerdem können Projektionsflächen, Flipcharts oder
Pylonentafeln in die Schienen eingehängt werden. Je
nach Größe lassen sich die Elemente leicht von den
Schienen abnehmen und für Gruppenarbeiten einsetzen
oder für andere Präsentationen nutzen. Sie unterstützen
somit die unterschiedlichen Unterrichtsformen, die von
den Lehrkräften bedarfsgerecht eingesetzt werden
können.
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Tafelsysteme
01 | Informationen
Interaktive Whiteboards
Ein interaktives Whiteboard besteht aus drei Einheiten:
der Tafel, einem Computer und einem Beamer. Dadurch
können Daten vom Computer über den Beamer auf die
Tafel projiziert werden. Mittels einer speziellen Software
können die Daten dann auf der Tafeloberfläche bearbeitet
werden.
Das Whiteboard kann an der Wand oder auf einem fahrbaren Gestell montiert sein. Die fahrbaren Whiteboards
haben den Vorteil, dass sie in mehreren Klassenräumen
einer Etage nach Bedarf einsetzbar sind. Dies bietet sich
dann an, wenn nicht alle Klassenräume gleichzeitig mit
den neuen Tafeln ausgestattet werden.
Es gibt zwei unterschiedliche Arten von Whiteboards. Das
„harte“ Whiteboard (elektromagnetisches System) hat
eine feste Oberfläche und die Dateneingabe erfolgt mit
einem speziellen Stift. Dieser Stift überträgt die Daten
per Funksystem an den Computer und somit auf das
Whiteboard. Zudem kann auf dieser Oberfläche auch
noch mit nicht permanenten Whiteboardstiften geschrieben werden.
Das „weiche“ Whiteboard (resistives System) hat durch
ein mehrlagiges Luftpolstersystem eine weiche Oberfläche. Diese ist berührungsempfindlich und Daten
können z. B. direkt mit dem Finger bearbeitet werden.
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Tafelsysteme
01 | Informationen
Interaktive Whiteboards
Die meisten Hersteller von interaktiven Whiteboards
bieten auch eine passende Software an. Es ist zu beachten, dass die Systeme verschiedener Hersteller oft nicht
miteinander kompatibel sind. Der Beamer kann direkt an
dem Whiteboard installiert sein oder im Raum aufgestellt
werden. Der Vorteil eines fest installierten NahdistanzBeamers ist, dass es bei Arbeiten an der Tafel keinen
störenden Schattenwurf gibt.
Grundsätzlich sind Prüffristen zur Gewährleistung
der elektrischen Sicherheit einzuhalten. Bei ortsveränderlichen elektrischen Betriebsmitteln beträgt die
Empfehlung für Prüffristen ein Jahr. Weitere Hinweise zu
Prüffristen und Anforderungen an die Prüfer finden sich
in der Informationsschrift Prüfung ortsveränderlicher
elektrischer Betriebsmittel. Beim Aufstellen fahrbarer
Whiteboards dürfen die Anschlusskabel keine Stolperstellen bilden.
Um interaktive Whiteboards im Unterricht sinnvoll und
effektiv einsetzen zu können, sollten Lehrerinnen und
Lehrer vorher im Umgang mit den Whiteboards geschult
werden. Die meisten Hersteller bieten solche Schulungen
an.
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Tafelsysteme
02 | weitere Hinweise
Schultafeln
Schultafeln müssen sicher aufgestellt werden und regelmäßig gewartet werden, damit Verschleißerscheinungen,
wie beispielsweise die Lockerung von Verbindungselementen, rechtzeitig erkannt werden und Unfälle durch
Umstürzen der Tafel bzw. von Tafelelementen vermieden
werden.
Bei Wandtafeln (wandbefestigt) ist häufig die Leichtbauweise von Wänden eine Unfallursache, da eine anforderungsgemäße Tafelbefestigung materialbedingt erschwert
wird. Hier sind ergänzende technische Maßnahmen
notwendig.
Standtafeln mit Klappflügeln können infolge nicht
bestimmungsgemäßer Benutzung – z. B. Hangeln an
geöffneten Flügeln – umstürzen. Da durch Aufsichtsmaßnahmen allein eine zweckfremde Nutzung nicht immer
auszuschließen ist, müssen Standtafeln mit einer zusätzlichen Verankerung gegen Kippen gesichert sein.
Ortsbewegliche Klapp-Schiebe-Tafeln dürfen nur verwendet werden, wo missbräuchliche Benutzung durch Kinder
und Jugendliche auszuschließen ist.
Die Ablage für Schwamm und Kreide sollte an Kanten und
Ecken gerundet sein.
Bei der Aufstellung und beim Einsatz von Tafeln ist
darauf zu achten, dass das Schreiben in der obersten
Zeile auch im Sitzen möglich ist. So können auch
diejenigen in den Unterricht integriert werden,
die eine Verletzung oder Behinderung haben.
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Tafelsysteme
02 | weitere Hinweise
Schultafeln
Schultafeln sind regelmäßig durch befähigte Personen zu
prüfen und instand zu setzen. Dies sollte auch dokumentiert werden. Hilfe zur Umsetzung dieser Vorgaben befindet sich in der Schrift „Sichere Schultafeln“.
Als sicher gestaltet, befestigt und aufgestellt gelten
Schultafeln, wenn
Verleimungen an Holzrahmen und Eckverbindungen
nicht gelöst sind. Soweit sich Verleimungen an Eckverbindungen gelöst haben sollten, sind diese auszubauen, zu ersetzen und zu verstärken, z. B. durch
Winkeleisen.
tragende Verbindungselemente aus Kunststoff keine
Risse aufweisen. Kunststoffe können aufgrund von
Alterung ihre Festigkeit verlieren. Es wird empfohlen
zu prüfen, ob derartige Kunststoffbeschläge vorhanden sind.
mechanische Bestandteile, wie Seile, Ketten,
Umlenkwellen nicht beschädigt sind und leicht gängig sind.
die Standsicherheit von frei stehenden bzw. ortsbeweglichen Klapp-Schiebe-Tafeln gewährleistet ist.
ortsbewegliche Klapp-Schiebe-Tafeln, die nicht am
Boden montiert sind, beim Einwirken einer Kraft von
750 N am Ende des um 90° ausgeklappten Flügels nicht kippen. Wenn jedoch zwei Schüler an den
ausgeklappten Flügeln „Karussell“ spielen, reicht
auch diese Standsicherheit nicht aus. Es wird
deshalb empfohlen, grundsätzlich die frei stehenden
Klapp-Schiebe-Tafeln in Schulen zusätzlich gegen
Umkippen zu sichern.
Wandbefestigungen (Dübel) bei Klapp-Schiebe-Tafeln
nicht gelockert sind. Die sichere Aufhängung wird
durch zwei Personen geprüft. Während eine Person
kräftig am oberen Tafelrand rüttelt, beobachtet die
zweite Person die durch die Tafelflächen verdeckten
Befestigungen. Gegebenenfalls sind Holzschraubenverbindungen durch geschraubte, gesicherte, z. B.
selbstsichernde Muttern zu ersetzen.
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Tafelsysteme
03 | Quellen
UVV Schulen, GUV-V S1, § 11 Abs. 3
Sichere Schultafeln, GUV-SI 8016
Prüfung ortsveränderlicher elektrischer
Betriebsmittel, GUV-I 8524
UVV Elektrische Anlagen und Betriebsmittel, GUVV A3, § 5
Schulbau – Bautechnische Anforderungen zur
Verhütung von Unfällen, DIN 58125
Wandtafeln für Bildungseinrichtungen, DIN EN 14434
Wiederholungsprüfungen an elektrischen Geräten,
DIN VDE 0702
Weitere Informationen
www.lehrer-online.de
www.lehrerfreund.de
www.lmz-bw.de
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Sichere Schule | Gesundheits- und lernförderndes Klassenzimmer
Weitere Informationen zu modernen Lernräumen
Das Herforder Modell
für den Ausbau guter und gesunder
(Ganztags-)Schulen
Lernräume als gesundheits- und
kommunikationsfördernde Lebensräume
gestalten
Auf dem Weg zu einer neuen Lernkultur
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Inhalt
1
Das Herforder Modellprojekt ....................................................... 3
2
Neue Qualitätsstandards im «fraktalen» Neubau ........................ 6
3
2.1
Vom geschlossenen Klassenzimmer
zur offenen Lernlandschaft.................................................. 9
2.2
Fraktale Schularchitektur ..................................................... 13
2.3
Variable Möblierung für flexibles Lernen ............................. 14
2.4
Ein innovatives Tafelsystem ................................................. 16
2.5
Esskultur – im Klassenzimmer ? ........................................... 18
2.6
Gesundheits - und Kommunikationsförderung
als Qualitätsmaßstab............................................................ 20
2.7
Ein Modell zur Vernetzung
von Raum - und Zeitplanung ............................................... 22
Perspektiven für die Altbau - Umgestaltung ................................. 26
3.1
Das Neubauprojekt als Vorbild
für den Altbau - Umbau ? ...................................................... 26
3.2
f_90-Tische als multifunktionale Bausteine
für variable Schülerarbeitsplätze........................................... 28
3.3
Lernreviere in engen Altbauten............................................ 31
4
Gelingensbedingungen des Herforder Modellprojekts ................ 33
5
Zusammenfassung und Ausblick .................................................. 36
Literatur ............................................................................................... 38
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1
Das Herforder Modellprojekt
Am 25. März 2006 wurde in Frankfurt am Main der Politikpreis des Grundschulverbandes für das beste kommunale Ganztagsschulkonzept in Deutschland verliehen. Diese Auszeichnung ging an die Stadt Herford in Nordrhein - Westfalen, deren Konzept bereits auf den beiden Ganztagsschulkongressen «Ideen für mehr ! Ganztägig lernen» der Deutschen Kinder - und
Jugendstiftung ( DKJS ) in Berlin im September 2004 und 2005 große Beachtung und Anerkennung gefunden hat (‹http://www.ganztagsschulen.
org/2180.php› ).
Das Herforder Ganztagsschulprojekt steht unter dem Motto : «Von der
Pädagogik zum Raum – und vom Raum zur Pädagogik». Von überregionalem Interesse ist das Herforder Modell vor allem durch seine ambitionierten
Neu - und Umbauvorhaben, die sich an schwedischen Standards orientieren
und diese in der Neubauarchitektur wie auch in einigen Einrichtungsdetails
übertreffen. An zwei der Herforder Grundschulstandorte werden – weltweit
erstmalig – zwei «fraktale» Schulgebäude errichtet, deren Grundriss - und
Raumgestaltung die Kommunikation und Kooperation des pädagogischen
Personals wie auch der Lernenden fördern und ihr soziales Verantwortungsbewusstsein stärken sollen.
Auch beim Umbau vorhandener Schulgebäude wird der Raum als «dritter Pädagoge» betrachtet, der die anspruchsvolle und anstrengende Arbeit
des multiprofessionellen pädagogischen Personals einer Ganztagsschule unterstützen soll. Lernräume oder «Lernlandschaften» sollen zu ganztägig und
multifunktional nutzbaren Lebensräumen werden, die eine hohe Aufenthaltsqualität besitzen ( ‹www.fraktale - schule.de› ).
Um dieses Ziel zu erreichen, wird in Herford eine partizipative Planung
praktiziert, die Synergieeffekte durch die Kommunikation und Kooperation
in einem multiprofessionellen Gestaltungsteam erzeugt. Das Herforder Modellprojekt ist also nicht nur wegen der erzielten Planungsergebnisse, sondern
auch wegen der Prozessorganisation für alle von Interesse, denen es auf die
Qualitätsentwicklung von ( Ganztags - )Schulen ankommt.
Nach einer intensiven pädagogischen Planungsphase und einer Studienfahrt zu schwedischen Schulen, an denen die Schulleitungen aller elf Herforder Grundschulen beteiligt waren, hat die Stadt Herford im Juli 2004
3
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Das Herforder Modell
bezüglich der Neubau - und Umbauplanungen ihrer elf Grundschulen in
einem partizipativen Prozess das folgende bildungspolitische, pädagogische
und architektonische Leitbild entwickelt :
Wir wollen in Herford bis zum Sommer 2007 sämtliche Grundschulen
zu ganztägig genutzten Lern - und Lebensräumen umgestalten, in denen
Kinder mit unterschiedlichen Lernvoraussetzungen und verschiedener
Herkunft unter multiprofessioneller Anleitung ihren Entdeckungsdrang
ausleben und ihre Wissbegierde befriedigen können.
Durch zunehmend selbst gesteuertes Lernen und Spielen sollen die
Kinder zu selbstbewussten, kooperationswilligen und verantwortungsbereiten Persönlichkeiten heranreifen, die den Anforderungen unserer
Gesellschaft gewachsen sind.
Aus diesem Leitbild zur Grundschulentwicklung und aus den vorliegenden
Forschungsergebnissen des Paderborner KOLEGE - Projekts 1 hat das Herforder Planungsteam fünf raumbezogene Ziele abgeleitet, die insbesondere für
den Aufbau eigener Ganztagszüge gelten. Zentrale Aspekte der Gesundheits - und Kommunikationsförderung spielen dabei eine besondere Rolle:
• In der Schule fi ndet jedes einzelne Kind einen Lern - , Lebens - , Bewegungs - und Entfaltungsraum vor, der seine Persönlichkeitsentwicklung
fördert. Das pädagogische Personal und die weiteren Arbeitskräfte fi nden
Arbeitsplätze vor, die ihre verantwortungsvolle Arbeit erleichtern.
• Arbeitsplätze, Lernräume, Bewegungsräume und Spielflächen sind in
funktionaler Hinsicht so gestaltet sowie von den Nutzern selbst so gestaltbar, dass sie die soziale Begegnung und Verständigung in Klein - und
Großgruppen unterstützen und die Gesundheit der Kinder und des
Schulpersonals fördern.
1
Das vom Verfasser initiierte Forschungs - und Entwicklungsprojekt KOLEGE zielt
auf eine KOmmunikationsfördernde LErnraumGEstaltung, wie sie auch in unserem
theoretischen Beitrag in Teil B dieses Readers beschrieben wird.
4
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Das Herforder Modellprojekt
•
•
•
Die Räume sind so angeordnet und ausgestattet, dass sich dezentrale Reviere und Zonen bilden lassen, die von Lehrerteams bzw. Schülergruppen
in Eigenverantwortung ausgestaltet und gepflegt werden können.
Die ästhetische Gestaltung der Räume berücksichtigt die Bedürfnisse
der Kinder und des Schulpersonals, lässt eine klare Gestaltungslinie erkennen, fördert das Gefühl und das Urteilsvermögen für Formen und
Farben und schafft eine Wohlfühlatmosphäre.
Die Umgestaltung von Schulräumen bietet vielfältige Möglichkeiten der
Partizipation und der curricularen Anknüpfung in einem lebensweltbezogenen Unterricht. Die Teilhabe der Lernenden, Lehrenden und Erziehenden am Umgestaltungsprozess erhöht nicht nur die Akzeptanz für
die Umgestaltungsmaßnahme, sondern stärkt zugleich die soziale Verantwortung.
Vor diesem Hintergrund entwickelte das Herforder Planungsteam auf der
Basis vorliegender Forschungsarbeiten ( vgl. Buddensiek 2001, insbesondere
S. 183 – 212 ) unter Beteiligung der zuständigen Schulrätin und der elf Schulleiter fünfzehn Qualitätskriterien für die Raumgestaltung und -ausstattung
von Ganztagsschulen im Primarbereich ( vgl. ‹www.fraktale - schule.de›, Download : «Qualitätskriterien für die Raumgestaltung» unter dem Stichwort :
Neubau ).
5
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2
Neue Qualitätsstandards
im «fraktalen» Neubau
Das erste und für die Raumgestaltung anspruchsvollste Herforder Qualitätskriterium lautet : «Jeder Ganztagszug bildet eine eigene soziale und räumliche Einheit, die zur übrigen Schule einerseits abgegrenzt, andererseits aber
auch offen ist. Das räumliche wie auch das soziale Verhältnis von Offenheit
und Geschlossenheit wird durch die jeweiligen pädagogischen Zwecke bestimmt und lässt sich je nach Bedarf flexibel gestalten ( z.B. Glaselemente ).»
Hinter diesem Kriterium steht die Idee der Dezentralisierung, mit deren
Hilfe sich kleine, überschaubare Verantwortungseinheiten selbst innerhalb
einer großen, vierzügigen Grundschule schaffen lassen ( vgl. Bildungskommission NRW 1995, S. 62 f., S. 67 und S. 85, sowie Mattsson 1995, S. 9 – 16 ).
Anhand der Grundrisszeichnungen ( Abb. 1 und 2 ) wird deutlich, wie das
multiprofessionelle Planungsteam dieses Qualitätskriterium im Rahmen der
Neubauplanung umgesetzt hat. Das Ersatzgebäude für vier marode Schulpavillons bietet etwa 100 bis 120 Kindern, also vier Klassen, einen multifunktional und flexibel nutzbaren Lern - und Lebensraum.
6
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Neue Qualitätsstandards im «fraktalen» Neubau
Abbildung 1 : Fraktale Schule – «Raum - in - Raum - Konzept» für flexible Formen des individuel len und sozialen Lernens
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Das Herforder Modell
Abbildung 2 : Fraktale Schule – ausgewählte Nutzungsvarianten 2
2
Entwurf der fraktalen Lernräume : Wilfried Buddensiek, Universität Paderborn – Entwurf des Gebäudes : Architekturbüro Sittig + Voges, Göttingen – Computergrafi k :
Architekturbüro Dornieden, Marsberg.
8
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Neue Qualitätsstandards im «fraktalen» Neubau
2.1
Vom geschlossenen Klassenzimmer
zur offenen Lernlandschaft
Der in den Abbildungen 1 und 2 dargestellte Grundriss des «fraktalen»
Schulgebäudes bietet :
• vier transparente Lernreviere ( Klassenräume ) mit halboffenen, abschirmbaren Gruppennischen in einem flurlosen Gebäude,
• einen Marktplatz, der zur Hälfte von einer Galerie umgeben ist,
• um 70 cm erhöht eine Bühne sowie eine Selbstlern - und Spielzone, die
durch ein Personalrevier begrenzt wird,
• einen lichtdurchfluteten Personalarbeits - oder Teamraum mit Aussicht
auf das Geschehen im Forum und in den Lernrevieren,
• ein «fraktales» Schulgebäude, in dem selbstähnliche Strukturen in vier
verschiedenen Größenskalen auftreten ( Raum - im - Raum - Prinzip ).
Das Forum, die Bühne und das Selbstlernzentrum
Nach dem Betreten des Gebäudes, dem Wechsel der Schuhe und der Ablage
der Garderobe fällt die Weite und die lichtdurchflutete Höhe des zentralen
Forums ins Auge. Ein nicht mehr als 2,5 m breiter Flur, der als Fluchtweg an
vier hintereinanderliegenden Klassenräumen vorbeiführt, und doch von ganz
anderer Qualität.
Ein Marktplatz für spontane Kommunikation, ein Ausstellungsort oder
bisweilen auch ein Zuschauerraum mit Blick auf eine um 70 cm höher liegende Bühne. Eine Bühne, die in ein offenes Selbstlernzentrum übergeht, mit
Platz für Leseecken in Nähe der Fenster und einem flexibel nutzbaren
PC - Bereich in den dunkleren Zonen. Das Selbstlernzentrum ist nicht als
Luxusausstattung für den Neubau konzipiert, sondern entspricht einem weiteren Qualitätskriterium, das für alle Herforder Schulen gilt.
Der Teamraum
Ebenfalls im 70 cm erhöhten Bereich untergebracht ist der Raum für das
multiprofessionelle Team aus Lehrern, Erzieherinnen, Sozialpädagogen und
anderen Mitarbeiterinnen, die für das gesamte soziale und curriculare Geschehen in diesem Gebäude verantwortlich sind und gemäß den Herforder
Qualitätsmerkmalen einen eigenen Personalarbeitsraum haben sollen.
Ein Teamraum mit Balkon, von dem aus weite Teile des Schulhofes einsehbar sind, zugleich aber auch ein Raum, von dem aus sich das Geschehen
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Das Herforder Modell
im Inneren des Gebäudes und im Eingangsbereich optimal überschauen
lässt. Ein Raum mit viel Transparenz, aber auch mit Rückzugsnischen. Vor
allem aber bietet der Teamraum Platz für die Einrichtung persönlicher Arbeitsplätze, für die Lagerung häufig genutzter Arbeitsmittel, für die Einzelarbeit mit und ohne PC wie auch für die gemeinsame Konferenz oder für
informelle Gespräche bei Kaffee oder Tee.
Die Galerie
Vom Teamraum bzw. Selbstlernzentrum führt ein Weg über die Bühne eine
Treppe hinauf zu einer etwa 2,5 m breiten, halbrund gezogenen Galerie, von
der aus das Geschehen im Forum, auf der Bühne und im Selbstlernbereich zu
überblicken ist. Gleichzeitig ermöglicht die Galerie einen Ausblick nach
draußen über die Gründächer der Lernräume hinweg auf das Schulgelände.
Ähnlich wie das Forum bietet auch die Galerie einen Bereich, der bei wechselnden Nutzerinteressen unterschiedlich ausgestaltet werden kann.
Die Lernräume
Vom Teamraum führt ein zweiter Weg über die Bühne via eine behindertengerechte Rampe ins Forum und von dort in die Lernräume. Schon auf dem
Weg dorthin lässt sich das Geschehen in den Räumen überblicken, weil die
Wände zum Forum aus einer Holzrahmenkonstruktion bestehen, die ab ca.
1 m Höhe mit Glas ausgefacht ist. (Bei einer veränderten Nutzung des Gebäudes lässt sich die Konstruktion mit anderen Baustoffen ausfachen oder auch
demontieren, ohne dass in die tragende Bausubstanz eingegriffen wird. )
Die einzelnen Lernräume bringen zwei Gliederungsebenen in die soziale
Einheit der etwa hundert Lernenden. Etwa 25 bis 30 Kinder teilen sich einen
«fraktalen» Raum und etwa 5 bis 6 Kinder einen sechseckigen Gruppenarbeitsplatz, der einer festen Nische oder Zone im Raum zugeordnet ist. Aus
dieser Raumgestaltung ergeben sich zwei Verantwortungsebenen : die Tischgruppen, die für die Ordnung und Gestaltung ihres Raums im Raum verantwortlich sind, und die Großgruppe oder Klasse, die für den gesamten Raum
Verantwortung trägt.
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Neue Qualitätsstandards im «fraktalen» Neubau
Jeder Tischgruppe ist mindestens ein rollbares Regal zugeordnet, in dem sich
die Büchertaschen unterbringen lassen und persönliche Ablagefächer in hinreichender Zahl und Größe vorhanden sind. ( Dieser Gestaltungsaspekt ist
nicht auf eine hexagonale Raumstruktur angewiesen, sondern lässt sich auch
in herkömmlichen Räumen anwenden. ) Weitere rollbare Regale nehmen die
Materialien für die Wochenplan - und Freiarbeit bzw. für Lernwerkstätten
auf. Im Idealfall stehen für die einzelnen Fächer und das fächerübergreifende
Lernen unterschiedliche Rollregale zur Verfügung. Diese Regale lassen sich
entweder an die Wände und in die Fensternischen schieben oder aber als
niedrige Raumteiler einsetzen. Bei einer Höhe von ca. 95 cm, einer Tiefe von
ca. 42 cm und einer Breite von ca. 160 cm bieten sie eine gute Steharbeitsfläche zum Schreiben sowie für die Arbeit am PC. Dies gilt insbesondere, wenn
zwei Regale Rücken an Rücken in den Raum gerollt werden.
Nach schwedischem Vorbild haben die Tische in allen Grundschulklassen eine Einheitshöhe von ca. 72 cm, damit größere und kleinere Kinder in
einer Gruppe auf einer einheitlichen Fläche sowohl im Sitzen als auch im
Stehen zusammenarbeiten können. Passend zu dieser Tischhöhe wurden
Stühle mit einer Sitzhöhe von ca. 50 cm und höhenverstellbaren Fußrasten
angeschafft.
Der Grundriss der Lernräume wurde nach dem Leitsatz form follows
function gestaltet. Auf einer begrenzten Fläche, die mit dem Musterraumprogramm von NRW vereinbar ist, sind die räumlichen Rahmenbedingungen
für ein gesundheits - und kommunikationsförderndes Lernen optimiert.
11
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Das Herforder Modell
Hauptfunktionen eines gesundheits - und
kommunikationsfördernden Lernraums
1. Platz für einen konzentrischen Stuhlkreis, der sich in hinreichender
Größe möglichst ohne Umräumen der Tische herstellen lässt,
2. Platz für eine freie Mitte im Raum, auf der sich spontane Aktionen
entfalten oder Meditations - und Bewegungsübungen stattfi nden
können,
3. Platz für eine konzentrierte Gruppenarbeit, bei der die Kommunikationsdistanz innerhalb der einzelnen Arbeitsgruppen möglichst klein
und zwischen den Gruppen möglichst groß ist,
4. Platz für eine hinreichende Zahl von ( rollbaren ) Regalen, in denen
alle benötigten Lernmaterialien unterzubringen sind,
5. Platz für eine möglichst ungestörte Einzel - und Partnerarbeit,
6. Platz für Phasen einer frontalen Präsentation mittels unterschiedlicher Medien ( Tafel, Tageslichtprojektor, Beamer, Landkarte ),
7. Bewegungsfläche für einen möglichst reibungslosen und spontanen
Wechsel der genannten Raumfunktionen,
8. eine angemessene Arbeitszone für die Lehrkraft.
Toiletten und Freiflächen
Zwei weitere Herforder Qualitätskriterien haben eine große Bedeutung für
die Gesundheitsförderung und das Wohlfühlen insbesondere im Ganztagsbetrieb :
• Den einzelnen Lernräumen oder der sozialen Einheit sind eigene Toilettenräume zugeordnet.
• Der Schulhof lässt sich für die Ganztagsschüler auf möglichst kurzem
Weg erreichen. Ebenerdige Lernräume verfügen nach Möglichkeit über
einen direkten Ausgang auf den Schulhof bzw. auf eine klasseneigene
Terrasse ( mit Schulgarten ).
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Neue Qualitätsstandards im «fraktalen» Neubau
Beide Kriterien ließen sich in der vorliegenden Neubauplanung erfüllen.
Über die klasseneigenen Toiletten führt eine Tür ins Freigelände. Im Brandfall wäre dies zugleich der sicherste Fluchtweg. ( Weil das gesamte Gebäude
Großraumcharakter hat und von einer Arbeitseinheit genutzt wird, gelten
für die Nutzung des Forums keine feuerpolizeilichen Einschränkungen. )
2.2
Fraktale Schularchitektur
Die gezeigten Neubaupläne weisen eine beachtenswerte Besonderheit auf,
die sich durch die Art der Formenbildung ergibt. Ausgehend von der inneren
Funktion der Gruppennische und der Form des Gruppentisches hat sich die
äußere Gebäudeform durch einen iterativen Konstruktionsprozess schrittweise entwickelt. Das bedeutet, dass die hexagonale Ausgangsform des Gruppentisches auf verschiedenen Größenskalen erscheint : in der Gruppennische,
im Klassenzimmer, im einzelnen, dezentralen Schulgebäude und – je nach
Schulgröße – gegebenenfalls auch im gesamten Schulkomplex. Der Iterationsprozess folgt einer einfachen Rückkoppelungsregel aus der fraktalen
Geometrie. Diese nicht lineare Geometrie wurde von Mandelbrot als Geometrie der Natur beschrieben ( vgl. Mandelbrot 1991 ). Sie lässt sich zugleich
aber auch als Mathematik der Komplexität und der Selbstorganisation bezeichnen ( vgl. Capra 1996, S. 134 – 180 ).
So wie sich die komplexen Naturformen von Bäumen, Adernsystemen,
Korallen, Schnecken u.a. durch Iterationsprozesse aus sich selbst heraus entfalten, ist die fraktale Schularchitektur – ausgehend vom sechseckigen Gruppentisch und unter Anwendung einfacher Rückkoppelungsregeln – weitgehend aus sich selbst heraus gewachsen. Die komplexe Form des Grundrisses hat
sich aus einem einfachen Sechseck durch mathematische Selbstorganisationsprozesse entwickelt. Dieser Formgebungsprozess führt zu einem natur - ,
struktur - und sozialwissenschaftlich beachtenswerten Wechselspiel von Geist
und Materie :
Mittels mathematischer Selbstorganisationsprozesse lässt sich eine räumlich - materielle Struktur schaffen, innerhalb deren geistige Prozesse der sozialen Selbstorganisation zur Entfaltung kommen.
Während in der herkömmlichen Schularchitektur traditionelles lineares
und hierarchisches Denken zum Ausdruck kommt, wird nicht lineares, syste-
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Das Herforder Modell
misches Denken in der fraktalen Schularchitektur sichtbar. Systemischer Geist
manifestiert sich in der technischen Materie, und die Materie des Raumes
beeinflusst den sozialen Geist. Die Architektur erschließt somit Synergiepotenziale zwischen Geist und Materie. Sie unterstützt die Kommunikation
und die Kooperation auf verschiedenen sozialen Systemebenen einer Schule :
im Lehrerteam, in der Lerngruppe, im Gesprächskreis der Klasse sowie im
Plenum größerer sozialer Einheiten. Kurzum : Die Architektur übernimmt
eine pädagogische Funktion und vermag damit Lehrkräfte bei ihrer anspruchsvollen und kräftezehrenden Arbeit zu entlasten.
Die fraktale Schularchitektur wirkt auf verschiedenen Ebenen selbstbegrenzend und trägt somit dazu bei, dass humane Größendimensionen im
Schulbau nicht überschritten werden. In einem dezentralen, eingeschossigen
Baukomplex lassen sich nicht mehr als vier Schulklassen, also etwa 100 bis
120 Menschen unterbringen. Innerhalb der einzelnen Klassen wird die Obergrenze der Schülerzahl durch die Zahl der Raumnischen und die Möblierung festgelegt. Fünf Gruppen mit jeweils fünf bis sechs Lernenden fi nden
optimierte Arbeitsplätze vor. Notfalls lässt sich noch ein sechster Gruppentisch unterbringen ( vgl. Raum 1.4 ). Die Gebäude - und Raumgrundrisse eignen sich nicht nur für schulische Bildungszwecke, sondern lassen sich bei
wechselndem Bildungsbedarf auch als Kindergarten, Begegnungsstätte für
Jugendliche, Freizeitzentrum oder Altentagesstätte nutzen und werden damit den wechselnden demografischen Bedingungen eines Stadtteils eher als
konventionelle Schulgebäude gerecht.
2.3
Variable Möblierung für flexibles Lernen
Angesichts eines beschleunigten gesellschaftlichen und schulischen Wandels
können wir heute noch nicht wissen, wie Kinder in zehn bis zwanzig Jahren
lernen werden. Bei der Grundrissplanung und der Möblierung des fraktalen
Schulgebäudes wurde deshalb auf eine maximierte Flexibilität geachtet. In
den beiden Abbildungen 1 und 2 können lediglich acht verschiedene Raumgestaltungsvarianten gezeigt werden.
Raum 1.1 stellt eine Form der kommunikationsfördernden Basismöblierung dar, bei der die rollbaren Regale von ca. 160 cm Breite in den Fensternischen untergebracht sind. Eine alternative Basismöblierung wird in Raum
2.1 gezeigt, in der die fünf Arbeitsgruppen in ihren Arbeitsnischen sitzen
14
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Neue Qualitätsstandards im «fraktalen» Neubau
und durch die Regale voneinander getrennt sind. Bei beiden Möblierungsvarianten verbleibt in der Raummitte hinreichend Platz für einen Stuhlkreis.
Entgegen ursprünglichen Planungen, die die Ausstattung der Lernräume mit 10 bis 12 Trapeztischen ( Kantenlänge 80 / 80 / 80 / 160 ) vorsahen,
fi ndet sich nunmehr eine Kombination von gleichseitigen Dreieckstischen
( Kantenlänge 80 / 80 / 80 ) und Trapeztischen. Die Räume 1.2, 2.3 und 2.4
zeigen, dass sich auf diese Weise ein weitaus höheres Maß an Variabilität bei
der Raumnutzung erreichen lässt. In den Räumen 2.1, 2.2 und 2.4 fi nden
sich außerdem vier gleichschenklige Dreieckstische (Kantenlänge 80/80/110),
die sich sowohl mit den Trapeztischen als auch mit den gleichseitigen Dreieckstischen kombinieren lassen. Alle drei Tischformen lassen sich auf Rollen
bewegen und auf einfache Weise stapeln. ( Die Bewegungsmöglichkeiten, die
die fraktalen Räume ohne Tische bilden, werden in den Abbildungen nicht
gesondert dargestellt ! )
Im Raum 1.1 wird gezeigt, wie sich ein sechseckiger Tisch für eine konzentrierte Gruppenarbeit in konzentrischen Dreier - , Vierer - , Fünfer - oder
Sechserformationen nutzen lässt. Raum 1.2 veranschaulicht dagegen verschiedene Möglichkeiten eines raschen Wechsels von der Gruppenarbeit zur
frontalen Präsentation. Während der Wechsel bei den Fünfergruppen 3 und
5 bereits durch leichte Körperdrehung zur Tafel möglich ist, bieten sich für
Sechsergruppen drei verschiedene Möglichkeiten des Umräumens, die sich
ohne großen Aufwand realisieren lassen ( vgl. Gruppen 1, 2, 4 ).
In Raum 1.3 wird dargestellt, wie sich die vorhandenen Tische zu einer
konzentrischen, hexagonalen Konferenzform zusammenstellen lassen. Bei
einer Arbeitsplatzbreite von 80 cm haben an dieser Formation allerdings nur
18 Personen Platz. Im dargestellten Stuhlkreis sind dagegen über 30 Personen unterzubringen, wobei die Konferenztische durchaus als Stellfläche
und Ablage zu nutzen sind.
Raum 1.4 verdeutlicht die Möglichkeit eines raschen Wechsels vom Stuhlkreis zu einer U - förmigen frontalen Präsentation. Außerdem wird gezeigt, wie
sich – bei verkleinertem Lehrerarbeitsplatz – eine sechste Arbeitsgruppe im
Raum unterbringen lässt, ohne dass die freie Raummitte beansprucht wird.
Während die Lehrerarbeitsplätze in den Räumen 1.1, 1.2 und 1.3 aus
zwei Trapeztischen gebildet werden, besteht der Lehrerarbeitsplatz in 1.4
lediglich aus zwei gleichseitigen Dreieckstischen. In den Räumen 2.1 und 2.2
bestehen die Lehrerarbeitsplätze aus einem Trapeztisch, der mit einem tischhohen Rollcontainer kombiniert wird.
15
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Das Herforder Modell
Die Räume 2.1 und 2.2 unterscheiden sich trotz ähnlicher Basismöblierung
in dreierlei Hinsicht.
• Raum 2.2 ist mit Rollregalen ausgestattet, die lediglich ca. 80 cm breit
und 40 cm tief sind. Diese lassen sich auf flexiblere Art und Weise zu
Arbeitsinseln zusammenstellen, wie auch in den Räumen 2.3 und 2.4
deutlich wird.
• Die Büchertaschen sind im Raum 2.2 teilweise nicht in den Rollregalen,
sondern in den ca. 20 cm zurückspringenden Fensternischen untergebracht.
• Die Lernenden bewegen sich im Raum 2.2 von ihren Gruppentischen
weg und nutzen unterschiedliche Steharbeitsplätze im Raum, wie dies
z.B. beim Stationenlernen, der Lernwerkstatt oder der Projektarbeit der
Fall ist.
Mit den Räumen 2.3 und 2.4 kann lediglich beispielhaft angedeutet werden,
wie sich die fraktalen Lernräume mit ihren flexiblen Möbeln an wechselnde
Nutzungssituationen in einer gesundheitsfördernden ( Ganztags - )Schule anpassen lassen.
Ebenso wichtig wie die Flexibilität im Lernraum sind die flexiblen Nutzungsmöglichkeiten des gesamten Gebäudes und der umgebenden Freiflächen. Angesichts der hohen Transparenz im Gebäude lässt sich das Lernen,
Spielen und Arbeiten einzelner Gruppen ins Forum, ins Selbstlernzentrum,
auf die Galerie oder auf die Terrassen vor den Lernräumen verlagern.
Abbildung 2 zeigt, wie sich das Forum zugleich als Zuschauerraum nutzen lässt. Selbst bei großzügiger Möblierung fi nden alle vier Klassen mit
ihrem gesamten pädagogischen Personal Platz. Wenn die Galerie und die
Eingangszone zusätzlich als Zuschauerbereiche genutzt werden, sind im
Bedarfsfall durchaus 200 Personen unterzubringen.
2.4
Ein innovatives Tafelsystem
Intensive Planungsdiskurse gab es in Herford um die Frage einer angemessenen Tafelausstattung. Weil diese zu Raum sparenden und kommunikationsfördernden Lösungen führten, die insbesondere auch für kleine Altbauräume
interessant sind, sollen die erzielten Planungsergebnisse etwas ausführlicher
dargestellt werden.
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Neue Qualitätsstandards im «fraktalen» Neubau
Zunächst ging es nur um die Alternativen – weiße oder grüne Pylonentafel
– als Doppeltafel oder als Klapptafel. Der Standort der Tafel war so lange
klar, wie die geplanten Wände zum Forum des fraktalen Neubaus noch aus
Mauerwerk bestanden und lediglich die Türen Glasausschnitte bekommen
sollten. Eine fest montierte Pylonentafel kollidierte indes mit dem Wunsch
nach mehr Transparenz zum Forum. Aber auch dieser Wunsch war keineswegs unumstritten. Immerhin verlangt das erste Herforder Qualitätskriterium, dass das räumliche wie auch das soziale Verhältnis von Offenheit und
Geschlossenheit je nach pädagogischem Bedarf flexibel gestaltbar sein soll.
Wie aber lässt sich diese Anforderung angesichts der nunmehr vorgesehenen
5,5 m breiten Glaswand realisieren, und wie lässt sich verhindern, dass die
grundsätzlich erwünschte hohe Transparenz dabei verloren geht ?
Die kritischen Gedanken eines Architekten und der Konrektorin einer
Bremer Ganztagsschule, die nach schwedischem Vorbild arbeitet, brachten
nachhaltige Bewegung in den Planungsprozess, die sich bis zur Umgestaltung der Herforder Altbauklassen durchschlug. Während der Architekt
fragte, wozu man eine fest montierte Tafel im Klassenzimmer brauche, berichtete die Konrektorin, dass man genau diese Tafel – als letztes Relikt des
traditionellen Frontalunterrichts – an ihrer Schule abmontiert habe. Ein
weiterer Kooperationspartner berichtete etwa zur gleichen Zeit von einem
flexiblen Tafelsystem, mit dem man die Herrschaft über die
Tafel von der Lehrperson auf die Lerngruppen verlagern könne – mit dem
doppelten Effekt der Entlastung der Lehrkräfte und der Aktivierung der
Lernenden ( vgl. ‹www.kvartet.de› ).
Die flexiblen Leichtbautafeln, die sich bereits von Grundschülern transportieren und an beliebiger Stelle in ein Schienensystem einhängen lassen,
erschienen dem Planungsteam in mehrfacher Hinsicht als Ideallösung für
eine kommunikationsfördernde Lernraumgestaltung. In der Grundausstattung sollte jeder Lernraum über fünf bis sechs beidseitig ( ! ) nutzbare Tafeln
von etwa 120 cm Breite und ca. 100 cm Höhe verfügen, sodass jede Schülergruppe zur Präsentation von Arbeitsergebnissen eine eigene Tafel zur Verfügung hat. Zur leichteren Handhabung können die Gruppen ihre Tafel nach
einer ersten Anleitung selbstständig von der Wand nehmen und auf ihrem
Gruppentisch platzieren.
Die Neubauplanung in Herford sieht ein etwa 13 m langes Schienensystem vor, das in ca. 2 m Höhe an den 4 bzw. 6 m langen Wänden der
Lernräume montiert wird. Eine zweite, kürzere Hängeschiene soll an den
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Das Herforder Modell
dafür passenden Wänden in ca. 140 – 150 cm Höhe montiert werden, sodass
sich eine für Grundschulkinder angemessene Schreibhöhe ergibt. Die Holzrahmenkonstruktion zum Forum soll in ca. 2 m Höhe Querriegel bekommen, sodass sich die Tafeln bei Bedarf vor die Glasflächen hängen lassen.
Dort können die doppelseitig nutzbaren Pinnwand - , Magnet - , und Kreidetafeln oder Whiteboards einen doppelten Nutzen entfalten, indem sie nach
innen aktuelle Arbeitsergebnisse, nach außen zum Forum hin besonders vorzeigenswerte Schülerprodukte präsentieren. Der mit den Glaswänden erzielbare Schaukasteneffekt schränkt zwar den Einblick in den Lernraum temporär ein und verringert damit die Prozesstransparenz, erhöht zugleich aber
die Produkttransparenz.
Das Schienensystem mit den Tafeln ist ein hervorragendes Mittel gegen
den in vielen Grundschulen herrschenden medialen overkill von Bildern,
Buchstaben und Zahlen. Da die Schiene zugleich als Aufhängung für die
doppelseitig nutzbaren Tafeln und als Klemmleiste für Bilder und Plakate fungiert, lässt sich eine Wandfläche dreifach belegen.
2.5
Esskultur – im Klassenzimmer ?
Zunächst erschien es allen Herforder Schulleitern selbstverständlich, dass zu
einer Ganztagsschule eine Mensa gehört. Entsprechend irritiert reagierten sie
auf die Frage des wissenschaftlichen Beraters : «Wozu brauchen Sie eine Mensa ?» Nachdenklichkeit löste der Besuch einer Münsteraner Grundschule aus,
die seit Jahrzehnten Erfahrungen mit der gebundenen Ganztagsschule gesammelt und bei ihrem Neubau Mitte der 90er - Jahre bewusst auf den Bau
einer Mensa verzichtet hat. Die Argumente der Münsteraner Schulleiterin
klangen plausibel :
• Im kleinen Klassenverband lässt sich eine familiäre Esskultur leichter entwickeln als in einer großen Mensa.
• Im Klassenzimmer bleibt mehr Muße zum Essen als in einer Mensa, in
der zumindest im Zweischichtbetrieb gegessen wird.
• Das Klassenzimmer bietet einen günstigen Rahmen für persönliche Gespräche zwischen den Schülern und ihren Lehrkräften bzw. Erziehern.
18
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Neue Qualitätsstandards im «fraktalen» Neubau
•
•
In einem – akustisch optimierten – Klassenzimmer geht es leiser zu als
in einer Mensa, die in vielen Schulen – neben der Turnhalle – zu den
lautesten Räumen gehört.
Bei einem Verzicht auf eine nur kurzzeitig ausgenutzte, aber sehr teure
Mensa lassen sich die ganztägig genutzten Lern - und Lebensräume deutlich vergrößern ( ca. 20 m 2 pro Klasse ).
Insbesondere in Grundschulen geht es nicht nur um die Frage, ob in der
Mensa oder im Klassenzimmer gegessen werden soll, sondern es ist auch zu
klären, welche Essgruppenstärke für Grundschüler geeignet ist. In einer Vierergruppe gibt es sechs verschiedene Zweierbeziehungen, in einer Sechsergruppe sind es bereits fünfzehn Zweierbeziehungen und zwanzig mögliche
Dreierbeziehungen, und in einer Zehnergruppe steigt die Zahl möglicher
Zweierbeziehungen auf 45 an. Wenn das Mittagessen zugleich der sozialen
Begegnung dienen soll, spielen Kriterien wie Kleinräumigkeit, Überschaubarkeit und Vertrautheit eine zentrale Rolle.
Bei 20 Kindern in einer Klasse gibt es 190 potenzielle Zweierbeziehungen, bei 30 dagegen schon 435. In einer Mensa mit 100 Menschen sind
– rein theoretisch – 4950 Zweierbeziehungen denkbar, aber gerade wegen
dieser erdrückenden Zahl ist das Zustandekommen engerer sozialer Beziehungen in einer derart großen Gruppe eher unwahrscheinlich.
Vor diesem Erfahrungs - und Reflexionshintergrund wurde das nachfolgende Herforder Qualitätskriterium formuliert : «Zur gezielten Förderung
der Esskultur sowie zur besseren Diagnose und Therapie von Verhaltensauffälligkeiten wird das Mittagessen in den Lernräumen oder in kleinräumig
untergliederten Speiseräumen eingenommen. Bei einer Mittagsverpflegung
im Klassenzimmer wird sichergestellt, dass die eingesparte Fläche der Mensa
zur Erweiterung des Lern - und Lebensraums im jeweiligen Ganztagszug
dient ( 0,66 m 2 pro Kind ).» Für den ebenerdigen fraktalen Neubau ist ein
Mittagessen in den 87 m 2 großen Lernräumen geplant. Das Problem möglicher Essensgerüche wird durch eine Lüftungsanlage gelöst, die für den
ganztägigen Betrieb viele Vorteile hat.
19
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Das Herforder Modell
2.6
Gesundheits - und Kommunikationsförderung
als Qualitätsmaßstab
Über das bisher Gesagte hinausgehend, soll nachfolgend geklärt werden, inwieweit mit der dargestellten Neubauplanung folgendes Herforder Qualitätsmerkmal erfüllt ist : «Die Lernräume sind so zugeschnitten, ausgestattet und
möbliert, dass sie den Qualitätsmaßstäben für eine gesundheits - und kommunikationsfördernde Lernraumgestaltung entsprechen.»
Dazu sollen – in der gebotenen Kürze und ohne Anspruch auf Vollständigkeit – zehn Aspekte gesondert herausgestellt werden.
1. Ein wesentliches Merkmal einer gesundheits - und kommunikationsfördernden Schule ist die Schaffung von Bewegungsflächen bzw. die Vermeidung von Dichtestress, der insbesondere in engen und / oder übermöblierten Räumen auftritt. Deshalb sollen die Lernräume trotz ihrer
Größe von 87 m 2 mit flächensparenden Trapez - bzw. Dreieckstischen
ausgestattet werden. Aufgrund der räumlichen Transparenz können
einzelne Kinder oder kleine Gruppen in bestimmten Lernphasen ins
Forum, ins Selbstlernzentrum, auf die klasseneigene Terrasse oder auf
den Schulhof ausweichen.
2. Durch die transparenten Wände zum Forum sowie durch die 14 m ( ! )
langen, gefalteten Fensterfronten entsteht eine optische Weite im Raum,
die durch eine einheitliche Regalhöhe von lediglich 95 cm verstärkt wird.
Eine klare Linienführung durch einheitliche Brüstungs - , Tisch - und Regalhöhen sowie durch das umlaufende Schienen - und Tafelsystem bringt
Ruhe in den Raum, die auf die Nutzerinnen und Nutzer zurückwirkt.
3. Die konzentrischen Gruppentischformationen tragen zu einer konzentrierten Arbeitsatmosphäre bei. Die Tische lassen sich zugleich als Diagnose - und Therapieinstrument bei individuellen Lernstörungen oder
bei einem gestörten Sozialverhalten nutzen ( vgl. Buddensiek in diesem
Band, S. 191; mehr zu diesem Thema fi ndet sich bei Buddensiek 2001,
S. 208 ).
4. Die sechseckigen Gruppentische bieten – ähnlich wie runde Tische –
optimale Rahmenbedingungen für die soziale Kommunikation. Sie minimieren die gruppeninternen Kommunikationsdistanzen und tragen
zur Integration sozialer Außenseiter bei ( vgl. dazu Buddensiek 2001,
S. 189 – 193 ).
20
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Neue Qualitätsstandards im «fraktalen» Neubau
5. Damit es auch bei einer gesprächsintensiven Kleingruppenarbeit möglichst lärmarm zugeht, wurde auf die Optimierung der Akustik durch
einen ausgewiesenen Fachplaner besonderen Wert gelegt.
6. Die nach skandinavischem Vorbild gewählte Tischhöhe animiert zum
Wechsel zwischen stehender und sitzender Tätigkeit und trägt damit zur
Gesundheitsförderung bei.
7. Die Raumstruktur ist auf eine pädagogische Arbeit zugeschnitten, der
es um die Vermittlung von Schlüsselqualifi kationen wie Kommunikationsfähigkeit, Kooperationsbereitschaft, Verantwortungsbewusstsein u.a.
geht ( vgl. auch Buddensiek 2001, S. 194 – 199 ).
8. Die Lernräume sind für schüler - und handlungsorientierte Lernverfahren optimiert, die die Selbstständigkeit der Lernenden fördern und ihr
Selbstwertgefühl steigern. Bei einer entsprechenden Nutzung ist auf
Dauer eine Verbesserung des Lern - und Schulklimas und eine Entlastung der Lehrkräfte zu erwarten ( vgl. Buddensiek 2001, S. 213 – 244 ).
9. Das gemeinsame Essen in einer vertrauten, familienähnlichen Situation
fördert nicht nur die Esskultur, sondern bietet ein breites Übungsfeld zur
Übernahme von Verantwortung für das Eindecken der Gruppentische,
die Verteilung des Essens, das Abräumen des Geschirrs und das Reinigen
der Essplätze. Pädagogisch geschickt eingesetzt, vermögen diese regelmäßig wiederkehrenden Aufgaben das Selbstwertgefühl der Lernenden
und ihr Sozialverhalten zu stärken.
10. Der Teamraum für das multiprofessionelle pädagogische Personal einer
Ganztagsschule schafft die räumlichen Rahmenbedingungen für eine
Kooperation auf gleicher Augenhöhe. Die kollegiale Zusammenarbeit
wiederum wird von allen Gesundheitsexperten als ein zentrales Element
einer gesundheitsfördernden Schule angesehen.
An dieser Stelle ist eine Klarstellung wichtig : Die beschriebenen gesundheits - und kommunikationsfördernden Effekte der Raumgestaltung stellen
sich nicht automatisch ein, sondern setzen eine Verständigung der pädagogischen Fachkräfte über eine entsprechende Raumnutzung voraus. Die Lernräume und Schulmöbel sind lediglich Werkzeuge für ein gesundheitsförderndes Leben und ein kommunikationsförderndes Lernen. Ihre Wirkung
können sie erst in den dafür sensiblen Händen pädagogischer Profis entfalten. Die Esskultur kann schlimmstenfalls trotz wohnlich gestalteter Räume
verkommen, die Kooperation zwischen Kollegen und Kolleginnen kann
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Das Herforder Modell
scheitern. Transparente Räume können durch eine übermäßige Bebilderung
zugehängt werden, und handlungsorientiertes Lernen kann durch ungeeignete Arbeitsmaterialien oder Arbeitsaufträge misslingen. Der Lernraum ist
der dritte Pädagoge, der im günstigsten Fall die Verständigung zwischen den
Lehrenden und Lernenden unterstützt. Ohne eine Einstimmung auf diesen
«dritten Kollegen» und ohne eine Eingewöhnungsphase kann sich sein Potenzial nicht voll entfalten. Die Grundvoraussetzung für die pädagogische Wirksamkeit des Raumes ist die methodische Kompetenz der Lehrenden, selbst
gesteuertes und handlungsorientiertes Lernen zu initiieren und zu begleiten.
2.7
Ein Modell zur Vernetzung von Raum - und Zeitplanung
Wo Schulen eigene Ganztagszüge aufbauen, lässt sich der Schultag neu
rhythmisieren. Dabei kann dem Wechsel von Anspannung und Entspannung
ebenso Rechnung getragen werden wie den unterschiedlichen Bedürfnissen
von Frühaufstehern und Langschläfern. Bei einer geschickten zeitlichen Gliederung des Schultages lässt sich außerdem die multifunktionale Nutzung der
Lern - und Lebensräume optimieren. Dies gelingt dort am besten, wo eine
mehrzügige Schule in überschaubare dezentrale Arbeitseinheiten gegliedert
ist, die über ein eigenes räumliches Revier verfügen. In einer vierjährigen
Grundschule kann die Arbeitseinheit beispielsweise aus einem Ganztagszug
der Klassen 1 – 4 bestehen. Denkbar ist aber auch, je zwei parallele Ganztagsklassen der Stufe 1 und 2 bzw. 3 und 4 zu einer Arbeitseinheit von insgesamt
vier Klassen zusammenzufassen. ( Eine Reihe von Gesamtschulen haben Arbeitseinheiten auf der Ebene einzelner Jahrgangsstufen gebildet. )
Unabhängig von der Frage, ob einer möglichst altersgemischten oder
einer altershomogenen Zusammensetzung der Vorzug zu geben ist, bietet
eine überschaubare Arbeitseinheit einen angemessenen sozialen Handlungsrahmen für eine verantwortungsbewusste, multifunktionale Nutzung des
Lernreviers. Wie sich die Raumnutzung durch eine geschickte Zeitplanung
im Rahmen von gebundenen Ganztagsschulen optimieren lässt, soll nachfolgend am Beispiel des dargestellten fraktalen Neubaugrundrisses modellhaft
erläutert werden.
22
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Neue Qualitätsstandards im «fraktalen» Neubau
7.30 – 9.00 :
Flexibler Schulbeginn
7.30 – 8.30 :
Möglichkeit zum ( gesondert bezahlten ) Frühstücken im Klassenraum 1,
anschließend Aufräumen
7.30 – 9.00 :
Möglichkeit zum Lesen oder zum Arbeiten bzw. Spielen am Computer
im Selbstlernzentrum vor dem Teamraum ( mindestens eine pädagogische
Fachkraft im Teamraum )
8.00 – 8.45 :
Möglichkeit für freies Arbeiten und Spielen in den Klassenräumen 2
und 4 ( evtl. Wochenplanarbeit ) für Frühaufsteher,
anschließend Aufräumen
9.00 – 10.30 :
Lernphase I
9.00 :
Obligatorischer Schulbeginn für alle Schüler
Lernen im Klassenverband, ggf. unter Nutzung
des Selbstlernzentrums und der ( klasseneigenen ) Terrasse
10.30 – 11.00 :
Pause
Getränke ( und kleine Zwischenmahlzeit ) im Klassenraum
Bewegung und Spiel auf dem Schulhof bzw. ( bei Regen ) im Forum
11.00 – 12.30 :
Lernphase II
Lernen im Klassenverband, ggf. unter Nutzung des Selbstlernzentrums
und der ( klasseneigenen ) Terrasse
Alternativ : Lernen in klassenübergreifenden Projekten
12.30 – 14.00 :
Mittagspause
Bewegung und Spiel auf dem Schulhof
Parallel bis spätestens 13.00 : Eindecken der Tische in den Klassenräumen
für ein Mittagessen in Kleingruppen ( Tischdienst durch wechselnde
Schülergruppen )
Gemeinsames Essen im Klassenverband unter Beteiligung
von mindestens einer pädagogischen Fachkraft
Spätestens 13.40 : Abdecken der Tische und Aufräumen
des Klassenzimmers durch wechselnde Schülergruppe
14.00 – 14.45 :
Klassenübergreifendes Lernen
Leistungsdifferenzierte Lernangebote, z.B. :
Klassenraum 1 : Mathe 1
Klassenraum 2 : Mathe 2
Klassenraum 3 : Sprache 1
Klassenraum 4 : Sprache 2
23
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Das Herforder Modell
( Die verschiedenen Klassenzimmer sollten über eine entsprechende
Ausstattung an mathematischen bzw. sprachlichen [ Selbst -] Lernmaterialien und didaktischen Spielen verfügen )
Alternativ : Lernen in klassenübergreifenden Projekten,
die sich auch über einen gesamten Nachmittag erstrecken können.
Dabei Nutzung des gesamten fraktalen Schulgebäudes
und ggf. des Freigeländes
14.50 – 16.00 :
Neigungsorientierte Angebote
Klassenraum 1 :
Malen, Kneten, evtl. Töpfern,
Klassenraum 2 :
Lesen, Ruhen, Stillarbeit
Klassenraum 3 :
Bauen, Basteln, Spielen
Klassenraum 4 :
Freiarbeit und ggf. Wochenplanarbeit
insbesondere für Langschläfer
Selbstlernzentrum :
Computerarbeit / Computerspiele
Alternativ auf der Bühne : Theater AG
Zusätzlich :
Nach 16.00 :
Nutzung der Sporthalle, des Freigeländes,
des Musikraumes sowie ggf. anderer
Fachräume der Schule und außerschulischer
Lernorte
Bedarfsangebote, temporär
Klassenraum 4 :
Verlängertes Betreuungsangebot
Klassenraum 1 :
Elterntreff
Klassenraum 2 :
Lehrergesamtkonferenzen / Besucherschulung
Klassenraum 3 :
Volkshochschulangebote, die von
pädagogischen Fachkräften der Schule
erbracht werden
Bühne :
Theater AG im Stadtteil
Bühne und Forum :
Stadtteilbezogene Versammlungen,
Aufführungen usw.
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Neue Qualitätsstandards im «fraktalen» Neubau
Eine derart multifunktionale Nutzung von Lern - und Lebensräumen einer
Schule setzt eine angemessene Raumausstattung voraus. So muss der Klassenraum 4 beispielsweise nicht nur hinreichend mit Regalen für Büchertaschen und persönliche Arbeitsmaterialien der Schüler ausgestattet sein,
sondern daneben auch über Regale und Schränke für allgemeine Freiarbeitsmaterialien sowie für die Sprachförderung verfügen. Im Klassenraum 3 ist
neben der Grundausstattung an Schülerregalen insbesondere Lagerkapazität
für die Materialien zur Sprachförderung sowie für Baukästen und Baumaterial vorzuhalten. Im Hinblick auf Lehrerkonferenzen und Besucherschulung
ist im Klassenraum 2 eine multimediale Präsentationstechnik bereitzustellen.
Alle Klassenräume sollten so möbliert sein, dass Kinder wie Erwachsene ( an
den Tischen ) gleichermaßen gut sitzen und arbeiten können ( einheitliche
Stühle mit höhenverstellbaren Fußrasten ).
Nicht nur wegen der erforderlichen Lagerkapazität, sondern auch im
Hinblick auf einen hinreichenden Bewegungsraum müssen multifunktional
genutzte Lernräume eine angemessene Raumgröße bieten. Im Beispiel der
fraktalen Schule liegt diese bei ca. 85 m 2 und erreicht damit etwa die 1,5 - fache
Größe vieler herkömmlicher Klassenzimmer.
Im Rahmen von Altbau-Umbauten können ähnliche Größenverhältnisse
überall dort erreicht werden, wo sich aus drei herkömmlichen Klassenzimmern ein Lernrevier für zwei Klassen bilden lässt. Angesichts der demografischen Entwicklung ergeben sich diese Möglichkeiten insbesondere dort, wo
die Schülerzahlen so weit abnehmen, dass auf Dauer weniger Klassen gebildet werden. Ideale Bedingungen für die räumliche Umgestaltung von Altbauten sind gegeben, wenn eine ehemals dreizügige Schule zukünftig nur
noch zweizügig geführt wird. Aber auch in Schulen, die von der Vierzügigkeit zur Dreizügigkeit wechseln, ergibt sich nach einer gründlichen räumlichen Bestandsaufnahme ( unter Einbeziehung von Fachräumen, Materiallagern und Dachgeschossen ) nicht selten ein hervorragendes räumliches Umgestaltungspotenzial. Bevor Schulträger einzelne Schulen wegen abnehmender
Schülerzahlen schließen, sollten sie die Chancen prüfen, die die demografi sche Entwicklung für eine zukunftsfähige Gestaltung schulischer Lern und Lebensräume bietet.
25
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3
Perspektiven für die Altbau-Umgestaltung
3.1
Das Neubauprojekt als Vorbild für den Altbau-Umbau ?
Das dargestellte Neubauprojekt, das eine Erweiterung eines vorhandenen
Schulgebäudes darstellt, war schulintern keineswegs unumstritten. Schulleitung und Kollegium sorgten sich, dass die Diskrepanzen zwischen den Altbau - und Neubauklassen zu groß würden und es im Kollegium zu Konfl ikten
um die Nutzung der Neubauräume käme. Immerhin werden zukünftig mindestens vier Ganztagsklassen im Altbau unterzubringen sein. Ein ähnliches
Problem sah der Leiter der Schulabteilung in Bezug auf alle Herforder
Grundschulen, die aufgrund der vorhandenen Bausubstanz nicht mit Neubaumaßnahmen rechnen können. Aus dieser Situation entstand der Vorschlag
für ein Konzept des Altbau-Umbaus, mit dem die Altbauklassen den qualitativen Standards des Neubauvorhabens angenähert werden können. In den
Sommerferien des Jahres 2004 wurde zu diesem Zweck ein modellhafter
Umbau von zunächst drei 64 m 2 großen Lernräumen durchgeführt. Dieser
dient als Experimentierfeld für den Altbau-Umbau aller Herforder Grundschulen.
Die Grundidee ist einfach. Die Kinder im zukünftigen Ganztagszug
bekommen einen um 50 Prozent erweiterten Lern - und Lebensraum, in
dem sie u.a. auch ihr Mittagessen einnehmen. Deshalb wurden drei nebeneinanderliegende Klassenräume zu einer räumlichen und sozialen Einheit
für zwei Klassen umgebaut. Dafür wurden die beiden Zwischenwände zum
mittleren Klassenraum auf einer Länge von ca. 5 Metern eingerissen und –
ab einer Höhe von ca. einem Meter – durch eine transparente Glaswand mit
( Schiebe - )Tür ersetzt. Eine Transparenz zum Flur wurde in diesem Fall
durch Glasausschnitte hergestellt, die sich in die vorhandenen Türen einpassen ließen.3
3
Vgl. ‹www.fraktale - schule.de›, Stichwort : Umbau, mit Download .
26
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Perspektiven für die Altbauumgestaltung
Abbildung 3 : Ein flexibles Raumkonzept : Wechsel von der Gruppenarbeit zum Sitzkreis
ohne Umräumen der Tische
Die beiden außen liegenden Räume werden weiterhin als Klassenzimmer
genutzt, während der mittlere Raum beiden Klassen als Multifunktionsraum
dient. Kuschel - und Leseecken, Medien - und Bastelecke, Aquarium und
Kochgelegenheit ( Küchenzeile ) oder auch Regale für Spiele und Freiarbeitsmaterialien, die die Bewegungsfläche im Klassenzimmer verringern, können
in den Multifunktionsraum ausgelagert werden. Nach kollegialer Absprache
sind vielfältige Nutzungsvarianten der drei Lernräume denkbar :
• Freiarbeit, Stationenlernen, Projektarbeit und anderes, bei denen sich die
Schülerinnen und Schüler der sozialen Einheit beliebig mischen und über
die drei Räume verteilen, die gegebenenfalls auch von einer Aufsichtsperson zu überschauen sind;
• wechselweise Nutzung des mittleren Raums durch jeweils eine der beiden Klassen;
• gemeinsame Nutzung des Multifunktionsraums durch Schülerinnen
und Schüler beider Klassen.
Die in Herford realisierte Lösung ist erheblich kostengünstiger als der Bau
einer Mensa und der Ausbau von Betreuungsräumen, die lediglich am Nachmittag genutzt werden. Während beim üblichen Raumkonzept für die offene
Ganztagsschule im Schnitt 2,5 Stühle ( mit entsprechenden Tischflächen )
pro Kind benötigt werden, besteht bei der Herforder Umbauvariante lediglich halb so viel Möblierungsbedarf. Stattdessen steht den Kindern ein deutlich vergrößerter Bewegungsraum zur Verfügung, den sie ganztägig nutzen
können.
27
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Das Herforder Modell
Auch wenn sich pädagogische Nebenfunktionen in einem benachbarten, gut
einsehbaren Raum auslagern lassen, bleibt es in herkömmlichen Klassenzimmern verhältnismäßig eng und unbeweglich. Beim Herforder Altbau-Umbau
konnte mittels eines neuen Möblierungskonzepts Abhilfe geschaffen werden.
Kernelemente sind flexible Dreieckstische, aus denen sich quadratische Arbeitsplätze für Vierergruppen bilden lassen ( ➡ Teil B ). Jeder der zurzeit sechs
Gruppen steht ein rollbares Regal zur Verfügung, in dem sich neben Büchertaschen und Eigentumsfächern diverse Lern - und Freiarbeitsmaterialien
unterbringen lassen. Die Regale lassen sich bei Bedarf zu Steharbeitsinseln
zusammenschieben oder als Raumteiler nutzen und erfüllen damit die gleichen Funktionen wie im fraktalen Neubau. Wesentliche Unterschiede zum
Neubau sind neben den unterschiedlichen Raumstrukturen :
• Vierer - statt Sechsergruppen ( das kann Vorteile für die Gruppenbildung
im ersten und zweiten Schuljahr haben ),
• freie Raummitte für einen Stuhlkreis o. Ä. nur bei maximal 24 Schülern,
• geringere räumliche Abtrennungen zwischen den Gruppen.
3.2
f_ 90 - Tische als multifunktionale Bausteine
für variable Schülerarbeitsplätze
Aus der Analyse von «Kommunikationsbeziehungen an Schülerarbeitstischen»
( ➡ Teil B ) entstanden im Rahmen des KOLEGE - Projekts an der Universität
Paderborn Entwürfe für dreieckige Schülerarbeitstische, die sich zu quadratischen Partner - und Gruppentischen unterschiedlicher Größe zusammenschieben lassen. Wegen der großen Flexibilität einerseits und des rechten
Winkels in der Spitze der gleichseitigen Dreieckstische erhielt der Tisch
den Arbeitstitel f_90, der für das spätere Serienprodukt übernommen
wurde. Die wichtigsten Eigenschaften dieses pädagogischen Arbeitsgerätes
lassen sich steckbriefartig zusammenfassen :
28
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Perspektiven für die Altbauumgestaltung
f_90 entstand aus der Suche nach Schülerarbeitsplätzen,
die dem Einzelnen mehr Bewegungsfreiheit geben, eine
konzentrierte Gruppenarbeit fördern und trotz häufig enger
Klassenzimmer einen unkomplizierten Wechsel der Sozialformen zulassen. Die Tischform wurde für Schulen entworfen,
die sich zu Häusern eines bewegten und bewegenden Lernens
entwickeln wollen.
Innovationen für
Häuser des Lernens
f_90 lässt sich platzsparend stapeln, ist rollbar und
hilft aufgrund seiner «Schubkarrenfunktion», die physische
Balance zu fi nden und zu halten.
Leicht zu rollen
und zu stapeln
f_90 ermöglicht einen schnellen und geräuscharmen
Wechsel der Arbeits - und Sozialformen von der Einzel und Partnerarbeit zu frontalen Präsentationsphasen oder
zum Stuhlkreis und – nicht zuletzt – zur konzentrierten
Kleingruppenarbeit.
Spontaner
Methodenwechsel
Der Tisch beansprucht nicht mehr Fläche als herkömmliche
Schultische, bietet aufgrund seines dreieckigen Zuschnitts
aber eine um mehr als 50 % vergrößerte Arbeitsplatzbreite
und Ellenbogenfreiheit.
Große Ellbogenfreiheit
Bei einer diagonalen Anordnung im Raum lassen sich
quadratische Gruppentischformationen platzsparend
aufstellen. Sie bieten den Lernenden eine optimal
zugeschnittene Bewegungsfläche.
Platzsparende,
diagonale Anordnung
Während bei herkömmlichen Reihen - und Hufeisenformationen nur ca. 0,5 m 2 freie Bewegungsfläche für die einzelnen
Lernenden verbleiben, bietet der f_ 90 - Tisch bei einer
geschickten Anordnung doppelt so viel Bewegungsraum
für die Einzel - , Partner - und Gruppenarbeit.
Verdoppelter
Bewegungsraum
Vierergruppen wird eine konzentrische und damit zugleich
konzentrationsfördernde ( ! ) Sitzformation geboten. Die
Blickwinkel zum Tischnachbarn sind optimiert und mit 45°
nur halb so groß wie an herkömmlichen Gruppentischen.
Konzentrationsfördernde
Konzentrik
Die kommunikationsfördernde Gruppentischformation wird
aufgrund ihrer Konzentrik zum Diagnoseinstrument für
Kommunikationsstörungen. Lernende, die sich längere Zeit
physisch aus der Konzentrik zurücknehmen, signalisieren
damit ihre innere Distanz zur Gruppe bzw. ihre momentane
psychische Verfassung.
Diagnose von Kommunikationsstörungen
Einzelgänger und soziale Außenseiter werden durch die konzentrische Gruppenformation eingeladen und aufgefordert,
sich in die Gruppe einzubringen. Damit wirkt f_90 als
Therapieinstrument zur sozialen Integration.
Integration von sozialen
Außenseitern
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Das Herforder Modell
f_90 wurde in erster Linie entworfen, um die räumlichen
Rahmenbedingungen für die Kleingruppenarbeit zu verbessern und damit den Erwerb von Schlüsselqualifi kationen wie
Kommunikationsfähigkeit und Kooperationsbereitschaft
zu erleichtern. Der dafür optimierte dreieckige Zuschnitt der
Tische ist unter Umständen gewöhnungsbedürftig.
Optimierung für die
Kleingruppenarbeit
Platzprobleme können insbesondere dort auftauchen,
wo mehrere gleichzeitig aufgeklappte Ringhefter und / oder
großformatige Bücher ohne Einsatz von Buchstützen
an Gruppentischen eingesetzt werden. ( Zur Schonung
der Nackenmuskulatur ist generell die Nutzung von
Buchstützen empfehlenswert. )
Gewöhnungs - und
Platzprobleme beachten
Sobald die Tische auseinandergerückt und als Einzelarbeitsplatz genutzt werden, können großformatige Arbeitsmaterialien so platziert werden, dass sie die Tischkanten überlappen.
Damit ergibt sich bei gleichbleibender Tischfläche die Möglichkeit zur Vergrößerung der Einzelarbeitsfläche.
Vergrößerung
der Einzelarbeitsfläche
f_90 bietet vielfältige Stellmöglichkeiten in dreieckigen,
quadratischen und achteckigen Formationen :
Vielfältige
Stellmöglichkeiten
• Gruppen( arbeits )plätze an quadratischen Tischformationen
mit variablen Kantenlängen und Tischflächen :
0,8 m × 0,8 m = 0,64 m 2 ( 2 Tische für 2 – 4 Personen )
1,13 m × 1,13 m = 1,28 m 2 ( 4 Tische für 4 – 6 Personen )
1, 6 m × 1,6 m = 2,56 m 2 ( 8 Tische für 6 – 10 Personen )
• ( Eck- )Arbeitsplätze für die konzentrierte Einzel - oder Partnerarbeit ohne und mit PC auf einer Dreiecksfläche von
0,32 m 2 ➝ 1 Tisch für 1 Person
0,64 m 2 ➝ 2 Tische für 1 – 2 Personen
1,28 m 2 ➝ 4 Tische für 2 – 3 Personen
Kreative Tischlandschaften in unterschiedlichen Größen
und vielfältigen Formationen
Die ersten 30 Prototypen dieses Tisches wurden im Herbst 2004 in einer der
Herforder Modellklassen eingesetzt und haben sich seitdem in der Praxis
bewährt. Die pädagogische Funktionalität dieses Tisches hat inzwischen
viele Schulleitungen, kommunale Verwaltungen und Raumplaner – nicht nur
in Deutschland – überzeugt. Insbesondere in Kombination mit einem flexiblen Tafelsystem ( vgl. Abschnitt 2.4 ) trägt der f_90 - Tisch inzwischen vielerorts zur Etablierung einer neuen, kommunikationsfördernden
Lernkultur bei ( aktuelle Abbildung vgl. ‹www.kvartet.de› ).
30
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Perspektiven für die Altbauumgestaltung
3.3
Lernreviere in engen Altbauten
Das räumliche und pädagogische Gestaltungspotenzial, das sich durch die
Kombination von f_ 90 - Tischen und dem flexiblen dänischen Tafelsystem ergibt, wird ausführlich und anhand farbiger Folien dargestellt in dem
Arbeitsheft : Lernräume – analysieren und gestalten ( vgl. Buddensiek 2006 ).
Aus diesem Arbeitsheft werden nachfolgend zwei verkleinerte Schwarz-WeißAbbildungen wiedergegeben, die aus dem Herforder Modellprojekt entwickelt wurden. Die Abbildungen zeigen modellhaft, wie sich selbst ein hundertjähriges Schulgebäude mit engen Räumen und dunklen Fluren durch
behutsame Baumaßnahmen und eine neue Möblierung umgestalten lässt.
Abbildung 5 : Von der Enge geschlossener Klassenräume …4
4
PROJEKTGRUPPE FLEXIBLES LERNEN – Entwurf : Dr. Wilfried Buddensiek,
Universität Paderborn
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Das Herforder Modell
Abbildung 6 : … zu einer ausgeweiteten Lernlandschaft5
Im Vergleich der Abbildungen 5 und 6 wird deutlich, wie aus einer geschlossenen und dunklen Flur - Schule ein offenes und helles Revier für eine soziale
Arbeitseinheit werden kann. Im Zentrum entsteht durch den Abriss einer
( tragenden ) Wand ein lichtdurchfluteter Mehrzweckbereich mit einer erhöhten Bühne, in die zwei – aus statischen Gründen erforderliche – Stützen
integriert sind. Nicht nur über den Multifunktionsraum, sondern auch über
die ca. vier Meter breiten verglasten Erker der Lernräume sowie durch die
Glasausschnitte in den Türen gelangt viel Tageslicht auf den ehemals innen
liegenden Flur. Dessen Linearität wird durch die Erker und die Bühne aufgelöst. Zugleich kann der Flur seine Fluchtweg - Funktion verlieren, wenn die
Brandschützer nicht länger von vier geschlossenen Schulklassen, sondern von
einer transparenten Arbeitseinheit ausgehen. ( In diesem Fall beginnt der
Fluchtweg erst an den beiden Enden des Flures. )
Mit dieser Form des Umbaus lassen sich selbst alte Lehranstalten in offene Häuser des Lernens verwandeln, wenn die Möglichkeit besteht, zwei von
sechs Klassenräumen für eine veränderte Nutzung aufzugeben.
5
PROJEKTGRUPPE FLEXIBLES LERNEN – Entwurf : Dr. Wilfried Buddensiek,
Universität Paderborn
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4
Gelingensbedingungen
des Herforder Modellprojekts
Schlüsselfragen
Die Herforder Neu - und Umbauvorhaben wurden inzwischen vielfach auf
Fachtagungen in verschiedenen Bundesländern sowie auf bundesweiten Kongressen präsentiert. Dabei fanden die ambitionierten und für deutsche Verhältnisse innovativen «Qualitätskriterien für die Raumgestaltung und -ausstattung von Ganztagsschulen im Primarbereich» und die darauf basierenden
Baumaßnahmen eine besondere Beachtung. Anerkennung und Bewunderung mischten sich dabei mit Fragen und Zweifeln :
• Wie konnten die für deutsche Verhältnisse innovativen baulichen und
räumlichen Umgestaltungsmaßnahmen in Herford – innerhalb relativ
kurzer Planungszeiten – gelingen ?
• Welche Schwierigkeiten und Konfl ikte hat es dabei gegeben, und wie
wurde damit umgegangen ?
• Inwieweit sind die Herforder Konzepte zum Neu - bzw. Umbau von
Schulen auf andere Orte übertragbar ?
Grundvoraussetzung : Die Bereitschaft zur Übernahme kommunaler
Verantwortung für die Qualität von Schule
Für die Qualitätsentwicklung von Schulen sind in Herford wie in ganz NRW
unterschiedliche Institutionen zuständig. Die Verwaltung und Unterhaltung
von Schulen ist je nach Schulform eine Aufgabe der Stadt oder des Kreises.
Die Schulaufsicht ist bei der unteren Schulbehörde angesiedelt, während die
Lehrkräfte Landesbedienstete sind, die sich die Schulen im Rahmen schulscharfer Ausschreibungen ( teilweise ) selbst aussuchen können. Der pädagogische und curriculare Handlungsrahmen der Schulen wird durch die Richtlinien und Lehrpläne des Landes im Rahmen seiner Kulturhoheit festgelegt.
Die Entwicklung von Schulprogrammen, spezifi schen Schulprofi len und
schuleigenen Curricula ist hingegen eine Aufgabe der Einzelschulen. Die Initiative zum Ausbau von Ganztagsschulen sowie die Bereitstellung von Fördermitteln ist vom Bund ausgegangen, der die Verteilung dieser Mittel an die
Länder delegiert hat. Die Bereitstellung eines mindestens zehnprozentigen
Eigenanteils ist Sache des Schulträgers, in diesem Fall der Stadt Herford, die
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26.01.2008 10:32:38 Uhr
Das Herforder Modell
ihren Eigenanteil sogar auf ca. 50 Prozent aufgestockt hat. Die Beurteilung
der Herforder Förderanträge und die Bewilligung der beantragten Mittel für
den Um - und Ausbau der Schulen erfolgt beim Regierungspräsidenten in
Detmold. Die bauliche Umsetzung vor Ort ist Aufgabe des Schulträgers und
wird in Herford unter der Regie des Hoch - und Tiefbauamtes durchgeführt.
Durch den Ganztagsbetrieb kommt es zu weiteren institutionellen Zuständigkeiten, die vor allem die unterschiedlichen Jugendhilfeträger auf kommunaler Ebene wie auf Landesebene betreffen. Insgesamt sind die Verantwortlichkeiten für die Qualität der ( Ganztags - )Schulentwicklung so verteilt, dass
sich daraus keine Gesamtverantwortung einer einzelnen Institution ergibt.
In diesem Dschungel der Zuständigkeiten hat die Stadt Herford die Initiative für die Qualitätsentwicklung ihrer elf Grundschulen ergriffen und
dabei die Unterstützung der Schulaufsicht und des Regierungspräsidiums
gefunden. Ausschlaggebend war der parteienübergreifend mitgetragene politische Wille, die Standortqualität der Stadt Herford durch innovative Bildungsangebote zu verbessern. Dieser Wille der Kommune, Verantwortung
für die Grundschulentwicklung zu übernehmen, wurde in der Startphase der
Ganztagsschuldebatte insbesondere durch die Vorsitzende des Schulausschusses und den Bürgermeister offensiv vertreten. Sowohl der Leiter der
Schulabteilung als auch der Leiter des Hoch - und Tiefbauamtes griffen den
politischen Auftrag unverzüglich auf und entwickelten in enger Abstimmung
mit der Politik eine Strategie zur Umsetzung. Dabei spielte die Formulierung
eines mit allen Beteiligten abgestimmten Leitbilds eine zentrale Rolle.
Synergie als zentraler Erfolgsfaktor
So grundlegend wie die eingangs gestellte Frage nach den Gelingensbedingungen ist, so schwierig ist es, darauf eine hinreichende Antwort zu fi nden.
Einerseits sind es vielfältige lokale Rahmenbedingungen, die in ihrem konstruktiven Zusammenwirken zum Gelingen der Herforder Projekte beigetragen haben, andererseits aber ist der Erfolg maßgeblich auf ein Projektmanagement zurückzuführen, das mit den gegebenen Rahmenbedingungen
und auftretenden Schwierigkeiten geschickt umzugehen wusste. Es macht
deshalb wenig Sinn, einzelne lokale Bedingungen oder einzelne Maßnahmen
der Projektleitung aufzulisten, zu beschreiben oder zu analysieren, weil der
Herforder Erfolg nur aus dem synergetischen Zusammenwirken vielfältiger
Faktoren zu erklären ist. Darum werden die Gelingensbedingungen in einer
Synopse zusammengefasst.
34
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Gelingensbedingungen des Herforder Modellprojekts
Drei grundlegende Erfolgsfaktoren
In den äußeren Sechsecken von Abbildung 7 werden drei grundlegende Erfolgsfaktoren herausgestellt und in jeweils sechs Unterpunkten stichwortartig
erläutert :
• eine konsequente Zielorientierung,
• eine intensive Information und Kommunikation zwischen den Prozessbeteiligten,
• eine problemlösungsorientierte Kooperation aller Planungsbeteiligten.
Gesundheitsförderung
Politischer Wille zum
flächendeckenden Ausbau
von offenen Stellen
Entwicklung von
Lernkompetenz
Kommunikationsförderung
Aufbau von
Ganztagszügen
Informations- und
Gestaltungsworkshops:
Lernräume
Stand der Pädagogik
und der Schularchitektur
Informations- und
Gestaltungsworkshops:
Ganztagespädagogik
Studienfahrten
Information und
Kommunikation
Erwerb von
Teamfähigkeit
Zielorientierung
Übernahme kommunaler
Verantwortung für
die Qualität von Schule
Qualitätskriterien für
die Raumgestaltung
wissenschaftliche
Begleitung
Synergie
als zentraler
Erfolgsfaktor
freie
Architekten
Projektsteuerung
Kooperation
Lehreraustausch
Sicherheitsvorschriften
Schulleistungen
Schulaufsicht
Bauverwaltung
Kommunale
Schul-,
Jugendhilfe und Baupolitik
Schulverwaltung
Abbildung 7 : Gelingensbedingungen des Herforder Modellprojekts
Eine besondere Bedeutung haben die beiden Klammern, die ineinandergreifend das mittlere Sechseck bilden. Die Projektsteuerung einerseits und die
wissenschaftliche Begleitung andererseits wirken komplementär und sichern
die zielorientierte Information und Kommunikation ebenso wie die zielorientierte Kooperation der Planungsbeteiligten.
35
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Das Herforder Modell
5
Zusammenfassung und Ausblick
Die Enge herkömmlicher Klassenzimmer erweist sich als ein Haupthindernis
beim Umbau unserer Schulen zu Häusern eines gesundheits - und kommunikationsfördernden Lernens. Bei vorhandenen Schulgebäuden sind grundsätzlich zwei Problemlösungen denkbar, die sich im Idealfall miteinander
kombinieren lassen :
1. eine zugleich raumsparende und kommunikationsfördernde Möblierung
der vorhandenen Unterrichtsräume,
2. eine Ausweitung des Lern - und Lebensraumes durch räumliche Erweiterungen bzw. zusätzliche Nutzung von Nebenräumen.
Maßnahmen einer gesundheits - und kommunikationsfördernden Gestaltung
von Lehrer - und Schülerarbeitsplätzen können sich darüber hinaus auf die
Bildung dezentraler Reviere für Arbeitseinheiten von ca. 60 bis 100 Schüler
beziehen ( z.B. altersgleiche Jahrgangsgruppen oder altersgemischte Züge ).
Bei diesem Konzept von kleinen Schulen in der großen Schule gehen schulorganisatorische Maßnahmen der Teambildung mit baulichen Maßnahmen
einher ( Teamräume mit vollwertigen Arbeitsplätzen/bauliche Verantwortungsbereiche mit Reviergrenzen ).
Räumliche Umgestaltungsmaßnahmen sind kein Selbstzweck, sondern
stehen im Dienste einer neuen Lernkultur, bei der der Erwerb von Schlüsselqualifi kationen wie Kommunikations - und Teamfähigkeit – nicht nur aus
Gründen des Gesundheitsschutzes – eine besondere Rolle spielt (➡ Teil B ).
Die Umgestaltung von Lehrer - und Schülerarbeitsplätzen kann nur dort
zu einem erfolgreichen Mittel der Etablierung einer gesundheitsfördernden
Lernkultur werden, wo sie mit der Arbeit am Schulprogramm und der Reflexion über die Rolle von Lehrenden und Lernenden einhergeht.
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Gelingensbedingungen des Herforder Modellprojekts
Während eine neue Rhythmisierung des Lernens sich zunächst auf eine
Veränderung immaterieller Zeitstrukturen beschränken kann, bedeuten
räumliche Veränderungen Eingriffe in die vorhandene Materie. Derartige
Eingriffe kosten Geld und setzen Investitionsentscheidungen voraus. Diese
werden häufig nicht schulintern getroffen, sondern von externen Schulverwaltungsexperten und Baufachleuten, die Schule und Unterricht aus einer
anderen Perspektive wahrnehmen als Pädagogen und Pädgoginnen.
Eine erfolgreiche Umgestaltung von Schulen und Lernräumen erfordert
eine neue Kommunikations - und Planungskultur und setzt eine zielorientierte Verständigungsbereitschaft zwischen Pädagogen, Schulbauplanern und
Schulverwaltungsexperten voraus. Am Beispiel der Neu - und Umbaupläne
der Stadt Herford wird das Innovationspotenzial erkennbar, das durch eine
von Synergie getragene multiprofessionelle Planungsarbeit erwachsen kann.
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Literatur
Bildungskommission NRW ( 1995 ) : Zukunft der Bildung – Schule der Zukunft. Denkschrift der Kommission «Zukunft der Bildung – Schule der
Zukunft» beim Ministerpräsidenten des Landes Nordrhein - Westfalen.
Neuwied : Luchterhand.
Buddensiek, W. ( 2001 ) : Zukunftsfähiges Leben in Häusern des Lernens.
Göttingen : Verlag Die Werkstatt.
Buddensiek, W. ( 2006 ) : Lernräume – analysieren und gestalten. Stuttgart :
Deutscher Sparkassenverlag.
Capra, F. ( 1996 ) : Lebensnetz. Ein neues Verständnis der lebendigen Welt.
Bern : Scherz.
Frey, B. ( 2005 ) : Ganztag als kommunale Gestaltungsaufgabe. Ein Praxisbericht aus NRW. Arbeitshilfe 4 der Deutschen Kinder - und Jugendstiftung ( Hrsg. ). Berlin. ‹www.djks.de›.
Mandelbrot, B.B. ( 1991 ) : Die fraktale Geometrie der Natur. Basel : Birkhäuser.
Mattsson, I. ( 1995 ) : Skola 2000 – Framtidens Skola. In : Skola 2000 ! – en
antologi. Stockholm : Skolverket.
Watschinger, J. / Kühebacher, J. ( Hrsg. ) ( 2007 ) : Schularchitektur und neue
Lernkultur. Neues Lernen – Neue Räume. Bern : h.e.p.
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Inhalt
1
2
3
Begründungszusammenhänge ...................................................... 3
1.1
Gründe und Ziele einer pädagogisch
funktionalen Lernraumgestaltung ....................................... 3
1.2
Kommunikations - und Teamfähigkeit
als Schlüsselqualifi kationen .................................................. 5
1.3
Der Zusammenhang von Kommunikationsfähigkeit
und Gesundheit................................................................... 5
1.4
Kommunikationsfähigkeit
durch handlungsorientiertes Lernen erwerben ..................... 7
Problemanalysen und Lösungsansätze ......................................... 9
2.1
Engpass : Bewegungsraum ................................................... 9
2.2
Gruppenarbeitsplätze im Vergleich ...................................... 11
2.3
Die Lärmspirale................................................................... 17
2.4
Qualitätsstandards für gesundheits und kommunikationsfördernde Lernräume ......................... 21
Zusammenfassung und Ausblick .................................................. 25
Literatur ............................................................................................... 27
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1
Begründungszusammenhänge
1.1
Gründe und Ziele einer pädagogisch
funktionalen Lernraumgestaltung
Die Lernraumgestaltung wird hier nicht als architektonischer Selbstzweck,
sondern als Mittel zur Etablierung und Förderung einer neuen Lernkultur
verstanden. In diesem Sinne ist die Lernraumgestaltung in erster Linie eine
funktionale Aufgabe, bei der ästhetische Aspekte allerdings nicht zu kurz
kommen dürfen.
Gemäß der architektonischen Formel, dass die Form der Funktion folgt,
geht es in diesem Beitrag zunächst um den ersten Schritt einer pädagogischen
Funktionsbestimmung. Der zweite Schritt – der Formgebung, Materialauswahl und Farbgestaltung – wird durchaus als bedeutsam für das Lernklima und
die «Wohlfühlatmosphäre» gesehen, an dieser Stelle jedoch nicht vertieft.
Ein Lernraum, der ausschließlich in funktionaler Hinsicht optimiert ist,
kann unter Umständen ästhetisch dermaßen abstoßend wirken, dass die Qualität des Lernens darunter erheblich leidet. Andererseits ist aber mit einer
vorrangig ästhetischen Umgestaltung vorhandener Räume im Hinblick auf
eine neue Lernkultur so lange nichts gewonnen, als die konventionelle Möblierung die Bewegungsspielräume einengt, die Dominanz von Frontalunterricht fördert und die soziale Kommunikation behindert.
Eine Lernraumgestaltung, die der Gesundheits - und Kommunikationsförderung dienen soll, muss sich auf der Mikroebene mit der Qualität einzelner Schüler - und Lehrerarbeitsplätze befassen, auf der Mesoebene die gesamte
Ausstattung einzelner Räume betrachten und auf der Makroebene danach
fragen, wie die einzelnen Lernräume baulich angeordnet und den Fluren,
Nebenräumen, Lehrerarbeitsräumen, der Mediothek usw. zugeordnet sind.
Abbildung 1 verdeutlicht, dass sich die Gründe und Ziele für eine Um oder Ausgestaltung von Lernräumen aus unterschiedlichen Zusammenhängen ableiten lassen. Die Bedeutung einer gesundheitsfördernden Lernumgebung wächst mit der Länge des Schultages und erhält im Lebensraum einer
Ganztagsschule besonderes Gewicht. In «Häusern des Lernens» kann eine
angemessene Raumgestaltung der Entwicklung von Lernkompetenz dienen
und den Erwerb von Teamfähigkeit unterstützen.
3
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Lernräume als gesundheits - und kommunikationsfördernde Lebensräume gestalten
Eine durchdachte Lernraumgestaltung kann die physische, die psychische
und die soziale Gesundheit auf vielerlei Weise fördern. Nicht zuletzt fördert
sie die Kommunikationsfähigkeit, die unter Gesundheitsaspekten eine wichtige Rolle spielt, aber in Verbindung mit der Teamfähigkeit auch eine lebensbedeutsame Schlüsselqualifi kation darstellt.
Die in Abbildung 1 dargestellten Stichworte bilden keine trennscharfen
und analytischen Kategorien, sondern verweisen mit ihren inhaltlichen Überschneidungen auf einen eng vernetzten Begründungszusammenhang für
eine «gute und gesunde Schule» ( vgl. Hundeloh et al. 2005 ).
Die Schule als
(ganztägiger) Lebensraum
• von der Belehrungsschule
zum «Haus des Lernens»
• von der Nachmittagsbetreuung
zur rhythmisierten Ganztagsschule
• der Lebensraum als Anlass und GegenEntwicklung
Erwerb
stand eines selbstreflexiven Lernens
von Lernkompetenz
von Teamfähigkeit
• Heterogenität und Altersmischung
• vom fremdbestimmten Unter• Teamfähigkeit als berufliche
als Chance für die Persönlichricht zu selbstbestimmtem Lernen
und private Schlüsselqualifikation
keitsentwicklung und als
Herausforderung
für
die
• von der Schulmüdigkeit zum
• vom Einzelkämpfer zum Teamworker
Schulentwicklung
Interesse am lebenslangen Lernen
• vom Lehrerkollegium zu teilautonomen
• Methodenkompetenz und Zeitmanagement
multiprofessionellen Pädagogenteams
• neue Lernkultur: Individuelle Förderung
• von der (gelenkten) Schulklasse zur
und Zusammenarbeit
(eigenverantwortlichen) Kleingruppe
➡ Anregungsreiche, multimediale
➡ teamorientierte Gestaltung
Lernumgebungen
von Schüler- und LehrerArbeitsplätzen
Gründe, Ziele und (➡) Mittel
➡ Selbstlernzentren
einer pädagogisch funktionalen
Gesundheitsförderung
• physisch, psychisch und
sozial bewegendes Lernen
• Empowerment und Erfahrung
der Selbstwirksamkeit
• Entwicklung einer Vertrauenskultur
• Rhythmisierung zwischen Spannungsund Entspannungsphasen
• gesunde Ernährung und Esskultur
➡ ergonomische, lärmmindernde
und flexible Arbeitsplatzund Lernraumgestaltung
Lernraumgestaltung
Kommunikationsförderung
• Konflikt-, Problemlösungsund Kommunikationsfähigkeit
als Schlüsselqualifikationen
• handlungsorientiertes, sinnstiftendes
Lernen in Kleingruppenarbeit
• Diskurskultur in Gesprächskreisen
➡ Lärmminderung durch Schallschutz
➡ flexible Möblierung für einen
reibungslosen Methodenwechsel
➡ konzentrische Sitzformationen, optimierte Kommunikationsdistanzen
Abbildung 1: Begründungszusammenhang einer pädagogisch funktionalen Lernraumgestaltung
4
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Begründungszusammenhänge
1.2
Kommunikations - und Teamfähigkeit
als Schlüsselqualifikationen
In einer sich rasch wandelnden Gesellschaft ist ein auf «Vorrat» gelerntes,
fachliches Spezialwissen schnell überholt. Stattdessen kommt es vermehrt auf
ein lebenslanges Lernen an, bei dem der Erwerb von Schlüsselqualifikationen
eine besondere Rolle spielt. Dazu zählen u.a. die Fähigkeit und Bereitschaft,
• Konfl ikte ( in der Sache oder zwischen Personen ) zu erkennen, anzunehmen bzw. konstruktiv zu lösen,
• Probleme möglichst selbstständig anzupacken und kreative Problemlösungen zu entwickeln,
• nicht nur mit Gleichgesinnten, sondern auch mit Andersdenkenden und
mit Menschen aus unterschiedlichen Nationalitäten zu kommunizieren,
• sich mündlich wie schriftlich mithilfe alter wie neuer Kommunikationsmedien zu verständigen,
• mit anderen Menschen sowohl sach - als auch personenbezogen in wechselnden Teams konstruktiv zusammenzuarbeiten.
Dieses gesamte Bündel von Schlüsselqualifi kationen wird nachfolgend vereinfacht unter dem Begriff der Kommunikationsfähigkeit zusammengefasst.
Die genannten Schlüsselqualifi kationen sind sowohl in der Arbeitswelt als
auch im gesamten gesellschaftlichen Leben von grundlegender Bedeutung.
Deshalb setzen sich Bildungsexperten bereits seit Längerem dafür ein, dass
die Kommunikationsfähigkeit in allen Schulstufen und Schulformen verstärkt
gefördert wird.
1.3
Der Zusammenhang von Kommunikationsfähigkeit
und Gesundheit
Im Rahmen einer guten, gesunden Schule gewinnen die genannten Kompetenzen eine besondere Bedeutung. Vielfach wird eine gesundheitsfördernde
Schule bis heute mit gesunder Ernährung und bewegungsfördernden Spiel und Sportangeboten assoziiert. Manche denken auch an ergonomische Möbel, eine schadstofffreie Raumluft, eine schalldämpfende Akustik oder eine
angemessene Beleuchtung. Diese Faktoren sind gewiss nicht unbedeutend
für die physische Gesundheit. Gesundheitswissenschaftler und Pädagoginnen
5
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Lernräume als gesundheits - und kommunikationsfördernde Lebensräume gestalten
gehen indessen von einem wesentlich weiter gefassten Gesundheitsbegriff
aus. Schon 1948 formulierte die Weltgesundheitsorganisation ( WHO ) : «Unter Gesundheit verstehen wir einen Zustand des vollkommenen körperlichen,
geistigen und sozialen Wohlbefi ndens und nicht nur das Freisein von Krankheit und Gebrechen.»
Als Grundbedingungen für Gesundheit wurden auf der WHO - Konferenz von 1986 in der Ottawa - Charta u.a. herausgearbeitet :
• ein stabiles Selbstwertgefühl ( das Kinder nur durch soziale Kommunikation aufbauen können ),
• Freundschaft und soziale Beziehungen ( die unmittelbar mit der Qualität
der Kommunikation zusammenhängen ),
• sinnvolle Arbeit und gesunde Arbeitsbedingungen ( die nicht zuletzt vom
sozialen Klima und der Qualität der Kommunikationsprozesse abhängen ),
• eine lebenswerte Zukunft ( die wir nur gemeinsam durch eine weltweit
vernetzte Kommunikation schaffen können ).
Kurzum : Zwischen Gesundheit und Kommunikation besteht ein unmittelbarer und unauflösbarer Zusammenhang. Im 21. Jahrhundert lässt sich die
Gesundheit der Weltbevölkerung zudem nur sichern, wenn wir einen weltweiten Prozess der nachhaltigen Entwicklung in Gang setzen, wie er von der
Uno - Konferenz für Umwelt und Entwicklung im Jahr 1992 in Rio de Janeiro
initiiert wurde. Die von 180 Staaten in Rio verabschiedete Agenda 21 fordert
die Verbreitung einer Partizipationskultur, die gerade auch von Kindern und
Jugendlichen mitgetragen werden soll. «Die Einbeziehung der heutigen Jugend in umwelt - und entwicklungspolitische Entscheidungsprozesse und die
Beteiligung an der Umsetzung von Programmen» ( Agenda 21, Kapitel 25.1 )
setzen eine hohe Kommunikationsfähigkeit bei den Jugendlichen voraus.
Aus einem weiteren Grund ist die Kommunikationsfähigkeit eine unerlässliche Schlüsselqualifi kation für die Erhaltung der geistigen Gesundheit :
Die boomende Informationsgesellschaft droht in der Flut der selbst geschaffenen Informationen unterzugehen, wenn es ihr nicht gelingt, Inseln der
Kommunikation zu schaffen, auf denen eine Verständigung über die Bedeutsamkeit und den Sinn der verfügbaren Informationen erzielt wird. Neben
der Fähigkeit und Bereitschaft, elektronische Kommunikationsnetzwerke zu
nutzen, wird eine verständigungsorientierte Face - to - Face - Kommunikation
– allein schon zur Vorbeugung gegen soziales Analphabetentum – eine zunehmend wichtigere kompensatorische und komplementäre Rolle spielen.
6
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Begründungszusammenhänge
1.4
Kommunikationsfähigkeit durch
handlungsorientiertes Lernen erwerben
Kommunikationsfähigkeit lässt sich nicht von Lehrenden durch herkömmlichen Frontalunterricht vermitteln, sondern nur durch die Lernenden selbst
im Rahmen eines schüler - und handlungsorientierten Unterrichts erwerben.
Diese Form des Unterrichts erfordert mindestens dreierlei :
1. Methodenkompetenz
Die Lehrkräfte müssen fähig und bereit sein,
• die Lernenden zu einem zunehmend selbstständigen Lernen in Einzel - ,
Partner - oder Gruppenarbeit anzuleiten,
• zugleich die Diskursfähigkeit und die Verständigungsbereitschaft im
Klassenverband zu fördern,
• dabei die Heterogenität der Lerngruppe zu beachten,
• Arbeitsaufgaben zu stellen, die den unterschiedlichen Fähigkeiten und
Interessen der Lernenden genauso gerecht werden wie dem curricularen
Auftrag der Schule.
2. Spezifische Lernmaterialien
Der Heterogenität von Lerngruppen kann man pädagogisch nur durch innere Differenzierung und Individualisierung des Lernens gerecht werden.
Dies erfordert ein spezielles Angebot an Lernmaterialien, die zum selbstständigen, spielerischen und entdeckenden Lernen anregen und die Selbstkontrolle fördern.
3. Flexibel nutzbare Lernräume
Selbstständiges, entdeckendes Lernen in wechselnden Sozialformen setzt einen
flexiblen zeitlichen und vor allem räumlichen Rahmen voraus. Der Wechsel
der Lernformen – von der Einzel - zur Gruppenarbeit oder zum Gesprächskreis, vom Experimentier - und Basteltisch zum PC - Arbeitsplatz, vom lebendigen Rollenspiel in die ruhige Leseecke oder zum abgeschirmten Stillarbeitsplatz – sollte in einem zukunftsfähigen Lernraum möglichst geräuschlos und
ohne großen Aufwand jederzeit möglich sein.
7
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Lernräume als gesundheits - und kommunikationsfördernde Lebensräume gestalten
Die pädagogisch gut begründete Idee eines schüler - und handlungsorientierten Lernens lässt sich nur dort angemessen umsetzen, wo die drei genannten Bedingungen zumindest annähernd erfüllt sind. Zunehmend haben
sich Lehrkräfte durch Fortbildungsmaßnahmen methodisch qualifiziert. In
günstigen Fällen steht auch ausreichendes Lern - und Freiarbeitsmaterial zur
Verfügung. Ansonsten lässt es sich bei ausreichender fi nanzieller Ausstattung
der Schulen beschaffen. Häufig aber bleibt ein ungelöstes oder mit den verfügbaren Mitteln nicht lösbares Raumproblem.
8
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2
Problemanalysen und Lösungsansätze
2.1
Engpass : Bewegungsraum
Unterrichtsräume mit herkömmlichen rechteckigen Partnertischen, wie wir
sie in den meisten deutschen Schulen vorfi nden, wurden ursprünglich für den
Frontalunterricht konzipiert. Bei der Raumplanung gingen die Bauexperten
von etwa 30 still sitzenden Schülerinnen und Schülern aus und ordneten nur
dem Lehrerarbeitsplatz eine Bewegungsfläche vor der Tafel zu. Die rechteckigen Möbel - und Grundrissformen waren und sind in Häusern der Belehrung äußerst praktisch, weil die Größe und die Form der Räume wie der
Möbel eine linear - rechtwinklige und frontal ausgerichtete Raumgestaltung
nahelegen oder aus Platzgründen sogar erzwingen.
Für die Zwecke des Frontalunterrichts haben sich 56 bis 63 m 2 große
Unterrichtsräume als ausreichend erwiesen, wenn man die Arbeitsplatzbreite
für den einzelnen Schüler auf ca. 65 cm begrenzt. Wie aber soll in derart
engen Räumen der Wandel vom Haus der Belehrung zum Haus eines bewegten und lebendigen Lernens gelingen ? Wie sollen 25 bis 30 Menschen
auf 56 bis 63 m 2 Grundfläche zur gleichen Zeit mit unterschiedlichen Arbeitsmitteln an verschiedenen Themen arbeiten können ? ( Zum Vergleich :
Die deutsche Arbeitsstättenverordnung sieht gemäß § 24 ( 1 ) pro Arbeitnehmer eine freie Bewegungsfläche von mindestens 1 m Breite und 1,5 m 2 Größe
als «unabdingbares Minimum» vor. )
In der Schule geht es nicht nur um Einzel - und Stillarbeit, sondern um
gemeinsames Arbeiten in Gruppen, in denen sich die Kommunikationsfähigkeit der Lernenden auch durch das Austragen von Konfl ikten entwickeln soll !
Wie lassen sich neben einem Lehrerarbeitsplatz beispielsweise fünf Sechsergruppen auf ca. 60 m2 Grundfläche so unterbringen, dass sie sich nicht gegenseitig beim Arbeiten behindern ? Pro Sechsergruppe verbleiben ca. 10 m 2
Fläche, auf der neben einem Gruppentisch auch Regale für Arbeitsmaterialien
unterzubringen sind. Ein 10 - m 2- Raum ist für sechs Personen nicht sehr groß
bemessen, aber wenn fünf dieser relativ kleinen Räume ohne trennende Wände
9
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Lernräume als gesundheits - und kommunikationsfördernde Lebensräume gestalten
ineinander übergehen, wird es nicht nur in akustischer Hinsicht mit 25 bis
30 Schülern ausgesprochen eng.
Die Gruppenarbeit stellt nur eine von verschiedenen Lernformen dar, die
für ein gesundheits - und kommunikationsförderndes Lernen als unverzichtbar anzusehen sind. Besonders viel Platz erfordern Kreisgespräche. Bei 30
Schülern benötigt man für den Stuhlkreis einen Mindestdurchmesser von
5,5 m. Für einen entsprechenden Stuhlkreis ist eine Fläche von 24 m 2 erforderlich. Wo steht diese Fläche in einem ca. 60 m 2 großen Raum zur Verfügung, in dem außerdem fünf Arbeitsgruppen unterzubringen sind ?
«Klassen ans Netz» lautet die bildungspolitische Devise. Medienecken
sind angesagt. Mehrere zumeist großvolumige Röhrenbildschirme plus Tastatur sind zusätzlich in den ohnehin engen Klassenräumen unterzubringen.
Offen bleibt allerdings die Frage : Wohin damit bei ca. 60 m2 Grundfläche,
fünf Arbeitsgruppen, einem Stuhlkreis mit 24 m 2 Flächenbedarf und 25 bis
30 Menschen, die im Laufe eines Schultages oder einer Unterrichtsstunde
mehrfach die Sozialformen wechseln wollen : vom Stuhlkreis zur Gruppenarbeit, von dort zur Einzelarbeit und wieder zurück in die Gruppen ?
Die nordrhein - westfälische Bildungskommission «Zukunft der Bildung
– Schule der Zukunft» hat darauf schon 1995 eine plausible Antwort gegeben : «Die Innenarchitektur der Schulen als ‹Häuser des Lernens› muss den
veränderten Lernformen entsprechend umgestaltet werden» ( 1995, S. 100 ).
Dieser Forderung ist uneingeschränkt zuzustimmen. Erstaunlich nur, dass in
der gesamten Denkschrift weder Perspektiven für eine angemessene Raumgestaltung entwickelt noch Hinweise auf grundlegende Gestaltungsschwierigkeiten und Finanzierungsprobleme gegeben werden. Wenn die pädagogisch und bildungspolitisch gut begründete Idee eines «Hauses des Lernens»
nicht schon an der Bausubstanz scheitern soll, wird man sich vordringlich um
eine angemessene Gestaltung der Lernräume kümmern müssen.
10
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Problemanalysen und Lösungsansätze
2.2
Gruppenarbeitsplätze im Vergleich
Der erste Schritt in Richtung auf ein Haus des Lernens beginnt häufig mit
dem Umräumen der Schultische. Für die Gruppenarbeit werden sie zumeist
zu einer rechtwinkligen Sechserformation zusammengestellt ( vgl. Abb. 2 ).
Fragwürdig ist dieses Vorgehen nicht nur wegen der geringen Sitzabstände
zwischen den einzelnen Arbeitsgruppen, sondern vor allem wegen der asymmetrischen Sitz - und Kommunikationsbeziehungen innerhalb der Sechsergruppe.
Eine zweite Gestaltungsalternative lässt sich erreichen, wenn die rechtwinkligen Schultische gegen Trapeztische1 ausgetauscht werden ( Kantenmaß
mindestens 80 × 160 cm ! ). Mit dieser räumlichen Veränderung werden die
Kommunikationsbedingungen innerhalb der Arbeitsgruppen nachhaltig verbessert. Die quantitativen und qualitativen Unterschiede zwischen den beiden Arbeitsplatzformen werden in Abbildung 2 in Form eines zusammenfassenden Vergleichstests einander gegenübergestellt.
Der sechseckige Tisch hat sich im Rahmen differenzierter Arbeitsplatzanalysen – auch im Vergleich mit runden Tischen – als idealer Arbeitsplatz für
Fünfer - und Sechsergruppen erwiesen. Er wirkt zugleich sozial integrierend
und zeigt dem Lehrer frühzeitig an, wo es zu Störungen im Gruppenprozess
kommt ( vgl. Buddensiek 2001, S. 208 ). Die diagnostischen und therapeutischen Vorteile des konzentrischen Gruppenarbeitsplatzes gehen allerdings
mit einer etwas kleineren Einzelarbeitsfläche einher, die gewöhnungsbedürftig ist.
1
Entscheidend für eine funktionale Lernraumgestaltung sind die hier angegebenen
Tischmaße. Für eine flexible Nutzung sollten die beiden 160 cm auseinanderliegenden
Tischbeine mit Rollen versehen sein.
11
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Lernräume als gesundheits - und kommunikationsfördernde Lebensräume gestalten
Im Vergleich
E
• herkömmliche
Schultische 50 × 130 cm
• Trapeztische
80/80/80/160 cm
• Breite Einzelarbeitsplatz
F
A
D
A
C
B
F
B
E
C
D
65 cm
ausreichend
> 80 cm >
gut
• Ellenbogenfreiheit
(30 cm von der Tischkante)
65 cm (+ x)
mangelhaft
(ausreichend)
120 cm
gut
• Breite des Knieraums
(25 cm unter dem Tisch)
50 – 55 cm
gut
52 cm
gut
• Breite des Fußraums
(40 cm unter dem Tisch)
50 – 55 cm
gut
35 cm
ausreichend
0,33 m 2
befriedigend
0,28 m 2
ausreichend
• Sitzabstand zur
Tischmitte (min–max)
50 – 90 cm
mangelhaft
70 cm
gut
• Blickwinkel zur
Tischmitte (min–max)
0°– 50°
mangelhaft
0°– 0°
sehr gut
• Blickwinkel zu den
Tischnachbarn (min–max)
0°– 90°
mangelhaft
60°– 60°
gut
• Kommunikationsdistanz*
(min–max)
2,0 – 4,5
mangelhaft
2,4 – 2,9
sehr gut
• symmetrische/asymmetrische Zweierbeziehung*
18/12
mangelhaft
30/0
sehr gut
• Einzelarbeitsfläche
• Gruppentische
als Diagnose- und
Therapieinstrument*
vollkommen
untauglich
hervorragend
geeignet
Gesamturteil
mangelhaft
gut
* Erläuterungen s. S. 190f.
Abbildung 2 : Vergleichstest I : Arbeitstische für Sechsergruppen
12
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Problemanalysen und Lösungsansätze
Im Vergleich
• herkömmliche
Schultische 50 × 130 cm
• flexi 90 ®-Tische
80/80/110 cm
• Breite Einzelarbeitsplatz
65 cm
ausreichend
110 cm
sehr gut
• Ellenbogenfreiheit
(30 cm von der Tischkante)
65 cm (+ x)
mangelhaft
(ausreichend)
175 cm
sehr gut
• Breite des Knieraums
(25 cm unter dem Tisch)
50 – 55 cm
gut
65 cm
sehr gut
• Breite des Fußraums
(40 cm unter dem Tisch)
50 – 55 cm
gut
35 cm
ausreichend
0,33 m 2
befriedigend
0,32 m 2
befriedigend
• Sitzabstand zur
Tischmitte (min–max)
60 cm
sehr gut
55 cm
sehr gut
• Blickwinkel zur
Tischmitte (min–max)
33°– 33°
befriedigend
0°– 0°
sehr gut
• Blickwinkel zu den
Tischnachbarn (min–max)
0°– 90°
mangelhaft
45°– 45°
sehr gut
• Kommunikationsdistanz*
(min–max)
2,0 – 3,0
befriedigend
2,1 – 2,6
sehr gut
• symmetrische/asymmetrische Zweierbeziehung*
12/0
sehr gut
12/0
sehr gut
• Einzelarbeitsfläche
• Gruppentische
als Diagnose- und
Therapieinstrument*
Gesamturteil
bedingt
tauglich
hervorragend
geeignet
kaum befriedigend
sehr gut
* Erläuterungen s. S. 190f.
Abbildung 3 : Vergleichstest II : Arbeitstische für Vierergruppen
13
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Lernräume als gesundheits - und kommunikationsfördernde Lebensräume gestalten
Erläuterungen zu den Schlüsselbegriffen der Abbildungen
1. Kommunikationsdistanz
Die Kommunikationsdistanz ( KD ) ist ein quantitativer Maßstab zur Beurteilung der möblierungsbedingten Kommunikationsbeziehungen zwischen jeweils zwei Personen. Insgesamt niedrige KDs, vor allem aber
geringe Unterschiede zwischen KD min und max sind Indikatoren für
günstige kommunikative Rahmenbedingungen am Arbeitsplatz, große
Unterschiede in den KDs und asymmetrische Zweierbeziehungen weisen
demgegenüber auf möblierungsbedingte Kommunikationshindernisse
hin ( vgl. auch die folgende Anmerkung 2 ).
In die Berechnung der KD fl ießen sowohl die ( teilweise unterschiedlichen ) Blickwinkel ( BW ) als auch die jeweilige Entfernung ( EF ) ein, in
der zwei Personen zueinander sitzen. Ausgehend von einer Grundsitzposition, bei der sämtliche Gruppenmitglieder ohne Verdrehen ihres
Körpers an ihren Arbeitsplätzen sitzen, werden BW und EF jeweils von
Tischkante zu Tischkante gemessen. Danach wird die KD gemäß folgender Formel errechnet :
( Zwischen zwei einander gegenübersitzenden Personen beträgt der Blick winkel 0°,
und der Blickwinkelfaktor liegt bei 1,0. )
Hinweis zur Platzierung von Gruppentischen im Lernraum
Um das Störpotenzial zwischen den Arbeitsgruppen zu vermindern, sollte
die kleinste Kommunikationsdistanz zu den Nachbargruppen mindestens
doppelt so groß sein wie die größte Kommunikationsdistanz innerhalb der
Gruppe. Unter günstigen Umständen lässt sich dieser Anspruch mit herkömmlichen Tischen bestenfalls bei Vierergruppen erfüllen.
14
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Problemanalysen und Lösungsansätze
2. Symmetrische / asymmetrische Zweierbeziehungen
Mit der Zahl der Gruppenmitglieder steigt die Zahl der möglichen Zweierbeziehungen sprunghaft an. Asymmetrische Zweierbeziehungen ( gestrichelt dargestellt ) treten ausschließlich in Sechserformationen auf, die
mit herkömmlichen rechtwinkligen Tischen gebildet sind. Aufgrund extrem ungünstiger Blickwinkel betreffen sie vor allem die Beziehungen
von C – E, D – E, A – F und B – F. Während die Kommunikationsdistanz
von F nach B lediglich bei 2,8 liegt, beträgt sie von B nach F 4,5. Damit
ist es unwahrscheinlich, dass es zwischen B und F zu einer konstruktiven
und andauernden Kommunikationsbeziehung kommt. Sofern F ein sozialer Außenseiter ist, ist es hingegen wahrscheinlich, dass seine Außenseiterrolle durch die dysfunktionale Gruppentischformation verstärkt wird.
Menschen, die sich ein besonderes Maß an Beachtung wünschen bzw.
die besondere Beachtung benötigen, werden in den Sitzpositionen E und
F regelmäßig enttäuscht, weil sie C bzw. B ständig vor Augen haben, von
ihnen aber durchweg nicht gesehen werden – es sei denn, sie machen
durch ihr ( störendes ) Verhalten auf sich aufmerksam ( vgl. auch Anmerkung 3 ).
3. Gruppentisch als Diagnose - und Therapieinstrument
Aufgrund einer konzentrischen, auf die Tischmitte hin fokussierten Sitzposition eignen sich sowohl der sechseckige als auch der quadratische
Gruppentisch hervorragend als Instrument zur Diagnose von Kommunikations - und Konzentrationsstörungen. Lernende, die sich aus der
konzentrischen Sitzformation zurücknehmen, sind leicht zu erkennen.
Sofern sie längere Zeit in dieser Sitzposition verharren, ist eine ( einfühlsame ! ) Klärung der Ursachen angezeigt.
Konzentrische Sitzformationen wirken auf der anderen Seite auf
( potenzielle ) Außenseiter integrierend. Es ist nicht leicht, sich der einladenden Geste der Sitzformation zu widersetzen. Insofern können sowohl
sechseckige Sechser - als auch quadratische Viererformationen eine therapeutische Funktion bei der Integration sozialer Außenseiter erfüllen.
15
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Lernräume als gesundheits - und kommunikationsfördernde Lebensräume gestalten
Die in der Schulpraxis verbreitete Form von Gruppenarbeitsplätzen, die aus
drei rechtwinkligen Partnertischen gebildet werden, weist mehrere gravierende Mängel auf, die zu einer starken Behinderung der gruppeninternen
Kommunikation führen. Die geringe Arbeitsplatzbreite schränkt die Ellenbogenfreiheit ein. Die Lernenden sitzen in unterschiedlichen Entfernungen
und Blickwinkeln zur Tischmitte, auf die sich der Arbeitsprozess in räumlicher Hinsicht konzentriert. Eine ungünstige Entfernung zu den übrigen
Gruppenmitgliedern korrespondiert häufig mit einem ungünstigen Blickwinkel. Die daraus resultierenden großen Kommunikationsdistanzen beeinflussen die Kommunikation nachhaltig negativ und können bis zur sozialen
Isolation einzelner Gruppenmitglieder führen ( vgl. auch die Erläuterungen 1
und 2 zu den Abbildungen 2 und 3 ).
Von der herkömmlichen Sechserformation ist deshalb dringend abzuraten, sofern sie nicht nur für den Frontalunterricht und die Partnerarbeit
genutzt wird, sondern einer konzentrierten Gruppenarbeit dienen soll.
Solange Schulen nur über herkömmliche Partnertische verfügen, sind sie
gut beraten, wenn sie diese nach Möglichkeit nur zu Vierergruppen zusammenstellen ( vgl. Abb. 3 ). Damit lassen sich nicht nur die gruppeninternen
Kommunikationsdistanzen reduzieren, vielmehr entfallen auch die asymmetrischen Zweierbeziehungen, die die herkömmliche Sechserformation besonders problematisch werden lassen.
Wesentlich besser lassen sich Vierergruppen allerdings mittels eines neu
entwickelten Dreieckstisches2 bilden ( vgl. Abb. 3 ). Dieser entstand aus der
Suche nach Schülerarbeitsplätzen, die dem Einzelnen mehr Bewegungsfreiheit geben, eine konzentrierte Gruppenarbeit fördern, die Diagnose von
Lernstörungen erleichtern und trotz häufig enger Klassenzimmer einen un®
komplizierten Wechsel der Sozialformen zulassen. Als f_90-Tisch
ist er
mit einer Rolle im vorderen Bein ausgestattet, sodass er sich wie eine Schubkarre problemlos bewegen lässt, wobei er Standfestigkeit durch die beiden
anderen Beine erhält. Der Tisch lässt sich auch von Grundschulkindern geräuscharm bewegen und kann in unterschiedlichen Formationen für die Einzel - , Partner - und Gruppenarbeit genutzt werden. Mehrere Tische lassen
2
Dreieckstische in der hier angegebenen Größe werden unter dem eingetragenen
Namen f_90 von der Firma kvartet angeboten. Mit ihren vielfältigen Nutzungsmöglichkeiten werden sie im Internet präsentiert unter ‹www.kvartet.de›.
16
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Problemanalysen und Lösungsansätze
sich zu achteckigen Konferenzformationen unterschiedlichster Größe ( für 8
bis 32 oder mehr Personen ) zusammenschieben.
Wo viel Bewegungsfreiheit gefragt ist und die Tische nicht gebraucht
werden, lassen sie sich aufgrund ihrer Formgebung und ihres relativ geringen
Gewichts hervorragend stapeln. Im Vergleich zu allen anderen Tischformen
bieten sie die weitaus größte Arbeitsplatzbreite und Ellenbogenfreiheit. Gegenüber herkömmlichen Gruppentischen halbieren die flexiblen Dreieckstische den Blickwinkel zum Tischnachbarn und tragen damit signifi kant
zu einer Verbesserung der Kommunikationsbedingungen bei. Insbesondere
kleine und / oder ungünstig zugeschnittene rechtwinklige Räume lassen sich
mit diesen Tischen am besten möblieren. Die dreieckige Arbeitsfläche ist allerdings etwas gewöhnungsbedürftig. Beim gleichzeitigen Einsatz großformatiger Hefte und Bücher ist unter Umständen eine Buchstütze angezeigt,
die aus ergonomischen Gründen ( zur Entlastung der Nackenmuskulatur )
ohnehin zu empfehlen ist.
2.3
Die Lärmspirale
Wo über Wege zu einer gesundheits - und kommunikationsfördernden Schule
diskutiert wird, spielt das Thema «Lärmminderung» eine maßgebliche Rolle.
«Klassenräume sind Kommunikationsräume – dazu muss man in ihnen aber
auch kommunizieren können», formuliert Maria Klatte vom Oldenburger
«Institut zur Erforschung von Mensch - Umwelt - Beziehungen» ( zit. nach
Goddar 2003, S. 8 ). Ihre Forschungsergebnisse fanden sowohl auf der Fachtagung der Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft ( GEW ) zum Thema
«Lärm an Schulen» im Dezember 2003 in Kassel als auch auf dem Kongress
der Gemeindeunfallversicherungsverbände ( GUVV ) zum Thema «Gute und
gesunde Schule» im November 2004 in Dortmund Gehör.
«Die wichtigste Kenngröße der Akustik in Räumen ist die Nachhallzeit.
Sie gibt ( in Sekunden ) an, wie lange ein Schallereignis nachklingt. Herrscht
in einem Raum eine zu lange Nachhallzeit, so werden beim Sprechen nachfolgende Silben durch den zu langen Abklingvorgang der vorhergehenden
verdeckt. Es kommt zu Verzerrungen des Sprachsignals, die die Sprachverständlichkeit verschlechtern» ( Klatte 2005, S. 144 ).
17
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Lernräume als gesundheits - und kommunikationsfördernde Lebensräume gestalten
Bei Kleingruppenarbeit, bei der verschiedene Menschen in mehreren Gruppen gleichzeitig reden, werden die Sprachsignale der einen Gruppe zu Störgeräuschen für alle anderen Gruppen. Um einen für das Sprachverständnis
hinreichenden Abstand zwischen Sprachsignal und Störgeräuschen zu wahren, wird in der Gruppe häufig lauter gesprochen, sodass sich wiederum die
Störgeräusche für die anderen Gruppen erhöhen. Insbesondere bei einer langen Nachhallzeit kann sich diese Lärmspirale so weit aufschaukeln, dass es
zugleich zu einer unerträglichen Lärmbelastung und zu Verständigungsproblemen kommt.3
«Das Lernen in lauten, halligen Räumen wird vor allem durch die schlechte Sprachverständlichkeit behindert. Ist der Störgeräuschpegel relativ zum
Sprachsignal zu hoch, werden Sprachlaute durch den Lärm maskiert, und die
Information wird falsch oder gar nicht verstanden. Das Gleiche gilt für
Sprachsignale, die aufgrund von zu langen Nachhallzeiten verzerrt beim Hörer ankommen. Zahlreiche Untersuchungen belegen, dass Kinder von solchen Störungen wesentlich stärker beeinträchtigt werden als Erwachsene»
( Klatte 2005, S. 145 ).
Besonders betroffen sind Kinder, die ohnehin Schwierigkeiten mit dem
Sprachverständnis haben, sei es aufgrund von Hörschäden oder weil sie
Deutsch als Zweitsprache noch nicht vollständig beherrschen. Kinder im Kindergarten - und Grundschulalter haben besondere Schwierigkeiten, sprachliche Informationen korrekt aufzunehmen und zu verstehen, wenn Störgeräusche vorhanden sind. Außerdem zeigen die Oldenburger Studien, dass die
Leistungen des Kurzzeitgedächtnisses von Erst - und Zweitklässlern schlechter wurden, wenn bei Stillarbeit eine Hintergrundsprache mittlerer oder geringer Lautstärke eingegeben wurde. «Diese Erkenntnisse sind für das Thema
‹Lärm in Schulen› von besonderem Interesse, da das Kurzzeitgedächtnis beim
Laut - und Schriftspracherwerb eine maßgebliche Rolle spielt. ( … ) Bei Aufgaben, die das sprachliche Kurzzeitgedächtnis erheblich beanspruchen, sollte
ganz besonders auf eine ruhige Lernumgebung geachtet werden. Hierzu gehören Lese - und Rechtschreibübungen im Anfangsunterricht, das verstehende Lesen schwieriger Texte durch geübte Leser, das Auswendiglernen, das
Kopfrechnen und das Lernen von Vokabeln» ( Klatte 2005, S. 147 ).
3
In einer gut besuchten Gaststätte, in der sich viele Menschen unterhalten, während
Musik gespielt wird, lässt sich dieses Phänomen besonders gut beobachten.
18
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Problemanalysen und Lösungsansätze
Eine möglichst ruhige Lernumgebung lässt sich am besten durch Stillarbeit
herstellen. Sobald neben der Einzelarbeit aus didaktischen Gründen andere
Sozialformen gefragt sind, wird es schwieriger. Partnerarbeit lässt sich noch
mit dem Auftrag verknüpfen, leise miteinander zu reden. Bei der Kleingruppenarbeit wird es insofern schwieriger, weil sich mehrere Menschen miteinander abstimmen müssen, wer wann redet bzw. zuhört. Diese soziale Auseinandersetzung kann die inhaltliche Auseinandersetzung überlagern und
den Lärmpegel in die Höhe treiben.
Eine besondere Herausforderung an die Raumakustik ergibt sich, wenn
die Kleingruppenarbeit das leisten soll, was sich viele Bildungsplaner von der
Schule der Zukunft erhoffen : ein lebensweltbezogenes Lernen, das die Kommunikationsfähigkeit der Lernenden in Auseinandersetzung mit gesellschaftlichen Konfl iktsituationen erhöht. Dies lässt sich zum Beispiel an einem
sozial kundlichen Unterricht illustrieren, der einen konkreten verkehrspolitischen Konfl iktfall als Ausgangspunkt des Lernens nutzt : Eine methodisch
versierte Lehrkraft regt ein Rollenspiel an, in dem sich verschiedene Interessengruppen bezüglich der Frage positionieren sollen : «Straßenausbau oder
Verbesserung der Eisenbahnanbindung ?» Für diese Lernsituation steht ein
Klassenzimmer herkömmlicher Größe zu Verfügung.
Zur Vorbereitung auf diese Spielsituation sollen sich sechs Interessengruppen fi nden ( Verkehrspolitiker, Umweltpolitiker, Interessengemeinschaft
Gewerbegebiet, Bürgerinitiative der Straßenanwohner, Vertreter der Bahn,
Vertreter des Speditionsgewerbes ). Zur Spielvorbereitung sollen diese Gruppen nicht nur ihre eigenen Interessen formulieren, sondern auch die möglichen Argumente der anderen Gruppen bedenken, um daraus – innerhalb
eines festgelegten Zeitrahmens – eine Argumentationsstrategie für eine
Konferenzsimulation zu entwickeln. Selbst wenn die Gruppenbildung – mit
geübten Schülern – reibungslos klappt, ergeben sich durch die gewählte –
und didaktisch gut begründbare – Methode erhebliche Anforderungen an
die Raumakustik sowie an das Sprechverhalten der sechs Arbeitsgruppen.
Wie lässt sich vermeiden, dass es in dieser Situation zu einer sich aufschaukelnden Lärmspirale kommt ?
Eine Antwort auf diese Frage lässt sich aus den Forschungsergebnissen
des Instituts für interdisziplinäre Schulforschung an der Universität Bremen
ableiten. Dessen Studie zu «Lärm in Bildungsstätten – Ursachen und Minderung» fand sowohl auf dem ersten Gesundheitstag der Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft ( GEW - NRW ) im September 2005 in Münster als
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Lernräume als gesundheits - und kommunikationsfördernde Lebensräume gestalten
auch auf vier annähernd zeitgleich durchgeführten Gesundheitstagen des
konkurrierenden Verbandes Bildung und Erziehung ( VBE - NRW ) bei den
Lehrern großes Interesse ( vgl. Schönwälder et al. 2004 ).
Anhand exemplarischer Lärmmessungen einerseits und durch Versuche
mit raumakustischer Dämmung andererseits konnte die Bremer Forschungsgruppe zeigen, dass durch technische Schallschutzmaßnahmen eine Reduktion
der Nachhallzeit auf unter 0,5 Sek. möglich ist. Damit werden die Vorgaben
der neu gefassten DIN 18041 zur «Hörsamkeit in kleinen bis mittelgroßen
Räumen» erfüllt. «Die Verbesserung der Schallabsorption in Klassenräumen
bedeutet physikalisch eine Reduzierung des Schallpegels um maximal 3 dB(A)»
(Schönwälder et al. 2004, S. 5). Bei einem Ausgangswert von 65 bis 70 dB(A)
erscheint dieser Wert für physikalische Laien als gering. Die Bremer Forscher
verweisen jedoch darauf, dass 3 dB( A ) – aufgrund einer logarithmischen Skalierung – einer Halbierung des Lärmpegels entsprechen.
Nach der akustischen Sanierung sank der in den Klassenräumen gemessene Lärmpegel tatsächlich weitaus stärker, nämlich um 6 bis 8 dB( A ). Dieser
Effekt ist vor allem auf das Sprechverhalten der Schüler in den sanierten Räumen zurückzuführen. «Wenn alles leiser ist, brauche ich auch nicht mehr
so laut zu reden», so die Aussage von Schülern. Diese Wahrnehmung wird
durch die Aussage einer Lehrerin noch bestätigt, die nach dem Umzug in die
sanierte Klasse sagte : «Ich habe das Gefühl vor einer neuen Klasse zu stehen.
Gemeint ist nicht der Klassenraum, sondern die Schülerschaft» ( zit. bei
Schönwälder et al. 2004, S. 5f. ). Das Bremer Forschungsteam beschreibt, wie
sich die Lärmspirale nach unten drehen lässt. Durch die Verringerung der
Nachhallzeit verringert sich der Störgeräuschpegel, und das Sprachsignal ist
selbst bei geringerer Lautstärke besser verständlich. Insbesondere bei einer
engagierten und konzentrierten Kleingruppenarbeit lässt sich dieser Effekt
durch eine optimierte Möblierung weiter verstärken ( vgl. Abschnitt 2.2 ).
Wenn die Kommunikationsdistanzen innerhalb einer Gruppe möglichst gering und die Blickkontakte optimiert sind, kann leiser gesprochen werden.
Sofern die Kommunikationsdistanzen zwischen den Gruppen möglichst
groß sind und es keine unmittelbaren Blickkontakte zwischen den Gruppen
gibt, sind die Störgeräusche aus den ( relativ leisen ) Nachbargruppen weniger
bedeutsam. Dieser Effekt der Lärmminderung lässt sich durch ein gezieltes
Verhaltenstraining von Lehrern und Schülern weiter steigern. Entsprechende
Unterrichtsmaterialien fi nden sich im Internet unter ‹http ://www.bzga.de›,
‹http :// www.ganzohrsein.de› sowie ‹http//www.german.hear - it.org›.
20
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Problemanalysen und Lösungsansätze
2.4
Qualitätsstandards für gesundheits und kommunikationsfördernde Lernräume
Auch wenn die Raumakustik ( 2.3 ), die Form der Schultische ( 2.2 ) und die
Größe der Lernräume ( 2.1 ) von besonderer Bedeutung für die Qualität von
Lernräumen sind, lässt sich diese nicht allein an den drei genannten Faktoren
festmachen. Im Rahmen des erziehungs - und arbeitswissenschaftlichen Forschungs - und Entwicklungsprojekts KOLEGE ( KOmmunikationsfördernde
LErnraum - GEstaltung ) wurden an der Universität Paderborn Qualitätsstandards ( sowie darauf aufbauende Qualitätschecks ) für eine pädagogisch
funktionale Lernraumgestaltung entwickelt, die hier in zusammengefasster
Form wiedergegeben werden (vgl. auch Buddensiek 2006, S. 39–56). Entscheidend für die Qualität von Lernräumen sind nicht einzelne Standards,
sondern das Zusammenwirken aller Qualitätsmerkmale.
1 Raumgröße und Raumzuschnitt
Räume für ein bewegtes und bewegendes Lernen bieten mindestens 2,5 m2
Grundfläche pro Lernenden. Die Raumgröße ist am «Klassenfrequenzhöchstwert» ausgerichtet. Dieser wird vom Kultus- bzw. Schulministerium
vorgegeben und kann von Bundesland zu Bundesland bzw. von Schulform zu Schulform variieren. Im Zweifelsfall ist von 30 Lernenden auszugehen.
2 Stellfläche der Schülertische
Um eine flexible Lernraumgestaltung für ein bewegtes Lernen zu ermöglichen, liegt die benötigte Stellfläche für die Schülerarbeitstische
( ohne Sonderarbeitsplätze wie Medienecken o. Ä. ) unter 15 Prozent der
Raumfläche.
3 Bewegungsfläche am Schülerarbeitsplatz
Die regelmäßig über längere Zeit genutzten Schülerarbeitsplätze bieten
pro Schüler und Schülerin einen Bewegungsspielraum von mindestens
1 m Breite. Die Bruttobewegungsfläche ( inkl. der Tischfläche ) beträgt
mindestens 1,3 m 2, die Nettobewegungsfläche ( ohne Tischfläche ) mindestens 1,0 m 2.
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Lernräume als gesundheits - und kommunikationsfördernde Lebensräume gestalten
4 Aufwand für den Wechsel der Lernformen
Ein Wechsel der Lernformen von der Einzel - oder Partnerarbeit zur
Gruppenarbeit, von dort zum konzentrierten Kreisgespräch oder zur
frontalen Präsentation und umgekehrt ist ohne großen Zeit - und Umräumaufwand sowie ohne Lärmstörungen der benachbarten Klassen jederzeit möglich.
5 Größe und Form des Stuhlkreises
Der Lernraum ist ( a ) so zugeschnitten und ( b ) möbliert, dass sich ohne
ein Umräumen der Gruppentische ein konzentrischer Stuhlkreis herstellen
lässt, in dem die Lernenden, Lehrenden und gegebenenfalls eingeladene
Gäste hinreichend Platz fi nden. Je nach Alter, Größe und Bewegungsdrang der Lernenden steht eine Schulterfreiheit von 50 bis 60 cm zur
Verfügung.
6
•
•
•
•
•
7
•
Form der Gruppenarbeitstische
In der Grundposition sitzen alle Gruppenmitglieder gleich weit von
der eindeutig bestimmbaren Tischmitte entfernt.
Alle Gruppenmitglieder können ihren Blick ohne Drehung von Körper und / oder Kopf auf die Tischmitte richten.
Keines der Gruppenmitglieder muss sich um mehr als 60° drehen,
wenn es den unmittelbaren Nachbarn oder die Nachbarin direkt ansehen will.
Alle Schultische haben dasselbe Format, insbesondere eine einheitliche Tischhöhe ( nach schwedischem Vorbild ).
Die Tische lassen sich auf Rollen leise im Raum bewegen und sind
zugleich standsicher und stapelbar.
Anordnung der Gruppenarbeitstische im Raum
Die Gruppenarbeitstische sind so im Raum angeordnet, dass zwischen
den voll besetzten Gruppen möglichst noch ein freier Durchgang von
1 m Breite verbleibt. Die engste Stelle des freien Durchgangs zwischen zwei voll besetzten Gruppen sollte in keinem Fall unter 60 cm
liegen.
22
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Problemanalysen und Lösungsansätze
•
Die Kommunikationsdistanzen zwischen den einzelnen Arbeitsgruppen sind dadurch maximiert, dass die Lernenden keinen Blickkontakt
zu den Mitgliedern der Nachbargruppe haben ( Blickwinkel mehr als
90° ) und von diesen weiter weg sitzen als von den Mitgliedern der
eigenen Gruppe.
8
•
Qualität der Schülerstühle
Die Schülerstühle ermöglichen ein ergodynamisches Sitzen in zurückgelehnter wie in vorgebeugter Sitzposition.
Sie passen zur einheitlichen Tischgröße und lassen sich an verschiedene Körpergrößen anpassen ( Höhenverstellung oder Fußstützen
nach schwedischem Vorbild ).
Sie bieten eine rutschfeste Sitzfläche ohne Wärmestau.
Sie haben ein geringes Gewicht bei hoher Stabilität.
Durch eine geringe vordere Breite sind sie stuhlkreisgeeignet.
Sie lassen sich am Tisch einhängen und / oder sind stapelbar.
•
•
•
•
•
9
•
•
•
Schränke, Regale und Fächer
Im Lernraum stehen in hinreichender Zahl und Größe Ablagemöglichkeiten zur Verfügung für Lehr - und Lernmaterialien, Schülerprodukte, persönliche Arbeitsmaterialien und Büchertaschen o. Ä.
Schränke, Regale und Fächer sind so angeordnet, dass sie den Raum
sinnvoll gliedern und eine flexible Nutzung unterstützen.
Halbhohe Regalschränke sind mit Rollen ausgestattet und lassen sich
zu Steharbeitsinseln zusammenschieben.
10 Präsentationsflächen
• Zur Präsentation von ( Gruppen - )Arbeitsergebnissen stehen hinreichende Präsentationsflächen zur Verfügung, die sich so nutzen lassen, dass alle Arbeitsgruppen gleichzeitig ihre Arbeitsergebnisse zusammenstellen können ( flexibles Tafelsystem ! ).
• Die von Lehrern und Schülern genutzte Hauptpräsentationsfläche
lässt sich so im Raum anordnen, dass sie von allen Lernenden unverzerrt und blendfrei eingesehen werden kann. ( Dazu sollte der Blick
mit mindestens 40° auf die Mitte der Fläche treffen. )
23
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Lernräume als gesundheits - und kommunikationsfördernde Lebensräume gestalten
11 Medienausstattung
• Zur Präsentation visueller und auditiver Medien stehen im Lernraum
oder in gut erreichbarer Nähe Fernseher mit DVD - Player und Videorecorder oder PC, Beamer und hinreichende Lautsprecher zur Verfügung. Das Gleiche gilt für einen lichtstarken Tageslichtprojektor.
• Der Lernraum ist mit einer angemessenen Projektionsfläche ausgestattet, die von allen problemlos eingesehen werden kann.
• Im Lernraum oder in unmittelbarer Nähe befi nden sich vollständig
ausgestattete und für die Lernenden jederzeit nutzbare PC - Arbeitsplätze in hinreichender Zahl und ergonomischer Qualität.
12 Raumklima - Faktoren
• Die Raumwärme verteilt sich gleichmäßig und zugfrei. Sie lässt sich
feinstufig regeln.
• Die Raumluft ist frei von Schadstoffen. Bei erhöhter CO2 - Konzentration lässt sich der Raum jederzeit problemlos lüften.
• Die Fensterflächen lassen sich bei starker Sonneneinstrahlung verschatten.
• Die Luftfeuchtigkeit wird regelmäßig kontrolliert und dem Bedarf
angepasst.
• Der Geräuschpegel wird durch Akustikdecken u.a. Maßnahmen gedämpft. Die Nachhallzeit liegt unter 0,5 Sek. ( gemäß DIN 18041 ).
• Die Beleuchtung lässt sich so steuern, dass alle Arbeitsplätze und
Präsentationsflächen bei unzureichendem Tageslicht hinreichend beleuchtet sind. Sie ist so gestaltet, dass sie ein ermüdungsfreies Arbeiten ermöglicht und das Wohlbefi nden unterstützt.
• Der PVC - freie Bodenbelag lässt sich jederzeit rückstandslos reinigen
und ist frei von Staubmilben.
• Der Lernraum ist behaglich eingerichtet und fördert eine Wohlfühlatmosphäre. Raum - und Einrichtungsgegenstände sind in Form
und Farbe aufeinander abgestimmt und lassen eine klare Gestaltungslinie erkennen.
© Dr. Wilfried Buddensiek, UNI Paderborn, 09 / 2005
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3
Zusammenfassung und Ausblick
Auch wenn die Liste der Qualitätsstandards etliche Detailfragen offenlässt,
wird erkennbar, dass die pädagogisch funktionale Lernraumgestaltung eine
komplexe Aufgabe ist, die nur bei einem kooperativen Zusammenwirken unterschiedlicher Fachplaner ( für Akustik, Schulmöbel, Medien, Elektroinstallationen, Heizung und Lüftung, Farb - und Raumgestaltung ) zu konstruktiven Lösungen führt.
In Abbildung 4 ist das Aufgabenfeld für eine gesundheits - und kommunikationsfördernde Lernraumgestaltung in fünf Punkten zusammengefasst,
die in ihrem Zusammenwirken ein Synergiepotenzial für eine neue Lernkultur entfalten können.
geringe Nachhallzeiten
optimierte Kommunikationsdistanzen
Raumakustik
Minderung von Störgeräuschen
flexible Einzel-/ Gruppen-/
Konferenztischformationen
rollbare Regale/
Steharbeitstische
flexible Hängetafeln
flexible
Möbilierung
Bewegungsraum
flexibles
Präsentationssystem
multimediale
Ausstattung
gut einsehbare
Projektionsfläche
ergodynamische Stühle
«Wohlfühlatmosphäre»,
abgestimmte Materialien und Farben
Raumklima
variabel steuerbare Beleuchtung
nutzerfreundliche Heizungs- und Lüftungstechnik
Abbildung 4 : Fünf räumliche Rahmenbedingungen für eine gute und gesunde Schule
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Lernräume als gesundheits - und kommunikationsfördernde Lebensräume gestalten
Im Mittelpunkt der Grafi k steht ein hinlänglicher Bewegungsraum, der die
Grundvoraussetzung für ein gesundheitsförderndes Lernen und eine flexible
Möblierung bildet. Die Qualität der Raumakustik ist die dritte Größe, die
für eine pädagogisch funktionale Lernraumgestaltung als grundlegend anzusehen ist. Während diese drei Aspekte ausführlich beleuchtet wurden, wird
auf das Potenzial, das ein flexibles Präsentationssystem für ein gesundheitsförderndes Lernen bietet, in einem Werkstattbericht eingegangen, den Sie im
Praxisteil C dieser Publikation fi nden ( S. 507 ff. ).
Im Gegensatz zu den anderen vier Größen lassen sich für die unterschiedlichen Faktoren des Raumklimas nur wenige allgemeingültige Aussagen treffen. An die Heizungstechnik sind in einer Grundschule beispielsweise andere
Anforderungen zu stellen als in einem Gymnasium. Grundschulkinder sitzen
oder liegen nicht selten auf dem Boden, während sie lernen, spielen oder sich
entspannen. Deshalb ist hier eine Fußbodenheizung angezeigt. Am Gymnasium wären dagegen raumsparende, zwei Meter hohe Flachheizkörper ideal,
die sich gleichzeitig als Magnetwände nutzen lassen.
Hinsichtlich der Farbgestaltung wird es noch schwieriger, allgemeingültige Aussagen zu treffen. Die Farblehre unterscheidet zwar zwischen warmen
und kühlen Farben, wo welche Farben welche Wirkungen erzielen, entscheidet sich allerdings erst im konkreten Raum, in Abhängigkeit vom einfallenden
Tageslicht, der eingesetzten Beleuchtung und der psychischen Verfassung der
Nutzer. Während es für den Bewegungsraum, die Raumakustik, die Tischformen oder die Tafelsysteme messbare und objektive Kenngrößen und Beurteilungskriterien gibt, erfordert eine angemessene Farbgebung vor allem
das subjektive Einfühlungsvermögen und die kompetente Farbberatung vor
Ort in Abstimmung mit den Nutzern und Nutzerinnen.
Abschließend sei darauf hingewiesen, dass sich die hier aufgelisteten
Qualitätsstandards ausschließlich auf die Mikro - und Mesoebene der Lernraumgestaltung beziehen. Die Makroperspektive einer pädagogisch funktionalen Zuordnung von Lernräumen, Teamarbeitsräumen, Selbstlernbereichen
und Nebenräumen wird im bereits erwähnten Werkstattbericht ( s. S. 507 ff. )
anhand eines konkreten Schulbauprojekts thematisiert. Darüber hinaus wird
dort gezeigt, wie sich die aufgelisteten Qualitätsstandards im Rahmen von
Neu - und Umbauprojekten bei einer konkreten Lernraumgestaltung umsetzen lassen.
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Das Lernfördernde Klassenzimmer
Ein Konzept der guten, gesunden Schule
Handlungsanleitung für
Planer, Schulleiter und Lehrkräfte
Herausgeber:
Bayerischer Gemeindeunfallversicherungsverband (Bayer. GUVV)
Bayerische Landesunfallkasse (Bayer. LUK)
Ungererstraße 71
80805 München
www.bayerguvv.de
mit freundlicher Unterstützung der
Bertelsmann Stiftung
Carl-Bertelsmann-Straße 256
33311 Gütersloh
www.bertelsmann-stiftung.de
Autoren:
Dr. Elke Frenzel (Dipl. Biologin)
Dipl. Ing. Peter Schraml (Architekt)
Geschäftsbereich Prävention Bayer. GUVV
Gestaltung:
Andreas Oft, Via-Redaktion
www.grafik-oft.de
Fotos:
Dr. Elke Frenzel, Peter Schraml,
Andreas Oft
Druck:
Herstellung Mayr Miesbach GmbH
Haftungsausschluss
In diesem Buch werden Aussagen über die Giftigkeit und Gefährlichkeit von
Pflanzen g­ etroffen. Für die Richtigkeit der Angaben, insbesondere für gesundheitliche Schäden a­ ufgrund des Verzehrs von in der Broschüre als ungiftig bis
gering giftig beschriebenen Pflanzen, wird trotz sorgfältiger Recherche von
den Autoren keine Haftung übernommen.
I n h a lt s v e r z e i c h n i s
Einführung
Teil I
Wirkung von Pflanzen, Farben und Licht
Wirkung von Pflanzen
➡ auf
➡ auf
➡ auf
➡ auf
Lärm
Luftfeuchtigkeit
Luftqualität
die Psyche und das Wohlbefinden
4
Wie verwende ich
dieses Handbuch?
6
7
Der Leitfaden ist in drei Abschnitte gegliedert.
Im ersten Teil werden die ­positiven Wirkungen von Pflanzen, ­Farben und Licht, die theo-
Wirkung von Farben
12
➡ Wahl der Farbmenge
➡ Wahl des Farbtons
retischen ­Hintergründe und die Vorteile ­ihres
­Einsatzes in Schulen erläutert.
Wirkung von Licht
Hilfreiche weitere Informationsquellen
16
19
Daran ­anschließend folgen im zweiten Teil
die praktischen Grundlagen für die Gestaltung
­eines Lernfördernden Klassenzimmers. Dabei
Teil II
Dank
Wir bedanken uns bei Schulleitern, Lehrkräften und Schülern
nachstehender Schulen für die tatkräftige Unterstützung bei der
Erstellung dieser Handlungsanleitung sowie für die freundliche
Zusage zur Veröffentlichung der Bildmaterialien:
Anette-von-Droste-Hülshoff-Schule, München
Anton-Kliegl-Volksschule, Bad Kissingen
Berufsbildungszentrum Münnerstadt
Egbert-Gymnasium Münsterschwarzach
Grundschule Feldbergstraße, München
Mädchenrealschule Volkach
Ein lernförderndes Klassenzimmer in der Praxis
Die Grundlagen
20
21
Schulen ­von B
­ edeutung sind, aufgegriffen so-
➡ Schüler gestalten und pflegen selbst
➡ Auswahlkriterien für Pflanzen
➡ Verwendetes Pflanzsubstrat
➡ Pflanzenanzahl
➡ Pflanzgefäße
➡ Auswahl Pflanzenstandort
➡ Auswahl der Farbe
➡ Lasierender, strukturierter Farbauftrag
➡ Auswahl der zu streichenden Wand
➡ Auswahl der Leuchtmittel
wie Lösungen und Maßnahmen präsentiert.
Der dritte Abschnitt enthält eine Materialsammlung für die praktische Umsetzung, z.B.
Die Organisation
➡ Nutzer und Betroffene werden zu Beteiligten
➡ Der Ablauf
Wie geht´s weiter
30
35
Volksschule Rödental-Oeslau
Volksschule Wörthsee
und Licht. Außerdem werden Möglichkeiten
aufgezeigt, wie man die Schüler an das Projekt
Staatliche Realschule Naila
Volksschule Giebelstadt
einen „Masterplan“ für die Organisation ­einer
Klassenzimmergestaltung mit Pflanzen, Farbe
Realschule Coburg I
Staatliche Wirtschaftsschule Hof
werden insbesondere Kriterien, die speziell in
heranführt und welche Tätigkeiten Schüler im
Teil III
Praktische Tipps
Nachhaltigkeit erzeugen
Troubleshooting / FAQs
Pflanzen und Pflegeanleitungen
Pflanzenporträts
Bekämpfung von Pflanzenschädlingen
Rezepte, Rezepte, Rezepte
Gestaltungsbeispiel
36
37
40
44
48
57
58
62
3
Vorfeld erledigen können. Troubleshooting und
FAQs rund ums Lernfördernde Klassenzimmer
und die TOP 8-Liste zu empfehlender „SchulPflanzen“ mit Pflegeanleitungen ergänzen
diesen Teil.
Einführung
Das Lernfördernde Klassenzimmer
Wie Pflanzen, Farben und Licht
in Schulen Lernprozesse unterstützen.
Ein Ansatz der guten gesunden Schule.
und damit die Lernbedingungen wesentlich
bestimmt, wird es (nach den Schülern und
Lehrkräften selbst) auch als „der dritte Lehrer/Pädagoge“ bezeichnet (Walden & Borrelbach, 2002). Es ist unbestritten, dass sich die
Raumverhältnisse nicht nur auf das Wohlbefinden, sondern auch auf das Verhalten
und die Leistungsfähigkeit von Lehrern und
Schülern auswirken (Schaarschmidt, 2004).
Zukunftsweisende Schulen berücksichtigen
diese Aspekte bei der Gestaltung ihrer Freiflächen und Räume. Leider sind aber monotone Gänge, graue Wände, kleine Klassenzimmer ohne Strukturierung oder fehlende Rückzugsmöglichkeiten für Schüler oder
Lehrkräfte - auch in neu geplanten Schulen
– nach wie vor keine Seltenheit (siehe Abbil­
dung Seite 5).
Einführung
Diese räumlichen Bedingungen fördern statt
des Lernens Stress, aggressives Verhalten
und Vandalismus und beeinträchtigen letztendlich auch die Leistungsfähigkeit. In solchen Klassenzimmern lernt und lehrt niemand gern.
Insbesondere vor dem Hintergrund der Einführung von Ganztagsschulen sollten die
Verantwortlichen für deren Planung und
Umsetzung das Augenmerk vermehrt auf
die Schaffung und Gestaltung einer ange-
In der guten gesunden Schule werden das
Schulgelände, Schulgebäude und Klassenzimmer als Orte des Lernens und Lebens
verstanden.
Sie sind Lebensräume für Kinder und Jugendliche, die hier einen wesentlichen Teil ihrer
Zeit verbringen. Da das Schulgebäude mit
seinen Räumlichkeiten und den sich daraus
ergebenden Bedingungen das Lernumfeld
4
Die Anforderungen
an das System
Schule haben sich
in den vergangenen
Jahren stark
geändert.
nehmen Lernatmosphäre in der Lebenswelt
Schule richten (vgl. Module „Schule – Gebäude – Freiflächen – Gesundheit / Prima
Klima Heft IV). Von grundlegender Bedeutung ist es, unter welchen Bedingungen sich
Lehrkräfte und Schüler wohlfühlen. Eine ansprechende Einrichtung sowie farblich einladend gestaltete Wände und angenehmes
Licht schaffen Wohlbefinden und Behaglichkeit. Ein weiteres wesentliches Element stellen Zimmerpflanzen dar. Man findet heute
kaum eine Wohnung oder auch Arbeitsräume ohne Zimmerpflanzen. Pflanzen gehören
einfach zum Wohnen und
Leben dazu. Sie sind ein
Teil der Einrichtung; ohne
sie würde etwas fehlen.
Allerdings existierten für Schulen noch keine
Handlungsanleitungen für eine effektive und
„schultaugliche“ Innenraumbegrünung. Aufgrund der Besonderheiten im Schulbereich
ergeben sich zusätzliche Anforderungen, denen Rechnung getragen werden muss.
Dies gilt beispielsweise für die Auswahl der
Pflanzen oder auch organisatorische Regelungen. So erfolgt die Innenraumbegrünung
in Büroräumen in den meisten Fällen durch Gärtnereifachbetriebe. Hier wählen Fachleute die Pflanzen
aus und übernehmen auch
die zukünftige Pflege. Dies
ist in Schulen aufgrund des
engen finanziellen Rahmens weder möglich noch
ist es gewünscht. Gerade die Pflege der Pflanzen durch die Schüler stellt
nämlich in den Schulen einen wichtigen gesundheitsförderlichen und pädagogischen Aspekt dar.
Diese Broschüre dient daher als Handlungsleitfaden für die Gestaltung eines angenehmes Lernumfeldes, oder anders ausgedrückt:
eines Lernfördernden Klassenzimmers. Dabei wird auf die praktischen Erfahrungen aus
mehreren Umgestaltungen in Schulen zurückgegriffen.
In vielen Büroräumen werden gezielt Pflanzen eingesetzt, um das Wohlbefinden der Mitarbeiter zu
verbessern und ihre Motivation und Leistungsfähigkeit zu erhöhen. Diese Erkenntnis hat den Bayerischen Gemeindeunfallversicherungsverband
dazu veranlasst, im Rahmen des Projekts Anschub.de zu erproben,
wie sich eine Begrünung und Farbgestaltung
des Klassenzimmers auf das Lernen und Leben auswirkt. Verschiedene Schulen, u.a. in
Bad Kissingen, Coburg und im Raum München, haben bereits begonnen, die positive
Wirkung von Pflanzen zu nutzen.
5
Wirkung
von
Teil I:
Pflanzen
Pflanzen | Farben | Licht
Die Wirkung
von Pflanzen, Farben und Licht – ein Überblick
Einführung
In diesem Teil der Broschüre finden Sie eine kurze Einführung zur Wirkung von
Pflanzen, Farbe und Licht auf den Menschen bzw. deren positiven Effekte auf die
Atmosphäre im Klasse immer. Die Informationen aus diesem Abschnitt können
Sie als Grundlage verwenden, wenn Sie diesen Ansatz im Lehrerkollegium
besprechen möchten oder wenn Sie die Unterrichtseinheiten „Wirkung von Pflanzen,
Farbe und Licht“ vorbereiten.
Am Ende dieses Abschnitts finden Sie eine Zusammenstellung weiterführender Literatur
sowie informative Internetadressen.
6
Wirkung von Pflanzen...
Die positive Wirkung von Pflanzen auf Räume und damit auf das Wohlbefinden und die
Leistungsfähigkeit der sich darin aufhaltenden
Menschen ist unbestritten und durch mehrere Untersuchungen belegt (Fjeld, 2000/Kötter, 2000). Es ist erwiesen, dass die objektiv
messbaren Wirkungen einer Innenraumbegrünung (physikalische und chemische Größen
wie Lärmpegel oder Schadstoffe, naturwissenschaftlicher Aspekt) mit der subjektiven Wirkung von Pflanzen auf den Menschen (psychologischer Aspekt) zusammenspielen.
Die Abbildung auf Seite 10 zeigt schematisch
die „Behaglichkeitskomponenten“, die durch
Pflanzen positiv beeinflusst werden können.
Sind mehrere Komponenten in einer ungünstigen Konstellation gegeben, erscheint uns ein
Raum unbehaglich. Diese Empfindungen sind
nie nur einem einzigen Behaglichkeitsfaktor
zuzuordnen. Oft handelt es sich dabei um die
kumulative Wirkung von Einzelfaktoren, die
für sich allein genommen als gerade noch tolerierbar erscheinen. Wenn diese Komponenten so zusammenwirken, dass „alles im grünen Bereich ist“, fühlen Menschen sich in einem Raum wohl.
... auf Lärm
Ein zu hoher Lärmpegel und zu lange Nachhallzeiten stellen in Schulräumen ein großes
Problem dar. Pflanzen können einen wesentlichen Beitrag zur Schalldämmung und somit
zur Verbesserung der Raumakustik leisten.
Für das subjektive Wohlbefinden in Räumen
sind insbesondere die Frequenzen zwischen
250 und 4.000 Hz von Bedeutung. Gerade in
diesen Frequenzbereichen können Pflanzen
sehr effektiv Schall absorbieren. Dies zeigten
Messungen der
Lehr- und Versuchsanstalt für
Gartenbau Essen. So konnten neun Pflanzen der Art Ficus benjamini (Wachshöhe
ca. 1,80 m) in einem 30 m2 großen Raum etwa 25 % der insgesamt erforderlichen Schalldämmung erzielen. Im Vergleich dargestellt
entsprechen drei dieser Pflanzen etwa 5 m2
Gardinen bzw. Stoffbahnen in ihrer schall­
schluckenden Wirkung (Veth, 1998).
Die Gestaltung von Klassenzimmern mit
Pflanzen kann daher als eine bislang zwar wenig bekannte, aber – wie die Untersuchungen
zeigen – eine lärmreduzierende und eine ästhetisch ansprechende Maßnahme in Unterrichtsräumen gesehen werden.
Wirkung
von
Pflanzen
... auf Luftfeuchtigkeit
... auf Luftqualität
Gerade in den Wintermonaten bereitet die
niedrige Luftfeuchtigkeit in geheizten Räumen immer wieder gesundheitliche Probleme für Schüler und Lehrkräfte. Messungen
haben gezeigt, dass sich die entsprechenden
Werte in den meisten Klassenzimmern von Oktober bis März zwischen 15 und 30 %­­bewegen
(optimal wären dagegen 40 bis 65 %). Gerade
in Unterrichtsräumen, in denen viel gesprochen wird, sind die Auswirkungen von zu
trockener Luft besonders stark. Bei zu niedriger Luftfeuchtigkeit besteht die Gefahr, dass
Schleimhäute in Mund, Nase und
Rachen austrocknen.
Die Folge davon ist eine erhöhte Anfälligkeit gegenüber
Erkältungskrankheiten
oder eine Zunahme
der Beschwerden
bei Allergikern und
Asthmatikern. Pflanzen geben etwa 97 %
des Gießwassers durch
ihre Transpirationsleistung
an ihre Umgebung ab. Grünpflanzen mit hohen Transpirationsleistungen können auf diese Weise auch im Winter die Luftfeuchtigkeit auf natürliche Art im komfortablen Bereich halten. Dies wirkt präventiv auf
die o.g. Gesundheitsgefährdungen.
Die Wirkung von Pflanzen bei der Reduktion von Schadstoffen in der Raumluft wird seit
den 80er Jahren publiziert. Häufig wird in diesem Zusammenhang der Begriff „die GrüneLeber-Funktion“ verwendet. So entdeckte Dr.
B. C. Wolverton während seiner Forschungstätigkeit für die NASA, dass bestimmte Grünpflanzen Schadstoffe aus der Luft filtern können und so die Atemluft verbessern (Wolverton, 1996). Viele flüchtige organische Schadstoffe wie Formaldehyd, Aceton, Toluol usw.
gelangen aus Möbeln und Baumaterialien in
die Raumluft und können beim Menschen zu
Kopfschmerzen, Allergien, Hautausschlägen
o.ä. führen. Mit Pflanzen kann stark belastete Raumluft zwar nicht in „gesunde“ Luft verwandeln werden, aber Pflanzen sind in der
Lage, Schadstoffe in der Raumluft messbar zu
verringern.
Weiterhin sind Pflanzen in der Lage, Staub zu
binden. Dieser Effekt lässt sich bereits mit bloßem Auge bei größeren Staubpartikeln erkennen: Pflanzen „verstauben“. Dies ist nicht nur
bei Zimmerpflanzen zu sehen, sondern lässt
sich auch deutlich bei Bäumen oder Sträuchern an vielbefahrenen Straßen erkennen.
Zusätzlich sorgt eine (aufgrund von Pflanzen)
erhöhte Luftfeuchtigkeit für bessere Staubbindung. Staub selbst ist hygroskopisch – er
zieht Wasser an. Ab ca. 40 % Luftfeuchtigkeit sinkt der wassergesättigte Staub zu Boden und kann bei einer Bodenreinigung leichter entfernt werden (Radtke, 2000).
8
also nur in einem sehr geringen Umfang in
der Lage, die CO2-Konzentration in Innenräumen zu reduzieren. Sie ersetzen keine effektive Fensterlüftung (Stoß- bzw. Querlüftung!),
können aber durchaus zu einer Verbesserung
der Raumluftqualität beitragen.
... auf die Psyche und
das Wohlbefinden
Untersuchungen belegen: Menschen fühlen sich von lebendem Grün angezogen und
empfinden Behaglichkeit und Ausgeglichenheit in der Umgebung von Pflanzen. Die Frage, warum das so ist, erklärt unter anderem die
so genannte Erregungstheorie:
Der Mensch befindet sich in der modernen,
von hoher Komplexität gekennzeichneten und
mit vielen visuellen Reizen ausgestatteten Zivilisation ständig in einem hohen Erregungszustand. Diese Situation löst dauerhaft beim „Positive Effekte für die
Menschen ErmüdungsAtmosphäre
erscheinungen aus und
im Klassenzimmer“
erzeugt Stress. Visuelle
Reize niedriger Komplexität, wie beispielsweise
die Betrachtung von Pflanzen, wirken dagegen
entspannend und stressreduzierend. Zudem
scheint die grüne Färbung der Pflanzen dabei eine wichtige Rolle zu spielen. So empfehlen Farbpsychologen die Farbe Grün zum Abbau von
Stress, Angst und Aggressionen. Vermutlich ist
Grün für das menschliche Auge deswegen entspannend, da es in diesem Spektralbereich die
höchste Empfindlichkeit aufweist. Es ist daher
In Schulen wird häufig die Frage nach Kohlendioxidbelastungen diskutiert. Pflanzen verbrauchen bei der Photosynthese Kohlendioxid
und setzen Sauerstoff frei. Dieser Punkt wird
bei den Vorteilen einer Innenraumbegrünung
immer wieder aufgeführt. Bei der Begrünung
von Klassenzimmern muss allerdings die Frage nach der Quantität dieser Wirkung gestellt
werden. Rechenbeispiele zeigen, dass etwa 30
Schefflera arboricola (Wuchshöhe ca. 1,5 m) in
einem Raum vorhanden sein müssen, um die
Menge Kohlendioxid zu verbrauchen, die ein
arbeitender Mensch produziert. Pflanzen sind
9
Wirkung
von
Pflanzen
Kur zinfo
Pflanzen
wirken auf
mehrere
Behaglich­
keitsfaktoren
Psyche und
Wohlbefinden
Studien zur stressreduzierenden
Wirkung von Pflanzen
aus dem Krankenhaus entlassen als eine entsprechende Vergleichsgruppe, die statt Pflanzen eine Ziegelmauer im Blickfeld hatte (Ulrich, 1984).
Optische Einflüsse
Lärm
Luftqualität
CO2
Schadstoffe
Luftfeuchtigkeit
Muskelanspannung gesenkt werden konnnicht verwunderlich, dass in der semantischen
ten, wenn sie mit Pflanzen in Kontakt kamen
Anwendung der Farben Grün als Synonym für
(Veth, 1998).
Sicherheit verwendet wird. Grün gekennzeichnete Sektoren sind gefahrlos, die grüne Ampel
Erholt sich der Körper von Stresseinflüssen,
zeigt an, dass wir ohne Bedenken weiterfahren
sinken Angst, Aggressionen oder auch Niederkönnen und nicht zuletzt dienen uns grüne Pikgeschlagenheit. Der Mensch kann aufatmen
und sich regenerieren.
togramme als hilfreiche SiDass insbesondere opgnale, denen wir in NotMit Pflanzen
tische Eindrücke und
fällen folgen können (z.B.
in den
psychologische HinFluchtweg, Erste Hilfe).
grünen Bereich"
"
tergründe für die posiDer Umgang mit Pflanzen
wirkt als Gegenpol zum Stress der modernen
tive Wirkung von Pflanzen ausschlaggebend
Zivilisation. Interessanterweise haben Studien
sind, zeigte eine amerikanische Krankenhausgezeigt, dass bei „gestressten“ Menschen alle
studie: Patienten, die aus ihrem Fenster auf
medizinischen Stressparameter wie beispielsgrüne Vegetation blicken konnten, benötigten
weise Blutdruck, Leitfähigkeit der Haut oder
weniger Schmerzmittel und wurden schneller
10
Menschen, die unter Stress stehen, zeigen
unterschiedliche Reaktionen bzw. Symptome.
Dazu zählen u.a. Schlaflosigkeit, Aggressivität,
Angst oder Wut sowie bestimmte physiologi­
sche Reaktionen wie erhöhter Blutdruck, Mus­
kelverspannung oder die Bildung von Stress­
hormonen.
Der amerikanische Wissenschaftler und Direk­
tor des Center for Health Systems and Design
Roger S. Ulrich beschäftigt sich in seinen For­
schungsarbeiten und Projekten mit den Einflüs­
sen, die der visuelle Kontakt von Pflanzen auf
Stress und Gesundheit des Menschen hat. Er
untersucht dabei verstärkt die physiologischen
Reaktionen der Probanden, um so einen tieferen
Einblick in den Stressabbau zu erhalten.
So konfrontierte Roger S. Ulrich in einem Expe­
riment 120 Versuchspersonen mit einem stress­
erzeugenden Film. Anschließend wurden die
Testpersonen für eine "Regenerationszeit" ein­
geteilt, während der sie Videobänder mit entwe­
der städtischer Umgebung ohne Natur oder na­
türlicher Umgebung sahen. Messungen der Leit­
fähigkeit der Haut, der Muskelspannung, der
Pulskurve und der Herzfrequenz zeigten deut­
lich, dass die Versuchspersonen Spannungen
schneller und vollständiger abbauten, wenn Ih­
nen Darstellungen natürlicher Umgebungen vor­
geführt wurden. Dies ließ sich an der schnelle­
ren und stärkeren Blutdrucksenkung, der Sen­
kung der Muskelspannung und der Leitfähigkeit
der Haut ablesen. Ein weiterer interessanter Be­
fund der Untersuchung war die Geschwindig­
keit, mit der diese Regeneration erfolgte. Nach
weniger als fünf Minuten visuellen Kontakts mit
Bildern üppiger Vegetation zeigte sich anhand
der Messwerte ein deutlicher Spannungsabbau.
Untersuchungen haben zudem gezeigt, dass
Pflanzen neben ihrer stressreduzierenden
auch eine konzentrationsfördernde Wirkung
haben. Eine Studie, die speziell in Schulen dazu durchgeführt wurde, ergab, dass die Schüler – neben einer Verringerung ihrer gesundheitlichen Beschwerden – gleichzeitig in bepflanzten Räumen eine um 23 % höhere Konzentrationsfähigkeit aufwiesen als Schüler in
der Kontrollgruppe (Fjeld, 2000).
Arbeitspsychologen erklären dies folgendermaßen: Ein ständiges Arbeiten auf Top-Level
ist nicht möglich. In einem begrünten Raum
kann der Blick kurzzeitig von der Arbeit auf
das entspannende Grün schweifen, wobei
diese kurzen Momente der Entspannung und
Entlastung dazu führen, dass man konzentrierter an die eigentliche Kernarbeit zurückkehrt.
Die entspannende Wirkung von Pflanzen wird
inzwischen bei der Therapie von Kindern mit
Aufmerksamkeits-Defizit-Syndrom (ADS) genutzt. Es konnte gezeigt werden, dass durch
Kontakt mit Pflanzen und der Natur diese Kinder wieder ruhiger und aufnahmefähiger wurden.
Neben dem Einsatz von Pflanzen erreicht das
Lernfördernde Klassenzimmer seine Wirkung
auch durch den gezielten Einsatz von Farben.
Der nun folgende Teil beschäftigt sich ausführlich mit diesem Thema.
11
Wirkung
von
Farbe
Wirkung von Farbe
D i e Fa r b s k a l a
Gelbe Farbe verleiht dem Raum eine positive, sonnige und heitere Atmosphäre.
Kleine Räume, die gelb gestrichen werden, erscheinen größer. Die Farbe Gelb wirkt
auf den Geist anregend und belebend und ist somit gut für Räume geeignet, in denen gelernt wird. Gelb fördert die Konzentration und die Lernbegeisterung. Gelb
wirkt kommunikationsfördernd und beeinflusst das Gedächtnis positiv.
Auch die Farbe Orange erzeugt eine freundliche und gelöste Atmosphäre im Raum. Sie strahlt Wärme und Behaglichkeit aus. Wie auch Gelb ist sie
eine ­„kommunikative“ Farbe, die Gespräche, soziale Interaktionen und die
­Arbeitsfreude fördert. Sie ist – ebenso wie gelb – ideal geeignet für Nordzimmer
bzw. Räume mit zu wenig Sonne. Orange fördert auch den Appetit und ist daher
ideal für Küchen oder Räume, in denen gegessen wird.
ot ist die dynamischste Farbe. Rot wirkt allgemein stimulierend und regt
R
physisch und psychisch an. Die Farbe erhöht den Stoffwechsel und fördert die
Durchblutung im Körper. Damit im Raum kein bedrängender aggressiver Charakter entsteht, darf rot nur akzentuierend eingesetzt werden. Auch sollte auf die
Intensität des Rottons geachtet werden. Am besten kommen warme Rottöne zur
Anwendung. Rot wirkt ebenso wie orange appetitanregend.
Einführung
Farben lösen beim Betrachter unwillkürlich Gefühle und Assoziationen aus und können
auf diese Weise Stimmungen verändern oder unbewusste Reaktionen hervorrufen.
Jede Farbe hat – neben individuellen Vorlieben oder Abneigungen - ihre eigene
Assoziation und Wirkung, die für die meisten Menschen Gültigkeit hat. Das Wissen
um diese Wirkung kann bei einer Raumgestaltung berücksichtigt werden. In der Farb­
psychologie werden den unterschiedlichen Farben einzelne Wirkungen zugeordnet.
Allerdings gehören zu einer Farbbezeichnung immer mehrere Farbtöne und Farb­
nuancen – blau ist nicht gleich „blau“.
12
laue Farben wirken in der Regel kühl. Blau kann daher in hellen Südzimmern,
B
die sich im Sommer schnell aufheizen, ausgleichend wirken. Es kann aber einem
Raum auch zu viel Kühle geben. Blau gestaltete Räume wirken häufig „unnahbar“. Blau ist die Farbe der Entspannung, der Ruhe und der Ausgeglichenheit.
Es eignet sich daher – vorsichtig eingesetzt – ideal für Schlafzimmer oder in
Schulen, in so genannte „Orte der Stille“.
rün hat eine beruhigende Wirkung. Es sorgt für Ausgleich, Sicherheit und HarmoG
nie. Grün hat einen regenerierenden Einfluss auf den Organismus und weckt die
Kreativität. Ein grüner Raum kann erholsam und vitalisierend, beruhigend und sogar
lärmdämpfend wirken. Intensive Grüntöne sind großflächig mit Vorsicht einzusetzen, da sie aufgrund der Reflexionen die Haufarbe ungesund aussehen lassen.
13
gelb
orange
rot
blau
grün
Wirkung
von
Farbe
Die Wahl der Farbmenge
Bei Farben gilt: Weniger ist mehr! Sind mehrere oder sogar alle Wände eines Zimmers in
einer Farbe gestaltet, so kann schnell ein beklemmender Eindruck entstehen. Die Farbe
„erschlägt“ dann den Betrachter und die ursprüngliche positive Wirkung wird gemindert.
Bei der Anwendung unterschiedlicher Farben
in einem Raum muss zusätzlich noch beachtet werden, dass sich der Eindruck eines Farbtons durch eine farbige Umgebung beträchtlich verändern kann (sog. Simultaneffekt). Farbe muss daher gezielt und dosiert eingesetzt
werden, damit die beabsichtigte positive Wirkung auch erreicht werden kann.
Die Wahl der Farbtons
Wenn man sich für den Einsatz von Farbe im
Klassenzimmer entschieden hat, steht man vor
der Frage, welcher Farbton verwendet werden soll. Wie die Tabelle auf Seite 15 zeigt,
gibt die Farbpsychologie hierzu eine Vielzahl
von unterschiedlichen Bedeutungen, Wirkungen und Begründungen vor (siehe auch Kraaz
von Rohr; Braem, 1989).
Bei allen Gestaltungen ist wichtig, dass sich
die gewählte Farbe harmonisch in die Umgebung fügt und mit Bodenbelag, Decke und
anderen raumgestaltenden Elementen einen Einklang bildet. Zu viele Farben inner-
14
halb eines Raumes stören, lenken ab und
wirken daher nicht konzentrationsfördernd.
Unabhängig davon sollten im Klassenzimmer möglichst warme Farben, im Wesentlichen aus dem Spektrum von gelb über orange bis hin zu einem kräftigen, gedeckten Rotton zum Einsatz kommen. Diese Farben wirken strahlend und raumweitend, erzeugen
ein positives Lebensgefühl und verbreiten
eine freundliche Atmosphäre, die mit dem
Grün der verwendeten Pflanzen harmoniert.
Grüne Wandfarbe sollte in Hinblick auf den
Dreiklang aus Pflanzen, Farbe und Licht nicht
verwendet werden, da bei grünen Pflanzen
vor einer grünen Wand beides deutlich an
Wirkung verliert.
Die Präferenz von gelb oder orange für das
Klassenzimmer wurden im Verlauf der Vorbereitung auf das Lernfördernde Klassenzimmer von vielen Schülern bestätigt. Das
imaginäre Spiel- oder Hausaufgabenzimmer der Schüler war immer in einem Gelb
oder Orangeton gestaltet. An dieser Stelle
wird deutlich, wie wichtig die Beteiligung
der Schüler bei der Farbauswahl ist. Allerdings unterscheiden Kinder im Grundschulalter nicht zwischen der ersten Begeisterung
für eine Farbe und dem sich ständigen Umgeben mit einer Farbe. In dieser Altersstufe können Kinder daher nur bedingt an der
Farbauswahl beteiligt werden. Farbtendenzen (gelb, orange etc.) sollten allerdings Berücksichtigung finden.
15
Wirkung
von
L icht
Wirkung von Licht
Wirkung von Licht auf
den Menschen
Bei Pflanzen und Tieren wird zwischenzeitlich akzeptiert, dass für deren Gesunderhaltung und Wachstum in Innenräumen eine ausreichende künstliche Beleuchtung erforderlich ist, die eine dem Sonnenlicht möglichst
ähnliche spektrale Zusammensetzung aufweist. Wenn der Ficus in der dunklen Wohnzimmerecke die Blätter fallen lässt, wird er mit
Pflanzleuchten versorgt. Für die menschliche
Gesundheit spielen diese Überlegungen bislang keine Rolle. In der Regel werden in Schulen und Arbeitsräumen Leuchtstoffröhren eingesetzt, die in ihrem Licht nur einen geringen
Teil des natürlichen Spektrums wiedergeben.
Daher leiden in unseren Breitengraden einige Menschen an Lichtmangel, obwohl inzwischen nahezu überall Licht auf Knopfdruck
verfügbar ist.
Licht ist für das Leben unverzichtbar. Ohne
Licht kann kein Leben entstehen, keine Pflanze wachsen.
Auch Menschen werden durch Licht bzw. Tageslicht beeinflusst. Der menschliche Organismus hat sich an das im Tagesverlauf ändernde Licht, den Rhythmus von Tag und
Nacht, im Laufe der Evolution angepasst. So
wirken die verschiedenen Helligkeiten, Licht­
richtungen und Lichtfarben des Tageslichts
auf den Menschen unterschiedlich stimulierend. Den größten Teil des Lichts nimmt der
Mensch über die Augen auf, aber ebenso gelangt Licht über die Haut in den Körper. Bekannt und nachgewiesen sind die positiven
Auswirkungen von Licht bei Winterdepressionen, bei Hautkrankheiten wie Neurodermitis und Psoriasis, die Bedeutung des UVLichts für die Vitamin D-Bildung und der Einfluss von Licht auf die Melatoninbildung und
somit die innere Uhr des Menschen.
Beispielsweise überwiegt im Angebotsspektrum von elektrischen Glühlampen bei weitem
rot und gelb zu Lasten von blau. Herkömmliche Leuchtstoffröhren weisen dagegen einen
geringeren Rotanteil auf als natürliches Sonnenlicht.
Inzwischen gibt es allerdings Leuchtmittel,
die das Farbspektrum des Tageslichtes fast
identisch wiedergeben. Diese so genannten Vollspektrumleuchtstoffröhren können
deutlich zur Steigerung des Wohlbefindens
und zur Gesunderhaltung des Menschen
beitragen.
Eine Studie, die Ende der neunziger Jahre
durchgeführt wurde, zeigte, dass Studenten
einer amerikanischen Universität bzw. Schüler unter Vollspektrumbeleuchtung wacher
Einführung
Licht ist der für Menschen sichtbare Bereich der elektromagnetischen Strahlung. Dieser sichtbare Bereich ist ein kleiner Ausschnitt aus der gesamten Strahlung und liegt bei
Wellenlängen zwischen 380 und 780 Nanometer (nm). Licht wird zwar einfarbig weiß
vom Menschen wahrgenommen, es besteht aber aus verschiedenen Farbanteilen, die
bei Brechung des Lichts durch ein Prisma sichtbar werden (sog. Regenbogenfarben). Im
kürzerwelligen Bereich < 380 nm (violetter Bereich) schließt sich ultraviolette Strahlung
an, im längerwelligen Bereich > 780 nm (roter Bereich) die infrarote (IR-)Strahlung.
Letztere wird auch häufig als Wärmestrahlung bezeichnet.
16
Das Entscheidende dabei ist, dass nicht nur
die Lichtmenge für diese Wirkungen von Bedeutung ist. Auch die Qualität des Lichts ist
dafür ausschlaggebend. Je ähnlicher die spektrale Zusammensetzung einer künstlichen
Lichtquelle dem natürlichen Sonnenlicht ist,
umso größer ist der tatsächliche Nutzen für
den Menschen.
17
So bitte nicht!
Leuchtstoffröhren
mit unterschied­
licher Lichtfarbe in
einer Lampe bzw.
innerhalb eines
Raumes.
Bitte immer
Leuchtstoffröh­
ren mit gleicher
Farbtemperatur
einsetzen.
L icht
1,0
0,9
0,8
0,7
0,6
0,5
0,4
0,3
0,2
0,1
0
relative Intensität
W e i t e r f ü h r e n d e L i t e r at u r
relative Intensität
350400 450500 550 600 650 700
Wellenlänge (nm)
Sonnenlicht
1,0
0,9
0,8
0,7
0,6
0,5
0,4
0,3
0,2
0,1
0
1,0
0,9
0,8
0,7
0,6
0,5
0,4
0,3
0,2
0,1
0
350400 450500 550 600 650 700
Wellenlänge (nm)
herkömmliche Leuchtstofflampen
relative Intensität
von
relative Intensität
Wirkung
350400 450500 550 600 650 700
Wellenlänge (nm)
1,0
0,9
0,8
0,7
0,6
0,5
0,4
0,3
0,2
0,1
0
350400 450500 550 600 650 700
Wellenlänge (nm)
Vollspektrumlicht
herkömmliche Glühbirne
Spektrale Zusammensetzung unterschiedlicher Lichtquellen
signifikanter Rückgang der depressiven Symptome der Schüler gegenüber der Beleuchtung mit kalt-weißem Leuchtstofflampenlicht
zu beobachten war (Tithof, 1998).
blieben und bei Wahrnehmungsaufgaben
langsamer ermüdeten. Schulisches Lernen
im Allgemeinen und Lesen im Besonderen
stellt die höchsten Anforderungen an unsere visuellen Fähigkeiten und ist gleichzeitig mit dem stärksten Stress verbunden. Bei
Schülern, die künstlicher Beleuchtung ausgesetzt sind, kann es daher besonders im Winter zu Stimmungsschwankungen, Energielosigkeit, Reizbarkeit, zunehmender Ängstlichkeit und depressiver Verstimmung kommen,
wodurch die Lernmotivation und -leistung
sinken. Die Anwendung von Vollspektrumlicht kann diesen negativen Emotionen vorbeugen. So zeigte die Studie, dass durch die
Verwendung von Vollspektrumlicht auch ein
Die Praxis zeigt, dass durch eine schlechte Lichtqualität sowie durch eine zu geringe Beleuchtungsstärke Mangelerscheinungen
beim Menschen auftreten können, die sich
u.a. in allgemeinem Unwohlsein und Unkonzentriertheit äußern. Licht in guter Beleuchtungsstärke sowie von guter Qualität kann
dem entgegenwirken. Aus diesem Grund
sollten in einem Lernfördernden Klassenzimmer Vollspektrumleuchtstoffröhren eingesetzt werden.
18
FJELD, Tove (2000): The effect of interior planting on health and discomfort among workers and
school children. HortTechnology 10 (1). S. 42-52.
KÖTTER, Engelbert (2000): Auswirkungen von Begrünungen in Büros auf Wohlbefinden, Gesundheit
und Arbeitsleistung; Symposium Mensch, Pflanzen, Raum. Veitshöchheim.
Bundesanstalt für Arbeitsschutz und Arbeitsmedizin (2004): Wohlbefinden im Büro! - Arbeits- und
Gesundheitsschutz bei der Büroarbeit Grüne Vielfalt statt grauem Einerlei – Pflanzen im Büro“. Dort­
mund, S. 27-30.
WOLVERTON, B.C. (1996): Gesünder leben mit Zimmerpflanzen. vgs Verlagsgesellschaft, Köln.
VETH, Renate (1998): Handbuch Innenraumbegrünung. Thalacker Medien, Köln.
RADTKE, Manfred (2000): Pflanzen und Gesundheit. Vortrag gehalten auf dem Symposium Mensch,
Pflanzen, Raum. Veitshöchheim.
Im Internet abrufbar unter: www.hydroflora.de/studien/radtke.pdf
BRAEM, Harald (1989): Die Macht der Farben. Mvg-Verlag, München, Landsberg a. Lech.
ULRICH, Roger S. (1984): View through a window may influence recovery from surgery. Science
224 (4647). S. 420-421.
FJELD, Tove (2000): Grüne Nachrichten aus dem Norden; Symposium Mensch, Pflanzen, Raum.
Veitshöchheim. Im Internet abrufbar unter: www.hydroflora.de/studien/fjeld.pdf.
ROTH, Lutz et al. (1994): Giftpflanzen – Pflanzengifte. ecomed Verlagsgesellschaft AG & Co. KG,
Landsberg.
HAUSEN B.K. und VIELUF I.K. (1997): Allergiepflanzen – Handbuch und Atlas. Kontaktallergene und
allergische Frühreaktionen. ecomed Verlagsgesellschaft, Landsberg.
KRAAZ VON ROHR, Ingrid (2003): Farbtherapie. Das Basiswissen über Wirkung und Anwendung
von Farben. Nymphenburger Verlag, München
DGUV-Informationsbroschüre GUV-I 7007„Tageslicht am Arbeitsplatz – leistungsfördernd und
gesund“, Februar 2009 (einzelne Exemplare kostenlos erhältlich über die Unfallversicherungsträger
TITHOF, W. „The Effects Of Full Spectrum Light On Student Depression As A Factor in Student
Learning“, Dissertation, Walden University, USA, 1998
DIN 12 464-1 „Licht und Beleuchtung – Beleuchtung von Arbeitsstätten“
Schule – Gebäude – Freiflächen – Gesundheit, Anschub.de, Bertelsmann Stiftung, 2004
H i l f r e i c h e I n t e r n e ta d r e s s e n
Pflanzen
Allgemein:
http://www.plants-for-people.de/ - Hintergrundinformationen zur positiven Wirkung von Pflanzen
Pflege/Schädlingsbekämpfung:
http://www.exoten-forum.de - Forum zu Fragen der Pflanzenpflege, -vermehrung und vieles mehr
http://www.mein-schoener-garten.de - Portal mit nützlichen Pflegehinweisen zu Zimmerpflanzen
http://www.zimmerpflanzendoktor.de - Hilfestellung bei der Analyse von Pflanzenschäden
http://www.lfl.bayern.de/ips - Internetseite der Landesanstalt für Landwirtschaft mit Informationen
zum Pflanzenschutz und zur Schädlingsbekämpfung
Giftpflanzen:
http://www.giftpflanzen.com - Internetseite mit über 400 Giftpflanzen in Haus und Garten
http://www.tox-info.org - Giftinformationszentrale München
http://www.meb.uni-bonn.de/giftzentrale - Pflanzenindex der Giftinformationszent-rale Bonn
http://www.giftinfo.uni-mainz.de/Deutsch/pflanzen/mainzer_pflanzenliste.htm - Pflanzenindex
der Giftinformationszentrale Mainz
Farben
http://kremer-pigmente.de - Farbrezepturen, Bezugsquellen für Farbpigmente
http://www.leinos.de - Bezugsquelle für Farbpigmente
Licht
http://www.farbe-licht.de - Wirkung von Licht und Farbe in Räumen mit Gestaltungsbeispielen
http://www.licht-akademie.de - Gesundheitliche Auswirkungen von Licht
19
G rundlagen A rbeitsablauf
Teil II:
Vorbereitende Massnahmen
Die Umset zung
Grundlagen und Organisation
Die Grundlagen
Das Setting Schule weist Besonderheiten auf,
die bei einer Begrünung von Schulräumen berücksichtigt werden müssen, wie z. B. die Frage nach der Pflege in den Ferien, die Übertragung der Verantwortung an Schüler, bis hin
zu Zuständigkeiten und der Abstimmung mit
dem Schulträger.
Schüler gestalten
und pflegen selbst
Einführung
Dieser Abschnitt bietet für alle Personen, die mit der Planung und Umsetzung eines
Lernfördernden Klassenzimmers an Ihrer Schule beginnen, zahlreiche Hilfen. Er enthält
viele Punkte, die für eine erfolgreiche und nachhaltige Umsetzung des Konzepts
Lernförderndes Klassenzimmer berücksichtigt werden sollten.
Sie finden hier z.B. einen detaillierten Ablaufplan, der Ihnen die Organisation an der
eigenen Schule vereinfachen soll.
20
Einer der wichtigsten Aspekte bei der Begrünung und Farbgestaltung von Schulen ist die
Partizipation der Schüler sowie die Übernahme von Pflegeverantwortung durch sie.
Schon zu Beginn sollen die Schüler unmittelbar an der Planung als auch an der Gestaltung
ihres eigenen Umfelds beteiligt werden. Dadurch identifizieren sie sich stärker und vor allem dauerhaft mit dem Projekt und der Schule. Das erhöht die Akzeptanz und vermindert
Vandalismus. Kinder und Jugendliche achten
von selbst vermehrt auf das mit eigener Arbeitsleistung geschaffene Werk und sorgen
nachhaltig für die Begrünung.
Die weitere Besonderheit eines Lernfördernden Klassenzimmers ist, dass die Schüler
die Pflanzen später eigenverantwortlich und
selbstständig pflegen. Diese Übernahme der
Pflegeverantwortung durch die Schüler ist ein
bedeutender psychologischer Einflussfaktor
und wichtiges pädagogisches Mittel.
21
G rundlagen A rbeitsablauf
• keine Stacheln oder scharfe Kanten
aufweisen:
In Schulen kann es zu Rangeleien kommen, in deren Verlauf Kinder oder Jugendliche gegen Pflanzen gestoßen werden. Auch
beim Laufen besteht die Gefahr, zu stolpern
und gegen Pflanzen zu fallen. Daher dürfen
Pflanzen, die für eine Begrünung von Klassenzimmern verwendet werden, keine Stacheln bzw. spitze oder scharfe Bestandteile aufweisen. Kakteen, Agaven oder scharfkantige Gräser sollten daher nicht auf der
Einkaufs- oder Begrünungsliste stehen.
Durch die Übertragung von Verantwortung
entwickeln die Kinder und Jugendlichen mehr
Selbstvertrauen. Weiterhin fördern die Erfolge
bei der praktischen Mitarbeit Schüler in ihren Fähigkeiten und unterstützen sie in ihrer
Entwicklung. Die Erfahrungen haben gezeigt,
dass das Pflegen der Pflanzen in wechselnden
Teams auch das soziale Klima im Klassenverband verbessern kann.
Außerdem sollten die in Schulen eingesetzten Pflanzen
• pflegeleicht sein:
Während in gewerblichen Büroräumen die
Pflanzen meistens durch fachkundige Gärtner regelmäßig gegossen und gepflegt werden, wird in Schulen die Pflege der Pflanzen von Laien übernommen. In Schulen ist
daher die Wahrscheinlichkeit höher, dass
Fehler etwa beim Gießen gemacht werden.
Um den Verlust an Pflanzen möglichst gering zu halten, müssen diese daher in der
Lage sein, Pflegefehler (mittelfristig) zu tolerieren. Auch die Feriensituation stellt hohe
Anforderungen an die Pflanzen. So müssen
die ausgewählten Pflanzen sowohl „nasse
Füße“ (zu Beginn der Ferien – beim kräftigen „Vorgießen“) als auch Trockenheit (am
Ende der zweiwöchigen Ferien) kurzfristig
tolerieren. Die Pflanzen der TOP-8-Liste
(siehe Teil III) sind daher in der Lage, beide
Extremsituationen zu dulden. Generell gilt
Auswahlkriterien für Pflanzen
Pflanzen, die in Schulen eingesetzt werden,
müssen bestimmte Kriterien erfüllen.
Sie dürfen:
• weder stark giftig sein noch halluzinogen
wirken:
Es soll ausgeschlossen werden, dass durch
den Verzehr von Pflanzenteilen schwere Vergiftungserscheinungen bis hin zu lebensbedrohlichen Gesundheitszuständen bei den
Schülern auftreten können.
22
Verschiedene
Pflanzsubstrate:
von oben nach
unten:
• Blähton/
Hydrokultur
• Seramis
• Erde
jedoch, dass für die meisten Pflanzen Trockenheit eher tolerierbar ist als übermäßiges Gießen. Gerade bei Kindern in Grundschulen, die sehr gerne gießen, muss daher
verstärkt darauf geachtet werden, dass die
Pflanzen nicht dauerhaft übergossen werden.
• sowie halbschattige bis schattige
Standorte bevorzugen:
Pflanzen haben einen individuellen, von der
jeweiligen Art abhängigen Lichtbedarf. Die
richtige Beleuchtungsstärke ist für die Gesundheit und das Wachstum der Pflanze unerlässlich. Messungen in Schulen haben gezeigt, dass in vielen Klassenzimmern an den
fensterfernen Standorten zum Teil niedrige
Werte von knapp 500 Lux und weniger (ohne zusätzliche Beleuchtung) vorliegen. Auch
in Fensternähe ist die Beleuchtung meist nicht
sehr hoch, da bei direkter Sonneneinstrahlung
häufig Blendschutz verwendet wird. Pflanzen
in Klassenzimmern sollten daher keine hohen
Lichtansprüche haben und halbschattige oder
schattige Standorte bevorzugen.
Hydrokulturpflanzen haben zwei wesentliche Nachteile für den Einsatz in Schulen:
• Hydrokulturpflanzen bilden nur sog. Wasserwurzeln aus. Diese sind kürzer, weniger
verzweigt und wachsen sehr langsam. Hydrokulturpflanzen haben daher wenig Wurzelvolumen. Wird eine Hydrokulturpflanze
zu viel gegossen, beginnen die empfindlichen Wasserwurzeln sehr schnell zu faulen. Aufgrund des geringen Wurzelvolumens sterben die Pflanzen innerhalb kürzester Zeit ab. Da gerade jüngere Schüler
sehr gerne und auch viel gießen, ist Hydrokultur als Pflanzsubstrat in Schulen meist
ungeeignet.
Verwendetes Pflanzsubstrat
Bei der Auswahl von Pflanzsubstrat stehen im
Wesentlichen zwei Möglichkeiten zur Verfügung: Erdkultur oder Hydrokultur (= Blähton).
Beim Begrünen von Klassenzimmern hat sich
gezeigt, dass Erde als Pflanzsubstrat meist besser geeignet ist.
• Sie sind wesentlich teurer in der Anschaffung und schwieriger in der Vermehrung.
Die Nachzucht eigener Pflanzen für weitere
Klassenzimmer oder Schulräume wird dadurch schwieriger.
23
G rundlagen A rbeitsablauf
Die Pflanzenanzahl
sollte in einem
angemessenen
Verhältnis zur
Raumgröße stehen.
Weder eine
einzelne Pflanze
noch ein Dschungel
aus Pflanzen sind für
den Einsatz im
Klassenzimmer
hilfreich.
Pflanzenanzahl
gepasst werden. Als Grundsatz gilt jedoch: Bei
der Gestaltung eines grünen Klassenzimmers
sollten aus den o.g. Gründen nicht weniger als
15 Pflanzen (davon mindestens fünf größere
Pflanzen mit einer Wuchshöhe über 1,50 m)­
zum Einsatz kommen sollten.
Damit die beschriebenen positiven Auswirkungen zum Tragen kommen, ist eine gewisse Mindestanzahl an Pflanzen erforderlich.
Der wesentliche Grund liegt darin, dass die
Pflanzen von den Schülern erst ab einer bestimmten Anzahl bewusst wahrgenommen
und auch versorgt werden. Weniger Pflanzen
sind nichts Besonderes. Jeder kennt den vereinsamten „Solitär-Ficus“ in der hinteren Klassenzimmerecke, für den sich niemand verantwortlich fühlt.
Pflanzgefäße
Bei den Pflanzgefäßen muss auf folgende
Punkte geachtet werden:
Wenn die Pflanzen direkt in (Plastik-)Töpfe eingepflanzt und diese dann mit passenden Untersetzern versehen werden, müssen die Untersetzer wasserundurchlässig und ausreichend
hoch sein. Dadurch wird ein Überlaufen des
Gießwassers bei zu starkem und schnellem Gießen verhindert. Zusätzlich sollten die Schüler
Bei den Klassenzimmern (Raumgröße ca. 60 m )­,
die bislang begrünt wurden, wurden jeweils etwa 40 bis 50 Pflanzen unterschiedlicher Größe
verwendet. Natürlich ist die Anzahl der Pflanzen von den vorhandenen räumlichen Möglichkeiten abhängig und muss individuell an2
24
darauf hingewiesen werden, langsam zu gießen
(siehe auch Teil III).
Werden Pflanzen mit ihren Plastiktöpfen in einzelne Übertöpfe gestellt,
so muss zum einen auch
hier sichergestellt werden, dass der Übertopf
wasserundurchlässig ist
(z.B. durch Glasur an der
Innenseite). Zum anderen muss – da man hier
nicht auf den ersten Blick
sieht, wenn eine Pflanze im Wasser steht – mit
Hilfe einer Drainageschicht zwischen Übertopf
und Pflanzentopf verhindert werden, dass eine Pflanze „zu nasse Füße“ hat. Diese Drainage kann aus einer etwa 1-2 cm starken Schicht
Kieselsteine im Übertopf bestehen.
Auswahl Pflanzenstandort
Auch bei der Standortauswahl gibt es neben
den Lichtansprüchen der Pflanzen einige
Punkte, die beachtet werden müssen:
• Pflanzen müssen ohne Hilfsmittel für die
Kinder und Jugendlichen erreichbar sein.
Unbestritten hat die Verwendung von Hängeampeln ihren Reiz. Es sieht auch schön
aus, wenn Pflanzen von hohen Schränken
oder Regalen herunterwuchern. Das Problem ergibt sich beim Gießen: Zur Pflege der
aufgehängten oder hoch aufgestellten Pflanzen müssen Aufstiegshilfen genutzt werden.
In der Praxis werden – selbst wenn Leitern
oder Rollhocker vorhanden sind – zum
Hochsteigen immer wieder Stühle oder Tische verwendet. Sehr leicht können Schüler beim regelmäßigen Gießen herunterfal-
Pflanzen können auch in größeren Pflanzgefäßen (z. B. Blumenkästen) gemeinsam gruppiert werden. In diesem Fall ist darauf zu achten, dass die einzelnen Pflanzenarten miteinander harmonieren, d.h. ähnliche Ansprüche
an Licht und Wasser stellen. So eignet sich
beispielsweise die gemeinsame Pflanzung von
Drachenbaum (Dracaena fragrans) als Solitärpflanze mit Efeutute (Epipremnum aureum) als
kleinere Begleitpflanze. Eine weitere Möglichkeit besteht darin, mehrere Pflanzen der gleichen Art – auch in unterschiedlichen Größen
– zusammen zu arrangieren.
25
Im Handel sind
unterschiedliche
Pflanzgefäße
erhältlich. So
kann je nach
Bedarf und Vor­
liebe aus einer
großen Auswahl
das Geeignete
herausgesucht
werden.
Von links nach
rechts: Übertöp­
fe, Blumenkäs­
ten und Töpfe
mit Untersetzer.
G rundlagen A rbeitsablauf
len. Pflanzen sollten daher immer so aufgestellt werden, dass die Schüler sie ohne Aufstiegshilfen erreichen können.
• Fenster dürfen nicht durch Pflanzen
­verstellt werden:
Das Fensterbrett ist zwar in Schulen ein
beliebter Standort für Pflanzen, weil man
ihnen hier gute Lichtbedingungen bieten
kann. Es sollte allerdings bei einer Begrünung der Klassenzimmer weitestgehend
ausgespart bleiben. Messungen haben gezeigt, dass der Kohlendioxidgehalt in Klassenzimmern meist sehr hoch ist. Durch
Quer- bzw. Stoßlüftung in den Unterrichtspausen kann innerhalb von nur drei bis
fünf Minuten der Kohlendioxidgehalt wieder auf ein akzeptables Maß gesenkt werden (Querlüftung = gleichzeitiges Öffnen
von Fenstern und Türen).
Pflanzen sollten
so aufgestellt
werden, dass
Lüften jeder­
zeit und ohne
Behinderung
möglich ist.
Auswahl der Farbe und
Verwendung von Farbpigmenten
Der Auswahl und Anwendung der Farbe für
das Lernfördernde Klassenzimmer kommt eine besondere Bedeutung zu. Farbe ist nicht
gleich Farbe, und damit Farbe wirken kann,
müssen die nachfolgenden Parameter eingehalten werden:
Für die Farbgestaltung des Lernfördernden
Klassenzimmers kommen so genannte Farbpigmente zur Anwendung. Dies hat mehrere
gute Gründe: Zum einen ist ein Eintrag an störenden oder belastenden Stoffen durch organische Pigmente in Pulverform fast nicht vorhanden (im Innenbereich sind selbstverständlich schwermetallhaltige Farben wie z. B.
Cadmiumgelb tabu!). Zum anderen besitzen
Farben, die direkt aus Farbpigmenten angemischt werden, eine unübertreffliche Leuchtkraft, unabhängig von der Sättigung der Farbe oder dem Farbauftrag. Ein Effekt, der mit
abgetönten Farben nicht erzielt werden kann.
Neben dieser leuchtenden Wirkung haben
Farbpigmente noch zwei weitere Vorteile:
Querlüften nach jeder Stunde ist daher ein
Muss. Dies ist allerdings nur möglich, wenn
nicht alle Fenster durch Pflanzen verstellt
sind.
Neben der Verwendung von Pflanzen im
Klassenzimmer trägt auch die Farbgestaltung des Raums wesentlich zu einer angenehmen Lernatmosphäre bei. Wie bereits bei
den Pflanzen gibt es auch bei der Verwendung von Farben im Lernfördernden Klassenzimmer einige Grundsätze, die berücksichtigt werden müssen.
26
Voraussetzung für die Verwendung von Farbpigmenten ist ein einheitlich heller (weißer)
Untergrund. Farbpigmente haben eine hohe
Leuchtkraft, wirken aber in der verwendeten
Form lasierend, also nicht deckend. Unregelmäßigkeiten, Verschmutzungen oder verblichene Stellen (z. B. von Bildern, Pinnwänden) bleiben auch nach dem Streichen sichtbar. Vor der Farbgestaltung mit Pigmenten,
müssen daher alle Wände des Klassenzimmers geweißelt werden. Erst dann kann, nach
dem Trocknen der Wände, mit der farbigen
Gestaltung begonnen werden.
• Der zum Einsatz kommende Farbteig besteht aus gesundheitlich unbedenklichen
Substanzen. Er wird aus einfachsten Komponenten gemischt: Wasser, Farbpigmente,
haushaltsüblicher Tapetenkleister (Methylcellulose) und wässrige Dispersion (wasserverdünnbares Bindemittel, z.B. Plextol).
Letzteres wird zugegeben, damit die Wandfläche auch einmal feucht abgewischt werden kann, ohne die Pigmente von der Wand
zu reiben (Rezepte und Tipps zum Anmischen siehe Teil III). Vorteil dieser Mischung
ist, dass während des Streichens lediglich
ein Geruch nach Kleister wahrnehmbar ist.
Zudem ist die Wand innerhalb kurzer Zeit
durchgetrocknet und damit der Raum wieder benutzbar. Tagelange Gerüche nach
Farbe oder Lösungsmitteln treten nicht auf.
Lasierender, strukturierter
Farbauftrag („Toskana-Stil“)
Entscheidend für die Wirkung von Farbe auf
das Auge ist u.a. die Art, wie der Farbauftrag
gestaltet wurde. So sind homogen gestaltete
Farbflächen zwar zunächst attraktiv, bieten
aber bei längerer oder häufigerer Betrachtung
keine neuen Anregungen oder Abwechslungen für das Auge; der Anblick wird langweilig und der Blick geht „ins Leere“. Strukturiert
• Der Farbteig aus Farbpigmenten ist leicht
anzuwenden. Auch Kinder der ersten Klassen können damit bereits arbeiten. Da die
Farben nicht deckend sind, kann mit Hilfe
der sog. Kreuzstrichtechnik (siehe S. 28) ohne Vorkenntnisse immer ein gutes Ergebnis
erzielt werden.
27
G rundlagen A rbeitsablauf
Kur zinfo
Warum besser eine farbige Wand
und kein Bild?
warm
kalt
Die Farbgestaltung des Klassenzim­
Die Streich­
bewegung wird
in Form einer
­imaginären
­liegenden Acht
oder auch dem
Andreaskreuz
­ausgeübt.
gestrichene Flächen bieten
dagegen ein immer wieder
neues Spiel aus verschiedenen Farbtiefen, Hell-DunkelKontrasten und unterschiedlichen Licht- und Farbreflexionen. Durch diese Technik kann die farbige
Wand über einen deutlich längeren Zeitraum
wirken ohne langweilig zu erscheinen. Strukturierte Wände erzielt man durch die Verwendung der lasierenden Pigmentfarben zusammen mit Hilfe einer bestimmten (einfach anzuwendenden) Streichtechnik: dem Kreuzstrich oder auch „liegende Acht“ genannt.
Durch diese Streichtechnik in Verbindung
mit der Pigmentfarbe entsteht ein strukturierter Farbauftrag im „Toskana-Stil“. Die genaue
Vorgehensweise sowie die Rezeptur zum Anmischen der Farbe finden sie im Teil III der
Broschüre.
mers soll langfristig ausgelegt werden.
Mit dieser Streichtechnik erzielt man bei der
Umsetzung durch die Schüler immer gute Ergebnisse. Bei den bisher neu gestalteten Klassenzimmern wurde mit Schülern aller Altersund Jahrgangsstufen, von der 1. Klasse bis zur
11. Klasse, gearbeitet. In jeder Klasse war aufgrund der verwendeten Streichtechnik die Beteiligung aller Schüler – auch ohne Vorwissen
möglich – mit positivem Ergebnis. Natürlich
ist bei Kindern der Klassen 1 bis 3 die Unterstützung der Eltern notwendig. Mehr zur Elternbeteiligung finden Sie im nachfolgenden
Abschnitt "Die Organisation", sowie in den
Modulen 1 und 2 aus Prima Klima! der guten
gesunden Schule.
und im Raum wohlfühlen. Nur unter die­
Bei ­regelmäßigen Klassenzimmerwechsel
spätestens aber nach zwei Jahren in der
Grundschule, können die Schüler mit dem
von Ihren Vorgängern gestalteten Bildern
und Motiven oft nur sehr wenig anfangen.
Von den beteiligten Schülern ausgewähl­
te und gestaltete Bilder und Motive (z.B.
Dschungel, Sonnenuntergang) werden in
der Regel spätestens von der nächsten
Klasse abgelehnt. Eine Identifikation der
„neuen“ Schüler mit dem Motiv ist nicht
trastreichem, neutralem Weiß gehalten werden. Mit diesem Gestaltungsgrundsatz erreicht man eine effektive Farbwirkung.
räumliche Situation, Fenster- und Türlaibungen, Säulen oder Mauervorlagen, berücksichtigt und einbezogen werden.
Es kann durchaus interessant wirken, wenn die
Türlaibung oder Mauervorlage weiß bleibt.
Folgende Wände finden sich in der Regel in
einem Klassenzimmer:
1. Die „Tafelwand“: diese wird in aller Regel als Projektionsfläche für Overhead und
­Beamer-Präsentationen genutzt und sollte
dafür frei bzw. weiß bleiben zudem eine
farbige Gestaltung dieser Wandfläche die
Schüler vom Tafelbild ablenkt. Zuletzt hätte
die Lehrkraft nur wenig von dieser Gestaltung – nämlich die Farbe im Rücken.
Auswahl der Leuchtmittel
3. Die Wand mit der Fensterfront: sie ist ungeeignet, weil der Anteil an Wandfläche,
die farblich gestaltet werden kann, viel zu
gering ist.
Als Leuchtmittel sollten immer
die bereits im Kapitel "Wirkung
von Licht" vorgestellten Vollspektrumleuchtstoffröhren zum Einsatz
kommen. Die meisten Leuchtmittel
können in die gebräuchlichen Lampen eingesetzt werden. Da diese Leuchtstoffröhren
trotz besserer Lichtqualität in der Leuchtstärke etwas schwächer sind als die herkömmlich
eingesetzten, muss durch einen Fachmann,
z.B. eine Elektrofachkraft ermittelt werden, ob
die vorhandenen Lichtbänder verwendet werden können und deren Anzahl ausreichend
ist. Hände weg vom eigenmächtigen Leuchten- oder Lampenwechsel: Diese Tätigkeiten
müssen immer von einem Fachmann ausgeführt werden!
So bleibt für eine farbige Gestaltung nur die
flurbegleitende Wand. Diese Wand bietet bei
allen Schulen die größte gestaltbare Fläche.
Dabei ist es unerheblich, ob die Wand ganz
frei von Pinnwänden ist. Auch können durchaus Schränke davor stehen. Als Faustregel gilt,
dass mindestens 60 % der Wandfläche hinterher farblich wirksam, d.h. sichtbar sein müssen. Dabei sollte immer auch die individuelle
Bei der Überprüfung der Leuchten sollte auch
darauf geachtet werden, welche Art von Vorschaltgerät verwendet wird. Bei älteren und
noch nicht elektrisch vorgeschalteten Modellen besteht die Möglichkeit, dass die Leuchten
flackern bzw. dass die Vollspektrumleuchtstoffröhren nicht eingesetzt werden können.
Die Beratung und Installation durch einen
Fachmann ist daher unerläßlich!
mehr gegeben. Der Raum verliert wieder
an Behaglichkeit. Dieses Problem besteht
bei einer unifarben gestalteten Wand
nicht. Auch nicht unmittelbar an der Um­
setzung Beteiligte können sich mit der an­
genehmen Farberscheinung identifizieren
sen Bedingungen ist auch eine Nachhal­
tigkeit der Farbgestaltung gewährleistet.
Auswahl der
zu streichenden Wand
Die größtmögliche Farbwirkung erzielt man
durch die farbige Gestaltung nur einer Wandfläche im Klassenzimmer. Hier kann die Farbe
auch durchaus etwas kräftiger gewählt werden (siehe Fotomaterial). Im Ausgleich dazu
sollten die anderen drei Wände in dazu kon28
2. Die rückseitige Klassenzimmerwand: Hier
hat zwar die Lehrkraft besten Blick auf diese Wandfläche, die Schüler hingegen haben die Farbgestaltung nicht im Blickfeld.
Die positive Wirkung der Farbgestaltung
fehlt.
29
G rundlagen A rbeitsablauf
Sachkostenträger
Die Organisation
Zustimmung im Lehrerkollegium
Für die Nachhaltigkeit der Begrünung ist es erforderlich, dass nicht nur ein oder zwei Lehrkräfte eine Neugestaltung mit Pflanzen, Farbe und Licht befürworten, sondern dass ein
Großteil des Lehrerkollegiums zustimmt.
Wie die Ergebnisse in den Pilotschulen zeigen, profitieren alle Personengruppen von einem Lernfördernden Klassenzimmer. Deshalb
sollte die entstehende Arbeit von allen getragen werden. Insbesondere bei der kontinuierlichen Pflege der Pflanzen während der Ferien oder im Krankheitsfall ist eine aktive Zusammenarbeit im Kollegium unerlässlich.
Beteiligung von Hausmeister und
Reinigungskräften
Foto: Pixelio.de
Nutzer und Betroffene
werden zu Beteiligten
Damit bei der Neugestaltung „am
großen Tag“ alles gut geht und auch
in der Folgezeit alles klappt, bedarf
es im Vorfeld einer guten Organisa­
tion und Planung.
Der folgende Abschnitt enthält Tipps
und Hinweise für die Schritte, die
nötig sind, um ein Lernförderndes
Klassenzimmer ­entstehen zu lassen.
Ein Klassenzimmer mit vielen Grünpflanzen
verursacht Mehrarbeit. Umso wichtiger ist es,
diesen Mehraufwand auf vielen Schultern zu
verteilen.
Im Schulsystem sind neben dem Lehrerkollegium vier weitere Personengruppen relevant, die für eine erfolgreiche und nachhaltige Umsetzung erforderlich sind. In einem ersten Schritt sollten daher alle Gruppen frühzeitig beteiligt werden.
30
Grundsätzlich muss festgehalten werden, dass
es nicht zu den Aufgaben des Hausmeisters
oder des Reinigungspersonals zählt, die Pflege der Pflanzen in den Ferienzeiten zu übernehmen. Es gibt andere Möglichkeiten (siehe
FAQ), dies zu organisieren.
Die Erfahrungen zeigen, dass eine frühe Beteiligung und Information Missverständnissen
vorbeugt und die Umsetzung sowie den weiteren Verlauf deutlich vereinfachen (vgl. Infrastrukturelles Management, Modul „Schule –
Gebäude – Freiflächen – Gesundheit“).
Daher sollte der Hausmeister bereits bei
der ersten Planung einbezogen und informiert werden. Zum einen kann der Hausmeister mit seiner praktischen Erfahrung eine wertvolle Hilfe bei der Umsetzung bieten.
Hausmeister,
Reinigungskräfte
(Aber: Nicht der
Hausmeister gestaltet
das Klassenzimmer!). Zum
anderen bedeutet eine Neugestaltung auch für Hausmeister oder
Reinigungspersonal ggf. eine Umstellung gewohnter Arbeitsabläufe.
Schulleiter
Lehrkräfte
Schüler
Absprache mit dem Sachkostenträger
Der Sachkostenträger/Schulträger sorgt in
Schulen für die Finanzierung der baulichen
Anlagen und Einrichtungen (in der Regel:
Kommune, Staat oder privater Träger). Auch
der Sachkostenträger sollte bereits zu Beginn
der Überlegungen informiert werden. Zum
einen müssen manchmal bereits vorhandene
Bedingungen überdacht und ggf. angepasst
werden (z. B. Zugangsregelung zum Schulgebäude für die Lehrkräfte während der Ferien, erlaubte Farben für die Wand im Klassenzimmer). Zum anderen kann von Seiten des
Sachkostenträgers bei der Umsetzung wertvolle Unterstützung (z.B. durch sachkundige Unterstützung bei der Pflanzenpflege,
Anbringen der Beleuchtung durch Fachleute oder sachkundige Hilfe bei der Farbgestaltung) kommen. In einzelnen Fällen existieren in den Kommunen finanzielle Mittel, um
beispielsweise. die Instandhaltung der Klassenräume zu unterstützen. Es lohnt sich daher, die zuständigen Personen nicht nur über
das Vorhaben zu informieren, sondern auch
nach dieser Möglichkeit zu fragen.
Eltern
G rundlagen A rbeitsablauf
Absprache mit Eltern bzw. Elternbeirat
Bereits das Modul Prima Klima aus der anschub.de-Reihe (z.B. Modul 1 „Begegnung
der anderen Art“) beschreibt, wie wichtig
die Beteiligung und die Mitarbeit der Eltern
im schulischen Alltag sind. Das Lernfördernde Klassenzimmer ist ein typisches Schulprojekt, bei dem die Einbindung der Eltern von
grundlegender Bedeutung ist. Mit der Information und Einbeziehung von Eltern können
sich diese mit der Schule ihrer Kinder identifizieren. So kann sich die Schule erfahrungsgemäß deutlich positionieren und langfristig von
anderen Schulen unterscheiden. Diese Profilierung sorgt im Allgemeinen für eine positive
Außendarstellung und -wahrnehmung.
Absprache mit den Schülern
Es ist wichtig, die Hintergründe für die Begrünung und neue Farbgestaltung des Raumes (siehe Teil I) mit den Schülern zu erarbeiten und zu besprechen. Möglichkeiten,
wie dies geschehen kann, sind im Teil III der
Broschüre zu finden.
Bei der praktischen Umsetzung mit Jugendlichen zwischen 13 und 18 hat sich gezeigt,
dass insbesondere diese Altersgruppe frühzeitig bei der Planung zu beteiligen ist und
die Hintergründe des Warum und Wieso angesprochen werden müssen. Insbesondere
diese Schüler sollten nicht das Gefühl haben,
mehr Arbeit übergestülpt zu bekommen.
Die Beteiligung der Eltern hat weitere
Vorteile:
• Eltern können zusätzliches Know-how
einbringen (Floristen/Gartenbauer/Landschaftsarchitekten/Maler etc.).
• Bei der Umsetzung mit Grundschülern ist
die Mithilfe der Eltern zum Teil unerlässlich.
• Es kann um eine finanzielle Unterstützung,
auch in Anerkennung von Spenden über
den Förderverein, gebeten werden.
• Sachspenden z. B. in Form von zu groß
gewordenen Pflanzen können bereitgestellt werden. Solche Spenden sind zu begrüßen, zumal eine Beteiligung von Eltern
Vorteile für die Nachhaltigkeit der Begrünung haben kann.
32
Der Ablauf
• Die Pflanzenliste sollte die Pflanzenanzahl
sowie die gewünschte Pflanzengröße und
entsprechende Töpfe beinhalten.
Mit dieser Liste können Anfragen an die
Eltern erfolgen oder auch mögliche Sponsoren beworben werden.
• Auswahl der Wandfarbe
Jede Klassenzimmergestaltung ist individuell. Daher gibt es keinen allgemein gültigen
Zeitplan. Von der ersten Idee bis zum Tag
der Umsetzung sind erfahrungsgemäß etwa
3-4 Monate einzuplanen. Die Beachtung der
nachfolgenden Leitlinien kann Zeitdruck und
Stress vermeiden.
ca. vier Wochen vorher
• Elternbrief: Der Brief erinnert die Eltern an
den Aktionstag. Die beteiligten Eltern und
Schüler erhalten Informationen zum genauen Ablauf am „großen Tag“ (siehe unten) sowie den Hinweis, dass die Kinder
und Jugendlichen an diesem Tag ältere
Kleidung mitbringen sollten, wie für Verpflegung gesorgt wird und ob Versicherungsschutz besteht etc.
• mit den Schülern die Hintergründe durchgehen.
ca. vier Monate vorher
• Klassenzimmer auswählen.
• „Kümmerer“ bestimmen:
• Auch wenn eine Klassenzimmerneugestaltung wie bereits beschreiben von mehreren Personen getragen werden sollte, so ist
es doch unerlässlich, dass ein Verantwortlicher für das Projekt benannt wird (z. B.
der Klassenlehrer). Bei dieser Person laufen die Fäden zusammen, um einen koordinierten Ablauf gewährleisten zu können.
• Beteiligte informieren und einbeziehen,
Absprachen treffen.
• Die Information der Schüler und Eltern
kann beispielsweise im Rahmen eines informellen Abends erfolgen.
eine Woche vorher
• Pflanzen und Töpfe, Erde und (Drainage-)
Kies besorgen
• Farbe, Folien, Pinsel, Klebeband usw. besorgen
• Wände gegebenenfalls weißeln.
• Die Wände müssen für eine Gestaltung
mit Farbpigmenten weiß sein. Sollten die
Wände Schmutzstreifen oder auch Ränder von zuvor aufgehängten Bildern aufweisen, so werden diese Verunreinigungen
durch die lasierenden Pigmentfarben nicht
abgedeckt.
ca. drei Monate vorher
• Gestaltungsplanung des Klassenzimmers
mit den Schülern.
• Aufstellung der Pflanzenliste und Klärung,
wer die Beschaffung der Pflanzen organisiert und leistet.
33
G rundlagen A rbeitsablauf
D
as Weißeln sollte mind. drei Tage vor
dem Aktionstag erfolgen, damit die Wandfarbe noch durchtrocknen kann.
• Sonstige Hilfsmittel (siehe Liste Teil III) besorgen
• Presse informieren: Es bietet sich an, im
Rahmen der Feierlichkeiten am Aktionstag
die Presse für ein paar eindrucksvolle Bilder einzuladen und ggf. einen Pressetext
vorzubereiten.
• Ausreichende Räumlichkeiten für das Umtopfen vorsehen, evtl. Absprache mit
Hausmeister und den Reinigungskräften
vornehmen.
• Kurz vor dem Streichen ggf. die Tische
und Stühle durch die Schüler ausräumen
lassen.
Vielleicht besteht auch die Möglichkeit, dass
die Schüler Häppchen zubereiten. Dabei
wechseln die einzelnen Gruppen durch, sodass jeder Schüler an jedem Arbeitsschritt
teilnehmen kann.
Daran anschließend wird gemeinsam aufgeräumt und geputzt. Zum Schluss, wenn die
Wand trocken und das Mobiliar eingeräumt
ist, werden die Pflanzen in das Klassenzimmer gestellt.
Entweder am Nachmittag oder am Vormittag
des darauffolgenden Tages sollte eine kleine
Feier mit der offiziellen Übergabe des Lernfördernden Klassenzimmers an die nun pflegeverantwortlichen Schüler stattfinden. Diese Feier ist ein wichtiges Ritual und sollte in
ihrer Wirkung auf die Nachhaltigkeit nicht
unterschätzt werden.
Es bietet sich an, zu diesem Termin die Presse, etwaige Sponsoren und auch die Eltern
einzuladen. Im Vorfeld kann geklärt werden,
ob die Eltern bei der Vorbereitung eines kleinen Buffets mithelfen.
Der große Tag
Für die Umgestaltung des Klassenzimmers
kann man – sofern die Vorarbeiten wie Ausräumen des Klassenzimmers, Abkleben bzw.
Abdecken bereits am Vortag erfolgt sind, etwa drei bis vier Stunden (max. einen Vormittag) kalkulieren.
Alle Schüler der Klasse sollten an der Aktion
beteiligt werden. Am besten bewährt hat sich
eine Einteilung in Gruppen von je sechs bis
acht Schülern. Eine Schülergruppe topft um,
eine andere Schülergruppe streicht in dieser
Zeit die Wand. Die restlichen Schüler können die Übertöpfe mit Drainagekieseln füllen,
Pflegeanleitungen erstellen, Pflanzenschilder
malen (siehe S. 39-40) oder auch Plakate für
die anschließende Feier erstellen.
Nachbereitung
Für das gemeinsame Arbeitsklima ist es sehr
förderlich, den Beteiligten wie z.B. Hausmeister, Reinigungskräften, Kümmerer eine
Aufmerksamkeit zukommen zu lassen. Auch
wenn das Geschenk noch so klein ist – in
den meisten Fällen ist die Wirkung groß.
34
Wie geht's weiter?
für die neuen Schüler fungieren. Wenn das
nicht möglich ist, sollte mit den neuen Schülern ein Umtopfen der Pflanzen erfolgen und
wiederum eine kleine offizielle Übergabefeier stattfinden. Dies hat den Vorteil, dass die
Pflanzen regelmäßig – in der Regel alle zwei
Jahre – umgetopft werden.
Alles ist fertig. Die Wand ist gestrichen, die
Pflanzen sind im Klassenzimmer und die
Leuchten hängen an der Decke. Wie geht es
nun weiter?
Das Klassenzimmer wird mit der Einweihungsfeier am Tag der Umgestaltung von
den Schüler offiziell übernommen und diese
tragen von nun an die Pflegeverantwortung
für die Pflanzen. In der Praxis hat es sich bewährt, immer drei bis vier Schüler in einem
Pflegeteam wochenweise rotieren zu lassen.
Natürlich ist auch denkbar, eine Pflanze jeweils einem Schüler zuzuordnen. Allerdings
tauchen bei dieser Variante Probleme auf,
wenn eine Pflanze eingeht. Damit in diesem
Sinne kein Druck auf den einzelnen Schüler
aufgebaut wird, empfiehlt sich die Pflege in
wechselnden „grünen Teams“. Hinweise zur
Pflege der Pflanzen während der Ferienzeiten
finden Sie im Teil III, dieser Broschüre.
Bei Bedarf können Ableger von den Pflanzen
gezogen werden, um den Bestand zu vergrößern. Zuletzt schafft man mit Hilfe dieser
Aktion die Möglichkeit, dass sich die neuen Schüler mit dem Klassenzimmer identifizieren.
Fa z i t
Aufgrund der positiven Wirkungen bietet
es sich an, den Lebensraum Schule durch
den Einsatz von Pflanzen, Farben und
Licht schöner zu gestalten. Es ist möglich,
mit wenigen Mitteln eine große Wirkung
zu erzielen. Die Zusammenarbeit der un­
terschiedlichen Personengruppen kann ei­
nen wichtigen Beitrag zur Erhaltung der
Leistungsfähigkeit von Lehrkräften und
Schülern leisten und somit wesentlich zur
Gestaltung einer guten, gesunden Schu­
le beitragen.
Was ist zu tun, wenn die Klassen wechseln
und neue Schüler in das Lernfördernde Klassenzimmer einziehen? Am schönsten wäre
es, wenn in diesem Fall die neue Klasse von
den bereits pflanzenerfahrenen Schülern eine Einführung zur Pflege der Pflanzen erhält.
Die erfahrenen Schüler können als Tutoren
35
Praktische Tipps
Teil III:
Praktische Tipps
Anregungen und Arbeitshilfen
Nachhaltigkeit erzeugen
• Schüleraufgabe
Für die Nachhaltigkeit des Projekts ist es wichtig, dass die Schüler frühzeitig in das Projekt
Lernförderndes Klassenzimmer einbezogen
werden. Folgende Übungen haben sich bereits in der Praxis bewährt:
Kennenlernen der Pflanzen
Erstellen von Pflanzenporträts:
Wenn eine Auswahl der verwendeten Pflanzen getroffen wurde, können Schüler z. B. im
Kunstunterricht Pflanzen porträtieren.
Dazu malt jeder Schüler zunächst auf ein Blatt
Papier ein Bild von der ausgewählten Zimmerpflanze. Auf ein weiteres Blatt wird ein Steckbrief der Pflanze geschrieben, (z. B. Herkunft,
Wasserbedarf, Wuchshöhe, Temperatur etc.).
Hier kann die Lehrkraft
bereits eine Art Formular vorgeben, welches
von den Schülern nur
noch ausgefüllt werden
muss.
Eine Alternative zum
Malen der Pflanzen
kann auch sein, die
Pflanzen zu fotografieren. Die spezielle Aufgabe dabei kann lauten, Besonderheiten der
Pflanzen durch die Wahl
des Bildausschnitts hervorzuheben.
Als Ergänzung dazu benennen Schüler in einer
weiteren Aufgabe die
Pflanzen.
• Schüleraufgabe
Wie wirken Pflanzen
Einführung
Dieser letzte Abschnitt der Broschüre enthält praktische Tipps und Hinweise.
Angefangen bei Vorschlägen, wie man Schüler an das Thema heranführen kann,
über FAQs sowie Pflegeanleitungen und Checklisten zu kranken Pflanzen finden
Sie alles zur Gestaltung eines Lernfördernden Klassenzimmers.
36
Insbesondere bei Grundschülern ist diese Methode sehr beliebt und gut als Einstimmung
zum Thema Pflanzen geeignet.
Ablauf: Die Schüler sitzen im Stuhlkreis oder
auch auf ihren Plätzen. Die Lehrkraft spricht
nun die Schüler an: „Schließe deine Augen.
Stell dir vor, du liegst auf einer grünen Wiese
unter einem großen Baum. Du atmest tief ein
und aus und siehst in das Blätterdach über dir.
An was denkst du? Was siehst du alles? Wie
geht es dir dabei?“ Im Anschluss an die Übung
dürfen die Schüler ihre Assoziationen erzählen. Diese Assoziationen (meist Urlaub, Wohlfühlen, gute Luft etc.) können als Grundlage
für die nun folgende Unterrichtseinheit „Was
Pflanzen können“ verwendet werden. Diese
Übung kann natürlich beliebig erweitert werden (z. B. Gefühl von Wind auf der Haut). Abwandlung: Man kann als Grundlage für die Assoziation auch die Farbe grün verwenden.
„Schließe deine Augen und stelle dir ganz intensiv die Farbe grün vor. Was fällt dir nun
ein? An was musst du denken? Was assoziierst
du mit der Farbe grün? Diese Alternative funktioniert auch gut mit älteren Schülern.
37
Vielen Dank an Helga Unseld
und die Schüler der Grund­
schule Feldbergstraße,
München
Praktische Tipps
• Schüleraufgabe
werden entweder gelb und orange oder Grüntöne bzw. Kombinationen daraus bevorzugt.
Die Schülerarbeiten können als Grundlage für
eine Unterrichtseinheit „Wirkung von Farben“
(siehe Teil I) verwendet werden.
Wie wirken Farben?
Benötigt werden:
• Vorlage „Zimmer“ auf weißem Papier,
• Pinsel
• Wasserfarben
• Schüleraufgabe
Vielen Dank an
Stefanie Schletz
und an Helga
Unseld sowie
die Schüler der
Klasse 11c des
BBZ Münnerstadt
für diese tollen
Ideen.
• Schüleraufgabe
Pflanzen benennen
Benötigt werden:
• alte ausgemusterte Terrakotta-Töpfe
• Hammer
• altes Handtuch oder ersatzweise alte
Stofftasche
• Edding-Stift
Die Terrakotta-Töpfe werden in das alte
Handtuch gewickelt und vorsichtig mit dem
Hammer in kleine Tonscherben zerschlagen.
Auf diese Tonscherben können nun die
Schüler die Namen der Pflanzen (wahlweise deutsch oder lateinisch) schreiben. Die
Scherben werden nach dem Umtopfen in
die Erde zu der jeweiligen Pflanze gesteckt.
Diese Aktion kann man auch als Kennenlernspiel mit den Schülern ausführen. Dazu werden die beschrifteten Tonscherben umgedreht, sodass man nicht den Pflanzennamen
lesen kann. Jeder Schüler zieht eine Scherbe
und sucht die dazugehörige Pflanze. Hat er
die richtige Pflanze gefunden, darf der Schüler die Tonscherbe in die Erde stecken.
Alternative: Die Schüler erstellen z. B. in
Gruppenarbeiten Karteikärtchen mit Pflanzennamen (deutsch/lateinisch) und Pflegeanleitungen für die einzelnen Pflanzen, etwa
den Wasser- und Düngebedarf, Standortanspruch hell/dunkel, Besonderheiten etc. Diese Kärtchen werden zum Schluss laminiert
und ebenfalls in die Erde zu den jeweiligen
Pflanzen gesteckt.
Vorübung für die Streichtechnik
Jeder Schüler erhält ein Blatt Papier mit einer perspektivischen Darstellung eines Zimmers. Am einfachsten wird hier eine perspektivische Zeichnung mit Tisch, Stuhl, Bett
und Fenster sowie viel freier Wandfläche und
Bodenfläche von der Lehrkraft erstellt und
mittels Kopierer vervielfältigt.
Die Schüler werden in drei Gruppen aufgeteilt. Eine Gruppe soll z. B. ein Schlafzimmer
farbig so gestalten, dass die Schüler gerne darin schlafen würden. Eine andere Gruppe soll
ein Spielzimmer entsprechend farbig gestalten und die dritte Gruppe ein Zimmer, in dem
man gerne Hausaufgaben machen würde.
Häufig wählen die Schüler Blautöne für das
Schlafzimmer und gelbe oder orange Farben
für das Spielzimmer. Für das Arbeitszimmer
Benötigt werden:
• weißes Papier, DIN A3
• dicker Borstenpinsel
• Wasserfarben
Das Streichen der Wand wird mit der Technik
der sog. „Liegenden Acht“ und einem Pinsel
mit einer Kantenlänge von etwa 10 cm durchgeführt. Dadurch sieht die farbige Wand nach
Beendigung der Arbeiten nicht homogen einfarbig aus, sondern wird in einem Arbeitsgang und mit einer Farbe leicht strukturiert
(sog. „Toskana-Effekt“ oder „Lasur-Effekt“).
Die Übung auf Papier bereitet die Schüler auf
den Wandanstrich vor.
39
Kinder haben
keinen Bezug zu
neutralem, ab­
straktem Weiß.
Sie bevorzugen
in der Regel
kräftige Farben.
Praktische Tipps
Troubleshooting/FAQs
Wer kümmert sich um die Pflanzen
während der Ferien?
Woher bekommt man Pflanzen?
Es gibt mehrere Möglichkeiten günstig an
Pflanzen zu kommen:
Entweder man bittet ortsansässige Gärtnereifachbetriebe um eine Pflanzenspende oder
preiswerte Pflanzen. Es ist von Vorteil, diese
Betriebe von Anfang an am Projekt zu beteiligen. Sollten zukünftig Probleme mit den Pflanzen auftreten, z. B. Schädlingsbefall, so hat
man einen fachkundigen Partner, den man um
Rat fragen kann. Außerdem können Eltern ersucht werden, mit überzähligen oder zu groß
gewordenen Zimmerpflanzen oder auch Ablegern zum Lernfördernden Klassenzimmer ihrer Kinder beizutragen. Allerdings sollten dabei
folgende Punkte beachtet werden:
1. Die Pflanzen sollten, bevor sie in die Schule
bzw. das Klassenzimmer gebracht werden,
eingehend untersucht werden. Ein nicht bemerkter Schädlingsbefall kann unangenehme Folgen haben. Durch das Einschleppen
von Schädlingen an einer Pflanze können
andere Pflanzen und im schlimmsten Fall
das ganze Projekt gefährdet werden.
2. Die gespendeten Pflanzen müssen alle Voraussetzungen erfüllen, die in Teil I, dieser
Broschüre angesprochen werden.
Zur Pflege bzw. Gießhäufigkeit in den Ferien
müssen im ersten Jahr der Begrünung Erfahrungen gesammelt werden. In der Regel kann
man allerdings davon ausgehen, dass das Gießen lediglich in den großen Sommerferien organisiert werden muss, bei besonders heißem
Wetter ggf. auch in den Pfingstferien. Werden die Pflanzen vor den Ferien ausreichend
mit Wasser versorgt, können die in der Handlungsanleitung empfohlenen Pflanzen normalerweise eine Woche gut ohne weitere Versorgung, bei niedrigeren Temperaturen z. B. in
den Weihnachtsferien auch bis zu zwei Wochen überstehen.
Für die sechs Wochen in den Sommerferien
ist in der Regel 4-6 mal Gießen erforderlich.
Dies kann beispielsweise abwechselnd von
mehreren Lehrkräften oder Eltern-Paten übernommen werden. Oder die Pflanzen werden
vor den Sommerferien in einen geschützten
Bereich zusammengestellt, allerdings nicht in
die direkte Sonne, das kann bei den Pflanzen zu irreparablen UV-Schäden führen. Dort
kann dann die Pflege von den Schülern bzw.
Eltern weitergeführt werden.
Die Kosten für ein
Lernförderndes Klassenzimmer
Kurzinfo: Falls schon Klassenzimmer begrünt sind, bietet die Vermeh­
rung der bereits vorhandenen Pflanzen eine weitere Beschaffungsmög­
lichkeit. Bei der Pflanzenauswahl in dieser Handlungsanleitung wurde
darauf geachtet, dass die empfohlenen Pflanzen größtenteils einfach
selbst vermehrt werden können.
Eine der ersten Fragen, die sich stellen ist die
nach den Kosten für ein Lernförderndes Klassenzimmer. Natürlich lassen sich die Kosten
nur annähernd benennen, da sie davon ab40
hängen, wie viele Pflanzen beschafft werden
bzw. in welchem Umfang die Leuchtmittel
verändert werden.
Folgende Zahlen können
daher nur als grobe Anhaltspunkte gelten:
den (ca. 150 bis 200 Euro) und statt 25 Pflanzen werden 15 Pflanzen gekauft (ca. 350 Euro). Dadurch lassen sich die Kosten deutlich
reduzieren.
Farbe: Die Farbe macht vermutlich den geringsten Anteil am Gesamtbudget aus. Hier
müssen für Material (Pinsel, Eimer, Folien etc.)
und Farbe etwa 150 bis 200 Euro einkalkuliert werden.
An einer Pflanze sind Schäd­linge
aufgetreten. Was ist zu tun?
Wird Schädlingsbefall an Pflanzen festgestellt,
kann z. B. mit Hilfe der Internetadresse www.
zimmerpflanzendoktor.de der Schädling identifiziert und geeignete Gegenmaßnahmen eingeleitet werden.
Bei der Diagnose von Schädlingen ist eine
frühzeitige Erkennung notwendig. Treten diese bereits in Massen auf, wird eine Bekämpfung sehr schwierig und die Pflanzen sind
eventuell nicht mehr zu retten.
Daher ist ein wachsames Auge bei der Routinepflege notwendig, d. h. die Schüler sollten beim Gießen regelmäßig die Pflanzen
auf Befallsnester kontrollieren. Können solche Befallsnester frühzeitig durch gezielten
Rückschnitt entfernt werden, ist der Erfolg
am größten. Bei leichtem Schädlingsbefall
kann nach Isolierung der Pflanze mit einer
schonenden Behandlung begonnen werden
(siehe Rezeptteil, S. 60). Die Pflanzen sollten aber so lange in Quarantäne verbleiben,
bis ihre Schädlingsfreiheit zweifelsfrei festgestellt werden kann. Sind mehrere Pflanzen
befallen, so kann sich auch der frühzeitige
Einsatz von biologischem Pflanzenschutz
(sog. Nützlinge) anbieten. Genauere Informationen und Bezugsquellen finden Sie unter anderem bei der Bayerischen Landesanstalt für Weinbau und Gartenbau unter der
Licht: Hier hängt viel davon ab, was am bestehenden System verändert werden muss. Eine
Vollspektrumleuchtstoffröhre kostet etwa das
Doppelte einer bislang üblichen Leuchtstoffröhre. Ein reiner Austausch der Leuchtstoffröhren wird sich daher auf Kosten von ca. 300 bis
400 Euro belaufen. Muss dagegen beispielsweise ein drittes Leuchtband eingezogen werden, steigen die Kosten deutlich an.
Pflanzen und Töpfe: Diese beiden Posten machen vermutlich den größten Teil der Gesamtkosten aus. Ein Sponsoring seitens der Eltern
oder ortsansässiger Betriebe kann die Finanzierung des Projekts daher deutlich erleichtern. Für etwa 20 bis 25 Pflanzen (davon etwa
6 bis 7 Großpflanzen über 1,20 m) müssen ca.
500 bis 600 Euro einkalkuliert werden.
So entstehen Gesamtkosten für ein Lernförderndes Klassenzimmer von ca. 1.000 bis
1.200 Euro. Ist ein geringeres Budget vorhanden, so empfiehlt es sich, nur Teile des Projekts umzusetzen. Zum Beispiel kann eine
Wand mit den Schülern farbig gestaltet wer41
Kur zinfo
Automatische Bewässerung
einfach aber effektiv
Als zusätzliche Bewässe­
rungsmethode für den
Zeitraum von zwei Wochen
haben sich PET-Wasserfla­
schen bewährt:
Eine PET-Flasche (ca. 1
bis1,5l) mit Wasser füllen
und mit dem Flaschenver­
schluss verschrauben. In
den Verschluss mit einem
Nagel o.ä. mehrere kleine
Löcher bohren. Die so vor­
bereitete Flasche wird mit
dem Flaschenhals direkt in
den Wurzelballen gesteckt.
Bei Trockenheit fließt so
Wasser problemlos nach
und die Pflanze versorgt
sich selbst mit Wasser.
5
1
6
2
1. Blattlaus 2. Schildlaus 3. rote Spinnmilbe
4. Tribse 5. weisse Fliege 6.Wolllaus (S. 41)
3
Ganz allgemein gilt, dass beim Pflanzenschutz immer der präventive Ansatz am effektivsten ist. So tritt ein Schädlingsbefall häufig dann auf, wenn Pflanzen aufgrund von falscher Pflege oder ungünstigen Standortbedingungen geschwächt sind. Die Einhaltung
pflanzenspezifischer Ansprüche in Hinblick
auf Pflege und Standort ist daher eine wichtige Maßnahme bei der Prävention von Schädlingsbefall. Zusätzlich können Pflanzenstärkungsmittel oder die Anwendung anderer präventiver Mittel zum Tragen kommen.
So werden in manchen botanischen Gärten
beispielsweise die Pflanzen vorbeugend mit
Niemsamenauszug behandelt. Neben seiner
abschreckenden Wirkung bei sich verpuppenden Insekten, wirkt Niem auch fraßhemmend. Zudem haben die Erfahrungen gezeigt,
dass Pflanzen, die vorbeugend mit Niem behandelt wurden, weniger anfällig gegenüber
Schädlingen zu sein scheinen (s. Rezeptteil S.
60). Im Handel werden auch andere Pflanzenstärkungsmittel angeboten beispielsweise Pflanzenstärkungsmittel, mit denen bereits
in Fachbetrieben gute Erfolge erzielt werden
konnten.
4
Internetadresse www.lwg.bayern.de/gartenakademie/infoschriften/garten_allgemein
(Merkblätter 1354 und 1355).
In manchen Fällen, insbesondere bei starkem
Befall mehrerer Pflanzen, ist dies aber nicht
mehr ausreichend bzw. nicht erfolgreich. Bei
starkem Befall mehrerer Pflanzen empfiehlt
sich eine professionelle Behandlung mit chemischen Pflanzenschutzmitteln. Die Anwendung von chemischen Pflanzenschutzmitteln
im Klassenzimmer ist allerdings ein sehr sensibles Thema und sollte auch in Hinblick auf
die Ängste bei Schülern und Eltern unterlassen
werden. Stattdessen sollte diese in einem Fachbetrieb der z. B. ortsansässigen Gärtnerei und
durch fachkundige Personen durchgeführt werden. Dort können die Pflanzen ohne Gefahr
mit chemischen Pflanzenschutzmitteln behandelt werden. Wenn sichergestellt werden kann,
dass die Pflanzen schädlingsfrei sind und keine Gefährdungen aufgrund der ausgebrachten
Pflanzenschutzmittel zu befürchten sind, können die Pflanzen in das Klassenzimmer zurückgebracht werden.
Eine Pflanze verliert Blätter,
bekommt braune Blattspitzen, sieht
nicht mehr gut aus, ...
Zuerst einmal ist zu prüfen, ob die Pflanze
von Schädlingen befallen ist (s. o.). Ist dies
nicht der Fall, liegen vermutlich Pflegefehler
und/oder ein falscher Standort vor.
42
Gehen Sie nach folgender Checkliste vor:
Richtige Standortwahl:
janein
Steht die Pflanze hell genug? (siehe Pflanzenporträts)
➪ Bei nein oder im Zweifelsfall: Wechseln Sie den Standort und beobachten Sie
die Pflanze dort für die nächsten drei bis vier Wochen; in diesem Zeitraum sollte sich
eine Besserung zeigen.
❑ ❑
Wird die Pflanze häufig bewegt oder verschoben?
➪ Wenn ja: Verschiedene Pflanzen reagieren sehr empfindlich, auch schon auf eine leichte
Veränderung des Standorts. Hier kann schon ein Drehen der Pflanze zu verstärktem
Blattfall führen. Vermeiden Sie daher zukünftig entsprechende Pflanzenbewegungen,
notfalls bringen Sie die Pflanze an einen ruhigeren Standort.
❑ ❑
Steht die Pflanze in der Zugluft bzw. im Winter vor dem Fenster?
➪ Wenn ja: Viele Pflanzen vertragen nur sehr schlecht Zugluft. Insbesondere kalte Zugluft
bedeutet für manche Pflanzen das Todesurteil. Gerade in Gebäuden mit alten Fenstern
kommt kalte Luft auch durch geschlossene Fenster. Empfindliche Pflanzen, die in Fensternähe stehen, könnten Schäden davontragen. Wechseln Sie auch in solch einem Fall den
Pflanzenstandort.
❑ ❑
Pflege:
Zeigt die Pflanze (gilt insbesondere für Palmen) braune Blattspitzen?
➪W
enn ja: Die Pflanze steht zu trocken und/oder zu sonnig. Meist herrscht zu niedrige
Luftfeuchtigkeit im Raum. Stellen Sie die Pflanze aus der direkten Sonne und besprühen
Sie sie regelmäßig mit Wasser.
Blätter oder Stengel faulen (z.B. auf Erdhöhe) ab.
➪ Wenn ja: Zu nass, Erde komplett abtrocknen lassen. Notfalls die Pflanze von der feuchten
Erde befreien und in neues, trockenes Substrat pflanzen.
43
❑ ❑
❑ ❑
Praktische Tipps
Ein Klassenzimmer ist bereits
begrünt. Wie kann man das
Projekt ausweiten?
Besprühen
Um das Projekt an der gesamten Schule auszuweiten, kann eine Arbeitsgruppe „Grünes
Schulhaus“ mit interessierten Schülern gegründet werden. Über eine regelmäßige Vermehrung der Pflanzen und die Pflege der
Pflanzen durch die Schüler kann das Projekt
nach und nach wachsen.
Es empfiehlt sich auch in diesem Fall, den
Schülern eine Einführung in die richtige Pflanzenpflege zu geben. Idealerweise wird ein
entsprechender Ordner mit Pflegetipps für die
Schüler – oder besser noch zusammen mit ihnen – erstellt. Auf diesem Weg bleibt das Wissen der Schüler erhalten und kann bei Bedarf
jederzeit nachgelesen werden.
Viele Pflanzen vertragen – wie auch wir Menschen – niedrige Luftfeuchtigkeit nicht. Menschen kratzt der Hals und sie werden anfälliger für Erkältungen. Pflanzen werden anfälliger für Schädlingsbefall, insbesondere für
wo die Wurzeln der Pflanze sind nass.
Ganz allgemein gilt hier der Satz: Weniger ist
oft mehr.
Die meisten Pflanzen, insbesondere die TOP
8-Pflanzen aus dieser Broschüre, vertragen
auch einmal längere Trockenheit. Auch wenn
die Pflanzen dann ggf. nicht mehr gesund aussehen, kann man sie nach der Dürre wieder
zum Leben erwecken. Anders verhält es sich
mit Pflanzen, die über einen längeren Zeitraum zu feucht gehalten werden. Keine Pflanze – mit Ausnahme von Sumpfpflanzen – duldet langanhaltende Staunässe. Die Nässe führt
zu Wurzelfäule und das wiederum bedeutet
ein Absterben der Pflanze.
Pflanzen und Pflegeanleitungen
• Allgemeine Pflegetipps
Wie oft gießen?
Richtig gießen
Nutzen Sie den sog. „Fingertest“: Greifen Sie
mit den Fingern in die Erde. Stecken Sie Ihre Finger dabei vorsichtig etwa 1-2 cm in die
Erde und fühlen Sie, wie die Erde dort beschaffen ist. Nur wenn die Erde locker, trocken und krümelig ist, benötigt die Pflanze
Wasser. Wichtig ist hierbei, dass sie nicht nur
oberflächlich die Erde prüfen und berühren,
sondern tatsächlich auch in die Erde greifen.
Häufig ist nämlich die Erde an der Oberfläche
abgetrocknet und fühlt sich dort bereits trocken an, tatsächlich ist sie aber weiter unten,
Manche Pflanzen benötigen viel Wasser, andere weniger. Der Wasserbedarf einer Pflanze ist allerdings auch von anderen Bedingungen wie z. B. dem Standort (starke Sonneneinstrahlung, hohe Temperaturen) abhängig. Eine
generell gültige Aussage, dass man zwei Mal
pro Woche gießen muss, kann daher nur als
Orientierung dienen.
Besser ist aber die Regel:
Nur gießen, wenn es notwendig ist!
44
Wieviel gießen?
Gießen Sie die Pflanzen langsam. Häufig besteht gerade bei sehr trockenen Wurzelballen
die Gefahr, dass die Flüssigkeit sehr schnell
durch die Erde sickert und sich im Untersetzer oder Übertopf sammelt.
Stoppen Sie das Gießen, sobald das erste
Wasser aus dem Topf in den Untersetzer oder
den Übertopf fließt. Warten Sie danach etwa
30 Minuten. Wasser, das sich dann noch im
Untersetzer oder Übertopf befindet, sollte abgegossen werden
(Ausnahme: Gießen vor den Ferien).
Spinnmilben. Die Pflanzen bei niedriger Luftfeuchtigkeit (also insbesondere während der
Heizperiode im Winter) möglichst oft – am
besten täglich – mit Wasser aus einer Blumenspritze besprühen. Das Wasser sollte möglichst weich, d. h. kalkarm sein, um Kalkränder auf den Blättern zu vermeiden. Verwenden Sie dafür am besten Regenwasser oder
destilliertes Wasser.
45
hell bis
Halbschatten
Schefflera
arboricola
Strahlenaralie
sehr pflegeleicht, bei gelben Blätter sollte gedüngt
werden, Vermehrung über Stecklinge möglich
↑ 50 – 250 cm
↔ bis 80 cm
HalbschattenSchatten
Rhapis
excelsa
Steckenpalme
sehr pflegeleicht
↑ 50 – 250 cm
↔ bis 100 cm
HalbschattenSchatten
Howeia
forsteriana
Kentiapalme
sehr pflegeleicht, braune Blattspitzen deutet auf zu
trockene Luft hin, öfter besprühen
↑ 125 – 250 cm
↔ bis 100 cm
hell
Glückskastanie
47
sehr pflegeleicht Pflanze, speichert in ihrem Stamm
Wasser, benötigt wenig Wasser, toleriert Trockenheit
gut, Staunässe dagegen gar nicht
46
↑ 50 – 250 cm
↔ bis 90 cm
Im Folgenden finden Sie die TOP-8-Liste der
Pflanzen fürs Klassenzimmer sowie im Anschluss an die Übersicht kurze Pflanzenporträts mit Pflegebesonderheiten oder Hinweisen zur Vermehrung.
Diese Informationen können bei Bedarf kopiert und für die Schüler in einem „Pflegeordner“ zusammengestellt bzw. für die Anfrage
bei Sponsoren genutzt werden.
Pachira
aquatica
Damit Pflanzen wachsen können, benötigen
sie Nährstoffe. Neben dem Umtopfen in neues Substrat sollten die Pflanzen regelmäßig
mit Pflanzendünger versorgt werden. Dieser
ist im Handel erhältlich und wird den Pflanzen über das Gießwasser zugeführt. Die Angaben zum richtigen Mischungsverhältnis finden Sie auf der Düngerflasche. Im Sommer
während der Wachstumsperiode kann man in
der Regel alle 2-3 Wochen düngen, im Winter
sollte sparsamer gedüngt werden.
Grünlilie
Einblatt
Die TOP-8 Pflanzen
fürs Klassenzimmer mit
Pflanzenportraits
Düngen
sehr pflegeleicht, braune Blattspitzen und blasse
Blattzeichnung deutet auf zu trockene Erde hin, leichte
Vermehrung durch Kindel
↑ 30 – 80 cm
↔ bis 60 cm
HalbschattenSchatten
Spathiphyllum
wallisii
Bei Erdkulturpflanzen sollte regelmäßig etwa alle zwei bis drei Jahre umgetopft werden. Der Zeitpunkt zum Umtopfen ist spätestens dann gekommen, wenn die Wurzeln
der Pflanze aus den Öffnungen des Pflanzgefäßes herauswachsen. Dazu die Pflanze aus
dem Übertopf heben und prüfen, wie stark
das Wurzelwachstum fortgeschritten ist. Die
beste Zeit für das Umtopfen ist das Frühjahr.
Beim Umtopfen im Herbst oder Winter besteht die Gefahr, dass Wurzelfäulnis auftritt.
Gerade bei einem Wechsel der Schüler ist das
Umtopfen der Pflanzen evtl. auch mit Hilfe
der Tutoren (s. S. 35) eine sehr gute Methode, um die Identifikation und Begeisterung
der Schüler für ihr Lernfördernden Klassenzimmer zu stärken.
↑ 15 - 50 cm
↔ bis 50 cm
Hänge- bzw.
Kletterpflanze
Halbschatten
Epipremnum
aureum
Efeutute
Umtopfen
HalbschattenSchatten
sehr pflegeleicht, einfache Vermehrung durch
Kopfstecklinge
↑ 80 – 200 cm
↔ bis 70 cm
HalbschattenSchatten
Dracaena
fragrans
Drachenbaum
verschiedene
Düngemittel
(von links nach
rechts): Flüssig­
dünder, Dünge­
sticks, LangzeitDüngegranulat
Auf den Blättern lagert sich im Lauf der
Zeit Staub ab. Dieser verschließt die Poren,
die Pflanze kann nicht mehr atmen. Daher
den Staub mit einem weichen Tuch oder
Schwamm und lauwarmem Wasser abwischen. Stützen Sie das Blatt dabei mit der
anderen Hand ab. Kein Blattglanz verwenden! Viele Pflanzen (speziell Palmen) vertragen kein Blattglanz, da es die Blattporen verschließen kann.
Besondere Pflegehinweise
sonstige Hinweise
Säubern
Chlorophytum
comosum
sehr pflegeleicht, möglichst einfarbige Sorte wählen,
da diese dunkle Standorte besser verträgt
Wuchshöhe/
Platzbedarf
Lichtanspruch
lateinischer
Name
deutscher
Name
Pflanzen sollten
in der Regel alle
zwei bis drei Jahre
­umgetopft werden.
sehr pflegeleicht, Blütenbildung durch Düngung, braune
Blattspitzen können ein Zeichen für Überdüngung sein;
toleriert nicht zuviel Licht, kein heller Standort
Praktische Tipps
Praktische Tipps
Pflanzenporträts
Licht
in alphabetischer Reihenfolge,
sortiert nach deutschen Namen
Halbschatten
Temperatur
nicht unter 13° C
Gießen / Wasserbedarf
mäßig
Vermehrung
Durch Kopfstecklinge oder etwa 8-10 cm
lange Stammstücke. Diese wurzeln leicht
im Frühjahr bei etwa 24 bis 26 °C in einem
feuchten Anzuchtkasten (Substratfüllung:
Torf und Sand 1:1) über der Heizung an.
Krankheitszeichen
- Blätter werden braun und fallen ab:
zu trocken und warm; mehr gießen und
sprühen
- Blätter blass
nicht ausreichend Licht, heller stellen,
­insbesondere „bunte“ Pflanzen mit weißen Streifen benötigen mehr Licht, möglichst einfarbige Sorte wählen, da diese
dunkle Standorte besser verträgt
Deutscher Name
Drachenbaum
- P flanze matt, Blätter faulen, evtl. auch
Wurzeln
zu nass, Erde austrocknen lassen, danach
weniger gießen
Lateinischer Name
Dracaena fragrans (auch D. marginata)
Herkunft
- neue Blätter sind verformt;
kleiner Wuchs
düngen
tropische Regionen Asiens oder Afrikas
- braune Blattspitzen
zu trockene Heizungsluft, besprühen
48
49
Praktische Tipps
Licht
Licht
Halbschatten bis Schatten
Halbschatten bis Schatten
Temperatur
Temperatur
nicht unter 13° C
nicht unter 10° C
Gießen / Wasserbedarf
Gießen / Wasserbedarf
Sommer:
stark
leicht feuchte Erde, nicht zu nass
Winter:
wenig gießen, zwischendurch Erde
Vermehrung
abtrocknen lassen
Durch Wurzelteilung. Größere
Pflanzen aus dem Topf nehmen und
Wurzeln und Stängel vorsichtig auseinanderziehen. Wurzelballen teilen und
beide Teile in zwei neue Töpfe pflanzen
Vermehrung
durch Kopfstecklinge. Diese wurzeln
leicht im Frühjahr bei etwa 21 °C in einen
feuchten Anzuchtkasten (Substratfüllung:
Lehmerde und Sand) über der Heizung an.
Krankheitszeichen
Krankheitszeichen
Deutscher Name
- braune Blattflecken und schwarze
Blattränder
zu kalt und/oder zu nass, wärmer
stellen, weniger gießen
Efeutute
Lateinischer Name
Epipremnum aureum
Herkunft
- Blätter blass
zuviel Sonne, Pflanze in den Schatten
stellen
tropische Wälder der pazifischen Inseln
50
- Blätter hängen schlaff herunter
Erde ausgetrocknet, Pflanze sofort gut
gießen
Deutscher Name
Einblatt, Blattfahne
- Blätter leicht gelblich
Pflanze steht zu hell, Schattiger stellen
Lateinischer Name
Spathiphyllum wallisii
- Pflanze blüht nicht
düngen, Wurzelballen prüfen und ggf.
die Pflanze umtopfen, zu große Pflanzen
müssen unter Umständen geteilt werden
Herkunft
tropische Regionen Asiens oder Afrikas
51
Praktische Tipps
Licht
Licht
sehr hell bis hell, auch volle Sonne
Halbschatten bis Schatten
Temperatur
Temperatur
nicht unter 15° C, die Pachira ist sehr anfällig
für niedrige Temperaturen und Zugluft
Gießen / Wasserbedarf
gering, die Pachira ist in der Lage, Wasser
in ihrem Stamm zu speichern, sie verträgt
daher sehr gut Trockenheit. Ein Zuviel an
Wasser schadet ihr sehr schnell.
Durch Kopfstecklinge. Diese wurzeln im
Frühjahr bei etwa 24 bis 26° C in einem
feuchten Anzuchtkasten bei ausreichend
Bodenwärme an (am besten auf die warme Heizung stellen)
An langen Stängeln entwickeln sich Jungpflanzen (sog. Kindel). Diese können
einfach abgetrennt und in neue Töpfe
verpflanzt werden.
Auch eine Vermehrung über Wurzelteilung bei zu groß gewordenen Pflanzen
ist möglich.
weniger gießen, ggf. Standort wechseln
- Blätter fallen ab, klebrige Stellen
Schädlingsbefall, Pflanze überprüfen und
geeignete Maßnahmen ergreifen
Lateinischer Name
- Stamm ist weich
zu nass, Pflanze sofort in trockenes Substrat umtopfen, kaputte Wurzeln entfernen,
Erde durchtrocknen lassen, den weichen
Stamm absägen, die Pflanze kann hier neu
austreiben. Falls sich die Pflanze erholt,
weniger gießen.
Pachira aquatica
Herkunft
tropisches Mexiko
52
mäßig, die Grünlilie verträgt sehr gut
Trockenheit und wird dadurch oft zur
Entwicklung von Trieben, Blüten und
Jungpflanzen angeregt.
Vermehrung
- viele Blätter fallen ab, Blätter gelb
Pflanze eventuell zu kalt/nass, Zugluft?
Glückskastanie
Gießen / Wasserbedarf
Vermehrung
Krankheitszeichen
Deutscher Name
nicht unter 10° C
Krankheitszeichen
- Blätter blass und matt
Erde ausgetrocknet, Pflanze sofort
gut gießen
Deutscher Name
Grünlilie
- Blätter mit braunen Spitzen
zu trocken oder zu sonnig, gießen und/
oder aus der Sonne stellen, Pflanze
besprühen,
Pflanze steht zu hell, schattiger stellen
Lateinischer Name
Chlorophytum comosum
Herkunft
- Pflanze fault in der Mitte
Tropen; Südafrika
zu nass, Erde abtrocknen lassen,
falls sich die Pflanze erholt, weniger
gießen.
53
Praktische Tipps
Licht
Licht
Halbschatten bis Schatten
Halbschatten
Temperatur
Temperatur
nicht unter 13° C
nicht unter 13° C
Gießen / Wasserbedarf
Gießen / Wasserbedarf
mäßig, im Sommer ca. zwei Mal pro
Woche gießen, im Winter nur alle
2 Wochen gießen
mittel, Im Sommer ca. zwei Mal pro
Woche gießen, im Winter nur alle
zwei Wochen gießen
Vermehrung
Vermehrung
bei dieser Pflanze nur über Samen,
schwierig, Fachwissen nötig
Durch Wurzelteilung. Größere Pflanzen aus dem Topf nehmen und Wurzeln
und Stängel vorsichtig auseinanderziehen.
Wurzelballen teilen und beide Teile in
zwei neue Töpfe einpflanzen.
Krankheitszeichen
- Wedel werden komplett braun
Erde ausgetrocknet oder Luft zu trocken,
braune Wedel entfernen, Pflanze gießen
und besprühen
- Blätter mit braunen Spitzen
Luft ist zu trocken (vor allem in der Heizperiode), Pflanze möglichst täglich
besprühen oder auf Untersetzer mit
Kieseln stellen
Deutscher Name
Kentiapalme
Lateinischer Name
- Pflanze fault in der Mitte
zu nass, Erde abtrocknen lassen, falls
sich die Pflanze erholt, weniger gießen
Kentia forsteriana (Howeia forst.)
Herkunft
- Wedel leicht gelblich, Gespinnste
an der Blattunterseite
Befall mit Spinnmilben, Maßnahmen
ergreifen
Lord-Howe-Inseln, Pazifik
54
Krankheitszeichen
- Wedel werden komplett braun
Erde ausgetrocknet oder Luft zu trocken,
braune Wedel entfernen, Pflanze gießen
und besprühen
Deutscher Name
Steckenpalme
- Blätter mit braunen Spitzen
Luft ist zu trocken, Pflanze häufiger
besprühen oder auf Untersetzer mit
Kieseln stellen
Lateinischer Name
Rhapis excelsa
Herkunft
- Wedel leicht gelblich, Gespinnste an
der Blattunterseite
Ostasien
Befall mit Spinnmilben, Maßnahmen
ergreifen
55
Praktische Tipps
Bekämpfung von Pflanzenschädlingen
Licht
Halbschatten
Temperatur
nicht unter 12° C
Befall mit Blattläusen
Selbst bei sorgfältigster Pflege lässt es sich
nicht vermeiden, dass Pflanzen von Schädlingen befallen werden. Für die Schädlingsprävention bzw. -bekämpfung gelten grundsätzlich die nachfolgend genannten Schritte:
• Abspülen der Läuse mit Wasser bzw.
Schmierseifenlösung
• Behandlung mit Öl-Emulsion
Gießen / Wasserbedarf
mäßig bis stark
Vermehrung
Deutscher Name
Strahlenaralie
2. Befallene Pflanze sofort von den
anderen Pflanzen isolieren
Krankheitszeichen
5. Pflanzen ggf. abduschen
- Blätter werden blassgrün bis gelb
Düngen erforderlich
6. Behandlungsempfehlungen
folgen, ­Schädlinge bekämpfen
Lateinischer Name
Schefflera arboricola
- weiße, wollige Flecken auf den
Blättern
Befall mit Wollläusen, Maßnahmen
ergreifen
Herkunft
Australien und Neuseeland
56
1. Pflanzen immer regelmäßig auf
Schädlingsbefall kontrollieren
Durch Kopf- und Blattstecklinge. Trieb (ca.
15 cm) abtrennen und in eine dunkle, mit
Wasser gefüllte Flasche stellen. Nach bis
zu 2 Monaten bilden sich die ersten Wurzeln aus. Dann den Trieb vorsichtig in einen Topf mit Erde einpflanzen.
- vermehrter Blattfall, braune schuppige
Insekten auf Stängeln und Blattstielen
Befall durch Schildläuse, Maßnahmen
ergreifen
• Einsatz käuflicher Nützlinge wie
Florfliegenlarven, Gallmückenlarven
oder Schlupfwespen
• Pflanzen im Abstand von drei bis fünf
Tagen mit einem wässrigen Auszug aus
Niemsamen (siehe Rezept S. 58) besprühen. Es wirkt bei Blattläusen als Häutungsgift, ist für den Menschen aber ungefährlich.
3. Schädlingsart ermitteln
4. Schädlinge manuell entfernen
(Tuch, Schwamm, Wattestäbchen)
Befall mit
Schmierläusen/Wollläusen
Wenn nach ca. zwei Wochen keine Besserung
festgestellt werden kann, ist sachkundiger Rat
einzuholen bzw. sollte die Pflanze von fachleuten chemisch behandelt werden. Im Folgenden werden die fünf häufigsten Schädlinge an Zimmerpflanzen bzw. deren Bekämpfung beschrieben.
• Abwaschen der Schädlinge mit Hilfe eines
weichen Tuchs und milder Seifenlauge; darauf achten, dass alle Schädlinge entfernt
wurden. Behandlung nach ca. 1-2 Wochen
wiederholen.
• Behandlung mit Öl-Emulsion (siehe Rezept
S. 61)
• Einsatz käuflicher Nützlinge wie Aus­
tralischer Marienkäfer, Florfliegenlarven,
Schlupfwespen
57
Praktische Tipps
Befall mit Schildläusen
Rezepte, Rezepte, Rezepte
• Behandlung wie beim Befall durch
Schmierläuse
Rezept: Pflanzenschutzmittel/Pflanzenstärkungsmittel Niem:
• Beim Einsatz von Nützlingen ist eine genauere Bestimmung der Schildlausart notwendig.
• 25 g (ca. 4 gehäufte EL) Niemsamen
(gemahlen)
• 1 l lauwarmes Wasser (am besten
Regenwasser)
Befall mit Spinnmilben
Die Niemsamen mit dem lauwarmen Wasser
übergießen, gut umrühren und den Ansatz ca.
3 Stunden unter weiterem häufigen Rühren
stehenlassen. Diesen danach durch ein Sieb
gießen, um die festen Bestandteile zu entfernen. Die fertige Lösung in eine Blumenspritze
füllen und die Pflanzen damit besprühen.
• Manuelle Entfernung der Gespinste und
Abduschen der Pflanzen
• Spinnmilben benötigen für ihr Wachstum
niedrige Luftfeuchtigkeit. Man kann daher
durch Eintüten der zuvor gewässerten und
mit Wasser besprühten Pflanzen ein Kleinklima schaffen, das die Pflanzen ein paar Tage
dulden, die Spinnmilben aber abtötet.
Dieses Mittel hilft bei geringem Schädlingsbefall und kann gleichzeitig präventiv zur Schädlingsvorbeugung und Pflanzenstärkung verwendet werden. Dazu sollten die Pflanzen
etwa ein Mal im Monat mit dem Niemansatz
besprüht werden.
Neben dem Besprühen können die Pflanzen auch regelmäßig mit der Niemlösung gegossen werden. Die Wirkstoffe erreichen so
die Wurzeln der Pflanzen, werden von diesen aufgenommen und verteilen sich über das
Wassertransportsystem innerhalb der gesamten Pflanze. Diesen Vorgang nennt man systemische Anwendung.
• Einsatz käuflicher Nützlinge wie Raubmilben in Kombination mit Florfliegen
• Pflanzen im Abstand von 3-5 Tagen mit einem wässrigen Auszug aus Niemsamen
(siehe Rezept rechte Seite) besprühen. Es
wirkt als Häutungsgift, ist für den Menschen aber nicht giftig.
Befall mit Thripse
Die Behandlung erfolgt hier wie beim Befall
durch Spinnmilben. Zusätzlich können Gelbtafeln (= Klebefallen, im Handel erhältlich)
eingesetzt werden.
58
Rezept: Öl-Spülmittel-Emulsion:
Rezept: Herstellung einer Lasurfarbe
mit Farbpigmenten:
• 2 EL Olivenöl oder anderes Speiseöl
• 1 Spritzer Spülmittel (als Emulgator)
Für ca. 30 m2 Wandfläche benötigen Sie:
• 1 l Wasser
• ca. 3,5 l Wasser
Die Zutaten zusammenmischen, gut schütteln und in eine Blumenspritze füllen. Die befallene Pflanze damit besprühen. Insekten atmen durch Öffnungen in ihrem Chitinpanzer.
Diese werden durch den Ölfilm verstopft und
die Tiere ersticken. Aber Vorsicht: Das Öl verschließt auch die Blattporen der Pflanze, auch
diese kann dann ersticken. Aus diesem Grund
sollten Öl-Emulsionen nur sehr vorsichtig und
in geringen Konzentrationen eingesetzt werden. Die befallenen Pflanzen sollten abends
behandelt werden und eine intensive Sonnenbestrahlung nach der Öl-Behandlung vermieden werden.
• ca. 100 g Celluloseleim/Kleister (handelsüblicher Tapetenkleister aus dem Baumarkt aus Methylcellulose)
• Farbpigmente (je nach Farbe und individuellem Geschmack 15 bis 50g)
• ca. 20 ml Spiritus (bei Bedarf, zur besseren
Lösbarkeit der nicht wasserlöslichen Pigmente)
• bei Bedarf ca. 150 ml Plextol D 498 (wasserverdünnbarer Pigmentbinder, macht die
Wandfarbe später feucht abwischbar)
Sie benötigen außerdem
• mindestens zwei Eimer
• zwei lange Stäbe zum Umrühren
Rezept: Schmierseifenlösung:
Mischen Sie in einem Eimer ca. 3 Liter Wasser mit Kleister an und lassen das Ganze ca.
1-2 Stunden quellen. In den zweiten Eimer
geben Sie einen halben Liter Wasser, versetzen diesen mit einen Schuss (ca. 20 ml) Spiritus und geben dann unter ständigem Rühren vorsichtig die Farbpigmente bis zur gewünschten Farb­intensität zu. Beachten Sie
dabei bitte folgende Punkte:
1. Das Pigmentpulver hat die Tendenz zu Boden zu sinken. Daher also vom Boden her
aufrühren.
2. Einmal zuviel zugegebene Pigmente und
damit ein ungewünschter Farbton lassen
sich nicht mehr korrigieren.
• 15 g Schmierseife
• 1 l warmes Wasser
Eine Lösung aus Schmierseife und Wasser
herstellen und die Pflanzen damit besprühen
bzw. abwaschen. Danach mit klarem Wasser
nachwaschen. Als Schmierseife darf nur Kali-Seife ohne Zusätze verwendet werden (aus
der Apotheke oder Drogerie). Auf keinen Fall
Haushaltsseife, Geschirrspülmittel oder ähnliches verwenden. Diese zerstören die Wachsschicht der Blätter und schaden der Pflanze
stark.
59
Praktische Tipps
Checkliste zur Organisation:
struktur (gewollt) sichtbar bleibt. Sehr schöne Effekte erzielt man mit einer Pinselstärke
von etwa 10 cm. Um eine einheitliche Struktur zu erreichen, sollte auch an den Rändern,
bei Ecken und Laibungen die Richtung sowie
die beschriebene Streichtechnik beibehalten
werden. Ansonsten besteht die Gefahr, dass
die Fläche zu unruhig wirkt.
Geben Sie daher die Pigmente lieber sparsam zu. Testen zwischendrin den Farbton mit
einem Probeanstrich an verdeckter Stelle.
Wenn der gewünschte Farbton erreicht ist,
geben Sie ggf. den Pigmentbinder (die wässrige Dispersion, z. B. Plextol D 498) dazu
und rühren weiter. Zuletzt wird diese Mischung in den gequollenen Kleister gerührt.
Um zu prüfen, ob die Farbmischung den gewünschten Ton erreicht hat, machen Sie am
besten, bevor Sie mit dem Anstrich beginnen, in einem Randbereich oder dort, wo
später eine Pinnwand o.ä. hinkommt, einen
Probeanstrich. Bei Bedarf kann jetzt noch
zusätzlich Pigment nachgegeben werden. In
den bereits neu gestalteten Klassenzimmern
wurden die ansprechendsten Ergebnisse mit
den Farbtönen „Permanentgelb mittel“ und
„Irigazin gelb“ (Kremer Pigmente) erzielt.
Die Ränder sollten immer nass in nass gearbeitet werden, um einheitliche Übergänge zu erzielen. Zu große Unregelmäßigkeiten können durch einen zweiten oder in Teilen ausbessernden Farbauftrag ausgeglichen
werden. Dabei ist aber zu beachten: Je häufiger eine Stelle gestrichen wird, umso intensiver wird die Farbe. Bei zu häufigem Überstreichen über noch feuchte Stellen besteht
zudem die Gefahr, dass die Farbpigmente
wieder von der Wand gerieben werden. Dadurch entstehen helle bis weiße Flecken. In
diesem Fall kann man versuchen, diese Stellen anzugleichen, indem man sie nach einer kurzen Trocknungszeit vorsichtig überstreicht.
Streichanleitung
Die Vorgehensweise ist einfach: Grundsätzlich wird mit dem Farbauftrag an einer Stelle
begonnen und von dort nach links und rechts
und anschließend nach oben und unten weitergestrichen. Gearbeitet wird mit breiten
Pinseln in einer "liegenden Acht" bzw. in einem liegenden Kreuzstrich (wie das Andreaskreuz). Durch diese Streichtechnik in Kombination mit der Verwendung von Farbpigmenten entsteht eine strukturierte Farbfläche mit
einem ungleichmäßigen Farbauftrag. Alle am
Streichen Beteiligten müssen dabei mit Pinseln in gleicher Breite arbeiten, da die Pinsel-
Die Pinsel können mit klarem Wasser ausgewaschen werden. Beim Streichen durch
Schüler ist darauf zu achten, dass sie nicht
durch auf den Boden getropfte Farbe laufen
und diese dadurch im gesamten Schulhaus
verteilen. Tropfen oder Spritzer auf angrenzenden Flächen können mit einem feuchten
Tuch sofort abgewischt werden, ohne dass
Spuren zurückbleiben.
Folgende Checkliste soll Ihnen die Vorbereitung der Klassenzimmerumgestaltung erleichtern.
Sie können Sie kopieren, jeweils abhaken und erkennen so schnell, was noch zu tun ist.
Genauere Informationen zu den einzelnen Punkten finden Sie im Teil II.
4 M ONATE VORH E R
Ja
Nein
Sind der Sachaufwandsträger sowie das Lehrerkollegium und der Hausmeister eingebunden?
Ist ein Ansprechpartner („Kümmerer“) bestimmt worden?
Ist das Klassenzimmer bzw. sind die Klassenzimmer ausgewählt?
Sind Schüler und Eltern einbezogen und über das Projekt informiert worden (Elternabend, Infobrief)?
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3 M ONATE VORH E R
Ist die Gestaltungsplanung für das Klassenzimmer fertiggestellt?
Ist anhand der Planung eine Pflanzenliste zusammengestellt worden, die an Eltern und mögliche
Sponsoren verteilt werden kann?
Ist die Wandfarbe ausgewählt?
4 WO CH EN VORH E R
Ist der Elternbrief zum Aktionstag verschickt? (u.a. mit Info alte Kleidung mitbringen)
Wurden die Schüler auf die Umgestaltung des Klassenzimmers sowie die Hintergründe für diese
Aktion vorbereitet?
1 WO CH E VORH E R
Sind alle benötigten Pflanzen und Töpfe im Haus?
Sind die Farbe sowie der Tapetenkleister und das Bindemittel im Haus?
Sind alle sonstigen Hilfsmittel vorhanden?
•
•
•
•
•
•
•
mind. 2 saubere Eimer zum Anmischen und Verteilen der Farbe
5-6 Pinsel, je mit einer Kantenlänge von 10 cm (Pinsel müssen identische Kantenlänge aufweisen!)
2 Leitern zum Streichen der deckennahen Wandflächen
Folie und Klebeband zum Abdecken von Fußboden, Türrahmen, Fußbodenleisten etc.
Rührstock zum Umrühren für den Farbteig
Gießkanne zum Angießen der Pflanzen, Sprühflasche zum Besprühen der Pflanzen
Erde und Drainagekies zum Umtopfen der Pflanzen
Ist die Wandfläche geweißelt?
Ist die Presse informiert?
Sind Räumlichkeiten für das Umtopfen vorhanden (witterungsunabhängig, Fußboden schmutzunempfindlich bzw. mit Folie abgedeckt)?
DE R
GROSSE TAG
Klassenzimmer ausgeräumt, Fußboden abgedeckt bzw. Wandflächen abgeklebt?
J e t z t g e h t ´s l o s !
60
61
B eispiele
Pflanzentabelle
Gestaltungsplan
6
Schülertisch
Der Gestaltungsplan (rechts) zeigt exemplarisch, wie Pflanzen im Klassenzimmer eingesetzt werden können. In diesem
Fall – es handelt sich um eine Grundschule – werden die Pflanzen dazu verwendet, den Schülern zusammen mit den
Regal 2
Regal 1
Gestaltungsbeispiele für eine Klassenzimmerbegrünung
5
Plan
Nr.
Leseecke mit
Matten, Kissen o.ä.
Regal 3
3
4
bereits vorhandenen Regalen eine Wohlfühl- und Leseecke zu bauen. Die Pflanzen wirken als zusätzlicher Sichtschutz.
7
Waschbecken
8
Schülertisch
Schülertisch
Schülertisch
Schülertisch
Schülertisch
Schülertisch
Schülertisch
Schülertisch
Schülertisch
Schülertisch
Schülertisch
Schülertisch
10
9
Pflanzen
Größe
(m)
1 Rhapis excelsa
1,60 Regal 1 2x Epipremnum aureum (hängend)
0,3
2 Schefflera arboricola
1,20
0,5
3 Dracaena fragrans
1,20
4 Pachira aquatica
1,60 Regal 2 2x Spatiphyllum wallisii
0,5
5 Howeia forsteriana
1,60
2x Chlorophytum comosum
0,3
6 Dracaena fragrans
1,20
1x Schefflera arboricola
1,00
7 Rhapis excelsa
1,60
8 Dracaena fragrans
1,20 Regal 3 2x Epipremnum aureum (hängend)
10 Schefflera arboricola
1x Spatiphyllum wallisii
1,20
Pult
0,3
3x Chlorophytum comosum
0,3
1x Spatiphyllum wallisii
0,5
1x Epipremnum aureum (hängend)
0,3
➡ Nutzen Sie die Pflanzen, um ein Klassen­zimmer räumlich zu struktu­
rieren. Teilen Sie ­eine Leseecke, Computerecke oder auch eine
„Chill-out-Ecke“ mit Sofa durch Pflanzen ab.
➡ Stellen Sie die Pflanzen immer in Gruppen zusammen.
Pult
1
Tafel
Größe
(m)
9 Epipremnum aureum (Moosstab) 1,60
Fenster
Insgesamt werden 25 Pflanzen für diese Begrünung verwendet (siehe Gestaltungsplan und Pflanzentabelle).
Solitärpflanze
2
20 Pflanzen im gesamten Raum einzeln verteilt wirken weniger
eindrucksvoll als sechs Pflanzengruppen zu je zwei bis vier Pflanzen.
➡ A rrangieren Sie Pflanzen unterschied­licher Größe zusammen.
Nutzen Sie d
­ abei auch halbhohe Regale als Stellfläche.
B eispiele
Diese Broschüre gibt theoretische und praktische Unterstützung für
die Gestaltung eines Lernfördernden Klassenzimmers an einer guten,
gesunden Schule. Sie soll zeigen, dass eine Umsetzung im Schul- und
Unterrichtsalltag möglich ist und gleichzeitig Schulen auf ihrem Weg
dorthin ermutigen und begleiten.
Im ersten Abschnitt der Broschüre werden die positiven Wirkungen
von Pflanzen, Farben und Licht, die theoretischen Hintergründe sowie
die Vorteile ihres Einsatzes in Schulen erläutert.
Der zweite Teil widmet sich den praktischen Grundlagen für die
­Gestaltung eines Lernfördernden Klassenzimmers. Dabei werden
­insbesondere die Kriterien aufgegriffen und erläutert, welche speziell
für eine Umsetzung in Schulen von Bedeutung sind.
Der dritte Abschnitt beinhaltet viele Hilfen und Kopiervorlagen
für eine praktische Umsetzung wie z. B. einen Masterplan für die
Organisation (wer macht was bis wann), Checklisten sowie die
Pflanzenporträts mit Pflegeanleitungen zu den für das Klassenzimmer
empfohlenen Pflanzen.
GUV-X 99966
Tische und Stühle
Auswahl der Schulmöbel
Unfallkasse Nordrhein-Westfalen | www.sichere-schule.de
Barrierefreie Türen und Türelemente
Türen
lichte Breite
lichte Höhe
Leibung Tiefe
Drücker, Griff (Abstand
zur Bau-, Ausrüstungsund Ausstattungsteilen)
zugeordnete
Beschilderung
≥ 90 cm
≥ 205 cm (über OFF – Oberfläche
Fertigfußboden)
≥ 26 cm
≥ 50 cm
120 -140 cm
Türelemente
Manuell bedienbare Türen
Drücker bei manuell
bedienbaren Türen
Griff waagerecht bei
manuell bedienbaren
Türen
Griff waagerecht bei
manuell bedienbaren
Türen
Höhe Drehachse (Mitte Drückermaß) über OFF
(Oberfläche Fertigfußboden) = 85 cm
Æ Das Achsmaß von Greifhöhen und
Bedienhöhen beträgt grundsätzlich 85 cm über
OFF. In begründeten Einzelfällen sind andere
Maße in einem Bereich von 85 cm bis 105 cm
vertretbar
85 cm Höhe über OFF (Oberfläche
Fertigfußboden)
85 cm Greifhöhe über OFF (Oberfläche
Fertigfußboden)
Automatische Türsysteme
Taster
Taster
Drehflügeltür/Schiebetür
bei seitlicher Anfahrt
Taster Drehflügeltür bei
frontaler Anfahrt
Taster Drehflügeltür bei
frontaler Anfahrt
Taster Schiebertür bei
frontaler Anfahrt
85 cm
Abstand zur Hauptschließkante ≥ 50 cm
Abstand zur Öffnungsrichtung ≥ 250 cm
Abstand zur Schließrichtung ≥ 150 cm
Abstand beidseitig ≥ 150 cm
nach E-DIN 18040-2, Barrierefeies Bauen - Planungsgrundlagen
Sichere Schule | Gesundheits- und lernförderndes Klassenzimmer
Beschlagumrüstung
Damit Türen problemlos im Sinne der Barrierefreiheit genutzt werden können, müssen die Türbeschläge in einer
Griffhöhe von 85 – 90 cm angebracht sein. Standardmäßig
beträgt die Griffhöhe jedoch 105 cm über OFF (Oberfläche
Fertigfußboden).
Mit Hilfe eines Spezialbeschlages, bei dem die Anordnung
von Griff und Schließzylinder getauscht werden, kann
ohne weitere bauliche Veränderungen am Türmechanismus die Griffhöhe von ca. 85 cm erreicht werden. Der Griff
befindet sich dann unten und der Schließzylinder ist oben
angeordnet.
Unfallkasse Nordrhein-Westfalen | www.sichere-schule.de
Die sieben Beleuchtungskriterien
1. Leuchtdichteverteilung
Eine ausgewogen gehaltene Leuchtdichteverteilung trägt ganz wesentlich zur Sehleistung und zum
Sehkomfort bei. Hierdurch werden Sehschärfe, Kontrastempfindlichkeit und die Leistungsfähigkeit der
Augen erhöht.
Erhebliche Leuchtdichteunterschiede im Gesichtsfeld beeinflussen die Sehleistung negativ.
Zu vermeiden sind deshalb:



zu hohe Leuchtdichten, die Blendung verursachen können
zu hohe Leuchtdichteunterschiede, die eine Ermüdung der Augen durch
die permanente Adaptation verursachen
zu niedrige Leuchtdichten und zu niedrige Leuchtdichteunterschiede
die eine unattraktive und wenig anregende Arbeitsumgebung schaffen
Die Leuchtdichten von Oberflächen hängen vom Reflexionsgrad (Verhältnis zwischen reflektierender und
einfallender Intensität des Lichts) der Oberflächen und der Beleuchtungsstärke auf den Oberflächen ab.
Folgende Reflexionsgrade werden empfohlen:




Decken: 0,6 bis 0,9
Wände: 0,3 bis 0,8
Arbeitsflächen: 0,2 bis 0,6
Boden: 0,1 bis 0,5
2. Beleuchtungsstärke
Die Beleuchtungsstärke hat großen Einfluss darauf, wie schnell, wie sicher und wie leicht eine Person die
Sehaufgabe erfasst und ausführt. Unter freiem Himmel hat eine beleuchtete Fläche eine Beleuchtungsstärke von 10.000 Lux (bewölkt) bis 100.000 Lux (sonnig). In Innenräumen müssen Menschen mit viel
weniger Licht auskommen. Bei künstlicher Beleuchtung reichen zumeist 500 Lux für Schreib- und
Lesearbeiten aus, für Zeichnungen oder anspruchsvolle Aufgaben sollten es mindestens 750 Lux sein.
Die Normwerte sind jedoch Mindestwerte.
Die meisten Menschen empfinden eine höhere Beleuchtungsstärke als angenehmer und motivierender.
Insbesondere im Winter, wenn der Anteil des Tageslichts zurückgeht, benötigen Menschen mehr Licht in
den Räumen, um Ermüdung und Konzentrationsabnahme zu vermeiden.
Art des Raumes, Aufgabe oder Tätigkeit
Beleuchtungsstärke (lx)
Unterrichtsräume in Grund- und weiterführenden Schulen
300
Unterrichtsräume für Abendklassen und Erwachsenenbildung
500
Wandtafel
500
Computerübungsräume
300
Bildschirmarbeitsplätze
500*
Lesebereiche (Bibliotheken)
500
* Die Grenzwerte der Leuchtdichte von Leuchten sind zu beachten.
Angelehnt an Beleuchtung von Arbeitsstätten, DIN EN 12464-1
3. Blendung
Ein störender Effekt von Licht kann die Blendung sein. Durch große Kontrastunterschiede zwischen
sehr hellen und sehr dunklen Flächen und beim Blick auf das Leuchtmittel werden unsere Augen direkt
geblendet. Durch Reflexe auf spiegelnden Oberflächen (sogenannte Schleierreflexion oder Reflexblendung)
können sie ebenfalls geblendet werden.
Zur Vermeidung von Blendungen tragen folgende Maßnahmen bei:





die direkte Sicht auf das Leuchtmittel sollte vermieden werden
es sollten nur Leuchten eingesetzt werden, die für Arbeitsplätze geeignet sind
durch eine zweckmäßige Anordnung der Tische ist Blendung auszuschließen
Licht lenkende Jalousien und eine gute Beleuchtung reduzieren Blendungen
häufige Blickwechsel zwischen hellen und dunklen Raumzonen, wie z. B. zwischen
Fenster und Schreibtisch, sind zu vermeiden
4. Lichtrichtung
Gerichtetes Licht wird eingesetzt, um Objekte, Oberflächenstrukturen und Personen hervorzuheben.
Die Beleuchtung einer Sehaufgabe mit gerichtetem Licht kann Auswirkungen auf die Erkennbarkeit haben.
Ohne Licht kann man keine Gegenstände sehen, ohne Schatten sind sie nur zweidimensionale Bilder. Erst
durch die richtige Mischung aus Lichtrichtung und Schattigkeit sieht man die Gegenstände plastisch und
Entfernungen werden abschätzbar.
Damit der Schatten die Sicht beim Schreiben nicht behindert, sollte das Licht – bei Rechtshändern – von
links einfallen. Kommt das Licht von rechts, schreibt man auf seinem eigenen Schatten.
5. Lichtfarbe und Farbwiedergabe
Die Farbqualität einer Lampe mit annähernd weißem Licht wird durch zwei Eigenschaften gekennzeichnet:
1. Die Lichtfarbe der Lampe
Der Mensch erlebt seine Umwelt nicht nur als hell und dunkel, durch Licht und Schatten, sondern auch
durch Farben. Das von Lampen abgestrahlte Licht besitzt eine Eigenfarbe, die sogenannte Lichtfarbe. Sie
wird durch die Farbtemperatur in Kelvin (K) bestimmt. Je höher die Temperatur, desto weißer die Lichtfarbe.
Die Lichtfarben von Lampen sind in drei Gruppen eingeteilt:
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Warmweißes (ww) Licht wird als gemütlich und behaglich empfunden.
Neutralweißes (nw) Licht erzeugt eine eher sachliche Stimmung.
Tageslichtweißes (tw) Licht eignet sich für Innenräume erst ab einer
Beleuchtungsstärke von 1.000 Lux.
Angelehnt an Beleuchtung von Arbeitsstätten, DIN EN 12464-1
2. Die Farbwiedergabe
Diese beeinflusst das farbige Aussehen von Gegenständen und Personen. Für die Sehleistung, die
Behaglichkeit und das Wohlbefinden ist es wichtig, dass die Farben der Umgebung, der Objekte und der
menschlichen Haut natürlich und wirklichkeitsgetreu wiedergegeben werden.
6. Flimmern
Flimmern verursacht Störungen und kann Kopfschmerzen hervorrufen. Durch Stroboskopeffekte
können optische Täuschungen entstehen, die zu gefährlichen Situationen führen können. Deshalb sollten
Beleuchtungssysteme so ausgelegt werden, dass Flimmern und Stroboskopeffekte vermieden werden. Dies
kann z. B. durch die Verwendung gleichspannungsversorgter Glühlampen oder durch den Betrieb von Glühoder Entladungslampen mit hohen Frequenzen (ca. 30 kHz) erreicht werden.
7. Tageslicht
Menschen bevorzugen Tageslicht in den Räumen und die Möglichkeiten, Sichtkontakt nach draußen
herstellen zu können. In Räumen mit Fenstern nimmt das vorhandene Tageslicht mit der Entfernung
vom Fenster stark ab.
Tageslicht kann die Beleuchtung einer Sehaufgabe ganz oder teilweise übernehmen, wobei die
Beleuchtungsstärke und die spektrale Zusammensetzung sich im Laufe des Tages verändern. Zur
Sicherstellung der erforderlichen Beleuchtungsstärke und Leuchtdichteverteilung am Arbeitsbereich ist
deshalb eine zusätzliche Beleuchtung notwendig. Diese kann automatisch oder manuell zugeschaltet
werden und falls erforderlich auch gedimmt werden.
Um die Blendung durch das durch die Fenster fallende Tageslicht zu vermeiden, sind gegebenenfalls
Abschirmmaßnahmen vorzusehen.
Angelehnt an Beleuchtung von Arbeitsstätten, DIN EN 12464-1