kündigung eines mietverhältnisses

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kündigung eines mietverhältnisses
AMT FÜR WOHNUNGSWESEN
64.16 MIETRECHTLICHE BERATUNGSSTELLE
Frankfurt am Main, im Juni 2003
069 / 212 - 3 47 11
Skript zum Vortrag
KÜNDIGUNG
EINES MIETVERHÄLTNISSES
Referent und Autor: Heinz Woitok
Inhalt
Mieterkündigung
Ordentliche Kündigung
Fristlose Kündigung
Sonderfälle bei Zeitmietverträgen / Sonderkündigungsrechte
Vermieterkündigung
Ordentliche Kündigung
Widerspruchsrecht des Mieters:
Fristlose Kündigung
Räumungsklage
Abkürzungen
NJWE-MietR Neue Juristische Woche – Entscheidungsdienst Miet- und Wohnungsrecht
NZM Neue Zeitschrift für Miet- und Wohnungsrecht
WM
Wohnungswirtschaft und Mietrecht
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Mieterkündigung
Form der Kündigung
Die Kündigung eines Mietverhältnisses muss schriftlich erklärt werden ( § 568 BGB).
Sind mehrere Personen Mieter (Vertragspartner), müssen alle Personen die Kündigung
erklären und persönlich unterschreiben, da ein Mietverhältnis nur gemeinsam von allen
Mietern gekündigt werden kann.
Sofern in Vollmacht eines Mitmieters gekündigt wird, ist die Originalvollmacht dem
Kündigungsschreiben beizufügen.
Bei nichtehelichen Lebensgemeinschaften oder Wohngemeinschaften können die Mieter
nur gemeinsam kündigen. Der bloße Auszug beendet das Mietverhältnis nicht ( LG Köln
WM 96, 266).
Kommt eine einvernehmliche Regelung nicht zustande, müssen die Mieter gemeinsam
zum nächstmöglichen Zeitpunkt kündigen. Sie sind einander auch verpflichtet, an der
Kündigung mitzuwirken ( LG Karlsruhe WM 96, 146).
Eine weitere Möglichkeit besteht darin, dass der ausziehende Mieter schriftlich,
gegenüber dem verbleibenden Mieter, erklärt, dass er auf alle Rechte aus dem
Mietverhältnis verzichtet und im Gegenzug von dem verbleibenden Mieter, ebenfalls
schriftlich, von allen Pflichten aus dem Mietverhältnis befreit wird.
Diese Vereinbarung erzielt jedoch keine Wirkung gegenüber dem Vermieter.
Wird der verbleibende Mieter zahlungsunfähig, haftet der bereits ausgezogene Mieter
weiterhin.
Die Kündigung muss dem Vermieter zugehen, was der Mieter im Streitfall beweisen
muss.
Dabei ist zu beachten, dass bei der Versendung als Einschreiben/Rückschein die
Kündigung erst als zugegangen gilt, wenn er diese tatsächlich erhalten hat (LG Berlin
ZMR 2000, 295). Wird das Einschreiben nicht bei der Post abgeholt, gilt die Kündigung
als nicht zugegangen.
Ordentliche Kündigung
Die Mieterkündigung muss im Gegensatz zur Vermieterkündigung nicht begründet
werden. Sie muss aber schriftlich erklärt und kann nur zum Ablauf eines Monats
ausgesprochen werden.
Sofern die Kündigung bis zum 3. Werktag eines Monats dem Vermieter zugeht, zählt
dieser Monat bei der Berechnung der Kündigungsfrist mit.
Kündigungsfrist
Seit der Mietrechtsreform zum 01.09.2001 gilt für Mieter, unabhängig von der Wohndauer, eine Kündigungsfrist von 3 Monaten (§ 573c BGB). Diese Kündigungsfrist gilt für
alle Verträge, die ab dem 01.09.2001 abgeschlossen wurden.
Für „Altverträge“, welche bis zum 31.08.2001 abgeschlossen wurden, gelten die längeren
Kündigungsfristen (3 Monate, 6 Monate, 9 Monate, 12 Monate), wenn diese mietvertraglich vereinbart sind (BGH, Urteile vom 18. Juni 2003, Az: - VIII ZR 240/02)
Nicht zu einer Beibehaltung der längeren Kündigungsfrist führt eine vertragliche Vereinbarung, die nur die alte Rechtsnorm nennt oder auf sie verweist (Börstinghaus, NZM
2002, 49; Sternel NZM 2002, 1).
Mietrecht: Kündigung eines Mietverhältnisses
September 2002
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Fristlose Kündigung
Das Mietverhältnis kann fristlos gekündigt werden, wenn ein wichtiger Grund vorliegt, der
so gravierend ist, dass dem Mieter die Fortsetzung des Mietverhältnisses bis zum Ablauf
der regulären Kündigungsfrist bzw. bis zum Mietende nicht zugemutet werden kann.
Wichtig: Die fristlose Kündigung des Mieters muss begründet werden. In der Begründung
müssen die wesentlichen Tatsachen enthalten sein, auf die die Kündigung gestützt wird.
Fehlt die Begründung, ist die Kündigung unwirksam.
Einige Beispiele, die zur fristlosen Kündigung berechtigen können:
Erhebliche Vertragsverletzung ( § 543 BGB)
Dies ist zum Beispiel der Fall, wenn der Vermieter gewalttätig wird bzw. den Hausfrieden
so nachhaltig stört, dass dem Mieter unter Berücksichtigung aller Umstände nicht zugemutet werden kann, das Mietverhältnis fortzusetzen, bis das Mietverhältnis normal
beendet werden kann.
Eine Abmahnung ist bei einem schweren Vertragsverstoß nicht notwendig.
Die Beweislast für den schweren Vertragsverstoß liegt beim Mieter.
Nichtgewährung des Gebrauchs (§ 543 II BGB)
Wenn dem Mieter der vertragsgemäße Gebrauch der Mietsache ganz oder zum Teil nicht
rechtzeitig gewährt oder wieder entzogen wird.
Dies ist z. B. gegeben:
- Bei einem Bordellbetrieb im Haus (LG Frankfurt WM 87, 55);
- wenn der Vermieter der vertraglich vereinbarten Untervermietung unberechtigt
widerspricht (OLG Düsseldorf WM 95, 585);
- wenn dem Mieter durch eine Ordnungsverfügung der Stadt die vertragsgemäße
Nutzung untersagt wird (OLG Köln WM 98, 152), es sei denn, der Mieter ist dafür
verantwortlich, dass die Mietsache nicht vertragsgemäß genutzt werden kann
(BGH WM 98, 96).
Wenn der Mieter jedoch bei Abschluss des Mietvertrages den Mangel kannte, ist eine
Kündigung deswegen ausgeschlossen.
Weiterhin muss der Mieter dem Vermieter zuvor, mit Fristsetzung, die Gelegenheit zur
Abhilfe geben.
Vorsicht: Das Recht zur fristlosen Kündigung kann verwirkt sein, wenn es verspätet
ausgeübt wird (BGH WM 2000, 416, u. a.). Rechtzeitig ist die fristlose Kündigung erklärt,
wenn sie sechs Wochen nach der Vertragsverletzung des Vermieters erfolgt (LG Berlin
WM 99, 332).
Gesundheitsgefährdung (§ 569 BGB)
Wenn die Wohnung einen Mangel hat, der die Gesundheit des Mieters gefährdet ( z. B.
Asbestbelastung aus Nachtspeicheröfen), ist ebenfalls eine fristlose Kündigung für den
Mieter möglich.
Die Gesundheitsbeeinträchtigung muss noch nicht eingetreten sein, aber konkret drohen;
haltlose Befürchtungen können keine Kündigung rechtfertigen.
Der Mieter muss jedoch beweisen, dass eine objektive Gesundheitsgefährdung vorliegt.
Schadensersatz
Hat der Mieter zu Recht fristlos gekündigt, muss der Vermieter Schadensersatz leisten
(LG Saarbrücken WM 95, 159).
Mietrecht: Kündigung eines Mietverhältnisses
September 2002
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Der Mieter kann Ersatz für alle mit dem Auszug verbundenen Aufwendungen (z. B.
Umzugskosten, Maklercourtage, etc.) verlangen (LG Kassel WM 82, 188)
Sonderfälle bei Zeitmietverträgen / Sonderkündigungsrechte
Bei Mietern, die durch einen Zeitmietvertrag oder längerer Kündigungsfrist ihr Mietverhältnis kurzfristig nicht beenden können, kann die Möglichkeit des Sonderkündigungsrechts von Bedeutung sein.
Versagung der Untervermieterlaubnis (§ 540 BGB)
Verweigert der Vermieter die Erlaubnis, die Wohnung einem Dritten zu überlassen, ohne
dass in der Person des Dritten ein Grund vorliegt, ist der Mieter berechtigt, mit einer Frist
von drei Monaten zu kündigen.
Mieterhöhung (§ 561 BGB)
Macht der Vermieter eine Mieterhöhung nach § 558 BGB (Mieterhöhung bis zur ortsüblichen Vergleichsmiete) oder § 559 BGB (Mieterhöhung bei Modernisierung) geltend,
besteht für den Mieter ein Sonderkündigungsrecht. Die Kündigung hat bis zum Ablauf des
zweiten Monats nach dem Zugang der Erklärung des Vermieters zum Ablauf des übernächsten Monats zu erfolgen. Die Mieterhöhung tritt nicht ein.
Beispiel : Mieterhöhungserklärung geht am 15.01. zu. Die Kündigung hat demnach bis
zum 31.03. zu erfolgen. Das Mietverhältnis endet somit am 31.05.
Bauliche Maßnahmen (§ 554 III BGB)
Werden Modernisierungsmaßnahmen angekündigt, haben die Mieter ebenfalls ein
Sonderkündigungsrecht.
Voraussetzung jedoch ist, dass es sich nicht um bloße Instandsetzungsarbeiten oder
kleinere Modernisierungsmaßnahmen handelt.
Die Kündigung hat bis zum Ablauf des Monats, der auf den Zugang der Modernisierungsmitteilung folgt, für den Ablauf des nächsten Monats zu erfolgen.
Beispiel : Modernisierungsmitteilung geht am 15.02. zu. Die Kündigung hat demnach bis
zum 31.03. zu erfolgen. Das Mietverhältnis endet am 30.04.
Mietrecht: Kündigung eines Mietverhältnisses
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Staffelvereinbarung (§ 557a III BGB)
Staffelmietverträge können zum Ablauf des vierten Jahres nach Abschluss des Vertrages
gekündigt werden. Dies ist unabhängig davon möglich, ob für eine längere Zeit ein
Zeitmietvertrag vorliegt oder ein Kündigungsausschluss vereinbart wurde.
Beispiel : Vertragsabschluss am 01.01.2000, Kündigung ist zum 31.12.2004 möglich.
Allerdings ist die Kündigungsfrist einzuhalten.
Tod eines Mieters
Wenn der Mieter stirbt, kann derjenige, der den Vertrag auch unterschrieben hat und
deshalb das Mietverhältnis fortsetzt, mit einer Frist von drei Monaten kündigen; wer neu
in den Vertrag eintritt, kann innerhalb eine Monats erklären, dass er nicht eintreten will.
Unabhängig von den aufgezählten Sonderkündigungsmöglichkeiten kann ein befristetes
Mietverhältnis oder ein Mietverhältnis mit einer langen Kündigungsfrist immer vorzeitig
beendet werden, wenn die Fortführung des Mietverhältnisses für den Mieter eine
besondere Härte bedeuten würde.
Der Begriff „besondere Härte“ ist jedoch eng auszulegen.
Nach der Rechtsprechung(OLG Karlsruhe RE WM 81, 173) gehören zu den besonderen
Härten die Fälle, in denen der Mieter z. B. wegen seiner Familienplanung (Hochzeit,
Nachwuchs) das Mietverhältnis beenden muss, da er wegen der geänderten Familiensituation die Wohnung nicht mehr benutzen kann.
Ein weiterer Grund ist gegeben, wenn der Mieter wegen eines Arbeitsplatzwechsels in
eine andere Stadt umziehen muss oder auf Grund seines Gesundheitszustandes in ein
Alten- oder Pflegeheim muss.
Das AG Frankfurt a. M. hat bisher auch die Zuweisung einer öffentlich geförderten
Wohnung als ein solches berechtigtes Interesse bewertet.
In diesen oder ähnlich schwerwiegenden Situationen kann der Mieter, bei Stellung von
Nachmietern, das Mietverhältnis vorzeitig beenden.
Achtung: Der Mieter kann eine vorzeitige Beendigung des Mietverhältnisses durch
Stellung von Nachmietern nicht verlangen, wenn er lediglich eine bessere oder billigere
Wohnung gefunden hat
Wichtig: Mieter sollten, auch wenn keine Möglichkeit für eine vorzeitige Beendigung des
Mietverhältnisses besteht, nicht versuchen, den Vermieter zu einer fristlosen Kündigung
zu provozieren.
Abgesehen von den möglichen Kosten (Anwalt, Gericht) ist man als Mieter zum
Schadensersatz bis zur Neuvermietung, maximal die Zeit der Kündigungsfrist,
verpflichtet.
Vermieterkündigung
Bei der Kündigung durch den Vermieter gilt, wie bei der Mieterkündigung, dass diese
schriftlich zu erfolgen hat ( § 568 BGB) und, sofern der Vermieter nicht selbst kündigt,
die Vertretungsvollmacht im Original vorliegen muss.
Bei fehlender Originalvollmacht kann die Kündigung unverzüglich (innerhalb 1 Woche,
schriftlich, Einschreiben/Rückschein) zurückgewiesen werden. Die Kündigung ist dann
unwirksam, ohne dass es auf deren inhaltliche Begründung ankommt.
Stehen auf der Vermieter- oder Mieterseite mehrere Personen, so muss von beiden bzw.
allen gegenüber allen Vertragspartnern gekündigt werden.
Mietrecht: Kündigung eines Mietverhältnisses
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Sind im Kopf des Mietvertrages beide Ehepartner als Vermieter aufgeführt, so sind beide
Vertragspartner, auch wenn nur ein Ehegatte den Vertrag letztlich unterschrieben hat (LG
Heidelberg WM 97, 547).
Die Kündigungsfrist
beträgt nach der Mietrechtsreform 3 Monate bei einer Wohndauer von bis zu 5 Jahren, 6
Monate bei einer Wohndauer von bis zu 8 Jahren und 9 Monate bei einer Wohndauer von
mehr als 8 Jahren.
Entscheidend für die Berechnung der Kündigungsfrist ist die tatsächliche Wohndauer.
Bei Verträgen, die vor dem 01.09.2001 abgeschlossen wurden gilt, wie bei den
Kündigungsfristen für die Mieterkündigung, dass die alten Fristen weiter gelten, wenn
diese ausdrücklich vertraglich vereinbart wurden.
Auch die Vermieterkündigung ist nur zum Ende eines Monats möglich (Ausnahme
fristlose Kündigung). Geht die Kündigung bis zum 3. Werktag eines Monats zu, zählt
dieser Monat bei der Berechnung der Frist mit. Wie bei der Mieterkündigung gilt, sofern
ein Einschreiben nicht abgeholt wird, ist die Kündigung nicht zugegangen.
Es können mietvertraglich längere Kündigungsfristen vereinbart werden, eine vertraglich
vereinbarte Reduzierung der Kündigungsfrist ist nicht zulässig.
Ausnahmen:
Für möblierte Zimmer innerhalb der vom Vermieter bewohnten Wohnung gilt eine
kürzere Kündigungsfrist (§ 573c III BGB). Hier ist eine Kündigung bis zum 15. eines
Monats zum Ablauf dieses Monats zulässig.
Nach einer Zwangsversteigerung der Wohnung kann sich die Kündigungsfrist auf 3
Monate reduzieren, wenn der Eigentümer zum ersten möglichen Kündigungstermin
kündigt (§ 57 Zwangsversteigerungsgesetz) und ein berechtigtes Interesse an der
Kündigung hat.
Beispiel : Der Zuschlag bei der Zwangsversteigerung erfolgt am 15. Januar. Der neue
Eigentümer macht berechtigten Eigenbedarf geltend. Die Kündigung muss bis zum 3.
Werktag im Februar dem Mieter zugehen, das Mietverhältnis endet zum Ablauf April.
Auch bei einer Werkwohnung gelten nach § 576 BGB kürzere Kündigungsfristen,
wenn das Dienstverhältnis endet.
- Wenn seit der Überlassung der Wohnung weniger als 10 Jahre vergangen sind und die
Wohnung für einen anderen Mitarbeiter benötigt wird, beträgt die Kündigungsfrist 3
Monate.
- Wenn das Dienstverhältnis seiner Art nach die Überlassung des Wohnraumes
erfordert hat, ist, wenn der Wohnraum für einen anderen Mitarbeiter benötigt wird,
eine Kündigung bis zum 3. Werktages eines Monats zum Ablauf des Monats möglich.
Ein typisches Beispiel ist hier die Wohnung eines Schulhausmeisters, welche in
unmittelbarer Nähe der Schule liegt. Endet das Arbeitsverhältnis und wird die Wohnung
für einen anderen Schulhausmeister benötigt, kann eine Kündigung mit dieser kurzen
Frist erfolgen.
Eine Besonderheit ist zu beachten bei dem Verkauf von in Wohnungseigentum
umgewandelten Wohnungen. Hier gilt eine Kündigungssperrfrist von 3 Jahren. Die
Landesregierungen sind ermächtigt, durch Verordnung diese Kündigungssperrfrist auf bis
zu 10 Jahre zu verlängern. Für Hessen liegt z. Zt. noch keine Verordnung vor.
Mietrecht: Kündigung eines Mietverhältnisses
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Ordentliche Kündigung
Die ordentliche Beendigung eines Mietverhältnisses ist nur wirksam, wenn der Vermieter
ein berechtigtes Interesse an der Beendigung hat (§ 573 BGB).
Der Vermieter muss sein berechtigtes Interesse in der Kündigung nachvollziehbar
schriftlich erläutern. Dies muss so erfolgen, dass sich der Mieter darüber klar werden
kann, ob er eine Chance hat, sich gegen die Kündigung zu wehren (BVerfG WM 93, 233;
WM 92, 178).
Fehlt die ausführliche Begründung, so ist die Kündigung unwirksam.
Achtung: Im Laufe des Kündigungsverfahrens darf der Vermieter den zugrunde liegenden
Sachverhalt genauer und umfassender beschreiben, zusätzliche Details vorbringen usw.
(BverfG WM 2000, 232). Er darf aber nicht völlig neue Gründe „nachschieben“, die im
Kündigungsschreiben noch gar nicht genannt waren. Ausnahme: Die Gründe sind
nachträglich entstanden.
Entfällt der Kündigungsgrund während der Kündigungsfrist, muss der Vermieter den
Mieter darüber informieren und ihm die Fortsetzung des Mietverhältnisses anbieten (LG
Lübeck WM 99, 336). Unterlässt er dies, wird die Kündigung unwirksam.
Entfallen die Kündigungsgründe während des Räumungsprozesses, vor Schluss der
mündlichen Verhandlung, ist das Festhalten an der Kündigung unzulässig ( AG Köln WM
99, 234).
Fällt das Erlangungsinteresse nach dem Räumungsurteil des Gerichts weg, aber noch vor
Auszug des Mieters oder der Räumung, kann sich der Mieter nach Treu und Glauben
durch eine Vollstreckungsgegenklage gegen die Räumung wehren.
Einige Beispiele für ein berechtigtes Interesse:
Eigenbedarf
Benötigt der Vermieter die Wohnung zum wohnen für sich oder einen Familien- bzw.
Haushaltsangehörigen, ist eine Kündigung wegen Eigenbedarf möglich. Entfernte
Verwandte, wie Schwager oder Neffen und Nichten, können zu den begünstigten
Familienangehörigen gehören, wenn ein besonders enger Kontakt zum Vermieter
besteht, aus dem sich eine moralische Verpflichtung des Vermieters ergibt, dem
Angehörigen Wohnraum zu gewähren (OLG Braunschweig RE WM 93, 731).
Allerdings muss der Vermieter im Kündigungsschreiben erläutern, für wen der Eigenbedarf geltend gemacht wird. Die Umstände, warum diese Person die Wohnung benötigt,
müssen ebenfalls beschrieben werden.
Voraussetzung für die Eigenbedarfskündigung ist, dass der Vermieter den Wohnraum
benötigt.
Der bloße Wunsch des Vermieters, in seinen eigenen vier Wänden wohnen zu wollen,
reicht als Grund für eine Eigenbedarfskündigung nicht aus (BGH RE WM 88, 47).
Allerdings muss der Vermieter auch nicht unzureichend untergebracht sein, um Eigenbedarf geltend machen zu können (BGH RE WM 88, 47).
Nach Auffassung der höchsten deutschen Gerichte (BGH RE WM 88, 47; BVerfG WM 93,
377; WM 89, 114; WM 89, 481) liegt Eigenbedarf vor, wenn der Vermieter vernünftige
und nachvollziehbare Gründe für die Inanspruchnahme für sich oder eine begünstigte
Person hat.
Beispiel
- Der Vermieter will in der gekündigten Wohnung seinen Altersruhesitz begründen;
- Sohn/Tochter des Vermieters studieren am Ort der Wohnung und leben bisher in der
elterlichen Wohnung, welche weiter entfernt liegt.
Mietrecht: Kündigung eines Mietverhältnisses
September 2002
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Was tatsächlich „vernünftig und nachvollziehbar“ ist, muss für jeden Einzelfall neu
entschieden werden.
Natürlich muss die Wohnung auch für den angestrebten Zweck geeignet sein (z. B. keine
Einzimmerwohnung für eine dreiköpfige Familie).
Es darf bei Abschluss des Mietvertrages nicht absehbar gewesen sein, dass die Bedarfsperson die Wohnung bald benötigen wird.
Hat der Vermieter den Eigenbedarf – oder einen sonstigen Kündigungsgrund – nur
vorgetäuscht, so macht er sich schadensersatzpflichtig. Er muss dem Mieter dann die in
Verbindung mit der Kündigung stehenden Kosten ersetzen.
Entfällt der Eigenbedarf vor Auszug des Mieters, muss der Vermieter ihm das mitteilen,
sonst ist er ebenfalls zum Schadensersatz verpflichtet (OLG Karlsruhe RE WM 82, 11).
Gleiches gilt, wenn der Vermieter den Eigenbedarf zu einem Zeitpunkt zurückzieht, in
dem der Mieter schon einen neuen Mietvertrag unterschrieben hat (LG Kassel WM 87,
85).
Erhebliche Vertragsverletzung des Mieters
Eine erhebliche Vertragsverletzung des Mieters stellt ebenfalls ein berechtigtes Interesse
an einer Kündigung dar. Als Beispiele kommen hier regelmäßige Verstöße gegen die
Hausordnung (Lärmbelästigung) oder regelmäßig unpünktliche Mietzahlungen in Frage.
Die Vertragsverletzung muss in der Regel vorher abgemahnt werden.
Hinderung an einer angemessenen wirtschaftlichen Verwertung
Wenn der Vermieter bei Fortbestehen des Mietverhältnisses erhebliche wirtschaftliche
Nachteile erleiden würde, ist eine Beendigung des Mietverhältnisses möglich.
Die erheblichen wirtschaftlichen Nachteile sind im Kündigungsschreiben im Einzelnen zu
erläutern.
Nicht allein ausreichend ist der Wunsch, eine höhere Miete zu erzielen, der bloße Mehrerlös durch den Verkauf einer unvermieteten Wohnung, die Sanierung oder Modernisierung der Wohnung.
Ausnahme:
Die Begründungsverpflichtung des Vermieters besteht nicht bei Wohnungen in
Studentenwohnheimen, Wohnraum, welcher nur zu vorübergehendem Gebrauch überlassen wurde, möblierten Zimmern innerhalb der vom Vermieter bewohnten Wohnung
sowie bei Wohnraum in einem vom Vermieter mitbewohntem 2-Familienhaus
(Einliegerwohnung).
Bei der zulässig unbegründeten Kündigung einer Einliegerwohnung verlängert sich die
maßgebliche Kündigungsfrist um 3 Monate. Gleiches gilt auch bei einer Kündigung von
nicht möbliertem Wohnraum innerhalb der vom Vermieter bewohnten Wohnung.
Widerspruchsrecht des Mieters:
Auch beim Vorliegen eines berechtigten Interesses kann der Kündigung widersprochen
werden, wenn die Beendigung des Mietverhältnisses für den Mieter eine unzumutbare
Härte bedeutet und diese auch unter Berücksichtigung der Interessen des Vermieters
nicht zu rechtfertigen wäre (§ 574 BGB).
Eine unzumutbare Härte besteht nur, wenn besondere Gründe vorliegen wie z. B. hohes
Alter, schwere Erkrankung, Kinder, Schwangerschaft.
Mietrecht: Kündigung eines Mietverhältnisses
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Der Widerspruch muss schriftlich erfolgen und ist auf besonderes Verlangen des
Vermieters zu begründen.
Der Mieter muss den Zugang des Widerspruches beim Vermieter beweisen.
Wenn der Vermieter rechzeitig auf die Möglichkeit des Widerspruchs hinweist, dann muss
dieser spätestens zwei Monate vor Ablauf der Kündigungsfrist beim Vermieter eingegangen sein.
Beispiel: Ende Kündigungsfrist 31.10.; Widerspruch muss bis zum 31.08. beim Vermieter
eingehen.
Fehlt der Hinweis auf die Widerspruchsmöglichkeit, kann der Widerspruch noch bis zum
ersten Termin im Räumungsprozess erklärt werden.
Ausnahme:
Keine Widerspruchsmöglichkeit gibt es bei Wohnraum in Studentenwohnheimen,
möblierten Zimmern innerhalb der vom Vermieter bewohnten Wohnung und bei
Wohnraum, der nur zum vorübergehenden Gebrauch vermietet ist.
Selbstverständlich ist die Widerspruchsmöglichkeit auch bei vom Mieter selbst ausgesprochener Kündigung nicht möglich.
Sofern der Vermieter zur fristlosen Kündigung berechtigt ist, ist ein Widerspruch
ebenfalls ausgeschlossen.
Fristlose Kündigung
Die fristlose Kündigung hat ebenfalls schriftlich zu erfolgen und ist nach § 569 IV BGB zu
begründen.
Eine fristlose Kündigung ist nur zulässig, wenn ein wichtiger Grund vorliegt, der so
gravierend ist, dass dem Kündigenden die Fortsetzung des Vertrages bis zum Ablauf der
regulären Kündigungsfrist bzw. bis zum Mietende nicht zugemutet werden kann.
Einige Beispiele:
Erhebliche Vertragsverletzung (§§ 543, 569 BGB)
Einer vorherigen Abmahnung bedarf es bei einem schweren Vertragsverstoß wie z. B. bei
Bedrohung oder schwerer Beleidigung des Vermieters nicht.
Eine fristlose Kündigung wegen wiederholt unpünktlicher Mietzahlung oder ständiger
Ruhestörung darf nur nach vorheriger Abmahnung ausgesprochen werden.
Vertragswidrige Nutzung der Wohnung (§ 543 BGB)
Wenn der Mieter die Wohnung in einer vertraglich nicht vereinbarten Weise (z. B.
Untervermietung ohne Anspruch auf Erlaubnis, u. U. gewerbliche Nutzung) nutzt, kann
dies den Vermieter, nach vorheriger Abmahnung, zur fristlosen Kündigung berechtigen.
Wenn die Mieträume durch Vernachlässigung gefährdet sind, liegt ebenfalls eine
vertragswidrige Nutzung vor.
Zahlungsverzug (§§ 543, 569 BGB)
Ein zur Kündigung berechtigender Mietrückstand besteht, wenn entweder ein Betrag von
mehr als einer Monatsmiete offen ist, der sich aus zwei aufeinander folgenden Monaten
ergibt, oder ein Betrag von zwei Monatsmieten offen ist, der sich über einen Zeitraum
von mehr als zwei Monaten angesammelt hat.
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Grundlage der Berechnung ist die Gesamtmiete inklusive der Nebenkostenvorauszahlung,
Nachforderungen aus Nebenkostenabrechnungen bleiben unberücksichtigt.
Ein Mietrückstand liegt nicht vor, wenn zu Recht die Miete gemindert wurde (z. B. wg.
Mängeln).
Für den Mieter besteht jedoch die Möglichkeit, einen entstandenen Mietrückstand durch
Zahlung zu heilen.
Die fristlose Kündigung wegen Zahlungsverzug wird unwirksam, wenn der gesamte
Mietrückstand, der bis zu diesem Zeitpunkt aufgelaufen ist, bis spätestens 2 Monate nach
Erhalt der Räumungsklage gezahlt wird, oder sich die zuständige Behörde (z. B.
Sozialamt) verpflichtet, die Mieten zu zahlen.
Die Abwehr einer fristlosen Kündigung wegen Zahlungsverzug ist jedoch nur einmal
innerhalb von 2 Jahren zulässig.
Kommt es innerhalb von zwei Jahren erneut zu einer Kündigung wegen Zahlungsverzug,
bleibt diese wirksam, auch wenn der Mietrückstand bezahlt wird.
Räumungsklage
Ziehen die Mieter zum Ende der Kündigungsfrist nicht aus, kann der Vermieter
Räumungsklage erheben. Eine eigenmächtige Wohnungsräumung durch den Vermieter
ist nicht zulässig.
Mit der Zustellung der Klage an den Mieter gibt das Gericht in der Regel dem Mieter unter
Fristsetzung die Gelegenheit, mitzuteilen, ob er sich gegen die Klage verteidigen will und
die Gründe seiner Verteidigung mitzuteilen.
Diese vom Gericht vorgegebenen Fristen sind unbedingt einzuhalten, da bereits wegen
Nichteinhaltung der Fristen der Rechtstreit verloren werden kann!
Das Gericht prüft die Wirksamkeit der Kündigung und entscheidet, ob die Wohnung
geräumt werden muss.
Sofern dass Gericht die Kündigung für wirksam erklärt, kann der Mieter eine Räumungsfrist beantragen.
Räumungsfrist
Mit der Räumungsfrist soll dem Mieter noch eine Möglichkeit gegeben werden, eine neue
Wohnung zu finden. Die Dauer der Räumungsfrist wird durch das Gericht festgesetzt.
Erweist sich die Räumungsfrist als zu kurz, kann sie auf Antrag verlängert werden. Der
Antrag auf Verlängerung ist spätestens zwei Wochen vor Ablauf der Räumungsfrist beim
Gericht zu stellen.
Vollstreckungsschutz
Der Mieter kann, wenn die Gewährung oder Verlängerung der Räumungsfrist nicht
(mehr) möglich ist, Vollstreckungsschutz beantragen. Der Antrag kann solange gestellt
werden, solange die Zwangsräumung noch nicht abgeschlossen ist.
Da an die Gewährung von Vollstreckungsschutz besonders strenge Anforderungen
geknüpft sind, kann der Mieter nur dann einen Aufschub erreichen, wenn die Zwangsräumung eine besondere Härte für ihn bedeuten würde.
Mietrecht: Kündigung eines Mietverhältnisses
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Beispiele
- Wenn im Einzelfall Leben und Gesundheit des Mieters durch den bevorstehenden
Umzug gefährdet sind. Insbesondere bei hohem Alter und geistiger Gebrechlichkeit oder
Selbstmordgefahr des Mieters.
- Wenn der Einzug in eine neue Wohnung kurz bevorsteht und durch den Vollstreckungsschutz ein zweimaliger Umzug innerhalb von kurzer Zeit verhindert werden kann.
Bitte bedenken Sie,
dieses Skript kann natürlich eine Einzelfallberatung nicht ersetzen.
Sofern Sie eine Kündigung erhalten haben,
oder Fragen zu ihren eigenen Kündigungsmöglichkeiten haben,
lassen Sie sich rechtlich beraten.
Die Sprechstunden der MIETRECHTLICHEN BERATUNGSSTELLE
finden montags von 8:00 bis 12:00 Uhr, mittwochs von 8:00 bis 12:00
Uhr und donnerstags von 14:00 bis 17:00 Uhr statt.
Telefonisch ist die Mieterberatung unter Tel.: 212 34711, 212 34731 zu
erreichen; Terminvereinbarung unter Tel.: 212 40046.
Die mietrechtliche Beratung kann von allen Frankfurter Bürgern mit einem
Einkommen innerhalb folgender Einkommensgrenzen in Anspruch
genommen werden: für den Haushaltsvorstand 1.500 € netto monatlich
und für jede weitere zum Haushalt gehörende Person 450 € netto
monatlich.
Mietrecht: Kündigung eines Mietverhältnisses
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