Herr der Fußwohnung - media.haufe
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Wir Unternehmer – Porträt Udo Robakowski Herr der Fußwohnung Ein handgenähter Schuh ist ein Kunstwerk und bedarf spezieller Pflege. Dann kann man ihn mit Kunst kombinieren, wie der Berliner Schuhmacher Udo Robakowski demonstriert. An einem Dienstag um 14 Uhr hielt ein Rolls Royce Corniche vor einem Schuhladen in der Bleibtreustraße 4 in Berlin-Charlottenburg. Natürlich hielt er mitten auf der Straße. RollsRoyce-Fahrer parken nie ein, zumindest nicht selbst. Der blaue Wagen hatte ein Wunschkennzeichen, und der Fahrer war ein älterer, braun gebrannter Herr mit länglichem blondiertem Haar, das ihn wohl ein wenig jugendlich und unangepasst erscheinen lassen sollte. Er trug eine Wildlederjacke und Edward-Gree-Schuhe, die schätzungsweise so viel gekostet hatten wie ein Winterreifen für sein Auto. Zielstrebig ging er in den vornehmen Laden, blieb eine Weile und kam dann mit ein paar edlen Lacktüten wieder heraus. Seit ein paar Jahren haben die happy few Berlins ein Problem weniger. Sie müssen für ein paar Luxusschuhe nicht mehr extra nach München zu Eduard Meier fahren, dem vormaligen königlichen Hoflieferanten, sondern gehen einfach zu Udo Robakowski in die Bleibtreustraße, ein schickes Pflaster, das Promi-Lokal „Adnan“ in der Mommsenstraße ist zum Glück nicht allzu weit. Im Grunde verhält es sich so: Es gibt jetzt nicht nur einen Promi-Wirt, einen Promi-Friseur und einen Promi-Schönheitschirurgen, sondern auch einen PromiSchuhmacher. VON MICHAEL BAHNERTH „Ich wollte einfach irgendetwas machen mit Kunst, Handwerk und Unternehmertum.“ UDO ROBAKOWSKI Eine neue Adresse für die happy few Robakowski fertigt Schuhe nicht selbst, aber er kauft die edelsten und geschmackvollsten Marken ein: Die meisten Modelle sind handgenäht, natürlich, aus Leder sowieso, und zwar nicht irgendeinem, sondern etwa aus Bio-Kalbs- oder Straußenleder. Es sind Schuhe mit Namen: Robert Clergerie, John Lobb, Edward Gree, Carmina. Das Einkaufen erfordert zwar Geschmack, modischen Sachverstand und eine Portion Intuition, ist aber für sich allein noch keine allzu großartige Angelegenheit. Was Robakowski so ziemlich einzigartig in seiner bisher noch wenig glamourösen Zunft macht, sind sein Edelschuhservice und seine Schuhkosmetik, also das Reparie- 12 ren und Putzen jener Schuhe, die bei 300 Euro anfangen und bei knapp 2.000 aufhören. 500 Paare pro Woche macht er für 70 bis 80 Euro wieder auftrittsfähig. „Ich arbeite natürlich mit Originalmaterialien. Wenn Sie also etwa Prada bringen, erhalten Sie auch Prada zurück.“ Die Schuhkosmetik kostet zwischen 18 und 30 Euro, die Stückzahl ist ähnlich wie bei den Reparaturen. Wie man gerüchteweise in der Hauptstadt hört, soll Bundespräsident Horst Köhler seine Schuhe auch bei Robakowski auf Vordermann bringen lassen. Leider tritt Robakowski, was den Promi-Faktor seiner Kunden anbelangt, so leise, dass man ihn diesbezüglich gar nicht hört. Viel lieber betont er, dass auch „ganz normale Omas die Schuhe bei ihm ProFirma 12 2009 reparieren lassen, weil sie sich keine neue leisten können“. Aber solche Sachen sagen alle Dienstleister mit prominentem Kundenstamm. Udo Robakowski ist 38 Jahre alt, trägt selbstverständlich edle Treter, an diesem Tag „John Lobb“, den Rolls Royce unter den Schuhen, auch preislich. In seinem vornehmen Laden steht ein schwarzes Paar aus einer limitierten Sonderedition für 1.800 Euro. Der gebürtige Kölner mit dem etwas barocken Haarschnitt und dem Flair eines Foulardträgers entpuppt sich bald als Liebhaber schöner Dinge, Wein, Kunst. Und er strahlt die lockere Gelassenheit eines Mannes aus, der erfolgreich ist, bald Vater wird, seine Frau liebt, kein Problem damit hat, dass seine Mutter im Schuhladen mit Hand anlegt, und der keinen Grund hat zur Annahme, dass sich daran etwas ändern könnte. Was allerdings besser sein könnte, ist das Verhältnis des gemeinen Deutschen zu seinem Schuhwerk. „Der Stellenwert des Schuhs in Deutschland“, seufzt er, „ist nicht großartig.“ Viel mehr sagt er nicht, dazu ist er viel zu höflich. Aber man weiß trotzdem, was er meint. Das ästhetische Bewusstsein der meisten Deutschen ist unterhalb des Fußknöchels abrupt zu Ende. Deutschland geht hauptsächlich auf Gummisohlen durchs Leben. Das allein ProFirma 12 2009 ist noch kein Verbrechen, gewiss nicht. Das Problematische dabei ist nur, dass der gemeine Deutsche trotzdem denkt, er sei jetzt modisch beschuht. Es ist leider kein Vorurteil: Der durchschnittliche Deutsche trägt unförmige Kunstledertreter, entsetzliche Unterhosen und trinkt auch abends um neun noch Latte Macchiato. Das macht ihn unter den Einwohnern wohlhabender Länder auf eine traurige Art einzigartig. Die Mentalität vor allem des deutschen Mannes bezüglich Luxus und am Beispiel Schuh funktioniert so: „Wieso“, fragt er sich, „soll ich 400 Euro für ein Paar Schuhe ausgeben, wenn ich beim Discounter dafür mindestens acht bekomme?“ „Weil“, sagt Robakowski, „abgesehen davon, dass ein handgenähter Schuh immer ein kleines Kunstwerk ist, ein Kleinod, ist der Tragekomfort einfach höher. Stellen Sie sich den Schuh als die Wohnung des Fußes vor. Und wer wohnt nicht gerne schön und behaglich?“ Das ist das eine. Das andere ist, dass ein Edelschuh sehr vornehm altert, während der Discounterschuh ein charakterloses Wesen ist, das einfach nur alt und fett wird. Man könnte meinen, dass Robakowskis Hingabe zu Schuhen, die für ihn kein Fetisch sind, sondern warme Obsession, wie so oft auf irgendein prägendes Erlebnis in seiner Kindheit zurückzuführen sei. Dass er als kleiner kölscher Jung‘ in den Pumps seiner Mutter durch die Wohnung gestöckelt ist oder mit den Schuhen seines Vaters Erwachsener gespielt hat. „Nein“, sagt Robakowski, „ich wollte nur irgendwas machen mit Kunst, Handwerk und Unternehmertum.“ Irgendwas war dann mehr zufällig ein Praktikum bei einem Kölner Schuhmacher, das zur Ausbildung wurde und später zum Beruf. Er war aber nur eine Zeitlang als Schuster, der bei seinen Leisten bleibt, glücklich. „Mir fehlte die Kunst, das Design. Ich dachte, das kann doch nicht alles sein. Und ich mochte das Prinzip der Massenabfertigung nicht mehr.“ Hinter manchen Ideen steckt zuerst ein Weg, den man hinter sich bringen muss. Und Robakowskis Weg führte ihn nach Berlin, das war im Jahr 1998, schon in die Bleibtreustraße, wenn auch im weniger eleganten Teil. Er eröffnete einen kleinen Laden für Schuhreparaturen und tat im Grunde auch nichts anderes als in Köln, nur eben auf eigene Rechnung. Bot Absatzreparaturen für fünf Mark an, das war ein Dumpingpreis und nicht dazu angetan, ihn in seiner Innung auf Anhieb beliebt zu machen. Dafür hatte er bald einen soliden Kundenstamm: „Schleichend“, sagt Robakowski, „wurde mein Geschäft immer größer.“ Eigenes Label und Pflegelinie 100.000 Mark Umsatz erzielte er bald, er zog um in die Bleibtreustraße Nummer 4 und begann, Markenschuhe zu verkaufen und seiner Arbeit den Mantel eines Konzepts zu verpassen; ein ganzheitliches Konzept rund um den Schuh. Heute macht er mit fünf Mitarbeitern 400.000 Euro Umsatz, vertreibt seine eigene Pflegelinie und lässt selbst Schuhe herstellen, Wellstone, heißt sein Label, das gerade die ersten Schritte macht, Herren- und Damenschuhe ab 200 Euro sollen es sein. Verkauf, Reparatur und Kosmetik machen jeweils ein Drittel 13 Wir Unternehmer – Porträt des Umsatzes aus. Er bildet Lehrlinge aus und ist gerade dabei, sein Bedürfnis nach Kunst mit jenem fast kindlichen Zauber auszuleben, der jedem Anfang innewohnt. Unweit seines Schuhladens, an den Ufern der Spree, in einer alten Fabrikanlage, hat er sich im Erdgeschoss eines Gebäudes vor drei Monaten einen loftähnlichen Raum in rechtwinkliger Form zugelegt. Die Längsachse ist Werkstatt, hier werden nach allen Regeln der Kunst die Schuhe repariert. Es riecht nach Schuhfett und Leder. Vorne auf einem großen Tisch liegen all die vom Laufen in Mitleidenschaft gezogenen Schuhe aufgetürmt, ein ganzer Berg voller abgelatschter Luxusschuhe, es sieht ein bisschen aus wie ein Object-trouvé, wie unfreiwillige Kunst auch, und es ist das Highlight des Salzufers. Zwar sind die Gemälde eines Freundes von Robakowski an den Wänden im Quergebäude ganz nett, dieser ältere Mann in Variationen, mal im Pyjama, mal in Schuhen, aber gegen den Schuhberg hat er keine Chance. Hier im Quergebäude soll es losgehen mit der Kunst, sagt Robakowski. Lesungen, Ausstellungen, Partys – alles sei möglich, alles noch am Anfang. Dort hält er auch seine fast schon legendär gewordenen Schuhpflege-Seminare zu 69 Euro pro Teilnehmer ab, bei denen, stets mit vollem RotweinDutzende von Schuhen warten auf die pflegende Hand von Robakowskis Mitarbeitern. glas, alles über den richtigen UmDer Maestro hat inzwischen ein eigenes Luxusschuh-Label und eine eigene Pflegelinie. gang mit dem Luxusgerät für die Füße gelernt werden kann. Man schaut sich die Bilder an, den Raum mit der kleinen Bar, bei den wenigen Männern gut ankommt, bei den Ladies wenidem langen Holztisch, den zwei Holzbänken und fragt: „Wes- ger. Robakowski ist gut in Form, trägt ein Unikat von Carmihalb Kunst, Udo?“ Robakowski überlegt nicht lange, sagt: na an den Füßen und sagt nicht ohne Stolz, dass bei „Wetten, „Ich lade gerne Leute ein. Und ich feiere gerne.“ Das macht dass...?“ in Freiburg drei Prominente auf dem Sofa Schuhe von den Mann sympathisch. Kein „ich will Kunst machen oder ihm getragen hätten. organisieren, weil das in einem sozi-kulturellen Kontext die unabdingbare geistige Nahrung des modernen Menschen ist“, Schuhe für die Oberschicht Berlins nein, er will Kunst machen, weil man um sie herum Spaß haWer die andern beiden waren, war nicht herauszufinden, ben kann. Ein paar Tage später findet die erste Modenschau im Querge- aber mit Sicherheit gehört Karl-Theodor zu Guttenberg zu bäude statt, Schuhe von Robakowski und Kleider einer Edel- Robakowskis Kunden, der offiziell bestangezogene Politiker boutique. Es ist ein Mittwoch, abends um sieben Uhr geht’s Deutschlands, der jetzt, auf dem Abstellgleis des Verteidilos. Schicke Autos fahren vor und noch schickere Damen gungsministers, wahrscheinlich öfters Gummistiefel tragen entsteigen ihnen. Endlich, Robakowskis Klientel. Erfolg- dürfte. Gerne würde man Robakowski fragen, ob es auch reich geschiedene Frauen, Anfang 50, wohlduftend, dezenter Edelgummistiefel gibt, aber er hat keine Zeit mehr, die MoSchmuck, im Schnitt 2.000 Euro am Körper tragend und mit denschau geht los, unspektakulär, erfreulich wenig glamouder unvergleichlichen Aura von Luxus, die ein bisschen sexy rös. Models, die es bloß für einen Abend sind, und Kleider und ist und die wegbotoxten Falten in den Gesichtern vergessen Schuhe für die Rastplätze der Oberschicht Berlins, die Bar des lässt. Es gibt Wein und Prosecco, es ist ein warmer Abend, Hotels Adlon, die Feinschmeckerabteilung des KaDeWe, die die schönen Geschiedenen und Witwen sprechen Sätze wie: Tische im Café Einstein. Jene Welt Berlins, die jenen vorbehal„Lass uns noch eine rauchen, bis die Häppchen kommen.“ Das ten ist, die bei Schuhkonzept nicht nur reinschnuppern könHäppchen ist ein Männerschuh-großer Block Parmesan, was nen, sondern auch kaufen. 14 ProFirma 12 2009 Fotos: Magdalena Wimmer Der Event in der Schuhmacherei Name: Philipp Lay_ Beruf: Unternehmer_ Leidenschaft: Backwaren_ Folge deiner Leidenschaft! Als Bäckermeister arbeitet Philipp Lay täglich hart für den Erfolg des eigenen Familienunternehmens. Seine Leidenschaft: Backwaren, die seinen Kunden jeden Morgen ein Lächeln auf das Gesicht zaubern! Damit auch bei den Finanzen, beim Personal und im Verkauf nichts anbrennt, gibt es ProFirma Professional – das neue Rundum-Sorglos-Paket für die Unternehmensführung mit garantiertem Zeit-Spar-Effekt! Jetzt informieren: www.folge-deiner-leidenschaft.de Mittelstand ist Leidenschaft.