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Der Aufbau eines Qualitätsmanagements
in der ambulanten Pflege
In diesem Kapitel wollen wir Ihnen im ersten Abschnitt ein paar Argumente dafür geben, warum
es nicht nur aus gesetzlich vorgeschriebenen Gründen erforderlich ist, ein "einrichtungsinternes
Qualitätsmanagement" einzurichten, sondern auch aus betrieblichen Gründen sinnvoll.
Im zweiten Abschnitt werden wir dann darstellen, wie ein solches System aufgebaut sein kann,
nach welchen Kriterien, und wie man bei seiner Einrichtung im Unternehmen, und bei seiner
"Dokumentation" vorgehen kann.
Dazu werden Sie an verschiedenen Stellen auch die eine oder andere Arbeitshilfe finden.
Der Inhalt im Einzelnen:
Warum ein "Qualitätsmanagement"? ..........................................................................2
Qualität ist ............................................................................................................................... 3
Auch eine Frage der Motivation ............................................................................................ 4
Pflegequalität .......................................................................................................................... 4
Qualitätsdimensionen der pflegerischen Leistungen ........................................................................... 5
Eingesetze Ressourcen.................................................................................................................................... 5
Alles ISO oder was? ............................................................................................................................. 6
Aufbau eines Qualitäts-Management-Systems...........................................................7
Wie fangen Sie an?................................................................................................................. 7
Qualität ist Führungsaufgabe! .............................................................................................................. 7
Alle Mitarbeiter/innen informieren und einbeziehen! ............................................................................ 7
Keine Befürchtungen und Vorbehalte erzeugen! ................................................................................. 8
Die "Norm" dem Betrieb anpassen – nicht umgekehrt! ........................................................................ 8
Qualitätsvorgaben ermitteln, verstehen und beschreiben.................................................................... 8
Was müssen Sie (weiter) tun?............................................................................................... 9
20 Arbeitsschritte.............................................................................................................................................. 9
Dokumentation...................................................................................................................... 10
Aufbau der Dokumentation................................................................................................................. 10
Die einzelnen Stufen bei der Erstellung der Dokumentation.............................................................. 11
Die erste Stufe: Erstellung des QM Handbuchs................................................................................. 11
Die zweite Stufe: Prozessbeschreibungen und Arbeitsanweisungen ................................................ 12
Die dritte Stufe: Die Wirksamkeitskontrolle ........................................................................................ 12
Warum ein "Qualitätsmanagement"?
Erstmal ganz einfach: Weil es von Ihnen verlangt wird! Denn:
Bis zur Einführung des Gesetzes zur Qualitätssicherung und zur Stärkung des Verbraucherschutzes in der Pflege (Pflege-Qualitätssicherungsgesetz – PQsG) zum 01.01.2002 hat die
Qualität pflegerischer Leistungen allein einer externen Überwachung und Überprüfung (durch
den MDK) unterlegen.
Jetzt sind (zusätzlich) Aufbau, Einführung und positive Beurteilung eines einrichtungsinternen
Qualitätsmanagements zwingend vorgeschrieben und zur Voraussetzung für den Abschluss
von Vergütungsverhandlungen nach dem 01.01.2004 geworden. Aufgabe der Pflegedienste ist
es also, selbst dafür zu sorgen, dass die Qualität der durchgeführten Pflege erhalten wird (und
stetig verbessert – dazu später mehr). Damit folgte der Gesetzgeber einerseits einem "Trend",
der in anderen Wirtschaftszweigen schon seit längerem gang und gäbe ist: Qualität als nachweisbares Versprechen der Anbieterseite; andererseits – das kann nicht verschwiegen werden
– sollen Anstrengungen und Kosten der Qualitätssicherung verstärkt von den öffentlichen Organen weggenommen und auf die Pflegedienste selber verlagert werden.
Im Einzelnen bedeutet das:
• Jedes Pflegeheim und jeder Pflegedienst wird verpflichtet, ein umfassendes, einrichtungsinternes Qualitätsmanagement (QM) einzuführen.
• Unabhängige Sachverständige werden in regelmäßigen Abständen die Qualität der Einrichtung nachprüfen.
• Durch verstärkte Beratung und Information können die Pflegebedürftigen und ihre Angehörigen ihre Rechte wirksamer wahrnehmen.
Ob man darüber erfreut ist oder nicht (als Pflegedienst), ist durch die Gültigkeit des PQsG unerheblich geworden (auch wenn Modalitäten der Überwachung zu diesem Zeitpunkt noch nicht
feststehen). Ob man – als Pflegedienst – über die notwendigen Mittel (Zeit und Geld und KnowHow) verfügt, ein QM einzurichten, ist ebenfalls unerheblich geworden: man muss es tun, bei
Strafe des geschäftlichen Niederganges. Sicher kein leichter Gedanke, besonders für eine
Branche, die im "Sozialen" tätig ist, in einem sozialen Beruf.
Aber: Ein QM aufzubauen, das kann und sollte auch eine betriebliche (Eigen-)Entscheidung
sein! Dann nämlich, wenn Sie der Auffassung sind, dass Pflege nicht nur eine soziale (oder
caritative) Tätigkeit ist, weil Mann/Frau mit der Pflege bedürftiger Menschen auch seinen Lebensunterhalt, oder einen Teil davon, verdient. Dann nämlich hängt sehr viel davon ab,
• wie gut dieses Geschäft geführt wird,
• wie gut die Dienstleistungen sind, die erbracht werden,
• wie sorgsam mit den Ressourcen umgegangen wird,
• wie gut, gesund, motiviert und qualifiziert die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter eines Pflegedienstes sind.
Und dafür braucht es einiges an betrieblicher "Fürsorge": an geregelten Vorgehensweisen (auf
allen Ebenen!), an Organisation. Jedes Ergebnis eines Tuns kann (zumindest auf Dauer) nur so
gut sein wie die Strukturen und die Prozesse (die "Bedingungen"), vor deren Hintergrund man
es erbringen muss, kann und will: "Ein Hauptzweck des 'Qualitätsmanagements' ist es, die Prozesse und Systeme so zu verbessern, dass eine kontinuierliche Qualitätsverbesserung erreicht werden kann." (Normen zum Qualitätsmanagement DIN EN ISO 9001/1, August 1994)
Die Einführung eines QM-Systems
• bietet Ihnen also die Möglichkeit, die Qualität der Leistungen in allen Bereichen der Einrichtung systematisch und kontinuierlich zu verbessern, um so den neuen Herausforderungen
zu begegnen;
• eröffnet Ihrer Pflegeeinrichtung darüber hinaus die Chance, eigene Arbeitsabläufe zu überdenken und Prozesse zu straffen, die Arbeit wird strukturierter, klarer organisiert und überschaubarer.
Gleichzeitig werden im alltäglichen Ablauf untergegangene Stärken wieder entdeckt oder erhalten einen neuen Stellenwert.
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Wie Sie dahin kommen können, so ein QM-System bei sich einzurichten, dafür gibt es später
einige Hinweise und Tipps; erst aber wollen wir noch ein paar Worte darüber verlieren, was das
eigentlich heißt: Qualität managen. Zuerst zur "Qualität".
Qualität ist
"wenn der Kunde wiederkommt, und nicht das Produkt." So lautet ein schon etwas in die Tage
gekommener Sinnspruch des Qualitätsmanagements (in der Arbeitshilfe "Definitionen" finden
Sie eine Zusammenstellung häufig benutzter "normierter" Definitionen!).
Was er sagen will ist: Der "Kunde" urteilt über das gekaufte Produkt, die Dienstleistung, und
beantwortet für sich die Frage, ob das seinen Erwartungen entsprochen hat – nach Beschaffenheit, nach Preis. Und bei zufrieden stellender Antwort wird er möglicherweise das Produkt
wieder kaufen, oder ein anderes derselben "Marke" – jedenfalls wird er nicht reklamieren und
nichts Schlechtes verbreiten. Das drückt etwas weitschweifig aus, was im Zusammenhang mit
QM als "Kundenorientierung" bezeichnet wird und das A vom O ausmacht.
Gut, nun ist die Sachlage bei der (ambulanten) Pflege etwas modifiziert: der "Kunde" ist z.B. in
seiner Entscheidungs- (und auch Beurteilungs-) Autonomie bisweilen etwas eingeschränkt.
Dennoch gilt der Spruch auch hier: Dritte urteilen mit (Angehörige, MDK, Verbraucherverbände), das Image eines Pflegedienstes bildet sich auch übers "Weitersagen" usw. Die Kundinnen
und Kunden – oder ihre "Anwälte" – bestimmen also zumindest mit darüber, wie Ruf und wirtschaftliche Zukunft einer Pflegeeinrichtung beschaffen sind.
Wie sie denn dann aber genauer aussieht und aussehen muss, die Qualität – darüber ist mit
dem Sinnspruch noch nichts ausgesagt. Also nächster Versuch:
"Qualität ist die Gesamtheit von Eigenschaften und Merkmalen eines Produktes oder einer Tätigkeit bezüglich ihrer Eignung, festgelegte oder vorausgesetzte Erfordernisse zu erfüllen." Diese Definition nach ISO 9000ff. muss man sicher zweimal lesen, und sie ist auch etwas erläuterungsbedürftig. Sie will sagen: Qualität besteht in nicht mehr und nicht weniger als darin, dass
eine Übereinstimmung existiert von Soll und Ist, wofür Kriterien existieren: die (festgelegten
oder vorausgesetzten) "Erfordernisse".
Jetzt mag manch einer versucht sein zu sagen, er sei so klug als wie zuvor; aber das stimmt
nicht, denn aus der Definition folgt:
• Qualität ist nichts, was per Zufall zustande kommt
• Qualität ist nicht automatisch etwas "Gutes" im landläufigen Sinne
• Qualität ist bezogen auf Voraussetzungen und Festlegungen
• Qualität bedarf also der Identifikation von Kriterien.
Und: Nachdem oben der Kunde zum König erklärt worden war, kommt nun auch der "Lieferant"
(wie es im QM-Deutsch heißt) wenigsten etwas zu seinem Recht; er ist nämlich bei der Qualität
durchaus mit im Boot! Er entscheidet mit über die Art und Weise, wie den (und auch: welchen)
"Voraussetzungen und Festlegungen" Rechnung getragen werden soll. Ein Beispiel aus dem
Lebensalltag: Zu den Voraussetzungen gehört es auch, den "Markt" zu erforschen, Kaufwünsche und – nicht zuletzt! – Kaufkraft zu ermitteln und dann zu bedienen: mit einem Ferrari oder
einem Smart ...
Man kann also zusammenfassen:
Um ein Qualitätsprodukt anbieten zu können, muss man
• ermitteln, welche Erfordernisse zu Grunde liegen: was gewünscht wird;
• festlegen, was man davon wie erfüllen will und kann;
• planen, wie man das Ganze realisieren kann: mit welchen sachlichen und personellen Mitteln ("Ressourcen");
• organisieren, dass Alles möglichst ohne Reibungsverluste für alle Beteiligten abläuft;
• überprüfen, ob Alles nach Wunsch (nach eigenem wie nach dem der Kundenseite) abläuft;
• verbessern, wo es nötig ist oder wo sich effektiveres Handeln anbietet.
Mit einem Wort: die Qualität managen.
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Auch eine Frage der Motivation
Damit das klappt mit dem Managen, dafür brauchen Sie die Mithilfe Ihrer Beschäftigten: engagiertes und motiviertes Personal. Das können Sie auf zweierlei Weise erreichen. Einmal dadurch, dass Sie bei und in ihrem QM auch die Arbeitsbedingungen, das "Abeitsumfeld", mit bedenken und steuern (dazu stehen ja ein paar Argumente in der "Einführung"); zum andern aber auch dadurch, dass Sie Ihre Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter in den Aufbau Ihres Qualitätsmanagementsystems (QMS) mit einbeziehen (in Form von Qualitätszirkeln, Teambesprechungen u.a.). Qualitätsmanagement soll – bei seiner Erstellung wie im weiteren Verlauf – allen
Beschäftigten einer Einrichtung die Möglichkeit bieten, sich Klarheit über Schwachstellen in den
Arbeitsabläufen zu verschaffen und zu entscheiden, welche Art von Lösungen für eine Verbesserung der Arbeit möglich und notwendig sind.
Deshalb zum Abschluss dieses Kapitels ein paar "Merksätze":
• Qualität wird traditionell mit Begriffen wie besondere Eigenschaft, Güte oder Beschaffenheit
gleichgesetzt; im Zusammenhang mit QM gilt etwas anderes: hier ist Qualität eine relative,
auf eine "Qualitätsforderung" bezogene Größe.
• Eine Bewertung von Qualität – in der Pflege: der Erfolg einer Maßnahme – muss daher in
Abhängigkeit von einer formulierten Zielvorgabe, einer Qualitätsforderung erfolgen.
Erreichte Qualität besteht dann in der Erfüllung oder Nicht-Erfüllung von zuvor festgesetzten
Kriterien.
• Qualitätsmanagement strukturiert, plant und organisiert alle Tätigkeiten, die zur Planung, Erfassung, Messung, Sicherstellung und Verbesserung der (Qualität der) geleisteten
Arbeit dienen. Deswegen bedarf es einer Festlegung von Qualitätspolitik, Qualitätszielen
und Verantwortlichkeiten sowie deren Verwirklichung durch Mittel wie Qualitätsplanung, sicherung, -prüfung, -dokumentation und -verbesserung.
• Qualitätsmanagement-System (QMS) ist der zusammenfassende Begriff für Konzeptionen, Strategien und Maßnahmen, mit denen Dienstleistungen, Prozesse und das Verhalten
der Beschäftigten auf die Sicherung von zuvor festgelegten Qualitätsstandards hin orientiert werden sollen.
Qualitätsmanagementsysteme bilden den Rahmen, in dem "Organisationen" (Einrichtungen
/ Unternehmen) ihre betrieblichen Abläufe und ihren organisatorischen Aufbau darstellen.
Qualitätsmanagementsysteme sind Grundlage für die Durchführung eines umfassenden
und kontinuierlichen Verbesserungsprogramms durch die Optimierung von Abläufen im gesamten Unternehmen.
Alles was man tun muss, um ein QM einzurichten, folgt aus diesen Merksätzen. Bevor wir aber
dazu übergehen und in weitere Details seines Aufbaues einzusteigen, sollen noch zwei Dinge
angesprochen werden:
Hat Pflege-Qualität nicht (noch) etwas Besonderes?
Nach welchem "System", nach welcher "Norm" soll beim Aufbau vorgegangen werden?
Pflegequalität
Die ambulante, vor-, teil- und nachstationäre Versorgung von Patientinnen und Patienten hat
nach festgelegten, oder anerkannten und bewährten diagnostischen, therapeutischen oder rehabilitativen "Standards" zu erfolgen sowie unter Einbeziehung psychischer und sozialer Erfordernisse. Ausgehend vom Versorgungsauftrag hat der Träger der Einrichtung regelmäßig diese
z.T. vordefinierte Qualität der Dienstleistung einzuhalten.
Eine Bestimmung von Qualitätszielen, soweit sie die für die Kundinnen und Kunden relevanten Ergebnisse betreffen, ist somit oft an externe, teilweise auch auf Gesetzen oder Verordnungen basierende Vorgaben gebunden. Das ist nicht unwichtig dafür, wenn man sich intern
die Gedanken darüber macht, mit welchen Dienstleistungen, mit welchen Angeboten man "auf
den Markt treten" will: Handelt es sich hierbei um ein allein zwischen "Lieferant" und "Kunden"
auszuhandelndes Vertragsangebot, oder sind noch "Dritte" mit im Bunde, die Art und Umfang
der Dienstleistung mit definieren (medizinische Standards, Kassen ...)?
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Daraus ergeben sich notwendige qualitätssichernde Maßnahmen. Sie sind zu initiieren und zu
bewerten; sie tragen dazu bei, die erforderliche Qualität auch tatsächlich zu erreichen und sie
sind auf den Regelkreis des Pflegeprozesses zu beziehen:
• Informationssammlung,
• Erkennen von Problemen und Ressourcen des Patienten / der Patientin,
• Festlegung der Pflegeziele,
• Planung der Pflegemaßnahmen,
• Durchführung der Pflegemaßnahmen.
So weit zu den qualitätssichernden Maßnahmen, wie sie auch in anderen Branchen üblich sind.
Aber bei Pflege kommt entscheidend noch eine weitere hinzu, die
• Beurteilung der Wirkung der Pflege auf den Patienten / die Patientin.
Dafür hat das QM einerseits auch einen Begriff parat, der "Kundenbetreuung", "Ermittlung von
Kundenzufriedenheit" (oder "After-Sale-Service") heißen kann, nur: Bei Wirksamkeit und Erfolg
von Pflegemaßnahmen spielen Patient/Patientin mit, und oftmals eine nicht unerhebliche Rolle!
Sie müssen sie also in ihre qualitätssichernden und -ermittelnden Maßnahmen mit einbeziehen!
Und daraus ergeben sich die
Qualitätsdimensionen der pflegerischen Leistungen
Im Zusammenhang mit QM (und auch Qualitätssicherung) spricht man von drei Ebenen der
Qualität: Struktur-, Prozess- und Ergebnisqualität (s. auch Arbeitshilfe "Qualitäts-Ebenen").
• Die Strukturqualität enthält die Voraussetzungen und Rahmenbedingungen, unter denen
die Leistungen erbracht werden können (z.B. finanzielle oder personelle Ressourcen der
Einrichtung).
• Die Prozessqualität thematisiert auf der Handlungsebene Art, Umfang und Vorgehensweisen der zu leistenden Arbeit (Durchführung der Leistungserbringung).
• Die Ergebnisqualität macht Aussagen über Erfolg von und Zufriedenheit mit durchgeführten Maßnahmen (Zielgruppenerreichung, Veränderung von Kenntnissen, Einstellung und
Verhaltensweisen, Veränderung von Gesundheitsindikatoren).
Die Qualität pflegerischer Arbeit
Strukturqualität
Prozessqualität
Ergebnisqualität
Beurteilungskriterien
Eingesetze Ressourcen
•
•
•
Personal
Material
Grundstrukturen
Pflegeprozess
•
•
Pflegerische Zielsetzung
Art und Zahl der Leistungen
Veränderung "Kunde"
•
•
Gesundheitsfortschritt oder
-rückschritt
Zufriedenheit
Ist-Soll-Vergleich
Ist-Zustand = Ziel (Wertung nach Matrix)
Qualitätsbeurteilung
Dabei gilt generell:
Die Ergebnisqualität ist immer in Relation zur Struktur- und Prozessqualität zu sehen.
Für alle drei "Qualitäten" sind "Standards" = Sollvorgaben zu entwickeln; sie bestimmen ein
professionell abgestimmtes Leistungsniveau der Pflege, dessen Kriterien messbare Elemente
sein müssen.
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Alles ISO oder was?
Es gibt verschiedene "Systeme", nach denen man ein QMS aufbauen kann; die bekanntesten
sind die QM-Norm DIN EN ISO 9001:2000 und das so genannte EFQM-Modell (European
Foundation of Quality Management), und alle verlangen sie – das "Horrorwort" – Dokumentation! Aber ohne das geht nichts, ohne "Dokumente" = schriftliche Festlegungen von Abläufen und
schriftliche Aufzeichnungen ist keine Qualitätssicherung zu betreiben; schließlich muss, was
"Standard" sein soll, auch schwarz auf weiß dastehen und nachprüfbar sein.
Wenn Vorbehalte gegen die Erfüllung "förmlicher Qualitätssysteme" geäußert werden (mit Argumenten wie "Routineabläufe hat man im Kopf", "vollzogene Tätigkeiten aufzuzeichnen ist
nicht notwendig"), dann macht das deutlich, dass nicht die Sicherstellung der behaupteten Qualität im Vordergrund steht, dass man nicht allgemeinen = in der Einrichtung gültigen Maßstäben,
sondern dem "Geschmack" folgen möchte. Und: eventuell fürchtet man Kontrolle. Daher ein
erster Hinweis an QM-Verantwortliche und Mitarbeiter/innen: Ein QMS hat nichts zu tun mit
Kontrolle im Überwachungssinne, wohl aber mit Selbst-Kontrolle!
Aber zurück zur Gretchenfrage: "Wie hältst du's mit wem?" Um es vorweg zu nehmen: Die folgenden "Ratschläge" gründen auf der ISO 9000. Zu dem "Warum" ein paar Bemerkungen, auch
deshalb, weil diese Frage manchmal beinahe die Dimension von Glaubenskriegen gewinnt.
So wird oft behauptet, bei der ISO stünde die Struktur- und Prozessqualität im Vordergrund, wo
es doch – und grade in der Pflege – wesentlich auf die Ergebnisqualität ankomme. Das wäre
jedoch in unsern Augen eine verkehrte Entgegensetzung – mal abgesehen davon, dass die
Ergebnisqualität vermutlich auch in der Bau- oder Metallbranche, wo "man" heutzutage ISOzertifiziert ist, nicht ganz unwichtig ist ...
Aber ohne Flachs: Es handelt sich halt um zwei unterschiedliche Dinge. Die ISO ist eine Norm
(wenn man will: ein Modell) für den Aufbau eines Managementsystems; EFQM ist eine Methode, ein Verfahren, die Qualität von diversen Dingen im Unternehmen (dazu zählen Struktur, Prozess und Ergebnis) zu beschreiben, zu bewerten und natürlich auch zu verbessern (vgl.
die Arbeitshilfe "EFQM").
Genau deshalb widersprechen sie sich überhaupt nicht, genau deshalb gibt es auch in der ISO
9004 Ausführungen über die Versöhnlichkeit von beiden. Denn was EFQM auf den ersten Blick
vielleicht von der ISO unterscheiden (und als Positivum erscheinen lassen) mag: eine Selbstbewertung des "Systems" durch die Mitarbeiter/innen, das verlangt auch ein vernünftig nach
ISO eingerichtetes QMS.
Somit gibt es erstmal keinen Grund, sich für das Eine oder gegen das Andre zu entscheiden.
Auch die Kostenfrage gibt keine Antwort. Sicher, eine angestrebte ISO-Zertifzierung kostet
Geld: für die Einrichtung des Systems Arbeitszeit und gegebenenfalls = i.d.R. Beraterhonorare,
danach Gebühren. Aber auch EFQM ist nicht umsonst: Zum einen kostet die Selbstbewertung
Arbeitsstunden; und wenn man dann nicht bloß im eignen Saft schmoren und sich selbst auf die
Schulter klopfen will, wenn man sich auch noch einer Fremdevaluierung stellt, so ist die auch
nicht umsonst, selbst wenn sie nicht gleich ein Roland Berger macht ...
So gesehen gibt es also keinen zwingenden Grund, sich fürs Eine oder gegen das Andre zu
entscheiden; nicht zuletzt auch deshalb, weil Ergebnisqualität und ihre Verbesserung, weil
Konsequenzen aus Selbstbewertung und selbst gesetzten Zielen entscheidend davon abhängen, dass "im Hause" entsprechende Strukturen vorhanden sind, die daraus auch einen Prozess in Gang setzen können (daher haben wir auch die Notwendigkeit betont, die Beschäftigten
in den Aufbau mit einzubeziehen!).
Letztlich sind es also keine inhaltlichen Gründe, sondern schlicht pragmatische, die uns mehr
zur ISO tendieren lassen:
Zum einen gibt die ISO eine ziemlich detaillierte Anweisung (oder besser: Anleitung) dafür, was
bedenken bzw. "beschreiben muss, und wie man dabei verfahren sollte (s. auch Arbeitshilfe
"Was verlangt die ISO?").
Zum andern eröffnet die ISO die Möglichkeit, sich die Option auf eine zukünftige Zertifizierungsnotwendigkeit offen zu halten (nach einer "international anerkannten Norm", wie es mal
aus dem Gesundheitsministerium hieß).
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Und den letzten (und guten) Grund liefert der Arbeits- und Gesundheitsschutz; er soll ja schließlich nicht bloß thematisiert werden, sondern auch – als "gute Praxis" – wohl organisiert, sprich:
gemanaget werden. Und dafür gibt es nun zwar keine (der ISO-Gültigkeit vergleichbare) Norm,
wohl aber diverse entsprechende "Empfehlungen", von denen eine – gerade für Pflegeunternehmen – nicht uninteressant ist: Das "neue Präventionsangebot der BGW" (Ihrer Berufsgenossenschaft), das ein "Qualitätsmanagement mit integriertem Arbeitsschutz" auch finanziell
honoriert (zu den Einzelheiten s. Arbeitshilfe "Präventionsangebot BGW").
Aber jetzt zu dem Vorgehen beim
Aufbau eines Qualitäts-Management-Systems
Wie fangen Sie an?
Auch wenn für den Aufbau eines wirksamen Systems die wechselseitige Beziehung von "TopDown" und "Bottom-Up" unerlässlich ist, so fangen wir "oben" an, denn:
Qualität ist Führungsaufgabe!
Da die Geschäftsführung die Entscheidung zur Einführung und den Aufbau eines QMS fällt,
muss sie von Anfang an das Vorgehen unterstützen und von den Vorteilen und dem Nutzen des
Systems überzeugt sein. Die Geschäftsführung hat eine Vorbildfunktion, die sich auch auf die
Motivation der Mitarbeiter/inen auswirkt.
Folgende Gesichtspunkte sollten dabei beachtet werden:
• Nutzen Sie konsequent internes/externes Know-how!
• Stellen Sie für die Aufgabe ein Fach übergreifendes Projekt-Team zusammen:
Geschäftsführung, Personen aus den betroffenen Fachabteilungen/Bereichen, Verwaltung;
und bestimmen Sie von Anfang an jemanden als "Kümmerer", jemanden, der/die das Team
organisiert, die Aufgaben strukturiert, die Zeitziele setzt und ihre Einhaltung anmahnt!
Das kann durchaus diejenige Person sein, die Sie auch zum/zur Qualitäts-ManagementBeauftragten (QMB) bestellen wollen (s. Arbeitshilfe "Bestellungen")
• Binden Sie Betriebsrat/Personalrat, Mitarbeitervertretung ein; wenn es kein entsprechendes "Organ" in Ihrem Unternehmen gibt: Lassen Sie jemanden von den Beschäftigten
dafür bestimmen! Denn Sie wollen
• Betroffene zu Beteiligten machen!
• Nutzen Sie konsequent bestehende Strukturen, gehen Sie von Ihren bestehenden Abläufen und Vorgehensweisen aus! Sie sollen ja nicht alles neu erfinden, sondern Ihr Tun beschreiben und optimieren.
• Wenn Sie eine externe Beratung in Anspruch nehmen wollen (oder es finanziell können),
so achten Sie darauf, dass sie zu Ihrer Einrichtung "passt": Sie muss im Hause und mit
den Mitarbeiter/innen arbeiten wollen und können.
Alle Mitarbeiter/innen informieren und einbeziehen!
Da es der Grundgedanke von QM ist, den Anspruch auf Qualität der Leistungen als Hauptaufgabe zu verstehen, erfordert dies eine Identifikation und Motivation aller Mitarbeiter/innen mit
den Zielen der Qualitätsvorgaben und -standards. QM bietet Allen in der Einrichtung die Möglichkeit, sich Klarheit über Schwachstellen in den Arbeitsabläufen zu verschaffen und zu entscheiden, welche Art von Lösungen für eine Verbesserung der Arbeit notwendig sind.
Informieren Sie daher Ihre Mitarbeiter/innen darüber,
• dass Sie ein QMS einrichten wollen,
• was Sie sich davon versprechen und
• was, welche Vorteile Ihre Mitarbeiter/innen davon haben werden.
Zerstreuen Sie dabei – glaubhaft! – mögliche Bedenken, dass jetzt a) Alles anders werden wird
(es soll ja "nur" besser werden!) und dass jetzt b) überall "Big Brother" lauert! Denn Sie wollen
schließlich
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Keine Befürchtungen und Vorbehalte erzeugen!
"Ab nun wird alles anders" – diese "Furcht" kann lähmen: Erstens, weil man sich vor der vielen
zusätzlichen Arbeit fürchtet, zweitens, weil die Zukunft "danach" ungewiss erscheint und drittens, weil man gar nicht so genau weiß, was auf einen zukommt!
Viele neigen bei der Ausarbeitung des "neuen" QMS leicht dazu, diejenigen Aufgaben zu allgemein und zu abstrakt zu beschreiben, die offensichtlich (vielleicht tatsächlich neu eingeführt
und) bewältigt werden müssen. Dabei entsteht auf Seiten der Mitarbeiter/innen oft der Eindruck,
dass es sich hier um zusätzliche Aufgaben, wenn nicht sogar um eine "umständliche und überflüssige "Organisation" handelt.
Damit dieses vermieden wird, muss es also im ersten Schritt darum gehen, allen Beteiligten in
der Einrichtung, in der für sie verständlichen Sprache und "in Portionen", die maßgeblichen Inhalte des entsprechenden Regelwerks nahezubringen. Es ist nicht damit getan, eine externe
Beratung zu beauftragen, diese Aufgabe zu übernehmen; es bleibt Aufgabe der Leitung, die
Mitarbeiter/innen frühzeitig, sachverständig und klar zu informieren.
Die "Norm" dem Betrieb anpassen – nicht umgekehrt!
Es gibt trotz der umfangreichen Normenreihe der ISO 9001:2000 kein Schema und damit keine
Rezepte. Die Norm stellt ein Modell dar, nach dem vorgegangen werden soll – daher muss sie
sinngemäß auf das eigene Unternehmen übertragen werden. Das heißt, Sie müssen zunächst
prüfen, was für Sie zutrifft und was nicht; was nicht auf sie zutrifft, ist nicht Ihr "Geschäft", das
müssen Sie nicht "erfinden" (was die Norm zwingend fordert an beschrieben, maßgeblichen
qualitätsrelevanten Vorgängen, können Sie der Arbeitshilfe "Was verlangt die ISO?" entnehmen).
In diesem Zusammenhang: Fürchten Sie sich auch nicht vor einem Auditor oder einer Auditorin,
wenn Sie sich zertifizieren lassen wollen; haben Sie keine Angst davor, dass sie möglicherweise von Ihnen eine lückenlose Beschreibung aller Elemente und Unter-Elemente der ISO verlangen würden. Auch Auditor/Auditorin hat zu allererst darauf zu schauen, wie und was Ihr Geschäft ist, und ob das "ISO-mäßig" dargelegt ist. Wenn sie das nicht tun, wenn sie Ihren Betrieb
der ISO anpassen wollen, dann: Verlangen Sie Ihr Geld zurück und eine/n andere/n! (Besser
natürlich, Sie prüfen den/die Auditor/in schon im Vorfeld auf Herz und Nieren!)
Qualitätsvorgaben ermitteln, verstehen und beschreiben
Sehr viele Aufgabenlösungen in der Praxis beginnen üblicherweise mit einer Ist-Analyse; dieser
Weg sollte hier ausnahmsweise nicht begangen werden. Besser ist es, mit dem Soll-Zustand
nach dem jeweiligen Modell (EFQM, ISO 9000:2000) zu beginnen. Der Soll-Zustand ist in diesen Modellen anhand von Fragen/Hinweisen so klar definiert, dass an ihnen der Ist-Zustand im
einzelnen genau überprüft werden kann, bzw. ob er in der Einrichtung bereits ausreichend beschrieben oder verwirklicht ist. Es hat sich oft erwiesen, dass der praktizierte Ist-Zustand in vielen Fällen nicht ausreicht; dann kann das gewählte Modell als ein "Leitfaden" für die Beschreibung benutzt werden.
Es hat sich aber (fast) ebenso oft erwiesen, dass der Ist-Zustand ausreicht, als (mehr oder weniger wortschön ausgefeilte) Beschreibung oder als einvernehmlich feststehende Praxis. Dann
erfinden Sie das Rad nicht neu! Und: Was funktioniert, muss nicht unbedingt beschrieben werden – zumindest nicht als vordringliche Aufgabe, und wenn es die ISO nicht ausdrücklich verlangt!
Als weiterer Grund spricht für einen Beginn mit der Aufbereitung der Soll-Forderung (der
"Norm") des gewählten Modells:
Sie wollen weder Ihr QMS nur auf dem Papier und im Schrank stehen haben noch ein "Zertifikat" allein für den Zweck erwerben, um es bei eventuellen Anfragen vorweisen zu können.
Vielmehr soll es ja Ihr Steuerungsmittel sein, schließlich geht es darum, dass alle Beschäftigten
in der Einrichtung die Forderungen aus dem gewählten Modell verstanden haben, sie in die
Praxis umsetzen, überprüfen und weiterentwickeln können.
Die dazu notwendigen und erforderlichen Kenntnisse und Fertigkeiten müssen zuvor erworben
werden. Dies bedingt einen gewissen Aufwand an Information und Schulung – auch in den oberen Hierarchieebenen! – und einen entsprechenden zeitlichen Vorlauf.
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Schulung tut daher not – um das QMS als System und als Handwerkszeug zu verstehen (Sie
können dazu auf die Arbeitshilfe "Was will die ISO?" zurückgreifen)!
Was müssen Sie (weiter) tun?
Ganz einfach: Sie müssen
• den Ablauf der Einführung eines QMS (Arbeitshilfe "Einführung QMS") in einzelne Arbeitsschritte untergliedern,
• einen Zeitplan erstellen, nach dem Sie diese Schritte nacheinander (im Projektteam) ausführen,
• ggf. weitere "Sachverständige" (Ihre Mitarbeiter/innen!) hinzuziehen
(Arbeitshilfe "Projektmatrix").
20 Arbeitsschritte
1. Definition der einrichtungsspezifischen Qualitätsziele
2. Planung des zeitlichen und organisatorischen Vorgehens
3. Alle Mitarbeiter informieren, gegebenenfalls Detailaufgaben vergeben
4. Schaffung der zeitlichen, organisatorischen und räumlichen Voraussetzungen für die
Einbeziehung aller Mitarbeiter in den Aufbau von QM
5. Erstellen eines Ablaufdiagramms
6. Vorhandene Prozesse in der Einrichtung analysieren.
7. Erfassung der vorhandenen Verfahrens-, Arbeit- und Prüfanweisungen
8. Erstellen eines Aufbaudiagramms: Zuständigkeiten, Verantwortlichkeiten, Informations- und Delegationspraxis
9. Konkretion der einrichtungsspezifischen Qualitätskriterien für die einzelnen Funktionsbereiche
10. Auswahl des geeigneten Modells, Abgleich seiner Forderungen
11. Vergleich der Ist-Abläufe mit den Soll-Forderungen
12. Aufbau interner Kunden-Lieferanten-Beziehungen
13. Schrittweise das eigene QM-System aufbauen und im QM-Handbuch dokumentieren:
- Erarbeitung und Erprobung von Prozessbeschreibungen und Arbeitsanweisungen
- (Selbst)Prüfplanung
- Prüfdurchführung
- Prüfdatenerfassung
14. Überprüfung der erarbeiteten Prozessbeschreibungen und Arbeitsplatzabläufe und
an den Soll-Forderungen
15. Auswertung, Bewertung und gegebenenfalls Änderung der Abläufe
16. Ständiges Anpassen an Qualitätsforderungen und damit ständige Verbesserung des
Systems.
Sie sehen:
Zunächst müssen (und können!) Sie eine Reihe von Schritten und Entscheidungen vornehmen, ohne sich irgendeinem Modell zu "unterwerfen" (bis Schritt 10); es betrifft Ihr Management, es geht darum, was Sie mit und in Ihrem Unternehmen wollen.
Dazu sollten Sie sich (auch) die Überlegung machen, wo Sie derzeit "stehen" und wo Sie "hinwollen". Gemeint ist:
• Wie und mit welchen Dienstleistungen soll Ihr Unternehmen "am Markt" bestehen?
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•
Wo liegen Ihre Stärken und Schwächen: organisatorisch und Ihre (materiellen wie personellen) Ressourcen betreffend?
Diese Überlegung sollten Sie möglichst unter Beteiligung weiterer, für den Fortgang Ihres Unternehmens wichtiger Mitarbeiter/innen machen: Ihre Führungskräfte, Ihre Personalvertretung
...; und Sie sollten dies in Form eines Brainstorming tun: ambitioniert, realistisch und kritisch
(s. Arbeitshilfe "Ziele").
Danach gehen Sie (Schritte 13-15) vor nach dem Kreislauf P-D-C-A ("Plan – Do – Check –
Act", Arbeitshilfe "Handlungskreislauf"), d.h., Sie
• entscheiden, was wie sein soll (Plan),
• führen das in der Praxis aus (Do),
• überprüfen und bewerten, wie es klappt (Check) und
• fahren (auf verbesserte Weise) fort (Act).
Dabei und damit werden dann so genannte "normenkonforme" Unterlagen und Dokumente geschaffen. Das Ergebnis ist ihre Dokumentation in der Form eines Qualitäts-ManagementHandbuches (QMH).
Dokumentation
Die Regelungen, die Sie für Ihr QM-System treffen, müssen Sie dokumentieren - es reicht nicht
aus, dass Sie ihr QM-System im Kopf haben. Die Dokumentation ist zwingend vorgeschrieben, sie ist aber auch sinnvoll,
• damit alle Mitarbeiter/innen auf derselben Grundlage arbeiten,
• um Änderungen des QMS in der Einrichtung schnell und reibungslos zu vermitteln,
• damit neue Mitarbeiter/innen schneller eingearbeitet werden können,
• um freie Mitarbeiter/innen leichter in Ihre Arbeit zu integrieren.
Zudem ist die Dokumentation für eine Zertifizierung bzw. für eine Überprüfung erforderlich: Die
ISO-Norm fordert die Dokumentation als Nachweis Ihrer Qualitätsorientierung ("Der Lieferant
muss festlegen und dokumentieren, wie er die Qualitätsforderungen erfüllen will.")
Die Dokumentation findet auf drei Ebenen statt: im Handbuch, in Prozessbeschreibungen
und in Arbeitsanweisungen (zum Folgenden vgl. auch die Arbeitshilfe "Was will die ISO?").
Das Handbuch bietet eine zusammengefasste Darstellung Ihres QMS, d.h. es beschreibt
Grundstruktur und -"philosophie" des Systems. Das Handbuch findet intern Verwendung, aber
kann auch nach außen gegeben, veröffentlicht oder eingefordert werden. Die Adressaten sind
somit hauptsächlich Ihre (potenziellen) Auftraggeber/innen, aber auch die Mitarbeiter/innen und
(Kooperations-)Partner/innen.
Die Prozessbeschreibungen enthalten detaillierte Regelungen zu Ihren (wichtigsten) Arbeitsprozessen (den Kern- und den unterstützenden Prozessen), die darin Schritt für Schritt im
einzelnen "dokumentiert" = beschrieben sind – ggf. auch in Form eines Ablaufdiagrammes.
Die Arbeitsanweisungen können Vorgaben ("Standards") für die Arbeitsausführung umfassen,
auch für allgemeine Regelungen im Unternehmen ("Dienstrecht"); sie können und werden von
Checklisten, Formblättern und Mustern zur Unterstützung der täglichen Arbeit begleitet sein.
Checklisten und Formblätter werden ausgefüllt, abgehakt und zum Teil – als Aufzeichnungen
– als Prüfmittel eingesetzt.
Prozessbeschreibungen und Arbeitsanweisungen beinhalten mithin das wesentliches Knowhow Ihrer Einrichtung und werden nur in Einzelfällen an Dritte weitergegeben (vgl. Arbeitshilfe
"Dokumentation").
Aufbau der Dokumentation
Auditor/innen finden bei der Zertifizierung häufig Systembeschreibungen (= Handbücher) vor,
die sich nach der Gliederung der Norm richten. Dies bedeutet, dass die Handbücher einen Vorspann enthalten, der eine Erklärung der Geschäftsleitung, eine Verbindlichkeitserklärung, Festlegungen zur Herausgabe und Pflege des Handbuchs, eine Organisationsbeschreibung und
anderes allgemein Gültiges bzw. Informatives enthalten. Dann folgen die 4 Prozessgruppen der
DIN EN ISO 9001:2001.
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Es gibt aber auch die (weniger häufig genutzte) Möglichkeit, eine völlig andere Gliederung zu
verwenden, bei der gewachsene und strukturelle Gegebenheiten stärker berücksichtigt werden
können. So kann, im Anschluss an den o.g. Vorspann, der Hauptteil den Ablauf der Wertschöpfungskette von Angebot, Leistung und Ausstattung über Pflegeprozess bis hin zu den Verfahren
zur Durchführung von Qualitätsprüfungen beschreiben.
Umweltschutz, Hygiene, Arbeitssicherheit u.v.m. können, neben einigen grundsätzlichen Ausführungen in einem Grundkapitel (z.B. Qualitätsplolitik, Unternehmsziele ...) in alle anderen Bereiche, insbesondere in die zugehörigen Prozess- und Arbeitsanweisungen, quasi "vor Ort" eingebracht werden, was sowohl eine thematische Ausweitung als auch inhaltlich eine Vertiefung
der Thematik erlaubt. Es macht überdies Sinn, da Qualität und (Arbeits-)Sicherheit unabdingbar
zusammen gehören: Unter unsicheren oder ungesunden Arbeitsbedingungen kann gleichbleibende Qualität nicht erbracht werden (darauf werden wir weiter eingehen in dem Kapitel Arbeitsschutzmanagement).
Diese kurzen Hinweise über den Aufbau der Dokumentation, verbunden mit den
Ansprüchen des Qualitätsgedankens, können verdeutlichen dass alle Bereiche des
Unternehmes am Aufbau beteiligt werden müssen, wenn man ein QMS umsetzen
will. Da »betroffen sein« das eine ist, sich »betroffen fühlen« aber bedeutend mehr,
kommt es darauf an, dass der gesamte Prozess, ein QMS aufzubauen nicht nur argumentativ, sondern auch emotional angenommen wird. Dies bedeutet, neben dem
quantitativen Aufwand zur Erarbeitung eines QMS, das eigentliche Problem. Denn
»Betroffenheit« bedeutet, dass eine intensive Beteiligung der Mitarbeiter/innen bei
der Ausarbeitung sowohl der Gliederung als auch des Inhaltes des Systems erforderlich ist, um auch emotional überzeugt zu werden.
Die Erarbeitung eines QMS erfordert dessen eindeutige Beschreibung; das ist der Hauptgund
dafür, weshalb QM-Handbücher unabdingbar sind, obgleich das "Wesentliche" in den Prozessbeschreibungen und Arbeitsanweisungen stehen wird.
Da das Gesamtsystem sich in grundsätzliche und Schnittstellen beschreibende Übersichtskapitel (= QM-Handbuch) und in Prozessbeschreibungen gliedert, die bestimmte Bereiche betreffen,
werden außer dem Handbuch die Prozessbeschreibungen, und wieder eine organisatorische
Ebene tiefer, die Arbeitsanweisungen zusätzlich zusammengestellt. Auf diese wird in den
Grundkapiteln des Handbuches als auf so genannte "Mitgeltende Unterlagen" verwiesen.
Die einzelnen Stufen bei der Erstellung der Dokumentation
Die erste Stufe: Erstellung des QM Handbuchs
Die erste Stufe betrifft die Frage "Was soll, unter welcher allgemeinen Zielsetzung getan
werden?". Dafür steht das QMH, in dem
• die Unternehmenspolitik, als "Background" des QMS definiert ist.
Es legt weiter
• die Aufbau- und Ablauforganisation fest. Diese Beschreibung ist verbindlich für das gesamte
Unternehmen und sagt aus, was (von wem) angeordnet, was getan wird und wer dafür zuständig ist.
Damit definiert das QMH
• die Organisationsstruktur, die Kompetenzen und die Verantwortlichkeiten.
Das Projektteam muss diese Strukturen und Ziele einvernehmlich formulieren, denn sie sind
gewissermaßen die Leitlinie für alles Weitere, und vor allem für die Umsetzung gemeinsam mit
den Beschäftigten.
Es hat sich als sinnvoll erwiesen, 4 bis 6 Monate für die Bearbeitung des Handbuchs anzusetzen, da es alle betrifft, die Verbindung zu allen Einzelvorgängen herstellt und damit auch alle
Schnittstellen erfaßt. Zunächst allerdings sollte jedes Einzelthema eher grob skizziert werden,
damit noch nicht zu viele (Formulierungs-)Details die Diskussionen verzögern.
Da in dieser Phase aber die Norm ausgelegt und umgesetzt werden muss, ist diese gleichzeitig
auch Schulung des gesamten Teams: Das Team läuft sich gewissermaßen warm, um später in
der Lage zu sein, die (detaillierten) Prozesse zu beschreiben, Arbeitsanweisungen zu entwickeln und Formblätter zu erstellen.
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In diesem Arbeitsabschnitt kann es sinnvoll sein, externe Beratung / Moderation mindestens für
umfänglichere Diskussions- und Lenkungsgespräche hinzuzuziehen. Bei richtiger Wahl liefert
dies Informationen zu strittigen Auslegungen der Normtexte und verhindert es, sich zu verzetteln.
Die zweite Stufe: Prozessbeschreibungen und Arbeitsanweisungen
Diese Stufe beantwortet die Frage "Was soll wie getan werden?". Hierunter fallen detaillierte
Ausführungen zum – konkreten – Vorgehen, bezogen auf die einzelnen QMH-Kapitel. Geregelt
werden nicht nur Vorgehen und Zusammenwirken aller beteiligten Stellen / Personen der am
Gesamtablauf orientierten QM-Maßnahmen, sondern auch die Art und Weise der Einbringung
des firmeneigenen Know-Hows. Die Prozessbeschreibungen und Arbeitsanweisungen sind das
Mittel für sichere ablauforganisatorische Regelungen und dienen der Ergänzung des QMH.
Der Umfang eines Handbuchs der ersten Phase beträgt meist zwischen 30 und 50 Seiten.
Da eine Qualitätsbeschreibung häufig mehrere Prozessbeschreibungen und Arbeitsanweisungen auslöst, sind Zeit- und Papier-Umfang dieser Arbeit dementsprechend größer. Wichtig ist
es, dabei darauf zu achten, dass man nicht zu kleine, aber "sinnvolle" Einheiten von Prozessbeschreibungen bilde – auch, um Zusammenhänge ersichtlich zu machen: Die Beschreibung
des Prozesses "Beschaffung" kann z.B. mit der Beschreibung "Organisation der Beschaffung",
mit Eingangskontrolle", "Lieferantenbewertung" und "Lieferantenaudits" verbundenaber werden.
Für Prozessbeschreibungen und Arbeitsanweisungen ist ein Volumen von ca. 50 bis 100 Seiten
nicht ungewöhnlich. Um diese in wenigen Monaten zu erstellen, muss man die Arbeit dezentral
auf möglichst viele Schultern verteilen (Arbeitshilfe "Projektmatrix"!). Wenn z.B. die Beschreibungen im Handbuch, ohne Ergänzungen durch weitere Themen, bereits 20 bis 30 Prozessbeschreibungen und Arbeitsanweisungen bewirken, so sollten etwa 2 bis 3 Führungskräfte beteiligt werden. Dies bedeutet, dass durchschnittlich jeder vier Beschreibungen aus seinem Fachbereich erarbeiten und zur Diskussion stellen muss.
Bei monatlich einer Prozessbeschreibung / Arbeitsanweisung pro Kopf und eingedenk der unvermeidlichen Störfaktoren in betrieblichen Abläufen ist für diese Phase ein halbes Jahr realistisch. Auch hier kann ein externe Beratung helfen!
Die dritte Stufe: Die Wirksamkeitskontrolle
Bereits nach der ersten Stufe sollte man das Handbuch in Kraft setzen und damit in der Praxis
testen. Wegen der eher allgemeinen Beschreibungen darin führt dies i.d.R. kaum zu Schwierigkeiten.
Die beschlossenen Prozessbeschreibungen und Arbeitsanweisungen kann man ebenfalls
schrittweise in Kraft setzen, so dass das neue Organisationssystem nach einem Jahr seine
erste Bewährungsprüfung bestehen muss. In den folgenden Monaten sollte man eine erhöhte
Zahl interner Audits machen, um alle Elemente an der Praxis zu messen. Die Einflußfaktoren
der Realität werden erkennbar, und zahlreiche Änderungen werden noch erforderlich, bis das
System rund läuft.
Das Audit selbst ist eine Realitätsprüfung. Mit der Unterlagenprüfung ist in der Regel das
theoretische System als Norm konform bestätigt; kleine Abweichungen lassen sich auf Basis
des Prüfberichtes noch beheben. Das Audit zeigt nun, ob eine Einrichtung das tut, was es aufgeschrieben und damit versprochen hat.
Dabei gilt: Keine Furcht vor Pannen! Aus Abweichungen in der Praxis kann und muss man
lernen wollen; die beste Beratung wird sie nicht verhindern können.
Weiter gilt: Nur Übung in guter, stets verbesserbarer Praxis, und gute Schulung der Mitarbeiter/innen bringen das System weiter!
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