Übersicht 19 - Stellvertretung

Transcription

Übersicht 19 - Stellvertretung
Konversatorium zum Grundkurs im Bürgerlichen Recht I
Stellvertretung
Literatur zur Stellvertretung: Brox, BGB AT Rn. 508 ff.
I.
Allgemeines
Im Rechtsverkehr besteht häufig das Bedürfnis, nicht selbst zu handeln,
sondern Hilfspersonen einzusetzen. Hierzu stellen die §§ 164 ff. BGB
ein Mittel für rechtsgeschäftliches Handeln für einen anderen zur
Verfügung. Bei der Stellvertretung treffen die rechtsgeschäftlichen
Wirkungen des Vertreterhandelns unmittelbar den Vertretenen.
II.
Grundprinzipien
Das deutsche Stellvertretungsrecht unterliegt folgenden fünf
Grundprinzipien:
1. Repräsentationsprinzip
Das Repräsentationsprinzip (§§ 164, 166 I BGB) besagt, dass der
Tatbestand des Rechtsgeschäfts allein vom Vertreter gesetzt wird, und
dass nur die Rechtswirkungen der Stellvertretung den Vertretenen
treffen.
Folge: Für Geschäftsfähigkeit, Form, Relevanz von Willensmängeln und
die Kenntnis oder das Kennenmüssen bestimmter Umstände kommt es
allein auf den Vertreter an. Auch bei der Auslegung der vom Vertreter
empfangenen Willenserklärung ist dessen Empfängerhorizont
maßgeblich.
2
Gesetzliche Durchbrechungen dieses Prinzips finden sich in § 165
BGB (Beschränkte Geschäftsfähigkeit des Vertreters ist unerheblich) und
in § 166 II BGB (Kein guter Glaube bei weisungsgebundenem Vertreter):
Der vorgeschobene gutgläubige Vertreter nützt nichts, der minderjährige
Vertreter schadet nichts.
2. Trennungsprinzip
Das aus dem Repräsentationsprinzip folgende Trennungsprinzip besagt,
dass die Vollmachtserteilung ein gegenüber dem Vertretergeschäft
selbständiges Rechtsgeschäft ist. Dem entspricht die Regelung des §
167 II BGB, wonach die Erteilung der Vollmacht nicht der Form des
Rechtsgeschäfts bedarf.. (beachte aber die Ausnahme bei der Erteilung
einer unwiderruflichen Vollmacht zum Kauf eines Grundstückes).
3. Offenkundigkeitsprinzip
Das Offenkundigkeitsprinzip besagt, dass der Erklärungsgegner wissen
soll, wer sein Geschäftspartner ist. Es dient daher dem Schutz des
Geschäftspartners; unter diesem Aspekt lässt die hM Abschwächungen
(offenes Geschäft für den, den es angeht) und Durchbrechungen
(verdecktes Geschäft für den, den es angeht; Handeln unter fremdem
Namen) zu.
4. Abstraktionsprinzip
Unter dem Abstraktionsprinzip ist (im Vertretungsrecht) die Trennung
zwischen Umfang und Inhalt der Vollmacht und dem
zugrundeliegenden Innenverhältnis zu verstehen. Folge des
3
Abstraktionsprinzips ist, dass die Vollmacht sowohl in ihrer Wirksamkeit
vom Innenverhältnis unabhängig ist, als auch dass inhaltliche
Beschränkungen aus dem Innenverhältnis außer Betracht bleiben.
Das Abstraktionsprinzip ergibt sich einerseits aus § 167 I BGB, wonach
die Erteilung der Vollmacht durch bloße Willenserklärung erfolgt (d.h. §
167 BGB kennt gar kein Grundverhältnis!). Zum anderen zeigt § 168
BGB (Vollmacht erlischt mit zugrundeliegendem Rechtsverhältnis), dass
ein Konnex zwischen Grundverhältnis und Vollmacht explizit gesetzlich
angeordnet sein muss.
5. Vertrauensprinzip
Das Vertrauensprinzip betrifft die Frage, inwieweit der Geschäftspartner
im Vertrauen auf den Bestand einer Vertretungsmacht geschützt wird,
die in Wirklichkeit nicht oder nicht in diesem Umfang besteht. Es
unterscheidet sich vom Abstraktionsprinzip dadurch, dass es den
Rechtsverkehr auch bei nicht bestehender Vertretungsmacht schützt.
Das Vertrauensprinzip ist gesetzlich anerkannt in den §§ 170 bis 173,
370 BGB, 15 und 56 HGB. In Anlehnung an diese gesetzlich geregelten
Fälle hat die Rechtsprechung das Institut der Rechtsscheinsvollmacht
(Duldungs- und Anscheinsvollmacht) entwickelt. Ausdruck des
Vertrauensprinzips ist auch § 179 BGB.
III.
Voraussetzungen der Stellvertretung
Die wesentlichen Voraussetzungen der Stellvertretung werden in § 164 I
1 BGB genannt:
(1)Anwendbarkeit/Zulässigkeit der Stellvertretung
4
(2)Eigene Willenserklärung des Vertreters
(3)Im Namen des Vertretenen
(4)Mit Vertretungsmacht
1. Anwendbarkeit/Zulässigkeit
Die §§ 164 ff BGB gelten direkt nur für die Abgabe (§ 164 I BGB) und
den Empfang (§ 164 III BGB) von Willenserklärungen, analog bei
geschäftsähnlichen Handlungen (Mahnung, Fristsetzung etc), nicht für
Realakte, unerlaubte Handlungen und Pflichtverletzungen.
Die Stellvertretung ist grundsätzlich immer zulässig, nicht aber bei
höchstpersönlichen Rechtsgeschäften des Familien- oder Erbrechts (z.B.
§ 1311 BGB oder 2064 BGB) oder bei gewillkürter Höchstpersönlichkeit.
2. Willenserklärung des Vertreters
An dieser Stelle ist zwischen Stellvertretung und Boten abzugrenzen.
Während der Stellvertreter eine eigene Willenserklärung abgibt,
übermittelt der Bote lediglich eine fremde Willenserklärung. Wichtigstes
Kriterium dafür ist, ob dem Handelnden bei der Erklärung noch ein
Entscheidungsspielraum verbleibt oder nicht. Abzustellen ist allerdings
darauf,
wie
der
Handelnde
für
den
Dritten
erkennbar
auftritt
(Empfangsbedürftige Willenserklärungen sind aus der Sicht des
objektiven Empfängerhorizonts auszulegen, §§ 133, 157 BGB - auch
hinsichtlich der Frage, ob überhaupt eine WE vorliegt).
3. Im Namen des Vertretenen
5
a) Offenkundigkeitsprinzip
Der Vertreter muss gem. § 164 I 1 BGB im Namen des Vertretenen
handeln (Offenkundigkeitsprinzip). Das Gebot der Offenkundigkeit dient
dem Schutz des Dritten, der im Regelfall ein Interesse daran hat, seinen
Geschäftspartner zu kennen.
b) Voraussetzungen
Für den Empfänger der Erklärung muß erkennbar sein, daß der
Erklärende nicht im eigenen Namen, sondern im Namen eines anderen
handelt. Das ist durch Auslegung der WE nach §§ 133, 157 BGB zu
ermitteln; es kann also sowohl eine ausdrückliche als auch eine
konkludente Erklärung durch schlüssiges Verhalten (siehe Wortlaut §
164 I 2 BGB: aus den Umständen) vorliegen. Ist der Wille, in fremdem
Namen zu handeln nicht erkennbar, muß der Erklärende sich an die
Erklärung als eigene binden lassen. Er kann gemäß § 164 II BGB auch
nicht anfechten.
Ein Sonderfall ist das sog. unternehmensbezogene Geschäft: tritt
jemand als Verkäufer o.ä. in einem Geschäft auf, so ergibt sich hier
grundsätzlich aus den Umständen, daß er nicht sich selbst verpflichten
will, sondern den Inhaber des Geschäfts. Will er ausnahmsweise sich
selbst verpflichten, muß er dies klarstellen; ansonsten liegt trotz
abweichenden inneren Willens eine Erklärung in fremdem Namen vor.
6
Ein weiterer Sonderfall ist das sog. offene Geschäft für den, den es
angeht: Dabei erklärt der Vertreter ausdrücklich, im Namen eines Dritten
zu
handeln,
nennt
aber
dessen
Namen
nicht.
Folge:
Das
Offenkundigkeitsprinzip ist gewahrt, da für den Empfänger erkennbar ist,
daß der Erklärende als Vertreter auftritt.
c)Ausnahme: verdecktes Geschäft für den, den es angeht
Eine Ausnahme vom Offenkundigkeitsprinzip stellt das sog. verdeckte
Geschäft für den, den es angeht, dar. In diesen Fällen soll eine
Stellvertretung auch ohne erkennbares Auftreten in fremdem Namen
möglich sein (Vgl. Brox, BGB AT Rn. 526 f.). Voraussetzung ist, dass es
sich um ein Bargeschäft des täglichen Lebens handelt, bei dem es dem
Vertragspartner auf die Person des Vertragspartners nicht ankommt. Die
Voraussetzungen der Stellvertretung im übrigen müssen aber gegeben
sein, d.h.: der Vertreter muß im Namen des Vertretenen handeln wollen
und Vertretungsmacht besitzen.
Problematisch ist, ob ein verdecktes Geschäft für den, den es angeht,
auch für den sachenrechtlichen Eigentumsübergang möglich ist. Siehe
dazu ausführlicher Medicus, BGB AT Rn. 921.
4. Vertretungsmacht
Der
Vertreter
muß
schließlich
innerhalb
der
ihm
zustehenden
Vertretungsmacht handeln. Die Vertretungsmacht kann auf Gesetz oder
auf Rechtsgeschäft beruhen; die rechtsgeschäftliche Vertretungsmacht
wird dabei als Vollmacht bezeichnet (vgl. § 166 II 1 BGB).
7
a) Gesetzliche Vertretungsmacht
Wichtigste Vorschriften zur gesetzlichen Vertretungsmacht sind §§ 1629
I, 1626 I BGB, welche die Vertretungsmacht von Eltern für ihre Kinder
begründen.
b) Vollmacht
aa) Allgemeines
Die Vollmacht ist eine einseitige, empfangsbedürftige WE, die den
Vertreter zum Handeln im Namen des Vertretenen ermächtigt. Sie ist zu
trennen vom zugrundeliegenden schuldrechtlichen Geschäft, das die
Pflicht des Vertreters zum Tätigwerden begründet (vgl. dazu § 168 BGB:
die Vollmacht ist in ihrem Bestand grundsätzlich unabhängig von dem
zugrundeliegenden Geschäft).
Die Bevollmächtigung kann dem Vertreter gegenüber (Innenvollmacht, §
167 I 1. Alt. BGB) oder dem Dritten gegenüber (Außenvollmacht, § 167 I
2. Alt. BGB) erklärt werden. Sie ist bis zur Ausübung frei widerrufbar, §
168 S.2, 3 BGB. Auch hier besteht ein Wahlrecht des Vertretenen, wem
gegenüber er die Erklärung widerruft.
Allerdings sind die Sonderregeln bei Außenvollmacht (§ 170 BGB),
kundgemachter Innenvollmacht (§ 171 II BGB) und bei Erteilung einer
Vollmachtsurkunde (§ 172 II BGB) zu beachten: die Vollmacht bleibt
bestehen, bis der Kundgabevorgang rückgängig gemacht wird, es sei
denn, der Erklärungsempfänger weiß ohnehin vom Erlöschen der
Vollmacht (§ 173 BGB).
8
bb) Sonderfälle der Vollmacht: Duldungs- und Anscheinsvollmacht
(Siehe hierzu die Übersicht zur Vollmachtsproblematik)
In den zuvor genannten, gesetzlich geregelten Fällen geht es um den
Schutz des guten Glaubens des Dritten an den Fortbestand einer einmal
wirksam erteilten, inzwischen aber erloschenen Vollmacht. Der Dritte soll
auf den Rechtsschein, dass die in Wirklichkeit nicht mehr bestehende
Vollmacht noch weiter besteht vertrauen dürfen. Ähnlich schutzwürdig ist
der Dritte, wenn der Vertretene seinerseits, obwohl er den Vertreter nicht
bevollmächtigt hat, dazu beigetragen hat, dass sich für den Dritten der
Schein einer Vollmacht des Vertreters ergibt. Aus diesem Grunde hat die
Rechtssprechung die Duldungs- und Anscheinsvollmacht entwickelt.
Zum Bestehen einer solchen Rechtsscheinsvollmacht müssen folgende
Voraussetzungen erfüllt sein.
(1) Der Dritte muss nach Treu und Glauben mit Rücksicht auf die
Verkehrssitte aus dem äußeren Geschehen auf eine Bevollmächtigung
schließen können.
(2) Der Vertretene muss den Rechtsschein einer Bevollmächtigung in
zurechenbarer Weise gesetzt haben. Hier ist zwischen Duldungs- und
Anscheinsvollmacht zu unterscheiden.
Als Duldungsvollmacht bezeichnet wird der Fall, daß der Vertretene
das Auftreten eines anderen als Vertreter zwar kennt und nicht will, aber
trotzdem nicht dagegen einschreitet und somit duldet.
9
Während ein Teil der Rechtslehre diesen Fall als konkludente
rechtsgeschäftliche
Bevollmächtigung
einordnet,
nimmt
die
überwiegende Ansicht hier eine sogenannte Rechtsscheinsvollmacht an,
d.h.
die
Zurechnung
beruht
hier
auf
dem
allgemeinen
Vertrauensschutzgedanken, daß derjenige, der einen bestimmten
Rechtsschein in zurechenbarer Weise erzeugt, sich von Dritten, die auf
diesen Schein berechtigt vertrauen, dem Rechtsschein entsprechend
behandeln
lassen
muß.
Derjenige,
der
das
Auftreten
des
"Schein"vertreters also kennt, aber nicht verhindert, obwohl er es könnte,
wird so behandelt, als hätte er tatsächlich Vollmacht erteilt.
Bei der Anscheinsvollmacht kennt der Vertretene dagegen das
Auftreten des Vertreters nicht, hätte es aber bei pflichtgemäßer Sorgfalt
kennen und verhindern können. Auch für diesen Fall nimmt die
Rechtsprechung und überwiegende Meinung eine Vollmacht kraft
Rechtsscheins an. Andere dagegen lehnen eine solch weitreichende
Rechtsscheinshaftung im Zivilrecht ab: Verschulden kann nach ihrer
Ansicht zwar eine Schadensersatzhaftung auslösen, nicht aber eine
Willenserklärung ersetzen (vgl. Medicus, BGB AT Rn. 969 ff.).
(3) Der Dritte muss auf den geschaffenen Rechtsschein vertraut haben.
Hierfür ist erforderlich, dass er von den rechtsscheinbegründenen
Tatsachen Kenntnis erlangt hat. Das Vertrauen muss für den
Geschäftsabschluss ursächlich gewesen sein.
IV.
Wirkungen der Stellvertretung
Bei wirksamer Stellvertretung wird der Vertretene durch die Erklärung
des Vertreters berechtigt und verpflichtet. Für den Vertreter hat die
10
Erklärung keine Rechtswirkungen. Damit ist bei Willensmängeln nicht
der Vertreter anfechtungsberechtigt, sondern der Vertretene als
derjenige, dem die WE zugerechnet wird. Der Vertreter kann allenfalls
zur Anfechtung bevollmächtigt werden.
Die Erklärung des Vertreters hat trotz bestehender Vertretungsmacht
ausnahmsweise dann keine Wirkung, wenn es sich um eine einseitige
Erklärung handelt und der Empfänger die Erklärung wegen fehlender
Vorlage einer Vollmachtsurkunde unverzüglich zurückweist, § 174 S. 1
BGB.
V.
Rechtsfolgen bei fehlender Vertretungsmacht
1. Bei Verträgen
Schließt der Vertreter einen Vertrag ohne Vertretungsmacht ab, ist der
Vertrag zunächst schwebend unwirksam, d.h. er kann vom Vertretenen
nachträglich genehmigt werden (§ 177 I BGB). Ist der Vertrag mangels
Genehmigung unwirksam, so bindet er den Vertretenen nicht.
Der Vertreter haftet allerdings gemäß § 179 I BGB dem Vertragspartner
nach dessen Wahl auf Erfüllung oder wahlweise Schadensersatz wegen
Nichterfüllung (d.h. der Vertragspartner ist so zu stellen, wie wenn
ordnungsgemäß erfüllt worden wäre). Hat der Vertreter den Mangel der
Vertretungsmacht nicht gekannt, so haftet er jedoch nur gemäß § 179 II
BGB auf das negative Interesse. Keine Haftung tritt ein, wenn der
Vertreter minderjährig ist und ohne Zustimmung des gesetzlichen
Vertreters gehandelt hat, § 179 III 2 BGB.
11
2. Bei einseitigen Geschäften
Ein einseitiges Geschäft ohne Vertretungsmacht ist unzulässig, § 180
S.1 BGB. Beanstandet der Erklärungsempfänger jedoch die Erklärung
nicht aus diesem Grunde, gelten die gleichen Rechtsfolgen wie bei
Verträgen (d.h.: schwebend unwirksam mit Genehmigungsmöglichkeit,
Haftung des Vertreters bei fehlender Genehmigung).
VI.
Einschränkungen der Vertretungsmacht
Die Vertretungsmacht wird zum einen bereits durch den Umfang und
Inhalt der Bevollmächtigung beschränkt. Die Vollmacht kann also auf
bestimmte Geschäfte oder sogar ein einzelnes konkretes Geschäft
beschränkt
sein
(sog.
Vertreter
mit
gebundener
Marschroute;
problematisch ist dann die Abgrenzung zum Boten).
Zum anderen bestehen gesetzliche Einschränkungen:
Nach § 181 BGB ist ein Insichgeschäft des Vertreters unzulässig, es sei
denn,
es
handelt
sich
ausschließlich
um
die
Erfüllung
einer
Verbindlichkeit. Ein Insichgeschäft soll aber in Analogie zu § 107 BGB
auch dann zulässig sein, wenn es für den Vertretenen lediglich rechtlich
vorteilhaft ist. Ein unzulässiges Insichgeschäft wird nach den §§ 177 ff.
BGB behandelt.
Schließlich gibt es Fälle, in denen der gesetzliche Vertreter einer
zusätzlichen Genehmigung bedarf, vgl. § 1643 BGB iVm §§ 1820 ff.
BGB.
12
VII.
Sonderfälle
1. Blankett
Kein echter Fall der Stellvertretung ist die Ausfüllung einer bereits
unterschriebenen Blanketturkunde, da keine WE des Ausfüllenden
vorliegt. Es handelt sich um einen gesetzlich nicht geregelten Fall der
"Ausfüllungsbefugnis". Bei abredewidriger Ausfüllung sollen jedoch die
§§ 177 ff. BGB analog gelten (vgl. dazu Medicus, BGB AT Rn. 910 ff.).
2. Handeln unter fremdem Namen
Handeln unter fremdem Namen liegt vor, wenn der Handelnde vorgibt,
ein anderer zu sein, indem er einen falschen Namen angibt (zB
Unterzeichnung einer Urkunde mit einem fremdem Namen).
Nach früher hM war eine Willenserklärung unter fremdem Namen
unwirksam infolge Perplexität („Die Rechtsfolgen sollen mich = den
Unterzeichner der Urkunde = den Träger des Namens treffen“). Nach
jetzt hM ist beim Handeln unter fremdem Namen danach zu
differenzieren, ob der Handelnde lediglich unerkannt bleiben will, aber
selbst verpflichtet werden will (z.B. Einchecken im Hotel unter falschem
Namen), oder ob er über seine Identität täuschen will. Dies ist durch
Auslegung zu ermitteln. Steht nach 133, 157 BGB bei der Auslegung die
Person des Handelnden im Vordergrund („Namen sind Schall und
Rauch“), so handelt es sich immer um ein Eigengeschäft des
13
Handelnden, nicht um einen Vertretungsfall im Sinne der 164 ff (sog.
„Handeln unter falscher Namensangabe“, etwa wenn ein Mann im
Stundenhotel mit „Prinz Eisenherz“ unterschreibt).
Steht hingegen die Person des Namensträgers im Vordergrund (zB bei
Kreditgeschäften wegen der Bonität), so wird bei Vertretungsmacht des
Handelnden der wahre Namensträger zum Vertragspartner. Ohne
Vertretungsmacht gelten 177 ff analog. (vgl. Medicus, BGB AT Rn. 907
ff.)
3. Willensmängel im Rahmen der Stellvertretung
Die
dem
Vertretenen
zugerechnete
Vertretererklärung
ist
nach
allgemeinen Grundsätzen anfechtbar. Anfechtungsberechtigt ist der
Vertretene. Für die Beurteilung, ob ein zur Anfechtung berechtigender
Willensmangel vorliegt, kommt es aber darauf an, bei wem die
Willensbildung stattgefunden hat. Das ist gemäß § 166 I BGB
grundsätzlich
der
Vertreter
(Repräsentationsprinzip).
Ist
die
Willensbildung jedoch wie im Fall von Weisungen ausnahmsweise auf
den Vertretenen verlagert, ist auf seine Bewußtseinslage abzustellen, §
166 II 1 BGB.
4. Anfechtung der ausgeübten Vollmacht
Als WE ist auch die Vollmachtserteilung anfechtbar. Die Anfechtung ist
aber vor der Ausübung überflüssig, weil die Bevollmächtigung frei
widerruflich ist. Streitig ist, ob die Bevollmächtigung nach der Ausübung
der Vollmacht noch anfechtbar ist. Grund: durch die Anfechtung, die
auch dem Vertreter gegenüber erfolgen kann, wird eigentlich das mit
dem Dritten abgeschlossene Geschäft vernichtet, ohne daß der Dritte
14
davon
erfahren
muß.
Er
hat
dann
grundsätzlich
nur
Schadensersatzansprüche gegen den Vertreter (siehe oben).
Ein
Teil
der
Literatur
lehnt
daher
die
Anfechtbarkeit
der
Bevollmächtigung ab (vgl. Brox, BGB AT Rn. 568 ff.). Die überwiegende
Meinung bejaht die Anfechtbarkeit, weil auch hier der Vollmachtgeber
schutzbedürftig ist. Die Interessen des Vertragspartners und des
Vertreters
werden
durch
Modifizierung
der
Anfechtungsregeln
berücksichtigt (siehe dazu Larenz, AT § 47 Rn. 33 ff., Flume AT II § 52, 5
c ).
Ein zusätzliches Problem stellt sich im Fall der (falsch) kundgemachten
Innenvollmacht sowie der Duldungs- und Anscheinsvollmacht: In diesen
Fällen
liegt
keine
Willenserklärung
vor.
Bei
Duldungs-
und
Anscheinsvollmacht erfolgt die Zurechnung kraft Rechtsscheins; Bei der
Kundgebung handelt es sich um eine Wissenserklärung, nicht um eine
Willenserklärung (der Vertretene gibt kund, daß er eine Vollmacht erteilt
hat). Damit scheint eine Anfechtung auszuscheiden. Die überwiegende
Meinung läßt die Anfechtung aber trotzdem zu: bei der kundgemachten
Innenvollmacht wegen der Parallelen zur Außenvollmacht, bei der
Duldungsvollmacht
wegen
der
großen
Nähe
zur
konkludenten
Vollmachtserteilung. Abzulehnen ist die Anfechtbarkeit dagegen wohl bei
der Anscheinsvollmacht.
Siehe zum Ganzen näher Medicus, BGB AT Rn. 947, 948.