Veluwezoom

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Veluwezoom
RU N D U M
DIE CAROLINA HOEVE
Jeder Wald hat seine Geschichte. Wir sind es
gewohnt, dass Wald einfach der Holzproduktion
dient, aber das war nicht immer so klar: früher
musste der Wald auch Harz, Stalleinstreu, Holzkohle, Viehfutter und noch viel mehr liefern.
All das hat seine Spuren im Wald hinterlassen.
Wälder sind historische Kulturlandschaften, mehr
noch als das Agrarland, obwohl Wald auch fast
immer zugleich wunderbare Natur ist. Oder besser:
weil Wald auch Natur ist. Denn viele Spuren
menschlicher Aktivitäten blieben nur deshalb
über die Jahrhunderte erhalten.
Begeben Sie sich auf eine kleine Wanderung
in die Vergangenheit. Wenn Sie Lust auf mehr
bekommen, schauen Sie im Internet bei
www.waldgeschichte-euregio-rheinwaal.de vorbei.
Hier finden Sie Hinweise auf weitere schöne
Wanderungen und Broschüren zu Wäldern in
der Region zwischen Duisburg und Arnheim.
Das Projekt ‘Auf den Spuren der Waldgeschichte’ wird im Rahmen des
INTERREG IV A-Programms Deutschland-Nederland u. a. mit Mitteln des
Europäischen Fonds für Regionale Entwicklung (EFRE) und den Provinzen
Gelderland und Limburg, dem Ministerium für Wirtschaft, Energie, Bauen,
Wohnen und Verkehr des Landes Nordrhein-Westfalen, dem Landschaftsverband Rheinland und der NRW-Stiftung Naturschutz, Heimat- und
Kulturpflege und den Gemeinden Groesbeek, Gennep und Montferland
kofinanziert. Es wird begleitet durch das Programmmanagement bei der
Euregio Rhein Waal.
www.deutschland-nederland.eu
Das Projekt ‘Auf den Spuren der Waldgeschichte’ wird durchgeführt von:
Rhein
A
B
C
D
Veluwezoom
Renkums Beekdal
Bergherbos
Bisselt
E Reichswald
F Diersfordter Wald
G Dämmerwald
H Duisburger Wald
SPU REN D ER
W ALD GESCH ICHTE
AU F DEN
Herausgeber NABU-Naturschutzstation Niederrhein e. V. Layout Van Bindsbergen Visser
Text Dietrich Cerff Fotos Dietrich Cerff Druck Linsen Druckcenter
VE LU W E Z OOM
www.waldgeschichte-euregio-rheinwaal.de
SPUREN D ER
WALD GESCH ICHTE
AUF DEN
Interessantes am Wegesrand
❼
❶ Wildgraaf
Kartoffelkrankheit 1845 Bankrott.
Heute verweist nur eine kleine rechteckige Freifläche mit einer Reihe
Buchen darum darauf, dass dieser
Fleck kurzzeitig bebaut war.
Dieser Graben mit begleitenden Wällen diente vermutlich dem
Schutz landwirtschaftlicher Flächen vor Wildschäden. Es war vor
der Erfindung von Drahtzäunen üblich, Wälle dicht mit Hecken
zu bepflanzen und deren Zweige so ineinander zu flechten, dass
weder Mensch noch Tier diese durchdringen konnten.
❺ Lange Juffer
❷ Tanne
Dieser breite, lange Weg war über Jahrhunderte ein wichtiger Transportweg
für alle Produkte des Waldes.
Ab dem 19. Jahrhundert begann man im Waldbau an vielen
Stellen in Westeuropa mit verschiedensten Nadelbäumen zu
experimentieren. Vermutlich ist dieser imposante Baum ein
Überbleibsel dieser frühen waldbaulichen Versuche.
❻ Carolinahoeve
Entgegen früherer Annahmen wurde die
Carolinahoeve erst 1851 gebaut. Der
abgelegene Hof machte einige Krisen und Umstellungen mit, bis
schließlich Ausschank und Verkauf von Pfannkuchen die endgültige
Aufgabe der landwirtschaftlichen Nutzung ermöglichte. Der Einsatz
von Prominenz und Staat erbrachte 1973 genügend Geld, um das
Gebäude endlich mit Strom und fließend Wasser zu versorgen –
sehr zur Zufriedenheit von zahlreichen Wanderern und Radfahrern.
❸ Blutbuchen
Seit dem 18. Jahrhundert dachten private Waldbesitzer immer
mehr daran, nicht nur für die Holzernte zu sorgen, sondern
auch Elemente zur gezielten Verschönerung des Waldbesitzes
einzubringen. Spätestens im 19. Jahrhundert wurden Alleen,
Baumreihen, Einzelbäume,
❸
Sternwälder und Sichtachsen
geradezu Mode. Vermutlich geht
auch diese ungewöhnliche Blutbuchenreihe auf solch einen
Verschönerungsversuch zurück.
❼ Koninglaan
Diese Allee ist Teil einer fast schnurgeraden Verbindung vom Carolinaberg bei Dieren zum Landgut Ginkel bei Ede. Dieser ‘Koningsweg’
verband ab der zweiten Hälfte des 17. Jh. zwei Jagdgebiete des
Statthalters der Niederlande, Wilhelm III. von Oranien-Nassau.
❹ De Put
Im Wesentlichen ist die Veluwe
aus wasserdurchlässigen Kiesen
und Sanden aufgebaut.
Dazwischen tauchen aber
immer wieder wasserstauende
Lehmschichten auf, die dann ein
einsames Feuchtgebiet entstehen lassen. Der frühere Name
des Gewässers (Hertenkolk =
Hirschpfuhl) erinnert an die frühere Bedeutung des Waldes als
Jagdgebiet. Sicher wurde der Tümpel aber auch als Tränke für
Schafe und andere Weidetiere genutzt. Der aktuelle Name de
Put (= Brunnen, Wassergrube) weist jedoch auf die Wassernutzung für eine Malzwein-Fabrik hin. Ein findiger Unternehmer
hatte diese 1841 errichtet und in der unmittelbaren Umgebung
Kartoffeln hierfür angebaut, ging aber aufgrund einer
❽ Onzalige bossen
Dieses Waldgebiet ist eines der ältesten im Nationalpark. Auch im
19. Jahrhundert, als weite Teile der Veluwe noch mit Heide bedeckt
waren, wuchs hier Eichenniederwald. Dessen Rinde wurde zur
Gewinnung von Gerbsäure für die Lederindustrie genutzt.
❻
❿
Das Holz war bis zur zunehmenden Ablösung durch die Kohle vor etwa 100-150
Jahren der wichtigste Energieträger.
❾ Weversbergen
Die ‘Berge’ sind eigentlich Sanddünen. Diese
wurden aufgetürmt in einer Zeit, in der die
Plaggen-Nutzung und Beweidung der Heide
so stark war, dass sie letztlich zu einer Beseitigung der Vegetation geführt hat. Winde bekamen freien Zugriff
auf den bloßen Sand. Diese Dünen sind aber heute nur ein Teil der beeindruckenden Naturkulisse, die sich hier bietet. Die alten naturnahen
Buchenwälder mit reichlich Totholz sind mindestens ebenso spektakulär. Der Wanderer darf sich ein wenig fühlen wie ein Mensch der
Frühzeit. Denn so ähnlich mögen Teile des Waldes ausgesehen haben,
bevor der Mensch sich
ihrer großflächig be❹
mächtigte.
❿ Hagenau
1911 konnte Natuurmonumenten hier die
ersten Flächen des späteren Nationalparks
kaufen. Um z. B. Naturschutzmaßnahmen und
Wegeunterhalt bezahlen zu können, musste auch Natuurmonumenten
Holz verkaufen. Versuchsweise wurde aber beim Ernten eine größere
Zahl der Kiefern stehen gelassen, so dass der Waldeindruck nie ganz
verloren ging. Noch heute fallen immer wieder besonders große Kiefern und auch andere Bäume als Zeugen der hundert Jahre alten
Naturschutzstrategie im sonst recht jungen Wald auf. Heute ist der
Anteil des Holzerlöses noch sehr viel geringer, so dass nicht nur einzelne Bäume besonders
❾
alt werden dürfen,
sondern weite Teile des
Waldes.
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Route
Veluwezoom
Bei ‘Veluwezoom’ denken die meisten Menschen zunächst an die spektakuläre Heide beim Café Posbank
und in zweiter Linie an den Landhausgürtel an den
südlichen Abhängen der Veluwe. Das große Waldgebiet bei Dieren steht dabei etwas im Abseits. Dabei
weist auch dieses eine große landschaftliche Vielfalt
und reiche Kulturgeschichte auf – wenngleich sich
dies erst auf den zweiten Blick offenbart.
Heute erscheint das Waldgebiet groß und einsam
und man ist geneigt anzunehmen, dass dies „schon
immer“ so war. Aber das ist mit Nichten so. Noch
vor hundert Jahren waren viele der heutigen Wälder
Heide und es gab in den letzten Jahrhunderten verschiedene kleine Niederlassungen. Dabei handelte es
sich zumeist um einzelne Höfe oder Hütten, jedoch
stand sogar eine kleine Branntweinfabrik mitten im
heutigen Wald.
Auffälligstes Zeichen der historischen Nutzungen
sind die zahlreichen Alleen, die den Wald durchziehen. In historischen Zeiten dienten diese der Befestigung und Markierung von Wegen, der Grenzmarkierung oder auch der Verschönerung des Besitzes.
Heute stellen die Alleen oft die ältesten Bäume weit
und breit, so dass sich hier besonders viele Spechthöhlen und Baumpilze finden. Kurios: ausgerechnet
ein typisches Kulturlandschaftselement sorgt für
einen Hauch von Urwald.
Start:
Waldparkplatz, Kolonieweg, Dieren
Strecke: ca. 9,5 km
GPS-Daten: 52.054259 N, 6.076538 E
Einkehrmöglichkeit:
Pannenkoekenhuis de Carolinahoeve
Carolinahoeve 1, 6994 JB De Steeg
Die Route beginnt am Waldparkplatz Kolonieweg in
Dieren. Im Ort den Schildern ‘de Spelerij’ folgen und
dann weiter auf dem Kolonieweg bis zu dessen Ende
am Waldrand folgen.
Unser Weg geht vom Parkplatz geradeaus in den
Wald hinein. Hier begleitet uns zuerst linkerhand der
Wildgraaf ❶, eine frühere Abgrenzung zwischen
Wald und Acker. Wir folgen der blauen Wegemarkierung (blaue Pfeile an niedrigen Holzpfosten) mit
mehrmaligem Abbiegen durch den Wald bis zur
Carolinahoeve ❻ auf einer Lichtung.
Unser Weg führt geradeaus an der rechten Seite des
früheren Bauerngehöftes vorbei, jedoch lockt die
Carolinahoeve zunächst mit der Möglichkeit eines
Imbisses oder eines Kaffees.
Im Wald folgen wir der Koningslaan (‘Königsallee’)
❼ über drei Hügel bis zur ersten deutlichen Kreuzung. Hier biegen wir rechts ab (aber nicht scharf
rechts!). Der zweireihigen Buchenallee folgen wir eine
ganze Zeit, bis wir in einer leichten Linkskurve bei
einer Bank und Wegweisern scharf rechts abbiegen.
Dieser Weg verläuft bald auf einem großen Wall, der
als Wanderdüne ❾ in der Zeit der starken HeideÜbernutzung entstanden ist. Von diesen Wall biegen
wir auf den ersten Weg scharf links ab.
Nun schlängelt sich der Weg durch sehr naturnahe
Buchenwälder ❿ um eine Gruppe besonders hoher
Dünen herum.
Nach längerer Strecke mündet von rechts ein breiter
Weg ein. Wir gehen hier geradeaus und haben die
blaue Markierung wieder, der wir zurück zum Parkplatz folgen.
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