Claudia Roth: Die SPD spinnt

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Claudia Roth: Die SPD spinnt
Claudia Roth: Die SPD spinnt
Bündnis von SPD und GRÜNEN am Ende
Autor: U. Gellermann
Datum: 03. Juli 2010
Die GRÜNEN haben in den letzten Tagen der SPD in aller Öffentlichkeit die
"Bündnisfähigkeit" abgesprochen. Ihre Bundesvorsitzende, Claudia Roth,
nannte die Sozialdemokraten sogar "Spinner". Die RATIONALGALRIE sprach
mit ihr. Das Gespräch führte unser Redakteur Uli Gellermann.
Frau Roth, das Verhältnis zwischen GRÜNEN und SPD scheint unheilbar gestört. Wie kam es
dazu?
Das fing schon nach der Nordrhein-Westfalen-Wahl an. Wir sollten
unterschreiben, dass wir nie wieder ein Terror- oder Unrechtssystem
unterstützen würden. Das sei, so die SPD, die Voraussetzung für
Koalitionsverhandlungen. Als wir das empört abgelehnt haben, haben sie die
Verhandlungen für gescheitert erklärt.
Aber wie kam die SPD denn zu einer solchen Vorbedingung?
Sie haben uns Akten des Verfassungsschutzes vorgelegt, in denen die Namen
von ehemaligen Mitgliedern diverser kommunistischer Gruppen, die heute bei
den GRÜNEN sind, aufgelistet wurde. Als ob man Geheimdiensten trauen und
auf dieser Grundlage Politik machen könnte!
Aber es ist doch die Wahrheit: Nicht wenige aus dem KBW, dem KB Nord und anderen
maoistischen Sekten sind heute bei Ihnen Mitglied. Ich kenne sogar eine Reihe ehemalige
DKP-Mitglieder, die lange Zeit die Diktaturen in der DDR und der Sowjetunion verteidigt
haben, die dann nach dem Zusammenbruch des realen Sozialismus bei Ihnen Mitglied
wurden.
Sehen Sie, die waren damals jung und brauchten die Illusion einer besseren,
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gerechteren Welt. Davon sind wir heute weit entfernt. Das ist alles lange her.
Längst haben wir viele Mitglieder, die diese Zeit gar nicht bewusst erlebt haben.
Und wenn Sie an unsere Mitglieder aus dem Osten denken, die waren damals
keinesfalls in einer der K-Gruppen!
Immerhin hat Ihr Fraktionsvorsitzender, Jürgen Tittin, mit dem "Mescalero-Aufruf"
sympathisiert, der über eine "klammheimliche Freude" schrieb, die man angesichts der
RAF-Morde empfinden könne. Und sie selbst waren Managerin der Rock-Band
"Ton-Steine-Scherben", die mit dem Titel "Macht kaputt was Euch kaputt macht!" eindeutig
zum Terror aufrief.
Jürgen hat das längst mehrfach öffentlich bereut. Ich kann mich nicht mehr so
genau erinnern. Außerdem soll sich doch die SPD an die eigene Nase fassen:
Außer der früheren Gesundheitsministerin Ulla Schmidt gab und gibt es noch
andere ehemalige Maoisten in der SPD. Wie die sich für den roten Terror in
China eingesetzt haben! Die himmelten doch alle den Diktator Mao an. Die
Schmidt fiel sogar unter den Radikalen-Erlass. Also!
Aber der Knackpunkt war dann wohl die Wahl des Bundespräsidenten . . .
Das kann man wohl sagen. Ohne uns vorher mal zu fragen, stellten die
Sozialdemokraten den Wolfgang Clement als Kandidaten für die
Bundespräsidenten-Wahl auf. Mit der Begründung der könnte auch Stimmen
aus dem schwarz-gelben Lager bekommen. Das kann ja sein, aber uns GRÜNE
dann aufzufordern ausgerechnet einen Lobbyisten der Atomindustrie zu
wählen, das ging wirklich zu weit. Die spinnen, die Sozialdemokraten!
Für die SPD war das auch ein Kandidat, der zur Ablösung der schwarz-gelben Regierung
hätte beitragen können. Das müsste doch auch für Sie interessant gewesen sein.
Wenn die Sozis wenigstens rechnen könnten: Die Schwarzgelben verfügen mit
332 Sitzen im Bundestag über eine satte Mehrheit. Wir, die SPD und die
Linkspartei haben zusammen nur 290 Mandate. Wie sollte denn damit ein
Regierungswechsel möglich sein? Zumal der Clement eindeutig für
konservative Inhalte steht, der ist doch eher ein Kandidat der Schwarzgelben.
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Aber die Wahl eines Kandidaten, der nicht von der regierenden Koalition gestellt wird,
hätte doch auch zu Neuwahlen führen können.
Hätte, können, wäre, alles Wunschdenken! Halten Sie die Koalition für so blöd,
dass die mit dieser komfortablen Mehrheit und den bekannt schlechten
Umfragewerten in Neuwahlen gegangen wäre? Ich kann die zwar nicht leiden,
aber ich halte sie nicht für verrückt. Und selbst wenn: Wer hätte denn für
Wahlergebnisse in unserem Sinne garantiert? Sie vielleicht? Also!
Herr Gabriel hat erklärt, Sie hätten sich mit der Wahl von Wolfgang Clement immerhin vom
Vorwurf Sympathisanten des Terrors und der Diktaturen zu sein reinwaschen können.
Warum sind sie denn darauf nicht eingegangen?
Dieser Gabriel ist einfach ein unseriöser Klamaukmacher. Wir sollen also erst
gestehen, dass wir unsere Vergangenheit bisher nicht überwunden haben und
dann will er mit uns koalieren, oder wie stellt er sich das vor? Der legt mal hier
ein Feuerchen und dann mal dort und dann hält er sich schon für einen Vulkan.
Der soll lieber in den vorzeitigen Ruhestand gehen. Da hat er dann Zeit darüber
nachzudenken, wie ernsthafte linke Politik aussieht.
Im Moment werden die GRÜNEN in den Medien als "beleidigt" bezeichnet, da ist doch was
dran, oder?
Beleidigt? Ich bin völlig außer mir über so viel Dummheit und Unanständigkeit
bei der SPD. Erst reden sie nicht mit uns, dann stellen sie einen Kandidaten auf,
von dem sie genau wussten, dass wir ihn aus inhaltlichen Gründen nicht
wählen konnten und dann behaupten sie, wir wären schuld. Die sollen erstmal
ihr Tollhaus von den irren Aktionisten räumen, dann werden sie vielleicht
wieder fähig Politik zu machen.
Frau Roth, wir danken Ihnen für das Gespräch.
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