New York f r Web 14.10.2002

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New York f r Web 14.10.2002
NEW YORK CITY
GOTHAM CITY
BIG APPLE
Exkursionsbericht
Große Exkursion New York
März $%%%
Universität Lüneburg
Kulturgeographie
Internetausgabe
http://www/uni0lueneburg/de/fb3/geo/geohome/htm
TEILNEHMER:
SABINE BÖHNING, MIRIAM DRÖGE, CARMEN ENGLISCH, KATRIN FISCHER,
KARIN FLOHR, CHRISTINA GERTH, ANN KATHRIN JOHN, CORNELIA KRAGE,
JULIA KROOß, BETTINA KUPPERT, URTE LANGBEHN, ANNE MASCHLER,
MARIT MÜLLER, STEFAN NIEMEYER, LARISSA OFFENEY, HELENA PIIPPO,
RALF SCHEPERS, KATRIN SCHMIDT, FLORIAN TIETJENS, ANETTE VOLK,
ANDREA WALZ, NADJA WARDENBURG, DANIELA WEBER, ANNE WIEGERT,
CLAUDIA WINKLER, KAREN WITT, DANIELA ZAPF
Exkursionsleitung:
Herausgeber: M. Pries
Redaktion, Schriftsatz, Layout: A. Wiegert
PDF-Erstellung: J. Schönfeld
Universität Lüneburg, Kulturgeographie 2002
Route I - 16. März 2000
Chelsea
Greenwich Village
Little Italy
China Town
City Hall
Brooklyn Bridge
Route II - 17. März 2000
Times Square
Grand Central Station
Rockefeller Center
Trump Tower
Central Park
Freier Nachmittag
Route III - 18. März 2000
Flatiron Building
Stuyvesant City
Tompkins Square
Bowery
South Street Seaport (Kartierung und
Verteilung der Fragebögen)
World Trade Center
Route IV - 19. März 2000
Wohn-Kartierung in Downtown Manhattan
Fähre nach Staten Island
Route V - 20. März 2000
Waterfront
Chelsea Piers
Battery Park City
Freier Nachmittag
Route VI - 21. März
2000
Washington Square
Freier Nachmittag
Route VII - 22.
März 2000
Harlem
Abflug
Inhalt
Seite
Architektur New Yorks. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
7
Daniela Zapf
Architektur New Yorks . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
18
Anne Maschler
Downtown New York . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
23
Miriam Dröge
Julia Krooß
Florian Tietjens
Nadja Wardenburg
Daniela Weber
South Street Seaport . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
36
Katrin Schmidt
Anette Volk
Anne Wiegert
Claudia Winkler
Chelsea Piers. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
50
Conny Kraege
Bettina Kuppert
Hellena Piipo
World Trade Center. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
65
Andrea Walz
Battery Park City. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
68
Sabine Böhning
Stefan Niemeyer
New York Stock Exchange. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
80
Carmen Englisch
Phänomen der Segregation. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
83
Christina Gerth
Marit Müller
Larissa Offeney
Gentrification. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
98
Karen Witt
Meatpacking District. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
111
Ann Katrin John
Times Square. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
114
Katrin Fischer
Urte Langbehn
Tompkins Square. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
Ralf Schepers
118
Daniela Zapf
Die Architektur New Yorks
Denkt man an New York, dann denken viele Menschen an Wolkenkratzer, an eine Silhouette,
die von Hochhäusern geprägt wird. Dabei wird oft nicht unterschieden, daß dieses Bild lediglich den Distrikt Manhattan gerecht wird, mit den weiteren vier Distrikten Bronx, Brooklyn,
Queens und Staten Island jedoch nicht viel gemein hat.
In diesem Bericht werde ich mich
ausschließlich auf die Hochhäuser Manhattans
konzentrieren, auf die WolkenkratzerKonzentration von "Midtown Manhattan" und
"Downtown Manhattan", zuerst wird jedoch die
Entstehung der Hochhäuser im allgemeinen
angesprochen.
Abb. 1: Die Hochhauskonzentration von Midtown Manhattan
Allgemeine Entwicklung des Bauens hoher Gebäude
Die Menschen strebten von Beginn des Bauens an nach Höhe. Die Höhe eines Bauwerks
demonstrierte die Macht und Herrlichkeit des Auftraggebers oder Erbauers, sie diente der
Verherrlichung von Siegen und gab dem Gebäude Bedeutung. Beispiele findet man bereits
im Altertum. So erreichte die Cheopspyramide eine Höhe von 147 Metern. Sie ist aus zwei
Millionen Steinblöcken zusammengesetzt, welche pro Stück ein Gewicht von fast zwei
Tonnen hatten. Diese Leistung erscheint auch aus heutiger Sicht unfassbar. Weitere Beispiele
sind die Stufenpyramiden in Mesopotamien und der Pharos von Alexandria, welcher 142
Meter hoch war.
Im Mittelalter demonstrierte vor allem die Kirche mit ihren Sakralbauten ihre Macht und
Größe. Die Kathedrale von Salisbury, in den Jahren 1220 bis 1255 erbaut, hat einen 123
Meter hohen Kirchturm, während der Turm des Ulmer Münsters aus dem 15. Jahrhundert
bereits 161 Meter hoch ist (vgl. SHEPPARD 1996, S. 7 ff).
The American Way
Die US- amerikanischen Architekten folgen fast 200 Jahre lang den europäischen Vorbildern,
wobei die Erbauer auch hier ihren Stolz und Reichtum mit ihren Bauwerken ausdrücken wollten.
Erst vom Jahre 1870 an kann man in den USA eine eigene Entwicklung bemerken, welche
sich vor allem an den Geschäftsgebäuden widerspiegelt. Die außerordentlich schnelle
Ausdehnung der amerikanischen Großstadt verändert die Stadtlandschaft vollkommen. Da es
in den großen Städten sehr enge Geschäftsviertel gibt, die der Bodenspekulation Vorschub
leisten, da der Aufzug als technische Neuerung eine Voraussetzung für höhere Bauten liefert
und da es in den USA keine Beschränkung der Bauhöhe gibt wie in Europa, kann ein neuer
Gebäudetyp entstehen: das mehrstöckige Geschäftsgebäude, anfangs vorsichtig "sky scraper" genannt.
Die erste Phase der "Proto-Wolkenkratzer" beginnt 1873. Die zu dieser Zeit errichteten
Gebäude haben acht bis zehn Stockwerke. Ab 1889 taucht dann zusammen mit Gebäuden
von 12 bis 20 und mehr Stockwerken zum ersten Mal der Begriff "skyscraper" auf. Die Phasen
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Architektur New Yorks
Daniela Zapf
lösen jedoch nicht einander ab, vielmehr gehen sie lückenlos ineinander über, da auch die
Hochhäuser der ersten Phase bereits ein wichtiges Merkmal der zweiten Generation besitzen, nämlich die Überwindung der Senkrechten und damit die Verbindung der Stockwerke mit
dem Aufzug.
Während die Hochhäuser der ersten Phase jedoch für vielfältige Zwecke entworfen und
gebaut werden - sie werden unter anderem als Kaufhäuser, Büros oder Hotels genutzt - sind
die Wolkenkratzer der zweiten Generation fast ausschließlich Bürogebäude.
In der ersten Phase bedienen sich die Architekten europäischer Lösungen, doch nach 1889
ist ihre Kreativität gefragt, um für den völlig neuen Bautypus elegante Lösungen zu finden.
Die Entstehung der Silhouette Manhattans
Im 19. Jahrhundert wird die Silhouette Manhattans von der 1846 erbauten Trinity Church und
ihrem 86 Meter hohen Turm dominiert. Höhere Gebäude folgen erst gegen Ende des 19.
Jahrhunderts. Eine architektonische und technische Weiterentwicklung beginnt jedoch bereits
1857, als in New York das erste Gebäude, das vierstöckige Kaufhaus Haughwout - Store mit
einem Aufzug ausgestattet wird. Der Architekt ist P. Gaynor. Ein weiteres vierstöckiges
Gebäude New Yorks, das Equitable Life Assurance Company Building aus dem Jahr 1870,
setzt neue Maßstäbe. Das von Arthur D. Gilman und Edward Kendall erbaute Bürogebäude
war das erste seiner Art, in welchem man die Etagen mit dem Aufzug erreichte. Mit ihm
beginnt die Epoche der "elevator buildings" und ein neues Kapitel der Architekturgeschichte.
Ein entscheidender Bruch findet 1873 statt, als Richard Morris Hunt das Tribune Building und
George Brown Post das Western Union Building bauen. Beide sind doppelt so hoch wie das
Equitable Life Assurance Company Building und somit die ersten gewaltigen
Geschäftshäuser. Sie sind bereits wie ihre Nachfolger organisiert. In den ersten beiden
Sockelgeschossen befinden sich zumeist Läden, danach folgen die durch einen Aufzug miteinander verbundenen Bürogeschosse. Ein Attikageschoß schließt den Bau ab. Sowohl am
Vokabular als auch am Aufbau ist zu erkennen, daß sich die Architekten an der klassischen
griechischen Säule orientieren und noch sehr an europäischen Vorbildern festhalten, wobei
durchaus ein Bruch mit den europäischen Maßstäben deutlich wird. Die Architekten erfinden
teilweise völlig unkonventionelle Lösungen, die sogenannten "wild solutions". Sie vermeiden
es, die Vertikale zu betonen und unterteilen ihre Fassaden in Gruppen von zwei oder drei
Stockwerken.
Um 1880 versucht man erneut höher zu bauen. Mit der Erbauung des Eiffelturms entstehen
auch die ersten Wolkenkratzer mit über 20 Stockwerken. Zum Beispiel John Wellburn Root,
der seit 1884 mit der Planung des Monadnock Buildings betraut ist, erhöht auf Drängen des
Bauträgers im Jahr 1889 die Stockwerkzahl von 12 auf 16.
Infolge einer Sättigung des Marktes und der Finanzkrise von 1893 pendelt sich die durchschnittliche Höhe der Wolkenkratzer in Chicago und den weniger großen Städten auf 14
Stockwerke ein. New York übernimmt jetzt die Initiative: im Jahr 1894 erreicht das American
Surety Building, erbaut von Bruce Price, 20 Stockwerke; das St. Paul Building von George
Brown Post aus dem Jahr 1898 erreicht 23 Etagen.
Diese Höhenentwicklung ist möglich, da man zahlreiche technische Entwicklungen nutzen
kann, unter anderem wirksame Windversteifung, gegen Grundwasser gesicherte
Fundamente und feuersichere Konstruktionen. Eine Zeitlang favorisiert man den
Metallskelettbau, es existieren jedoch auch zahlreiche Versuchslösungen und
Mischtechniken. Root z.B. erbaut das Monadnock Building mit tragenden Backsteinmauern,
weitere New Yorker Architekten bleiben einer Kastenkonstruktion treu: tragende
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Daniela Zapf
Architektur New Yorks
Außenmauern aus Stein und ein Innengerüst aus Metall.
Mit der neuen Größenordnung vereinheitlicht sich auch die Gliederung: die Gebäude sind
dreigeteilt in Sockel, aufsteigendem Baukörper und bekrönendem Abschluß. Diese
Gliederung findet sich beispielsweise am Monadnock Building und wird in den neunziger
Jahren zum "classical pattern" - zum klassischen Muster des Hochhausbaus.
Das Nachempfinden der klassischen Säule beschränkt jedoch keineswegs die stilistische
Vielfalt der amerikanischen Hochhäuser, von romanischen Arkaden über gotische Fenster bis
zum klassischen Pilaster finden sich zahlreiche Varianten. Louis Henry Sullivan formuliert den
Anspruch wie folgt: "Das Gebäude muss in jedem Sinne über sich hinauswachsen. Es muss
ohne Misston seine Großartigkeit verkünden."
Der aus Chicago stammende Architekt Daniel H. Burnham erschafft 1903 mit dem Flatiron
Building das erste ideale Hochhaus - ein "Turm, gebildet aus übereinander gestapelten
Geschossen, der für alle Zeiten von seiner Umgebung unbehelligt, einem Campanile gleich,
dastehen würde" (GOLDBERGER 1984, S. 24).
Das Gebäude, welches eine zufällige Konstellation des New Yorker Straßennetzes auf beeindruckende Art nutzt, heißt eigentlich Fuller Building, benannt nach seinem Besitzer, der
Baufirma Fuller. Den Namen Flatiron Building erhält es von den New Yorkern aufgrund seiner
Gebäudeform, die durch eine Baulücke im Straßensystem einem Tortenstück oder eben
einem Bügeleisen gleicht. Das Flatiron Building stellt erstmals nicht nur ein funktionales
Bürogebäude dar, sondern spiegelt auch den Unternehmerstolz der Baufirma Fuller wider.
Diese Selbstdarstellung fordert eine andere Firma heraus, ihr neu zu errichtendes
Firmengebäude mit einer Aussage zu behaften. Die gegenüber dem Flatiron Building ansässige Metropolitan Life Insurance Company nutzt die Architektur, um eine dauerhafte Stabilität
der Firma zu symbolisieren, indem sie den Campanile in Venedig als architektonische Vorlage
nimmt, und diesen in einem viel größeren Maßstab neu entstehen läßt.
Im Jahre 1913 erbaut Cass Gilbert mit dem Woolworth Building ein authentisches Symbol seiner Zeit. Der Auftraggeber, Frank Woolworth, wollte das schönste, großartigste und vor allem
höchste Gebäude der Welt erbauen lassen, um die Macht der Firma Woolworth zu demonstrieren. Da die Bankiers dem Bau skeptisch gegenüberstanden, zahlte Frank Woolworth die
Bausumme von dreizehn Millionen Dollar aus seinem Privatvermögen in bar. Das Woolworth
Building wird auch "die Kathedrale des Kommerzes" genannt, da Kritiker das Vermögen
Woolworths aus den Taschen seiner "Gemeindemitglieder" fließen sahen, welche ihr Geld
statt in kirchliche Sammelbüchsen in die Kassen seiner Ladenkette warfen.
Nach dem Ersten Weltkrieg findet der ungehinderte Hochhausbau mit dem Equitable Building
seinen Höhepunkt und gleichzeitig auch sein Ende. Das im Jahre 1915 von Graham,
Anderson, Probst & White errichtete Gebäude erhebt sich über kaum einen halben Hektar
Grundfläche H - förmig in gerader Linie 40 Geschosse hoch. Durch fehlende Rücksprünge
erdrückt der Bau die benachbarten Gebäude visuell und verwandelt die Straßen der
Umgebung in unnatürlich dunkle Schluchten, so daß die Stadt New York im Jahre 1916 die
erste Baugesetzgebung des Landes erläßt (zoning ordinance), da es zur Abwanderung der
Bevölkerung aus den angrenzenden Gebieten kommt. Die planungsrechtliche Vorschrift
kommt einer Revolution gleich, werden doch erstmals in der Geschichte die unbeschränkten
Eigentumsrechte beschnitten und der unternehmerischen Freiheit Grenzen gesetzt. Durch
das Gesetz versucht man, den Bau freistehender Türme zu fördern und gleichzeitig den Bau
hoher Büroblocks zu unterdrücken. Das neue Gesetz schreibt Rücksprünge der oberen
Geschosse in genau berechneten Abständen vor, wobei oberhalb der Rücksprünge der Turm
eine beliebige Höhe erreichen kann, wenn nicht mehr als ein Viertel der Grundstücksfläche
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Architektur New Yorks
Daniela Zapf
bebaut ist.
In der ebenfalls 1916 erlassenen Bauordnung werden erstmals Flächen ausgewiesen, auf
denen reine Wohnbebauung bzw. reine Geschäftsbebauung vorherrschen.
Warren & Wetmore erbauen im Jahre 1921 das Heckscher Building und mit ihm den ersten
Wolkenkratzer, der gemäß der neuen Baugesetze errichtet wird. Obwohl das Heckscher
Building in der Literatur als eher unbeholfener Versuch in Sachen neue Hochhausform gewertet wird, geht von ihm eine weitreichende Dynamik aus, zeigt es doch, daß die neuen Gesetze
sowohl ansehnliche als auch profitable Ergebnisse bringen.
Das Barclay-Vesey Building von Ralph Walkers aus dem Jahre 1926 löst erstmals die
Probleme der Massengruppierung, die sich aus dem neuen Baugesetz, dem unregelmäßig
geformten Grundriß und den programmatischen Erfordernissen eines Bürogebäudes ergeben. Da Walkers in der Fassade des Gebäudes eine Vielzahl stilistischer Bezüge vereint,
bewirkt der Bau ein harmonisches Verhältnis von Tradition und Moderne.
Raymond Hood, einer der bedeutendsten New Yorker Architekten des frühen 20.
Jahrhunderts, vertritt die Auffassung, daß "die wahre symbolische Funktion eines
Hochhauses in der Werbung für das darin residierende Unternehmen liegt" (GOLDBERGER
1984, S. 30), was er mit der Erbauung des American Radiator Buildings verdeutlicht. Der
Firmensitz der American Radiator Company ist mit schwarzem Backstein verkleidet und
erhöht damit den Eindruck der Masse. Die Fenster sind in dem schwarzen Backstein kaum
sichtbar, so daß der Eindruck eines kompakten Monuments entsteht. Durch die Vergoldung
der Spitze wird der düstere Gesamteindruck jedoch wieder etwas aufgelockert. Auch hier wird
der Ausdruck des Unternehmerstolzes von Hood in der architektonischen Planung wiedergegeben. "Tagsüber glitzerten die vergoldeten Zinnen und die Bekrönung über dem gänzlich
schwarzen Backsteinschaft, während der First bei Nacht durch die Beleuchtung glühte, was
manchen Beobachter äußern ließ, Hood wolle den Entwurf als Symbol der vom
Hauseigentümer hergestellten Öfen und Heizkörper verstanden wissen" (GOLDBERGER
1984, S. 30).
Ende der zwanziger Jahre kommt es zu einem regelrechten Wettstreit um die Höhe der zu
errichtenden Gebäude. Das Firmengebäude der Manhattan Bank Company steht im
Wettstreit mit William van Alens Chrysler Building um die Ehre, das höchste Gebäude der
Welt zu werden. Mit einer gewissen List gewinnt schließlich van Alen den Wettbewerb, indem
er eine 56 Meter hohe Spitze, welche er Vertex nennt, solange im Feuerschacht des
Gebäudes versteckt hält, bis die Manhattan Bank Company ihr Firmengebäude als Sieger
glaubt. Dann erst setzt er dem Chrysler Building die Spitze auf. Höhe ist jedoch nicht das
Hauptmerkmal des Chrysler Buildings: Vielmehr ist es eine weitere Kathedrale des 20.
Jahrhunderts, die der Verehrung des Automobils und speziell des Chryslers gewidmet ist.
Den Titel des höchsten Gebäudes der Welt muss das Chrysler Building auch wenig später
bereits wieder abtreten - an das Empire State Building, welches in den Jahren 1930 - 1931 in
der Rekordgeschwindigkeit von dreizehn Monaten errichtet wurde. Da die Wirtschaft aufgrund
des Börsenkrachs von 1929 am Boden liegt, können die Eigentümer davon ausgehen, daß
das Empire State Building mit seinen 381 Metern für einige Zeit das höchste Gebäude der
Welt sein wird. Das Gebäude ist beispielhaft für die symmetrische Massengruppierung, und
auch wegen seiner Widersprüche faszinierend: "Es entstand genau im Übergang zwischen
Metall und Stein, zwischen dem Ideal der monumentalen Masse und dem des luftigen
Volumens, zwischen Handwerk und Maschinendesign" (GOLDBERGER 1984, S. 34). Mit
dem Rockefeller Center erreichte der Hochhausbau seinen Höhepunkt, nicht nur als ausgeprägter Bautypus, sondern als Gestaltungsmittel monumentaler städtischer Räume. Der
Komplex war in den 20er Jahren als Kulturzentrum geplant worden, wurde allerdings in der
Depression als kommerzielles Projekt verwirklicht. Das Rockefeller Center stellt eine Stadt
innerhalb der Stadt dar. Stolze Türme bestimmen große, urbane Räume, die voll pulsieren10
Daniela Zapf
Architektur New Yorks
dem Leben sind, gebändigt durch die Ordnung der klassischen Konstruktion. Dieser
Gebäudekomplex soll die Welt umfassen, symbolisiert durch die Atlasstatue vor dem
International Building, dem Aufgebot der Nationalflaggen um die Sunken Plaza, das Maison
Francaise sowie das British Empire Building. Zwischen dem französischen und britischen
Gebäude liegt eine Gartenanlage - der Channel, benannt nach dem Ärmelkanal. Der
Gesamtkomplex gruppiert sich um eine zentrale Achse, die aus den Channel Gardens, der
Sunken Plaza und aus dem RCA Building gebildet wird. Die Sunken Plaza dient im Sommer
als Gartenrestaurant, im Winter als Eislaufbahn. Im RCA Building befindet sich der berühmte
Rainbow Room, ein verspiegelter Speise- und Tanzsaal, der die Inspiration für die Filmkulisse
vieler Musicals lieferte. Mit dem Beginn des Zweiten Weltkrieges kam der Bauboom kurzzeitig zum Erliegen.
Einige ausgewählte Hochhäuser Manhattans
Im folgenden sollen einige, für ihre Periode entweder besonders wichtige oder typische
Wolkenkratzer erläutert werden, die vor Ort besucht wurden.
World Trade Center
Von Minoru Yamasaki in den Jahren 1972-1977 erbaut, war das World Trade Center damals
das höchste Gebäude der Welt. Als die Zwillingstürme erbaut wurden, kam viel Kritik auf. Die
Bewohner New Yorks fürchteten, daß alle Bauten, die kleiner als die 412 Meter hohen Türme
sind, von diesen visuell erdrückt würden. Doch auf Straßenniveau werden die 110 Geschosse
kaum wahrgenommen, "die beiden Kolosse ziehen sich oben
irgendwo in den schimmernden Himmel zurück" (LE BLANC
1996, S. 140). Insgesamt ist das World Trade Center ein
Komplex aus sieben Gebäuden, die sich um eine riesige Plaza
gruppieren. Die Port Authorities von New York und New Jersey
lassen das Welthandelszentrum bauen, um internationale
Handelsgesellschaften an die Südspitze Manhattans zu locken,
nachdem die Geschäftswelt mehr und mehr nach Midtown
abwandert und Arbeitsplätze verloren gehen. Da die
Vermietung der Büroflächen anfangs schwierig ist, mietet seinerzeit der Staat New York einen Großteil der Gebäude an.
Heute haben in dem blühenden Bürozentrum 500 internationale Gesellschaften ihren Sitz und rund 50.000 Personen ihren
Arbeitsplatz. Zudem zählt es mit ca. 200.000 Besuchern monatlich zu den Hauptattraktionen New Yorks. Zwei Eigenschaften
machen die Besonderheit des World Trade Center aus:
Abb. 2: Das World Trade Center
Zum einen seine immense Größe und die damit verbundenen, kaum vorstellbaren
Dimensionen. Die beiden Türme haben zusammen eine Bürofläche von 450.000
Quadratmetern, jeder Turm hat rund 43.000 Fenster, obwohl die Gebäudeoberfläche nur zu
30% aus Glas besteht (NASH 1997, S. 90).
Zum anderen entwickelte die Firma Otis für die beiden Zwillingstürme ein spezielles
Aufzugssystem, ein sogenanntes "skylobby system". In den zwei Türmen fahren 230 Aufzüge
und 74 Rolltreppen. Um die tägliche Menschenmenge zu bewegen, wird ein wirksames
Aufzugssystem benötigt. Die Gebäude sind in drei übereinanderliegende Abschnitte geteilt,
die jeweils vom Erdgeschoss bedient, erreicht werden können. Innerhalb dieser Abschnitte
überfahren die Aufzüge bestimmte Geschosse und bedienen nur jeweils übereinanderliegen11
Architektur New Yorks
Daniela Zapf
de Geschoßgruppen.
Zudem weist das World Trade Center eine weitere baukonstruktive Besonderheit auf: es ist
eine Hohlkastenkonzeption mit Röhrenwirkung, welche den Bau in solch enorme Höhen erst
ermöglichte.
Plaza Hotel
Das Plaza Hotel, das aristokratischste Hotel New Yorks, wurde 1907 von Henry Janeway
Hardenbergh am Central Park errichtet. Es ist einem französischem Château nachempfunden, allerdings in Übergröße.
Hardenbergh ist sich der Bedeutung der Ecksituation bewußt, beide Fassaden sollen gleich
wirkungsvoll sein. Das Gebäude ist klassisch organisiert mit Sockel, Schaft und Spitze. Die
18 Geschosse sind mit Backstein und Marmor verkleidet und von einem massiven Gesims
bekrönt, über dem sich ein schiefergedecktes Mansardendach mit Giebeln, Dachfenstern und
Kupferfirst erhebt. Die Blockhaftigkeit des Gebäudes wird gemildert, indem die mittleren
Abschnitte zurückgesetzt und die Ecken an der Nord- und Südseite abgerundet sind.
Als das Hotel eröffnet wurde, waren die unteren beiden Geschosse für öffentliche Räume
reserviert, darüber fanden 800 Gästezimmer Platz. Der Palmenhof hat eine Kuppel aus
Tiffany Glas, die zwischenzeitlich überdeckt war, inzwischen aber durch eine Restaurierung
wiederhergestellt wurde. Das Plaza Hotel befindet sich heute im Besitz von Ivana Trump. Das
Plaza Hotel gilt als Meisterwerk im Stil der französischen Neorenaissance. Es wird in der
Literatur als Sinnbild für "Gotham Deluxe" genannt, als Ausdruck des New Yorker Lebens und
Denkens um die Jahrhundertwende. "The extravagant French Renaissance pile, the fountain,
General Sherman, the crowds relaxing, the hansom cabs with their horses, the entrance to
Central Park...This is Gotham luxe." (MORRONE 1998, S. 252).
Woolworth Building
Frank Woolworth hatte einen Traum: Er wollte das höchste Gebäude der Welt errichten und
es sollte seinen Namen tragen. Nach einer Londonreise war er von den "Houses of
Parliament" sehr beeindruckt und beauftragte Cass Gilbert, einen renommierten amerikanischen Architekten, der in Europa studiert hatte, ein Bürogebäude in ähnlichem Stil zu errichten: Turmspitzen, Wasserspeier, und andere gotische Stilelemente sollten das zu erbauende
Woolworth Building schmücken. Das Gebäude wurde 1913 vollendet. Die Bausumme von 13,5 Millionen Dollar wurde, getreu
der Verkaufsphilosophie der Woolworth-Ladenkette, von Frank
Woolworth in bar entrichtet, da er keine Hypothek aufnehmen
wollte. Das Woolworth Building gilt als Meisterwerk der Beaux
Arts-Epoche, löste es doch damals die Frage, wie ein
Wolkenkratzer auszusehen hatte: reich verziert und himmelwärts gerichtet. Auch die statistischen Zahlen sind bemerkenswert: der Turm erreicht eine Höhe von 238 Metern, 54
Büroetagen und 14.000 Angestellte finden darin Platz und
Arbeit.
Die Eingangshalle ist vom Broadway, der Barclay Street und
dem Park Place zugänglich. Der Grundriß der weiträumigen
Einkaufsgalerie hat die Form eines lateinischen Kreuzes.
Abb. 3: Das Woolworth Building
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Daniela Zapf
Architektur New Yorks
Die mit Marmor verkleideten Wände der "Cathedral of Commerce" und das dem byzantinischen Stil nachempfundene Decken-Mosaik preisen Arbeit und Wohlstand. Unter der Decke
der Lobby kann man einige steinerne Figuren entdecken - eine von ihnen ist das Bildnis Frank
Woolworths beim Geld zählen. Gilbert schaffte es, die Elemente des Wolkenkratzers zu einer
einheitlichen Komposition zusammenzufassen. Die 20-geschossige U-förmige Basis geht
elegant in den rechteckigen Turm über, der zweimal zurücktritt, bevor er die Spitze mit ihren
Zinnen und Wasserspeiern erreicht. Zudem war das Woolworth Building eines der ersten
Gebäude, das direkten Zugang zur U-Bahn hatte.
Flatiron Building
Das Flatiron Building heißt eigentlich Fuller Building, da es von
der Baufirma Fuller erbaut wurde. Es erhielt seinen Spitznamen
jedoch sehr schnell aufgrund seiner Form, die an ein
Bügeleisen erinnert. Seine Form erhielt das Flatiron Building
durch das Grundstück, auf dem es errichtet wurde - einer
Straßeninsel, die durch das Zusammentreffen von Broadway
und 5th Avenue gebildet wird. Der Architekt Daniel Burnham
nutzte im Erbauungsjahr 1903 alle kreativen Möglichkeiten der
Wolkenkratzerkonstruktion: einen Stahlrahmen, der mit
Mauerwerk verkleidet wird, indem er ornamentierte Kalksteinblöcke in wechselnden Dekorstreifen an den Fassaden anordnete. Das oftmals als erster autonomer Wolkenkratzer bezeichnete Gebäude besitzt ein eigenes Wärmekraftwerk, bei dessen
Stromproduktion Dampf entsteht, der für die Heizung verwendet wird. Es ist auch heute noch eines der meistfotografiertesten Wahrzeichen New Yorks.
Abb. 4: Das Flatiron Building
Metropolitan Life Tower
Das Wahrzeichen der Metropolitan Life Insurance Company wurde 1909 von Napoleon Le
Brun erbaut. Der 213 Meter hohe Turm, welcher dem Campanile in Venedig nachempfunden
ist, trägt die typischen Merkmale des Klassizismus: die Einteilung in Basis, Schaft und
Kapitell. An seiner pyramidenförmigen Turmspitze finden sich vier Uhren, welche von italienischen Renaissance-Motiven wie Girlanden und Blumen umgeben sind. Der Minutenzeiger
einer Uhr wiegt bereits rund 500 kg.
1960 wurde die ursprüngliche Marmorfassade durch Kalkstein ersetzt und
der Originalfassadenschmuck entfernt, so daß heute das frühere Aussehen nur noch erahnt werden kann.
Abb. 5: Der Metropolitan Life Tower
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Architektur New Yorks
Daniela Zapf
Empire State Building
Das 1931 erbaute Gebäude der Architektengruppe Shreve, Lamb & Harmon war bis 1973
(Erbauung des World Trade Centers) mit 381 Metern das höchste Gebäude der Welt. Es hat
102 Stockwerke und bricht, außer dem Höhenrekord, auch noch weitere Rekorde:
Die Bauzeit - vier Etagen pro Woche - und die Kosten, 41 statt 50 Millionen Dollar, waren
wesentlich geringer als geplant.
Dies ist der Billigbauweise und der Weltwirtschaftskrise
mit sinkenden Lohn- und Materialkosten zuzurechnen.
Das Empire State Building wurde in nur einem Jahr und
45 Tagen fertiggestellt, da man vorgefertigte Einzelteile
für den Bau verwendete. Sein Grundriß ist H-förmig, die
Basis besteht aus fünf Stockwerken, der Turm aus 85
Stockwerken.
Abb. 6: Das Empire State Building
Die verschwenderische Spitze aus Aluminium, Nickel und Stahl sollte auch als Ankermast für
Zeppeline dienen. Der Mast hält einen Seitendruck von 50 Tonnen aus. Das Luftschiff hätte
an den speziellen Anlegevorrichtungen des Kegels auf der Spitze befestigt werden können.
Diese Verankerungen waren durch eine Winde im darunterliegenden 8 Meter hohen Zylinder
mit einem Kontrollmechanismus auf der 87. Etage verbunden.
Vierzig Fahrgäste konnten auf der 102. Etage an Land gehen, von dort führte eine Treppe in
ein kreisförmiges Aussichtszimmer, von dem aus ein Fahrstuhl in die 85. Etage zu einer
Miniatur-Flughafenanlage fuhr, die Aufenthaltsraum, Gepäckaufbewahrung, Büro und
Zollstelle umfaßte. Allerdings haben nie Luftschiffe dort "angelegt".
Einige weitere statistische Zahlen: der Bau benötigte 10
Millionen Backsteine, 6.000 Fenster wurden eingebaut, rund eine
Million Meter elektrischen Kabels wurden verlegt und 5.000
Männer arbeiteten an der Erbauung. Leider hatten die Bauplaner
nicht mit der großen Depression gerechnet, so daß weite Teile
des Gebäudes über längere Zeit leerstanden - zeitweise hatte es
den Spitznamen "Empty State Building". Erst seit 1950 wurden
schwarze Zahlen geschrieben. Heute wird das Empire State
Building von 3,5 Millionen Menschen jährlich besucht.
Abb. 7: Das Empire State Building
Paramount Building
Das Paramount Building, 1927 von C.W. Rapp & Georg L. Rapp erbaut, ist ein ausgezeichnetes Beispiel für ein Gebäude mit Rücksprüngen, wie es die Zoning Ordinance von 1916 fordert. Hochhäuser dieser Bauweise werden auch "Setback Skyscraper" genannt. Das
Paramount Building hat auf 29 Stockwerken acht Rücksprünge.
Kurz vor dem Attikageschoß sind vier Uhren über vier Stockwerke an der Außenfassade
angebracht, an welchen nachts fünf Sterne leuchten. Die fünf Sterne sind das Markenzeichen
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Daniela Zapf
Architektur New Yorks
der Paramount. Auf dem Dach steht ein Globus, welcher die weltweite Macht von Paramount
Pictures symbolisieren soll.
Im Keller des Gebäudes befand sich das Paramount Theater, welches 1964 zu Büroräumen
umgewandelt wurde.
Chrysler Building
Als William van Alen 1930 das Chrysler Building erbaut, gewinnt er
den Wettstreit um das höchste Gebäude der Welt mit einer List: er
läßt nachträglich einen 60 Meter hohen und 30 Tonnen schweren
Stab, Vertex genannt, auf die Spitze setzen. Das Gebäude ist ein
Musterbeispiel für Gebäude des Art Decos. In der Lobby sind heute
noch die Wände aus rotem Marmor zu bewundern und die
Intarsienarbeiten der Aufzugtüren, die aus acht Holzarten aus aller
Welt geschaffen wurden.
Die Ikone des Automobilzeitalters demonstriert die Macht ihres
Erbauers auch an der Außenfassade. Im sechzehnten Stock sind
rings um das Haus Urnen im Art Deco-Stil angebracht. Im 30.
Stockwerk umgibt ein Fries aus Kühlerhauben und Kotflügeln das
Gebäude, darüber sind Wasserspeier angebracht, die Kühlerfiguren
der Firma Chrysler und darüber schließlich findet man acht Adler.
Überhaupt sehen einige Betrachter in dem gesamten Gebäude das
Symbol für eine Adlerfeder. "The whole building then becomes a
great eagle in flight, recalling the fantasy of motion behind the wheel
of a Chrysler" (NASH 1997, S. 51).
Abb. 8: Das Chrysler Building
In den 30er Jahren bewohnte die Fotografin Margaret Bourke-White einige Räume im 61.
Stockwerk. Abends und an den Wochenenden war sie oftmals die einzige Bewohnerin des
Gebäudes. Dann entstanden ihre berühmten Fotos der Stadt, wovon eines davon sie selbst
auf einem der Wasserspeier sitzend zeigt.
In den obersten beiden Stockwerken residierte Walter Chrysler in einer doppelstöckigen
Suite, darunter befanden sich die Räumlichkeiten des Cloud Club. Dort trafen sich die amerikanischen Industriemagnaten zum Gedankenaustausch, zu Geschäftsgesprächen und diversen Festlichkeiten, bei denen sie ihre Macht demonstrierten.
Heute scheint es, als ob eine neue Generation von Automobilherstellern das Chrysler Building
wieder zum kraftvollen Symbol für ihre Firmen ernennt. Am 10. Juli 2000 gibt ein Sprecher der
Daimler-Chrysler AG bekannt, daß die Firma Räume im Chrysler Building anmieten möchte,
um darin ein "virtual headquarter" einzurichten, einen Treffpunkt für Belegschaft, Investoren
und Mitarbeiter der PR-Abteilungen. Damit möchte sich die Firma auf ihre Wurzeln besinnen
und dem Gebäude einen Teil des alten Glanzes zurückgeben
(http://www.nytimes.com/library/national/regional/071000ny-chrysler-bldg.html).
Grand Central Station
Die Grand Central Station wurde in den Jahren 1903 bis 1913 von den Architekten Reed &
Stem und Warren & Wetmore erbaut. Sie gilt als Meisterwerk urbaner Planung im Zeitalter
des Art Decos. Das Gebäude, für dessen Bau 200 andere Gebäude abgerissen wurden, um
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Architektur New Yorks
Daniela Zapf
die riesigen Eisenbahntunnel zu graben, steht als Sinnbild für das "Tor zur Welt". Für die
Ankommenden als Tor zu New York und zum Westen. Damals kamen bereits sechzehn
Millionen Menschen jährlich an New Yorks 42. Straße an. Der
damalige Bahnhof war von Cornelius Vanderbildt um 1870
erbaut worden, der voraussah, daß sich Manhattan nur nach
Norden ausdehnen konnte. Das Passagieraufkommen wuchs
schnell, und um die Jahrhundertwende war der nicht gerade
bescheiden ausgelegt Bahnhof bereits zu klein.
Die Ausdehnung der Grand Central Station, die eine Stadt in
der Stadt darstellt, ist immens. Oberirdisch nimmt sie sechs
Blocks ein, unterirdisch zieht sie sich über sechzehn Straßenblöcke.
Abb. 9: Die Grand Central Station
Die Grand Central Station stellt 1913 eine völlig neue Form des Kopfbahnhofs dar, der drei
verschiedene Stationen in sich vereint: Auf der Westseite der oberen Ebene fahren die
Fernzüge ein, die Abfahrten der Fernzüge sind auf der Ostseite organisiert, so daß sich
ankommende und abfahrende Passagiere nicht behindern. Das untere Stockwerk wird
ausschließlich von Nahverkehrszügen genutzt, so daß auch Pendler und Reisende getrennt
bleiben. Ein System von Rampen, Treppen und Durchgängen sorgt für den Fluß der
Menschenmassen.
Die Haupthalle ist 140 Meter lang und 45 Meter hoch. Sie wird geprägt von wuchtigen Säulen,
hellem Marmor und strahlenden Kronleuchtern. Das sie überspannende Tonnengewölbe ist
mit 2.500 Sternen des Winterhimmels bemalt, welche jedoch spiegelbildlich und somit aus
der Sicht Gottes zu sehen sind. Geschwungene Treppenaufgänge führen hinauf zu Emporen
und Zwischenstockwerken, die der riesigen Halle ihre Wucht nehmen.
Doch als öffentlicher Raum hat der Bahnhof noch mehr zu bieten: es gibt Geschäfte, Kinos,
Gemäldegalerien, Restaurants, eine Kunstakademie, sogar eine eigene Zeitung.
Um die hohen Investitionen finanzieren zu können, erhielt die "New York Central Railroad"
sogenannte "air rights", die Genehmigung, über den Schienensträngen entlang der Park
Avenue Hochhäuser zu errichten. Die nun entstehende Stadt in der Stadt nannte sich
"Terminal City", um die sich später auch das Empire State Building und das Chrysler Building
gruppierten. Grand Central war der Kern, aus dem die Hochhausbebauung Midtowns entstand.
Nachdem die Grand Central Station im Automobilzeitalter lange ein Schattendasein fristete,
wurde sie 1978 zum Baudenkmal erhoben und schrittweise renoviert. Heute erstrahlt sie in
großen Teilen wieder im alten Glanz (MEHNERT 2000).
Rockefeller Center
Das Rockefeller Center besteht nicht aus einem einzigen Gebäude,
sondern aus einem Komplex von 14 Häusern. Fünf weitere Gebäude
wurden nach 1945 auf der anderen Seite der 6th Avenue hinzugefügt.
Das Rockefeller Center bietet Unterhaltung in der Radio City Hall, verbindet Nationen durch die Konzeption seiner Anlage - Maison de
France und British Empire Building stehen sich direkt gegenüber und
sind durch den Channel verbunden - und ermöglicht durch geschickte
Planung und Anordnung seiner Plätze viel Freiraum für Brunnen und
Abb. 10: Der Blick vom RCA Building in den Channel
Statuen.
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Daniela Zapf
Architektur New Yorks
Das RCA Building ist der Mittelpunkt des Rockefeller Center, einer kleinen Stadt für sich im
Zentrum Manhattans. John D. Rockefeller plante den Komplex 1928 in einer Zeit, in der die
meisten Bauherren nur an Einzelbauten dachten.
Das RCA Building ist der dominierende architektonische Akzent der Anlage. Der schlanke, 70geschossige Turm ist als Scheibenhochhaus mit leichten Rücksprüngen konzipiert, wurde
gemäß der bestehenden Baugesetze errichtet. Das Äußere ist mit
bekannten Art Deco-Reliefs geschmückt. Am Eingang des RCA
Buildings findet man "die Allegorie von Weisheit und Wissen" von
L. Lawrie, der damit die Wunderwerke des Rundfunks ehrt. Ein
weiteres Art Deco-Stilmittel ist die vergoldete Prometheus-Statue,
die auf der Lower Plaza / Sunken Plaza steht.
Die Internationalität, die Verbindung von Vergangenheit und
Gegenwart werden von den verschiedenen Kunstwerken symbolisiert. Einerseits scheinen die vielen Gemälde und Reliefs von der
Antike inspiriert zu sein, andererseits mahnen die Wanduhren
"Time is Money".
Abb. 11: Der Blick auf die Sunken Plaza mit der vergoldeten PrometheusStatue
Literatur
- Goldberger, P. 1984: Wolkenkratzer. Stuttgart.
- Le Blanc, S. 1998: Moderne Architektur in Amerika: ein Führer zu den Bauten des 20.
Jahrhunderts. Stuttgart.
- Mehnert, V. 2000: Wo Menschen - Flüsse zum großen Strom werden. In: Frankfurter
Allgemeine Zeitung. 11.05.00. Jahrgang 36.
- Morrone, F. 1998: The architectural guidebook to New York City. Layton.
- Nash, E. 1997: New York's 50 best Skyscrapers. New York.
- Sheppard, C. 1996: Wolkenkratzer. Stuttgart.
- Internet: Stand vom 10.07.2000:
www.nytimes.com/library/national/regional/071000ny-chrysler-bldg.html
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Architektur New Yorks
Anne Maschler
Hochhausarchitektur
New York ist neben Chicago eines der Entwicklungszentren der als "amerikanische
Kunstform" bezeichneten Wolkenkratzerarchitektur.
Um die begrenzte Fläche Manhattans einträglicher nutzen zu können, suchte man Ende des
19. Jahrhunderts nach Möglichkeiten, immer höhere Gebäude zu errichten. Der Bau eigentlicher "Wolkenkratzer" wurde erst durch die Erfindung und technische Weiterentwicklung des
Aufzugs und die Entwicklung des Stahlgerüstbaus ermöglicht.
Waren für die ersten, nur aus Stein erbauten Hochhäuser noch besonders dicke tragende
Wände erforderlich, so wurde beim Stahlgerüstbau die Fassade als eine Art "Vorhang" vor
das tragende Stahlgerüst gehängt. Diese leichte und stabile Bauweise, die erstmals Ende des
19. Jahrhunderts eingesetzt wurde, ermöglichte bisher unerreichte Gebäudehöhen. Bereits
1853 hatte Elisha Otis sein neues Sicherheitssystem für Personenaufzüge vorgestellt, das
einen Absturz der Kabine fast unmöglich machte. Dieser neuartige Aufzug, der 1857 erstmals
in ein neues Gebäude integriert wurde, bedeutete den letzten Schritt auf dem Weg zu sehr
hohen, über Treppen kaum noch erklimmbaren Gebäuden.
Als der erste Wolkenkratzer New Yorks wird das 1902 erbaute Fuller- oder auch Flatiron
Building bezeichnet. Ihm folgten eine Reihe weiterer Wolkenkratzer, unter anderem im Jahr
1915 das 39-stöckige Equitable Building. Dieses Gebäude wurde als massiver Block am
Broadway errichtet und verdunkelte durch seinen Schatten die umgebenden Straßen derartig, daß sich unter New Yorks Bürgern Unmut regte und die Stadtväter schließlich 1916 das
sogenannte "Zoning Law" verabschiedeten, die erste Bauordnung für Wolkenkratzer. Sie
schrieb vor, daß neu errichtete Gebäude künftig ab einer bestimmten Höhe zurückspringen
mußten, um Licht in die Straßen zu lassen. Diese Verordnung führte zum Bau einer Vielzahl
sich terrassenförmig verjüngender Wolkenkratzer, aufgrund ihrer Form auch "Weddingcakes"
genannt.
Eine Erweiterung der Bauvorschriften wurde 1958 durch die Errichtung des Seagram Building
bewirkt. Das Gebäude ist von der Straße zurückgesetzt und läßt damit Raum für einen der
Öffentlichkeit zugänglichen und einladenden Platz. Davon angetan, verabschiedeten die
Stadtväter 1961 eine Novellierung des Zoning Law und gestatteten nun zusätzliche
Stockwerke für die Schaffung öffentlichen Raums. Eine weitere Möglichkeit der momentan
gültigen Bauvorschriften größere Gebäudehöhen zu erzielen, besteht darin, benachbarten
Gebäuden "Luftrechte", also theoretisch erlaubte, aber nicht gebaute Stockwerke abzukaufen.
Bezüglich der Bauvorschriften haben sich vor Ort neue Informationen ergeben.
Die Zeitung "The Spirit" vom 09.03.2000 berichtet über Pläne des Stadtplanungskomitees, die
bestehenden Bauvorschriften grundlegend zu ändern. Dem Artikel zufolge wird den bestehenden Vorschriften insbesondere vorgeworfen, unübersichtlich zu sein und den Bau unansehnlicher Wolkenkratzer zu begünstigen. Durch das Zoning Law von 1961 würden vielfach
monolithartige Türme auf für die Öffentlichkeit wenig einladenden Plätzen errichtet und so das
Stadtbild verschandelt.
Die wichtigste der vorgeschlagenen Neuerungen der Bauordnung ist die Einführung einer
Maximalhöhe für Wolkenkratzer in Manhattan, mit Ausnahme einiger Bereiche in Midtown.
Wolkenkratzer würden dann deutlich niedriger und dafür wieder größer in ihrer Grundfläche.
Anlaß dieses Vorschlags ist u.a. der Bau des Trump World Tower, eines von Donald Trump in
Auftrag gegebenes Gebäude. Es soll mit etwa 280m Höhe das höchste Mietshaus der Welt
werden; nach der geplanten Verordnung dürfte es nur 160m Höhe erreichen. Der Stadtrat von
New York City wird im Spätsommer über den Vorschlag entscheiden.
Das Erscheinungsbild von Wolkenkratzern wird aber nicht nur von den Bauvorschriften, sondern auch von den ästhetischen Überzeugungen ihrer Zeit und von den Vorstellungen der
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Anne Maschler
Architektur New Yorks
Architekten und der Auftraggeber beeinflußt. Große Firmen wollen sich selbst, ihre
Firmenpolitik oder ihr Produkt durch ihre Gebäude repräsentiert sehen. Architekten waren zu
allen Zeiten beeinflußt von verschiedenen Stilrichtungen wie Beaux Art und Art Deco, dem
Internationalen Stil oder der Postmoderne.
Municipal Building (Centre Street, Ecke Chambers Street)
Das Municipal Building wurde 1914 als neuer Sitz für die Stadtverwaltung erbaut. Die
Architekten wollten in ihrem Entwurf modernen Hochhausbau mit klassischen Formen, wie sie
schon früher typisch für öffentliche Gebäude gewesen waren, verbinden. Dementsprechend
ist das 177m hohe Gebäude klassisch dreigeteilt in eine 3-stöckige Basis aus Säulen, einen
einfachen Schaft und einen von Säulen getragenen Turm. Der U-förmige Bau strahlt Präsenz
aus.
Da das Municipal Building sich über die Chambers Street spannt und bis zur Sperrung dieses Straßenabschnitts der Verkehr somit gewissermaßen durch das Gebäude floß, galt das
Municipal Building zur Zeit seiner Errichtung als städtebaulich äußert innovativ. Unterstrichen
wurde dies noch durch die Integration einer U-Bahn-Station in das Erdgeschoß.
Auf dem Turm des Gebäudes befindet sich die "Civic-Fame"-Statue, deren Krone mit fünf die
Wahlbezirke New York Citys repräsentierenden Türmchen besetzt ist.
Barclay-Vesey Building (auch N.Y. Telephone Building, 140 West Street)
Das 152m hohe Barclay-Vesey Building wurde 1926 erbaut. Das Gebäude sollte die New
York-Telephone Company beheimaten und so modern sein wie deren Arbeit war. Der
Architekt verzichtete daher auf klassische Formen und die zur damaligen Zeit üblichen historisierenden Elemente und versuchte gleichzeitig, das Gebäude als ein (sich seines Erachtens
aus dem Zoning Law von 1916 ergebendes) Arrangement von Massen darzustellen. Der
Grundriß des Gebäudes erstreckt sich über einen ganzen Block und beinhaltet keinen
Innenhof. Ein so massiver Bau war nur möglich, weil für viele Arbeitsvorgänge der
Telefongesellschaft kein Licht benötigt wurde. Das Gebäude gilt als Meisterwerk des Art
Deco, eines Stils, der sich besonders durch reichhaltige Verzierungen auszeichnet, jedoch
traditionelle Ornamente als nichtssagend empfindet. Dementsprechend ist das Barclay-Vesey
Building vornehmlich mit Motiven aus der Natur dekoriert. Die Lobby des Gebäudes zeigt
zudem auf Bronzeplatten und in Form von Deckenfresken die Geschichte der
Telekommunikation. Bei den Ausschachtungsarbeiten im Vorwege der Bebauung des
Grundstücks wurden Überreste einer niederländischen Siedlung entdeckt, deren Geschichte
ebenfalls in zahlreichen Ornamenten dargestellt wird.
General Electric Building (ursprünglich RCA Victor Building, 570 Lexington Avenue)
Dieses 173m hohe Gebäude wurde 1931 für die Radio Corporation of America errichtet. Es
weist besonders hinsichtlich seines Turms gotische Elemente auf, sollte aber gleichzeitig ein
Sinnbild moderner Technik sein und das neue Medium Radio zelebrieren.
Zahlreiche sehr expressionistische Details des Gebäudes verdeutlichen dies: diamantenförmige Ornamente symbolisieren einen in früheren Radios enthaltenen Kristall, auf mehreren
Ebenen der Fassade finden sich steinerne Abbilder der polynesischen Götter des Radios und
der Abschluß der Turmspitze stellt Radiowellen dar.
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Architektur New Yorks
Anne Maschler
Farben und Materialien (Granit, Marmor und Ziegel in verschiedenen Orange- und TerracottaTönen) wurden u.a. gewählt, um das Gebäude der angrenzenden St. Bartholomew - Church
anzupassen.
Lever House (390 Park Avenue)
Dieses 1952 erbaute, mit 92 m Höhe eher kleine Hochhaus ist eines der ersten, die nach den
Ideen des Internationalen Stils erbaut wurden. Dieser Stil, 1931 auf einer Ausstellung von
Philip Johnson erstmals so betitelt und von Mies van der Rohe maßgeblich weiterentwickelt,
sah Zweckmäßigkeit, Fortschrittlichkeit und Ordnung als Leitmotive an und verstand sich als
Paradigma modernen Lebens. Damit kam der Architekt des Lever House den Wünschen der
mit Seife und Waschpulver erfolgreich gewordenen Firma Lever nach einem Modernität und
Sauberkeit vermittelnden Gebäude entgegen. Gleichzeitig gewährte die Glasfassade des
Gebäudes Einblick und sollte so auf Ehrlichkeit und saubere Geschäfte verweisen. Das Lever
House wird von vier rechteckigen Säulen getragen und steht mit der Schmalseite zur Straße,
um weniger erdrückend zu wirken. Es war das erste Glasfassaden - Gebäude New Yorks und
erregte seinerzeit viel Aufsehen und beeinflußte das nachfolgende Hochhausdesign.
Zwischenzeitlich verwahrloste das Lever House etwas, das Stahlgerüst rostete und der Abriß
drohte. Bei unserem Besuch in New York konnten wir jedoch feststellen, daß das Lever
House inzwischen unter Denkmalschutz steht und gerade grundlegend renoviert wird.
Seagram Building (375 Park Avenue)
Dieses von Mies van der Rohe entworfene und 1958 fertiggestellte Gebäude gilt als der
Inbegriff des Internationalen Stils. Das Seagram Building steht auf Bronzesäulen und hat eine
Fassade aus Bronze und dunklem Glas, wobei hier zum ersten mal überhaupt alle Räume
vom Boden bis zur Decke verglast wurden. Die Seiten des Gebäudes stehen in einem
Größenverhältnis von 3:5 zueinander, was als ideale Proportion gilt. Eine angemessene Zier
für die Mies van der Rohes Leitidee "weniger ist mehr" folgende Schlichtheit der Form war
seiner Meinung nach die Qualität der Materialien. Sämtliche Accessoires des Gebäudes, von
Klingelschildern über Wasserhähne bis hin zu den die Glasplatten haltenden Schrauben, wurden eigens für das Seagram Building angefertigt. Das Gebäude ist von der Straße zurückgesetzt, so daß ein einladender Platz mit Sitzgelegenheiten und einem Springbrunnen entstehen konnte, was seinerzeit zu der genannten Änderung der Bauvorschriften führte.
Viele Architekten versuchten, das Design des Seagram Buildings zu imitieren, scheiterten
jedoch meist und produzierten eine Reihe banaler Glaskästen. Einige Kritiker behaupten
jedoch, auch das Seagram selbst sei eher unansehnlich, wenn man die Philosophie van der
Rohes nicht verstanden habe.
Met Life Building (früher Pan Am Building, 200 Park Avenue)
Das Met Life Building ist 246m hoch, hat eine achteckige Form und wurde 1963 nach einem
Entwurf von Walter Gropius errichtet.
Es gilt als das meistgehaßte Gebäude Manhattans, da es anstelle der üblichen Nord - Süd
eine Ost - West - Ausrichtung aufweist und so den Blick auf die Park Avenue blockiert. Zudem
wählte Gropius, der Glasfassaden als zu instabil empfand, Betonplatten als Fassade, die
ihrerseits die Masse des Gebäudes noch betonen. Obwohl es gemeinhin als Ironie des
Schicksals angesehen wird, daß Gropius' letzter Entwurf so offensichtlich mißlang, räumen
einige Kritiker ein, daß auf dem betreffenden Grundstück eigentlich gar kein Gebäude willkommen wäre.
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Anne Maschler
Architektur New Yorks
Citicorp Center (Lexington Avenue zw. 53rd und 54th East Street)
Das 1978 fertiggestellte und 275m hohe Citicorp Center mit seiner Fassade aus Aluminium
und Spiegelglas ist das erste postmoderne Gebäude der Stadt. Es bezeichnet die Wende
vom Internationalen Stil hin zu einer individuelleren Gestaltung, die sich hier vor allem in der
Dreiteilung des Gebäudes in Sockel, Mittelteil und Spitze sowie in der rein dekorativen dreieckigen Form der Spitze zeigt.
30% des Baugrundstückes gehörten der St. Peter’s Kirchengemeinde, die sich mit dem
Verkauf der Fläche und dem Abriß des Kirchengebäudes einverstanden erklärte, dafür aber
einen neuen Kirchenbau sowie die Schaffung öffentlichen Raums forderte. Der Architekt kam
dieser Forderung nach, indem er das Gebäude auf vier hohe Säulen stellte. Die so unter dem
Gebäude entstandene Plaza ist ebenso beliebt wie das sieben Stockwerke hohe Atrium im
Innern, das Geschäfte und Restaurants beherbergt. Durch diese Schaffung öffentlichen
Raums sollte außerdem demonstriert werde, daß öffentliches Interesse und Firmeninteresse
durchaus vereinbar sind. In der geschrägten Spitze des Citicorp Center befindet sich der erste
Resonanzdämpfer der Welt: wenn das Gebäude im Wind ausschwingt, rollt ein 400 t schwerer Betonblock auf einer geölten Platte mit Verzögerung in dieselbe Richtung. Schwingt der
Bau zurück, reduziert der Block die Schwingung.
Sony Building (früher AT&T Building, 550 Madison Avenue)
Als einer der Mitbegründer des Internationalen Stils wandte sich Philip Johnson in seinem
Entwurf für das 1984 fertiggestellte, 197m hohe AT&T Building neuen Ideen zu. Das Gebäude
sollte seine Antwort auf die Frage "Was ist postmodern?" sein.
Der Bau löste eine große Kontroverse unter Architekten und Laien aus. Vor allem die
Gebäudekrone, die oft mit einer Chippendale-Kommode verglichen wurde, zog viel Kritik auf
sich. Die Loggia des Gebäudes, eine Galerie aus Granitsäulen und Bögen auf Straßenhöhe,
wurde hingegen einstimmig gelobt.
Ob man es nun ästhetisch findet oder nicht, das AT&T Building ist in jedem Fall ein
Wegweiser in die Postmoderne.
Lipstick Building (885 3rd Avenue)
Das 1986 fertiggestellte Lipstick Building ist ein weiterer postmoderner Entwurf Philip
Johnsons. Es "verstößt" gegen vorherige Grundideen des Hochhausbaus, indem es nicht
eckig ist, sondern rund, keine Leichtigkeit ausstrahlt, sondern durch die Verwendung von
Granit eher Trägheit oder Schwere und außerdem durch die Farbe der Fassade weniger
zeitüberdauernde, sondern sehr modegebundene Ästhetik ausstrahlt. Trotzdem wurde auch
dieser Entwurf Johnsons vielfach gelobt, da er wieder einmal etwas völlig Neuartiges darstellte (Zitat des Architekten: "Effect before everything!"). Die runde Form des Lipstick Building
hebt sich von den umstehenden Gebäuden an der 3rd Avenue ab und ermöglicht so auch
höhere Mieten, die den hohen Wartungskosten Rechnung tragen.
Trump Tower (725 5th Avenue)
Der 202m hohe, im Auftrag von Donald Trump 1903 fertiggestellte Trump Tower, gilt als
Symbol der Dekadenz der 80er Jahre.
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Architektur New Yorks
Anne Maschler
Er ist architektonisch eher uninteressant, erregt jedoch Aufsehen durch sein pompöses und
durchaus als kitschig zu bezeichnendes Atrium mit sechs balkonartigen Ebenen aus rosa
Marmor, Gold und einem fünfstöckigen Wasserfall.
Der Trump Tower beherbergt sechs Einkaufsetagen, 20 Büroetagen und 40 Etagen mit
Luxuseigentumswohnungen.
Literatur
- Baedeker Buchverlag (Hrsg.) 1998: New York. 8. Aufl., Ostfildern.
- DuMont Buchverlag (Hrsg.) 1999: New York visuell. 4. Aufl., Köln.
- Dupret, J. 1998: Wolkenkratzer. Köln.
- Jencks, C. 1980: Skyscrapers, Skyprickers, Skycities. New York.
- Nash, E. P. 1999: Manhattan Skyscrapers. New York.
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Daniela Weber
Downtown Manhattan
Vom ältesten CBD der Welt zum Wohnviertel? - Veränderungen in der
Downtown Manhattans
"Über New York zu schreiben heißt, Zeichen in den Sand zu malen. Der Wind des Wandels
verweht, was gestern noch auszumachen war. Was sich fixieren läßt, gilt nur, bis die Tinte
trocknet; morgen mag es schon überholt sein. Wer weiß, ob dies Gebäude, jene Aussicht
noch bestehen, wenn ihre Beschreibung den Leser erreichen. Dauerhaft an New York ist nur
sein steter Wandel" (LIETZMANN 1979, S. 113).
Der amerikanische Stadtentwicklungsprozeß und der Niedergang der Kernstadt - Die
Entwicklung der Downtown nach dem zweiten Weltkrieg
Der Stadtentwicklungsprozeßes in den USA nach dem zweiten Weltkrieg ist vor allem durch
den Niedergang der Kernstadt (Downtown) geprägt. Dieser äußert sich hauptsächlich in
Verlust von Bevölkerung und Arbeitsplätzen zugunsten des suburbanen Umlandes.
Verschiedene Faktoren tragen zu einem Dezentralisierungsprozeß bei, der bereits in den
40er / 50er Jahren einsetzt, ein Trend, der bis in die 90er Jahre des 20. Jahrhunderts anhält
(vgl. FALKE 1987, S. 12 ff).
Der Suburbanisierungsprozeß vollzieht sich in mehreren Phasen:
Zunächst wandert die Industrie in das suburbane Umland ab. Dies zeigt sich besonders durch
den Verlust von Arbeitsplätzen in den Innenstädten, der sich vor allem im sekundären Sektor
bemerkbar macht. Ausgelöst wird diese Wanderungsbewegung durch sich verstärkende
Agglomerationsnachteile (hohe Bodenpreise, wenig Raum, schlechte Verkehrsanbindungen
etc.).
Ein weiterer Schritt der Suburbanisierung ist der Abzug der Wohnbevölkerung: Zwischen
1970 und 1980 verzeichneten 11 der 20 größten US- amerikanischen Städte einen
Bevölkerungsrückgang. New York City büßte in diesem Zeitraum 10,4% seiner Bevölkerung
ein. Nutznießer dieser Entwicklung ist das suburbane Umland, das seit den 40er Jahren
erheblich höhere Zuwachsraten hat als die Kernstadt. Möglich wird diese Entwicklung vor
allem durch die verstärkte Motorisierung und Verbesserung der Transportwege. In den 70er
Jahren erreicht der Suburbanisierungsprozeß in den USA einen neuen Höhepunkt. So wohnt
schon 1970 mehr als die Hälfte der Bevölkerung (55%) im Umland, 1980 sind es bereits 60%
(vgl. FALKE 1987, S. 15 ff). Die Gründe für die verstärkte Abwanderung der vorwiegend
weißen, einkommensstärkeren Bevölkerung sind vielfältig. Man spricht in der Literatur von
den sogenannten push- und pull-Faktoren. Zu den typischen push-Faktoren zählen vorwiegend soziale Phänomene wie Kriminalität, aber auch Umweltfaktoren wie Verkehrs- und
Lärmbelastung sowie Luftverschmutzung in der Kernstadt. Die pull-Faktoren hingegen sind
positive Anziehungspunkte im suburbanen Raum wie der Wunsch nach einem "Eigenheim im
Grünen", mehr Freiraum, höherer Sicherheit, besserer Schulen, sozialer und ethnischer
Homogenität sowie vergleichsweise geringeren Lebenshaltungskosten. Darüber hinaus muß
man noch eine Reihe weiterer Faktoren in Betracht ziehen, die für den Suburbanisierungsprozeß mit verantwortlich sind wie beispielsweise demographische Trends oder die
Steuerpolitik in den USA (vgl. FALKE 1987, S. 76).
Schließlich folgt der Einzelhandel der Wohnbevölkerung in die Suburbs. In den randstädtischen Gebieten entstehen große Einkaufszentren (malls), die meist an Verkehrsknotenpunkten gelegen sind und von dem großen, billigen Raumangebot profitieren (Platz für Parkplätze
und Erweiterung). Gleiches gilt auch für den tertiären Sektor. Die Standortdezentralisierung
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Downtown Manhattan
Daniela Weber
im Dienstleistungsbereich ist durch die Entstehung peripherer Bürozentren, sogenannter
"Edge Cities" geprägt. Wie der Begriff schon vermuten läßt, haben sie meist die Ausdehnung
und den Charakter einer eigenständigen Stadt. Vorteile solcher "Edge Cities" sind wieder das
große Flächenangebot sowie die günstige Verkehrsanbindung.
Die Innenstadt hingegen ist vor allem gekennzeichnet durch:
- eine zunehmend gering verdienende, überalterte Bevölkerung (hoher Anteil an Sozialhilfeempfängern), dadurch sinkende Steuereinnahmen und steigende Kosten
- teilweise überalterte Bausubstanz mit Verfallserscheinungen
- Hochhausbebauung: Uniformität, Kahlheit, kaum Belichtung & Besonnung der Straßenschluchten
- Probleme für Verkehr und Parkraumnot
- geplante Trennung von Flächen und Vierteln durch Schnellstraßen
- hohe ethnische Segregation
- ausgesprochen starke Viertelbildung
- hohe Kriminalitätsrate
In den 70er Jahren hat die Stadt New York unter einer schweren Finanzkrise zu leiden. In
relativ kurzer Zeit werden extrem viel Arbeitsplätze in der Kernstadt abgebaut. Am Ende des
Jahrzehnts ist der Anteil der "blue collar jobs" im produzierenden Sektor an der New Yorker
Wirtschaft fast um ein Drittel gefallen: Von 30% im Jahr 1970 auf 21% im Jahr 1980 (vgl. VOß
1992, S. 46). Der damit verbundene Verlust an mittelmäßig qualifizierten und bezahlten
Dauerjobs führt gleichzeitig zu einer sozialen Umschichtung. Zurück bleiben die weniger qualifizierten und am Arbeitsmarkt Chancenlosen. Diese Tendenz wird durch eine allgemeine
Höherqualifizierung der in New York nachgefragten "white collar" Berufe noch verstärkt.
Die Stadt hat Anfang der 80er Jahre unter einem schlechten Image zu leiden. New York muß
sich im Konkurrenzkampf mit London und Tokio um den Rang als Welthauptstadt des Finanzund Bankwesens beweisen. Eine massive Ent- und Umschuldungsaktion seitens der privaten
Banken sowie die Wirtschaftsförderungsprogramme, gezielte bauliche und finanzielle
Investitionserleichterungen, eingeleitet durch den neuen Bürgermeister Ed Koch (1978 - 89),
bewahren die Stadt vor dem Bankrott.
Im Dienstleistungsbereich entstehen in der Folge zwar neue Arbeitsplätze, die niedrig-qualifizierten sind jedoch noch schlechter bezahlt und häufig nicht auf Dauer. Es erfolgt eine weitere Polarisierung von arm und reich. Durch die Zuwanderung zahlungskräftiger Nachmieter,
aufgrund des erneuten ökonomischen Aufschwungs in der Stadt in den 80er Jahren, werden
die Lebenshaltungskosten in die Höhe getrieben, vor allem die Mieten, was bestimmte
Bevölkerungsgruppen weiter in große Schwierigkeiten bringt. Die Wohnungsnot der 70er
Jahre wird zum Dauerphänomen Obdachlosigkeit in den 80er Jahren. Am Ende der 80er
Jahre schätzt man die Zahl der Obdachlosen auf 100.000 Personen (vgl. VOß 1992, S. 49).
Die Stadt kämpft in den 80er Jahren gegen den weiteren Verfall der Wohnsubstanz. In
Manhattan geschah dies in hohem Maße auf privater Basis, da der Zustrom gut verdienender
Mitarbeiter des boomenden Finanz- und Dienstleistungsbereiches hohe Mieten ermöglicht.
Die Schattenseite dieser Verbesserungen ist die Verdrängung der alteingesessenen
Bevölkerung, was wiederum v.a. ärmere und ältere Menschen betrifft. Der zweite große
Börsencrash 1987 hinterläßt auch Anfang der 90er Jahre noch seine Spuren. Erst Mitte der
90er Jahre kann vor allem durch die Politik des neuen Bürgermeisters Giuliani wieder von
einem Comeback der Stadt gesprochen werden. Die Stadtverwaltung hat zwar u.a. durch
eine verschärfte Polizeipräsenz einen deutlichen Rückgang der Kriminalität in den letzten
Jahren erreichen können, jedoch hat das noch nicht viel daran geändert, daß ein enormes,
24
Miriam Dröge
Downtown Manhattan
weiter ansteigendes Konfliktpotential innerhalb sowie zwischen den ethnischen Gruppen vorhanden ist. Die sozialen Disparitäten wachsen in den 90er Jahren weiter an.
City, CBD oder Downtown New York
Die City beschreibt "einen zentral gelegenen Stadtteil, in dem die vorhandenen Nutzflächen
überwiegend administrativ und kommerziell genutzt werden und welcher höchste
Verkehrsintensität aufweist" (BÜHLER 1990, S. 85). Die City äußert sich demnach als ein
Funktionsbegriff und ist dadurch gekennzeichnet, daß dort eine räumliche Konzentration
hochrangiger zentraler Funktionen vorherrscht, deren Standorte vielfältig miteinander in
Beziehung stehen. Dabei können sich Standort- und Funktionsgemeinschaften bilden, die oft
räumlich gegliedert sind und sich in sogenannte funktionale Viertel, wie beispielsweise das
Bankenviertel, das Verwaltungsviertel äußern. Außerdem ist in einer City eine schnelle
Entwicklungsdynamik zu erkennen. Zu den wichtigsten Merkmalen der City zählen die höchste Funktionsdichte, ein hohes Verkehrsaufkommen bedingt durch hohe Einpendlerströme,
eine enorme Arbeitsplatzdichte bei geringem Anteil des produzierenden Gewerbes sowie viel
Tag- und wenig Nachtbevölkerung. Weiterhin ist zu berücksichtigen, daß eine City eine hohe
Bebauungsdichte aufweist, die Gebäude oft sehr hoch und repräsentativ gestaltet sind,
Schaufenster in den unteren Geschossen überwiegen und Geschäftspassagen und city - integrierte Shopping-Center einen wichtigen Bestandteil der City ausmachen (vgl. HEINEBERG
1993, S. 36). In einer City läßt sich eine Intensivierung der Nutzung der verfügbaren Flächen
erkennen. Die Boden- und Mietpreise innerhalb der City sind extrem hoch im Vergleich zu
anderen Stadtgebieten, was zur Folge hat, daß eine Verdrängung der Wohnbevölkerung zu
Gunsten kommerzieller und administrativer Funktionen stattfand (vgl. HOFMEISTER 1993, S.
162). Weiterhin ist anzumerken, daß der Zentralitätsgrad einer Stadt eine wichtige Rolle
spielt, da sich eine City nur "bei Städten, die eine bestimmte Bevölkerungszahl, eine
Wirtschaftsstruktur mit hohem Anteil an tertiären Funktionen und eine stark ausgeprägte
Zentralität aufweisen" (BÜHLER 1990, S.86), herausbilden kann. Der Begriff Downtown ist
synonym mit dem Begriff City zu verwenden, wohingegen der Central Business District (CBD)
lediglich das höchstzentrale Einkaufsgebiet umfaßt (vgl. LESER 1998, S. 147). New York City
hat zwei CBDs (Central Business District): den CBD Midtown und den CBD Downtown. Die
von Murphy und Vance 1954 entwickelte Definition zur Abgrenzung von Hauptgeschäftsbereichen in US- amerikanischen Städten beinhaltet den sogenannten CBD-Höhenindex
(CBDHI) und den CBD-Intensitätsindex (CBDII). Die Indexberechnung ergibt sich wie folgt:
Aus der Indexberechnung ausgeschlossen werden dabei folgende CBD-untypische
Nutzungen: Wohnungen, Einrichtungen der Regierung und öffentlichen Verwaltung, Einrichtungen von Organisationen (z. B. Kirchen), Industrie und Handwerk (mit Ausnahme von
Zeitungsdruckereien), Großhandel und Lagerhäuser, leerstehende Gebäude und Geschosse,
ungenutzte Flächen, Eisenbahntrassen und Rangierbahnhöfe (vgl. HEINEBERG 1989, S.
36).
CBD - Höhenindex = Gesamte Geschoßflächen mit CBD-typischen Nutzungen
(CBDHI)
Gesamte Gebäude - Grundfläche Baublock)
(pro Baublock)
CBD - Intensitätsindex = Gesamte Geschoßflächen mit CBD-typischen Nutzungen (pro Baublock)
(CBDII)
Gesamte Geschoßflächen
x 100
Als CBD - Abgrenzungskriterien gelten: CBDHI > 1; CBDII > 50%
25
Downtown Manhattan
Miriam Dröge
Die klassischen Stadtstrukturmodelle und ihre Anwendbarkeit auf Manhattan
Ausgehend von der Annahme, daß in der Stadt als sozialräumliche Einheit gewisse
Regelhaftigkeiten in der Stadtstruktur zu erkennen sind, entwickelten Burgess (1925 / 1929),
Hoyt (1939) sowie Harris und Ullman (1945) die drei klassischen Stadtstrukturmodelle, mit
dessen Hilfe diese Regelhaftigkeiten aufgezeigt und erklärt werden sollen.
Das Ringmodell von Burgess
Abb. 1: Das Ringmodell der Stadtentwicklung von E. W. Burgess 1925/29
Quelle: Heineberg, H. 1989: Stadtgeographie. 2. Auflage, Paderborn, S. 13.
Burgess entwickelte am Beispiel der Stadt Chicago das Ringmodell der Stadtentwicklung
(1925/1929), welches die Stadt in fünf Ringe von innen nach außen einteilt. In diesem
Zusammenhang hat er festgestellt, daß im ersten Ring, dem sogenannten Loop, der mit der
City gleichzusetzen ist, die höchsten Bodenpreise erzielt werden und Kaufhäuser, Einkaufszentren und Verwaltungsgebäude dominieren. Um den Loop herum folgt die Zone mit
Geschäften und Leichtindustrie. Hier finden sich auch die Arbeiterwohnungen aus der ersten
Phase der Industrialisierung. Dieses Gebiet ist sehr unattraktiv und unbeliebt, weil Industriegebäude und Häuser vom Zerfall bedroht sind und von der wohlhabenderen Bevölkerung verlassen wurden. In die leeren Wohnungen dieser Slums ziehen vor allem Zuwanderer ein und
bilden eine relativ homogene Gruppe. Als weitere Ringe schließen sich das MittelschichtWohngebiet und die Pendlerzone an. Burgess begründete die sozialräumlichen Strukturen
anhand der Hypothese des konzentrischen Wachstums, welche aussagt, daß sich eine Stadt
von innen nach außen tendenziell in alle Richtungen gleichzeitig ausdehnt. Weiterhin nennt
26
Miriam Dröge
Downtown Manhattan
er auch die "Hypothese eines von der City ausgehenden Wachstums- und Verdrängungsprozesses" zur Erklärung der sozialräumlichen Strukturen. Laut Burgess ist die Entwicklung vor
allem auf die Ausdehnung des tertiärwirtschaftlichen Sektors und die Expansion des CBDs
zurückzuführen. Er ist der Ansicht, daß Nutzungen und Bevölkerungsgruppen bei einer
Ausdehnung der Stadt in die jeweils nächste Zone wandern und sich die Anordnung der Stadt
durch die Expansion ständig verändert (vgl. HEINEBERG 1993, S. 12). Die Modellvorstellung
von Burgess wird oft kritisiert, weil die Fläche und der Boden als homogen betrachtet werden.
Aspekte, wie topographische Merkmale, Verkehrsachsen, die bei der Standortwahl von
Unternehmen und Wohngebieten auch entscheidend sind, bleiben bei diesem Modell
unberücksichtigt (vgl. FREY 1990, S. 96).
Das Sektorenmodell von Hoyt
Nach dem Sektorenmodell von Hoyt (1939) ist die Stadtentwicklung auf die Veränderung der
Wohnstandorte der wohlhabenderen Bevölkerungsschichten zurückzuführen. Hoyt kam zu
der Schlußfolgerung, daß sich die Stadt in relativ homogene Sektoren gliedert. Die unterschiedliche Nutzungs- und Sozialstruktur lagert sich
dabei keilförmig an die zentrale City an (HOFMEISTER
1993, S. 157). Am deutlichsten läßt sich diese
Entwicklung an den Industriestandorten mit anschließenden Arbeiterwohngebieten erkennen, die ihren
Standort entlang wichtiger Verkehrsleitlinien gewählt
haben. Die wohlhabenderen Bevölkerungsgruppen siedelten eher in anschließende Sektoren - eine Tendenz
zur Peripherie ist zu beobachten, die sich mit zunehmendem Einkommen noch verstärkt (vgl. HEINEBERG
1993, S. 13).
Abb. 2: Das Sektorenmodell von H. Hoyt
Quelle: Heineberg, H. 1989: Stadtgeographie. 2. Auflage,
Paderborn, S. 14.
Das Mehrkerne - Modell von Harris und Ullman
Harris und Ullman (1945) gehen von der Annahme aus, daß
ursprünglich mehrere selbständige Siedlungskerne existierten, die nach und nach zusammengewachsen sind. Eine
wichtige Hypothese des Mehrkerne - Modells ist, daß mit
der Größe einer Stadt auch die Zahl der Spezialisierungen
ihrer Kerne wächst. Dabei erfolgt die Stadtentwicklung nicht
um einen einzigen Kern, sondern um mehrere Kerne, die
unterschiedlich ausgeprägt sind (vgl. HEINEBERG 1993, S.
14).
Abb. 3: Das Mehrkerne-Modell von C. D. Harris und E. L. Ullman 1945
Quelle: Heineberg, H. 1989: Stadtgeographie. 2. Auflage, Paderborn, S. 14.
27
Downtown Manhattan
Nadja Wardenburg
Nun stellt sich die Frage der Übertragbarkeit der theoretischen Stadtstrukturmodelle auf
(Downtown) Manhattan. Betrachtet man die verschiedenen Theoriemodelle und ihre
Prämissen, so läßt sich feststellen, daß keines der drei Modelle genau auf Manhattan übertragbar ist. Zum einen liegt das sicherlich an der Inselform der Stadt. So sind dem Wachstum
der Stadt allein durch ihre morphologische Gestalt Grenzen durch den East und Hudson River
gesetzt. Dies schließt das Ringmodell von Burgess (1925/29) aus, das von einem konzentrischen Wachstum ausgeht, was auch für das Sektoren-Modell von Hoyt (1939) gilt. Zum anderen haben sich in New York City zwei CBD's (Central Business Districts) herausgebildet - es
kann also nicht, wie in den Modellen angenommen, nur von einem zentralen Zentrum ausgegangen werden. Auch das Mehrkerne-Modell von Harris und Ullman (1945) geht, wie die
beiden eben genannten Modelle von einer homogenen Nutzung innerhalb der einzelnen
Kerne aus. Zwar nehmen hier Anzahl und Spezialisierung der Kerne mit der Größe der Stadt
zu, eine Mischnutzung einzelner Stadtgebiete wird jedoch ausgeschlossen. Wenn überhaupt,
dann kommt von den genannten Modellen das Mehrkerne-Modell am ehesten in Betracht. Die
Frage, ob der CBD Downtown wirklich nur - wie in der Literatur definiert - gewerblich genutzt
wird, oder ob inzwischen auch andere Formen der Nutzung (Wohnen, Freizeit) anzutreffen
sind, soll anhand einer in New York durchgeführten Downtown-Kartierung untersucht werden.
Institutionen und Programme zur Revitalisierung der Downtown
Seit der Reagan-Ära lassen sich zwei Trends innerhalb der Stadtentwicklung erkennen. Zum
einen gab es massive Kürzungen bei Sozial- und Wohnungsprogrammen des Bundes, verbunden mit einer Dezentralisierung der verbleibenden Programme auf die Ebenen der
Einzelstaaten und Counties. Zum anderen entstanden in den 60er und 70er Jahren
Instrumente zur Revitalisierung von problematischen Stadtteilen, z.B. die Community
Development Corporation, um die integrierte Erneuerung in benachteiligten Stadtteilen zu
konsolidieren. Die Entwicklung der Strukturen von der traditionell sozialpolitischen Ordnung
hin zur qualitativen Umstrukturierung lokaler Wohlfahrtsstaatlichkeit war festzustellen. Mit der
Verabschiedung der Welfare Reform im Juni 1996 wurden sozial- und stadtpolitische
Rahmenbedingungen geschaffen. "Welfare to workfare" lautete die Modellentwicklung für
bessere Sozialpolitik im Hinblick auf einen Übergang zu aktiven Arbeitsplatz Beschaffungsmaßnahmen. Stadtteilverankerte Gruppen und private Akteure wurden vor
allem durch das Förderprogramm "urban policy" von Präsident Clinton unterstützt. Oberste
Priorität dieses Revitalisierungsprogramms ist die Schaffung von wirtschaftlichen Gelegenheiten, d.h. Arbeit für alle Einwohner. Des weiteren muß die wirtschaftliche Entwicklung auch
der Umwelt- und Gemeinschaftsentwicklung zugute kommen und drittens zwingt das Gesetz
alle beteiligten Akteure, d.h. Stakeholder und Bewohner zur Zusammenarbeit und führt so zur
Mobilisierung der Öffentlichkeit (vgl. Institut für Landes- und Stadtentwicklungsforschung
NRW 1999, S. 3-9).
City Planning Commission
Gegründet 1936 mit 7 Mitgliedern, operiert die City Planning Commission seit 1989 mit 13
Mitgliedern unter dem Vorsitz des Director of City Planning, dessen Amtszeit an die des
Bürgermeisters gebunden ist. Sie ist verantwortlich für die Durchführung der Planung im
Zusammenhang mit dem methodischen Wachstum und der Entwicklung der Stadt. Hierzu
gehört die Budgetierung und Zuordnung finanzieller Mittel in den Bereichen Hausbau,
Geschäfte, Industrie, Transport, Vertrieb, Erholung, Kultur, Gesundheit zum Wohl der
28
Nadja Wardenburg
Downtown Manhattan
Bevölkerung. Es gibt regelmäßige Anhörungen und Abstimmungen über Anträge zu den
Themen "Nutzung, Entwicklung und Verbesserung von Immobilienbesitz", die der
Regulierung durch die Stadt unterstellt sind. Im Zuge der Beratung dieser Anträge wird auch
eine Einschätzung - wie es das Gesetz fordert - der Umweltauswirkungen z. B. durch
bestimmte Nutzungen vorgenommen. Böse Zungen behaupten, die Arbeit der City Planning
Commission bestünde nur im Absegnen von bereits beschlossenen Veränderungen
(http://www.ci.nyc.ny.us/html/dcp/html/plancom.html).
Alliance for Downtown New York
Als wichtigste Institution zu Revitalisierung der Downtown New Yorks hat sich die 1995
gegründete Alliance zum Ziel gesetzt, der Downtown ihre herausragende Bedeutung in der
Welt wiederzugeben, d.h. sie wieder zum "24-Stunden und 7-Tage-die-Woche-Viertel" zu
machen, ihr die Bedeutung als historischer Flecken der Nation sowie Finanzhauptstadt der
Welt wiederzugeben. Sie finanziert sich aus Mitgliedsbeiträgen von 10 cent pro square foot
Besitz und hat ein Budget von 22 Millionen US Dollar. Das Verwaltungsgebiet der Alliance
heißt "Business Improvement District", umfaßt ca. 400 Blocks und erstreckt sich von der City
Hall im Norden bis zum Battery Park im Süden und vom East River im Osten bis zur West
Street mit einer Größe von 100 Millionen square feet (ca. 11 Millionen Quadratmeter). Der
"BID" verzeichnet ca. 8,5 Millionen Besucher pro Jahr. Die Aktivitäten der Alliance, die sowohl
festangestellte als auch ehrenamtliche Mitarbeiter beschäftigt, beinhalten z.B. einen eigenen
Security-Service, touristische Dienstleistungen, Straßenreinigung, Begrünungsmaßnahmen,
Ankurbelung der ökonomischen Entwicklung und Verbesserung des Transportwesens sowie
die Nutzung der Informationstechnologien. Als Beispiel ihres Engagements sei die Umwandlung des früheren Hauptsitzes der Bank of New York in der Wall Street 48 in 277 Mietwohnungen genannt, welche nach fünfjährigen Verhandlungen im Mai diesen Jahres abgeschlossen wurde (vgl. http://www.downtownny.com/da-a.htm).
Landmarks Preservation Commission
Die 1965 gegründete Landmarks Preservation Commission (LPC) ist verantwortlich für die
Identifizierung, Kennzeichnung und Regulierung der Wahrzeichen in New York City. Sie ist die
größte Institution dieser Art in den USA. Die Kennzeichnung der Wahrzeichen dient dem
Schutz des kulturellen und historischen Erbes, der Pflege und Förderung der Stadtattraktionen für die Bürger und nicht zuletzt für die Besucher. Vor der "Ernennung" zum Wahrzeichen
wird ein Gutachten erstellt. Die Gebäude müssen mindestens 30 Jahre alt sein.
Restaurationen oder Neubauten in historischen Vierteln müssen von der LPC genehmigt
werden. 1995 wurden 5.120 Genehmigungen erteilt, d.h. 14 pro Tag, ein Zeichen für eine starke "Bautätigkeit" in der Downtown. Es werden vier verschiedene Typen von Wahrzeichen
unterschieden: Individual Landmarks (Einzelwahrzeichen) wie z.B. das Woolworth Building;
Interior Landmarks (Gebäudeinnenräume) wie z.B. der Waiting Room des Grand Central
Terminals; Historic Districts (Historische Viertel) wie z.B. Tribeca oder South Street Seaport
sowie Scenic Landmarks (Landschaftliche Wahrzeichen) wie z.B. der Central Park. Ein
Beispiel aus der jüngeren Vergangenheit der Arbeit der Commission ist das Gebiet "NoHo",
nördlich der Houston zwischen Broadway und Lafayette Street gelegen, welches 1999 als 74.
Gebiet zum historischen District erklärt wurde. Auslöser hierfür war der nach drei Jahren erfolgreiche Versuch der Anwohner ein Loft aus dem 19. Jahrhundert zu erhalten. Weitere relativ "junge" Wahrzeichen sind das Seagram Building und das Guggenheim Museum (vgl.
http://www.ci.nyc.ny.us/html/lpc/html/lpcwhat.html).
29
Downtown Manhattan
Julia Krooß
Außerdem gibt es Lobbyisten- Vereinigungen, wie z.B. das Real Estate Board of New York,
welches allerdings nur im Interesse seiner Mitglieder handelt, und da dieses zumeist wirtschaftlicher Natur ist, ist kein gemeinschaftliches Interesse an der Revitalisierung der
Downtown erkennbar (vgl.
http://www.rebny.com/introduction_to_rebny.html).
Insgesamt läßt sich feststellen,
daß es zwei Hauptträger der
Revitalisierungsmaßnahmen
gibt. Zum einen die Alliance for
Downtown New York, die zwar
keine große ökonomische
Macht hat, die aber durch ihren
breiten Zustrom schon viel
bewegt hat. Größere ökonomische Auswirkungen hatten die
massiven Steuersenkungen
unter Bürgermeister Giuliani.
Foto 1: Der historische Distrikt an der
Pearl Street
Aufnahme: Anne Wiegert
Wohnkartierung in Downtown Manhattan
Ziel der Untersuchung war es, zu überprüfen, ob im CBD Downtown Manhattan, neben der
gewerblichen Nutzung auch Wohn-/ Freizeitnutzungen vorzufinden sind. Der bei der
Kartierung angewendeten Gebietsabgrenzung wurde die oben genannte Definition des CBDs
zugrundegelegt. Das Kartierungsgebiet grenzt im Norden an die Murray Street/Beekman
Street/Fulton Street/den Burling Slip, im Westen an die West Street, im Süden an Battery
Park/Battery Park City und im Osten an die South Street/den Franklin D. Roosevelt Drive.Die
Murray Street wurde im nördlichen Westen als Abgrenzung gewählt, da es sich bei den weiter nördlich angrenzenden Gebäuden um überwiegend Wohnhäuser handelt, die laut
Definition nicht zum CBD gehörigen. Gleiches gilt auch für große Teile der Battery Park City,
die ebenfalls für die Wohnnutzung gebaut wurden. Die einzige Ausnahme bildet hier das
"World Financial Center". Am East River wurde der Bereich des "South Street Seaport", der
der Freizeitnutzung dient, ausgeschlossen. Aufgenommen wurden alle Gebäude, die bereits
bewohnt oder im Umbau sind. Auf der Karte wurden außerdem die Hotelstandorte mit eingefügt (vgl. Abb. 5).
Als wesentliches Ergebnis der Kartierung wurde Wohnnutzung in ca. 50 Gebäuden festgestellt. Sie verteilt sich weitestgehend ungleichmäßig über das Untersuchungsgebiet. Hinzu
kommen Leerstände sowie Gebäude, bei denen eine baldige Umnutzung geplant ist. Der
Großteil der neuen Wohnungen wurde in den zwischen 1901 und 1950 errichteten Gebäuden
gebaut, die jüngeren, beziehungsweise ältesten Wohnhäuser bilden die Ausnahme. Das Alter
der Gebäude der Downtown ist Abb. 6 zu entnehmen.
Die meist jungen Bewohner der Downtown gehören laut einer durchgeführten Befragung der
Doormen hauptsächlich zur Oberschicht. Singles und junge Pärchen sind demnach zahlrei30
Julia Krooß
Downtown Manhattan
Auf- und Abfahrtsrampe
der Brooklynbridge
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Abb. 5: Die Wohnnutzung in Downtown New York
cher vertreten als Familien und ältere Menschen. Häufig vertretene Berufsgruppen sind u.a.
Rechtsanwälte, Broker, Bankangestellte und Makler.
Vergleicht man die Ergebnisse der Kartierung mit den klassischen Stadtstrukturmodellen
sowie CBD-Definitionen, so ist festzustellen, daß sich diese nicht auf die Downtown
Manhattans anwenden lassen. Vielmehr wäre die Entwicklung eines neuen Modells erforderlich, um den aktuellen Veränderungen gerecht zu werden. Die bereits existierenden Modelle
schließen eine Mischnutzung im CBD aus.
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Downtown Manhattan
Julia Krooß
Auf- und Abfahrtsrampe
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Quelle: Robbins, Y. (Hrsg.) 1999:
Office Buildings. Manhattan Downtown.
New York.
Erhebung: Studierende der Universität
Lüneburg
Kartographie: J. Krooß; A. Wiegert
Untersuchungsgebiet
Abb. 6: Das Gebäudealter in Downtown in New York
Die Funktionen Wohnen und Arbeiten sind in allen drei genannten Modellen streng voneinander abgegrenzt, die Downtown ist danach ausschließlich der gewerblichen Nutzung vorbehalten. Dies wurde durch die Ergebnisse der Untersuchung klar widerlegt.
Im abschließenden Teil sollen bereits erkennbare Trends und mögliche Visionen aufgezeigt
werden.
32
Florian Tietjens
Downtown Manhattan
(un)denkbare Zukunftsaussichten
Downtown Manhattan war lange Zeit "der" Inbegriff einer Downtown. Leben fand hier nur zu
den Büro-Öffnungszeiten an fünf Tagen in der Woche statt.
Viele der größten, weltweit agierenden Unternehmen hatten zumindest eine Niederlassung
hier. Die Downtown war geprägt durch bis zu 400.000 Arbeitsplätze. Wohnbevölkerung war
praktisch nicht vorhanden, das Angebot an Abendunterhaltung, Restaurants und ähnlichem
äußerst spärlich, Parkplätze absolute Mangelware.
Doch die Downtown von New York verändert sich seit einigen Jahren in unterschiedlichen
Dimensionen:
Zum einen wächst die Wohnbevölkerung. Dies ist auf die Umnutzung von Bürohochhäusern,
die aufgrund ihres Alters den heutigen Anforderungen der Unternehmen an "intelligente"
Bürogebäude nicht mehr gerecht werden, und nun als Wohnraum angeboten werden, zurückzuführen. Aufgrund gesetzlicher Restriktionen (der sogenannten "Zoning Regulation") ist das
Zusammenlegen von Gebäuden verboten, so daß expansionswillige Unternehmen ihre Büros
in Außenbezirke verlagern, wodurch sich weitere Umnutzungsmöglichkeiten ergeben. Bis
2002 sollen bereits 7.000 Wohneinheiten durch Umwandlungen geschaffen werden. Hinzu
kommen Neubauten wie "Battery Park City", wo durch Aufschüttungen im Hudson River im
Bereich alter Hafenpiers unter anderem Tausende neuer Wohnungen errichtet wurden. Man
schätzt die Einwohnerzahl südlich der Chambers Street bereits auf mittlerweile 20.000 Tendenz steigend, im Jahr 2003 soll die 30.000 Einwohnermarke erreicht sein. Die neuen
Bewohner der Downtown haben verschiedene Motive für ihre Wohnortwahl. Ein Großteil von
ihnen arbeitet in Downtown Manhattan. Die meist jungen Neu-Einwohner sparen sich also die
langen Pendelzeiten zwischen Wohnung und Arbeitsplatz. Laut einer Untersuchung der
Alliance for Downtown New York, Inc., gehen fast die Hälfte (49%) aller Downtown-Bewohner
zu Fuß zur Arbeit. Zum Vergleich: 35% fahren mit der Subway, 3% benutzen Taxen oder einen
anderen Fahr-Service, lediglich 1% fahren mit dem eigenen Auto, 4% benutzen andere
Fortbewegungsmittel und 8% arbeiten zu Hause (vgl. Jahresbericht 1999 der Alliance, S. 18).
Die Gehälter sind im Durchschnitt hoch und ermöglichen deshalb auch die Bezahlung der
verhältnismäßig hohen Mietpreise. Die Mieten in der Downtown sind aber dennoch ca. 10%
billiger als in den angrenzenden Stadtteilen TriBeCa und Chelsea. Ein weiteres Motiv kann in
dem beginnenden "In-Status" des Wohnens in Downtown vermutet werden.
Auch die touristische Infrastruktur verändert sich. Zu den "klassischen", ohnehin schon seit
langem vorhandenen Attraktionen wie der Wall Street mit der New Yorker Börse, dem "World
Trade Center" sowie den Ablegestellen der Fähren zur Freiheitsstatue und nach Ellis Island
kamen nach und nach der "South Street Seaport" mit einer Vielzahl an Shopping- und
Verpflegungsmöglichkeiten, das "Museum of Jewish Heritage", das "New York City Police
Museum" und einige Museen mehr hinzu.
Die Hotelerie trägt den wachsenden Besucherzahlen Rechnung und stockt ihre Kapazitäten
weiter auf; verschiedene Hotelketten planen neue Komplexe in Downtown Manhattan, um
allein den jährlich über sieben Millionen Urlaubsreisenden gerecht zu werden.
Als dritte wesentliche Säule der Veränderungen sind die verschiedenen Organisationen, allen
voran die "Alliance for Downtown New York" zu nennen, die sich mit der Wandlung der
Downtown befaßt. Sie tritt als Interessenvertretung auf, forciert verschiedene Veränderungen
wie die Begrünung der Downtown und schafft und pflegt das in den USA sehr wichtige
Gemeinwesen für Downtown Manhattan.
Die Neu-Einwohner der Downtown und die wachsenden Touristenströme bringen eine breit
gefächerte Nachfrage mit sich. Sie reicht von Geschäften für Lebensmittel und den täglichen
Bedarf, über Restaurants, Kneipen, Cafés und Bars, bis hin zu Freizeiteinrichtungen wie
33
Downtown Manhattan
Florian Tietjens
Fitneßstudios, Kinos und Theatern. Die ersten Unternehmen reagieren schon auf die
Veränderungen und folgen der Nachfrage, weitere werden folgen.
Jede neue Einrichtung jeglicher Art macht die Downtown wieder ein Stück attraktiver und
(er)lebenswerter. Mit dem zunehmenden Interesse seitens der Bevölkerung und der Touristen
wird vermutlich auch das öffentliche und städtische Interesse wachsen und zusätzliche
Investitionen möglich machen.
Bei derartigen Zukunftsaussichten stellen sich aber auch Probleme: Sowohl für PKWParkplätze, als auch für Einkaufszentren oder gar Vergnügungsparks, die ebenso "typisch US
- amerikanisch" wie platzraubend sind, fehlt in der Downtown schlicht der Raum.
Sollte tatsächlich derartig großer Raumbedarf für diese oder ähnliche Einrichtungen anfallen,
wäre ein Ausweichen in das westliche Brooklyn denkbar. Das River Café an der Brooklyn
Bridge und die Loftetagen für Künstler im Bereich Fulton Ferry weisen in diese Richtung. Viele
der genannten Veränderungen stecken noch in den Anfängen, längst nicht alle
Schlußfolgerungen sind zwangsläufig. Sollten sich aber die Trends wie bisher oder ähnlich
fortsetzten, wird sich die Downtown Manhattan in 10 oder 20 Jahren - allen geographischen
Modellvorstellungen und Prophezeiungen über den "Tod der Innenstädte" zum Trotz - zu
einem Zentrum pulsierenden Lebens entwickeln, und das nicht nur zu den Büro-Öffnungszeiten, fünf Tage in der Woche.
34
Downtown Manhattan
Literatur
- Bühler, T. 1990: City - Center: Erfolgsfaktoren innerstädtischer Einkaufszentren. Wiesbaden.
- Falke, A. 1987: Großstadtpolitik und Stadtteilbewegung in den USA: Die Wirksamkeit politischer Strategien gegen den Verfall. Basel, Boston.
- Frey, R. L. 1990: Städtewachstum - Städtewandel: Eine ökonomische Analyse der schweizerischen Agglomerationen. Basel, Frankfurt.
- Gamerith, W. 1999: Weltmetropole New York City. In: Geographische Rundschau 51 (1999),
H. 4., S. 196 - 202.
- Häußermann, H.; W. Siebel 1993: New York. Strukturen einer Metropole. Frankfurt / Main.
- Heineberg, H.; P. Busch (Hrsg.) 1989: Grundriß Allgemeine Geographie - Teil X:
Stadtgeographie. 2. Aufl. Paderborn.
- Hofmeister, B. 1993: Stadtgeographie. 6. Aufl., Braunschweig.
- Institut für Landes- und Stadtentwicklungsforschung NRW (Hrsg.) 1999: Integrierte
Stadtteilerneuerung und Bewohneraktivierung in den USA. Dortmund.
- Leser, H. (Hrsg.) 1998: Diercke - Wörterbuch Allgemeine Geographie. 10. Aufl., München,
Braunschweig.
- Lietzmann 1979: In: Mönninger, M. (Hrsg.) 1994: Last Exit Downtown - Gefahr für die Stadt.
Basel, Berlin, Boston.
- Mönninger, M. (Hrsg.) 1994: Last Exit Downtown - Gefahr für die Stadt. Basel, Berlin,
Boston.
- Robbins, Y. (Hrsg.) 1999: Office Buildings. Manhattan Downtown. New York.
- Schneider-Sliwa, R. 1999: Nordamerikanische Städte der Gegenwart. In: Geographische
Rundschau 51 (1999), H. 1, S. 44 - 51.
- Voß, A. 1992: New York verändert nicht nur sein Gesicht - Die sozialräumliche Entwicklung
der Weltmetropole zwischen den Jahren von 1970 bis 1990. In: Petz, U.; K. Schmals (Hrsg.)
1992: Metropole, Weltstadt, Global City: Neue Formen der Urbanisierung. Dortmund.
- Internet: Stand vom 10. Juli 2000:
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http://www.ci.nyc.ny.us/html/lpc/html/lpcwhat.html
http://www.rebny.com/introduction_to_rebny.html
35
South Street Seaport
Anne Wiegert
Die geologische und morphologische Struktur New Yorks
Auch der nordamerikanische Kontinent wurde während seiner erdgeschichtlichen
Entwicklung von mehreren Eiszeiten geformt, so auch die Stadt New York. Die geologische
Grundstruktur schaffte zwar den "Rahmen", die pleistozäne Eiszeit aber die sichtbare natürliche Form der Küsten- und Uferlandschaft New Yorks. Die Endmoräne der letzten Eiszeit
erstreckte sich über den Norden New Jerseys, Staten Island, Long Island und setzt sich in
Cape Cod fort (vgl. BONE 1997, S. 26).
Hervorgerufen durch die globale Erwärmung begannen die Gletscher vor ca. 13.000 Jahren
abzuschmelzen, und die glazial überprägten Täler des Hudson und East Rivers füllten sich
mit Schmelzwässern. Zwischen dem allmählich zurückweichenden Eisrand und dem
Endmoränenwall konnten sich Schmelzwässer in Eisstauseen sammeln. Die reiche
Hydrologie und Artenvielfalt der New York/New Jersey Hafen-Ästuare leiten sich aus ihrer
geologischen Komplexität ab. Steinige Ufer, enorm flaches Marschland und ein Netzwerk von
Tidekanälen und -inseln sind immer noch augenscheinlich. Keine anderen Ästuare der
Ostküste besitzen eine so vergleichbare Vielfalt unterschiedlicher Fauna und Flora (vgl. Bone
1997, S. 22).
Der Rücken Manhattan Islands, der sehr stark vom Gletscher überformt und abgeschliffen
wurde, besteht vorwiegend aus (Fordham) Schiefer, (Manhattan) Gneis und (Inwood)
Marmor. Schiefer und Gneis liegen in exponierter Lage auf Manhattan Island und lassen die
Oberfläche unregelmäßig, aber doch allmählich von Süd nach Nord ansteigen. Im Central
Park sind mehrere markante Punkte auszumachen, an denen der Gneis oberflächlich zu Tage
tritt. Der Marmor - ein metamorpher Dolomit - ist im Vergleich zum Gneis ein weicher
Kalkstein, der im Norden und Nordosten Manhattans stark erodierte. Noch heute hat man im
Isham Park (nördlicher Zipfel Manhattans; kleiner Teil des Inwood Hill Parks an der Seaman
Ave) die Möglichkeit, ca. 500 Millionen Jahre alten Marmor zu sehen. Zwischen Lower
Midtown und der Südspitze Manhattans taucht das Grundgestein ca. 30m unter die glazialen
Sedimente ab, zu tief, um Hochhauskonstruktionen im anstehenden Gestein verankern zu
können. Das zeigt auch die heutige Skyline Manhattans: Wolkenkratzer in Downtown und
Midtown, aber weniger hohe Häuser in den Stadtteilen Chelsea, Greenwich Village, Lower
East Side, Little Italy und SoHo.
Die Hafenentwicklung am East River
Die breiten und tiefen Wasserwege sowie die vielfach zerlappte Küste boten der Schiffahrt
seit der Entdeckung im 17. Jahrhundert gute Ankerplätze. "The European colonists were
quick to discover the geological attributes that made New York Harbor so hospitable, though
such advantages did not deter them from making 'improvements'. The necessity to establish
commerce with their home countries led the settlers to build docks and bulkheads extending
into the harbor, behind which fill was poured - some of it household refuse, but most consisting of soil and rocks collected from the leveling of land and from basement excavations"
(BONE 1997, S. 27).
Im Jahr 1647, das Jahr, in dem Peter Stuyvesant seine Arbeit als Gouverneur New
Amsterdams antrat, wurde der erste Pier - eine einfache Holzplattform - am Schreyers Point
errichtet, der heutigen Pearl und Broad Street (vgl. BONE 1997, S. 92).
Entlang des East Rivers entwickelten sich Ansätze des ersten Hafen Manhattans. Dafür lassen sich folgende Gründe anführen: Zum einen war/ist der East River nicht so tief und strömungsreich wie der Hudson River. Zum anderen war er besser geschützt vor den aus dem
Norden herantreibenden Eisschollen, die den süßwasserreichen Hudson River schneller
36
Anne Wiegert
South Street Seaport
gefrieren ließen. So spielte auch das Material aus denen die frühen Piers gebaut wurden,
nämlich Holz, eine entscheidende Rolle für die - zunächst - Nichtnutzung des Hudson Rivers
als Anlegeplatz für Schiffe - sie hätten dem Eisgang nicht standhalten können.
Schon ca. 30 Jahre später (1676) kamen die ersten Überlegungen und Diskussionen über die
Errichtung des ersten Stein-Docks auf (vgl. BONE 1997, S. 94). Der große Sturm und die
anschließende Flut vom 29. Juli 1723 zerstörten aber begonnene Dockarbeiten und Schiffe,
so daß Überlegungen darüber, daß größere Schiffe auch eine größere Anlegefläche benötigten, erst ab 1731 umgesetzt werden konnten. "By 1800, most of the southern tip of Manhattan
had been ringed with public policy, adding about 729 acres of new land. As the city spread
northward, fresh and tidal marshes were filled to make space for the growing number of piers,
wharves, and other commercial shoreline facilities" (BONE 1997, S. 27).
Einen erneuten Stillstand der Hafenbauaktivitäten brachte die Amerikanische Revolution
(1775-1783) mit sich "and by the war's end, the maritime needs of the new nation were putting heavy demands on its battered port facilities" (BONE 1997, S. 96). Zwei außerordentlich
wichtige Ereignisse fachten den Bau neuer Pier- und Kaianlagen an und belebten somit den
gesamten Schiffsverkehr: 1807 erreichten die ersten Dampfschiffe den New Yorker Hafen und
1825 wurde der Erie-Kanal eingeweiht.
Mit dem Beginn des 19. Jahrhunderts stiegen Größe und Aktivitäten des Hafens, der sich entlang der South Street entwickelte. Engagierte Kaufleute schufen eine neue Hafenfront - sie
bauten neue Lagerhäuser und Schaltergebäude, um die in die Stadt kommenden und aus der
Stadt gebrachten Waren und Güter zu lagern und zu verladen. "In 1810, the ciy's major protoindustries were sugar refining, tanning and leather processing, and tobacco milling" (LIN
1994, S. 44).
Der Hafendistrikt wurde durch die Einweihung der Fulton Brooklyn Fähre (1814) und die
Gründung des Fulton Markets noch gestärkt. "Fulton Market, largest wholesale fish mart on
the Atlantic Coast, was established in 1821 as a retail market to supply the common people
with the necessities of life at a reasonable price. The market covers an area of six city blocks
bounded by Fulton, Water, Dover and South Street and includes two large markets on the
South Street docks near Fulton" (WPA 1939, S. 83). Mit der Eröffnung des Erie-Kanals im
Jahre 1825 konnten die landwirtschaftlich produzierten Güter und Produkte aus dem
Mittelwesten des Landes in den Hafen transportiert und nach Europa exportiert werden. Der
Hafen New York's wurde weltweit bekannt - 46% des gesamten Import-Export der Vereinigten
Staaten wurden durch ihn abgewickelt - und festigte seine Position entlang der South Street
(vgl. DOMOSH 1996, S. 12).
Ab dem Jahr 1846 änderte sich die Vormachtstellung des South Street Seaport durch die
Eröffnung der Hudson River Railroad an der Westküste Manhattans und der Erie Railroad
(vgl. DOMOSH 1996, S. 12). Dadurch wurde der Hafen am East River von einer moderneren
Entwicklung ausgeschlossen (vgl. PRIES 1999, S. 33). Außerdem muß bei der doch sehr einseitig klingenden Entwicklungsmaßnahme berücksichtigt werden, daß die neueren
Dampfschiffe aufgrund ihres Tiefgangs, auf größere Wassertiefen angewiesen waren. Durch
die natürlichen Gegebenheiten waren diese am Hudson River vorhanden und die
Hafenentwicklung verlagerte sich allmählich an die Westküste Manhattans. So konnte man
noch 1853 am New Yorker Hafen 112 Piers zählen, 57 davon am East River und 55 am North
River, dem südlichen Ende des Hudson (vgl. BONE 1997, S. 97). Die East River Docks eigneten sich noch lediglich als Anlegepunkte für kleinere Schiffe und Last- u. Schleppkähne für
Getreide, die den Erie-Kanal passierten (vgl. LIN 1994, S. 44).
Die Waterfront New Yorks, bestehend aus den Uferbänken des East,- Harlem- and North
Rivers, wurde 1870 dem Departement of Docks unterstellt "to formulate a master plan for the
waterfront and to oversee ist systematic development" (BONE 1997, S. 39). "During the
1880s and 1890s, the increasing size and number of ships, the demand for more plentiful pier
37
South Street Seaport
Anne Wiegert
space, and increased west-side shipping due to the Erie
Canal made the Hudson River the logical place to construct the next generation of large piers" (BONE 1997,
S. 116).
Anhand der linken Abbildung kann die ehemalige
Uferlinie Manhattans am East River nachvollzogen werden.
So erklären sich auch verschiedene Straßennamen
Manhattans aus den beschriebenen Aktivitäten am East
River, z.B. die 1694 eröffnete Water Street, die in ihrem
heutigen Verlauf die ehemalige Küstenlinie nachzeichnet (vgl. BONE 1997, S. 265) oder die Pearl Street, die
mit Muschel- und Austernschalen aufgefüllt wurde.
Abb. 1:
Map showing the high- and low water marks and original city grants
Quelle: Bone, K. (Hrsg.) 1997: The New York Waterfront - Evolution
and Building Culture of the Port and Harbor. New York, S. 30.
Abb. 2: Map showing high- and low water marks and original city grants of underwater land made to various parties 1686-1873, also pier- and bulkhead lines established 1750-1873; Quelle: Bone, K. (Hrsg.) 1997: The New York
Waterfront - Evolution and Building Culture of the Port and Harbor. New York, S. 30.
38
Anette Volk
South Street Seaport
South Street Seaport
Etwa in der zweiten Hälfte des 18. Jahrhunderts wurde New York zur führenden Hafenstadt
der Welt. Dort, wo sich heute am East River der South Street Seaport befindet, legten die
großen Segelschiffe aus aller Welt an.
Nachdem der Erie-Kanal 1825 eröffnet und das Dampfschiff erfunden war, verlagerte sich der
Hafenbetrieb mehr und mehr zum Hudson River. South Street Seaport verlor an Bedeutung
und geriet langsam in Vergessenheit.
In den 50er Jahren des 20. Jahrhunderts wurde bereits deutlich, daß die "reine" Hafenfunktion dort keine Zukunft hatte, lediglich der Fischmarkt behielt seine Bedeutung. Das Zentrum
des New Yorker Fischgroßhandels "Fulton Fish Market" existiert bereits seit 1821. Nordöstlich
des South Street Seaports (Pier 14-17) stand 1835 ein Holzverschlag für den Fischhandel,
der später (1869) von der Fischhändlervereinigung als erstes Verkaufsgebäude eingerichtet
wurde. Der Fischmarkt beschäftigt noch heute ca. 1.500 Angestellte und ist damit der größte
Nordamerikas. Neben dem Fischhandel war das Viertel auch durch Verlage, Druckereien und
Redaktionen sowie einige andere Einzelhändler geprägt, die inzwischen den Standort verlassen haben (vgl. PRIES 1999, S. 34).
Die Häuser am South Street Seaport stammen aus der Mitte des 18. Jahrhunderts, doch wurden sie natürlich im Laufe der Zeit als einfache Gebrauchsarchitektur immer wieder umgebaut. "By the 1930s, however, South Street had become part of the dark urban jungle, a street of dilapidated semivacant structures housing junk shops and cut-rate stores, frequented by
seamen and drifters. No matter how brilliant its past, the area around South Street and Fulton
Street had turned into a labyrinth of dark narrow streets, congested traffic and claustrophobic
development – a no-man’s land" (BOYER 1992, S. 196).
Erst Mitte der 60er Jahre entwickelte sich ein Bewußtsein und Interesse für die "historischen"
Baubestände der Stadt. "The emergence of the historic preservation movement as a powerful force in the evolution of New York's architecture and urbanism began not with an act of
conservation but with an act of destruction: the demolition in 1963 of McKim Mead & White’s
Pennsylvania Station, was deeply shocking to New Yorkers and provoked the establishment
of a mechanism for the legal protection of the city's architectural heritage. The rapid development of the historic preservation movement into a major political as well as cultural force in
New York was one of the principal 'success stories' in the city's evolution from the mid-1960s
on. The establishment of the New York City Landmarks Preservation Commission in 1965
was a decisive for the physical and social history of the city as the passage of the new zoning
law four years before" (STERN; MELLINS; FISHMAN 1995, S. 1091).
Auch mußten die Bestrebungen David Rockefellers - er bezeichnete die East River Waterfront
als "commercial slum" - das World Trade Center entlang des East Rivers zu errichten,
begrenzt durch Old Slip, Fulton-, Water- und South Street, letztendlich aufgegeben werden
(vgl. STERN; MELLINS; FISHMAN 1995, S. 198).
Mitte der 60er Jahre entwickelte sich eine zweite Idee für die Revitalisierung des South Street
Seaport Distriktes: "Since shipping activity on the waterfront had declined beyond repair, it
seemed a splendid time to recapture its glory days by building a maritime museum" (BOYER
1992, S. 197). Peter Standford gründete den Verein "Friends of South Street Seaport", um ein
"outdoor Museum" zu schaffen, daß an die Waterfront des 19. Jahrhunderts, "with its quaint
countinghouses, ship chandleries, and sail lofts", erinnert (BOYER 1992, S. 197).
Die City Planning Commission und Landmarks Preservation Commission "designated an eleven - block, thirty-eight-acre renewal area surrounding the Fulton Fish Market and roughly
bounded by the East River, John, Pearl and Dover streets. In contrast to the typical renewal
program, the commission sought not to raze and rebuild the district but, as Charles G. Bennett
reported in the New York Times, to transform it into an 'Old New York' neighborhood of resto39
South Street Seaport
Anette Volk
red historic buildings, museums, stores and apartements" (STERN; MELLINS; FISHMAN
1995, S. 215). Die "Friends of South Street Seaport" setzten sich für die Erhaltung des historischen Viertels ein. Durch ihre Aktivitäten gelang es, den South Street Seaport und die
Gegend zwischen Brooklyn Bridge und John Street teilweise zu sanieren. So konnten die 22
Gebäude an der Fulton Street, die aus der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts stammen und
zu den ältesten New Yorks zählen, erhalten werden (vgl. Pries 1999, S. 34). Kernstück sind
die Bauten der Schermerhorn Row entlang der Fulton Street zwischen South und Front
Street: 1811 hatte der New Yorker Großkaufmann Peter Schermerhorn ältere Gebäude zu
Kontoren und Lagerräumen zusammenfassen lassen. Zusammen mit den Aktivitäten des
Museums sollte so die Geschichte des New Yorker Hafens den Besuchern auf anschauliche
Weise vor Augen geführt und der gesamte Distrikt zu einem lebendigen Museum umgestaltet
werden.
Dieses Konzept mußte aber aus finanziellen Gründen in den letzten Jahren geändert werden.
"The federal government was no longer subsidizing urban renewal, the banks were waiting
for better times, and public interest in piecemeal preservation was on the decline" (BOYER
1992 S. 198). Ein privater Investor schien in dieser Situation der einzige Ausweg aus der
Misere. Im Jahre 1976 begann die Zusammenarbeit der Stadt mit der Rouse Company, die
schon erfolgreich shopping malls und festival markets entwickelt hatte. In der ersten Bauphase, die 1983 abgeschlossen wurde, entstand das neue Fulton Market Building. Zwei Jahre
später wurden die Bauarbeiten am Pier 17 beendet und das 34- stöckige Bürohochhaus
"Seaport Plaza" wurde eingeweiht (vgl. BOYER 1992, S. 198).
Auch die vom South Street Seaport Museum nach wie vor veranstalteten Aktionen ziehen
zahlreiche Gäste an, die an den Vorführungen, Schiffstouren und Flußfahrten teilnehmen
möchten. Obwohl viele Ideen des ursprünglichen Konzeptes nicht umgesetzt werden konnten, soll die "traditionelle" bzw. "ursprüngliche" Atmosphäre, das "lebende Museum" mit eben
diesen Attraktionen erhalten werden. Man kann sieben sorgfältig restaurierte Segelschiffe
bewundern, die dort vor Anker liegen, mit der "Pioneer", einem Schoner aus dem Jahre 1885,
auf Fahrt gehen oder auf Nachbauten historischer Schiffe Hafenrundfahrten unternehmen.
Der South Street Seaport Distrikt zwischen Beekman, Water und John Street und dem East
River ist also eine Ansammlung von teilweise sanierten alten Häusern, der sich in ein
Touristenzentrum mit Restaurants, Galerien und Boutiquen entwickelt hat, und für Liebhaber
des alten "Fulton Fishmarkets" recht neu, künstlich und herausgeputzt aussieht. Aber er ist
dennoch bei vielen Besuchern und New Yorkern populär, wie auch der Fisch, der immer noch
am Pier 18 in aller "Herrgottsfrühe" verkauft wird.
Die heutige Fischmarkthalle stammt aus dem Jahr 1907. Zwar versucht die Stadtverwaltung
immer wieder den Fischhandel zu verlegen, aber dies scheiterte bislang stets an der
Beharrlichkeit der überwiegend italienischen Händler. Nach neuesten Informationen ist der
Umzug der Fischmarktes in zwei Jahren zur Großmarkthalle in die Bronx definitiv beschlossen.
Heute wird der Fisch auf Tiefkühltransportern angeliefert. Im Erdgeschoß feilschen Händler
und Fischer um die Preise, im oberen Stockwerk befinden sich die Büros der Großhändler.
40
Katrin Schmidt
South Street Seaport
Festival Marketplaces
Durch die Suburbanisierung der Wohnbevölkerung und das Entstehen autofreundlicher
Shopping-Center an der Peripherie verloren die Downtowns immer mehr an Bedeutung (vgl.
HEINEBERG 1989, S. 93). Daraus folgte eine oft verlassene und meist unattraktiv gewordene Innenstadt.
Diesem Trend wollte James Rouse mit dem Konzept der Festival Marketplaces entgegenwirken. Er versuchte die Innenstädte mit einem Konzept wiederzubeleben, welches sich an den
menschlichen Bedürfnissen nach Kommunikation und Unterhaltung orientierte (vgl. MILLSPAUGH 1996, S. 15). Über Attraktionen und Veranstaltungen versucht das Management
ganzjährig Kunden anzuziehen (vgl. PRIES 1999, S. 35). "An urban-design theory had already evolved out of the Rouse Company's successful marketplace compositions. As mixed - use
centers, these small commercial enclaves were developed on the sites of old marketplaces.
Preferring the density of historic areas to wide-open shopping malls, the Rouse Company
rejected large-scaled, single-use structures like departement stores in favor of small retail
shops lining pedestrian passageways and open-air shopping promenades in a carefully regulated yet varied visual environment" (BOYER 1992, S. 198).
Ein weiteres Merkmal des Konzeptes ist der gastronomische Bereich, in dem unterschiedliche Fastfood-Angebote dominieren.
Die Festival Marketplaces werden häufig in ein historisches Gebiet integriert, das meist an
einer Waterfront liegt. Dies ist z.B. der Fall in Boston (Faneuil Hall Marketplace), Baltimore
(Harborplace), New Orleans (Riverwalk) oder New York mit dem South Street Seaport (vgl.
BOYER 1992, S. 181).
Zusammenfassen läßt sich das Konzept der Festival Marketplaces wie folgt:
- Fun, Food, Shopping
- historisches Gebiet, meist an einer Waterfront gelegen
- selten in alte Bausubstanz integriert (vgl. PRIES 1999, S. 35)
Das Konzept schien aufzugehen, da die Innenstädte besser besucht wurden. In den 80er
Jahren stellte sich allerdings heraus, daß die Kosten der Errichtung und des Unterhaltes, im
Vergleich zu "normalen" Einkaufszentren, ca. dreimal so hoch waren. (vgl. MILLSPAUGH
1996, S.16). Das liegt unter anderem daran, daß es kostspieliger ist, vorhandene Infrastruktur
in der Downtown zu verändern bzw. alte Bausubstanz zu sanieren, als ein vollkommen neues
Shopping Center "auf der grünen Wiese" zu errichten. Trotz der höheren Kosten eines
Festival Marketplaces gibt es wichtige Gründe für dessen Errichtung. Neben dem Image der
Downtown steigt auch der Wert der umliegenden bebauten und unbebauten Grundstücke
(vgl. MILLSPAUGH 1996, S. 16).
Als erster Festival Marketplace der Rouse Company wurde Faneuil Hall Market in Boston
eröffnet (August 1976), der in der alten Bausubstanz der Gebäude von North-, Quincey- und
South Market untergebracht ist (vgl. MILLSPAUGH, 1996, S. 36). Nachdem dieses erfolgreich
betrieben wurde, eröffnete die Rouse Company innerhalb kurzer Zeit weitere Festival
Marketplaces, z.B. Harborplace in Baltimore (Juli 1980), South Street Seaport in New York
(Juli 1983/85), Riverwalk in New Orleans (August 1986), Bayside Marketplace in Miami (April
1987), The Jacksonville Landing in Jacksonville / Florida im Juni 1987 (vgl. www. therousecompany.com).
Untersuchungen zeigen allerdings, daß nicht so sehr die Bewohner die Einkaufszentren nutzen, sondern vielmehr Touristen diese Anziehungspunkte besuchen (vgl. MILLSPAUGH
1996, S. 16).
41
South Street Seaport
Claudia Winkler
Festival Marketplace South Street Seaport
Aufgrund der finanziellen Krise und des nicht tragfähigen
Konzeptes zur Revitalisierung des Viertels durch das Museum,
beschloß die Stadt New York, dieses Areal an die Rouse
Company zu vermieten. Diese betrieben zu diesem Zeitpunkt
bereits Faneuil Hall Marketplace in Boston und Harborplace in
Baltimore.
Abb. 3: das Logo des Festival Marketplace South Street Seaport in New York
Quelle: South Street Seaport Directory. Rouse Company
A - Museum Block
B - Fulton Market Building
C - Pier 17 Pavilion
D - Schermerhorn Row
E - One Seaport Plaza
F - The Shops at Front Street
Abb. 4: schematische Darstellung des Festival Marketplace South Street Seaport
Quelle: South Street Seaport Directory. Rouse Company
42
Claudia Winkler
South Street Seaport
Das Konzept der Rouse Company für die Stadt New York sah ebenfalls den Bau eines
Festival Marketplaces und Bürohauses vor. Weiterhin beinhaltete der Entwurf eine erhaltende Pflege des alten Baubestandes ebenso, wie die Erneuerung und Neuvermietung der
Häuser des historischen Viertels. "Rouse proposed, with public assistance, to turn Fulton
Street into a pedestrian walk, to construct a pavilion with a historic flavor for restaurants and
boutiques on rebuilt waterfront piers, and to reconstruct a new festival food market on the site
where the Fulton Market sheds had stood for over 160 years" (Rouse Company Sept. 1980).
Dem Museum sollten die zu erwartenden Erträge von mehren Millionen zugeführt werden.
Allerdings traf dieses Konzept auch auf Ablehnung. Kritiker sprachen von "Rouseification" und
man warf der Company vor, den Besuchern nicht die Hafengeschichte näherbringen zu wollen und die museale Entwicklung voranzutreiben, sondern das historische Viertel auf "billige"
Weise zu vermarkten.
"Phase One saw Benjamin Thompson’s specially
designed New Fulton Market Building open in 1983,
Phase Two and Three were completed in 1985 with
the construction of new pier pavilions and a thirty-fourstory office tower called Seaport Plaza" (BOYER
1992, S. 198). Trotz der Kritiken war die Entwicklung
dieses Projektes zunächst erfolgreich. Zur Eröffnung
des Fulton Market Buildings zogen 39 Mieter ein. In
den restaurierten historischen Häusern eröffneten die
ersten Einzelhändler ihre Geschäfte. Das 1985 eröffnete Einkaufszentrum auf Pier 17 hat eine Größe von
261.000 square feet und bietet ca. 120 Einzelhändlern
und gastronomischen Betrieben eine gut besuchte
Verkaufsfläche. Während die Gastronomie überwiegend nicht-standardisierte Fast-Food Gerichte anbietet, finden sich heute im Textileinzelhandel viele
Filialen namhafter Ketten, wie z.B. Abercrombie &
Fitch, Ann Taylor, The Coach Store, Banana Republic
Men’s and Women’s, Gap, J. Crew oder Guess ? als
sog. "high-volume stores".
Foto 1: das Museumsschiff SS Peking
Aufnahme: Katrin Fischer
Der neue Festival Marketplace entwickelte sich zu einem Anziehungspunkt, der jährlich ca.
10-12 Millionen Besucher anzieht (vgl. www.therousecompany.com). Allein Pier 17 ist mit
rund USD 100 Millionen Jahresumsatz die zweitgrößte Mall in Downtown Manhattan (Rang
eins nimmt die Mall im World Trade Center ein) und befindet sich in einem Einzugsgebiet, in
dem über 20 Millionen Menschen leben (vgl. PRIES 1999, S. 37; vgl. www.therousecompany.com).
Für viele Geschäfte im historischen Viertel bedeutete die Eröffnung der Mall auf Pier 17 allerdings einen Rückgang der Umsatz- und Kundenzahlen, so daß viele von ihnen ihre Geschäftstätigkeiten aufgeben mußten. Entgegen des ursprünglichen Konzeptes mußten nun
die Läden auch an namhafte Ketten vermietet werden, wie die heutige Belegung der Pier 17Mall bestätigt. 1998 waren rund 24% der Verkaufsfläche des Fulton Market Buildings nicht
vermietet. Nach neusten Informationen der Rouse Company sind aber ein "32.000-squarefoot 'convention center' and a 20.000-square-foot Gap/GapKids/babyGap 2000 flagship store"
geplant (vgl. www.therousecompany.com). Trotz der Leerstände versucht die Rouse
Company maximale Mieten zu erzielen. So wurde beispielsweise die Miete des Ladens
43
South Street Seaport
Katrin Schmidt
"Captain Hook" von monatlich USD 2.000 auf USD 19.780,62 angehoben (vgl. MARTIN
1993).
Foto 2: Ansicht von der Brooklyn Bridge über den Festival Marketplace South Street Seaport
Aufnahme: Anne Wiegert
Kritisiert wurde, daß das Museum die Flächen für USD 2,40 pro sq.ft von der Stadt gepachtet und für USD 3,50 pro sq.ft weitervermietet hat - die Rouse Company allerdings von ihren
Mietern USD 50 bis USD 200 pro sq.ft verlangt. Dieses Verhalten wurde vom Unternehmen
mit hohen Investitionen sowie den Verpflichtungen gegenüber ihren Aktionären begründet.
Angesichts der Leerstände und um einer positiven Entwicklung nicht entgegenzuwirken, begnügt sich die Stadt derzeit mit Minimalmieten von USD 1,50 bis USD 2,00 pro sq.ft. für die
elf Blocks im historischen Distrikt (vgl. PRIES 1999, S. 37-39).
Auswertung der Befragung
Die Untersuchung sollte der Frage nachgehen, wie sich der historische Distrikt seit der
Eröffnung von Pier 17 entwickelt hat, wie Bewohner des Gebietes betroffen sind und ob eine
Revitalisierung der Waterfront am South Street Seaport erfolgreich war. Mittels einer
Befragung der Haushalte und ansässigen Geschäfte und Firmen sollte auch herausgefunden
werden, inwieweit die Angebote des South Street Seaports und Pier 17 genutzt werden.
Insgesamt wird das Angebot des Pier 17 von den Anwohnern stark frequentiert. Je nach
Angebot schwankt die Nutzung zwischen ca. 50 und 70 Prozent. Die Mehrheit der Personen
nutzt die Angebote des gastronomischen Bereichs von Pier 17. Des weiteren werden zu
einem großen Teil die Einkaufsmöglichkeiten genutzt (65%). Die Unterhaltungs-möglichkeiten, die Pier 17 als Festival Marketplace bietet, sind kein besonders großer Anreiz für die
Besucher des Pier 17. Die Gründe für das Nichtnutzen sind nicht hinreichend bekannt,
obwohl ein Aspekt die Hochpreisigkeit der Geschäfte ist. Dies haben immerhin 12,5%
genannt.
Von den Nutzern des Angebotes des Gebietes South Street Seaport, nutzen ca. 39% dies für
den Bekleidungseinkauf, während ca. 64% die Restaurants aufsuchen. Dagegen sind die
Besucher des Museums (17,2%) oder des Fischmarktes (10,9%) eher spärlich.
Fraglich sind hier die Gründe des Nichtnutzens. Der größte Teil nutzt die Angebote nicht, da
44
Katrin Schmidt
South Street Seaport
sie als zu teuer empfunden werden bzw. nicht das gewünschte Angebot vorhanden ist.
Weiterhin läßt sich noch feststellen, daß die Besucher die Angebote überwiegend im Sommer
nutzen (62%).
Die Häufigkeit der Besuche des South Street Seaports der von uns befragten Anwohner hat
sich auch nach der Eröffnung des Pier 17 nicht eklatant geändert. Ein Drittel der dort
Ansässigen frequentiert die umliegenden Geschäfte in gleicher Häufigkeit, während jeweils
rund 20% der Befragten das Angebot häufiger bzw. weniger nutzen. South Street Seaport
stößt bei der Mehrzahl der Anwohner eher auf positive Resonanz. Die neue Vielfalt der
Einkaufsmöglichkeiten durch Ansiedlung neuer Geschäfte hat das Angebot insgesamt verbessert. Weiterhin ergab die Umfrage, daß sich die Atmosphäre des Viertels positiv verändert
hat, was wohl auf den vermehrten Einzelhandel und die restaurierten Gebäude zurückzuführen ist.
Ein negativer Aspekt ist vor allem in den erhöhten Preisen zu sehen, wohingegen eine Überfüllung der Straßen respektive der Geschäfte nur teilweise konstatiert wurde. Beanstandet
wurde des weiteren, daß keine Geschäfte für die Deckung des täglichen Bedarfs vorhanden
sind, abgesehen von den überteuerten Restaurants. Einige Anwohner, insbesondere die
Studenten, kritisieren die fehlenden Unterhaltungsmöglichkeiten am Abend, wie Theater,
Kabarett, Diskotheken oder Kinos. Im Sommer jedoch werden häufig Musikfestivals und
Konzerte veranstaltet, die für einige natürlich auch eine starke Lärmbelästigung bedeuten.
Die Mehrzahl der von uns Befragten gab an, daß sie die Veränderungen des Umfeldes als
positiv empfinden. Die Kriminalitätsrate ist in ihren Augen gesunken und die Sauberkeit der
Straßen hat zugenommen, insofern hat sich für die meisten Anwohner die Lebensqualität verbessert. Der Zuzug neuer, gutsituierter Mieter hat sich auf die gesamte Umgebung positiv
ausgewirkt. Die damit einhergehenden gestiegenen Mieten sind eine negative Veränderung
nach Eröffnung des Pier 17.
80% der von uns Befragten erachteten die Erhaltung des historischen Distriktes für sinnvoll.
Als eine Bereicherung sehen viele Anwohner das Museum an. Es bietet interessante
Ausstellungen und Attraktionen, die speziell für Kinder anschaulich sind. Kritiker sprechen
von einer Kommerzialisierung zu Lasten des historischen Distriktes, dem z. B. der Pier 16, mit
seinen Obst- und Gemüsehändlern, Bäckereien, Fisch- und Delikatessenläden zum Opfer
fiel.
Den Standort des Fischmarktes befürworteten ebenfalls drei Viertel der interviewten
Anwohner, obwohl auch über belästigende Gerüche geklagt wird. Sie sind der Auffassung,
daß diese austauschbare, standardisierte "Mall" durch den traditionellen Fischmarkt eine
besondere Note bekommt, wie es selbst bei den anderen "Waterfronts" der Rouse Company
nicht gegeben ist.
Das zugrundeliegende Konzept des Festival Market Center, die Revitalisierung der
Innenstadtbereiche im allgemeinen und des Hafengebietes im speziellen, ist für zwei Drittel
der Anwohner unbekannt. Erstaunlicherweise ist vielen Anwohnern der Begriff des "Festival
Market Center" nicht geläufig, allerdings ist es ihnen nicht entgangen, daß das Viertel dadurch
revitalisiert wurde. Denjenigen, denen das Konzept geläufig ist, befanden es als Bereicherung
für ihr Viertel. Es wäre der Rouse Company anzuraten, das eigene Konzept bzw. dessen
Hintergrund mehr publik zu machen und dafür Marketingmaßnahmen zu ergreifen. Es wurde
ebenfalls bemängelt, daß zu wenig Werbung für bevorstehende Events und Attraktionen
getätigt wird.
45
South Street Seaport
Auswertung der Kartierung South Street Seaport
Im Folgenden soll veranschaulicht werden, wie sich die Flächennutzung des South Street
Seaports von 1998 bis zum Jahre 2000 verändert hat. Grundlage unseres Vergleichs, ist eine
frühere Erhebung (vgl. Pries 1999; S. 38f) des selben Gebietes.
POST
Water Street
Leerfläche
M M M
Garage?
Leerfläche
Hotel
G G
Leerfläche
M
M
Leerfläche
Elevated Highway
Fischmarkt
Festival
Marketplace
East River
0
Pier 15
Pier 16
Pier 17
100 Meter
Kartengrundlage: Manhattan Land Book of the
City of New York 1997 - 1998
Erhebung: Studierende der Universität Lüneburg
Kartographie: Anne Wiegert,
verändert nach M. Pries, 1998
East River
Legende
Leerstand
Sonstiger Einzelhandel
Ruine
Büronutzung
Fischhandel
Wohnnutzung
Sonstiges
Museum
Park
Einzelhandel-Textilien
M
Abb. 5: Die Flächennutzung im Erdgeschoß am South Street Seaport
46
Gastronomie
P
Parkflächen
South Street Seaport
Im Zuge der Revitalisierung ist nach erneuter Kartierung festzustellen, daß der Leerstand
bzw. die Ruinenfläche der Gebäude auffällig zurückgegangen sind. Besonders eklatant sind
die Veränderungen der beiden Häuserblocks angrenzend an Peck Slip bzw. zwischen Waterund Front Street. Die Umwandlung der Nutzung erfolgte zugunsten von Wohn- und
Büroflächen, aber auch der Gastronomieanteil hat sich deutlich erhöht.
Freifläche
POST
Freifläche
Freifläche
Freifläche
Freifläche
Freifläche
Freifläche
Freifläche
Freifläche
Freifläche
Freifläche
M
Freifläche
M
Freifläche
Freifläche
Elevated Highway
Elevated
Highway
Festival
Marketplace
East River
0
Pier 15
Pier 16
Pier 17
100 Meter
Kartengrundlage: Manhattan Land Book of the
City of New York 1997 - 1998
Erhebung: Studierende der Universität Lüneburg
Kartographie: Anne Wiegert,
verändert nach Pries, 1998
East River
Legende
P
Leerstand
Sonstiges
Gastronomie
Ruine
Büronutzung
Einzelhandel-Textilien
Parkflächen
Wohnnutzung
M
Museum
Abb.6: Flächennutzung vom Obergeschoß am South Street Seaport
Ein Rückgang der Geschäftsflächen ist ebenfalls im Textil-Einzelhandel feststellbar, insbesondere in dem Block zwischen Beekman und Fulton Street. Die Ursachen dafür könnten auf
der einen Seite, die erhöhten Mieten sein, auf der anderen Seite aber auch, daß die
Käuferzahl dort zu gering ist. Der Textil-Umsatz wird traditionell an der 5th oder Madison
Avenue getätigt. Liz Clairborne zum Beispiel ist an der 5th Avenue vertreten und hat ihren
47
South Street Seaport
Standort am Seaport aufgegeben. Die Anteile des Fischhandels sind trotz Kritiken in diesem
Zeitraum konstant geblieben.
Die Flächennutzung im Obergeschoß hat ergeben, daß die Wohnnutzung im South Street
Seaport Distrikt insgesamt zugenommen und die Leerstände abgenommen haben. Wohnen
hat sich also als Nutzung der Gebäude vermehrt, wobei die Schwerpunkte in den Bereichen
zwischen Dover Street und Peck Slip liegen. Die Büronutzung hat insgesamt zugenommen.
Der Schwerpunkt liegt in dem Bereich zwischen Beekman und Fulton Street. Teilweise sind
aber auch nur Verlagerungen der Büroflächen zu verzeichnen. Dies zeigt sich an den
Gebäuden am Burling Slip.
Während in der Kartierung von 1998 noch Textil-Einzelhandel zu verzeichnen ist, konnte
diese Nutzungsart in der Kartierung 2000 kaum noch festgestellt werden. Gastronomie gibt
es in dieser Obergeschoß-Kartierung nur in einem Häuserblock, welches keine Veränderung
bedeutet zu der vorherigen Kartierung, da dort ein Hotel liegt. Weiterhin vorhanden ist
außerdem das South Street Seaport Museum. Veränderungen sind des weiteren insofern
eingetreten, als daß es weniger Leerstände gibt als noch vor zwei Jahren. Die vorhandenen
Leerstände befinden sich hauptsächlich im Bereich Front Street Ecke Burling Slip. Trotz des
gesunkenen Leerstandes im South Street Seaport war es bei der Ortsbesichtigung sehr ruhig
innerhalb des Viertels. Dies kann allerdings daran gelegen haben, daß der Anteil der
Büronutzung sehr hoch ist und die Besichtigung am Wochenende stattfand.
Nach Auswertung der Unternehmensbefragung konnte festgestellt werden, daß alle
Interviewten mit ihrem jetzigen Standort zufrieden sind und vereinzelt sogar expandieren wollen. Das läßt natürlich, angesichts der Leerstands- und Ruinenrate an der Front Street darauf
hoffen, daß dafür bald geeignete Räumlichkeiten gefunden werden. Außerdem weist diese
Antwort auch darauf hin, daß sich die befragten Unternehmen im historischen South Street
Seaport Distrikt "wohlfühlen", und sich somit vielleicht auch eine Sensibilisierung für den
Schutz historischer Bausubstanz entwickelt hat. Trotzdem befürworteten nach Auswertung
des Fragebogens über die Hälfte der Geschäftsinhaber eine Verlegung des alten
Fischmarktes. Wägt man nun die einzelnen Positionen ab, auf der einen Seite die tägliche
Geruchs-, Lärm- und Verkehrsbelästigung durch den Fischhandel und auf der anderen Seite
der Schutz eines "historischen" Fischmarktes, so scheint diese eine, geschäftsbeeinträchtigende Seite zu dominieren.
48
South Street Seaport
Literatur
- Bone, K. (Hrsg.) 1997: The New York Waterfront - Evolution and Building Culture of the
Port and Harbor. New York.
- Boyer, M. C. 1992: Cities of Sale - Merchandising History at South Street Seaport, S. 181204. In: Sorkin, M. (Hrsg.) 1992: Variations on a Theme Park - the New American City and
the End of Public Space. New York.
- Domosh, M. 1996: Invented cities - The Creation of Landscape in Nineteenth-Century New
York and Boston. Yale.
- Heineberg, H. 1989: Stadtgeographie. Paderborn.
- Lin, J. C. 1994: The changing economy of the Lower East Side.. In: Abu-Lughod, J.
(Hrsg.), 1994: From Urban Village to East Village - the Battle for New York's Lower East
Side. S. 43 - 61, Cambridge (Massachusetts), Oxford (UK).
- Martin, D. 1993: New Yorkers & Co.; South Street Seaport: Just another mall? The New
York Times Oct. 17, 1993. In: Pries, M. 1999: Festival Marketplace als Konzept zur
Revitalisierung alter Hafenareale - das Beispiel South Street Seaport New York, S. 37.
- Millspaugh, M. L. 1996: Festival Marketplace. In: Urban Land Supplement. August 1996,
Washington, S. 15–17.
- Pries, M. 1999: Festival Marketplace als Konzept zur Revitalisierung alter Hafenareale das Beispiel South Street Seaport New York. In: Arbeitskreis USA der Deutschen
Gesellschaft für Geographie, Mitteilungsblatt Nr. 25. Lüneburg, S. 25-42.
- Rouse Company, McKeown & Franze, the Ehrenkrantz Group 1980: The Final EIS
Statement - Seaport Market Place. In: Sorkin, M. (Hrsg.) 1992: Variations on a Theme Park
- the New American City and the End of Public Space. New York.
- Stern, R.; T. Mellins; D. Fishman 1995: New York 1960 - Architecture and Urbanism between the Second World War and the Bicentennial. Köln.
- The Guilds Committee for Federal Writer’s Publication Data (Hrsg.) 1939: The WPA Guide
to New York City. Nachdruck New York 1990. In Arbeitskreis USA der Deutschen
Gesellschaft für Geographie, Mitteilungsblatt Nr. 25. Lüneburg.
- Internet vom 13.07.2000: http://www.therousecompany.com
49
Chelsea Piers
Bettina Kuppert
Wenn hier von der 'Revitalisierung des Hudson River Ufers' gesprochen wird, ist eine
Erneuerung bzw. Umnutzung der alten Uferareale und Hafenanlagen am westlichen Hudson
River Ufer auf der Seite Manhattans zu verstehen.
Über verschiedene Beispiele mit erfolgreichen Revitalisierungsprogrammen in einigen
großen Hafenstädten wurde in der Vergangenheit mehrfach berichtet. Da diese Flächen in
der Regel relativ groß sind und durch die Wassernähe eine gewisse Attraktivität aufweisen,
liegt es nahe, diese Areale einer Umstrukturierung zur Verfügung zu stellen. Die
Möglichkeiten einer Umnutzung sind vielfältig, doch häufig an die gegebenen Bedingungen
anzupassen. Öffentliche Parkanlagen, neu geschaffene Wohn- und Arbeitsräume oder
Konferenzzentren auch Museumseinrichtungen sind Inhalte solcher Planungen.
In Manhattan New York wurde an der Hudson River Waterfront bereits in den 90er Jahren
"Battery Park City" fertiggestellt und einer neuen Nutzung zugeführt (vgl. BONE 1997, S.
210). Dies sollte aber nicht das einzige Beispiel der Revitalisierung dieser Uferseite bleiben,
denn etwas weiter nördlich, etwa zwischen der Perry und der 19. Straße, fand in den letzten
Jahren eine erfolgreiche Umnutzung der Chelsea Piers statt.
Im folgenden soll nun ein kurzer Überblick der historischen Entwicklung an der Hudson River
Waterfront geliefert werden und anschließend die Geschichte der Chelsea Piers mit ihrer
erlebten Revitalisierung vorgestellt werden. In der Zusammenfassung wird eine Einschätzung
über den Erfolg und eine mögliche Weiternutzung des vorgestellten Revitalisierungskonzeptes geliefert.
Die historische Entwicklung der Hudson River Waterfront
Die Geschichte der Entwicklung der Waterfront ist von intensiven Konflikten zwischen privaten und öffentlichen Interessengruppen sowie zwischen der Regierung und lokalen
Gemeindeverbänden gekennzeichnet. Es ist dennoch festzustellen, daß kommerzielle
Unternehmen die Entwicklung der Hudson River Waterfront bis in die 60er Jahre hinein
beherrschten, bis der dortige Hafen seine Bedeutung als Fracht- und Passagierhafen langsam verlor. Die Wirtschaft war stets treibende Kraft im Entwicklungsprozeß der Hudson River
Waterfront.
Ende des 19. Jahrhunderts dominierte noch die Szene der Kriminalität, Prostitution, Krankheitsepidemien und verfallenen Gebäuden das Gebiet der Hudson Waterfront, allerdings lag
hier jedoch das enorme wirtschaftliche Potential. Um einerseits dieses Potential zu nutzen
und andererseits den abschreckenden, slumartigen Zustand der Waterfront zu verbessern,
wurde mit dem Bau der repräsentativen Chelsea Piers begonnen, die das 'Herzstück' der
Hudson Hafenanlage bildeten.
In der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts ließen jedoch die wirtschaftlichen
Unternehmungen stetig nach, was die Region der Waterfront in eine Art Identitätskrise führte. Es konnten keine klaren Vorstellungen und Beschlüsse über eine sinnvolle Neunutzung
gefaßt werden. Der Streit über städtische bzw. natürliche Nutzungen und der von verschiedenen Seiten erhobene Anspruch der Entscheidungsträgerschaft machte selbst die bescheidensten Pläne zunichte.
Dennoch war der Wunsch, an die glanzvollen Jahre mit brillanten Revitalisierungskonzepten
anzuschließen, enorm groß, gerade im Hinblick auf das kommende 21. Jahrhundert und das
neue Jahrtausend.
Die Stadt New York, die mittlerweile zu einer der bedeutendsten Metropolen der Welt avanciert war, mit ihrem zweifelsohne bekanntesten Stadtteil Manhattan, hatte es so lange nicht
geschafft, einen einheitlichen Umnutzungsplan für die Hudson River Waterfront vorzulegen
(vgl. BONE 1997, S. 193).
50
Bettina Kuppert
Chelsea Piers
Die Bedingungen, die Manhattan in seiner geschichtlichen Entwicklung beeinflußten bzw., die
die folgende Entwicklung lenkten und auf welche die geplanten Entwicklungsschritte abgestimmt werden mußten, sollen im folgenden als Einflußfaktoren vorgestellt werden.
Einflußfaktoren auf die Entwicklung und Bedeutung der Waterfront
Topographisch betrachtet, hat Manhattan in den letzten 150–200 Jahren eine enorme
Veränderung erfahren. New York ist zu einem der dichtbesiedeltsten Orte in den USA geworden und das in einem Zeitraum von 'nur' 150 Jahren. Marschland, Sumpfgebiete oder ähnliche ufernahe Flächen wurden für eine menschliche Besiedlung urbar gemacht.
Allein zwischen 1953 und 1973 wurden in New York 5.000 acre (20,24 km2) Feuchtgebiet
trockengelegt, in New Jersey waren es sogar 12.000 acre (48,56 km2). Insgesamt wurden in
New York 47.000 acre (190,21 km2) und in New Jersey 29.000 acre (117,36 km2) Land aufgeschüttet (vgl. BONE 1997, S. 31).
Auch auf Höhe der 14. Straße in Manhattan wurde zwischen dem East und dem Hudson
River Mitte des 19. Jahrhunderts Land aufgeschüttet, da die Insel an dieser Stelle bei
Hochwassertide durch die Flut quasi halbiert wurde (vgl. BONE 1997, S. 27). Auch heute
noch hat das ehemalige Marschland Einfluß auf die Stadtentwicklung, denn der Boden stellt
immer noch, trotz Aufschüttungen, ein zu instabiles Fundament für den Bau von
Wolkenkratzern dar. Manhattan hat seit der Besiedlung durch die Holländer rund 30% an
Landfläche hinzugewonnen.
Die Europäischen Siedler in New York erkannten schnell die Vorteile eines Hafenstandortes.
Der Bedarf an Gütern aus der Heimat veranlaßte die Siedler, Handel über Schiffsverkehr zu
betreiben, was zwangsläufig zum Ausbau der Hafenanlagen führte. Nebenbei half die technische Entwicklung von "Saugbaggern" im späten 19. Jahrhundert bei der Landaufschüttung.
Mit dem Hafenbau entstand innerhalb relativ kurzer Zeit eine "Ringmauer" um das südliche
Manhattan; die ursprünglich flache, schlammige oder felsige Uferzone wurde in eine steil
abfallende Kaikante transformiert (vgl. BONE 1997, S. 27). In New Jersey setzten die
Landaufschüttungen und Transformationen der Uferzonen erst später, gegen Ende des 19.
Jahrhunderts, ein. Allerdings wies dieser Standort bessere Expansionsmöglichkeiten für
einen aufstrebenden Hafen auf, was die Entwicklung des New Yorker Hafens entscheidend
beeinflußte (vgl. BONE 1997, S. 31). Darauf wird aber nochmals im nächsten
Gliederungspunkt eingegangen.
Abb. 1: Chelsea Piers, Manhattan 1917
Quelle: Bone, K (Hrsg.) 1997: The New York Waterfront. New York, S. 198.
51
Chelsea Piers
Bettina Kuppert
New York stand auch unter dem Einfluß des allgemeinen Zeitgeistes, man könnte fast sagen,
unter dem Einfluß des allgemeinen "Größenwahns". Von der Welle der Erfindungen zur Zeit
der Wende ins 20. Jahrhundert konnte New York enorm profitieren. So verhalf zum Beispiel
die Erfindung des Aufzugs (Otis 1854 Erfindung einer Absturzsicherung; 1857 erster Einsatz
eines Personenaufzuges) zum Bau der vielen Wolkenkratzer (vgl. EVERT 2000). Es herrschte ein regelrechter Konkurrenzkampf zwischen den Erbauern, wer das höchste, schönste und
repräsentativste Gebäude besitzt. Diese Tendenz zur öffentlichen Reichtums- und
Machtdemonstration schlug sich auch in der Konstruktionsweise einiger Hafenanlagen nieder. Die Bedeutung New Yorks als Welthafen sollte klar hervorgehoben werden.
Diese genannten Faktoren nahmen
auf
die
Entwicklungsschritte des New
Yorker Hafens und die Hudson
River Waterfront Einfluß.
Abb. 2: Chelsea Piers 54 und 56
Quelle: Bone, K (Hrsg.) 1997: The New York Waterfront. New York, S. 200.
Entwicklungsschritte der Hudson River Waterfront
Zunächst wurden Hafenanlagen ausschließlich auf der East River Seite Manhattans erbaut,
was mit den geographischen Gegebenheiten zusammenhing. Der East River hatte einerseits
eine geringere Strömung und eine geringere Tiefe und andererseits war er auch im Winter
eisfrei (vgl. BONE 1997, S. 27).
So befand sich im Südwesten der Insel an der Hudson River Seite zu jener Zeit noch vorwiegend Wohnraum. Die Piers des East Rivers wurden aber mit der Zeit für die größeren
Schiffe zu klein, so daß man, mit Hilfe von bautechnischen Fortschritten anfangs des 19.
Jahrhunderts, auch Hafenanlagen am Hudson River erbaute. So wurde die Waterfront auch
hier zum Wirtschaftsstandort. Um 1830 war New York schon der bedeutendste Hafen
Amerikas, hierbei standen natürlich stets kommerzielle Interessen im Vordergrund (vgl.
BONE 1997, S. 196).
Wie schon erwähnt, befanden sich an der Waterfront zur Zeit der Jahrhundertwende
Schlachthäuser und Räuchereien, die eine Brutstätte für Epidemien wie Typhus, Cholera oder
Gelbfieber darstellten. Auch die Wohnhäuser waren noch wenig "repräsentativ", sie konnten
eher mit "Slums" verglichen werden (vgl. BONE 1997, S. 198).
In einem nächsten Entwicklungsschritt sollten diese chaotischen Zustände an der Waterfront
beseitigt werden, da diese die eigentliche Attraktivität des Gebietes überdeckten, und man
gründete im Jahre 1870 zu diesem Zweck das Department of Docks. Nebenbei entstanden
auch das Department of Public Parks, das Department of Public Works und das Department
of Buildings, um die verschiedenen Pläne und Bauvorhaben der einzelnen Interessen- und
Anspruchsgruppen "in geordnete Bahnen zu lenken" (vgl. BONE 1997, S. 42). Aufgabe des
Department of Docks (DOD) war es, einen sog. "master plan for the entire waterfront" zu
52
Bettina Kuppert
Chelsea Piers
erstellen (vgl. BONE 1997, S. 43).
Hierbei sollte natürlich stets die globale Bedeutung New Yorks in die Planung mit einbezogen
werden. Das DOD beschäftigte alleine schon über 1000 Mitarbeiter, nutzte modernste und
fortschrittlichste Herstellungstech-nologien für den Bau der riesigen Kaianlagen und Piers
(vgl. BONE 1997, S. 40).
Das
unbestritten
"großartigste"
Bauprojekt an der Hudson River
Waterfront war die Konstruktion der
Chelsea Piers (vgl. BONE 1997, S.
198); diese sollen aber noch an späterer Stelle mit einem eigenen historischen Überblick behandelt werden.
Die Notwendigkeit einer eigenen
Organisation
bezüglich
dieser
Bauvorhaben mit dem Ziel der glanzvollen und globalen Präsentation New
Yorks wird im folgenden deutlich: "For
both economic and aesthetic reasons,
New York wanted large, modern, beautiful piers to celebrate the powerful
position the city held in the world marketplace" (BONE 1997, S. 198).
Abb. 3: Pier 84-90, North River, Manhattan 1954
Quelle: Bone, K (Hrsg.) 1997: The New York Waterfront. New York, S. 190-191.
Gegen Ende des 19. Jahrhunderts, 1880, schaffte R. Moses es zumindest an der nördlichen
Waterfront, durch die Errichtung des Riverside Parks zwischen der 72. und 129. Straße hier
den Freizeitwert zu erhöhen. Gleichzeitig verfolgte man das Ziel, den Blick vom weniger
attraktiven Riverside Drive abzulenken, der östlich des Parks in Nord-Süd-Richtung verläuft.
Auch sollten finanzstarke Immobilienkäufer angelockt werden (vgl. BONE 1997, S. 198). 1854
wurde die Eisenbahnlinie zu den Pennsylvania Railroad Yards gedeckelt (vgl. PRIES 1998,
S. 15), wodurch der Riverside Park bis an das Flußufer ausgedehnt werden konnte. In der
ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts spielt der "Park Commissioner" Robert Moses eine wichtige Rolle in der Waterfrontentwicklung (vgl. BONE 1997, S. 199). Unter seiner Führung
wurde 1938 der Bau des Henry Hudson Parkway abgeschlossen und mit dem schon 1931
eröffneten Miller Highway verbunden. Damit entstand eine Nord-Süd Verbindung entlang der
Hudson River Waterfront. Diese Baumaßnahmen waren ein Grund für den Niedergang der
Hudson Piers. Durch den nördlich gelegenen Riverside Park, dem südlichen Battery Park und
der östlich verlaufenden Highways war der Hafenanlage jedwede Expansionsmöglichkeit
genommen. Dies wäre aber im Zuge der wachsenden Schiffsgrößen, die dann auch immer
größere Piers benötigten, erforderlich gewesen (vgl. PRIES 1998, S. 15).
Weitere Gründe für den zunehmenden Verfall des Industriestandorts der Waterfront war die
Verpachtung der Pieranlagen an Passagier-Schiffahrtslinien, die natürlich keinen Bedarf an
Anlagen zum Löschen der Schiffsladungen o. ä. hatten.
Der Rückgang der Im- und Exporte über den New Yorker Hafen war offensichtlich und verlief
relativ schnell. Noch in den 60er Jahren wurden 19% des gesamten Handels über diesen
Hafen abgewickelt; 1971 waren es nur noch 3%! (vgl. PRIES 1998, S. 15).
Neue und größere Passagier- und Containerschiffe, die an den "zu kleinen" Hudson Piers
nicht mehr anlegen konnten, wichen nun auf den wachsenden Hafen New Jerseys aus, dem
noch alle Expansionsmöglichkeiten offen standen (vgl. BONE 1997, S. 199). Zudem finden
seit 1958 regelmäßige Transatlantikflüge statt, die der Passagier - Schiffahrt natürlich schnell
53
Chelsea Piers
Bettina Kuppert
Marktanteile abnahmen. Der aus der Sicht der Hudson River Waterfront übrig gebliebene
Personenfährverkehr wurde durch den Bau von Tunneln (1927 Holland Tunnel; 1937 Lincoln
Tunnel) und Brücken (z.B. 1931 George Washington Bridge) unprofitabel und durch den
Automobilverkehr abgelöst (vgl. PRIES 1998, S. 15).
In der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts befand sich die Waterfront in ihrer schwersten
Krise. Nicht nur, daß die Stadt durch die fehlenden Steuereinnahmen in finanzielle Engpässe
geriet (vgl. BONE 1997, S. 199), es herrschten auch schon wieder die bekannten
Interessenskonflikte bezüglich einer neuen Nutzung der verfallenden Hafenanlagen; es ist
von der "Balkanisation of the Hudson River Waterfront" zu lesen (BONE 1997, S. 225). Das
macht die Planung für eine Revitalisierung natürlich sehr schwer.
Das heutige Bild stellt sich im Bereich zwischen der 10. - 45. Straße als eher unattraktiv dar.
Die Gebäudekomplexe an der Uferstraße sind in Richtung Innenstadt ausgerichtet und "vermeiden" den Blick auf den Hudson River. Ein fleischverarbeitender Betrieb in Ufernähe und
auch die vielen Baustellen (die natürlich zeitlich begrenzt sind) machen einen Spaziergang
entlang des Ufers zumindest zum Zeitpunkt der Exkursion (März 2000) zu keinem "reizvollen"
Erlebnis!
Einen Vorstoß der Revitalisierung wagten R. W. Betts, T. A. Bernstein und D. A. Tawksbury
mit der Neugestaltung und Neunutzung der Chelsea Piers. Hier wurde der direkte Wandel in
diesem speziellen Gebiet vom Primären zum Tertiären Wirtschaftssektor unternommen.
Zunächst soll jedoch die besondere Bedeutung der Chelsea Piers in einem historischen
Überblick vorgestellt werden.
Literatur
- Bone, K. (Hrsg.) 1997: The New York Waterfront. New York.
- Pries, M. 1998: Die Chelsea Piers in New York. Beispiel einer erfolgreichen Revitalisierung.
In: Arbeitskreis USA der Deutschen Gesellschaft für Geographie, Mitteilungsblatt Nr. 24,
Lüneburg, S. 14-22.
- Internet: Stand vom 07. Juli 2000: Evers, M. 2000: Crash im 78. Stock. Der Spiegel 5/2000;
http://www.spiegel.de/spiegel/nf/0,1518,62274,00.html
54
Hellena Piipo
Chelsea Piers
Die Geschichte der Chelsea Piers
Im Jahr 1910 wurden am Hudson River die Chelsea-Gansevoort Piers feierlich eröffnet. Sie
waren ein Teilstück des Bauprogramms des "Department of Docks", das sich seit 1870, neben
der Begradigung und Befestigung der vorhandenen Kailinie auch mit der Errichtung eines
neuen leistungsfähigen und modernen Welthafen am westlichen Ufer Manhattans beschäftigt
hatte. Nach 30 Jahren intensiver Diskussion und acht Jahren Bauzeit waren neun Piers von
je 250m Länge zwischen der 14. und 23. Straßen West, entlang der Waterfront fertiggestellt
worden.
Für die Gestaltung der Piers war das Architekturbüro Warren und Westmore verantwortlich,
die gleiche Firma, die auch das Grand Central Terminal baute. Wie der Zentralbahnhof, so
wurden auch die Portale der Piers repräsentativ im Beaux Arts Stil gestaltet, aus rosafarbenem Granit gebaut und mit allegorischen Figuren geschmückt. Die Piers selbst bestanden
aus einem massiven Schuppen aus Metall auf unzähligen Holzpfählen. Die Pfähle konnten
leicht in das weiche Flußsediment gerammt werden. Gleichzeitig hatte die Konstruktion den
Vorteil, daß es bei weniger geglückten Anlegemanövern der Passagierschiffe zu keinerlei
Beschädigungen der Schiffe kam, da die Pfähle den Rammstoß der Schiffe abfedern konnten. Die ganze Hafenanlage wurde von der Öffentlichkeit mit Begeisterung begrüßt. An den
Eröffnungsfestlichkeiten am folgenden Tag beschrieb "The New York Times" sie als "the most
remarkable
urban
design
achievment
of
the
day"
(http://www.chelseapiers.com/prhistory.htm). Die neue Anlage wurde dringendst benötigt. Die Schiffahrt erlebte
am Anfang des letzten Jahrhunderts die Zeit ihrer großen Triumphe. Die mächtige
Auswanderungsbewegung von Europa nach Übersee und insbesondere Nordamerika, die
um 1820 einsetzte, erreichte ihren Höhepunkt nach der Jahrhundertwende. Täglich kamen
Tausende von Emigranten in New York an, viele von ihnen an den Chelsea Piers, von wo sie
mit der Fähre weiter nach Ellis Island gebracht wurden. Zwischen 1892 und 1954 reisten
allein in New York über 12 Millionen Emigranten ein (vgl. Ellis Island and Statue of Liberty
Magazine 1999, S. 3).
Schon 1907, drei Jahre vor der Fertigstellung, legten die Luxusliner "Mauretania" und
"Lusitania" regelmäßig an den
Piers an. Die Schiffe der berühmten Reedereien "White Star" und
"Cunard" verkehrten zwischen
den Chelsea Piers und dem
"alten" Kontinent mit feiernden reichen und berühmten Persönlichkeiten an Bord, aber auch mit
zahlreichen Passagieren in der
dritten Klasse, die sich eine neue
Zukunft in dem "Land der Freiheit"
erhofften. Die Chelsea Piers
erfüllten ihre Bedeutung seit dem
Tag ihrer Aufgabe für die nächsten
50 Jahre.
Abb. 1: Lusitania 1
Quelle: Internet: http://www.chelseapiers.com/prhistory.htm
55
Chelsea Piers
Hellena Piipo
Am 16. April 1912 wurde auf den Piers die Ankunft des White Star Liners "Titanic" mit 2.200
Passagieren erwartet. Wie allgemein bekannt, erreichte das wahrscheinlich berühmteste
Schiff der Weltgeschichte nie den Hafen von New York, sondern sank nach einer Kollision mit
einem Eisberg zwei Tage vorher. Statt dessen lief am 20. April 1912 die "Carpathia" mit den
675 Überlebenden der Katastrophe ein.
Im Mai 1915 lief der Luxusliner "Lusitania" von den Chelsea Piers auf ihre regelmäßige Reise
nach England aus. Vor der Südküste Irlands wurde sie von dem deutschen U-Boot "U 20" versenkt. Der Anschlag auf die zivile Schiffahrt Amerikas gab den Anlaß für den Eintritt der USA
in den Ersten Weltkrieg und an den Piers machten die Luxusliner Platz für die Kriegsschiffe.
Nach dem ersten Weltkrieg gingen die Auswanderungszahlen zurück und die großen
Reedereien spezialisierten sich in den 20er Jahren auf den Fremdenverkehr. In diesem
"Goldenen Zeitalter des Reisens" brachen Millionen Amerikaner auf Sightseeing-Tour nach
Europa auf. Im Jahre 1926 fuhren in der Saison von April bis September schon über 240.000
Passagiere mit den Dampflinern über die Atlantik. Es wurde immer als eine große Attraktion
empfunden, wenn Reisende heimkehrten oder den Hafen verließen. Die Ein- und Ausläufe
der Schiffe wurden mit Champagner und Konfetti ausgiebig gefeiert.
Der Börsenkrach am 29. Oktober 1929 war der Anfang vom Ende der großen Zeiten der
Chelsea Piers. Die "Barengaria" war das erste Schiff, das zwei Tage später an den Piers einlief. Die Reporter, die auf das Schiff stürmten, verbreiteten bald die ernüchternde Neuigkeit,
daß nur eine Handvoll der Passagiere von einem Konkurs verschont geblieben war. Die tiefe
Depression beendete den großen transatlantischen Schiffsreiseverkehr. Bis zum Jahr 1935
sanken die Passagierzahlen unter die Hälfte des Jahres 1929. Nur noch einige Ereignisse
rückten die Chelsea Piers in den Mittelpunkt des öffentlichen Interesses und lockten
Menschen an den Hafen, wie z.B. die Abreise und Heimkehr der amerikanischen
Olympiamannschaft zu den Sommerspielen nach Berlin im Jahre 1936. Unter ihnen war auch
Jesse Owens, der bei seiner Rückkehr von den Menschen als großer Held gefeiert wurde.
In den 30er Jahren nahmen neue größere Schiffe den Verkehr über den Atlantik auf. Für die
riesigen Passagierschiffe mit einer Länge von 1000 Fuß, wie die "Normandie" und "Queen
Mary", waren die Piers an der Chelsea Waterfront bereits zu klein geworden. Zwischen der
42. und 52. Straße West baute man daher neue und längere Piers. Die als "Luxury Liner Row"
benannten Piers werden heute noch als Kreuzfahrtterminals genutzt. Im Zweiten Weltkrieg
herrschte auf den Piers noch reger Verkehr, als die Piers als Nachschubbasis für die alliierten Truppen auf dem Atlantik und in Europa dienten. Nach dem Weltkrieg wurde der
Passagierverkehr endgültig eingestellt, als nämlich das Flugzeug die Schiffe als transatlantisches Hauptverkehrsmittel aus dem Reisemarkt drängte. 1956 legte der letzte
Passagierdampfer an den Chelsea Piers an. In den folgenden Jahren wurden die Piers nur
noch für Stückgutfracht verwendet. 1968 brachte der Container auch den Frachtverkehr endgültig zum Erliegen, als die letzten großen Pächter nach New Jersey übersiedelten.
In der folgenden Zeit gab es keine hafenorientierte Folgenutzung mehr. Von dem "Department
of Transport" verwaltet, wurden die Piers nur noch für die Einlagerung von abgeschleppten
PKWs verwendet. Pier 60 wurde als Parkplatz, Pier 59 als Werkstatt für Müllfahrzeuge und
Pier 62 als Lager des U.S. Zolls für beschlagnahmte Waren genutzt. Bis heute sind von den
ursprünglich 9 Piers noch 4 vorhanden. Die anderen Piers waren inzwischen verfallen, abgerissen oder gesperrt geworden, weil die meisten aufgrund ihrer Konstruktion nur mit intensiven Reparaturmaßnahmen und immensen finanziellen Mitteln zu erhalten gewesen wären.
Der Hudson ist inzwischen erheblich sauberer als noch vor 50 Jahren, was eine im Grunde
56
Hellena Piipo
Chelsea Piers
erfreuliche Entwicklung ist. Für die Chelsea Piers aber hat dies schlimme Folgen. Die
Bohrmuscheln "Limnoria Tripunctata"und "Limnoria Terndo" sind in die sauberen Gewässer
eingewandert und zerstören die Holzpfähle. Dadurch verlieren die Piers ihre Stabilität und
müssen über kurz oder lang gesperrt oder abgerissen werden.
Die eisernen Konstruktionen verrosteten, die Fenster zerbrachen und die Mauern stürzten
ein. 30 Jahre lang blieben die Piers auf ihrem Schicksal überlassen, bis sie von den New
Yorkern wieder entdeckt wurden.
Literatur
- o.V. 1999: Ellis Island and Statue of Liberty Magazine. The Immigrant Journey-Historical
Highlights. New York.
- Internet: Stand vom 15. Juli 2000:
www.chelseapiers.com/prhistory.htm
www. ffp. Csiro.au/wft/wpc
57
Chelsea Piers
Conny Kraege
Vom Verfall bis zum Wiederaufbau der Chelsea Piers
Noch Mitte der 80er Jahre bezeichneten die Zeitungen die Chelsea Piers als schäbige, armselige Zeitzeugen einer ehemals glorreichen Epoche. Den Piers war der zunehmende Verfall
anzusehen. Wände und Dächer, die einzubrechen drohten, und kaputte Fenster und
Metallbleche, die im Wind klapperten, prägten das Bild der Anlagen. Der Hudson River, Wind
und Wasser setzten die Zerstörung unaufhörlich fort. Das "State Department of
Transportation" hatte diese Piers in seinen Plänen bereits als zum Abbruch vorgesehene
Anlagen gekennzeichnet. Man rechnete jedoch auch täglich damit, daß die immer präsente
Bedrohung eines Feuers eine schnellere, gnädige und wesentlich spektakulärere Lösung zur
Beseitigung der Schandflecke bieten würde (vgl. www.chelseapiers.com).
Die Chelsea Piers sollten dem Bauvorhaben zur Errichtung eines neuen West Highways, der
am Hudson entlang führen sollte, weichen. Aber dieses Projekt schlug fehl. Unter anderem
trug eine seltene Fischart, die in dem Bereich der Pieranlagen heimisch war, somit
gewissermaßen zur Rettung der Piers bei. Schließlich bot das "State Department of
Transportation" die Chelsea Piers der Öffentlichkeit zur Pacht an (vgl.
www.chelseapiers.com).
Der bisher von den New Yorkern völlig ignorierte Raum erweckte das Interesse von Roland
W. Betts und Tom A. Bernstein., zwei erfolgreichen Filmproduzenten, deren Firma Silver
Screen Management mit Filmen wie "The Beauty and the Beast" und "Pretty Woman" bereits
große Erfolge für sich verbuchen konnte. Betts hatte eine Tochter, die er täglich frühmorgens
zum Eiskunstlauftraining in die einzige, ganzjährig geöffnete Eisbahn New Yorks fahren
mußte, damit diese dort ungestört trainieren konnte. Ein ähnliches Problem beschäftigte auch
David A. Tawksbury, der sein Hobby "Eishockey spielen" kaum in Manhattan ausüben konnte. Zusammen suchten sie nach Möglichkeiten und einem geeigneten Ort, an dem sie eine
Eisbahn bauen und betreiben konnten (vgl. PRIES 1998, S. 18; www.chelseapiers.com). Ihre
Wahl fiel schließlich auf Pier 61, nicht zuletzt auch wegen der sehr soliden Bauweise der
Anlage. Das New Yorker "Department of Transportation" wollte jedoch nur alle vier Piers komplett und nicht einzeln vermieten, so daß ein Konzept für die komplette Nutzung entwickelt
werden mußte. Die neugegründete "Chelsea Piers Management Company" legte schließlich
nach 6 Monaten umfassender Recherche im Mai 1992 ein detailliertes Angebot vor, um die
Rechte im Rahmen einer öffentlichen Versteigerung zum Ausbau und Betreiben der Chelsea
Piers zu erhalten. Bei der Analyse stellte man fest, daß die Ausübung einiger spezieller
Sportarten nur selten oder gar nicht in New York möglich war. In der Auswahl der Sportangebote, die man in der geplanten Sport- und Unterhaltungseinrichtung "Chelsea Piers" anbieten
wollte, beschränkte man sich daher auf die Sportarten, die bis zu diesem Zeitpunkt nur
schwer mitten in Manhattan auszuüben waren. Dazu gehörten Eishockey, Eiskunstlauf, Golf
und Beachvolleyball (vgl. PRIES 1998, S. 19f.; www.chelseapiers.com). Chelsea Piers
Management bekam schließlich den Zuschlag bei der Versteigerung des Pachtvertrages im
World Trade Center. Das Angebot der drei Investoren war zwar mit USD 157.000 Miete pro
Monat nur das drittbeste, aber das Konzept versprach eine Bereicherung für Manhattan, da
die öffentliche Zugänglichkeit der Waterfront und eine Nutzung der Einrichtungen durch die
Bewohner Manhattans gesichert zu sein schienen. Das überzeugte auch die
Verantwortlichen. Ein Team - zuständig für die Entwicklung und Konstruktion von "Chelsea
Piers" - wurde gebildet. Ein 24-monatiger Design- und Programm-Planungsprozeß begann.
20 verschiedene Behörden auf Bundes-, Staats- und Stadtebene mußten das Bauprojekt
begutachten und prüfen. Im Mai 1994 wurden schließlich und endlich die letzten
Baugenehmigungen bewilligt (vgl. www.chelseapiers.com; PRIES 1998, S. 20).
Die Grundsteinlegung des "Chelsea Piers Sports and Entertainment Complex" fand am 12.
Juli 1994 unter anderem im Beisein des New Yorker Gouverneurs Mario M. Cuomo, des
58
Conny Kraege
Chelsea Piers
Ce
Par ntral
k
Bürgermeisters Rudolph W. Giuliani und anderen Würdenträgern aus Politik, Sport, Industrie
und Unterhaltung neben weiteren 1200 geladenen Gästen statt (vgl. www.chelseapiers.com).
Der Bau der gesamten Anlage hat bisher ca. USD 130 Millionen gekostet (Auskunft Johnson,
Jesse, Presseabteilung 07/2000).
54t
h
42t
h
34t
h
Chelsea
Piers
23t
Rive
r
h
East
Hudson River
h
14t
Downtown
Manhattan
Brooklyn
Abb. 1: die Lage der Chelsea Piers
Quelle: Pries, M. 1998: Die Chelsea Piers in New York. Beispiel
einer erfolgreichen Waterfront Revitalisierung.
In: Arbeitskreis USA der Deutschen Gesellschaft für Geographie,
Mitteilungsblatt Nr. 24, Lüneburg, S. 17.
Abb. 2: Der Chelsea Piers Komplex am Hudson River
Quelle: Postkarte
59
Chelsea Piers
Conny Kraege
Das Angebot des "Chelsea Piers Sports and Entertainment Complex"
Erste Einrichtungen der Chelsea Piers wurden im August
1995 für die Besucher eröffnet, weitere folgten nach und
nach.
Abb. 2 Logo der Chelsea Piers
Quelle: Presseabteilung Chelsea Piers
Bei den umgebauten Pieranlagen handelt es sich inzwischen um New Yorks größte und
modernste Fitneßfabrik. Das Gelände, das vom Pier 59 bis zum Pier 62 reicht, umfaßt eine
Gesamtfläche von ca. 120.000 m2. Schon vier Jahre nach der Eröffnung gehört die Anlage
bereits zu den meistfrequentierten Attraktionen der Stadt New York. 1999 konnten die
Chelsea Piers 4 Millionen Besucher verzeichnen. Die Anlage gilt als der US-Prototyp eines
Sportparks für das 21. Jahrhundert (vgl. GEO-Special 1999, S. 12; Auskunft Johnson, Jesse,
Pressabteilung 7/2000).
Pier 62
1
2
3
4
7
Parkplatz
3
Einfahrt
8
6
9
Pier 60
10
Parkplatz
3
11
Einfahrt
12
13
Pier 59
15
14
16 3 Einfahrt
West Side Highway
Pier 61
5
6
6
1 - Pierpark
2 - Rollschuhbahn
3 - Promenade
4 - Chelsea Piers Store
5 - Field House
6 - Liegeplätze Spirit Cruises
7 - Lighthouse (Restaurant)
8 - Bateaux New York (Restaurantschiff)
9 - Silver Screen Studios
10 - Pier Sixty (Restaurant)
11 - Manhattan Kayak Company
12 - Miss Rita´s Burgers & Barbecue
13 - AMF Chelsea Piers Lanes
14 - Marina Verwaltung
15 - Golfanlage
16 - Golfabschlaghaus
17 - Surfside 3 Marina
18 - Chelsea Brewing Company
Hudson
River
0
17
18 Parkplatz
100 m
Kartengrundlage: Chelsea Piers
Prospekt 2000
Erhebung und Kartographie:
M. Pries 2000
Abb. 4 Chelsea Piers Erdgeschoß
Verändert nach: Pries, M. 1998: Die Chelsea Piers in New York. Beispiel einer erfolgreichen Waterfront
Revitalisierung. In: Arbeitskreis USA der Deutschen Gesellschaft für Geographie, Mitteilungsblatt Nr. 24,
Lüneburg, S. 19.
60
Conny Kraege
Chelsea Piers
Pier 62
Pier 61
19
21
Pier 60 22 22
1 2
22
3
22
4
23
22
5
24
22
6
25
Hudson
River
Pier 59
20
21
19 - Blades Board & Skate Shop
20 - Büros
21 - Eissportanlage
22 - Sport Zentrum
1 Sonnendeck
2 Schwimmbad
3 Fitneß Studio
4 Origins Feel-Good Spa
5 Sportplatz, 200m Bahn
6 Rock Cimbing Wall
23 - Golfanlage
24 - Golf Pro Shop
25 - Pier 59 Studios
Erhebung: M. Pries 2000
Abb. 5: Chelsea Piers Obergeschoß
Verändert nach: Pries, M. 1998: Die Chelsea Piers in New York. Beispiel einer erfolgreichen Waterfront
Revitalisierung. In: Arbeitskreis USA der Deutschen Gesellschaft für Geographie, Mitteilungsblatt Nr. 24,
Lüneburg, S. 19
- Roller Rinks
Hierbei handelt es sich um zwei Rollschuhbahnen mit Profibelag, angeblich die beste
Skating-Oberfläche New Yorks. Man findet dort professionelle Halfpipes und entsprechende
Ausstattungen für Roller Hockey. Chelsea Piers bietet Lehrgänge in der Skate School für
Jung und Alt, Anfänger und Fortgeschrittene an. Am Ufer befindet sich ein Park mit Picknickplätzen.
- The Field House (ca. 7.400 m2)
Das Field House ist New Yorks erste Adresse für den Gymnastikbereich. Hier befinden sich
das größte Gymnastik Center New Yorks, zwei Baskettballcourts, zwei Indoor-Fußballplätze,
Trampoline, ein Tanzstudio und eine Kletterwand, die speziell für Kinder, Teens und ältere
Anfänger entwickelt wurde. Auch die Trainingsräume sind teilweise mit kindgerechten, entsprechend kleineren Gymnastikgeräten ausgestattet.
- Sky Rink
Die beiden überdachten Eisbahnen sind ganzjährig 24 Stunden am Tag geöffnet und gehören
zu den Highlights der Chelsea Piers. Eislaufen für Anfänger und Fortgeschrittene, Eiskunstlauf, Eishockey und Training professioneller Teams stehen auf dem Programm. In der Sky
Rink Skating School wird man von Profis unterrichtet, zu denen nationale und internationale
Champions sowie ehemalige Olympiateilnehmer gehören. Weiterhin kann man hier
Partyräume mit Panoramablick auf den Hudson für Geburtstagsparties und andere
Feierlichkeiten anmieten.
61
Chelsea Piers
Conny Kraege
- Pier Sixty (ca. 2.100 m2)
Pier Sixty ist ein Restaurant unter der Leitung von Abigail Kirsch, das sich direkt am südlichen
Ende des Sports Center befindet. Vom Panoramafenster aus hat man einen herrlichen Blick
auf den Hudson. Die Räume bieten Platz für 100-600 Gäste.
- The Sports Center (ca. 14.000 m2)
Das Herzstück der Anlage befindet sich auf Pier 60. Auf einer Fläche von etwa zwei
Fußballfeldern wird hier die größte Vielfalt an Sportmöglichkeiten geboten. Dazu gehören
unter anderem zwei Fitneß Studios mit über 150 Sport- und Fitneßkursen pro Woche, die
größte Indoor-Laufbahn der Welt (400m-Bahn), 3 Basketball- und Volleyballcourts,
Manhattans einziges Beachvolleyballfeld mit 190 Tonnen feinstem Strandsand, eine der
größten Kletterwände der Welt, ein 6-Bahnen-, 25-Yard-Swimmingpool, ein Boxring, ein
medizinisches Center und zwei Outdoor Sonnendecks mit Blick auf den Hudson. Man muß
kein Mitglied sein, um in diesem von der Presse hochgelobten Fitneßtempel trainieren zu dürfen. Auch Tagesgäste werden begrenzt zugelassen (vgl. www.chelseapiers.com; GEOSpecial 1999, S.12 u.13).
Zur Zeit hat das Sports Center 7.000 Mitglieder. Der monatliche Mitgliedsbeitrag beträgt ca.
USD 110. Hinzu kommt eine einmalige Aufnahmegebühr von ca. USD 300. Dieser Betrag
variiert allerdings, da Chelsea Piers auch spezielle Angebote schaltet. Laut J. Johnson gibt
es keine speziellen Kriterien bei der Auswahl der Mitglieder. Trotz Anfrage gab es leider keine
Angaben über die Mitgliederstruktur bezüglich ethnischer Zugehörigkeit oder Berufsgruppen
(Auskunft Johnson, Jesse, Pressabteilung 7/2000).
- The Lighthouse (ca. 930 m2)
Das Lighthouse gehört ebenfalls zum Gastronomiekonzept der Chelsea Piers. Die Räume
fassen, ähnlich wie Pier 60 ca. 100-700 Gäste und werden ebenfalls kulinarisch von Abigail
Kirsch betreut. Vom Ambiente her fühlt man sich im Restaurant wie an Bord eines alten
Luxusliner. Mit Panoramablick auf den Hudson und der eleganten, stilvollen Atmosphäre eignet sich das Lighthouse besonders gut für Hochzeiten.
- Chelsea Piers Bowl
Zwischen Pier 59 und 60 liegt die AMF Bowlingbahn - eine moderne Hightechanlage mit 40
Bahnen, Lounge und Bar. Hier kann man Geburtstagsparties geben und nachts im Dunkeln
mit beleuchteten Kugeln bowlen.
- The Golf Club
Die Chelsea Piers werben mit dem "Ambiente eines Country-Clubs" für die Golfanlage auf
Pier 59. Golffans finden hier 52 wettergeschützte und beheizte Abschlagkäfige auf vier
Etagen sowie eine 180m-Bahn, die mit Netzen zum Hudson hin abgeschirmt ist. Die Bälle
werden durch ein spezielles "automatic ball tee-up system" unterirdisch zum Abschlag direkt
vor den Füßen des Golfers bereitgelegt. Dieser kann seine Bewegungen auf Wunsch auch
auf Video aufzeichnen lassen. Entwickelt wurde diese Anlage in Japan. Selbstverständlich
können auch Kurse gebucht werden.
- Silver Screen Studios
Die Studios sind Manhattans größtes Center für Film- und Videoproduktionen. Hier wurden
und werden unter anderem "Law & Order", "Spin City" und "Mickey Blue Eyes" gedreht. Die
Studios sind für die Öffentlichkeit gesperrt. Es ist aber möglich die Räume für Dreh- und
Fotoarbeiten zu mieten (vgl. www.chelseapiers.com; GEO-Special 1999, S.12 u. 13).
62
Conny Kraege
Chelsea Piers
Neben der großen Sportauswahl gibt es für die Besucher auch 6 Shops, deren Warenangebot
auf das Sportangebot abgestimmt ist. So findet man einen Blades Board & Skate Shop, einen
Reebok Store für den gesamten Sportbereich, einen speziellen Bowling- und Golfshop und
zwei weitere Geschäfte, in denen auch Chelsea Piers Merchandising-Artikel zum Kauf bereit
stehen.
Den Besuchern stehen neben den bereits erwähnten Restaurants "Pier 60" und "The
Lighthouse" weitere gastronomische Einrichtungen zur Verfügung, zu denen auch eine eigene kleine Brauerei, die "Chelsea Brewing Company", mit Cigar Lounge gehört (vgl. www.chelseapiers.com).
Nach Angaben von J. Johnson gibt es sehr selten einen Wechsel der Mieter - weder bei den
Shops, noch bei den gastronomischen Einrichtungen. Der einzige Mieter, der die Chelsea
Piers in den vergangenen Jahren verlassen hat, war "The Crab House" ein Spezialitätenrestaurant für Fisch und Meeresfrüchte. Hierfür wurde "The Lighthouse" errichtet. Angaben zu
den Gründen wurden nicht gemacht. Leider war es J. Johnson auch nicht möglich, sich zu
internen Informationen wie Mietpreisen und zur Umsatzbeteiligung zu äußern (Auskunft
Johnson, Jesse, Pressabteilung 7/2000).
Chelsea Piers bietet seinen Besuchern das ganze Jahr über auch zahlreiche kostenlose
Events an. Dem "Public Relation Department" steht hierfür zur Finanzierung ein bestimmtes
Budget zur Verfügung. Das Department verzeichnet unter anderem auch deshalb keine
Einnahmen, sondern operiert im Minus. Man geht davon aus, daß die anderen Abteilungen
diese Verluste auffangen werden (Auskunft Johnson, Jesse, Pressabteilung 7/2000).
Andere Events werden durch Sponsoren finanziert. Zu den Hauptsponsoren der Chelsea
Piers gehören Coca Cola, American Express, AT&T, Evian und United States Postal Service.
Auch die Dime Savings Bank unterstützt das bisher erfolgreichste Event der Chelsea Piers
und sonsort den jährlich stattfindenden Halloween Carnival, der 1999 über 12.000 Besucher
anlockte. Mit diesen Events werden nicht nur die Einwohner der Community Chelsea angesprochen, sondern die Bewohner von ganz Manhattan (Auskunft Johnson, Jesse,
Pressabteilung 7/2000).
Die Sportanlagen verfügen über eine relativ gute Verkehrsanbindung. So erreicht man die
Piers problemlos mit dem Bus. Bei der Anreise mit dem eigenen PKW stehen für die Besucher
ca. 500 Parkplätze bereit. Diese reichen im allgemeinen auch an den sehr stark besuchten
Freitag und Samstag Abenden aus.
Resümee
Die Revitalisierungsmaßnahmen der Chelsea Piers kann man nach den Angaben von Jesse
Johnson und nach eigenen Beobachtungen als sehr erfolgreich bezeichnen. Den ca. 25
Investoren der Chelsea Piers Limited Partnership (Kommanditgesellschaft) ist es mit ihrem
Konzept gelungen, eine kundenfreundliche, in New York einzigartige Sporteinrichtung zu
schaffen. Dank des geschulten Mitarbeiterstabs bleibt es bei den Kunden meist nicht bei
einem einzelnen Besuch der Anlage. Auch der Internet-Auftritt ist professionell gestaltet und
macht auf die Einrichtung neugierig. Die Verantwortlichen werden sich auch weiterhin darum
bemühen, daß die Chelsea Piers eine der qualitativ besten Sportanlagen New Yorks mit
einem tadellosen Ruf bleiben.
Eine direkte Konkurrenz sehen die Chelsea Piers in keiner der anderen Sporteinrichtungen
New Yorks, da diese nur schwer mit den Möglichkeiten und dem Angebot an der Waterfront
zu vergleichen sind. Man findet nirgendwo diese Bandbreite an sportlichen Einrichtungen in
Verbindung mit Events für die ganze Familie, Trainingscamps, Auswahl an gastronomischen
Betrieben und Sportshops. Besonderer Beliebtheit erfreuen sich im Bereich der Gastronomie
63
Chelsea Piers
Conny Kraege
"The Lighthouse" und "Pier 60", die gerne für Hochzeiten, Seminare und Bar / Bat Mitzvahs
gebucht werden. Aber auch alle anderen Einrichtungen haben stetige Zuwächse zu verzeichnen. Die Chelsea Piers bereicherten jedoch nicht nur das Angebot der New Yorker
Sportmöglichkeiten. Sie verhalfen auch Chelsea und der Waterfront innerhalb kurzer Zeit zu
einem wirtschaftlichen Aufschwung und machten die Wohngegend rund um die Piers für die
New Yorker wieder attraktiver: "Now the area is well-lit, safe, family-fun environment that has
spread its energy to surrounding areas. (...) We have definitely seen this entire neighborhood
turn around in the past five years. (...) We have even heard of families relocating to Chelsea
Area specially to be closer to Chelsea Piers" (Auskunft Johnson, Jesse, Pressabteilung
7/2000).
Die Chelsea Piers werden im allgemeinen sehr gut durch die Regierung der Stadt und der
Community unterstützt. Einmal wegen des Angebots selbst, das die Waterfront Chelseas mit
den angrenzenden Wohngebieten für die Einwohner New Yorks wieder attraktiver macht,
aber vor allen Dingen auch durch die Schaffung von mehr als 1.000 permanenten Jobs, eine
genaue Differenzierung bezüglich Voll- und Teilzeitjobs wurde leider nicht möglich. Einige der
"community leaders" stellen sich aber gegen die Piers: "But for all the good we do, some people dislike us because we are not a public facility run by the city" (Auskunft Johnson, Jesse,
Pressabteilung 7/2000).
Über die näheren Ziele einer eventuellen Vergrößerung etc. wurden leider keine genauen
Angaben gemacht. Geplant sind momentan lediglich einige kleinere Veränderungen innerhalb
des Komplexes. Allerdings findet die Anlage selbst über die USA hinaus soviel Zuspruch und
Interesse, daß bereits Vertreter anderer Länder und Städte bei den Verantwortlichen der
Chelsea Piers angefragt haben, das Konzept des Centers übernehmen zu dürfen. So wird
nach Prüfung der Angebote San Francisco als ernst zunehmender Standort für eine gleichwertige Sportanlage nach dem Vorbild der New Yorker Chelsea Piers in Betracht gezogen.
Der Name "Chelsea Piers" soll dabei auch in Kalifornien bestehen bleiben. So ist es den
Investoren also mit ihrem Projekt gelungen, die ehemals schäbige Hudson Waterfront
Chelseas wieder in eine attraktive Gegend zu verwandeln und einen weiteren
Anziehungspunkt in New York sowohl für die Einwohner der Stadt als auch für die Touristen
zu erschaffen. Die Piers wurden wieder zum Leben erweckt, und der Hudson wurde der Stadt
mit einer neuen Attraktion zurück gegeben (Auskunft Johnson, Jesse, Presseabteilung
7/2000).
Literatur
- GEO Special New York - Erlebnisführer, Hamburg 1999
- Internet: Stand vom 17. Februar 2000:
www.chelseapiers.com
- Johnson, Jesse, Pressabteilung 2000: E-Mail von Jesse Johnson vom 17.07.2000
([email protected]). Community Affairs Coordinator, Chelsea Piers Public Relations,
New York.
- Pries, M. 1998: Die Chelsea Piers in New York. Beispiel einer erfolgreichen Waterfront
Revitalisierung. In: Arbeitskreis USA der Deutschen Gesellschaft für Geographie,
Mitteilungsblatt Nr. 24, Lüneburg, S.14-23.
64
Andrea Walz
World Trade Center
World Trade Center
Insbesondere
im nördlichen Bereich
Manhattans an der Waterfront fanden in den
letzten Jahrzehnten die tiefgreifendsten architektonischen Veränderungen und Entwicklungen statt, wie beispielsweise der Bau des
World Trade Centers und die Entstehung von
Battery Park City.
Schon im Jahre 1942 wurde von der New York
State Legislature eine Machbarkeitsstudie
über die Gründung eines World Trade
Centers in New York erstellt. Für über ein
Jahrzehnt wurde das Projekt zurückgestellt,
bis David Rockefeller sich Ende der 50er
Jahre dafür einsetzte. Er befürwortete stark
die Errichtung eines Welthandelszentrums,
das nicht als Konkurrenz zur Börse und schon
bestehendem Handel in New York, sondern
als natürliche Ergänzung fungieren und die
Stadt im internationalen Handel repositionieren sollte.
Foto 1: Das World Trade Center
Aufnahme: Anne Wiegert
Man versuchte internationale Handelsgesellschaften in den Südzipfel von Manhattan zu
locken, nachdem sich die Geschäftswelt vornehmlich nach Midtown verlagert hatte (vgl.
DUMONT 1994, S. 138).
Lower Manhattan hatte stark begrenzten Raum zur Verfügung, wohingegen Midtown einfach
westlich des Grand Central Parks expandieren konnte. Um dem Expansionsstreben nachzukommen, bestand für Lower Manhattan die einzige Möglichkeit darin, kostenintensive
Aufschüttungen zu betreiben. Zunächst faßte man den Bereich des historischen South Street
Seaport Distriktes für das World Trade Centers ins Auge. Die Entscheidung viel dann auf das
Gebiet des Electrical Districts westlich des Broadways. 1961 verfaßte die Port Authority eine
eigene Studie und ein Jahr später wurde das World Trade Center ihr offizielles Projekt. Die
Port Authority versprach im Zuge des Baus die fast vor dem Konkurs stehende Hudson &
Manhattan Railroad zu verbessern, wohingegen New Jersey das World Trade Center bezüglich der Lage und des Baus unterstützen sollte - der Plan der Port Authority beinhaltete die
Zerstörung des Bahnhofterminals und seiner Bürogebäude, die seit über 50 Jahren die
Skyline von Manhattan prägten (vgl. STERN; MELLINS; FISHMAN 1995, S. 200). Dafür
wurde mit der Path-Line eine neue U-Bahnverbindung nach New Jersey geschaffen. Der Bau
des World Trade Centers machte es auch erforderlich, den Electrical District abzureißen, was
allein 30.000 Arbeitsplätze kostete (vgl. FITCH 1993, S. 100).
Als Architekten wurden Minoru Yamasaki, der schon durch den Entwurf des Federal Service
Pavilion auf der Seattles World Fair zu großem, aber auch kritischen Ruhm gelangte, und das
Hochausspezialistenbüro Emery Roth & Sons, die für den Bau von mehr als 60 Hochhäusern
in Manhattan Entwürfe vorlegten, ausgewählt. Yamasaki legte über hundert Entwürfe für das
World Trade Center vor, und man entschloß sich für eine einfache, aber extreme Variante:
zwei identisch 1.350 Fuß ( 419m) hohe, 110-stöckige Türme auf einem fünf Morgen großen
65
World Trade Center
Andrea Walz
Platz umrahmt von 70 Fuß hohen, 5-stöckigen Ausstellungs- und Hotelgebäuden, die die
extreme Höhe der "Twin-Towers" relativieren und gleichzeitig einen Windschutz bieten sollten. Um das World Trade Center in diese Höhen bauen zu können, mußten die Fundamente
des Komplexes 21m tief in den anstehenden Felsen gebaut werden. Dieser ursprüngliche
Entwurf wurde nur geringfügig verändert: die Hotel- und Ausstellungsgebäude, die den Platz
umsäumen sollten, wichen vier allein stehenden zehnstöckigen Gebäuden, die nach westlicher Seite hin Platz ließen. Weiterhin wurde die ehemals vorgesehene Stahlverkleidung in
Aluminiumverkleidung umgewandelt (vgl. STERN; MELLINS; FISHMAN 1995, S. 201).
Insgesamt ist das World Trade Center ein Komplex aus 7 Gebäuden, die sich um eine Plaza
gruppieren. Yamasaki unterteilte die zwei Türme in drei Zonen und bildete "Sky Lobbies" im
41sten und 72sten Stockwerk. Die Türme waren lange Zeit nicht nur die höchsten, sondern
auch die größten Gebäude weltweit, und wurden später durch den Sears Tower in Chicago
abgelöst.
Das World Trade Center wird eingerahmt von der Church Street im Osten, westlich von der
West Street, der Liberty Street im Süden und der Vesey Street im Norden.
So wie die Größe des World Trade Centers war auch die Bautechnik innovativ. Die Mehrzahl
der Hochhäuser in New York wurde aus einem mit Stein oder Glas verkleideten Grundgerippe
erbaut, wohingegen der Kern des World Trade Centers aus einem gigantischen Stahlgitter
bestand. Die gesamte Last des Baus wurde in die Außenmauern der Türme gelegt. Durch die
neue Struktur wurden die morgengroßen Etagen von Säulen freigehalten und nur unterbrochen durch den Aufzug und den "Service Core". Die Fenster wurden schmal gehalten und eingelassen.
Trotz aller beeindruckenden Zahlen und Statik wurde dem Komplex zahlreiche Kritik entgegengebracht. Insbesondere nach ästhetischen Gesichtspunkten wurde das World Trade
Center angegriffen. Zusätzlich wurden die immensen Ausmaße nicht als positiv angesehen,
sondern man befürchtete damit, das traditionell eher niedrig gehaltene Bebauungsbild der
Gegend zu zerstören. Durch die massive Kritik der Öffentlichkeit an dem Vorhaben wurde
eine neue Abmachung zwischen der Stadt und der Port Authority im Jahr 1966 festgesetzt.
Die Port Authority mußte sich verpflichten, öffentliche Vorhaben mit USD 146 Millionen zu
unterstützen. Weiterhin wurde der durch die Ausschachtung des World Trade Centers gewonnene Boden an der Waterfront aufgeworfen, so daß 23 Morgen neues Land im Bereich der
heutigen Battery Park City entstanden (vgl. STERN; MELLINS; FISHMAN 1995, S. 200-201).
Trotz beständiger Kritik begann der Bau des World Trade Centers am 5. August 1966, der
Bau der Türme im März 1969. Am 4. April 1973, zwei Jahre vor Plan, wurde das World Trade
Center offiziell eingeweiht. Immense Überziehungen und die Inflation ließen die geschätzten
Kosten von USD 350 Millionen auf USD 800 Millionen ansteigen. Um eine finanzielle
Katastrophe zu verhindern, mietete seinerzeit der Staat New York den Großteil der Gebäude
an. 10.000 Menschen arbeiteten schon im World Trade Center und 80% der gesamten
Bürofläche war schon reserviert. Trotz alledem genoß das gigantische Projekt weder in der
Fachpresse noch in den täglichen Medien hohes öffentliches Ansehen. Im Jahr 1974 erfuhr
das World Trade Center eine Aufwertung durch den Seiltänzer Philippe Petit, der zwischen
den beiden Twin Towers nachts ein Drahtseil spannte und am Tag darauf die 131 Fuß über
dem Abgrund überquerte. Positive Public Relations bekam das World Trade Center auch zwei
Jahre später, als in dem Remake von King Kong Szenen auf dem so umstrittenen
Gebäudekomplex gedreht wurden. Einen gewissen Glamour erfuhren die Twin Towers mit der
Eröffnung des eleganten Restaurants (1976) "Windows of the World" im 107. Stock des nördlichen Turms, welches insbesondere in Restaurantkritiken hervorragend abschnitt. Dieses
Restaurant wurde erst unlängst wieder neu eröffnet, und man kann von dort aus, wie auch
vom Observation Deck die wundervolle Aussicht über Manhattan genießen. Trotz dieser positiven Publicity war die Mehrzahl der alteingesessenen New Yorker mit diesem
Gebäudekomplex unzufrieden. Erst nachkommende Generationen gewannen dem überdi66
Andrea Walz
World Trade Center
mensionalen Komplex positive Seiten ab (vgl. NASH 1997, S. 88).
Der gesamte Gebäudekomplex gehört nach wie vor der Port Authority of New Jersey & New
York, die dort auch ihren Verwaltungssitz hat. Heute bietet das prosperierende Bürozentrum
500 internationalen Gesellschaften ihren Sitz und 50.000 Personen einen Arbeitsplatz. Allein
in den beiden Türmen befinden sich 9.522.832 square feet Büroflächen, zusammen mit den
anderen Gebäuden insgesamt 11.420046 sq.ft (1.050.644 m2), lediglich 4,9% der Fläche
waren 1999 nicht vermietet (vgl. ROBBINS 1999, S. 10). Die Hauptmieter sind EuroBrokers,
Fuji Bank, Journal of Commerce, Lehman Brother, Morgan Stanley Dean Winter,
Oppenheimer Management, Sun Microsystems u.a.m (vgl. ROBBINS 1999, S. 168-170). Das
Untergeschoß des Gebäudekomplexes beherbergt eine Shopping Mall mit über 70
Geschäften und Restaurants und ist die größte in der Downtown. Zusätzlich zählt es mit
monatlich rund 200.000 Besuchern zu einer der touristischen Hauptattraktionen in New York.
Literatur
- DuMont Buchverlag (Hrsg.) 1994: New York Visuell. Köln.
- Fitch, R. 1993: The Assassination of New York. London, New York.
- Morrone, F. 1998: The Architectural Guidebook to New York City. Layton.
- Nash, E. 1997: New York's 50 Best Skyscrapers. New York.
- Robbins, Y. 1999: Office Buildings. Manhattan Downtown. New York.
- Stern, R. A. M., T. Mellins, D. Fishman 1995: New York 1960 - Architecture and Urbanism
Between the Second World War and the Bicentennial. New York.
67
Battery Park City
Sabine Böhning
Battery Park City New York
Chronologie
The Very Beginning 1958-76
68
14.10.58
Die Downtown-Lower Manhattan Association (DLMA) unter der Leitung
von David Rockefeller entwickelt einen Plan zur Sanierung der
Stadtbereiche Lower Manhattan und East River Waterfront.
1958
Der Republikaner Nelson Rockefeller wird zum Gouverneur des Staates
New York gewählt.
1960
Die DLMA schlägt den Bau eines World Trade Centers am Westufer
Manhattans vor.
1962
Erste Studien zur Umstrukturierung der Uferbebauung des Hudson Rivers
entstehen im Auftrag der Stadt New York und ihres Gouverneurs
Rockefeller.
1963
Das New York City Department of Marine and Aviation stellt in der New
York Times Uferbebauungspläne vor, die Appartements und Industrie- u.
Frachtbereiche vorsehen.
Die DLMA reagiert mit Plänen für die Entwicklung der Downtown, die eine
Wohnbebauung am Hudson River einschließen.
1964
Die City Planning Commission (CPC) präsentiert in der New York Times
ihre alternativen Pläne.
1965
CPC entwickelt einen neuen Plan für Lower Manhattan.
1966
Die unter Gouverneur Rockefeller erstellten Pläne zur "Battery Park City"
(BPC) werden veröffentlicht. Wallace K. Harrison entwickelt einen aus
zwei Ebenen bestehenden Stadtviertelaufbau. Auf der unteren Ebene ent
stehen Bereiche für die Leichtindustrie, auf der oberen Ebene verbinden
sich Wohnraum und soziale Einrichtungen zu einem neuen, eigenständi
gen Wohnviertel.
Die Hafenverwaltung vergibt den Auftrag für die Landauffüllungsmaßnahme;
der beim Bau des World Trade Centers anfallende Bodenaushub soll verwendet werden.
1967
Die Stadt New York schafft eine neue Behörde, das Office of Lower
Manhattan Development (OLMD).
Eine Marktstudie über Wohnraum für hohe und mittlere Einkommen wird
von der DLMA in Auftrag gegeben.
1968
Der Staat New York setzt die Urban Development Corporation ein.
Charles J. Urstadt, der Vertreter der neugegründeten Battery Park
City Authority (BPCA), bekommt von zwei Kreditinstituten USD 600.000,Startkapital.
Sabine Böhning
Battery Park City
1969
Städtische und staatliche Architekten New Yorks vervollständigen den
ersten offiziellen Master Development Plan.
Die DLMA löst sich von ihren eigenen Plänen und unterstützt den neuen
Master Plan.
Bürgermeister Lindsay und seine Liberale Partei setzen sich für die
Errichtung von ein Drittel Wohneinheiten für Niedrigverdiener ein.
Beginn der wirtschaftlichen Rezession und damit dem Rückgang der städ
tischen Finanzkraft.
1970
Erste Abrißarbeiten am Pier 19.
Ohne Erfolg wirbt die BPCA um Mieter für Büroflächen.
1971
Die BPCA wirbt für den zukünftigen Wohnraum.Der Staat New York
ermöglicht der BPCA einen Kredit in Höhe von USD 300 Millionen.
1972
Um sich Kapital für die Landauffüllung und den Bau von Infrastruktur zu
beschaffen, begibt die BPCA eine festverzinsliche Anleihe über USD 200
Millionen.
Der Anteil der geplanten Wohnungen für Niedrigverdiener wird auf 20%
gekürzt.
1973
Die BPCA gewinnt Bauherrn und Finanziers zur Realisierung ihrer Projekte
Änderungen im Master Development Plan wenden sich gegen den Bau von
Wohnraum für Unterprivilegierte.
1974
Die Genehmigung zum Bau von 1.624 Mittelschicht - Wohnungen wird
erteilt.
Im September erfolgt der erste Spatenstich für den Bauabschnitt POD III.
Finanzielle Probleme der Stadt New York und die allgemeine
Wirtschaftskrise erschweren die Kapitalbeschaffung über die Herausgabe
von Anleihen, da die Wertpapiere auf geringes Kaufinteresse stoßen.
1975
Die Nichtzahlung von Anleiheverpflichtungen seitens der NY State Urban
Development Corporation (UDC) löst eine Finanzkrise des Staates New
York aus, die sich auch auf die Stadt New York auswirkt.
1976
Beendigung der Landauffüllung (92 acres).
The Tough Times 1977 - 79
1977-79
Die New Yorker Finanzkrise blockiert weitgehend die weitere Entwicklung.
1978
Für den POD-III Komplex werden Steuerbefreiungen gewährt, den Bau
von Versorgungseinrichtungen und Straßen unterstützt die EFBC mit USD
2,9 Millionen.
1979
Eine Umstrukturierung der Battery Park City Authority und ein neuer
Finanzplan sollen die Rückzahlung der ausgegebenen Anleihen sichern.
Der 79er Master Plan entsteht, der eine Erweiterung des kommerziellen
69
Battery Park City
Sabine Böhning
Teils vorsieht.
Ein Aufschwung beim Bau von Bürogebäuden in Manhattan beginnt, der
Boom hält bis in die 90er Jahre an.
Gathering Momentum 1980 - 88
1980
Ein Übernahmevertrag zwischen der Stadt NY, dem Staat NY und der
BPCA wird geschlossen.
Baubeginn des Gateway Plaza.
Aufgrund der steigenden Kosten verwirft die New Yorker Börse einen
Ortswechsel auf das Battery Park City-Gelände.
1981/82
Die strikte, auf Sparmaßnahmen ausgerichtete Politik der amerikanischen
Notenbank zur Bekämpfung der Inflation führt zu einer erneuten, schweren
Rezession.
Olympia & York beginnen mit dem Bau des World Financial Centers.
Die BPCA beauftragt sechs Teams zur Entwicklung von Vorschlägen für
die Rector Place Neighborhood.
1982-85
Erster Aufschwung der lokalen Wirtschaft. Die Stadt beginnt mit
Erneuerungsmaßnahmen ihrer Infrastruktur.
POD III / Gateway Plaza werden eröffnet, die ersten Bewohner ziehen ein.
Der erste Abschnitt der Esplanade wird offiziell eingeweiht und der
Öffentlichkeit zugänglich gemacht.
Eröffnung des World Financial Centers, erste Mieter ziehen in den Dow
Jones und American Express Tower.
1986
Städtische Anleihen verzeichnen den höchsten Stand seit 1975.
Der wirtschaftliche Aufschwung ist seit 1982 ungebrochen.
Die Genehmigung des Gouverneurs ermöglicht der BPCA, Steuern zu
sparen, indem preiswerter Wohnraum in Harlem und in der Bronx aus
finanziellen Überschüssen erstellt oder renoviert wird.
1987
Die Stuyvesant High School erhält die Zusage, auf dem BPC-Gelände zu
bauen. Housing New York Corporation / HNYC begibt eine ca. USD 210
Mio. Anleihe zur Finanzierung von Wohnraum für geringer Verdienende in
anderen New Yorker Stadtteilen.
1988
Fertigstellung des World Financial Centers und Eröffnung des Winter
Garden, South Cove Park, der World Financial Plaza und der restlichen
Esplanade.
Building Community 1989-99
1989
70
Das städtische Wirtschaftswachstum stagniert, Einschränkungen im
Haushaltsbudget werden nötig.
Fertigstellung des North Cove Yacht Harbour und Baubeginn der
Stuyvesant High School.
Offizielle Eröffnung der Fährverbindung BPC-Hoboken.
Sabine Böhning
Battery Park City
1992
Der Hudson River Park wird unter großer Beteiligung der Bevölkerung
umgestaltet und neu eröffnet.
Mit 3000 Schülern startet die Stuyvesant High School.
1993
Der Republikaner Rudolph Giuliani gewinnt die Wahl zum Bürgermeister
der Stadt New York.
Housing New York beendet das erste Projekt mit 1.557 Wohneinheiten in
54 Gebäuden.
1994
Spatenstich für das Holocaust Museum - The Museum of Jewish Heritage.
Mit der Planung für den Bau von 1.000 Apartments in der North
Residential Area werden drei Teams beauftragt.
1995
Der Bau der neuen New Yorker Handelsbörse beginnt.
Fertigstellung des Belvedere / North Cove mit den Lichtpylonen des
Künstlers Martin Puryear.
1996
Eröffnung des Robert F. Wagner jr. Parks, der Arbeiten von Tony Cragg,
Jim Dine und Lousie Bourgeois zeigt.
1997
Das NYMEX Gebäude wird fertiggestellt und enthält u.a. ein kleines
historisches Museum.
Einweihung des jüdischen Museums.
1998
Öffnung des TriBeCa Bridge Towers.
Im Norden werden TriBeCa Pointe und TriBeCa Parc fertig gestellt.
Baubeginn des Seniorenheims Hallmark Senior Living mit 200
Wohneinheiten im Norden.
1999
Baubeginn des Ritz Carlton Hotel & Condominium.
MASTER PLAN / Konzepte 1962-79
Der New Yorker Hafen galt lange Zeit als der wichtigste Verbindungspunkt zum fernen
Europa. Der Bedeutungsverlust und somit der Verfall der Pier-Anlagen am Hudson River
hatte mehrere Gründe. Für große, moderne Schiffe reichte die Länge der Anlegestellen nicht
aus. Ein neuer Hafen wurde daher im gegenüberliegenden New Jersey gebaut. Das Schiff als
Personenbeförderungsmittel rückte zu Gunsten des Flugzeugs in den Hintergrund. In den
50er Jahren begannen die Politiker sich für das heruntergekommene, dem Verfall preisgegebene städtische Areal zu interessieren.
1962 / Revitalization
Der erste Master Plan wurde unter dem Gesichtspunkt des Neubeginns, bzw. der
Wiederbelebung entwickelt. Das New York City Department of Marine and Aviation sah dabei
die ursprüngliche Nutzung im Vordergrund. Durch den Bau von neuen, größeren Docks und
Lagerhäusern, wollte man die Schiffahrtsgesellschaften wieder zurück nach Manhattan holen.
Beauftragte Planer entwickelten jedoch die Zukunftsvision einer neuen Stadt mit
Luxusappartements im Stil der 60er Beach Resorts mit Blick auf den Hudson.
71
Battery Park City
Sabine Böhning
1966 / Integrated Society
Gouverneur Rockefeller gefiel der Gedanke von Wohnungen entlang des Hudson Rivers. Er
engagierte den damaligen Stararchitekten Wallace K. Harrison und beauftragte ihn, das
Modell einer kompletten Gemeinde zu entwerfen.
Rockefeller benötigte Wohnraum für Niedrigverdiener. Es sollte jedoch kein isoliertes
Stadtviertel entstehen, sondern eine gemischte Gemeinschaft für alle Bevölkerungsschichten.
Wallace entwickelte das Zwei-Ebenen-Modell. Auf der unteren Ebene siedelte er
Leichtindustrie an, auf der oberen Wohnhäuser und die für das Wohnviertel notwendige
Infrastruktur. Die Architektur orientierte sich an den Gedanken Corbusiers: viel Sonne und frische Luft für jedes Appartement, kinderfreundliche Grünflächen zwischen den Hochhäusern
und soziale Einrichtungen, die bei Problemen zwischen den unterschiedlichen Bevölkerungsschichten helfen sollten.
Weder die Entwürfe von 1962 noch die von 1966 fanden Zuspruch: Wallace galt als zu unmodern, altmodisch.
1969 / High Technology
Der Bürgermeister John Lindsay hatte derweil sein eigenes Team beauftragt, Conklin &
Rossant. Ein Wettbewerb entstand zwischen der Stadt und dem Staat New York. 1968 erfolgte die Gründung der Battery Park City Authority (BPCA).
Ein Kompromiß zwischen den konkurrierenden Teams wurde erst erreicht, als Lindsays und
Rockefellers Architekten unter der Leitung von Charles S. Urstad, dem Vertreter der BPCA,
zusammenarbeiteten. 1969 konnte man den ersten offiziellen Master Plan veröffentlichen, ein
auf höchster Ebene entwickeltes, ausgeklügeltes Stadtmodell.
Entlang der Waterfront am Hudson River sollte sich eine "Lebenlinie" ziehen, die zum Teil mit
Glas überdacht, zum Teil offen, Geschäfte, Restaurants, Parks, Verkehrsanbindungen und
öffentliche Einrichtungen miteinander verbandt. Die Architektur entsprach futuristischen
Visionen mit viel Transparenz durch die Verwendung von Glas, der Blick auf den Hudson war
ein wichtiges Kriterium. Die Entwürfe fanden Zuspruch. Realisiert wurden sie aufgrund der
1973 beginnenden Rezession jedoch nie. Investoren schreckten vor einem Engagement in
dieses vorher noch nie erprobte Objekt zurück, dessen Entwürfe auf einem ausschließlichen
Gesamtkonzept beruhten. Es galt "Alles oder Nichts", entweder den Bau des gesamten
Stadtviertels nach den entwickelten Plänen oder eine komplett neue Lösung.
1975 / Defensible Space
Die Entwürfe wandelten sich. Weniger offizielle Planung und mehr privates Engagement,
mehr Flexibilität waren aufgrund der finanziellen Situation gefragt.
Man lud private Investoren ein, zeigte ihnen die alten Pläne und fragte sie, inwieweit sie bereit
wären, zu investieren. Das Battery Park City Projekt unterteilte man in unabhängig voneinander zu entwickelnde Gebiete, genannt POD Die geschlossene Bauweise eines PODs hatte
lediglich einen bewachten Zugang und bot in sich einen eigenen Bereich für drei- bis viertausend Bewohner. Der Sicherheitsaspekt dieses Stadtmodells richtete sich an die neue
Zielgruppe: Mittelklassemieter aus den suburbanen Räumen, die in den Bürokomplexen
Arbeitsplätze finden würden. Ein POD/Gateway Plaza wurde 1982 realisiert. Aus finanziellen
Gründen verwarf man die Pläne mit unterirdischen Verkehrswegen und oberirdischen, rollenden Bürgersteigen.
72
Sabine Böhning
Battery Park City
1979 / Practical Realism
Bis zu diesem Zeitpunkt war die Stadt New York Eigentümer und die Battery Park City
Authority lediglich Pächter des aufgeschütteten Gebietes. Doch aufgrund der problematischen finanziellen Situation sah man sich gezwungen, das Eigentumsrecht an die privatrechtliche Authority zu übertragen. Als schnelle Reaktion darauf erfolgte ein radikal neuer,
von wirtschaftlichen Interessen geprägter Master Plan.
Die Architektur orientierte sich am praktischen Realismus der späten 70er. Die Straßenzüge
bekamen die gleiche Rechtwinkligkeit wie die Manhattans. Mit Hilfe der Blockbauweise erhielt
man voneinander unabhängige Bereiche, die jeweils noch parzelliert werden konnten. So war
es möglich, flexibel auf die jeweilige Marktnachfrage nach Bürofläche oder Wohnraum zu reagieren. Der kommerzielle Bereich verlagerte sich vom geplanten Südende in die Mitte.
Battery Park City ist heute kein einheitlich gestalteter Stadtteil, bedingt durch die
Privatisierung und die unterschiedlichen Nutzungskonzepte der jeweiligen Investoren. Es findet sich folgende Unterteilung (Master Plan von Alexander Cooper and Stanton Eckstut,
1979):
- 42% Wohnraum, ca. 14.000 Einheiten
- 9% Gewerbliche Nutzung, Büros, Geschäfte,
Restaurants
- 30% offene Plätze, Esplanade, öffentliche Plätze,
Plazas
- 19% Straßen und Wege.
Foto 1: Teilansicht von Battery Park City
Aufnahme: Anne Wiegert
73
Battery Park City
Stefan Niemeyer
Idee der Battery Park City (BPC)
Im Süden Manhattans begann man in den 80er Jahren mit einem der ehrgeizigsten und
größten Bauprojekte New Yorks. Auf einer Fläche von 37ha entstanden am Hudson River
mehr als 30 Bürogebäude, Apartmenthäuser, Restaurants und Parkanlagen – letztere sollten
rund 50% der Fläche einnehmen.
Die Grundidee, die hierbei verfolgt wurde, ist das harmonische Zusammenspiel von
Geschäftswelt, Wohnbereich und Kulturschauplätzen mit Veranstaltungen und Gastronomie.
Sowohl der Geschäftsbereich und die Apartments sollen die Zielgruppe der arbeitenden New
Yorker Oberschicht ansprechen und ein neues urbanes Zentrum in New York schaffen.
Die Fläche der Battery Park City ist durch
Sandaufschüttung gewonnen worden. Das
stand u.a. aus dem Bau und den Ausschachtungsarbeiten des World Trade Centers zur
Verfügung.
Die Battery Park City läßt sich in mehrere
Bereiche unterteilen. Das Zentrum bildet das
World Financial Center mit dem North Cove
Yacht Harbor. Hiervon geht nördlich die North
Residential Area ab, die mit der Stuyvesant
High School abgeschlossen wird. Im südlichen
Teil der BPC findet sich die South Residential
Area, die mit dem Museum of Jewish Heritage
direkt am Battery Park endet.
Diese einzelnen Abschnitte erfahren eine
Verbindung durch die Esplanade. Sie bildet mit
einer Länge von ca. 2,5km eine Uferpromenade, die direkt am Hudson River gelegen ist. Sie
war nach dem Bau der Brooklyn Heights
Promenade im Jahre 1954 die erste öffentliche
Promenade in New York. Die Esplanade ist
somit beispielhaft für die New Yorker
Bestrebungen, sich wieder direkt zum Wasser
auszurichten. Die Esplanade ist durchgängig
behindertengerecht gestaltet.
Eine Auflockerung erfährt das gesamte Areal
durch zahlreiche Parks und Grünanlagen mit
verschiedensten Kunstobjekten. Von den ca.
400.000 Beschäftigten des Wall Street Financial
District arbeiten ca. 10% im World Financial
Center. Bis zum heutigen Zeitpunkt wohnen ca.
10.000 Menschen in der BPC, zum Ende der
Bauarbeiten sollen es ca. 25.000 sein.
Abb: 1: Grundriß der Battery Park City
Quelle: http//www.batteryparkcity.otg/timeline.htm
74
Stefan Niemeyer
Battery Park City
Ortsbeschreibungen
World Financial Center
Das World Financial Center (WFC) wurde vom argentinischen Architekten Cesar Pelli gebaut.
Es bildet einen architektonisch anspruchsvollen Gebäudekomplex, der durch vier unterschiedlich hohe Bürotürme geprägt wird. Diese Bauwerke aus Glas und Granit umsäumen
den North Cove Yacht Harbour mit einem anschließenden öffentlichen Platz. Das Dach dieser Gebäude wird gekrönt durch vier geometrische Formen, die sinnbildlich für die jeweiligen
Hauptmieter der Büros stehen. Das WFC beherbergt den Hauptsitz der American Express
Company, Merrill Lynch, Dow Jones, Deloitte & Touche und Oppenheimer. Desweiteren Büros
großer weltweit tätiger Finanzdienstleister und IT-Unternehmen.
Zur Wasserseite wird das WFC mit dem Sitz der New York Mercantile Exchange abgeschlossen. Die Börse ist 1997 in die Räume der BPC eingezogen. Dies ist nicht nur ein wirtschaftlich sehr relevanter Faktor für die City gewesen, sondern auch ein psychologischer. Die
Handelsbörse hat ihren Platz in Downtown Manhattan gefunden und nicht in Midtown.
Der gesamte Komplex des WFC soll
Geschäftswelt,
Unterhaltung
und
Entspannung im gleichen Maße verbinden
(Abb. 2).
Auf zwei Ebenen finden sich eine Auswahl
luxuriöser Boutiquen wie Ann Taylor,
Barneys New York oder Tahari,
Spezialgeschäfte wie Godiva, Sunglass
Hut, H2O Plus, GapKids, Rizzoli
International Bookstore und Restaurants
der
verschiedensten
Stilrichtungen.
Insgesamt beherbergt das WFC 31 Shops
und 17 Restaurants.
Abb. 2: North Cove und der Wintergarten im World Financial Center
Quelle: http//www.batteryparkcity.otg/timeline.htm
Auf ca. 300.000 m2 stehen den Beschäftigten sowohl Außenanlagen als auch überdachte
Innenanlagen zum Entspannen und zur Unterhaltung zur Verfügung. Eine Unterteilung läßt
sich hier vornehmen in den Winter Garden, die
Plaza, das Gatehouse und der Courtyard. Der
Winter Garden bildet mit seiner ca. 38m hohen
Glas- und Stahlkonstruktion das Zentrum und
zugleich Herzstück des WFC. Mit einem breiten
Innenraum und einer großen prägnanten
Treppe bietet es ausreichenden Platz zum
Verweilen. 16 hohe Washington RobustaPalmen umsäumen den überdachten Innenhof
(Abb. 3). Der Winter Garden ist Schauplatz des
Kultur- und Eventprogrammes des WFC mit
einer großen Zeltdach-Bühne am östlichen
Ende.
Abb. 3: Palmen im Wintergarten
Quelle: http//www.batteryparkcity.otg/timeline.htm
Die Plaza ist eine große öffentliche Grünanlage, die den North Cove Yacht Harbor einschließt.
75
Battery Park City
Stefan Niemeyer
Die Gestaltung dieser Anlage ist eine Gemeinschaftsarbeit von Cesar Pelli, dem LandschaftsArchitekten M. Paul Friedberg und den Künstlern Siah Armajani und Scott Burton. Zahlreiche
Skulpturen, die im Rahmen des öffenliche Kunstprogramms aufgestellt sind, zieren den Platz.
Desweiteren ist die Plaza der Außenstandort für das Kunst- und Eventprogramm der BPC.
Der Courtyard ist ein einer italienischen Piazza nachempfundener Platz, der eine komplette
Glasüberdachung erfährt. Mit zahlreichen internationalen Restaurants bildet er das gastronomische Zentrum im WFC.
North Residential Area (NRA)
Die North Residential Area führt nordöstlich am Hudson River entlang. Sie schließt im Norden
die Battery Park City mit der TriBeCa Bridge und der Stuyvesant High School ab. Die NRA
bildet einen der zwei großen Wohnbereiche der BPC. Der TriBeCa Bridge Tower, TriBeCa
Pointe und TriBeCa Park vereint ca. 800 Luxuswohnungen für die Angestellten des WFC.
Außerdem bietet The Hallmark, Brookdale Senior Living ca. 250 Wohnungen als
Altersruhesitz. Eine öffentliche Schule im TriBeCa Bridge Tower rundet das Angebot ab.
Die Stuyvesant High School bildet das bildungspolitische Herzstück der BPC. 1992 eröffnetfinden dort ca. 3.000 Studenten einen High School Platz. Eine direkte Verbindung mit Manhattan erhält die Schule durch die TriBeCa Bridge. Mit einer Länge von 180m und einer Breite
von 22m ist sie die größte Füßgängerbrücke, die in einem Stück gefertigt wurde. Sie soll eine
schnellere und vor allem sichere Verbindung über die vielbefahrene West Street darstellen.
Zur Steigerung der Wohnqualität tragen maßgeblich die beiden Grünanlagen in der NRA bei.
Der Governor Nelson A. Rockefeller Park wurde 1992 eröffnet. Von einer Bostoner
Architektengruppe gestaltet, soll er ausreichend Platz für sportliche Betätigung bieten. Den
Bewohner stehen Plätze für Volleyball, Handball und Basketball zur Verfügung; Desweiteren
ein Kinderspielplatz und ein Landschaftsgarten mit Liegewiese.
Das Park House bildet den kulturellen Mittelpunkt. Im Stil eines griechischen Tempels errichtet, ist es Schauplatz für Konzerte oder Lesungen, die wiederum über die BPC Authority
gesponsort werden. Zweite große Entspannungszone im NRA ist "The Belvedere" am North
Cove Park. Im Jahre 95 fertiggestellt, verbindet es den Rockefeller Park mit dem WFC. Es
wurde im Stil eines englischen Parks mit alten Eichen erbaut und versucht die direkte
Verbindung zum Hudson River darzustellen.
South Residential Area (SRA)
Die South Residential Area verläuft südlich vom WFC bis zum Jüdischen Museum am Battery
Park. Mit dem Gateway Plaza Neighborhood, dem Rector Place Neighborhood und der
Hudson Buildings vereint es eine Zahl von ca. 4.000 Luxuswohnungen, die die obere
Mittelschicht bis Oberschicht New Yorks anspricht. Auch in der SRA wurden großräumig
Parkanlagen angelegt, um eine möglichst angenehme Wohnatmosphäre zu schaffen. Der
markanteste Park ist benannt nach Robert F. Wagner, Jr.. Im Vergleich zum sportlich-aktiv
anregenden Governor Nelson Park in der NRA soll hier mehr der Entspannungsfaktor angesprochen werden. Im Jahre 1996 vollständig eröffnet, ist es eine Gemeinschaftsarbeit von
Landschaftsgärtnern und verschiedensten Künstlern. Die South Cove als dritter Teilabschnitt
der Esplanande wurde von der Künstlerin Marry Miss gestaltet und soll an die alte Uferlinie
und Pieranlagen aus dem 18. und 19. Jahrhundert am Hudson River erinnern. Das 1997
errichte Police Memorial vom Designer Stuart B. Crawford würdigt die Arbeit des New York
Police Departments.
76
Stefan Niemeyer
Battery Park City
Museum of Jewish Heritage
Das Museum of Jewish Heritage bildet den südlichen Abschluß der BPC mit einem direkten
Anschluß an den Battery Park (Abb. 4). Die ersten Planungen für die Errichtung eines jüdischen Museums in New York wurden 1981 begonnen. Die Fertigstellung erfolgte am 15.
September 1997. Die Kosten beliefen sich auf USD 21,5 Mio. Die Architektur des Künstlers
Kevin Roche spaltet bis heute nicht nur das Fachpublikum, sondern auch die Besucher.
Der sechseckige Granit-Rundbau in
Form
eines
angedeuteten
Davidsterns hat eine Höhe von ca.
26m. Die hexagonale Anordnung
soll, auch nach Willen des
Künstlers, an die 6 Mio., während
des II. Weltkrieges, gestorbenen
Juden erinnern. Kritiker sehen in
dem burgähnlichen Bau eher eine
Abschottung der Juden nach außen
und empfinden das Museum als
einen Bau mit bedrohlicher
Ausstrahlung.
Im Inneren des Gebäudes erwartet
den Besucher eine Einführung in
die Geschichte des Judentums.
Abb. 4: Das Museum of Jewish Heritage
Quelle: http//www.batteryparkcity.otg/timeline.htm
Über drei Ausstellungsebenen, die chronologisch angeordnet sind, bewegt sich der Besucher
kreisförmig in die Spitze des Gebäudes. Hierbei wird vor allem darauf Wert gelegt, nicht nur
die jüdischen Leiden im Holocaust zu zeigen, sondern auch die traditionsreiche und wechselvolle Geschichte des gesamten jüdischen Volkes. Mehr als 2.000 Photographien, 800
Exponate und 24 Original-Dokumentarfilme tragen hierzu bei. Auch die Ergebnisse und
Aufzeichnungen der Shoa-Stiftung von Steven Spielberg sind hier einzusehen. Das Museum
zeigt nur einen ausgewählten Bruchteil des Gesamtarchives, so daß eine Erweiterung des
Museums bereits geplant wird.
Kultur- und Eventprogramm der BPC
Das Kunst- und Eventprogramm des WFC umfaßt sowohl Theater- und Tanzveranstaltungen
als auch Ausstellungen und Galerien. Ziel ist es, ein eigenständiges qualitativ hohes
Kulturleben in die BPC zu bringen. Alle Aufführungen sind kostenfrei und werden von der BPC
Authority und ihren Partner finanziert. Hauptsponsoren sind hier American Express und Merrill
Lynch. Seit der Eröffnung des Programms haben ca. 3 Mio. Menschen rund 800 verschieden
Veranstaltungen besucht. Hauptjahreszeit für die Events ist der Sommer mit den Monaten
Juni, Juli, August und September.
Eine Grobeinteilung läßt sich in folgende Bereiche vornehmen
- Tanz und Konzerte
Internationale Künstler, Rockgruppen aber auch Klassikorchester geben kostenfreie Auftritte
77
Battery Park City
Stefan Niemeyer
sowohl in den Indoor-Anlagen wie dem Winter Garden des WFC als auch auf den verschiedenen Veranstaltungsbühnen der einzelnen Parkanlagen über die gesamte BPC verteilt.
- Familienprogramm
Das Familien- und Kinderprogramm bildet einen der Schwerpunkte der Kultur-veranstaltungen. Insbesondere die Kinderbetreuung soll die hohe Lebens- und Wohnqualität der BPC
unterstreichen. Ein Schwedisches Midsommer Festival gehört ebenso dazu, wie afrikanische
Tanz- und Erlebnisabende.
- Theater und Ausstellungen
Anspruchsvolle Theatervorführungen im WFC als auch Freiluftveranstaltungen sprechen die
Zielgruppe der New Yorker Oberschicht genauso an wie Kunstausstellungen, immer mit dem
Ziel, die Bewohner und Beschäftigten der BPC auch abends im Stadtviertel zu halten. Weitere
Höhepunkte bilden Schwimmwettkämpfe im Hudson River und Theaterprogramme auf See.
Hierbei soll die Nähe und neue Verbundenheit zum Fluß unterstrichen werden.
Kunstwerke in der BPC
Seit den ersten Planungen für den Bau der BPC und die
umfangreichen öffentlichen Plätze, wurden Künstler und
Designer mit in die Planungen einbezogen. Hierbei sollten nicht
nur beliebige Kunstwerke in den Parks errichtet werden, sondern jedes Exponat sollte einen direkten historischen Bezug
oder urbane Leben in den Wohnvierteln widerspiegeln. Die
Kunstwerke sollten aber auch provozieren und die
Landschaftsanlagen aus einem anderen Blickwinkel zeigen. So
hat jede öffentliche Anlage oder Platz seine besondere Prägung
durch die einzelnen Künstler erfahren. Insbesondere die
Verbindung von Land und Wasser sollte neu herausgehoben
werden, um die Neuausrichtung der BPC und der Stadt New
York zum Hudson River zu zeigen. Historische Wurzeln wie die
alten Pieranlagen sollten durch die künstlerische Gestaltung im
Bewußtsein der Bewohner der BPC verankert werden (Abb. 5).
Abb. 5: Kunstwerk in Battery Park City
Quelle: http//www.batteryparkcity.otg/timeline.htm
Infrastruktur der BPC
Die BPC wird östlich vom Hudson River begrenzt und westlich von der West Street, die
wöchentlich von ca. 277.500 Autos befahren wird. Um trotzdem eine optimale infrastrukturelle Anbindung der Bewohner und Beschäftigten der BPC zu ermöglichen stehen folgende
Verkehrsmittel zu Verfügung.
-Subway Anschluß an drei Knotenpunkten: World Trade Center, Rector Street und Battery
Place. Wegen des Untergrundes ist es nicht möglich, direkt unter die BPC eine Subway
Station zu bauen.
-Drei Buslinien, die die BPC aus drei Himmelsrichtungen anfahren. Ein kostenfreier
Downtown Shuttlebus zum South Street Seaport und dem Battery Park.
-Eine Fährverbindung vom WFC nach Jersey City und Hoboken. Desweiteren eine
Wasserverbindung zum South Street Seaport und dem Liberty State Park.
78
Stefan Niemeyer
Battery Park City
- Eine Fußgängerbrücke verbindet das WFC mit dem angrenzenden World Trade Center,
indem ca. 50.000 Menschen arbeiten. Diese Brücke wird täglich von ca. 16.500 Menschen
überquert.
Ausblick
Mit der Battery Park City wurde ein neuer Stadtteil geschaffen, der eine Symbiose zwischen
Arbeiten, Wohnen und Freizeit anstrebt. Weiterhin soll die Integration von künstlerischen
Elementen in den Parkanlagen und ein facettenreich angelegtes Kulturprogramm eine
Identifikation der Bewohner mit der BPC schaffen. Die Gruppe der Bewohner besteht aus der
jungen amerikanischen Schicht der Urban Professionals und der damit verbundenen modernen Geschäftswelt des tertiären Sektors. Merkmale hierfür sind sowohl im Angebot der
ansässigen Unternehmen (Finanzdienstleitungen, IT-Brachen, Versicherungen etc.) als auch
in der Höhe der Kosten für Wohnen, Lebensunterhalt und Bildungseinrichtungen abzulesen.
Die angestrebte Eindeutigkeit der Zielgruppe bewirkt aber auch eine Abgrenzung nach
außen. Von einem Zusammenspiel verschiedener sozialer Schichten bzw. der "sanfte Übergang" zu anderen Stadtvierteln findet sich nicht. Eine klare Abgrenzung läßt sich feststellen
und wird durch die achtspurige West Street noch unterstrichen. Aus der Sicht der
Stadtplanung und -entwicklung haben sich durch die BPC durchaus auch Chancen für New
York ergeben, insbesondere für die Downtown Manhattans. Durch die Ansiedlung und
Bindung neuer, moderner Unternehmen des tertiären Sektors kann einer Abwanderung dieser Branche aus der Downtown entgegengewirkt werden. Die Schaffung von umfangreichen
Wohnanlagen trägt zur Umwandlung der Downtown von einem reinen Geschäftsviertel zu
einem Stadtteil bei. Die Bindung der Geschäftswelt in diesen Teil New Yorks, auch nach Ende
der Bürozeiten, bündelt Kaufkraft und Lebensqualität. Die Ansiedlung weiterer gastronomischer und kultureller Einrichtungen wird möglich gemacht.
Die Nutzung alter, nutzlos gewordener Ufer- und Pieranlagen ist auch aus industriegeschichtlicher Sicht positiv zu betrachten. Es verstärkt die Tendenz in New York, sich wieder
zum Wasser bzw. zum Fluß zu orientieren. Der Bau der Esplanade unterstreicht die
Neuentdeckung des Hudson Rivers als Erholungsraum. Die BPC ist in ihrer Bautätigkeit noch
nicht abgeschlossen. Die nächsten Jahre werden zeigen, ob die Entwiclung der PBC voranschreitet und sich auch die Downtown weiterhin positive Entwicklungseffekte ergeben.
Literatur
- Gordon, D. L. A. 1997: Battery Park City, Politics and Planning on the New York Waterfront.
Gordon and Breach Publishers, Amsterdam.
- Internet: Stand vom27. September 2000
Alliance for Downtown New York, Inc.: http://www.DowntownNY.com
American Stock Exchange: http://www.amex.com
Battery Park City: http://www.batteryparkcity.otg/timeline.htm
Census 2000 (New York State): http://www.census2000.state.ny.us
Ellis Island: http://www.ellisisland.org
New York Mercantile Exchange: http://www.mjhnyc.org
Observation Deck - World Trade Center: http://www.wtc-top.com
Stuyvesant High School: http://www.stuy.edu
The World Financial Center: http://www.worldfinancialcenter.com
79
New York Stock Exchange
Carmen Englisch
New York Stock Exchange (NYSE)
Die New York Stock Exchange ist neben London und Tokio die bedeutendste Börse der Welt.
Durch die harte Währung, den Dollar, eine günstige Wirtschaftslage und ein solides
Bankensystem wurde sie zum wichtigsten Kapitalmarkt. Der Verlauf ihrer Geschichte ist
geprägt von Höhenflügen und Zusammenbrüchen, die Börse hat den Fortschritt vom
Lochstreifen zum Mikrochip ebenso erlebt wie die Wandlung vom lokalen zum globalen
Wertpapiermarkt (vgl. BROOKS 1999, S. 70).
Geschichte
1792 kamen 24 Kaufleute, die in der Wall Street Nr. 68 unter einer Platane miteinander
Geschäfte betrieben bzw. Aktien kauften und verkauften, schriftlich überein, diese Papiere nur
noch untereinander zu handeln. Die Geschäftsbedingungen beim Handel mit Wertpapieren
wurden hiermit festgelegt. Erster Sitz war das Tontine Coffee House an der Ecke zur Water
Street. Dies stellte die Grundsteinlegung für die heutige New York Stock Exchange dar (vgl.
BROOKS 1999, S. 70). 1817 wird das New York Stock und Exchange gegründet. Ein Sitz, der
eine Mitgliedschaft kennzeichnet und somit das Handeln an der Börse ermöglicht, kostet zu
diesem Zeitpunkt 25 US Dollar. Im Vergleich dazu werden heute bis zu eine Million Dollar und
ein strenger Eignungstest für einen der 1.366 Sitze verlangt. Als herausragende technische
Neuerung wird 1867 die Lochstreifenmaschine eingeführt, die aktuelle Lochstreifen auf die
Minute genau für die einzelnen Notierungen ausdruckte. Am 24. September des gleichen
Jahres kommt es zum sogenannten "Gold Crash", dem ersten Börsencrash, wodurch die
Bank Jay Cooke and Company sowie sämtliche Eisenbahngesellschaften ruiniert wurden. Am
19. September 1873 ging die Jay Cooke & Company, ein renommiertes Bankhaus in
Philadelphia, aufgrund von Fehlspekulationen mit Eisenbahn-Aktien in den Bankrott. Dies
versetzte die gesamte Nation so sehr in Panik, daß schließlich die Börse für 10 Tage
schließen mußte, um durch das Aussetzen des Handels zur allgemeinen Beruhigung der
Anleger beizutragen (http://www.nyse.com). 1897 wurde von dem Herausgeber des Wall
Street Journal der Dow Jones Index als erster Börsenindex der Welt "erfunden". Diese
Meßzahl gibt die durchschnittliche Bewegung der Aktien an und gilt als amerikanisches
"Aktienbarometer". Zur Berechnung wurden 12 wichtige nationale Firmen ausgewählt, deren
Aktienwerte addiert und anschließend durch 12 dividiert wurden (vgl. METZGER 1995, S. 88).
1903 wird das heutige Börsengebäude eröffnet. Anfang des 20. Jahrhunderts ist New York ein
bedeutendes Industriezentrum und vor allem in den 20er Jahren ist der wirtschaftliche
Aufschwung hier besonders spürbar. Am 29. Oktober 1929 endet diese Zeit jedoch am sog.
"Schwarzen Freitag" mit dem Börsencrash, dem fatalsten Börsenkrach der Geschichte an der
Wall Street. Am Vortag waren die Kurse der größten amerikanischen Industrieunternehmen
zusammengebrochen. Über 16 Mio. Aktien wechselten an diesem Tag den Besitzer, die
Mitarbeiter arbeiteten durchgehend 48 Stunden lang. Große Massen von Anlegern drängten
voller Konfusion in die Wall Street und so kam es zu Menschenaufläufen. Unzählige
Unternehmen und Privatpersonen, die ihr Geld in Wertpapieren angelegt hatten, wurden an
diesem Tag in den Konkurs getrieben. Die Kurse fielen weiter, die Börse kollabierte mit einem
Verlust von 100 Millionen Dollar und die Wirtschaft stürzte so in eine große Depression. Die
Vereinigten Staaten und auch andere Erdteile wurden von einer enormen Arbeitslosenwelle
erfaßt. Die ca. zehn Jahre andauernde Weltwirtschaftskrise war von Arbeitslosigkeit und
Massenelend gekennzeichnet (vgl. METZGER 1995, S. 89). Die 1934 vom Kongreß ins
Leben gerufene "Security Exchange Commission" erließ strenge Vorschriften zur Abwehr von
zu großen Kursschwankungen. Ab 1976 ersetzen DOT (Designated-Order-Turnaround) 80
Carmen Englisch
New York Stock Exchange
Computer mit hochmoderner Technik die Lochstreifen an der Börse. In den 80er Jahren werden an der Wall Street wieder Spitzenwerte notiert und New York befindet sich in einem wirtschaftlichen Aufschwung. 1987 kommt es dann am sogenannten "Schwarzen Montag" (19.
Oktober) zum zweiten großen Börsencrash, wobei der Dow Jones Index um 508 Punkte fällt.
Dadurch wurden schwere Verluste an den Aktienmärkten auf der ganzen Welt beschleunigt.
So endeten die goldenen Broker-Jahre und die Yuppie-Ära, eine Rezessionsphase begann.
Die Folgen waren weltweit spürbar, besonders jedoch in der Wirtschaft New York Citys. Für
viele Firmen bedeutete dies das Aus, über 100.000 Menschen verloren dort ihren Job, die
Kaufkraft sank schlagartig und die Immobilienpreise fielen (vgl. Sheean 1994, S. 33). In den
90er Jahren spricht man wieder von einem Comeback der Stadt, die Arbeitslosenrate ist
jedoch immer noch sehr hoch und die sozialen Disparitäten wachsen. Neue Unternehmen,
vor allem aus der Computerindustrie, kommen auf den Markt und streben nach
Börsengewinnen.
Funktion der Börse
An der NYSE werden nur Aktien großer Konzerne, Banken und Dienstleistungsunternehmen
gehandelt, wobei mehr als 1,1 Mio. Aktien vorhanden sein müssen, die auf mindestens 2.000
Besitzer verteilt sind. Außerdem muß der Marktwert der Papiere bei mindestens 18 Mio. US
Dollar liegen. Die Notierung aller anderen Unternehmen erfolgt an der American Stock
Exchange (AMEX), die ihren Sitz in der Rector Street in New York hat (vgl. FREUND 1995).In
der Börsenhalle existieren 17 Standplätze, die aus je 22 Sektionen von Maklern und technischem Personal bestehen, die jeweils mit den Aktien von bis zu 10 eingetragenen
Gesellschaften handeln. Der Supervisor ist an einem Standplatz für den reibungslosen Ablauf
zuständig. Ein sog. Spezialist übermittelt Angebote an andere Broker und handelt immer nur
eine Aktie, die Kurse werden ihm von Teleskopmonitoren angezeigt. Unabhängige Broker
sind an der Börse tätige Wertpapiermakler und wickeln die Geschäfte der Broker - Firmen ab.
Commission - Broker arbeiten für Broker - Firmen, indem sie Wertpapiere für Privatkunden
kaufen und verkaufen. Weitere Angestellte bearbeiten die über die DOT - Computer eingehenden Aufträge und geben dann die Umsätze in das Datensystem der Börse ein. Diverse
Laufboten bringen Aufträge von den Ständen zu den Brokern und den Spezialisten.
Standplatzmonitore zeigen die Börsenkurse an. Während vor ca. 100 Jahren täglich 5.000
Autogramme verschickt und 2.000 Nachrichten durch Fahrradboten ausgeliefert wurden, sind
heute alle Daten miteinander vernetzt und ein Überwachungssystem beobachtet alle
Auffälligkeiten, die auf eine Störung hinweisen könnten. Die den DOT-Computer unterstützende Technik ist in einem netzartigen Röhrensystem über der Börsenhalle untergebracht.
Heutige Bedeutung
Die Wall Street mit der New Yorker Börse wird weltweit als Synonym für den
Finanzkapitalismus der USA verwendet. Etwa die Hälfte des Weltvermögens entstammt den
Investitionen in New York mit der Wall Street als Finanzzentrum. Heute werden hier täglich für
mehr als 2.000 der größten und mächtigsten Firmen der Welt über 200 Mio. Aktien in der
Börsenhalle gehandelt. Nicht nur das Herz des Financial Districts befindet sich hier, sondern
- gemeinsam mit London und Frankfurt - der gesamten westlichen Wirtschaft (vgl. TEIFER
1996, S. 121). Eine alte Regel in New York lautet: "Boomt die Börse, dann blüht New York".
Die New York Stock Exchange hat vor allem seit dem Börsenkrach 1929 eine
Indikatorfunktion inne. "Nationale (und globale) Wirtschaftskrisen nahmen in der
81
New York Stock Exchange
Carmen Englisch
Vergangenheit immer wieder ihren Ausgang von Wall Street und seinen komplexen
Wirkungsmechanismen auf Änderungen der volkswirtschaftlichen Rahmenbedingungen"
(GAMERITH 1999, S. 197).
Literatur
- Brooks, L., P. Brooks; S. Farewell 1999: New York. 2. Auflage, München.
Freund, U. 1995: New York. München.
- Gamerith, W. 1999: Weltmetropole New York City. Geographische Rundschau 51 (1999),
H. 4, S. 196-202.
- Metzger, C. 1995: New York. 2. Auflage, Stuttgart.
- Sheehan, S. 1994: New York. Berlin.
- Teifer, H. 1996: New York - Arte Limes Reiseführer. München.
- Internet: Stand vom 14.07.2000:
New York Stock Exchange: http://www.nyse.com
82
Christina Gerth
Phänomen der Segregation
Das Phänomen der Segregation
Die Bevölkerung in Städten und ländlichen Siedlungen ist durch eine Mehrzahl unterschiedlicher Merkmale der Ungleichheit gekennzeichnet. Je nach Größe einer Stadt bzw. ländlichen
Siedlung und der Anzahl ihrer Einwohner lassen sich verschiedene Gruppen von Personen
herausheben. Diese Gruppen unterscheiden sich bezüglich eines Merkmals oder mehrerer
Merkmale von anderen Gruppen. Diese Merkmale können zum Beispiel Alter, Ethnizität oder
Religion sein. Die Bausubstanz, die Lagegunst und die Ausstattung von Wohnraum bzw.
Wohnstandorten in Städten und ländlichen Siedlungen ist ebenfalls meist durch große
Unterschiede gekennzeichnet. Es ist häufig ein Zusammenhang zwischen Wohnstandort und
Wohnverhältnissen und dem Status der dort ansässigen Bevölkerung zu beobachten. Solche
Erscheinungen lassen sich in allen Kulturkreisen mit einem Mindestmaß an gesellschaftlichen
Unterschieden nachweisen. Schon in den mittelalterlichen und frühneuzeitlichen Städten
Europas waren zum Beispiel die Viertel der Kaufleute deutlich von denen der Handwerker
getrennt und sie unterschieden sich im äußeren Erscheinungsbild. Fast ebenso lange findet
man auch eine Segregation nach ethnischen und religiösen Merkmalen, wie zum Beispiel
beim jüdischen Ghetto oder dem noch kleinteiliger, nach Religions- und Volksgruppenzugehörigkeit getrennten Viertel der klassischen orientalischen Stadt. Diese historische
Trennung setzt sich bis heute in vielen Städten fort (vgl. THIEME 1993, S. 167-171).
Definition:
Den Vorgang der sozialen und gesellschaftlichen Abgrenzung bestimmter Gruppen nennt
man Segregation. Segregation (lat. segregatio: Absonderung, Trennung) ist sowohl als ein
Prozeß der räumlich ungleichmäßigen Verteilung von Bevölkerungsgruppen als auch als
Prozeß der Entstehung von mehr oder weniger homogenen Nachbarschaften zu verstehen.
Das Ergebnis einer sehr stark ausgeprägten Segregation ist die Ausbildung charakteristischer
Stadtviertel, deren typische Eigenschaften als Image bekannt sind. Die entstandenen
Stadtteile mit entweder positivem oder negativem Image zeigen meist zwei verschiedene
Prozesse der Viertelsbildung auf. Zum einen ist dies die freiwillige angestrebte (aktive) und
die durch Diskriminierung oder andere Restriktionen erzwungene (passive) Absonderung. Es
werden unterschiedliche Ausprägungen der residentiellen Segregation (der Segregation nach
dem Wohnort) mit verschiedenen räumlichen, sich teilweise überlagernden, Gebieten formuliert:
-
die
die
die
die
Segregation nach dem sozialen Status,
ethnisch Segregation,
religiöse Segregation und
Segregation nach dem familiären Status.
Die Segregation nach dem sozialen und dem ethnischen Status hat die größte Bedeutung
und Raumwirksamkeit. Die Ausprägung der Segregation kann als Indikator für die gesellschaftliche Integration bzw. Isolation einer sozialen Gruppe angesehen werden (vgl. LICHTENBERGER 1998, S. 239-246).
Segregation in nordamerikanischen Städten
In den Städten Nordamerikas zeigt sich der Segregationsprozeß im Vergleich zu den
europäischen Städten recht deutlich. In Nordamerika herrscht in vielen Städten eine geringe
oder gar fehlende Bereitschaft zur sozialen und ethnischen Integration vor. Dieses Verhalten
83
Phänomen der Segregation
Christina Gerth
fördert in einem hohen Maße die Ausformung von sozialen und ethnischen Merkmalen in der
Bevölkerung. Speziell in den Megastädten der USA kam es zur Herausbildung von räumlich,
meist scharf abgegrenzten Konzentrationen von fremdvölkischen und rassischen Minoritäten
innerhalb der citynahen Wohngebiete (vgl. HOFMEISTER 1971, S. 71).
Eine Ursache für die fehlende Bereitschaft der USA zur sozialen und ethnischen Integration
könnte die immense Einwanderungsproblematik sein. Auf keinem anderen Kontinent sind die
Städte ein so vergleichbarer "melting pot" unterschiedlichster Nationalitäten und
Konfessionen wie in Nordamerika. Während die meisten der Schwarzen unfreiwillig in das
Land kamen, war der Grund der Auswanderung der Europäer oder Asiaten die politische
Verfolgung, der religiöser Druck, die Armut oder die Erfüllung eines Traumes.
Den meisten Einwanderern fehlte es meist am nötigen Startkapital und einem Mindestmaß an
Ausbildung. Eine Vielzahl ließ sich daher in den größeren Städten nieder, wo sie als billige
Arbeitskräfte von der Industrie benötigt wurden. Eine große Barriere war immer wieder die
Unkenntnis der englischen Sprache, wodurch vielen die Anpassung an den amerikanischen
Lebensstil schwer fiel. So kam es zur Bildung von eigenen Vierteln in den Städten, wo sich
die jeweiligen Nationalitäten (Schwarze, Asiaten, Italiener, usw.) auf meist klar abgegrenzten
Gebieten konzentrierten. Diese Gebiete wurden ziemlich rasch unter eigenen spezifischen
Namen bekannt, wie zum Beispiel in New York:
- Harlem (Schwarze),
- China Town (Asiaten),
- Little Italy (Italiener).
Die Mehrzahl der neu Eingewanderten bleiben in diesen Vierteln, da sie hier auf die
Hilfestellung der früher emigrierten Familienangehörigen, Freunde und Angehörigen der selben Nationalität zurückgreifen konnten. Daher kam und kommt es auch heute immer noch zu
einer sukzessiven Zunahme und räumlichen Ausdehnung dieser Stadtviertel.
Von der Physiognomie einer Stadt her betrachtet, finden sich solche Viertel meist in der Nähe
der Stadtkerne. Durch die Verlagerung der Industrie und des Handels in die "suburbs" kam
es zu einem ökonomischen Verfall nicht nur dieser Gebiete, sondern auch der unmittelbar
angrenzenden Arbeiterviertel. Die wohlhabende Bevölkerungsschicht siedelte sich ebenfalls
in den Vororten oder den besser gelegenen Gebieten innerhalb der Stadt an und zog so wichtiges Kapital in andere Stadtviertel. Die Wohngebiete und Mietshäuser in Citynähe bezogen
nach und nach geringer verdienende Bevölkerungsschichten und ethnischen Gruppen.
Kennzeichnend für diese Viertel ist inzwischen der hohe Anteil an Mietwohnungen. Viele
große Wohnungen wurden unterteilt und in kleine Einheiten zerstückelt, um mehr Personen
auf dem zur Verfügung stehenden Raum unterzubringen. Viele der Häuser genügen den
modernen Ansprüchen nicht mehr und werden weder von den Eigentümern noch von den
Bewohnern gepflegt oder renoviert (vgl. HOFMEISTER 1971, S. 89).
Zur weiteren Veranschaulichung der oben beschriebenen Phänomene werden im folgenden
China Town und Little Italy näher betrachtet.
84
Phänomen der Segregation
Literatur
- Hofmeister, B. 1971: Stadt und Kulturraum Angloamerikas. Braunschweig.
- Lichtenberger, E. 1998: Stadtgeographie: Begriffe, Konzepte, Modelle, Prozesse. 3.
Auflage, Stuttgart, Leipzig.
- Thieme, G. 1993: Segregation. In: Börsch, D. (Hrsg.), 1994: Handbuch des
Geographieunterrichts. Köln.
85
ethnische Segregation in Chinatown
Marit Müller
Die ethnische Segregation in Chinatown und die chinesischen Immigranten in
New York
New York City war von Beginn an eines der wichtigsten Eingangstore für Immigranten in die
USA - zunächst ausschließlich für Europäer, dann für Afro-Amerikaner, später für Hispanics
und schließlich für Asiaten. Heute besteht die Stadt aus einer Vielzahl ethnischer
Gemeinschaften und präsentiert sich heterogener als jede andere Stadt in den USA. Im Laufe
der letzten Jahrzehnte wandelte sie sich sogar zu einer "majority-minority city", d. h. der Anteil
der ethnischen Gruppen in der Summe übersteigt den Anteil der zuvor dominierenden
Bevölkerung europäischer Herkunft.
Jede Einwanderungsgruppe hat spezifische Merkmale und verändert sich und ihre neue
Umwelt in unterschiedlicher Weise. Von außen betrachtet, kann man die asiatischen
Immigranten ohne Bedenken als eine Gruppe zusammenfassen. Aufgrund des wirtschaftlichen Erfolges, den diese aufweist, wurde sogar die These aufgestellt, sie seien eine "model
minority", d. h. eine beispielhafte Minderheit, die den Traum vom wirtschaftlichen Erfolg in den
USA besser als alle anderen Immigrantengruppen verkörpert. Und tatsächlich ist dies erwiesen, faßt man Einwanderer aus so unterschiedlichen Ländern wie China und Japan, Laos und
Indien zusammen.
Unternimmt man jedoch den Versuch, sie einzeln zu betrachten, so sind extreme Unterschiede in demographischen und wirtschaftlichen Bereichen festzustellen. Zudem haben Asiaten
"Anteil an allen Haupttypen der Migration in die USA, die von der klassischen Arbeiterwanderung über die Immigration hochqualifizierter Fachleute und die Zuwanderung von Unternehmern und Geschäftsleuten bis zur unfreiwilligen Einwanderung von Flüchtlingen und
Asylbewerbern reichen" (LAUX, THIEME 1995, S. 436).
Deshalb werden im folgenden die chinesischen Immigranten in Chinatown nicht allein
betrachtet, sondern in den Kontext anderer asiatischer Einwanderer gesetzt, um so ein ganzheitliches Bild zu vermitteln. Nach einem kurzen geschichtlichen Abriß sollen Unterschiede
zwischen den asiatischen und den früheren Einwanderern aufgezeigt werden. Dann werden
Gemeinsamkeiten unter den asiatischen Immigranten herausgestellt und das Modell der
"model minority" präsentiert, um es danach bei Betrachtung der Unterschiede in der
Entwicklung verschiedener asiatischer Einwanderungsgruppen zu kritisieren. Abschließend
sollen Konflikte verdeutlicht werden, die im Zusammenhang mit dieser neuen
Einwanderungsgruppe stehen.
Geschichte
Obwohl die Einwanderung aus Asien ein eher junges Phänomen ist, da 81% aller Zuwanderer
von diesem Kontinent zwischen 1960 und 1992 gezählt wurden, begann die Immigration aus
China bereits Mitte des 19. Jahrhunderts (vgl. LAUX; THIEME 1995, S. 157). Die Chinesen
wanderten damals nach Kalifornien ein, waren vom Goldrausch besessen wie andere ethnische Gruppen auch, und dienten später als billige Arbeitskräfte beim transkontinentalen
Eisenbahnbau. Schon damals erfuhren sie viel Ablehnung und Diskriminierung, der seinen
Höhepunkt in dem "Chinese Exclusion Act" von 1882 fand. Dieser verbat gesetzlich jegliche
weitere Einwanderung aus China, und ist das erste amerikanische Gesetz, das die
Zuwanderung nach Amerika beschränkte. Nach Erlaß dieses Gesetzes zogen sich die bereits
eingewanderten Chinesen auf bestimmte Beschäftigungszweige, wie beispielsweise den
Betrieb von Restaurants und Wäschereien, zurück und begannen somit, eine spezifische
Ökonomie in den Chinatowns aufzubauen.
Die Einwanderung aus Japan verlief dagegen anders. Sie begann um 1890. Die Immigranten
86
Marit Müller
ethnische Segregation in Chinatown
wurden zuerst wohlwollend aufgenommen. Später fielen sie der anti-asiatischen Bewegung
ebenfalls zum Opfer. Diese war geprägt von diskriminierenden Gesetzen und Bestimmungen
(auf welche hier nicht vertiefend eingegangen werden soll) und gipfelte in Internierungslagern
während des Zweiten Weltkrieges. Die japanische Minderheit (derzeit ca. 110.000 Personen)
wurde in Kalifornien zu fast vierjähriger Konzentration als Reaktion auf den Angriff Japans auf
Pearl Harbor verdammt (vgl. LAUX; THIEME 1995, S. 430).
Nach 1965 stiegen die Einwandererzahlen aus dem asiatischen Bereich wieder an. Unter
ihnen waren zunächst zahlreiche Bräute oder Ehefrauen von Soldaten aus dem IndochinaKrieg. Schließlich führte 1965 der "Immigration and Nationality Act" den Wendepunkt herbei,
da er die gleichberechtigte Einwanderung aus dem asiatischen Raum gesetzlich verankerte.
Dieses Gesetz setzte eine jährliche Obergrenze von maximal 20.000 Personen pro
Herkunftsland fest und führte zudem das Präferenzsystem ein, das zusätzlich Immigranten
zwecks Familienzusammenführung sowie Flüchtlinge willkommen hieß.
Somit weitete sich die Einwanderung aus dem asiatischen Raum auf eine Vielzahl von
Herkunftsländern aus. Die traditionellen Einwanderungsländer wie China (einschließlich
Hongkong und Taiwan) und die Philippinen waren weiterhin stark vertreten. Aus Japan kamen
weiterhin wenige Immigranten. Zudem kamen Einwanderer aus Indien, Korea, Iran, Pakistan
und Thailand sowie (vorrangig Flüchtlinge aufgrund des Indochina-Krieges) aus Vietnam,
Laos und Kambodscha.
Abgrenzung zu früheren Immigranten
Die asiatischen Immigranten, betrachtet man sie als Einheit, entwickelten sich anders als
Immigranten aus anderen Herkunftsländern. Das lag zum einen daran, daß sie in ein anders
geprägtes Amerika kamen als beispielsweise die europäischen Einwanderer 50 Jahre früher.
Wirtschaftlich gesehen, war der sekundäre Sektor in den 60er Jahren nicht mehr der allein
dominierende. Der tertiäre Sektor gewann an Bedeutung. Die Infrastruktur unterschied sich
insofern, als daß sich die Arbeitsplätze immer weiter aus dem Stadtzentrum heraus verlagerten. Gleiches galt für die Wohnbereiche. "Now, the gigantic suburbs not only exist, but contain most of the available work, certainly most of the desirable jobs, as well as most of the
housing" (BOGEN 1987, S. 176). Außerdem kamen die asiatischen Immigranten nicht per
Schiff im Hafen, nahe der Kernstadt an, nämlich per Flugzeug auf dem Flughafen, der an der
Stadtperipherie gelegen ist. Zudem unterschied sich die ethnische Zusammensetzung stark der kulturelle Mix bestand nicht allein aus Einwanderern europäischer, sondern auch afroamerikanischer und lateinamerikanischer Herkunft.
Zum anderen brachten die asiatischen Immigranten völlig andere Voraussetzungen im
Gepäck mit. Unter ihnen befanden sich viele mit guter Bildung, so daß sie die
Einwanderergruppe mit der höchsten durchschnittlichen Bildung darstellten. Sie begannen oft
gleich mit gelernter Arbeit (z.B. als Kellner oder Kellnerin), anstatt, wie die europäischen
Immigranten, mit ungelernter Arbeit unter schlechtesten Bedingungen. Andere gründeten
gleich nach Ankunft in der "neuen Welt" ausgefeilte Unternehmen. Viele konnten es sich deshalb und aufgrund der veränderten Infrastruktur leisten, sofort in bevorzugte Wohngegenden
zu ziehen. Sie hatten sehr hohe Erwartungen an ihr Leben in der neuen Heimat und setzten
mit ihrem Fleiß und (auch kulturell bedingten) ihrer Disziplin alles daran, diese in Erfüllung
gehen zu lassen. Ihre Arbeitsmoral unterschied sich stark von der Arbeitsmoral afroamerikanischer Einwohner. Aus sozial-ökonomischer Sicht überholten sie bereits die afroamerikanische Bevölkerung und begannen auch die hispanische Bevölkerung zu überholen. Die asiatischen Einwanderer kletterten die sozio-ökonomische Leiter schneller empor als jede bisherige Einwanderergruppe.
Betrachtet man die asiatischen Immigranten kulturell, so ist auffällig, daß sie die Stadt mehr
87
ethnische Segregation in Chinatown
Marit Müller
verändern, als die Stadt sie verändert. Betritt man Chinatown, betritt man eine völlig andere
Welt New Yorks. Die dortige Architektur, Schrift und Sprache entsprechen China, nicht der
USA. Asiatische Einwanderer bemühen sich weniger als andere, sich zu amerikanisieren. Sie
zeigen stärkere Loyalität zu ihren Heimatländern und setzen die Regierung unter Druck, diesen Ländern zu helfen. Sie führen massenhaft neue Religionen und Philosophien in die amerikanische Gesellschaft ein, wie beispielsweise den Islam, den Buddhismus und den
Hinduismus. Sie verfolgen streng das Ziel, sich ethnisch von allen anderen abzugrenzen und
werden deshalb von außen als auf ihre Weise "extrem rassistisch" gesehen. "Asian people
from the same country, with the same religion, same language, similar background and socioeconomic position group together" (BOGEN 1987, S. 168). Innerhalb dieser ethnisch streng
abgegrenzten Gemeinschaften helfen die etablierten den neu angekommenen Immigranten
in Sachen Wohnen und Arbeiten, wie jede bisherige Einwanderergruppe auch. Ein
Unterschied zu anderen Immigrantengruppen besteht darin, daß Sprache und Religion nun
eine größere Bedeutung bei der Abgrenzung dieser Gruppen besitzen.
Gemeinsame Charakteristika der asiatischen Einwanderer
Aufgrund der Tatsache, daß die Asiaten eine so außerordentlich erfolgreiche Immigrantengruppe sind, wurde der Begriff der "model minority" geprägt und das entsprechende Modell
mit folgenden Indikatoren untermauert:
- Demographie
- Familienstruktur
- Haushaltsstruktur
- Bildung
- Erwerbstätigkeit
- Einkommen
Im folgenden sollen einige dieser Indikatoren herausgegriffen und kurz erläutert werden.
Die Familienstrukturen der asiatischen Immigranten sind, betrachtet man sie statistisch von
außen, sehr gesund, gesünder als die jeder bisherigen Einwanderergruppe. Der Anteil
der„zerbrochenen Familien“ liegt nur bei 12% (vgl. Tab. 1); der Anteil der von Ehepaaren
geführten Familien liegt über dem Mittelwert der Gesamtbevölkerung New Yorks.
Kinder pro Frau 1992
Weiße
1,9
Schwarze
2,5
Asiaten
2,3
Hispanics
2,7
Indianer
2,9
Alleinstehende Frauen in %
aller Familienvorstände 1990
13
44
12
23
27
Personen mit College-Abschluß
in % aller Einwohner
von 25 bis 44 Jahren 1992
28
14
47
10
11
Hochqualifizierte in %
aller Erwerbstätigen 1990
28
17
30
13
17
Median des Haushaltseinkommens (US$) 1989
31.400
19.800
36.800
24.200
20.000
Tab. 1: Ausgewählte Indikatoren zur Bevölkerungs-, Wirtschafts- und Sozialstruktur ethnischer Gruppen in den
USA
Quelle: Laux; Thieme 1995: Geographische Rundschau (47) 07/08 1995, S. 432.
88
Marit Müller
ethnische Segregation in Chinatown
Vor allem der Prozentsatz der Ehepaare mit Kindern ist überdurchschnittlich hoch. Des weiteren gründen Asiaten in der Metropole zumeist Kleinfamilien und weisen einen Durchschnitt
von 2,3 Kindern pro Frau auf, der stark im Gegensatz zu hispanischen Familien liegt. Nicht
nur im kleineren Rahmen in den Familien, sondern auch im größeren Rahmen innerhalb der
ethnischen Gruppe bestehen hohe Stabilität und feste, soziale Integrationsmuster und die
damit verbundene starke Abgrenzung gegenüber anderen ethnischen Gruppen.
Wie oben erwähnt, besitzen die asiatischen Einwanderer ein hohes Bildungsniveau. 47%
aller 24 bis 44-jährigen haben einen College-Abschluß. 1990 gehörten 30% der
Erwerbstätigen asiatischer Herkunft der höchsten beruflichen Qualifikationsstufe an (vgl. Tab.
1). Zudem weisen sie eine hohe Bildungsmotivation auf und "setzen die Ressourcen aller
Familienmitglieder ein, um zumindest der folgenden Generation jede Möglichkeit des sozialen Aufstiegs durch Bildung zu sichern" (LAUX; THIEME 1995, S. 434). In den Schulen und
Universitäten werden Spitzenergebnisse angestrebt und oftmals erreicht. Auffallend häufig
sind asiatische Studenten an prestigeträchtigen Universitäten vertreten. In den Klassen der
an- und ungelernten Arbeiter sind Asiaten nur schwach vertreten.
Der Bildungsstand reflektiert sich auch in der Haushaltsstruktur. Das mittlere Haushaltseinkommen der asiatischen Bevölkerung New Yorks liegt über dem der Deutschen und beträgt
doppelt so viel wie das der Afroamerikaner. Dabei darf nicht vergessen werden, daß diese
Errungenschaften oft auf Überstunden, härteste Arbeit auch an Wochenenden und unbezahlten Arbeitskräften - wie die der Ehefrauen, Kinder und Verwandten beruhen. Wählt man
das Pro-Kopf-Einkommen als Wohlstandsindikator, so bleiben die Asiaten weit hinter der
weißen Bevölkerung zurück (vgl. Abb. 1).
Die Unterschiede innerhalb der Gruppe der asiatischen Immigranten
Greift man jedoch eben diese Indikatoren heraus und betrachtet diese bezogen auf jede einzelne Ethnie innerhalb der asiatischen Immigrantengruppe, so muß man das Modell der
"model minority" hinterfragen. Das Pro-Kopf-Einkommen im Jahr schwankt beispielsweise
zwischen USD 20.000 bei den Japanern, US $15.000 bei den Chinesen und nur USD 2.700
bei den Hmong, einer Bevölkerungsgruppe aus Laos (vgl. Abb. 1). Auch leben nur 8% der
Japaner unter der Armutsgrenze, während es bei den Chinesen 14% und bei den Hmong
Abb. 1: Das Einkommen asiatischer Bevölkerungsgruppen 1989 (US $)
Quelle: Laux; Thieme 1995: Geographische Rundschau (47) 07/08 1995, S. 435.
89
ethnische Segregation in Chinatown
Marit Müller
beachtliche 62% sind (vgl. Abb. 2). Deutlich wird hierbei, daß die Chinesen mittlere statistische Werte aufweisen. Grund dafür ist, daß diese Einwanderergruppe beide Extreme vereint.
So lebt in Chinatown zumeist die weniger gebildete und ärmere Bevölkerungsschicht,
während in anderen Stadtteilen die gut verdienenden Bevölkerungsschichten mit höherer
Bildung wohnen.
Abb. 2: Asiatische Bevölkerungsgruppen unter der Armutsgrenze 1989
Quelle: Laux; Thieme: Geographische Rundschau (47) 07/08 1995, S. 435.
Die wesentlichen demographischen und sozio-ökonomischen Unterschiede spiegeln sich
auch in den verschiedenen Berufen wider. Stereotypisch kann man den Kernphysiker aus
Indien, die koreanische Krankenschwester, die chinesische Näherin in der New Yorker
Chinatown, den Ex-Luftwaffenoffizier aus Vietnam, den Arzt aus den Philippinen und die
Bauernfamilie aus dem Hochland von Laos herausgreifen. Die asiatischen Einwanderer
umfassen eine große Bandbreite der Lebensumstände und haben oft ethnisch wie auch wirtschaftlich nur wenige Berührungspunkte. "Auch von einer gemeinsamen Identität der einzelnen asiatischen Immigrantengruppen kann nur in sehr eingeschränktem Maße die Rede sein"
(LAUX; THIEME 1995, S. 432).
Weitere demographische Unterschiede spiegeln sich im Alter wider. Während bei den
Japanern eine Überalterung zu beobachten ist (da sie maßgebend aus zwei zurückliegenden
Immigrationswellen stammen und nur geringe aktuelle Zuwanderung erfahren), findet bei den
Chinesen eine kontinuierliche Zuwanderung junger Erwachsener statt (vgl. Abb. 3). Auch ist
das Gleichgewicht zwischen männlichen und weiblichen Zuwanderern bei den Chinesen
ungefähr gewahrt, während bei den Filipinos wesentlich mehr Immigranten weiblichen
Geschlechts sind.
Unterschiede lassen sich auch im Gruppenzusammenhalt feststellen. Die Filipinos sind diejenigen, die am wenigsten Wert auf den Zusammenhalt innerhalb ihrer ethnischen Gruppe
legen. Das ist u.a. daran erkennbar, daß sie in gemischte oder von anderen Ethnien dominierte Wohngegenden ziehen und sich dort stark anpassen. Beispiele zeigen sogar, daß diejenigen, die allein inmitten von anderen Nationalitäten wohnen, die Erfolgreichsten in ihren
Berufen sind.
Im Gegensatz dazu steht die chinesische Gemeinde in Chinatown, die sehr starken
Zusammenhalt widerspiegelt, sehr starke Zuwanderung erfährt, sehr schnell wächst und sich,
räumlich betrachtet, rasch ausdehnt. Diese Ausdehnung kann jedoch auf Kosten von benach90
Marit Müller
ethnische Segregation in Chinatown
barten Stadtvierteln gehen. Das ist der Fall bei Little Italy. Obwohl Little Italy zuvor
ausschließlich italienisch geprägt war, ist es nun mehr oder weniger eine Mischung aus beiden Stadtvierteln. Nahezu krampfhaft wird das italienische Flair auf der Mulbury Street mit italienischen Restaurants, saisonal bestimmten Girlanden und anderen "original italienischen"
Kultursymbolen aufrechterhalten. Dazwischen aber befinden sich chinesische Schmuckläden
und anderes typisches Gewerbe der Chinatown.
Abb. 3: Altersstruktur ausgewählter asiatischer Bevölkerungsgruppen in Kalifornien 1990
Quelle: Laux; Thieme: Geographische Rundschau (47) 07/08 1995, S. 433.
Es stellt sich die Frage, wie lange sich Little Italy als solches noch halten kann, insbesondere, weil es nicht selbst expandiert und sich keinem starken Zuwachs aus dem Heimatland
Italien erfreut.
Greift man an dieser Stelle das Kapitel Bildung nochmals auf, so sind auch hierbei sehr starke Unterschiede erkennbar. Inder, Chinesen, Filipinos, Japaner und Koreaner weisen sehr
hohe Qualifikationen auf, während sich Vietnamesen, Kambodschaner und Hmong nur auf
wenige Qualifikationen berufen können. Es ist also eine starke Diskrepanz zwischen den etablierten Einwanderergruppen aus Ost- und Südostasien einerseits und den Flüchtlingen aus
Indochina andererseits erkennbar.
Auch kulturell sind krasse Unterschiede zu beobachten, wie Bogen sie treffend beschrieb.
Asians "are not white people steeped in Judaeo-Christian religion, accustomed to Roman
91
ethnische Segregation in Chinatown
Marit Müller
Law, and with European traditions and aspirations in common. The waves are of people of
many colours, with half a dozen very different religions, moral and legal systems; people from
countries as far apart and as different from each other as Afghanistan, Laos and Japan, with
traditions very different from America, and with very different expectations of America"
(BOGEN 1987, S. 172).
Es erscheint von daher fraglich, ob bei dieser Vielfalt der Herkunftsländer, der kulturellen
Traditionen der Immigranten sowie der Einwanderungsursachen überhaupt von einer einheitlichen Gruppe der Asiaten gesprochen werden darf und ob ein Modell wie das der "model
minority" überhaupt eine einheitliche Basis besitzt. Oben genannte Fakten sind Grund genug
es anzuzweifeln, obwohl das Modell wertvolle Gesamttendenzen veranschaulicht.
Der asiatische Arbeitsmarkt New Yorks
Der Arbeitsmarkt ist ein Sektor, an dem deutlich wird, daß es sowohl Gemeinsamkeiten, als
auch Unterschiede innerhalb der asiatischen Immigrantengruppe gibt. Deshalb soll dieser im
folgenden gesondert beleuchtet werden.
New York City bietet den asiatischen Einwanderern einen städtischen Arbeitsmarkt mit bestehendem ethnischen Gewerbe und Enklavenökonomien, die ein Überleben in der Fremde
ermöglichen und darüber hinaus Sprungbrett zum "American Dream" bieten, um "from Rags
to Riches" (von den Lumpen zum Reichtum) zu kommen. Chinatown ist eines der bekanntesten Beispiele für räumlich fixierte Konzentrationen von zugewanderten Bevölkerungsgruppen, sogenannten ethnischen Enklaven. Diese weisen spezielle Formen der Arbeitsorganisation auf, bei der die eigene Ethnizität als Ressource genutzt wird.
Innerhalb der "ethnic community" von Chinatown befinden sich die ethnischen Enklavenökonomien, die eine "statistische Überrepräsentation bestimmter Bevölkerungsgruppen in den
verschiedenen Sektoren der Wirtschaftsstatistik" (HILLMANN 1998, S.158). bedeuten.
Ethnizität ist ein diesen Arbeitsmarkt strukturierendes Merkmal. Enklavenökonomien galten
lange Zeit als Königsweg zur ökonomischen und sozialen Integration von Minderheiten, da
sie Erwerbsmöglichkeiten für diejenigen Immigranten bereit hielten, die auf dem normalen
Arbeitsmarkt keine Chance hatten. Auch heute sind die Nähereien in Chinatown die einzige
Überlebenschance für viele Chinesinnen kurz nach ihrer Ankunft in New York. Statistische
Angaben dazu, wie lange diese Frauen diese harte Arbeit unter schlechtesten Bedingungen
für verschwindend wenig Geld tätigen, konnten nicht gefunden werden. Fraglich ist jedoch, ob
vielen von ihnen von da aus der schnelle Sprung zum "American Dream" gelingt.
Weiterhin typisch für ethnische Enklavenökonomien ist die duale Wirtschaftsstruktur, aus dem
geschützten inneren Sektor (z.B. dem Restaurantbetrieb in Chinatown) und dem nach außen
orientierten Exportsektor bestehend. Sie sind aufgrund des regen Import- und Exporthandels
und aufgrund der ethnischen Fertigkeiten (z.B. traditionelle Kochweise) eng mit dem
Herkunftsland verbunden.
Ebenfalls begünstigend für die Nischenbildung der ethnischen Enklavenökonomien war das
Aufsteigen früherer Einwanderer auf der sozio-ökonomischen Leiter. Von den europäischen
Immigranten verlassene Arbeitsplätze wurden sukzessive von Minderheiten eingenommen.
So auch die beiden typischsten Gewerbe der Chinatown - dem Restaurantbetrieb und den
Nähereien. Diese Gewerbe sind zudem der Ausbildung, den Sprachkenntnissen und anderen
Voraussetzungen der chinesischen Immigranten angepaßt.
Der chinesische Arbeitsmarkt in Chinatown ist weiterhin dadurch geprägt, daß Kapital durch
Sparsamkeit oder durch Kreditrotation oder beides erworben wird. Die Selbständigenrate ist
höher als die der einheimischen Bevölkerung. Der Arbeitsmarkt ist durch einen hohen Grad
an interner Solidarität und Vertrauen sowie durch verwandtschaftliche und regionale
92
Marit Müller
ethnische Segregation in Chinatown
Bindungen gekennzeichnet. Außerdem besteht die Tendenz zu paternalistisch und hierarchisch geprägter Arbeitsorganisation. Der ökonomische Erfolg stützt sich mitunter auf die
besondere Arbeitsbelastung der Frau im Interesse und zum Wohl der Familie. Die
Gemeinschaft steht im Vordergrund, nicht das Individuum.
Konflikte aufgrund von ethnischer Segregation
Konflikte auf der Basis ethnischer Differenzen und ethnischer Segregation sind New York City
nicht neu. Geschichtlich betrachtet, begannen sie rasch nach der Entdeckung Amerikas - zwischen den ersten holländischen und englischen Siedlern untereinander wie auch gegen die
Indianer. Je mehr europäische Nationalitäten in New York seßhaft wurden, desto mehr grenzten sie sich voneinander ab und es entstanden Auseinandersetzungen. Als dann nach der
Abschaffung der Sklaverei die Migration der schwarzen Bevölkerung aus den Südstaaten
nach Nordosten begann, startete auch in New York City der wohl bekannteste ethnische
Konflikt - zwischen weißer und schwarzer Bevölkerung. Aufgrund extremer kultureller
Unterschiede waren diese Auseinandersetzungen tragischer als diejenigen zuvor. Aus genau
diesem Grund entwickelten sich seit 1965 heftige Spannungen zwischen den Schwarzen, den
Hispanics und den Asiaten. "Since the arrivals of peoples from Asia in large numbers since
1965 there is a growing ill-feeling and conflict between three major groups - black people,
Hispanics and Asians - in the inner parts of the Central City" (BOGEN 1987, S. 167).
Die weiße Bevölkerung ist zwar weiterhin beteiligt, steht aber nicht mehr im Mittelpunkt der
Konflikte. Der Rassismus der Weißen gegenüber den Asiaten ist bei weitem nicht so extrem
wie der Rassismus von einer asiatischen Bevölkerungsgruppe gegenüber einer anderen. Das
ist ein überraschender und 1965, zur Zeit der Erlassung des "Immigration and Nationality
Act", nicht vorhersehbarer Faktor.
Problematisch ist zum einen der wirtschaftliche Erfolg der Asiaten und ihr Überholen der
schwarzen und hispanischen Immigrantengruppen auf der sozio-ökonomischen Leiter, weshalb Neid und Bedrohung von den letzteren empfunden wird. Auch die weiße, etablierte
Bevölkerung, die sich damals mühsam hoch arbeiten mußte, um erfolgreich zu überleben,
sieht sich in gewissem Masse in ihrer dominierenden wirtschaftlichen Stellung bedroht.
Zum anderen ist die extreme Abgrenzung der Asiaten von allen andere Bevölkerungsgruppen
problematisch. "Some are not just resisting becoming 'Americans', they are resisting any
mixing with each other" (BOGEN 1987, S. 169). Dadurch entsteht nicht nur ein dualer Konflikt
zwischen den Einheimischen und den Immigranten, sondern ein multidimensionaler Konflikt
zwischen Weißen, Schwarzen, Juden, Muslime, Hindus, Hispanics, Pakistanis, Chinesen,
Japanern, Koreanern etc. Diese Segregation ist demnach horizontal (da multidimensional)
und vertikal (da sehr stark) ausgeprägt. "Some of them hate each other more than they resist
americanisation" (BOGEN 1987, S. 169). Die Tiefendimension ist sehr klar in dem folgenden
Zitat ersichtlich: "Europeans from Ireland, Poland, Portugal and Greece had very different languages, but they were broadly of one race, shared the same family of religions and came from
a common culture. Yet the conflicts between them and the native-born Americans and between each other, was often fierce in the nineteenth and early twentieth centuries. No surprise, then, that the very different peoples from Asia, of wholly different races, religions, language groups, cultures and economies are the catalyst for so much social unrest in the cities at
the end of this century" (BOGEN 1987, S. 167).
Aufgrund der starken Abgrenzung geben die asiatischen Einwanderer den anderen
Einwohnern der Metropole keine Chance, sie kennenzulernen, Unterschiede und
Gemeinsamkeiten im Alltag zu entdecken und ihre Kultur zu erfahren. Verständlich, wenn
auch nicht gerechtfertigt, ist dann die Reaktion der anderen Bevölkerungsgruppen - "the poor
93
ethnische Segregation in Chinatown
Marit Müller
Asians are resented in the modern American city, the rich Asians are both resented and feared" (BOGEN 1987, S. 178).
Die Konflikte treten dort am ehesten auf, "wo die inter-ethnischen 'Kontaktwahrscheinlichkeiten', bedingt durch übergeordnete kommunale Administrations- und Allokationsinstanzen oder
durch individuelles, nonkonformes Verhalten, das aus der ethnischen Gemeinschaft quasi
'ausbricht', am größten sind" (GAMERITH 1999, S. 199). Das sind beispielsweise das
Schulwesen, der Wohnungsmarkt, das Rechtswesen, die Kriminalität und die Gesundheitsversorgung.
Auch in dem Punkt der ethnischen Segregation und der daraus resultierenden Konflikte,
bleibt abzuwarten, wie sich die Situation entwickeln wird. Zu hoffen bleibt, daß sich die
Spannungen mit steigender Zuwanderung nicht proportional verstärken und, daß sich die
Multikulturalität produktiv und nicht kontraproduktiv für New York City auswirken wird.
Nachwort
Zieht man die obige Ausführung zu Gemeinsamkeiten und Unterschieden in Betracht, so ist
wohl für die vorhersehbare Zukunft nicht zu erwarten, "daß die asiatischen
Bevölkerungsgruppen im amerikanischen Schmelztiegel der Nationen ihre Identität verlieren.
Sie werden vielmehr ein deutlich sichtbares Element im ethnischen Mosaik der USA bleiben"
(LAUX; THIEME 1995, S. 436). Weiterhin ist zu erwarten, daß sie durch ihre Arbeit, durch ihre
Aspirationen, ihre Sprachen, ihre Religionen und durch alle weiteren Bestandteile ihrer
Identität die Metropole und ihre Gesellschaft verändern werden. Zweifellos sind die asiatischen Immigranten eine neue Chance und Herausforderung für New York City und eine
beachtenswerte Einwanderergruppe.
Literatur
- Bogen, E. 1987: Immigration in New York. New York.
- Gamerith, W. 1999: Weltmetropole New York City - Wirtschaftlicher Aufstieg und sozialer
Infarkt. In: Geographische Rundschau 51 (1999), Heft 4, S. 196 - 201.
- Hillmann, F. 1998: Zuwanderung und ethnische Arbeitsmärkte in New York. In:
Geographische Rundschau 50 (1998), H. 3, S. 157 - 162.
- Laux, H. D.; G. Thieme 1995: Asiatische Einwanderer in den USA - Entwicklung und
sozio-ökonomische Merkmale einer aufstrebenden Minderheit. In: Geographische
Rundschau 47 (1995), H. 7-8, S. 429 - 436.
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Larissa Offeney
ethnische Segregation in Little Italy
Die ethnische Segregation in Little Italy und die italienische Immigration in New
York
New York ist eine Metropole der Kontraste. Nirgendwo anders auf der Welt leben so viele
Menschen aus den unterschiedlichsten Nationen miteinander. Dabei erscheint die Stadt auf
den ersten Blick wie ein riesiger "melting pot", in dem die Menschen zu einer amerikanischen
Gesellschaft zusammenwachsen. Seit Mitte des vorletzten Jahrhunderts ist New York Ziel
zahlreicher Auswanderungswellen gewesen. Die meisten Immigranten flohen vor politischen
Problemen in ihren Heimatländern oder aus materieller Not und sahen in New York das Tor
zu einem Land mit uneingeschränkten Möglichkeiten des sozialen Aufstiegs und der persönlichen Freiheit.
Oberflächlich betrachtet, führte dieses auf der einen Seite zu einem ethnischen und kulturellen Gemisch – auf der anderen Seite jedoch erhielten sich spezifische landestypische
Merkmale, insbesondere auf dem Arbeitsmarkt und in der sozialen Struktur. So arbeiteten
zum Beispiel die italienischen Einwanderer verstärkt im Straßenbau und Einzelhandel,
während die Juden häufig im Finanzsektor tätig waren. Es bildeten sich einzelne ethnische
Gruppen heraus, die für die Neuankömmlinge in New York als Inseln des Vertrauens und als
erstes Auffangbecken bis zur endgültigen Eingewöhnung dienten. Diese Gruppen, die sich
meist in einem relativ abgegrenzten Wohngebiet befanden, dienten zugleich als Schutz vor
Diskriminierung und gaben in der Gemeinschaft eine Orientierungsmöglichkeit in der neuen
Welt. "Die Integration erfolgte über die ethnischen Gruppen und mit ihre, nicht individuell"
(HÄUßERMANN, SIEBEL 1993, S. 12). Sobald die Immigranten eine Arbeit gefunden hatten,
versuchten sie auch ihren Status zu verbessern. Sie zogen in bessere Wohngebiete und
machten den Raum frei für Neuankömmlinge.
Inzwischen hat der Strom der Einwanderer ein neues Gesicht bekommen. Bis zum zweiten
Weltkrieg dominierten europäische Einwanderergruppen, mit einem Höhepunkt im ersten
Jahrzehnt des letzten Jahrhunderts. Zu dieser Zeit fanden sie auf dem industriellen
Arbeitsmarkt schnell eine gute Verdienstmöglichkeit. Aber die Wirtschaftsstruktur New Yorks
wandelte sich. Die einstige Industriestadt mit vielen "Blue Collar Jobs" ist zu einem
Dienstleistungs- und Finanzzentrum der "White Collar Jobs" geworden. Das Zeitalter der
modernen Dienstleistungsökonomie ist geprägt durch eine große Schnellebigkeit und der
Polarisierung zwischen gut und schlecht bezahlten Jobs. Inzwischen haben afrikanische
Gruppen, Hispanics aus der Karibik, Mittel- und Südamerika die europäischen Einwanderer
ersetzt. Viele dieser neuen Immigranten bringen eine geringe Qualifikation mit und finden entweder gar keinen oder nur sehr schlecht bezahlte Jobs. Armut und Arbeitslosigkeit sind in diesen Gruppen besonders hoch. Die Einwanderungen aus Asien sind ein relativ junges
Phänomen, ermöglicht durch den "Immigration and Nationality Act" von 1965, der eine
Liberalisierung der vorher gegen Asiaten restriktiven Einwanderungspolitik bedeutete. Asiaten
haben es leichter Fuß zu fassen, da viele von ihnen eine gute Schulbildung mitbringen und
leichter eine gelernte Arbeit finden können.
Im folgenden Abschnitt werden die italienischen Immigranten im Stadtteil Little Italy betrachtet, der wie Chinatown heute als die "bekanntesten Beispiele für räumlich fixierte
Konzentration von zugewanderten Bevölkerungsgruppen, sogenannte ethnische Enklaven"
(HILLMANN 1998, S. 158) gilt.
Geschichte
Zwischen 1820 und 1920 wanderten 33,2 Mio. Europäer in die USA ein. Waren es bis 1880
in erster Linie Nordwesteuropäer - Deutsche und Iren wanderten ein - zählten zu den sogenannten "New Immigrants" Süd- Südost- und Osteuropäer, die ihren Einwanderungs95
ethnische Segregation in Little Italy
Larissa Offeney
Höhepunkt im ersten Jahrzehnt des 20. Jahrhunderts hatten. Zu dieser Zeit kamen 8,2 Mio.
Menschen in die Vereinigten Staaten, davon 23,5% aus Italien, 24,4% aus der österreichischungarischen Monarchie und 18,3% aus Rußland, wobei hauptsächlich die nordöstlichen
Städte Nordamerikas als Auswanderungsziel dienten. Der größte Teil der Einwanderer blieb
in den sich stark industrialisierten Handelsmetropolen an der Ostküste. Im Jahre 1920 lebten
78,6% der Immigranten in städtischen Gebieten. Insbesondere New York zeichnete sich als
führende Finanz- und Handelsmetropole und eine der bedeutendsten Industriestädte aus.
New York hatte die besten transatlantischen Schiffsverbindungen mit Europa und galt als der
wichtigste Einwanderungshafen. Die meisten italienischen Einwanderer stammten aus den
ländlichen Räumen Süditaliens. Zwischen 1900 und 1910 wanderten 2 Mio. Italiener ein, ca.
500.000 von ihnen blieben in New York (vgl. Tab. 1). Der hohe Anteil der Deutschen und Iren
resultiert aus der zweiten Generation der "Old Immigrants", die hier stark vertreten sind. Um
1920 sank die Zahl der italienischen Einwohner auf 390.000, weil viele wieder in ihre Heimat
zurückkehrten. Sie bildeten nach den Osteuropäern dennoch die zweitgrößte
Immigrantengruppe New Yorks.
Nationalitäten
Iren
Briten
Skandinavier
Deutsche
Österreicher
Ungarn
Russen
Italiener
Franzosen
Kanadier
Sonstige
Zusammen
Zahl der im Ausland Geborenen und ihrer Kinder
562.466
147.006
101.406
606.173
289.529
109.401
721.469
523.310
24.730
32.672
252.644
3.379.806
Prozentsatz, bezogen
auf die Gesamtbevölkerung
11,8
3,1
2,1
12,7
6,1
2,3
15,1
11,2
0,5
0,7
5,3
70,9
Prozentsatz, bezogen
auf die Zahl der im
Ausland Geborenen
und ihrer Kinder
16,6
4,3
3,0
17,9
8,6
3,2
21,3
15,7
0,7
1,0
7,7
100,00
Tab. 1: Einwanderer unterschiedlicher Nationalitäten und die Zahl der im Ausland Geborenen und ihrer Kinder
Quelle: U. S. Bureau of the Census, Population 1910 Washington D.C. 1913, S. 240
Der Stadtteil Little Italy
Ursprünglich wohnten die Italiener, in erster Linie Arbeiter, in billigen Häusern im Viertel im
Five Points, dem heutigen Columbus Park zwischen Baxter und Mulberry Street, südlich der
Canal Street. Dieses Wohngebiet war auf einem schlecht entwässerten Marschland gebaut.
Nachdem die zu Wohlstand gekommenen Familien ihre Häuser verlassen hatten, weil sie
anfingen sich abzusenken, zogen nach den "Old Immigrants" die Italiener ein.
Charakteristisch für das italienische Viertel waren neben dem starken Zusammenhalt der
Familien, daß man in Straßen, Blocks oder gar Mietshäuser einzog, in denen Menschen aus
der gleichen Region oder ihrem Dorf wohnten. In der Mulberry Street lebten hauptsächlich
Neapolitaner, in der Mott Street Calabresen, die Elizabeth Street wurde von Sizilianern bezogen - drei Straßen, die parallel zueinander liegen. Die italienischen Einwanderer bewahrten
sich ihre Tradition, Kultur und den strengen katholischen Glauben.
Aber nicht nur italienische, auch andere Gruppen beeinflußten und gestalteten das Stadtbild
New Yorks. "The foreign born had made their mark everywhere – in the city's neighborhoods,
in its economy, and in its politics" (BOGEN 1987, S. 17). Bereits Ende des 19. Jahrhunderts
hatte New York vieles, was nicht typisch für andere amerikanische Städte war: gepflasterte
Straßen, über denen die Einwohner mit ihre Kutschen hinwegfuhren und eine ausgedehnte
Kanalisation. Zur Jahrhundertwende begann man mit dem Bau des U-Bahnsystems, die
Kleidungsindustrie, bedingt durch den Arbeitsfluß der Immigranten, expandierte. Das
Erscheinen von fremdsprachigen Zeitungen förderte den publizistischen Sektor und die
96
Larissa Offeney
ethnische Segregation in Little Italy
Druckindustrie, das internationale Bankwesen florierte, denn viele schickten einen Teil ihres
Verdienstes zurück in die Heimat, um die daheimgebliebenen Familien zu unterstützen.
Insgesamt kurbelte der unternehmerische Geist der Immigranten die Wirtschaft an.
Gründe für die italienische Einwanderung
Aus keinem anderen Land Europas immigrierten so viele Menschen wie aus Italien - es kehrten aber auch viele früher oder später zurück. Die Ursache für die Massenauswanderung und
Arbeitermigration aus ihrer Heimat lagen in der Landwirtschaft und Wirtschaft, wobei der
Süden Italiens besonders stark betroffen war. Ähnlich wie in anderen europäischen Ländern
seit dem 18. Jahrhundert, kam es auch in Italien zu Beginn des 20. Jahrhunderts wegen der
zunehmenden Industrialisierung zu Veränderungen in der Landwirtschaft. Diese führten dazu,
daß das Einkommen der Landbauern nicht mehr gewährleistet war. Hungersnot und
Unzufriedenheit breiteten sich in der Bevölkerung aus und förderten den Schritt zur
Auswanderung.
In den USA bereits seßhaft gewordene italienische Einwanderer beeinflußten den
Auswanderungsentschluß der Verwandten oder Freunde durch verlockende wirtschaftliche
Aussichten und, indem sie Kosten zur Aus- und Einwanderung in die USA mitfinanzierten.
Gleichzeitig verkürzte die fortschreitende technische Entwicklung des Dampfschiffes zu
Beginn des 20. Jahrhunderts die Überquerung des Atlantiks. Zudem wurde es günstiger und
ungefährlicher. Atlantische Nordostpassate verhinderten vorher nicht selten, daß Segelschiffe
südeuropäischen Häfen anlaufen konnten.
Die italienischen Einwanderer fanden häufig im Straßenbau und der Kleidungsindustrie neue
Arbeit, eröffneten Einzelhandelsgeschäfte oder Restaurants.
Inzwischen hat der Zuwachs der italienischen Einwanderung stark nachgelassen (vgl. Tab. 3).
Galten sie um 1920 zur größten Immigrantengruppe, machten sie Ende der siebziger Jahre
mit 1,85% oder 6.560 Menschen nur noch einen sehr kleinen Teil aus. Dies hat auch zur
Folge, daß der Stadtteil Little Italy von der stark wachsenden angrenzenden Chinatown verdrängt wird. Heute findet man Reste von Little Italy praktisch nur noch in der Mulberry Street,
wobei sich das Italienische fast ausschließlich auf Restaurants beschränkt. Durch vereinzelte Dekorationen und italienische Flagge wird angestrengt versucht, die italienische
Atmosphäre aufrechtzuhalten. Doch wenn ein asiatischer Kellner versucht, mit einem "Buon
Giorno", ohne den Buchstaben "R" aussprechen zu können, Gäste in die Ristorantes oder
Trattorias zu locken, verschwindet auch der letzte Hauch Italiens.
Insgesamt scheinen sich nach drei Generationen die Italiener wie in dem Modell des "Melting
Pot" zu assimilieren. Andere ethnische Gruppen dagegen bleiben in ihren angestammten
Viertels, so daß in Amerika inzwischen eher von einer "Salad Bowl" gesprochen wird.
Literatur
- Bogen, E. 1987: Immigration in New York. New York.
- Häußermann, H.; W. Siebel (Hrsg.) 1993: New York. Strukturen einer Metropole. Frankfurt
am Main.
- Hillmann, F. 1998: Zuwanderung und ethnische Arbeitsmärkte in New York. In:
Geographische Rundschau 50 (1998), S. 157 - 162.
- Laux, H.-D.; Thieme, G. 1995: Asiatische Einwanderer in den USA. In: Geographische
Rundschau, S. 429 - 436.
- Schaefer, B. 1999: New York. Köln.
- von Delhaes - Guenther, D. 1984: Internationale und nationale Arbeitskräftewanderungen.
Saarbrücken.
U. S. Bureau of the Census, Population 1910 Washington D.C. 1913, S. 240.
97
Gentrification
Karen Witt
Gentrification in New York
Das Thema Gentrification ist nicht genau abzugrenzen und bietet dementsprechend unterschiedliche Möglichkeiten für Erklärungsansätze.
Wie der Prozeß der Gentrifizierung in der Praxis abläuft, wird beispielhaft an dem New Yorker
Stadtviertel Lower East Side aufgezeigt.
Was ist Gentrification?
"Mit dem Begriff 'Gentrification' wird ein Phänomen umschrieben, das zum einen die
Aufwertung des Wohnraums innerstädtischer Viertel bedeutet und zum anderen den sukzessiven Austausch der Wohnbevölkerung zugunsten besserverdienender Gruppen zum Inhalt
hat" (ALISCH; DANGSCHAT 1996, S. 95). Anders ausgedrückt: Gentrifizierung wird als
Prozeß bezeichnet, in dem zuvor verwahrloste und verfallene Arbeiterviertel für Wohn- und
Freizeitnutzungen der Mittelklasse systematisch saniert und renoviert werden. Friedrichs
zitiert Hamnett, der sagt: Gentrification ist "simultaneously a physical, economic, social and
cultural phenomenon. Gentrification commonly involves the invasion of middle class or higher
income groups of replacement or displacement of many of the original occupants. It involves
the physical renovation or rehabilitation of what was frequently a highly deteriorated housing
stock and is upgrading to meet the requirements of his new owners. In the process of neighbourhood transition involves a degree of tenure transformation from renting and owning"
(FRIEDRICHS 1996, S. 14).
Dangschat unterscheidet zwischen Gentrification als Situation und Gentrifizierung als Prozeß.
Sowohl der Prozeß als auch die Situation zeichnen sich durch folgende, wie in der von
Friedrichs zitierten Definition auch bereits angesprochene Merkmale aus:
- Aufwertung des Wohnungsbestandes
Ein typisches Merkmal für die Gentrifizierung ist die Aufwertung des Wohnungsbestandes
durch die Modernisierung und Umwandlung des Wohnraumes. Viele Miet- werden zu
Eigentumswohnungen.
- Ökonomische Aufwertung
Die Aufwertung der Infrastruktur ist eine Folge dieser Entwicklung. Es werden zunehmend
Kunden mit gehobener Kaufkraft angesprochen.
- Kulturelle Umwertung
Der Zuzug von Menschen mit neuen, fremden Lebensstilen und Haushaltsformen führt zu
einer andersartigen Ausgestaltung des bisherigen urbanen Lebensraumes. Die neu
Zugezogenen verfolgen oftmals andere Interessen, es kommt zu einer kulturellen Umwertung
der innenstadtnahen Wohnquartiere.
Die Gentrification, die in den 60er Jahren mit der Sanierung der Kerngebiete in den amerikanischen Städten einher ging, war nicht so dominant und verbreitet wie die suburbane
Expansion, doch setzte sie neuartige Prozesse in Gang, die symbolisch für eine neue
Urbanität standen, weil sie der früheren Annahmen über die ständige nach außen gerichtete
Bewegung der städtischen Entwicklung widersprachen. Mit der Expansion war der innerstädtische Verfall verbunden und die Investition in die Randgebiete. Die Gentrifizierung wirkte in
mehrfacher Hinsicht zentral, sie umfaßt daher alle Aspekte gesellschaftlicher, ökonomischer
und politischer Modernisierung.
98
Karen Witt
Gentrification
Die Einflüsse auf die Aufwertung innenstadtnaher Wohnviertel
Die mit der Gentrifizierung einhergehende Veränderung innerstädtischer Teilgebiete soll im
folgenden, unter Einbeziehung unterschiedlicher Aspekte, die diesen Prozeß beeinflussen
und fördern, verdeutlicht werden. Anhand von vier Dimensionen wird gezeigt, wie sich die
Probleme über die Ebenen hinweg verzahnen und sich wechselseitig bedingen.
Die Ökonomie
Globale, ökonomische Prozesse spiegeln sich im Kleinen bereits in der Veränderung innerstädtischer Wohnviertel wider. Große Städte werden zu Ballungszentren, die sich durch eine
Ansammlung des Kapitals und der wirtschaftlichen Entscheidungsmacht auszeichnen. Sie
fungieren als Steuerungszentren. Die Produktion hingegen wird in periphere, strukturschwache Regionen umgeleitet.
Eine derartige Entwicklung bedingt den Niedergang bzw. Aufstieg ganzer Regionen. Jedoch
auch innerhalb der Städte wird eine Konzentration auf bestimmte Stadtteile ersichtlich.
Investitionen werden vorrangig in Wachstumsgebieten getätigt. Daraus folgt, daß einzelne
Wirtschaftsbereiche und Branchen sowie Stadtteile und deren Wohnbevölkerung im unterschiedlichen Ausmaß von der Ab- und Aufwertung betroffen sind.
Neben der sich daraus ergebenden Attraktivität einzelner Viertel, differenziert sich die
Bevölkerung einer Metropole auch über das Einkommen. Ein Teil lebt unter zufriedenstellenden bis sehr guten Bedingungen, während immer mehr Menschen von dem ökonomischen
Wachstum ausgegrenzt werden und dementsprechend schlechte Chancen haben. Der
Anstieg der Berufe in unternehmensbezogenen Dienstleistungen und die vorrangige
Ansiedlung der Firmen innerhalb von Ballungszentren, führt zur Ausbildung einer neuen
Einkommensschicht. Die Spitze der sozialen Hierarchie bilden damit diejenigen, die in
Bereichen des Finanzwesens, der Versicherung, der Rechtsberatung, der Werbung oder der
Informationsbranche tätig sind. Die Mitglieder sind meist jung, karriereorientiert und haben
selten den Wunsch eine Ehe oder Familie zu gründen. Ein sehr ausgeprägtes Konsumverhalten prägt ihren Lebensstil.
Demographie
Der soziale Wandel innerhalb einer Gesellschaft zeigt sich auch in den demographischen
Veränderungen, welche insbesondere in Großstädten zu beobachten sind. Der Rückgang der
Geburtenraten und die Zunahme kinderloser Paarbeziehungen sind nur zwei Merkmale einer
derartigen Entwicklung. Die Heiratsquoten sind rückläufig. Das Alter in dem Menschen heiraten, ist höher als noch vor einigen Jahren, und die Scheidungsraten steigen ebenfalls. Daraus
folgt eine stetige Zunahme der Ein- und Zweipersonen-Haushalte.
Lebensstile
Im Vergleich zu den letzten Jahrzehnten wird deutlich, daß die Ausbildungszeit durch die steigende Zahl der Hochschulabgänger bzw. derer, die nach der Ausbildung ein Studium absolvieren oder andere Fortbildungsmöglichkeiten nutzen, stark angestiegen ist. Ein Wandel in
dieser Hinsicht ist insbesondere bei dem weiblichen Geschlecht zu beobachten. Es kommt zu
einer Ausdehnung der nach Dangschat benannten "biographische Lebensphase der 'PostAdoleszenz'" (BLASIUS; DANGSCHAT 1990, S. 22), also der Phase in der eine berufliche
Karriere angestrebt, der endgültige Einstieg in das Berufsleben sich jedoch noch nicht vollzogen hat. In dieser Zeit werden aufgrund der vielfältigen Möglichkeiten der
Lebensgestaltung unterschiedliche Haushalts- und Partnerschaftsbeziehungen (Alleinleben,
Wohngemeinschaft, Partnerbeziehungen) ausprobiert.
Diese veränderte Form der Lebensstile wirkt sich unter Berücksichtigung der finanziellen
99
Gentrification
Karen Witt
Möglichkeiten bzw. sozialen Position des Einzelnen auch auf die Gestaltung des Alltags aus.
Die neuen Lebensstile spiegeln sich unter anderem in der sich anpassenden Infrastruktur
wider.
Der Wohnungsmarkt
Die Auflockerung der traditionellen Familienstruktur und der damit oftmals einhergehende
Wunsch der Selbstverwirklichung im Berufsleben, führt zu einem Anstieg der Nachfrage nach
innerstädtischem Wohnraum. Die steigende Zahl kleiner Haushalte bedingt eine Verlagerung
vieler Aktivitäten in den angrenzenden Raum. Die meisten der in den innenstadtnahen
Wohngebieten, insbesondere in Singlehaushalten, lebenden Menschen sind ganztags berufstätig. Die Zeit alltägliche Besorgungen zu erledigen ist oftmals knapp bemessen, so daß die
Nähe einer entsprechenden Infrastruktur zu einer wichtigen Voraussetzung wird. Da die
beruflichen Tätigkeiten, welche oftmals mit langen Arbeitstagen verbunden sind, die meiste
Zeit ihres Lebens in Anspruch nehmen, werden meist kurze Arbeitswege angestrebt.
Weiterhin gewinnen die sog. Fühlungsvorteile zunehmend an Bedeutung. Versatzstücke
historischer Urbanität, postmoderne Architektur und/oder ein designtes Wohnumfeld (Szene
- Kneipen, Erlebniseinkauf, Restaurants und attraktive Straßenmöblierung) liefern die
Grundlage für die Identifikation mit den neuen Standorten.
Es zeichnet sich eine Wiederentdeckung innenstadtnaher Wohngebiete ab. Gegensätzliche
soziale Schichten begegnen sich hier auf engstem Raum. Daraus resultieren Konflikte, die
sich aus einer zunehmenden Anzahl Einkommensschwacher ergeben, die den innenstadtnahen, preiswerten Wohnraum als "traditionelles Rückzugsgebiet" (BLASIUS; DANGSCHAT
1990, S. 21) benötigen und den neu Hinzugezogenen, für die das Wohnen in der City "zu
einer Bühne für einen 'Schicki-Micki' Lebensstil" wird.
Personengruppen innenstadtnaher Wohngebiete
Es kann eine Grobunterteilung in drei Gruppen vorgenommen werden, wobei die Anteile der
Bewohner sich mit dem Prozeß der Gentrifizierung verändern, wie auch aus der folgenden
Grafik ersichtlich wird.
Abb. 1: Das Modell des Verlaufs der Gentrification
Quelle: Friedrich, K. 2000; S. 36.
Die Alteingesessenen
Hierbei handelt es sich oftmals um einkommensschwache Personengruppen (untere soziale
Schichten), die über wenig soziale Kontakte verfügen bzw. eine geringe Flexibilität aufweisen.
Davon betroffen sind insbesondere Arme, Alte, Arbeitslose und Ausländer, die auf dem freien
100
Karen Witt
Gentrification
Wohnungsmarkt mit neu Hinzuziehenden aufgrund ihrer eingeschränkten Möglichkeiten
kaum konkurrieren können.
Die Pioniere
Als Pioniere bezeichnet man Menschen, die neu in ein Wohngebiet ziehen und zu einer
Aufwertung des Stadtviertels beitragen. Sie haben oftmals eine höhere Schulbildung genossen, verfügen jedoch in seltenen Fällen bereits über ein geregeltes Einkommen. Ihren
Lebensunterhalt bestreiten sie meist aus unterschiedlichen Einnahmequellen. Ihr vielseitiger
Lebensstil bedingt, daß sie über diverse Kontakte verfügen. Die Pioniere zeichnen sich durch
ein hohes Maß an Flexibilität aus, was unter anderem in der Bereitschaft in
Wohngemeinschaften zu leben deutlich wird. So sind sie, trotz häufig niedriger
Individualeinkommen, am Wohnungsmarkt konkurrenzfähig. Sie sind selten verheiratet und in
der Regel kinderlos.
Die Gentrifier
Gentrifier verfügen über ein geregeltes meist gehobenes Einkommen. Sie leben in Ein- höchstens Zweipersonenhaushalten (dann meist als sog. "Dinks" - double income no kids).
Aufgrund der steuerlichen Vorteile haben sie oft ein gesteigertes Interesse an dem käuflichen
Erwerb einer Wohnung. Ihre hohe Mietzahlungsfähigkeit und -bereitschaft führt dazu, daß sie
sich in vielen Fällen gegen ihre Konkurrenz durchsetzen können.
Gentrification in New York City
Entstehung und Ausbreitung innerhalb der Stadt - erste Anzeichen
Der Prozeß der Gentrifizierung setzte in New York Ende der fünfziger, Anfang der sechziger
Jahre ein. In der Zeit nach dem Zweiten Weltkrieg hatten der innerstädtische Zerfall des
CBD's (Central Business Districts), die mangelnden Investitionen innerhalb der Stadt sowie
die gleichzeitige Abwanderung und Investitionen in die suburbanen Gebiete nachhaltige
Auswirkungen auf das Stadtbild New Yorks.
Die Anfänge der Gentrification, die durch vereinzelte Sanierungen und Renovierungen von
Wohnungen und Gebäuden einsetzte, sind in der Gegend in und um Greenwich Village zu finden. Ein traditionelles Viertel, daß in den späten fünfziger Jahren den Ausgangspunkt für eine
sich entwickelnde Gegenkultur darstellte. In den sechziger Jahren wurden die angrenzenden
Gebiete West Village und südliches SoHo von dem beginnenden Prozeß erfaßt. SoHo entwickelte sich zu einem der bekanntesten Gentrificationgebiete der Stadt. Das ehemalige
Industrie-, Handels- und Lagerhaus - Gebiet des Hafens von Manhattan verlor seine
Funktion, als Hafenaktivitäten und Industrie in die äußeren Stadtbezirke und Vororte abwanderten. Künstler entdeckten in den fünfziger Jahren die aufgegebenen Industrieflächen, so
daß SoHo zu einem internationalen Anziehungspunkt innerhalb der Künstlerszene etablierte.
Die Erhaltung dieses besonderen Viertels sowie der Zuzug der Künstler wurde öffentlich
gefördert. Das Viertel hielt Erneuerungsplänen stand, die vorsahen, ein Netz von
Stadtautobahnen, die New Jersey, Manhattan und Brooklyn miteinander verbinden sollten,
durch den Bezirk zu bauen. Die Stadtverwaltung entschied die bauliche Umgebung um SoHo
als besonderen Distrikt zu erhalten.
Ebenfalls in den sechziger Jahren konnte man erste Anzeichen der Gentrification auch am
Ufer des East Rivers in Brooklyn Heights und im Slope Park beobachten.
101
Gentrification
Karen Witt
Rasche Ausbreitung
In den frühen siebziger Jahren befand sich die nationale und internationale Wirtschaft in einer
schweren Depression. New York geriet in eine Finanzkrise und wurde zahlungsunfähig. Der
Prozeß der Gentrifizierung, welcher zu einschneidenden Veränderungen innerhalb der
Raumstruktur New Yorks beigetragen hatte, gewann erst nach Überwindung der wirtschaftlichen Rezession an Bedeutung. Gentrification wurde zu einem Phänomen, welches in vielen
Stadtteilen zu beobachten war:
In TriBeCa, das SoHo und Greenwich Village mit der Wall Street verbindet; in Chelsea und
um den Union Square bis zum nördlichen Teil der 14. Straße und in der Lower East Side. In
der Upper West Side breitete sich der Prozeß über sein ursprüngliches Kerngebiet nach
Norden aus und zeigte sich in Morningside Heights um die Columbia University. Weiterhin
fand eine Ausbreitung nördlich der Upper East Side, in Yorkville, statt. In Brooklyn waren insbesondere die Bezirke Boerum Hill, Fort Greene, Clinton Hill betroffen.
In den Achtzigern war die Entwicklung so weit fortgeschritten, daß sogar Ansätze der
Gentrification in Vierteln wie Harlem, Washington Heights und Hells Kitchen ersichtlich waren.
Die enorme Ausdehnung der Gentrification führte zur "sozialen, ökonomischen und geographischen Restrukturierung der Stadt" (HÄUßERMANN; SIEBEL 1993, S. 186). Damit wurde
Gentrification zunehmend "zu einer zentralen Komponente einer tiefgreifenden städtischen
Transformation im Zusammenhang mit (...) Postindustrialismus, (...) oder Postmoderne"
(ebd., S. 186).
Die Wandlung des Profils der Gentrification
Durch die enorme Ausbreitung der Gentrification wandelte sich das Profil derer, die an dem
Prozeß beteiligt waren. Bereits in den 70er Jahren gehören gentrifizierte Wohngebiete für die
besser Verdienenden zu den attraktiven Wohnstandorten.
In den Anfängen wurde der Prozeß der Gentrifizierung von einigen wenigen zur oberen
Mittelschicht gehörenden Personen und den Intellektuellen getragen.
Wohlhabende Menschen, die oftmals ein Haus im suburbanen Raum besitzen, sich jedoch
von dem kulturellen Angebot der Stadt angezogen fühlten, legten sich im innenstadtnahen
Raum einen Zweitwohnsitz zu.
Intellektuelle, Künstler, Architekten, Studenten usw. fühlten sich von dem "bunten", vielfältigen
und multikulturellem Leben in der Stadt angezogen und hatten deshalb ein besonderes
Interesse an dem innenstadtnahen Wohnraum. Erst in den 70er Jahren kamen die sog.
Yuppies (Young Urban Professionals) hinzu, sie gehörten zu den hochqualifizierten, innerhalb
der Stadt in Unternehmensdiensten oder der Finanzbranche Beschäftigten. Für sie standen
die oben bereits erwähnten praktischen Vorzüge innenstadtnahen Wohnens im Vordergrund.
In den 80er Jahren wurde Gentrification dann zu einem Mittelklassephänomen, für die sog.
Young Urban Professionals; junge, erfolgreiche in höheren Positionen der Dienstleistungs-,
Computer-, Versicherungs- oder Finanzbranche tätige Leute. Die Rezession 1980-1982, der
Börsenkrach 1987 und die darauffolgende ökonomische Depression seit 1990 führten zu
einem vorübergehenden Stillstand der Gentrification-Aktivitäten. Es läßt sich jedoch festhalten, daß trotz unterschiedlich intensiver Ausbreitungsphasen der Prozeß der Gentrifizierung
bis heute anhält.
Gentrification als neue städtische Grenze
Der Ausspruch "Gentrification als neue städtische Grenze" kann auf unterschiedlichen
Ebenen genauer erläutert werden. Frederick Jackson Turner beschrieb die Grenze auch als
den Punkt an dem Wildheit und Zivilisation "between 'savagery and civilization'" (SMITH
1996, S. 189) aufeinanderprallen.
102
Karen Witt
Gentrification
Räumlich gesehen vollzieht sich die ökonomische Expansion heutzutage nicht durch geographische Expansion, sondern durch die innere Differenzierung geographischer Räume.
So tragen die Prozesse der städtischen Umstrukturierung in besonderem Maße zu einer
Neugestaltung des städtischen Raumes bei. Damit gehen politische, soziale und ökonomische Transformationen einzelner Bezirke einher, die sich zum Teil auf die ganze Stadt auswirken. Doch trotzdem sollte nicht außer Acht gelassen werden, daß ein entscheidender
Faktor innerhalb der Gentrification der Aspekt der Profitabilität ist (vgl. HÄUßERMANN; SIEBEL 1993, S. 188 - 191; SMITH 1996, S. 189 – 194).
Die ökonomische Seite - Gentrification als Investitionsgrenze
Der Verlauf der Gentrificationgrenze stellt für Investoren eine wichtige Grundlage dar. Sie ist
die Linie, an der sich Desinvestition von Reinvestition trennen.
- Desinvestition
Desinvestition steht für den absoluten oder relativen Entzug von Kapital aus einem Viertel und
kann unterschiedliche Formen annehmen.
- Reinvestition
Reinvestitionen hingegen gehen mit Investitionen in Gebäude einher, die vorher verfielen, in
die also nicht investiert wurde oder anders gesagt, die der Desinvestition ausgesetzt waren.
Damit ist die Desinvestition ein notwendiger Vorläufer der Reinvestition, die den Prozeß der
Gentrifizierung ankündigt.
- Die Profitabilitätsgrenze
Das der Verlauf der neuen städtischen Grenze für Investoren oder der am Prozeß der
Gentrifizierung Beteiligten in Hinsicht auf die Profitabilitätsgrenze von besonderer Bedeutung
ist, verdeutlicht das folgende Zitat: "The main point is that you want to be out of the frontier of
gentrification. So you can't use the established financial institutions, for example, the banks.
That's why you need the broker. You try to be far enough out of the 'line' that you can make
a killing; not too far where you can't offload the building but far enough that you can buy the
building cheap enough to still make money' (Steve Bass, Brooklyn developer, 1986)" (ABULUGHOD 1994, S. 149).
Ziel ist es, möglichst vor, jedoch nahe der Gentrificationgrenze zu investieren, um den höchstmöglichen Profit aus dem Grundstücks- und Gebäudebesitz zu erwirtschaften.
Der Verlauf der Investitionsgrenze
Zur Bestimmung des Grenzverlaufes ist es wichtig, den "turning point" zu erfassen, an dem
Desinvestition von Reinvestition abgelöst wird. Dieser Umkehrpunkt ist oft nicht ohne weiteres ersichtlich, da es eine Durchmischung von Gebäuden gibt, die relativ beständig in Stand
gehalten werden und solchen, die schon vom Verfall bedroht sind. Setzt in dem vorhandenen
Gebäudebestand, der sich bereits im Stadium der Desinvestition befindet, der Prozeß der
Gentrifizierung ein, führt dies, in bezug auf die Instandhaltung der Gebäude, zu einem
Umschwung. Die Indikatoren, die den Wendepunkt in einem Gebiet erfassen und im folgenden näher erläutert werden, stellen für die Kartierung der Grenzlinie einen wichtigen Faktor
dar.
Die Vergabe von Hypotheken
Ein Indikator, auch wenn er nicht zwingend ist, ist die Bereitschaft der Banken, Hypotheken
für die Instandsetzung oder den Kauf der Häuser bereitzustellen. "Mortgage data have used
widely and to good effect by gentrification researchers (...) and represent a very fertile data
103
Gentrification
Karen Witt
source in general, but they are not necessarily a sharp indicator of initial reinvestment associated with the turning point" (SMITH 1996, S. 195).
Die Gentrificationgrenze wird auch künstlich geschaffen, dies kommt z.B. in solchen
Aussagen zum Tragen, wie der des Brokers, der auch im letzten Absatz zitiert wird, wenn es
darum geht, Häuser außerhalb der Gentrificationgrenze zu kaufen, jedoch nahe genug, um
bei Ausweitung des Prozesses einen entsprechenden Gewinn erzielen zu können.
"Much of the earliest gentrification activity is carried out by developers on the extreme edge
of the economic frontier where traditional lenders are generally reluctant to invest yet" (ebd.,
S. 195). Es entwickeln sich alternative Formen der Geldbeschaffung, da das Geschäft den
traditionellen Banken oft zu unsicher ist.
Stadium des Gebäudeverfalls
Ein weiterer Indikator ist das Stadium des Gebäudeverfalls. Dabei ist es möglich, daß bereits
vor den eigentlichen Sanierungsaktivitäten Reinvestitionsstrategien existieren. "Tatsächlich
fand DeGiovanni in einer detaillierten Untersuchung des Verdrängungsdrucks in der Lower
East Side stichhaltige Beweise dafür, daß der Verfall durchaus 'ein integraler Teil des
Reinvestitionsprozesses' sein kann, wenn nämlich Vermieter unangenehme
Wohnbedingungen fördern, 'um das Gebäude von den derzeitigen Mietern freizumachen',
bevor sie größere Verkäufe angehen" (HÄUßERMANN; SIEBEL 1993, S. 195)
Daten zu Steuerschulden als Indikator
Die Höhe der Steuerschulden innerhalb eines Bezirks stellt einen empfindlichen Indikator zur
Bestimmung der Investitionsgrenze dar. In den USA ist es durchaus üblich, daß
Gebäudeeigentümer für Häuser, die in verwahrlosten Stadtteilen liegen, keine Grundbesitzabgaben zahlen.
Werden die Steuerschulden jedoch zu hoch, kann es zu einer Übernahme der Häuser seitens
des Staates kommen.
Die mit dem Prozeß der Gentrifizierung zusammenhängende "Wiederentdeckung" oder
Aufwertung bestimmter Stadtteile, führt zu einem Anstieg der Mieten und einer Wertzunahme
der Gebäude. Eigentümer gewinnen ein erneutes Interesse an ihrem Grundbesitz, zahlen die
Steuern nach und investieren in die Erhaltung. Damit sagt die Höhe der Steuerschulden
innerhalb eines Bezirkes durchaus etwas über die Attraktivität des Standortes aus.
Die Methoden der Städte Steuerschulden festzustellen bzw. angemessen zu ahnden, sind
unterschiedlich. In New York werden Gebäude erst von der Stadt übernommen, wenn sich die
Eigentümer mit ihren Nachzahlungen mehr als drei Jahre im Rückstand befinden. Auch dann
bestehen noch diverse Ausnahmeregelungen, die die Besitzer vor einer staatlichen Übernahme schützen.
1976 erreichte New York mit 7% die höchste Grundsteuerdelinquenz. Bis 1986 war die Zahl
auf 2% gesunken, was unter anderem auf das Nachlassen der Rezession und der
Finanzkrise, den strengeren Gesetzen von 1978 und der enormen Ausbreitung des
Gentrifizierungsprozesses zurückzuführen ist. Trotz einer derartigen Entwicklung gibt es in
New York noch diverse Gebiete, deren Mietwohnungsbestand erheblich durch mangelnde
Investitionen ruiniert ist.
"Es sind die ärmsten Quartiere, und sie wurden über Zeiträume von etwa 30 bis 70 Jahren
durch massive, systematische und anhaltende Desinvestition zerstört: die Lower East Side im
inneren Kern sowie Harlem, Bedford Stuyvesant, Brownsville, East New York und die South
Bronx im zweiten Ring" (HÄUßERMANN; SIEBEL 1993, S. 198).
104
Karen Witt
Gentrification
Die Lower East Side
Der schnelle Auf- und Abschwung eines Gentrification-Gebietes
Die Lower East Side wurde insbesondere durch den in diesem Stadtteil gelegenen Tompkins
Square Park, der von vielen Obdachlosen bewohnt wurde, zu einem nationalen Ort für die
öffentliche Diskussion gegen Gentrifizierung und Obdachlosigkeit.
Im Zusammenhang mit einer breiteren Gentrification-Strategie drohten die Stadtverwaltung
und das Grünflächenamt (Department of Parks) mit einer Sperrstunde für den Park. Eine
Reihe zunehmend aggressiver Anti-Gentrification-Demonstrationen waren die Folge, und am
6. August 1988 kumulierte diese Entwicklung in dem brutalen Einsatz von etwa 400 Polizisten
gegen die Demonstranten.
Mit dem fortschreitenden Prozeß der Gentrifizierung wurden am 03. Juni 1991 mit der
Schließung des Parks durch die Polizei mehrere hundert Obdachlose endgültig vertrieben.
In den frühen achtziger Jahren feierte man die Lower East Side als den Ort der "neuesten
künstlerischen Bohème in New York City" (HÄUßERMANN; SIEBEL 1993, S. 198).
Gefördert wurde die Gentrification insbesondere durch die in diesem Viertel ansässigen
Kunstgalerien, Studios oder Tanzclubs, auch wenn in der Öffentlichkeit darüber geschwiegen
wird. "The attraction of the Lower East Side was once attributed in the art press to its unique
blend of poverty, punk rock, drugs and arson, Hell's Angels, winos, prostitutes and dilapidated housing that adds up to an adventurous avant-garde setting of considerable cachet"
(SMITH 1996, S. 198). 1987 zählte man 70 Galerien in der Lower East Side, sie wurden auch
als "gegenkulturelles Anhängsel des feineren Greenwich Village" gesehen.
Dieser Ruf hielt jedoch nicht lange an. Starke Bedeutungsverluste, ausgelöst durch den
Niedergang der künstlerischen Szene, waren die Folge. Der enorme Anstieg der Mieten führte zum finanziellen Ruin zahlreicher Galerien. "The romanticization of poverty and deprivation - the area's 'unique blend' - is always limited, and the neon and pastiche sparkle of aesthetic ultra-chic only partly camouflages the harsher realities of displacement, homelessness,
unemployment and deprivation in a neighborhood converted into a new frontier by 'the fine art
of gentrification'" (SMITH 1996, S. 199).
Aus sozialer Sicht ist die Lower East Side "ein Mosaik von polnischer und puertoricanischer,
ukrainischer und schwarzer Arbeiterklasse, Yuppies und Punkkultur, vegetarischen
Restaurants und Obdachlosenheimen, immer noch bestehenden Kirchen verschiedenen
Ethnien und ausgebrannten Gebäuden" (HÄUßERMANN; SIEBEL 1993, S. 199). Diverse
Einwanderer fanden Zuflucht in der Lower East Side.
Der Verlauf der Gentrification - Grenze in der Lower East Side
Mit Hilfe der von 1975 bis 1986 festgestellten Steuerrückstände wurde versucht eine
Kartierung der Lower East Side bezüglich des Verlaufes der Gentrification-Grenze vorzunehmen. Die Methode einer derartigen Erfassung kann an dieser Stelle nicht weiter erläutert werden.
Die Investitionsgrenze verlief laut dieser Kartierung von Westen nach Osten, wobei ein
besonders frühes Eindringen insbesondere in den Bezirken im Süd- und Nordwesten ersichtlich ist (vgl. Abb. 1).
Man vermutete, daß der Prozeß der Gentrifizierung von Greenwich Village, SoHo, Chinatown
und dem Finanzdistrikt ostwärts in die Lower East Side vorstieß. Reinvestitiongrenzen befinden sich im Osten und Südosten. Die Erschließung des östlichen Teils der Delancy Street
bzw. des südlichen Randes nahe der South Street ist insofern problematisch, als die Delancy
105
Gentrification
Karen Witt
Street einerseits zum großen Teil eine Geschäftsstraße ist, andererseits eine breite
Durchgangsstraße zur Williamsburg Bridge ist, die Manhattan und Brooklyn verbindet.
Häufige Verkehrsstaus, der Lärm und die Unpassierbarkeit trugen dazu bei, daß die Gebiete
nicht weiter erschlossen wurden. Außerdem verhindern die großen Komplexe des öffentlichen
Wohnungsbaus in den südlichen und östlichen Bereichen die Gentrifizierung.
Abb. 1: Grenze der Gentrification in der Lower East Side
Quelle: Smith 1996, S. 205
Als weitere Barriere gilt das "traditional heart of the Lower East Side" (SMITH 1996, S. 206).
In diesem Gebiet wurde bis 1985 aufgrund der hohen Armutsrate und dem Anteil der lateinamerikanischen Bewohner nicht investiert. Weitere Sanierungen wurden in der Umgebung der
nördlichen 14. Straße nahe des Gramercy Parks und dem westlich gelegenen Union Square
durchgeführt. Das langsame Herantasten der Spekulanten durch Reinvestitionen in den
Randgebieten wurde in den im südlichen und östlichen Bereich gelegenen Blocks deutlich,
da hier die Profitabilität von einem geringeren Risiko begleitet war.
106
Karen Witt
Gentrification
Gentrification in jüngster Zeit
Chelsea
"Die neue Galerieszene im Westen von Manhattan: Ein Schauplatz stellt sich selbst aus und
wartet auf die Kunst" (IMDAHL 1997, S. 33). In diesem Stadtteil wurden ursprünglich
Autoteile, Elektrozubehör, Papier und Holz verkauft. In jüngster Zeit hat sich hier die
Kunstszene etabliert. Ehemalige Speditionshallen, Reparaturwerkstätten oder Garagen wurden zu Galerien umgestaltet. Das ursprünglich eher "schmucklose" Chelsea hat sich damit
unter anderem aufgrund der guten Lage, nahe des Hudson Rivers, neben dem übergentrifizierten SoHo und den Nobelgalerien im Umkreis des Museums of Modern Art, zu einer festen Größe in der Agenda der Kunst entwickelt.
Im Vergleich zu SoHo ist der Charme Chelseas eher rauh. Breite Straßen und flache
Gebäude sind typisch für das Viertel. Es existiert keine imposante Architektur aus der Zeit der
Jahrhundertwende, wie sie in SoHo das Straßenbild prägt. Auch ist die verkehrsgünstige
Lage SoHo's nicht vergleichbar. "Wer nach Chelsea kommt hat sich dafür entschieden" (ebd.,
S. 33).
In diesem Zusammenhang stellt sich die Frage, welche Faktoren zu dem Aufschwung beigetragen haben. Die Gründe sind vielfältig und liegen unter anderem in SoHo. Die Rezession
Anfang der neunziger Jahre hinterließ auch in SoHo ihre Spuren. Nachdem die Talsohle
durchschritten war, begannen sich die Märkte aus Mode und Design mit der Kunst in diesem
Viertel zu durchmischen. Begleiterscheinungen dieser Entwicklung waren u.a. die Eröffnung
diverser Bars und Restaurants, eine Art Vergnügungsviertel entstand. Es wurden immer mehr
Menschen zum flanieren und shoppen angezogen. Die zahlungskräftige Modebranche trieb
die Mieten stark in die Höhe. Einer der ersten, der aus dieser Entwicklung seine
Konsequenzen zog, war Matthew Marks. "Er wurde zum Pionier des Abenteuers im Westen
Manhattans" (IMDAHL 1997, S. 34). Eine weitere Schlüsselfigur ist Paula Cooper. Sie eröffnete vor Jahrzehnten die erste Galerie in SoHo. Ihr Umzug nach Chelsea mußte wie ein
Signal wirken. Die Galeristin vertrat schon früh die Minimal - Art und sehnte sich seit längerem nach einem skulpturentauglichen Raum ohne Säulen, in SoHo eher selten zu finden.
Ihren Berichten zufolge liegt der Unterschied zwischen den beiden Vierteln darin, daß SoHo
sein Emporkommen der Kunst und den Künstlern verdankt, die Anfang der siebziger Jahr ein
Forum suchten, eine living community. In Chelsea hingegen geht die treibende Kraft von den
Galerien aus. Wie wird sich Chelsea weiterentwickeln? Wird es SoHo den Rang ablaufen,
"sohoized" und ebenfalls übergentrifiziert werden? Bis jetzt ist diese Vorstellung noch undenkbar. Fest steht allerdings, daß die Mietpreise auch in diesem Viertel inzwischen drastisch
gestiegen sind.
Meatpacking District
Den Meatpacking District könnte man auch als das Viertel der Gegensätze bezeichnen. In
dem neuen Szene-District trifft man sowohl auf Fleischer als auch auf Szenegänger,
Galeristen, Transvestiten, Gourmets, Grufties, Drag Queens oder Designer.
Bis vor kurzem waren in diesem Viertel insbesondere drei Gruppen anzutreffen. Morgens
begegnete man den Metzgern, tagsüber vereinzelt Künstlern, Models und Fotographen und
nachts der Club Szene.
Seit ca. einem Jahr nimmt die Zahl der Modelagenturen, Galerien und Multimedia Firmen
extrem zu, was wie in vielen Teilen New Yorks auf den einsetzenden Gentrificationprozeß
zurückzuführen ist. Die Viertelveredelung führt auch hier zu steigenden Mieten, einer
Vertreibung der Alteingesessenen und dem Zuzug der Yuppies. Noch ist die "Vielfalt des
107
Gentrification
Karen Witt
Abseitigen" das Markenzeichen dieses Viertels. Seit zwei Jahrzehnten versorgt dieser Distrikt
Manhattan mit Fleisch, so daß er lange Zeit gemieden wurde. Nur "Ausgefallenes" konnte
sich hier etablieren. Doch dieses Viertel entwickelt sich langsam zum neuen Chic. Die New
Yorker brauchen die ständige Veränderung. So resümiert der Kritiker Donald Kuspit in lakonischer Kürze "in dieser Stadt sind fünf Jahre eine lange Zeit" (IMDAHL 1997, S. 34). Im
Meatpacking District ist es vielleicht die Mischung aus Tradition und Gewerbe, das
Kopfsteinpflaster und die Schweinetransporter.
Der Prozeß, der sich gewöhnlich über mehrere Jahrzehnte (in SoHo dauerte es dreißig Jahre)
hinzieht, ist hier im Zeitraffer zu beobachten. "Mitte der Sechziger war die Gegend 'South of
Houston' (...) ein Zentrum der Textilindustrie; als die verfiel, zogen vor allem Künstler nach,
die Pilotfische der Veredelung. Die Rolle des Künstlers besteht darin", spottete Ed Koch, ehemaliger Bürgermeister von New York, "eine Gegend so begehrenswert zu machen, daß er
selbst es sich nicht mehr leisten kann, dort zu wohnen" (GARDENER 1999, S. 120).
Koch hat mit seinem Ausspruch durchaus recht behalten, wenn man sich z. B. SoHo anschaut, welches inzwischen von großen Ladenketten und teuren Restaurants dominiert wird.
Die Motive der Pioniere für das Eindringen in den Meatpacking District sind unterschiedlich.
Doch mit dem Prozeß der Veredelung breitet sich auch in diesem Bezirk die Angst aus. "Wie
stets ist sie ökonomisch geschichtet"(a.a.O., S.120).
Gentrification aus Sicht der Alteingesessenen
Für die Pioniere der Gentrification stellt die Investitionsgrenze eine Profitabilitätslinie dar. Die
Alteingesessenen betrachten sie eher als Frontlinie eines nicht enden wollenden Kampfes.
"Es ist eine 'voranrollende Welle' (...), hinter der die Mieten unerschwinglich, Wohnungen
unerreichbar und die eindringende Kultur vollkommen fremd ist" (HÄUßERMANN; SIEBEL
1993, S. 203). Über Jahrzehnte gewachsene Gemeinschaften werden durch das Einsetzen
der Gentrification zerstört. Die Bewohner fühlen sich externen unkontrollier- und unberechenbaren Kräften ausgesetzt. Es wird dennoch mit allen Mitteln versucht, das Zuhause und
die Nachbarschaft zu verteidigen.
Gentrification und Obdachlosigkeit
Laut Häußermann und Siebel bedingen im wesentlichen zwei ökonomische Trenderscheinungen das Problem der Obdachlosigkeit:
Zum einen führen sie die steigende Zahl der Obdachlosen in Großstädten auf mangelnde
Arbeitsplätze für unqualifizierte Arbeitskräfte zurück. Es werden große Fertigungsbetriebe aus
Kostengründen in Niedriglohnländer verlagert, außerdem ist ein Wandel innerhalb der
Beschäftigungsstruktur zu beobachten. Während niedere Jobs in den städtischen Kontrollzentren in der Dienstleistungsbranche zunehmen, erleidet die Fertigungsbranche einen
Bedeutungsverlust. Ökonomische Aktivitäten werden weltweit von den wichtigen Wirtschaftszentren aus kontrolliert. Die Konzentration von Besitz, Kontrolle und Management in großen
Metropolen führt andererseits zu einem entsprechenden Anstieg der Beschäftigung in
Kontroll- und Leitungsfunktionen.
Die Entwicklung bedingt eine Agglomeration der in dieser Branche Beschäftigten in wichtigen
Wirtschaftszentren. Profite aus dem Heranwachsen derartiger Zentren zieht unter anderen
die Immobilienbranche. Man könnte auch sagen, die Grenzen der gentrifzierten Stadt werden
ausgeweitet und die Nachfrage nach innenstadtnahen Wohnraum steigt. Dieses führt oftmals,
zu Ungunsten der alten Mieter, zu einer Aufwertung derartiger Wohngebiete. Ihr einstiges
Zuhause wird unbezahlbar und nicht selten landen sie, da ihnen keine staatliche Hilfe
gewährleistet wird, zunächst auf der Straße. "Gentrification ist also auch Ausdruck der
Veränderungen städtischer Beschäftigungsstrukturen, die ihrerseits von globalen ökonomi108
Karen Witt
Gentrification
schen Prozessen beeinflußt werden." (HÄUßERMANN 1990, S. 39). Das Urban Institute stellte die These auf: "mehr Armut in einer Stadt korreliert nicht mit mehr Obdachlosigkeit, aber in
Städten, die sowohl ein hohes Armutsniveau wie ein hohes Pro- Kopf - Einkommen aufweisen, finden sich auch signifikant höhere Obdachlosenzahlen" (HÄUßERMANN; SIEBEL
1993, S. 229).
Ausblick
Der Prozeß der Gentrifizierung trägt in Großstädten in ausgeprägtem Maße zur einer
Spaltung der Gesellschaft bei. Eine Polarisierung der Arbeitsmärkte und eine deutliche
Ausdifferenzierung der unternehmensbezogenen Dienstleistungen lassen gerade in den
Städten diejenigen Bevölkerungsgruppen anwachsen, deren soziale Mobilität und
Einkommen hoch sind. Diese Entwicklung bedingt eine stärkere Betonung der Kultur zur
Ausgestaltung und Pflege des Stadtimages und schließlich eine Stadtentwicklungspolitik und
-planung, die den Wirtschaftsstandort unterstützt. Ein besonderes Interesse kommt hierbei
der Umgestaltung zentraler städtischer Räume zu. Ein ehemaliger Bauminister kommentierte in diesem Zusammenhang: "Wer sich mit der künftigen wirtschaftlichen Entwicklung befaßt,
muß sich auch um die städtebauliche Qualität und um die Umweltqualität der Standorte für
Betriebe und Wohnungen kümmern. Der Wettbewerb um internationale Produktions- und
Dienstleistungsstandorte (...) wird sich in den nächsten Jahren verschärfen. Ein Kenner (...)
hat kürzlich sehr zugespitzt gesagt: Die knappste Ressource der Zukunft wird nicht das
Kapital und auch nicht der Boden sein, sondern hochqualifizierte, leistungswillige Mitarbeiter
(...). Metropolen, die im internationalen Standortwettbewerb stehen wollen, müssen ein attraktives Umfeld für diese Mitarbeiter bieten" (HÄUßERMANN 1990, S. 39). Die Zunahme der
hochqualifizierten Beschäftigten führt auch zu einem Anstieg der Dienstleistungsjobs, die keinen Qualifizierungen bedürfen. Dieser Trend spiegelt sich auch in New York wider. So arbeiten in Restaurants, Supermärkten, dem öffentlichen Nahverkehr oder in den
Bekleidungsgeschäften auffallend viele Immigranten. Beachtlich ist hier insbesondere die
Menge an Angestellten in einem Laden im Verhältnis zur gesamten Geschäftsgröße, was mit
einem oft sehr niedrigen Stundenlohn einhergeht.
Betrachtet man die Höhe der Mieten oder Lebenshaltungskosten, die erforderlich sind, um in
Manhattan zu leben, so wird eine tiefe Kluft deutlich. Laut Umfragen betragen die Mieten für
ein Studio im Süden Manhattans ca. 2000–3000 USD monatlich. Die Preise in den
Supermärkten für Grundnahrungsmittel sind ebenfalls höher als in anderen Regionen. Daran
wird ersichtlich, daß es für die Vielzahl von Menschen, die in der niedrig qualifizierten
Dienstleistungsbranche arbeiten, kaum möglich ist, in diesen Distrikten zu leben. Wohnviertel,
die ehemals von ihnen bewohnt wurden, sind im Zuge der Gentrifizierung unerschwinglich
geworden. Hierbei stellt sich die Frage, wo die Grenzen einer Stadt im Hinblick auf diese
Entwicklung gezogen werden sollten. Überbelegter Wohnraum in angrenzenden Bezirken,
steigende Kriminalität oder Obdachlosigkeit sind nur einige Konsequenzen einer derartigen
Entwicklung.
109
Gentrification
Karen Witt
Literatur
- Abu - Lughod; L., Janet 1994: From Urban Village to East Village. The Battle for New York's
Lower East Side. Cambridge, Oxford.
- Alisch, M.; J., S., Dangschat 1996: Die Akteure der Gentrifizierung und ihre "Karrieren". In:
J. Friedrichs; R. Kecskes (Hrsg.) 1996: Gentrification. Theorie und Forschungsergebnisse.
Opladen, S. 95-132.
- Blasius, J.; J. S., Dangschat (Hrsg.) 1990: Gentrification. Die Aufwertung innenstadtnaher
Wohnviertel. Frankfurt/Main, New York.
- Dangschat, J. S.; J., Blasius 1990: Die Aufwertung innenstadtnaher Wohngebiete Grundlagen und Folgen. In: Blasius J.; J., S., Dangschat (Hrsg.) 1990: Gentrification. Die
Aufwertung innenstadtnaher Wohnviertel. Frankfurt/Main, New York, S. 11-31.
- Friedrichs, J.; R. Kecskes (Hrsg.) 1996: Gentrification. Theorie und Forschungsergebnisse.
Opladen.
- Friedrichs, J.: Gentrification: Forschungsstand und methodologische Probleme. In: Jürgen
Friedrichs; Robert Kecskes (Hrsg.) 1996: Gentrification. Theorie und Forschungsergebnisse.
Opladen, S. 13-40.
- Friedrich, K. 2000: Gentrifizierung. Theoretische Ansätze und Anwendung auf Städte in den
neuen Ländern. In: Geographische Rundschau 52 (2000), H. 7-8, S. 35-39.
- Gardener, C. 1999: Meatpacking District. In: Geo Special (1999), H. 5, S. 112-120.
- Häußermann, H. 1990: Der Einfluß von ökonomischen und sozialen Prozessen auf die
Gentrification. In: Blasius J.; J., S., Dangschat (Hrsg.) 1990: Gentrification. Die Aufwertung
innenstadtnaher Wohnviertel. Frankfurt/Main, New York, S. 35-50.
- Häußermann, H.; W. Siebel (Hrsg.) 1993: New York. Strukturen einer Metropole. Frankfurt
am Main.
- Imdahl, G. 1997: Der rauhe Charme von Chelsea. Die neue Galerieszene im Westen von
Manhattan: Ein Schauplatz stellt sich selbst aus und wartet auf die Kunst. In: F.A.Z. Nr. 195
(23.08.1997), S.33.
- Smith, N. 1996: The New Urban Frontier. Gentrification and the revanchist city. London, New
York.
- Smith, N.; B., Duncan; L., Reid: From Disinvestment to Reinvestment: Mapping the Urban
"Frontier" in the Lower East Side. In: Abu - Lughod, J. L 1994: From Urban Village to East
Village. The Battle for New York's Lower East Side. Cambridge, Oxford, S.149-167.
110
Ann Katrin John
Meat Packing District
Der Meat Packing District
Seit zwei Jahrhunderten versorgen die Schlachthäuser des Meat Packing Districts, dem
Industriegebiet zwischen West Village und Chelsea, Manhattan mit Fleischwaren. Aus diesem
Grund wurde dieses Viertel die letzten Jahrzehnte auch von den New Yorkern gemieden, da
es als verrucht und dreckig galt. Der District erstreckt sich von der West 14th Street bis zur
West 9th Street zwischen dem Hudson River und der Seventh Avenue. Die kleinen
Industriebetriebe konzentrieren sich innerhalb Manhattans aufgrund der Nähe zu Zulieferund Weiterverarbeitungsfirmen (vgl. GARDENER 1999, S. 117).
Abb. 1: die Ausdehnung des Meat Packing
Districts
Quelle: Baedecker Buchverlag, Stadtplan
1963 gab es in New York mehr als 1,6 Millionen Arbeitsplätze im sekundären Sektor, bevor
der tertiäre Sektor in New York City eine immer größere Bedeutung erlangte. Die
Industriegüter New York Citys wie z.B. die Bereiche Bekleidung, Uhren, Schmuck etc. sowie
Transport und Handel spielen in der nationalen Wirtschaft aber noch immer eine Rolle. Die
übrigen Bereiche, wie auch die Fleischverarbeitung, nehmen in der Wirtschaft der Vereinigten
Staaten einen untergeordneten, für die Versorgung New York Citys jedoch einen übergeordneten Platz ein.
Die folgende Tabelle (Tab. 1) spiegelt die Bedeutung der Fleischbranche in den Vereinigten
Staaten wieder:
Products
Number
(1.000)
Cost of materials
(Mio. $)
End-of-year invention
(Mio. $)
Food and kindred products
Meat products
- Meat packing plants
- Sausages and other
prepared meats
- Poultry slaughtering
and processing
1.522
415
152
257.294
78.845
45.808
32.257
3.209
1.184
84
15.244
1.115
205
17.792
909
Tab. 1: Die Bedeutung der fleischverarbeitenden Industrie
Quelle: U.S. Department of Commerce (Hrsg.) 1993: Annual Survey of Manufacturers 1993. New York City
(Hrsg.), 1993, S. IX - XVI).
111
Meat Packing District
Ann Katrin John
Die Arbeitsplätze im sekundären Sektor sanken insgesamt zugunsten des tertiären Sektors
mehr und mehr und variieren von Stadtteil zu Stadtteil (vgl. Department of City Planning / New
York City (Hrsg.) 1993, S. IX-XVI).
Borough
Bronx
Brooklyn
Manhattan
Queens
Staten Island
New York City
Industrial (%)
52.818 (6)
137.241 (17)
413.533 (51)
199.994 (24)
13.813 (2)
817.399 (25)
Non-Industrial (%)
144.009 (6)
265.126 (11)
1.757.942 (71)
256.993 (10)
56.652 (2)
2.480.722 (75)
Total (%)
196.827 (6)
402.367 (12)
2.171.475 (66)
456.987 (14)
70.465 (2)
3.298.121 (100)
Tab. 2: Beschäftigte nach Sektoren in New York
Quelle: Department of City Planning / New York City (Hrsg.) 1993: Citywide Industry Studies-Geographical Atlas
of Industrial Areas, S. 14.
Der Meat Packing District wird auch als "Manhattans last frontier" (GARDENER 1999, S. 115)
bezeichnet, da dort die Gegensätze in New York am stärksten aufeinander treffen: "Fleischer
und Szenegänger, Galeristen und Transen, Gourmets und Grufties, Drag Queens und
Designer - das spröde Industriegebiet [...] hält sich als letztes Refugium der Extreme in einer
Stadt, die unter Giuliani brav geworden ist" (GARDENER 1999, S. 115).
Im Meat Packing District findet man drei Schichten: die Metzger (z.B. die Adolf Kusy
Company, Long Island Beef etc.), die Künstler (Galeristen, Fotografen und Models) sowie die
Nachtclubgänger. Erst seit das Geschäft der Metzger schlecht läuft, haben sie keinen
Abwehrmechanismus mehr gegen die "Eindringlinge", denn von mehr als 100
Fleischunternehmen haben nur ca. 50 überlebt. Die Leerstände werden von diesen neuen
Schichten aufgefüllt (vgl. GARDENER 1999, S. 117).
Durch die einsetzende Gentrifizierung steigen die Mieten und alteingesessene Bewohner
werden vertrieben. In der Diskussion um Veränderungen innenstadtnaher Wohngebiete wird
seit dem Ende der 70er Jahre der Begriff "Gentrification" verwendet. Dieser von Ruth Glass
1963 geprägte, Ende der 70er Jahre in den USA sprachlich heftig umstrittene Begriff, steht
für ein schnelles Ansteigen des Anteils an Bewohnern der (oberen) Mittelschicht in ehemaligen Arbeiterwohngebieten (vgl. BLASIUS; DANGSCHAT 1990, S. 11). Der Prozeß der
Gentrifizierung hat erst jetzt eingesetzt, da andere Viertel New York Citys einfacher "umzuwandeln" waren. Es gibt in New York kaum ein Gebiet, daß noch keine Veredelung erfahren
hat.
Manhattan ist der einzige Stadtteil, in dem Loftgebäude einen höher angesetzten Wert haben
als andere Gewerbeflächen. Diese Gebäude sind zwar für viele Zwecke ineffizient, doch sie
bieten für einige Firmen enorme Vorteile (für Ausstellungsräume etc.). Der durchschnittliche
Wert pro "square foot" in Loftgebäuden im Garment Center, Midtown South, West Midtown
und West Chelsea betrug USD 32,09 im Jahr 1990. Das ist eine Erhöhung um 150% seit
1985. Die Lofts sind teurer als Gewerbeflächen in TriBeCa, SoHo, NoHo, West Village und
Gebiete in East und West Harlem (vgl. Department of City Planning / New York City 1993, S.
32).
Nach dem Zoning Law, dem Flächennutzungsplan New Yorks, sind die Mieter des Meat
Packing Districts illegale Mieter, da Wohnbevölkerung dort nicht vorgesehen ist. Die
Vermieter nehmen dies zum Anlaß, um die Mieten willkürlich zu erhöhen, da die Mieter zur
112
Ann Katrin John
Meat Packing District
Zeit keinerlei Rechte haben.
In der 9th Avenue ist das Wohnverbot zum Teil aufgehoben worden. Die Mietpreise (ca. 200
US Dollar pro Quadratmeter) liegen derzeit noch unter dem Niveau SoHo's (bis zu 2.000 USD
pro Quadratmeter), doch die momentanen Bewohner befürchten eine Mieterhöhung nach
Ablauf der bisherigen Mietverträge, die für sie dann nicht mehr zu bezahlen sein werden (vgl.
GARDENER 1999, S. 120).
Erklärt wird der Zuzug der New Yorker in dieses Viertel dadurch, daß sie immer nach Neuem
und vor allem Ungewöhnlichen suchen. Da allen anderen Bezirken - von Harlem bis Nolita
(Gegend North of Little Italy) - bereits eine Aufwertung widerfahren ist, zieht es sie in den
Meat Packing District. Die Bewohner reden als Motiv für ihren Zuzug "vom appeal der nüchternen Architektur, der Lage am Fluß, von dem rauhen Charme des Viertels und seiner
Vielfalt" (GARDENER 1999, S. 120).
Literatur
- Blasius, J.; J. S. Dangschat 1990: Gentrification-Die Aufwertung innenstadtnaher
Wohnviertel. Frankfurt, New York.
- Gardener, C. 1999: Meat Packing District. In: GEO Special New York, Nr. 5 Oktober 1999,
S. 112-120.
- U.S. Department of Commerce (Hrsg.) 1993: Annual Survey of Manhattan - Statistics for
Industry Groups and Industries. Washington.
- Department of City Planning / New York City (Hrsg.) 1993: Citywide Industry Studies Geographic Atlas of Industrial Areas. New York.
- Department of City Planning / New York City (Hrsg.) 1993: Citywide Industry Studies Industry Trends-Technical Report. New York.
113
Times Square
Urte Langbehn
Der Times Square
"Times Square is the only spot where the hundreds of different worlds that comprise New York
City meet face to face. The result has been funny, dramatic and sometimes deadly. Times
Square mixes hookers, Broadway stars, gangsters, newspapermen, schnorrers and bon
vivants, rubber neckers and passers by" (BLOOM 1991, S. ix).
Der Broadway und Times Square gehören eindeutig zu den beliebtesten Sehenswürdigkeiten
in New York. Vage Vorstellungen darüber, daß man hier einen Blick auf die "große Welt" werfen kann, haben sich zu einem zwar undefinierbaren, aber doch Ehrfurcht einflößenden
Mythos verdichtet. Der Broadway, der zu einer der längsten Straßen der Welt zählt, reicht von
Downtown Manhattan bis nach Albany (vgl. VON ARMIN; MAYOR 1987, S. 168). Doch der
Broadway ist weniger ein Straßenname als vielmehr eine Ortsbezeichnung und
Sammelbegriff. "On Broadway" sind die Theater, die im Theaterdistrikt rund um den Times
Square liegen. Der Times Square, dort gelegen, wo sich Broadway und die 7. Avenue kreuzen, reicht von der 42. bis zur 47. Straße und bildet zusammen mit dem Broadway das
Zentrum der amerikanischen Unterhaltungsindustrie (vgl. BLOOM 1991, S. ix).
Die Geschichte des Times Squares begann schon bevor es zur Gründung der USA kam. Im
Jahre 1776 griff der vom East River kommende englische General William Howe Manhattan
an; ungefähr dort, wo sich heute die 37. Straße befindet. Als die Nachricht von Howes
Landung in Manhattan General George Washington erreichte, befahl er seinen Truppen,
deren Hauptquartier in Harlem gelegen war, in Richtung 37. Straße zu ziehen (vgl. BLOOM
1991, S. x).
Auch der amerikanische General Israel Putnam (späterer Namensgeber für ein Gebäude am
Times Square) zog, nachdem er die Neuigkeiten von Howes Besetzung Manhattans vernommen hatte, von der Downtown in Richtung Norden und besetzte zusammen mit General
Washington das Gebiet, das der heutige Bryant Park ist (vgl. BLOOM 1991, S. xi).
Zu Beginn des 19. Jahrhunderts war das Gebiet des heutigen Times Squares die Heimat von
illegalen Siedlern, die sich entlang des Baches "Great Kill" angesiedelt hatten. Dieser Bach
wurde in späteren Jahren zugeschüttet und fortan als "42. Straße" bezeichnet.
Dieses Areal war in der Vergangenheit ein bevorzugtes Siedlungsgebiet für Schafzüchter und
auch die Pferdezucht, der eine immer größere Bedeutung zuteil wurde, siedelte sich hier an.
Die ersten Siedler waren holländische Landwirte, die in diesem Gebiet ihre Farmen errichteten.
John Jacob Astor, der im Jahre 1784 aus Waldorf / Deutschland in die USA einreiste, kaufte
zusammen mit William Cutting 70 Morgen Land (Kaufpreis USD 25000,-) zwischen Broadway
und dem Hudson River, das im Süden von der 42. und im Norden von der 46. Straße begrenzt
wurde. Astor und Cutting erbauten hier die "Medreef Eden farm" und stiegen in das
Pelzgeschäft ein. John J. Astor gründete die "American Fur Company" und betrieb von der
Pazifikküste ausgehend unter anderem auch Handel mit China (vgl. BLOOM S. xi).
John J. Norton war damaliger Besitzer einer großen Farm, die westlich der 42. Straße gelegen war. Am 28. September 1825 verkaufte Norton ein Teil seiner Farm an die Stadt New
York, so daß diese nun in der Lage war, die 42. Straße zu bauen. Für die Rechte an der
Passage erhielt John Norton die stolze Summe von USD 10 von der Stadt (vgl. BLOOM 1991,
S. xi). Die 42. Straße wurde fortan als Durchfahrt benutzt, um das Schlachtvieh, das per
Fähre von New Jersey nach Manhattan transportiert wurde, von den Docks zu den
Schlachthäusern auf die East Side zu bringen.
Es entstanden Häuser, Geschäfte, Schulen und Kirchen und das Gebiet, das nach dem
Londoner Platz "Long Acre" benannt wurde, entwickelte sich zum Zentrum der Fuhrleute,
Sattlereien und Pferdeställe (vgl. BAEDECKER 1996, S. 120). Als die Theaterindustrie lang114
Urte Langbehn
Times Square
sam ihren Einzug hielt, wanderten die Fuhrleute gen Norden, und als Automobile allmählich
die Pferde ersetzten, wurden aus den Pferdeställen Autowerkstätten und Autohäuser.
Nach und nach kamen die Theater in das Gebiet des Longacre Squares und eines der ersten,
das hier zu nennen wäre, war die "Metropolitan Concert Hall" an der 41. Straße / Ecke
Broadway. Die Metropolitan Concert Hall erbrachte jedoch nicht den gewünschten Erfolg und
wurde in den Folgejahren immer wieder umbenannt, bis das Gebäude letztlich im Jahre 1887
abgerissen wurde, um Platz für ein neues Theater zu schaffen (vgl. BLOOM 1991, S. xii).
Ein bei Publikum und Künstlern sehr beliebtes Theater war das "Casino Theatre", das 1882
an der Ecke 39.Straße und Broadway erbaut wurde. Ein Jahr nach dem Bau des Casino
Theaters öffnete das "Metropolitan Opera House" auf dem Broadway zwischen der 39. und
40. Straße seine Pforten. Die Ankunft der berühmten Operngesellschaft steigerte das
Ansehen dieses Viertels gewaltig, so daß nun auch die feine New Yorker Gesellschaft wohlwollend auf die attraktiv gewordene "West Side" blickte (vgl. BLOOM 1991, S. xiii).
Im Jahre 1893 gaben die New Yorker die beachtliche Summe von circa USD 6 Millionen für
Unterhaltungszwecke aus und im selben Jahr wurde das erste Theater auf der 42. Straße
gebaut: das "American Theatre" (vgl. BLOOM 1991, S. xiii).
Das Gebiet entlang des Broadway von der 37. bis 42. Straße wurde zu dem Theaterdistrikt
New Yorks und bald schon erhielt das ursprünglich als "Longacre - Theaterviertel" bezeichnete Gebiet den Beinamen "The Rialto". Doch bei diesem Namen sollte es nicht bleiben: Im
Jahre 1904 kaufte der Verleger Adolph E. Ochs das Tortengrundstück zwischen der 42. und
43. Straße. Dort entstand für die New York Times ein neues Redaktionsgebäude, der Times
Tower, der damals das zweithöchste Gebäude der Stadt darstellte. Schnell bürgerte sich der
neue Name "Times Square" ein, und im April 1904 erfolgte schließlich die offizielle
Umbenennung des Longacre Square in den Times Square. Um den "neuen" Platz angemessen zu würdigen, wurde vom Herausgeber der New York Times Ochs zum Jahreswechsel ein
großes Silvesterspektakel veranstaltet, das bis heute zu einer festen alljährlichen Tradition in
New York geworden ist (vgl. JACKSON 1995, S. 1185).
Der Platz entwickelte sich zu einer zentralen Anlaufstelle für die Bevölkerung. Am Gebäude
"One Times Square" wurde eine große elektronische Nachrichtentafel angebracht, die ständig die neuesten Neuigkeiten ausstrahlte. Da der Großteil der Bevölkerung damals noch nicht
im Besitz von Radiogeräten war, wurde der Platz somit zu einem Publikumsmagneten. Der
Times Square war jedoch auch ein Ort für Massenveranstaltungen, Demonstrationen,
Kundgebungen und Paraden, wie beispielsweise zu Neujahr und Thanksgiving (vgl. BLOOM
1991, S. xv). Darüber hinaus entwickelte sich der Times Square zu einem
Verkehrsknotenpunkt: Am 27.10.1904 eröffnete die West Side Subway eine neue Nord - Süd
- Verbindung von der Fourth Avenue zur 42. Straße auf der East Side bis hoch zur 125.
Straße. Innerhalb eines Jahres wurde die Times Square Station von 5 Millionen Fahrgästen
benutzt; ihre Bedeutung wuchs noch mit der Eröffnung der Grand Central Station für
Fernzüge (vgl. JACKSON 1995, S. 1185).
Mit dem Aufkommen des motorisierten Verkehrs brach eine neue Ära an. Im Jahre 1905 wurden die Pferdekutschen durch die ersten benzinbetriebenen Busse ersetzt; im Jahre 1907
gab es die ersten Taxen in New York, die "yellow cabs". Der zunehmende Verkehrslärm, der
hierdurch entstand, stellte für die Theater ein unvorhergesehenes Problem dar: Die meisten
Schauspielhäuser waren nicht ausreichend isoliert, was zur Folge hatte, daß der Straßenlärm
in die Vorstellungsräume eindrang und die Aufführungen stark beeinträchtigte (vgl. BLOOM
1991, S. xv).
Dennoch war der Boom des Times Square nicht aufzuhalten. In den Jahren nach dem ersten
Weltkrieg erlebte der Platz seinen Höhepunkt. Geld gab es im Überfluß, und New York war
die reichste Stadt der USA. Große Luxushotels wie das Astor, das Metropole, das Claridge
und das Knickerbocker zogen viele wohlhabende Kreuzfahrttouristen an, die von den nahe115
Times Square
Katrin Fischer
gelegenen Docks kommend hier einen Zwischenstop einlegten (vgl. BLOOM 1991, S. xvi).
Der Wohlstand des "theatre business" erlangte seinen Höhepunkt in der Theatersaison 1927
/ 28, in der 257 Theaterstücke auf 71 Bühnen aufgeführt wurden. Hintergrund für das in den
20er Jahren stark angestiegene Volksinteresse am Theater waren unter anderem die nachlassenden religiösen und moralischen Einwände gegenüber jeder Art von Amusement (vgl.
JACKSON 1995, S. 1185).
Kurz danach mußte die Theaterindustrie drei Tiefschläge erleiden. Neben der wachsenden
Konkurrenz durch Tonfilme und der Entwicklung des Radios zu einem breiten
Unterhaltungsmedium litt auch das Theater massiv unter dem Zusammenbruch der Börse
(vgl. BLOOM 1991, S. xvi). Nach dem Crash im Jahre 1929 veränderte sich der Charakter
des Times Square dramatisch: Nur noch wenige neue Theater wurden gebaut; vielmehr wurden die unrentabel gewordenen, während der Depression in billige sog. "grinder houses"
umgewandelten Theater, Aufführungsorte für Sexfilme. Das Neueröffnen von Shows wich
dem "Movie Business". Hinzu kamen billige Restaurants, Peep Shows, Spielhallen etc. Die
Prostitution vor allem junger arbeitsloser Männer stieg stark an (vgl. JACKSON 1995, S.
1186). Auch der Zweite Weltkrieg konnte den langsamen Verfall des Times Squares nur hinauszögern, aber nicht verhindern. So verschlechterte sich der Ruf des Viertels zunehmend;
verstärkt wurde diese Entwicklung noch durch die Eröffnung des Port Authority Bus Terminals,
der viele Obdachlose in die Gegend zog. Während der 50er Jahre gab es Versuche, mittels
Zonierung dem unkontrollierten Wachstum des "Erotic Business" Einhalt zu gewähren, doch
nur mit geringem Erfolg. Weiterhin boomten billige Hotels, Bars, Sexshops, Peep Shows etc.
bis weit in die sechziger Jahre hinein (vgl. JACKSON 1995, S. 1187). Der Bürgermeister La
Guardia versuchte den weiteren Verfall des Stadtviertels zu verhindern, indem er 1940 kurzerhand die Striptease-Läden verbot. Das Verbot verhinderte nicht, daß sich die Entwicklung
nach 1945 fortsetzte. 1970 gab es am Times Square über 120 "Pornoschuppen".
Im Jahre 1972 begann die städtische Regierung die Bedeutung des Theaterlebens für New
York zu erkennen. So wurde ein Gesetz verabschiedet, das jedem Bauherren zusätzliche
Stockwerke zugestand, wenn er dafür ein Theater in seinen Komplex einbezog. Auf diese
Weise entstanden einige neue Bühnen in der Times Square-Gegend und haben überlebt,
wenngleich das neue, innovative Theater nach wie vor am Off-Broadway stattfand (vgl. VON
ARNIM; MAYOR 1987, S.166f). Heute sind von den ca. 80 alten Theatern am Times Square
nur noch 35 existent. Das älteste noch erhaltene ist das "Lyceum" in der 45. Straße aus dem
Jahre 1903; alle älteren Gebäude sind mittlerweile abgerissen worden. In den 80er Jahren
haben sich Staat und Stadt New York gemeinsam Gedanken über die Zukunft des Platzes
gemacht und verschiedene Vorschläge namhafter Architekten in die Tat umgesetzt. Hierzu
gehörte unter anderem der Bau von großen Hotels wie das Marriott Marquis, das Ramada
Renaissance oder das Holiday Inn Crown Plaza (vgl. BLOOM 1991, S. xvi). Erst die
Gründung des The 42nd Development Projects 1981 und die Ausweisung eines neuen
Flächennutzungsplanes 1982 leiteten eine neue Entwicklung ein. Der neue
Flächennutzungsplan schrieb vor, daß sich die "Häuser für Erwachsene" mindestens 170 m
von Wohnhäusern und Kirchen entfernt befinden mußten. Unter Beibehaltung und Förderung
der Theaterstruktur wurde so das zwielichtige Gewerbe verdrängt und zog weiter gen
Westen, so daß sich 1994 nur noch 47, 1999 noch 14 Etablissements in dem Viertel befanden.
1985 löste der Neubau des Marriott Marquis Hotels einen neuen Entwicklungsschub aus. In
der Folge entstanden neue Hotels und Geschäfte. Die Unternehmer gründeten 1992 den BID
(Business Improvement District) und organisierten als für jedermann sichtbare Maßnahmen
116
Katrin Fischer
Times Square
Abb. 1: der Times Square
Quelle: Internet: www.newyorkcity.com
die Straßenreinigung und Sicherheit auf den Straßen. 1993 zog das deutsche Medienunternehmen "Bertelsmann" an den Times Square. 1996 eröffnete der "Disney Store" und das vom
Konzern für 34 Mio. US Dollar renovierte "New Amsterdam Theatre", das 1997 eröffnete. Im
gleichen Jahr wurden 684 Einzelhandelsgeschäfte, darunter der "Museum Store" und
"Warner Brother Studio Store" und ca. 150 Restaurants gezählt (vgl. HAHN 2001). Heute ist
der Times Square wieder zu einem Touristenanziehungspunkt geworden. Mehr als 8 Millionen
Theaterbesucher werden jährlich vom mittlerweile wieder "sicheren" Times Square angezogen und über 20. Mio. Touristen tragen somit zum Fortbestand der 230.000 Arbeitsplätze am
Times Square bei. 44 Theater und 27 Hotels mit ca. 12.500 Zimmern verleihen dem
Stadtviertel eine internationale Atmosphäre. Bedauerlicherweise ist für unabhängige
Produktionen "On-Broadway" kein Platz, was durch die hohen Mieten am Times Square
bedingt ist. Der allgemeine Trend zu quotensicheren "Blockbuster hits" und zu einer zunehmenden Filialisierung (in Form von Ladenketten und Fast-Food-Restaurants) ist auch in diesem Stadtteil zu verzeichnen (vgl. BLOOM 1991, S. x).
Literatur
- Von Arnim, G.; B. Mayor 1987: DuMont "Richtig reisen" - New York. 7. Auflage. Köln.
- Bloom, K. 1991: Broadway: an encyclopedic guide to the history, people, and places of
Times Square. New York.
- Eisenschmid, R. 1996: Baedeker - New York, 7. Auflage, Stuttgart.
- Hahn, B. 2001: Erlebniseinkauf. Neue Trends im US-amerikanischen Einzelhandel. In:
Geographische Rundschau 53 (2001), H. 1.
- Jackson, K. (Hrsg.) 1995: The Encyclopedia of New York City. New York.
- Internet: Stand vom 22.09.2000: http://www.newyorkcity.com
117
Tompkins Square
Ralf Schepers
Die Geschichte des Tompkins Square Parks
Die Idee eines öffentlichen Raumes wurde 1811 das erste Mal genannt und im
Straßensystem Manhattans umgesetzt. Es waren Plätze ausgespart, in denen sich bei der
nordwärts Entwicklung Manhattans der Union-, Madison-, Gramery-, Washington-,
Stuyvesant - und Tompkins Square entwickeln konnten.
Der Tompkins Square Park wurde im Jahre 1830 geplant und 1936 gebaut. Bei seinem Bau
war er eine 10 Morgen große grüne, bewaldete Oase. Die Stadt hatte USD 93.000 aufgebracht, um den Platz von den Besitzern zu erwerben und ihn in einen Park zu verwandeln. Es
wurden Bäume und andere Vegetation angepflanzt. Die Stadt wollte das Viertel durch den
Park aufwerten und man versprach sich den Zuzug wohlhabender Menschen.
1837 brach allerdings der Immobilienmarkt zusammen und stürzte Stadt und Land in eine
wirtschaftliche Krise. Daher entstanden erst 1840 und zwar nur an der Nordgrenze des Parks,
in der 10th Street, einige größere Häuser.
Verursacht durch die Bevölkerungsexplosion New Yorks durch die Zuwanderungssteigerung
von 120.000 auf 800.000 Einwanderer (1820-1830) kamen viele Einwanderer in die East Side
und somit wurde das Gebiet mit Arbeiterhäusern bebaut. Vor dem Unabhängigkeitskrieg
waren in diesem Gebiet New Yorks die Werftindustrie und ebenso die Trockendocks angesiedelt. Irische Einwanderer kamen in dieses Viertel und wohnten dicht an dicht auch in
Kellerräumen. Wegen der Bevölkerungsexplosion wurden auch die eleganten Tenements
(Wohnhäuser/Mietwohnungen) an Einwanderer vermietet, diese waren sehr gut ausgestattet.
Es wurden aus den großen Wohnungen viele kleine Einheiten gemacht, so daß eine Familie
oft nur einen Raum bewohnte. Der Tompkins Square Park bot den Einwohnern die
Möglichkeit der Enge ihrer Unterkünfte zu entfliehen - er wurde stark frequentiert und bekam
einen Arbeiterklassen-Charakter.
1860 bekam der Park ein attraktives Gesicht. Bäume wurden um die Wege, die den Park
umzogen, gepflanzt. Ebenso wurden Blumen gepflanzt und ein zentraler Springbrunnen
wurde errichtet; um die Pflanzungen vor Pferden, Schweinen und kleinen Kindern zu schützen, wurden Eisengitter errichtet.
Der Park wurde einerseits als grüne Oase in der Stadt gesehen, er wurde aber auch von den
armen Bevölkerungsgruppen als öffentlicher Versammlungsplatz genutzt. So z. B. im Jahre
1857, als viele Menschen aufgrund einer Wirtschaftskrise ihre Arbeit und Unterkunft verloren.
Es wurde ein regelmäßiges Treffen im Tompkins Square Park gehalten und ein "working
men's coment" wurde gegründet.
Trotz Verschönerungen wurde der Park durch campierende Truppen im Unabhängigkeitskrieg
1860 zerstört. Nach dem Krieg 1866 entschied sich die Stadt den Park nun militärisch zu nutzen. Es wurden alle Bäume gefällt, der Park wurde planiert und in einen Militärparadeplatz
umgewandelt - es entstand ein Exerzierplatz.
In diesen Jahren wandelte sich auch das Umfeld des Platzes. Die Werften verschwanden und
mit ihnen auch die Iren. Sie wurden durch deutsche Einwanderer ersetzt, die viele kleine
Manufakturen errichteten - "Little Germany" wuchs stetig.
Wenn der Tompkins Square nicht gerade militärisch genutzt wurde, fanden Musik-,
Gymnastik- und Literaturveranstaltungen statt. Brüderschaften und politische Organisationen
trafen sich dort.
1873 entschied das Departement of Public Parks, Bäume um den Platz herum zu pflanzen,
um das Bild aufzulockern. Ebenso wurden abendliche Promenadenkonzerte eingeführt.
Im Winter 1873/74 kam es erneut zu einer wirtschaftlichen Krise, in der viele Arbeiter ihre
Anstellung verloren. Am 13.01.1874 versammelten sich einige 10.000 Arbeiter auf dem
Tompkins Square, um zum Rathaus zu marschieren und dort ihren Protest kund zu tun. Die
118
Ralf Schepers
Tompkins Square
Polizei zerschlug den Marsch aber und knüppelte den Protest nieder. Im Sommer des gleichen Jahres forderten einige Tausend Menschen, den Tompkins Square der Bevölkerung
immer für öffentliche Versammlungen freizugeben und ihn wieder als Park anzulegen. 1875
wurde ein Kompromiß zwischen Bürgern und Militär gefunden. Die Hälfte des Squares sollte
als Paradeplatz belassen werden und die andere Hälfte sollte wieder zum Park umgewandelt
werden. Die Umsetzung dieses Vorhabens verlief sehr schleppend und der Park verwilderte,
was Massenproteste auslöste.
1878 wurde dann beschlossen, daß die Anwohner ihre Meinung und Wünsche in bezug auf
den Platz äußern sollten, so wurde die "Tompkins Square Union" gegründet. Aufgrund dieser
Anhörung wurde nun das ganze Gelände wieder in einen Park umgewandelt und das siebzehnte Regiment verließ den Platz friedlich.
Im Sommer 1879 waren die Wiederherstellungsarbeiten des Parks abgeschlossen, es wurden Bäume gepflanzt, zwei große Springbrunnen und in der Mitte ein Musikpavillon errichtet
und 160 Gaslampen ließen den Park erleuchten. Die Umgebung des Parks war bis zu diesem Zeitpunkt von deutschen Einwanderern besiedelt, denen der Park sehr am Herzen lag.
Die Zusammensetzung des Viertels änderte sich allerdings in den 1880ern. Es zogen nun
viele Süd- und Osteuropäer in die Lower East Side und die Deutschen zog es weiter in die
Oberstadt. Die neuen Einwanderer, die sich im Umfeld des Parks niederließen, waren der
Englischen Sprache nicht mächtig und ebenfalls sehr arm. Sie hatten kein großes Interesse
am Park. Im Tompkins Square Park wurde 1894 ein Kinderspielplatz angelegt, was im Sinne
der sozialen Neuerungen war. Der Park wandelte sich nun von einem passiven
Gartenparadies zu einem aktiven Mekka der Bewegung.
1912 wurde der Park von 45.113 Kinder besucht. Im direkten Umfeld des Parks traten im
Zuge der sozialen Neuerungen auch einige Veränderungen auf. 1905 wurde z.B. die öffentliche Bibliothek am nördlichen Rand des Parks erbaut. 1917 stiften die Christora's Sponsoren
ein großes Art-Deco-Gebäude an der Ecke Avenue B und 19. Straße, in dem Männer und
Frauen gefördert wurden. Weiter wurden in diesem Haus kulturelle und soziale Aktivitäten
angeboten.
1920-1930 wurde der Park sehr intensiv genutzt. Es wurden z.B. von Arbeiterorganisationen
Versammlungen und öffentliche Diskussionen abgehalten. Für Kinder war der Park ein
Magnet. Durch die starke Benutzung wurde der Park allerdings sehr strapaziert.
Robert Moses, der noch andere Parks in New York errichtet hatte, von denen der Tompkins
Square Park den bedeutendsten Rang einnahm, engagierte sich ab 1930 für den Park. 1936
begannen die Renovierungsarbeiten am Park und Robert Moses gestaltete den Park um,
indem er standardisierendes Design verwandte. 1936 wurde eine Ost - West Straße durch
den Park gebaut, welche zur 19. Straße führte. Der nördliche Teil fungierte als Sportplatz; der
südliche Teil sollte ruhiger genutzt werden. Doch die Umsetzung wurde nie völlig abgeschlossen, da die finanziellen Mittel knapp waren. So wurde nach sechs Jahren und minimaler Restauration der südliche Teil im Januar 1942 wieder eröffnet. Dennoch bot der Park einen
Raum für Ruhe, abseits des Stresses und der Hektik der Straßen und Fabriken, frische Luft,
Platz für Festivals, Musik, Kontakt zu Nachbarn, Platz für Kinder zum Spielen, für öffentliche
Debatten und Protestaktionen. Der Park war bei lokalen und sozialen Reformern und
Stadtplanern bekannt für seine wichtige Bedeutung für das Viertel und dem nachbarschaftlichen Kontakt.
Nach dem 2. Weltkrieg veränderte sich die Zusammensetzung der Bevölkerung, welche im
Umfeld des Parks wohnte, erneut. Nun gewannen nach und nach die Schwarzen und
Hispanics die Mehrheit. Es war schwierig, die Bedürfnisse und Wünsche dieser Gruppen aufeinander abzustimmen. Durch die Neugestaltung des Parks wurden Areale für sportliche
Aktivitäten und Ruhezonen für Familien voneinander getrennt, doch schon Mitte der 50er
Jahre wurde im gesamten Park gespielt. Dieses führte schnell zum Streit, da viele Anwohner
ihre Ruhe gestört sahen. Es mußte eine Lösung gefunden werden. Eine Möglichkeit sah man
119
Tompkins Square
Ralf Schepers
darin, eine Basketball Liga zu errichten, mit einem Stadium im Zentrum des Parks, dafür hätten allerdings Bäume gefällt werden müssen. Dieser Plan wurde überstimmt. Die Jugendkriminalität stieg an und die Lower East Side hatte unter der starken Ausbreitung von Bandenkriminalität und wachsendem Drogenkonsum zu leiden. War der Park früher an den
Sommerabenden stark genutzt, so ging jetzt keiner mehr im Dunkeln hinein. Die Homogenität
des "Little Germany" von 1870 war ersetzt worden von einem Nationalitätenmix aus Süd- und
Osteuropa, Schwarzen und Latinos.
Der Park sollte erneut umgestaltet werden, allerdings ohne Bäume zu fällen. Es sollten
Spieltische angelegt und auch ein Gebäude für Tanzveranstaltungen errichtet werden - nach
vier Jahren wurde der Plan umgesetzt.
In den späten 60er Jahren bekam die Umgebung den Namen "The East Village", ausgelöst
durch den Zuzug von Rockmusikern, Hippies, Poeten und politischen Aktivisten. Das Viertel
wurde "hipp" und die Gentrification begann.
Schon die Deutschen Einwanderer feierten früher ihre Volksfeste und demonstrierten auf dem
Tompkins Square. In den 1960ern wurde der Park wieder zum Demonstrieren genutzt, z.B.
gegen den Vietnam Krieg, für Gleichberechtigung und um auf Dritte Welt-Probleme aufmerksam zu machen. Es wurden Musikkonzerte gegeben, Schilder mit "Betreten des Rasens verboten" wurden ignoriert.
1967 wurde gegen eine Gruppe von Hippies vorgegangen, die im Park musizierten. Kurz
danach wurde ein Latino - Konzert öffentlich gebilligt, um Integration und Toleranz gegenüber
den unterschiedlichen Ethnien zu fördern. 1991 fand ein Gedenken zum Protestmarsch des
Jahres 1874 statt, der aber genauso wie damals von der Polizei niedergeprügelt wurde.
Probleme im Tompkins Square Park
Es gibt unterschiedliche Ausprägungen von Gruppen bzw. Individuen, zwischen denen es zu
Konflikten kommt (vgl. GORDON 1994). Zum einen gehen Einwohner gegen Einwohner individuell vor, z.B. in dem Sachverhalt, ob Hunde im Park erlaubt sein sollen und ob sie an der
Leine zu führen sind. Dann ist ebenfalls die Gruppe der Einwohner versus Einwohnergruppen
zu nennen, z.B. Anarchisten gegen Yuppies, welche sich über fehlende Regeln, die das
Schlafen und das Trinken im Park betreffen, beklagen.
Es treten auch Konflikte auf zwischen Einwohnern und Repräsentanten des Staates, z.B.
Individualisten und Einwohnergruppen, die sich mit der Polizei über den Einsatz von Gewalt
auseinandersetzten.
Als letztes seien noch die Einwohner genannt, die gegen nicht ansässige Wohnungsbesitzer
aufgrund der Gentrification vorgehen.
Die Tompkins Square Park-Geschichte zeigt viele Themen der städtischen US-amerikanischen Geschichte: Es beginnt mit der Ansiedlung von Immigranten und Migranten aus der
Arbeiterklasse, gefolgt vom Konflikt über die Ressourcen, bis zu der Tatsache, daß elitäre
Kreise der "Unterklasse" Verhaltensregeln auferlegen wollen.
Christodora House
Es wurde 1928 als großes Gebäude an der Ostseite des Parks erbaut. Schnell gab es
Streitigkeiten über die Nutzung des Hauses, so daß 1947 der Verkauf an die Stadt erfolgte.
1966 war nur ein kleiner Teil sozial genutzt. 1967 kam von der Bevölkerung der Wunsch auf,
das Haus mehr zu nutzten. Es sollte in den Mittelpunkt des öffentlichen Lebens gerückt wer120
Ralf Schepers
Tompkins Square
den. Dazu wurde eine Bürgerinitiative gegründet, die Teile des Hauses renovierten, z.B. das
Büro und den Gymnastikraum. Doch die Stadt bzw. die Parkleitung, die die öffentlichen
Gebäude verwaltete, stellte sich quer und bewilligte keine öffentlichen Gelder und Stellen.
Alles wurde in Eigeninitiative geführt; unterschiedliche Aktivitäten angeboten, z.B.
Sportaktivitäten. In dem Gebäude wurde allerdings auch in den unteren Stockwerken gedealt und es war ebenfalls ein Treffpunkt von kriminellen Organisationen.
Im Februar 1969 kam die Polizei, durchsuchte das Gebäude und schloß es, angeblich, weil
es nicht mehr sicher war. Die defekten Fahrstühle, von Bewohnern repariert, waren angeblich
nicht sicher genug.
Das Gebäude sollte 1970 für 35 Jahre von einer städtischen Gruppe gemietet werden.
Jedoch wurde es 1975 für USD 62.500 an einen Brooklyner verkauft, der daraus große
Wohnungen machen wollte. 1984 wurde es dann für USD 3 Mio. erneut verkauft.
1987 wurde das Haus ein Luxuswohnhaus. Das Penthouse sollte für USD 1 Mio. verkauft
werden, gerüchteweise an Cher. Die enorme Steigerung des Gebäudewertes spiegelt die
Aufwertung der gesamten Lower East Side wider.
Projekt Kontakt
Während der 1970er Jahre entstand eine der bedeutendsten Formen von
Gemeinschaftsaktivitäten: Die "Blockassociation" - organisiert durch einzelne Hausbesitzer
wurden diese manchmal auch öffentlich unterstützt. Sie organisierten Parties und
Sportevents. Allerdings zerbrachen viele dieser Associations schon nach kurzer Zeit.
Als eine soziale Organisation 1975 ein Programm für Drogenabhängige durchführen wollte,
bildete sich eine Gruppe von hauptsächlich Weißen, der Mittelklasse und Arbeiterschicht, die
sich gegen dieses Projekt stellten. Diese Blockassociation wollte die Gegend von
Drogenabhängigen säubern. Letztendlich schaffte es die Vereinigung, die lokale PolizeiAutorität für sich zu gewinnen. Bei den Sitzungen der Association, in der gegen die
Trunkenheit, den Krach und das Schlafen im Park protestiert wurde, war immer auch ein
großes Polizeiaufgebot anwesend. Das Projekt für Drogenabhängige konnte aufgrund des
Protestes und Einflusses der Blockassociation nicht durchgeführt werden.
Zeltstadt
Am 14.12.1989, bei Temperaturen unter dem Gefrierpunkt, riß die Polizei und die
Parkverwaltung 45 Plastikzelte von 90 Obdachlosen ab. Im Sommer lebten 300 Obdachlose
im Park. Alles was zurückblieb an alter Kleidung und Baumaterial wurde weggeschafft, um
den Park wieder für die Öffentlichkeit nutzbar zu machen. Die Reaktion der Bevölkerung war
unterschiedlich, von offenem Protest gegen die Aktion, über passiven Protest bis hin zur
Zustimmung. Dieser Sachverhalt führte dazu, daß sich Lager in der Nachbarschaft bildeten.
Demographie
Seit Mitte der 80er sind in der Lower East Side hauptsächlich arme Familien und junge
Singles, die der low - income Gruppe zuzuordnen sind, anzutreffen. Aber auch Künstler ziehen verstärkt in das Viertel und geben ihm somit mehr "Farbe". Die Häuser, die für Arbeiter
und den Mittelstand ausgelegt waren, blieben im Preis stabil und hielten auch ihren Wert.
Auch die Mietstruktur war von Bestand. Dieses änderte sich, als Yuppies begannen in das
Viertel zu ziehen. Durch den Zuzug der Künstler wurde das Viertel nämlich immer interessanter und zog somit mehr und mehr Besserverdienende an. Als Folge dessen änderte sich
auch langsam die Infrastruktur und paßte sich zum Teil den gehobenen Erwartungen der
Yuppies an. Im krassen Gegensatz dazu stehen dagegen die Obdachlosen, die auch noch in
diesem Stadtteil leben.
Die Nachbarschaft des Tompkins Square Parks war schon immer sehr organisiert, so hatte
sie z.B. das am besten organisierte Wohlfahrtswesen und es wurde gegen Mißstände prote121
Tompkins Square
Ralf Schepers
stiert. Diese Tradition entwickelte sich, ebenso veränderte sich das Bild und besonders die
Zusammensetzung des Viertels. Das Bild hat sich komplett geändert: Erst waren Deutsche
und Iren zu finden, die eng in eilig, zwischen 1840 und 1850, errichteten Mietsblöcken lebten.
Danach folgten Einwanderer aus Süd- und Osteuropa. Nach dem 2.Weltkrieg folgten
Puertorikaner. In den 70er Jahren kamen Dominikaner in das Viertel, gefolgt von Asiaten und
Yuppies.
Zusammenfassend kann gesagt werden, daß die Menschen der Lower East Side auf ihre
Kämpfe gegen die Polizei, Hausbesitzer, Handelsketten oder Yuppies stolz sind!
The battle of Tompkins Square Park
Im Hitzerekorde brechenden Sommer von 1988 wurde der Tompkins Square Park zu einem
"outdoor living room", nicht nur für die in der Nähe wohnenden Anwohner. Vor allem am
Wochenende wurde der Tompkins Square Park zu einem beliebten Treffpunkt für spontane
Rockkonzerte und Unterhaltungskünstler. Die sich durch den nächtlichen Lärm belästigt
fühlenden Anwohner forderten von der Bezirksverwaltung verstärkten Polizeieinsatz und die
Schließung des Parks bei Nacht (vgl. ABU - LUGHOD 1994). Somit hätte man das Problem
der nächtlichen Ruhestörung und gleichzeitig das der sich im Park angesiedelten
Obdachlosen gelöst. Aus einer ruhigen Demonstration gegen das nächtliche Schließungsgesuch des Tompkins Square Parks entwickelt sich in der Nacht vom 6. auf den 7. August
1988 ein unkontrollierter Aufstand. Es kam zu brutalen Straßenkämpfen zwischen den
Demonstranten und der Polizei. Die Polizei durchstreifte die Straßen und schlug alles nieder,
was ihnen in die Quere kam (Wofür sie sich im Nachhinein entschuldigte). Die Demonstration
bzw. der Aufstand stand unter dem Motto: "Gentrification is class war".
Die Hausbesetzer der umliegenden leerstehenden Gebäude stellten ebenfalls ein Problem
dar. Einige Gebäude wurden abgerissen, um diesem Problem zu entgehen. Es kam immer
wieder zu Auseinandersetzungen zwischen den Hausbesetzern und der Polizei.
The Residents in Tompkins Square Park
Die Anzahl der Tompkins Square Park bewohnenden Obdachlosen stieg von nur 50 im Jahr
1980 auf über 200 im Jahr 1990 (vgl. GRESHOF; DALE 1994). Waren sie Anfang der 80er
noch mehrheitlich weiß und männlich, änderte sich das Bild 1990 in eine Mehrzahl von
Schwarzen und Hispanics Obdachlosen. Der Tompkins Square Park war der einzige Park, der
nachts nicht geschlossen wurde. Auch die Obdachlosen wehrten sich gegen die immer wiederkehrenden Forderungen der Anwohner nach der Schließung des Parks bei Nacht. Die
Obdachlosen bauten sich Unterkünfte und breiteten ihr Obdach über den ganzen Park aus,
so daß es auf andere Parkbenutzer störend wirkte. Aus dem Grund ließ man die Nordhälfte
des Parks umbauen und erneuern. So siedelte sich die Obdachlosengemeinde im Süden des
Parks an. Das Verhältnis zwischen Anwohnern und Obdachlosen besserte sich. Obwohl die
Polizei bzw. Gemeinde den Park mehrmals von den Obdachlosen und ihren Unterkünften
räumen ließ, kehrten sie immer wieder zurück und bezeichneten den Tompkins Square Park
als ihre Heimat. So wohnten im Park im Winter bis zu 150 und im Sommer fast doppelt so
viele Obdachlose - bis zum Sommer 1991, als die nächtliche Schließung des Parks letztendlich doch noch durchgesetzt wurde.
Während des Aufenthaltes in New York wurde auch der Tompkins Square Park besucht. Es
fiel auf, daß der Park auch heute noch stark genutzt wird. Viele Kinder spielten auf einem eingezäunten Spielplatz. Zahlreiche Menschen spazierten durch den Park oder fuhren mit dem
Fahrrad hindurch. Hunde wurden strikt an der Leine geführt oder hatten relativ freien Auslauf
in einem eingezäunten dog-walk.
Besonders auffällig war, daß sämtliche Grünflächen bzw. baumbestandenen Flächen durch
122
Ralf Schepers
Tompkins Square
hohe Umzäunungen vor der Öffentlichkeit geschützt waren. Während unseres Aufenthaltes
im Park sahen wir einige Polizeistreifen, die mit dem Auto durch den Park fuhren.
Am Rand des Parks fand eine Art Kleiderausgabe für Bedürftige statt, was auf den immer
noch in diesem Viertel großgeschriebenen Wohlfahrtsgedanken und eine hohe Anzahl geringverdienender Bewohner schließen läßt.
Insgesamt machte der Park einen gepflegten Eindruck, es lag kein Unrat herum und auch die
Grünanlagen waren gepflegt. Er scheint auch heute noch in das tägliche Leben integriert zu
sein und wie auch schon seit jeher von den Bewohnern der umliegenden Viertel genutzt zu
werden.
Literatur
- Abu - Lughod, J. 1994: The Battle für Tompkins Square Park. In: Abu - Lughod, J. (Hrsg.)
1994: From Urban Village to East Village. The Battle für New York's Lower East Side.
Cambridge, S. 233 - 266.
- Gordon, D. 1994: A Resindent's View of Conflict on Tompkins Square. In: Abu - Lughod, J.
(Hrsg.) 1994: From Urban Village to East Village. The Battle für New York's Lower East Side.
Cambridge, S. 217 - 232.
- Greshof, D.; J. Dale 1994: The Residents in Tompkins Square Park. In: Abu - Lughod, J.
(Hrsg.) 1994: From Urban Village to East Village. The Battle für New York's Lower East Side.
Cambridge, S. 267 - 284.
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