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relevant
Das Magazin der Oesterreichischen Kontrollbank Gruppe #2/2015
16 RESEARCH SERVICES
20 EXPORT CHAMPIONS
Beste Nachbarn mit
kritischen Tönen
MAG: Kein Leben
ohne Lackdraht
22 L ÄNDERREPORT
Vietnam: Schuhe, Reis
und Sozialismus
HANDELSROUTEN
Hier geht was weiter
2 INHALT
HANDELSROUTEN
WISSENSWERTES
16 RESEARCH SERVICES
Deutschland und Österreich:
Beste Nachbarn mit kritischen Tönen
18 VERSICHERUNG
Acredia-Chef Helmut Altenburger im
Interview über Solvency II
20 EXPORT CHAMPIONS
MAG: Kein Leben ohne Lackdraht
TRENDS
22 L ÄNDERREPORT
Vietnam: Schuhe, Reis und Sozialismus
26 BRANCHEN IM FOKUS
Chemieindustrie
Hier geht was weiter
Schneller, billiger, zuverlässiger – effizientere Transportwege
sind der Motor des globalen Handels. RELEVANT ist der
Frage nachgegangen, welche Routen heute den Welthandel
und den österreichischen Warenverkehr prägen und welche
Veränderungen die Zukunft bringen könnte. Ab Seite 6
28 OeKB GESCHÄFTSKLIMA-INDEX MOE
Direktinvestoren schrauben
Exporterwartungen nach oben
32 MÄRKTE IM FOKUS
Peru und Moldau
EINBLICK
14 INTERVIEW: ÖSTERREICHISCHE POST
30 GLEICH UMS ECK
Gerald Gregori, Leiter E-Commerce Innovations­
management, über die „letzte Meile“ und Zustellung
per Drohne.
14 VIRTUELLE HANDELSWEGE
Handwerk für die Füße
31 PERSÖNLICH
Neue Namen, neue Funktionen
Bitstraße
und Bytestraße: Software und Aktien
werden digital gehandelt, das benötigt aber dennoch
Infrastruktur.
15 H ISTORISCHE HANDELSROUTEN
ie Wege der Altvorderen: Wie einst Salz und
D
Bernstein durch Österreich transportiert wurden und
was aus diesen Routen wurde.
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Relevant 2/2015
EDITORIAL 3
Liebe Leserinnen und Leser,
von alten Fernhandelsrouten wie der Seidenstraße kennt man
Geschichten und Legenden. Über die Handelswege der Gegenwart
und der Zukunft wissen dagegen die meisten von uns weniger. Für
uns Grund genug, diese Ausgabe von RELEVANT dieser Thematik
zu widmen.
Eines ist dabei bemerkenswert: China prägt den Welthandel
noch viel stärker als gedacht. Nicht nur, dass sich in China der
Ausgangspunkt der meistfrequentierten Schifffahrtsrouten und
die größten Häfen finden, selbst bei Großprojekten auf anderen
Kontinenten, wie einer Bahnstrecke durch Südamerika, hat Peking
seine Finger im Spiel – aber lesen Sie selbst!
IMPRESSUM
Medieninhaber und Herausgeber:
Oesterreichische Kontrollbank
Aktiengesellschaft,
1010 Wien, Am Hof 4, Tel. +43 1 531 27-2859;
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Chefredaktion: Peter Gumpinger,
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Redaktionsteam: Mag. (FH) Barbara Bogner,
Dr. Peter Gaspari, Mag. Nadja Gutmann,
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Leitgeb, Mag. Wilhelm Schachinger, Mag.
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Ausgabe: Mag. Ines Baumann, Mag. Gerald
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Nina Schuller
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Ein Nachbarland Chinas betrachten wir diesmal besonders ausführlich. Unser Länderreport beschäftigt sich nach dem Abschluss der
Serie über Österreichs Nachbarländer nun mit Zukunftsmärkten
– den Auftakt macht Vietnam. Von dort importiert Österreich jedes
Jahr Millionen Schuhe. Schuhwerk wird allerdings auch „Gleich
ums Eck“ produziert: beim Schuster Andreas Schmid, dem Sie auf
Seite 30 über die Schulter blicken können.
Eine anregende Lektüre wünschen Ihnen
Rudolf Scholten
Angelika Sommer-Hemetsberger
Vorstand der Oesterreichischen Kontrollbank AG
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4 AKTUELL
Andritz rehabilitiert Wasserkraftwerk in Liberia
Comeback für den Damm am Mount Coffee
Das in den 1960er-Jahren erbaute Wasserkraftwerk Mount Coffee am Saint Paul River war einst das größte Wasserkraftwerk Liberias. Es hatte erst eine Leistung von 30 MW, die später auf 64 MW erhöht wurde. Das Laufkraftwerk mit einem
Damm von einer Länge über 150 m wurde überwiegend für die Bevölkerung der 30 km südlich gelegenen Hauptstadt
Monrovia und für den Hafenbetrieb genutzt. Nach Ausbruch des Bürgerkriegs in Liberia in den 1990er-Jahren wurde es
komplett stillgelegt und verlassen. Ein Dammbruch führte dazu, dass das Reservoir nicht mehr im ursprünglichen Ausmaß
vorhanden ist; zudem wurde das Krafthaus geplündert. Weil die Leistung des Kraftwerks fehlte, wandten sich viele Nutzer
anderen Stromquellen wie Dieselgeneratoren zu. Nun soll das Kraftwerk wieder in Schwung gebracht werden – mit der
Hilfe der ANDRITZ HYDRO GmbH. Das österreichische Unternehmen ist ein internationaler Anbieter von Wasserkraftwerkstechnologie in der ANDRITZ AG. Nach der Rehabilitierung des Kraftwerks soll sich die Kapazität auf 78 MW erhöhen.
ANDRITZ HYDRO bekam im Vorjahr den Auftrag, den Stahlwasserbau sowie die Druckrohrleitungen zu inspizieren und
diese entsprechend dem heutigen Stand der Technik auszurüsten. Dazu werden in erster Linie zehn Schütze des Entlastungswehrs repariert, vier Druckrohrleitungen überholt und neue Dammbalken und Einlaufschütze geliefert – die Lieferung
hat ein Gesamtgewicht von 900 Tonnen. Die gesamten Kosten für die Wiederinbetriebnahme des Kraftwerks werden auf
fast 400 Millionen US-Dollar geschätzt. Die Finanzierung erfolgt zum Teil aus eigenen Mitteln, überwiegend jedoch durch
internationale Geldgeber wie EIB, KfW und die norwegische Regierung. Die Lieferungen und Leistungen der ANDRITZ
HYDRO sind unter einer Bundesgarantie versichert.
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Relevant 2/2015
AKTUELL 5
Die italienische Exportkreditagentur SACE
begrüßte über 200 Gäste aus aller Welt bei der
Tagung der Berner Union in Florenz.
SWIFT CEE Securities Day
Ende Mai fand der 4. SWIFT CEE Securities Day im Reitersaal der
OeKB statt. Michael Formann, Head of SWIFT Austria, konnte als
Veranstalter über 70 Wertpapierexperten aus der CEE-Region
begrüßen. Die Referenten behandelten vor allem Themen rund
um regulatorische Entwicklungen und deren Auswirkungen auf die
Wertpapierabwicklungsinfrastruktur.
Peter Felsinger, Head of CSD.Austria, berichtete in seinem Redebeitrag
von den Plänen der EU-Kommission betreffend eine Europäische
Kapitalmarktunion. Weiters präsentierte er dem internationalen
Publikum den weit fortgeschrittenen Umsetzungsstand der OeKB zu
den dominierenden Branchenthemen TARGET2-Securities und CSD
Regulation.
TARGET2-Securities ist eine IT-Plattform, die von der deutschen, italienischen, französischen und spanischen Zentralbank entwickelt wird
und von zahlreichen Nationalbanken und CSDs genutzt werden soll.
Neue Regeln für Crowdfunding
Das neue Crowdfunding-Gesetz – offiziell Alternativfinanzierungsgesetz –
hat Mitte Mai den Ministerrat passiert. Es soll niedrigere Hürden für
Crowdfunding- und Bürgerbeteiligungsmodelle und klare Regeln für Plattformbetreiber bringen. Kern des Gesetzes ist eine abgestufte Prospektpflicht: Bisher gilt diese ab einem Emissionsvolumen von 250.000 Euro.
Künftig ist ab 100.000 Euro ein Informationsblatt verpflichtend, ab
1,5 Millionen gibt es eine „Prospektpflicht light“ und erst ab 5 Millionen
ist der volle Kapitalmarktprospekt notwendig.
Aus Gründen des Anlegerschutzes darf jeder Investor pro Projekt nur
5.000 Euro investieren – außer er ist wohlhabend oder verdient gut: Das
doppelte Monatsnettoeinkommen oder ein Zehntel des Finanzanlagevermögens sind jedenfalls erlaubt, auch wenn die Summe dann höher als
5.000 Euro ist. Die Veranlagungen können beim emittierenden Unternehmen oder über Crowdfunding-Plattformen erfolgen. Das Rücktrittsrecht
für Anleger beträgt wie im Konsumentenschutzgesetz zwei Wochen.
Paul Pöltner, Geschäftsführer der Plattform Conda.at, und Vorsitzender
des Crowdinvesting-Arbeitskreises in der Wirtschaftskammer, bezeichnete den Entwurf als „gutes Mittelmaß zwischen Konsumentenschutz und
den Wünschen der Branche“.
Investitionsversicherung
boomt
Die Berner Union, der internationale Zusammenschluss von Exportkredit- und Investitionsversicherungen, tagte im Mai für eine
Woche in Florenz – Vertreter aus 57 Ländern
nahmen an dem Treffen teil. Dabei wurden
unter anderem beeindruckende Zahlen über
die wachsende Nachfrage an Exportkreditund Investitionsversicherungen präsentiert:
Das Neugeschäft wuchs von knapp 1,4 Billionen US-Dollar im Jahr 2009 auf fast 2 Billionen US-Dollar 2014. Das Neuvolumen bei
Investitionsversicherungen verdoppelte sich
innerhalb von fünf Jahren sogar und machte
zuletzt 99 Milliarden US-Dollar aus. Bei
Exportkrediten stieg speziell die Nachfrage
nach kurzfristigen Versicherungen. Getrieben
wurde diese von steigenden politischen
Risiken und Instabilität in Schlüsselregionen.
„Der Bedarf, das Wirtschaftswachstum in
einem volatilen und risikoreichen Umfeld
anzukurbeln, hat die Bedeutung der antizyklischen Rolle der Mitglieder der Berner
Union hervorgehoben“, meinte Alessandro
­Castellano, CEO des Gastgebers SACE.
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6
Hier geht was weiter
AUF NEUEN WEGEN Schneller, billiger, zuverlässiger – effizientere Transportwege
sind der Motor des globalen Handels. RELEVANT ist der Frage nachgegangen, welche
Routen heute den Welthandel und den österreichischen Warenverkehr prägen und
welche Veränderungen die Zukunft bringen könnte.
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HANDELSROUTEN
Ü
LUFTFRACHT
kommt meist nur
für kleine, leichte,
wertvolle Güter
infrage.
ber glorreiche Handelsverbindungen
spricht man noch Jahrhunderte und
Jahrtausende später: die Seidenstraße
nach China, Salzrouten über die Alpen oder die
Weihrauchstraße auf der arabischen Halbinsel.
Doch welche großen Handelswege gibt es in
unserer Zeit? Die wichtigsten Verbindungen der
Gegenwart sind zweifellos Wasserwege: Über 80
Prozent der weltweiten Warentransporte führen
über das Meer. Das Volumen des internationalen
Seehandels hat sich in den vergangenen beiden
Dekaden mehr als verdoppelt auf rund 10 Milliarden Tonnen pro Jahr. Eine französische Studie aus
dem Vorjahr, die sich auf Satellitendaten stützt,
sieht sogar eine Vervierfachung des Schiffsverkehrs im selben Zeitraum – durch massive
Investitionen in neue Schiffe sei ein Überangebot
entstanden und die Auslastung gesunken, meint
der Studienautor. Als meistfrequentierte Route
der Welt gilt dabei die Suez-Route, die Europa
über das Mittelmeer, den Suezkanal und den
Indischen Ozean mit Asien verbindet. Auch auf
der Kap-Route von Südafrika nach Asien ist der
Verkehr stark gestiegen. Der Anteil des Schiffsverkehrs im Indischen Ozean und im Chinesischen
Meer beträgt mittlerweile mehr als ein Viertel des
internationalen Volumens.
Endstation China
China ist als weltgrößter Importeur von Schüttgut
wie Kohle, Eisenerz und Rohöl der große Treiber
des Verkehrs – diese Waren kommen zu einem
guten Teil aus Brasilien, Australien und den
Golfstaaten. Auch die Liste der meistgenutzten
Containerhäfen wird von China dominiert: Die
Top Ten liegen allesamt in Asien, sieben davon
in China. Das liegt vor allem am steigenden
7
intraregionalen Handel, der noch schneller
wächst als interkontinentale Transporte.
Eine Studie des weltgrößten Kreditversicherers
Euler Hermes zeigt unter anderem auf, wie
massiv die Warenströme innerhalb einzelner
Weltregionen gestiegen sind: Der intraregionale
Handel in Osteuropa, im Nahen Osten, in Asien
und Afrika verfünffachte sich jeweils im Zeitraum
2000–2012. Zurückzuführen ist das darauf,
dass manche Branchen wie Auto, Elektronik und
IT-Equipment ihre Produktionsstätten näher an
dynamische Verbrauchermärkte verlegt haben.
Euler Hermes identifizierte auch Routen, die
für einzelne Produkte dominant sind – wie die
„Düngerstraße“ oder die „Getriebestraße“. Die
Düngemittelindustrie floriert dort, wo Rohstoffe
wie Kalium und Phosphor vorhanden und die
Produktionskosten niedrig sind – zum Beispiel in
Russland. Die Handelsströme von dort in Länder
wie Indien und Brasilien, die nicht über diese
Rohstoffe verfügen, werden weiter zunehmen.
In der Fahrzeugindustrie setzt sich der Trend zur
Entkopplung der Komponentenherstellung von
der Montage fort: Während Fahrzeuge in Konsumzonen zusammengefügt werden, stammen die
Bauteile aus Gegenden mit niedrigeren Arbeitskosten. Das gilt nicht nur für deutsche Hersteller,
die Komponenten in Osteuropa fertigen lassen,
sondern auch für China, das auf Zulieferer aus
Thailand und Malaysia zurückgreift.
Mehr Fracht, mehr Emissionen
Bis 2050 wird sich laut dem International Transport Forum der OECD (ITF) der internationale
Frachtverkehr um den Faktor 4,3 erhöhen. Auch
Häfen werden ihr Gütervolumen bis 2050 fast
weiter auf
Seite 10 >
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8
Nordwestpassage: Könnte
durch Erderwärmung eisfrei und
wirtschaftlich nutzbar werden.
Verkürzt die Strecke Tokio –
Rotterdam um 5.000 km.
Beringstraßentunnel: Immer
wieder gibt es Ideen, die rund
100 km breite Meerenge zu
überwinden – aber noch keine
konkreten.
= Aufstrebende Importmärkte –
die „Next 18“ von Euler Hermes
Nicaragua­Kanal:
Spatenstich erfolgt –
geplante Fertigstellung
in 5 Jahren. Konkurrenz
zum Panama-Kanal, für
größere Schiffe geeignet.
Eisenbahn Brasilien – Peru:
Würde Seeweg um Südamerika
bei Transporten von Brasilien
nach Asien ersparen. Von
China geplant.
GRÖSSTE CONTAINERHÄFEN
DER WELT
Rang Hafen
VERÄNDERUNG DES
INTRA-REGIONALEN
HANDELSVOLUMENS
1.
2.
3.
4.
5.
11.
15.
16.
25.
 +23 % Nordamerika
+274 % Südamerika
+123 % Westeuropa
+453 % Osteuropa
+454 % Afrika
+486 % Naher Osten
+450 % Asien (ASEAN China)
+281 % Ozeanien (Asia-Pacific)
2013
Volumen in
Mio. TEU*
Shanghai, China
33,62
Singapur
32,60
Shenzhen, China
23,28
Hongkong, China
22,35
Busan, Südkorea
17,69
Rotterdam, Niederlande
11,62
Hamburg, Deutschland
9,30
Antwerpen, Belgien
8,59
Bremerhaven, Deutschland 5,84
Quelle: World Shipping Council
www.oekb.at
2000–2012
Quelle: Euler Hermes
Relevant 2/2015
HANDELSROUTEN
Breitspurstrecke
Kosice – Wien:
Würde russische
Spurweite bis
nach Mitteleuropa
verlängern,
Umlademöglichkeit
auf die Donau.
Absichtserklärungen
unterzeichnet,
Umsetzung aber
nicht fix.
9
Eisenbahn Europa – China:
Wiedererstarktes Interesse an den
Transsib-Strecken für Transporte aus
Zentralchina nach Europa. Teurer, aber
deutlich schneller als der Seeweg.
Tunnel unter dem Bosporus:
bereits fertiggestellt – künftig
auch für Güterzüge offen.
Schafft direkte Schienenverbindung nach Kleinasien.
Hafen Piräus: Von Chinesen
gekauft und modernisiert,
als neues Tor zu Europa in
Konkurrenz zu Nordseehäfen.
Spart eine Woche Seeweg, aber
schlechtere Verkehrsanbindung.
WICHTIGSTE SEEHANDELSROUTEN
1992: 4,2 Mrd. Tonnen
2012: 9,2 Mrd. Tonnen
Asien – Nordamerika
Asien – Europa
(Nordeuropa und Mittelmeer)
Asien – Naher Osten
Nordeuropa – Nordamerika
Australien – Fernost
Asien – Südamerika (Ostküste)
Quelle: UNCTAD
Quelle: World Shipping Council
VOLUMEN DES INTERNATIONALEN
SEEHANDELS
23,1 Mio. TEU*
20,4 Mio. TEU
 5,0 Mio. TEU
 4,7 Mio. TEU
 2,9 Mio. TEU
 2,1 Mio. TEU
* TEU = Standardcontainer
www.oekb.at
10
ÜBER DAS MEER
führen mehr als
80 Prozent der inter­
nationalen Waren­
transporte.
>
vervierfachen. In zahlreichen Studien konnte
eine Korrelation zwischen den Entwicklungen des
Volumens von Güterverkehr und des BIP nachgewiesen werden. Allerdings gibt es nicht nur positive
Seiten an dieser Entwicklung: Für die Periode
2010–2050 sagt das ITF eine Vervierfachung von
transportbezogenen CO2-Emissionen voraus.
Künftig könnten neue Routen einige internationale
Handelswege markant verkürzen und damit neben
Kosten auch Emissionen reduzieren – oder auch
nicht, meint Kurt Leidinger, Vorstandssprecher
von DB Schenker Österreich und Obmann-Stell-
„Mit dem Hafen Piräus lässt sich eine
Woche Seereisezeit aus Asien sparen.“
vertreter im Verein Netzwerk Logistik. „Neue,
günstigere Optionen können auch dazu führen,
dass der Handel insgesamt zunimmt und dadurch
die Umwelt doch nicht weniger belastet wird.“
Schienen, Tunnel und Kanäle
Fleißig am Schaffen solcher neuer Optionen ist
China. Peking investiert Milliarden in den Bau
des umstrittenen Nicaragua-Kanals, für den
Ende 2014 nach jahrelanger Diskussion der
Spatenstich stattfand. Mit der Schiffsverbindung
soll eine alternative Atlantik-Pazifik-Verbindung
entstehen, in Konkurrenz zum weiter südlich
gelegenen Panama-Kanal. Dieser kann nur von
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Schiffen bis zu einer maximalen Kapazität von
8.000 Standardcontainern (TEU) passiert werden.
Die größten Schiffe fassen heute aber bereits
19.000 TEU – der Nicaragua-Kanal wäre für sie
geeignet. „Das Projekt ist angeblich in fünf Jahren
umsetzbar“, meint Leidinger. „Es hätte einen
großen Hebel auf Transitzeit und Kosten.“
Einige tausend Kilometer weiter südlich will
China einen weiteren transamerikanischen Weg
etablieren: eine Eisenbahn von Brasilien nach
Peru. Dadurch würde Gütern wie Getreide oder
Rohstoffen auf ihrem Weg nach China der lange
Seeweg um Kap Hoorn erspart. Eine dritte neue
Atlantik-Pazifik-Verbindung könnte sich in Zukunft
von selbst öffnen: die Nordwestpassage. Die
Nordumfahrung Nordamerikas könnte künftig
immer öfter eisfrei und damit für die Handelsschifffahrt nutzbar sein. Sie würde den Seeweg
von Rotterdam nach Tokio um mehr als 5.000 km
verkürzen. „Das hätte unglaubliche Einflüsse auf
die Weltwarenströme“, sagt Leidinger. Vorerst
unrealistisch erscheint ihm eine weitere Nord­
route – ein Tunnel durch die Beringsee, von
Russland nach Alaska: „Damit würde man vermutlich den kompletten Schiffsverkehr, aber auch
die Luftfracht markant reduzieren. Aber das ist
bisher nur eine Idee und noch ganz weit weg.“
Per Zug in die Türkei
Ganz konkret ist ein anderer Tunnel: Jener unter
dem Bosporus in Istanbul. „Er wird derzeit nur
Relevant 2/2015
HANDELSROUTEN
für Passagierzüge genutzt, aber soll in ein bis
zwei Jahren für den Frachtverkehr freigegeben
werden“, berichtet Leidinger. Dadurch ergibt sich
eine durchgehende Schienenverbindung nach
Kleinasien, die dem LKW- und Schiffsverkehr
Konkurrenz macht und bis in den Iran reicht.
Wiederbelebt wurde in den letzten Jahren die
zwischenzeitlich wenig genutzte Transsib-Eisenbahnroute, auf der nun Waren von Zentralchina
über Russland nach Europa transportiert werden.
China siedelte Industrie im Zentralraum an, weil
an den Küsten die Arbeitskräfte knapp wurden.
Dadurch bekam die Eisenbahn eine neue Chance.
„Mit 18 bis 20 Tagen von Punkt zu Punkt ist sie
deutlich schneller als die Seefracht“, sagt Leidinger. „Je hochwertiger die Güter, umso attraktiver
ist die Strecke, schließlich ist das Kapital nicht
so lange gebunden.“
Viele Häfen führen nach Wien
DB Schenker-Vorstand Leidinger ist auch Fan
der neuen Piräus-Route: Bisher haben die Nordhäfen wie Hamburg oder Rotterdam den größten
Anteil am interkontinentalen Warenverkehr von
und nach Österreich. Vor einigen Jahren hat
nun China den Hafen Piräus gekauft und modernisiert. „So lässt sich eine Woche Seereisezeit
aus Asien sparen“, meint Leidinger. Alexander
Till, Wiener Repräsentant des Hafen Hamburg,
sieht in Piräus allerdings keine große Konkurrenz:
„Die Zuganbindung von Piräus ist nicht mit der
GÜTERTRANSPORTE IMPORT & EXPORT
Benutzte Verkehrswege im Handel
mit Ländern außerhalb der EU
See
Straße
Schiene
Binnengewässer
Pipeline
Luft
Selbstantrieb
unbekannt
Nach Wert
51,5 %
15,9 %
1,2 %
0,3 %
3,6 %
22,4 %
1,8 %
3,3 %
Nach Gewicht
75,3 %
6,2 %
3,7 %
0,9 %
10,2 %
0,6 %
0,3 %
2,8 %
11
WUSSTEN SIE, DASS ...
von Hamburg vergleichbar.“ Er sei deshalb
sicher, dass Hamburg auch künftig der mit
Abstand wichtigste Containerhafen für
Österreich sein wird – „wie seit Beginn der
Containerschifffahrt“.
Der mittlerweile zweitwichtigste Containerhafen
für Transporte von und nach Österreich ist Koper
in Slowenien, das damit Bremerhaven überholt
hat. „Das Containervolumen hat sich in den
letzten zwei Jahren um 50 Prozent gesteigert“,
berichtet Christian Steindl vom Cargo Center
Graz (CCG). „Was den Verkehr in die USA anbelangt, sind die Nordsee-Häfen stärker, nach
Asien wächst die Südroute über die Adria“,
meint er. Das CCG schickt täglich einen Zug
nach Koper und wickelt damit fast alle Containertransporte aus Österreich nach Slowenien ab.
Zählt man Waren wie Holz, Papier oder diverses
Schüttgut dazu, ist Koper bereits der wichtigste
Hafen für Österreich.
Europäische Achsen
Koper ist auch ein Endpunkt des baltischadriatischen „TEN-T-Korridors“: Die EU hat ein
Transeuropäisches Transport-Netzwerk (TEN-T)
mit neun Hauptkorridoren definiert. „Diese
neun Achsen sind multimodal – es geht also
um Straßen, Schienenverbindungen und wo
vorhanden auch Wasserwege“ berichtet Thomas
>
Spiegel von der Abteilung für internationale
GÜTERTRANSPORTE IN DER EU
... mehr als 10 Millionen
Menschen in der EU
direkt in der Transportindustrie (inklusive Personenverkehr) arbeiten?
... 300.000 Menschen an
Bord europäischer
Handelsschiffe arbeiten?
... sich die Transport-Emissionen in der EU zwischen
1990 und 2008 um 34 %
erhöht haben?
... es in der EU 4,5 Mio. km
asphaltierte Straßen,
212.500 km Eisenbahnschienen und 41.000 km
Inlandswasserwege gibt?
... Verkehrsstaus EU-weit
etwa 1 % des BIP kosten?
... auf der Strecke des
Thalys-Hochgeschwindigkeitszugs auf seiner
Strecke durch Frankreich,
Belgien, Deutschland und
die Niederlande sieben
verschiedene Signalsysteme bestehen?
... ein in der EU registriertes
Schiff auf dem Weg von
Antwerpen nach Rotterdam
gleich viel Papierkram
verursachen kann wie auf
dem Weg von Rotterdam
nach Panama?
2012 gesamt: 3,768 Mrd.
Tonnenkilometer (tkm)
44,92 % Straße
 3,05 % Pipeline
 0,07 % Luft
37,18 % See
 3,98 % Binnengewässer
10,81 % Schiene
Quelle: EU-Kommission
www.oekb.at
12
GÜTERVERKEHR IN ÖSTERREICH
Transportaufkommen in 1.000 Tonnen, 2013
Straße (österr. Unternehmen)
325.428
Schiene (österr. Unternehmen)
88.672
Luftfahrt (Inland nur einmal gezählt)
211
Donauschifffahrt
10.624
Rohrleitungen
73.677
66,9 %
18,2 %
0,04 %
2,2 %
12,7 %
Quelle: WKO/Statistik Austria
WICHTIGSTE
CONTAINERHÄFEN
für Transporte von/nach
Österreich 2014
Hamburg
270.000 TEU
Koper
145.000 TEU
Bremerhaven 138.000 TEU
Triest
50.000 TEU
Brenner­Basistunnel:
Länge 55 km, geplante
Fertigstellung 2025
TEN-T-KORRIDORE
durch Österreich
1
2
3
4
Rhein-Donau-Korridor
baltisch-adriatischer Korridor
skandinavisch-mediterraner Korridor
orientalischer Korridor
> Netze des Verkehrsministeriums. „Für jeden
Korridor gibt es einen Koordinator, der die Entwicklung der Achse vorantreiben soll, damit keine
Lücken bleiben.“ Für entsprechende Projekte gibt
es EU-Zuschüsse – bei grenzüberschreitenden
Projekten bis zu 40 Prozent.
Vier der Korridore führen durch Österreich. Der
baltisch-adriatische Korridor durchquert Österreich von Brünn und Bratislava kommend entlang
der Südbahn- und Südautobahn-Strecke Richtung
Slowenien und Italien. Großprojekte auf dieser
Strecke sind der Koralm- und der Semmering-Basistunnel. „Es wird auch von europäischer Seite
anerkannt, dass das Flaschenhälse sind“, meint
Spiegel. „Derzeit braucht man zwei Lokomotiven,
um einen kürzeren Zug über den Semmering zu
www.oekb.at
bringen, nachher eine – auch für einen langen Zug.
Der Rhein-Donau-Korridor ist in Österreich der
meistfrequentierte und umfasst neben der Donau
die Westbahn und die Westautobahn. „Dieser
Korridor ist schon historisch gut ausgebaut und
wurde zuletzt durch die neue Zugstrecke von Wien
nach St. Pölten verbessert“, kommentiert Spiegel.
Am skandinavisch-mediterranen Korridor, der Tirol
durchquert, soll mit dem Brenner-Basistunnel ein
Nadelöhr entschärft werden. Die vierte Achse
schließlich streift Österreich nur im Nordosten:
Der orientalische Korridor führt von Hamburg an
den Ostbalkan und nach Griechenland.
Großspurige Pläne
Besonders die Handelswege nach Osteuropa sind
in den vergangenen Jahrzehnten gewachsen –
Relevant 2/2015
HANDELSROUTEN
13
WICHTIGSTE HÄFEN FÜR
TRANSPORTE VON/NACH
ÖSTERREICH 2013
6.000.000
5.000.000
4.000.000
3.000.000
2.000.000
Bremen
Hamburg
Antwerpen
Konstanza
Semmering­Basistunnel:
Länge 27,3 km, geplante
Fertigstellung 2025
Rotterdam
0
Koper
1.000.000
als Endpunkt im Gespräch. „Ob das in 5, 10 oder
15 Jahren umgesetzt wird, ist noch fraglich. Dann
entsteht dort jedenfalls großer Logistikbedarf.“
Koralmbahn:
Länge 127 km (davon
32,9 km Koralmtunnel),
geplante Fertigstellung 2023
Von Asien überholt
allerdings nicht ganz so stark, wie mancher
vorhergesagt hatte. „Die ersten Prognosen nach
dem Fall des Eisernen Vorhangs waren deutlich
euphorischer“, erinnert sich Thomas Spiegel.
„Der kleine Grenzverkehr hat noch einiges an
Potenzial – hier wachsen die Regionen erst
langsam zusammen.“
Im österreichischen Ost-Handel gibt es allerdings
auch eine Vision, die nicht gerade den kleinen
Grenzverkehr betrifft, wie Kurt Leidinger von DB
Schenker berichtet: Die Erweiterung der russischen Breitspur bis in den Raum Wien. „In der
ehemaligen UdSSR ist das Schienennetz breiter
als bei uns, deshalb müssen Züge an der Grenze
zur Ukraine und zu Weißrussland umgespurt
werden – das kostet Zeit und Geld.“ Parndorf sei
Das führt Leidinger zu Kritik an Österreich als
Logistik-Standort: „Wir dürfen uns nur mit den
Besten vergleichen – und da schneiden wir noch
nicht perfekt ab. Speziell bei der Flächenwidmung: Es gibt keine Bündelung von Industrie und
somit auch nicht von Verkehr – unsere östlichen
Nachbarn agieren da strukturierter und organisierter.“ Mit der Kritik ist Leidinger allerdings
nicht alleine: Auch die eingangs erwähnte Studie
im Auftrag von Euler Hermes bewertete Österreichs Handels-Infrastruktur nur als „mittelmäßig“
und damit schlechter als den überwiegenden
Rest Westeuropas und auch schlechter als viele
asiatische Staaten oder Mexiko.
Im Umkehrschluss bedeutet das freilich, dass
viele Emerging Markets auch über ansehnliche
Infrastruktur verfügen und somit große Chancen für Exporteure bieten. „Diese können nur
erschlossen werden, wenn sie von Finanzierung
und Absicherung begleitet werden“, heißt es dazu
in der Studie. Kurzfristige Kredite seien essenziell
für den internationalen Handel und müssen gegen
Handels- und politische Risiken abgesichert werden. Der Schluss der Autoren klingt wie Werbung
für Exportkreditversicherer: „Gerade bei geografisch und kulturell weit entfernten Zielmärkten
mit oft volatiler Wirtschaftsdynamik erscheinen
Kreditversicherungen als zentrales Element im
Forderungsmanagement.“ π
www.oekb.at
14
„Mit Drohnen könnte man
abgelegene Höfe bedienen“
Gerald Gregori, Leiter E-Commerce Innovations­
management der Österreichischen Post, über
die „letzte Meile“, Zustellung per Drohne und
grenz­über­schreitenden Versandhandel.
Die große Herausforderung im Online-Versandhandel
ist die „letzte Meile“ – wie kommt ein Paket am besten zum
Kunden, wenn der tagsüber nicht zuhause ist?
Dafür haben wir schon mehrere Lösungen gefunden, zum Beispiel
Abholstationen in den Filialen – die sind rund um die Uhr zugänglich
und man kann mittels gelbem Zettel oder Smartphone-App das Fach
mit dem Paket öffnen. Oder die Empfangsbox – eine Art großes,
intelligentes Briefkastl, das sich zum Beispiel eine Wohnanlage teilt.
Sie lässt sich ebenfalls mit dem gelben Zettel öffnen.
Amazon hat vor einiger Zeit den Gedanken publik gemacht,
Pakete mit Drohnen zuzustellen. Was halten Sie davon?
Das war ein guter PR-Gag von Amazon. Technisch ist das noch nicht
ausgereift und rechtlich ist vieles ungeklärt. Mittel- oder langfristig
halte ich es schon für denkbar, wobei ich es eher als Nische sehe.
Österreich wäre von der Topografie her nicht ungeeignet – mit
Drohnen könnte man zum Beispiel abgelegene Höfe bedienen.
Ist die Lebensmittelzustellung nachhause auch
eine Nische oder wird das ein großes Thema?
Ob das der große Wandel wird, wissen wir alle nicht. Wir kooperieren dazu mit der Pfeiffer-Tochter Unimarkt, wobei wir Lebensmittel
am selben Tag in einem bestimmten Zeitfenster oder am nächsten
Tag mit der regulären Post zustellen. Dafür gibt es eine lebensmitteltaugliche Box für gekühlte, nicht tiefgekühlte Produkte, die wie
normale Pakete sortiert und transportiert werden. Billa liefert selbst
mit einer eigenen Flotte, Spar ist noch zurückhaltend.
Führt der Online-Handel dazu, dass viel über
die Post exportiert wird?
Österreich ist eine „Paketsenke“. Das heißt, der Online-Handel
bringt viel Import, aber in die andere Richtung ist der Versand
deutlich geringer. Was wir im grenzüberschreitenden Geschäft
auch anbieten, ist buybuy.at – damit kann man eine Lieferadresse
in Großbritannien oder den USA anlegen und so bei Online-Shops
bestellen, die sonst nicht nach Österreich liefern. Die Post kümmert
sich dann um den Transport nach Österreich, gegebenenfalls
Verzollung und die Zustellung nach Hause. π
www.oekb.at
Bitstraße
und Bytestraße
VIRTUELLE HANDELSWEGE
Viele Güter der heutigen Zeit sind
masselos: Software oder Aktien
benötigen keine reale Straße, um
gehandelt zu werden. Infrastruktur und
Dienstleister sind dennoch essenziell.
Noch vor wenigen Jahren kaufte man Software vor­
wiegend wie viele andere Waren im Geschäft, gespeichert auf einer CD. Heute lädt man sie meist direkt
aus dem Internet. Auch um einen Film zu kaufen oder
auszuleihen, muss man heute nicht mehr das Haus
verlassen – das Unternehmen Netflix machte mit
seinem Video-on-Demand-Dienst letztes Jahr weltweit
5,5 Milliarden Dollar Umsatz. Bei näherer Betrachtung
unterscheidet sich diese Art des Handels aber gar nicht
so sehr von herkömmlichen Transportwegen: Der Film
wird nicht auf ein Band, eine DVD oder eine Blu-Ray
gespielt, verpackt und in einen LKW gesteckt, sondern in
Datenpakete zerlegt und durch eine Leitung geschickt.
Nicht viel anders als Öl, das durch eine Pipeline an den
Bestimmungsort kommt. Und erst durch den Bau ganz
realer Datenleitungen und die damit verbundene bessere
Übertragungsrate wurden Geschäftsmodelle wie das
von Netflix ermöglicht.
Während digitale Güter keinen Frächter benötigen,
sind andere Dienstleister gefragt. Barzahlung ist aus­
geschlossen, auch die Unterschrift auf dem Lieferschein
nicht mehr möglich. Deshalb werden Unternehmen
benötigt, die auf anderem Weg sicherstellen, dass
Geschäfte korrekt laufen. Zu diesen zählt auch die
OeKB bzw. deren 50-Prozent-Tochter CCP.A: Sie ist für
die sichere und zuverlässige Abwicklung der Geschäfte
an der Wiener Börse verantwortlich und sorgt dafür,
dass Geld und Wertpapiere gut ankommen, freilich in
digitaler Form. Denn Aktien in Papierform existieren
zwar noch – aber deren physischen Transport tut man
sich heute nicht mehr an. Sie lagern dauerhaft und
unab­hängig vom Besitzer bei der Wertpapiersammel­
bank der OeKB, CSD.Austria. π
Relevant 2/2015
HANDELSROUTEN
15
Die Wege
der Altvorderen
HISTORISCHE HANDELSROUTEN Säumer überquerten die Alpenpässe mit
Packtieren, die Römer bauten befahrbare und winterfeste Straßen, und Salz wurde
nach Ost und West transportiert. Auf ihre Spuren stößt man noch heute.
Bereits lange vor Christus überquerten Menschen
mit Waren im Gepäck die Alpen. Sie nutzten sogenannte Säumerwege, um Salz, Wein, Schnaps,
aber auch Gold und Silber zu transportieren. Die
Güter wurden von Packtieren oder den Säumern
selbst getragen. Daher auch die Bezeichnung:
Das lateinische Wort „sauma“ bedeutet Traglast.
Seinen Höhepunkt erreichte das Saumwesen im
15. und 16. Jahrhundert. Wichtig war vor allem
die Verbindung von Salzburg nach Oberitalien.
Die Wege im Salzburger Pinzgau und über die
Hohen Tauern können noch bewandert werden.
Den wahrscheinlich ältesten Saumpfad passiert
man heute ganz bequem mit dem Auto – die
Großglockner-Hochalpenstraße. Im Bereich der
Niederen Tauern wurden etwa Routen über den
Radstädter Tauernpass und den Katschbergpass
genutzt.
Von großer Bedeutung für Wirtschaft und Handel
in Österreich war seit jeher der Salzabbau. Es
entwickelten sich Transportwege, auf welchen
das wertvolle Gut von den Bergwerken in Hallstatt
und Bad Ischl über die Traun und Donau bis
nach Ungarn, Böhmen und Slowenien befördert
wurde. Noch heute wird der größte Teil des
österreichischen Salzes in Altaussee abgebaut.
Hier verbindet heute ein Wanderweg, die „Via
Salis“, die verschiedenen Abbaustätten. An den
Bodensee führten ausgehend von Hall die Obere
und Untere Tiroler Salzstraße. Zwischen Wolfegg
und der Jägeralpe am Hochtannberg in Vorarlberg
kann man heute noch einen alten Saumpfad
verfolgen, auf dem einst Salz in den Bregenzerwald geschmuggelt wurde.
Römisches Straßennetz
Die Römer errichteten als Erste ein Netz aus
karrentauglichen und winterfesten Straßen. Von
besonderer Bedeutung war die Bernsteinstraße,
ein Netz aus Handelswegen, das den gesamten
zentraleuropäischen Kulturraum von der Ostsee
bis Aquileia an der Adria durchzog. Im heutigen
Österreich führte sie durch das östliche Wein­
viertel bis Carnuntum, über das Nordburgenland
und entlang des Westufers des Neusiedler Sees
nach Sopron und weiter durch das Mittelburgenland. „Das Außergewöhnliche an dieser Route
war, dass sie die Alpen im Osten umging“, so
Stephan Groh, stellvertretender Direktor des
Österreichischen Archäologischen Instituts.
Weitere römische Routen verliefen von Aquileia
über das Kanaltal und die Hohen Tauern nach
Wels sowie von Verona über den Brenner nach
Innsbruck, Bozen und weiter nach Augsburg.
Mit dem Ausbau dieser Straßen blühte der
Han­del auf, sie wurden aber auch für militärische
Zwecke, Botendienste und Reisen genutzt. Später
verfielen sie, „doch Überreste von Straßen­
abschnitten, römischen Siedlungen und Rast­­­
stationen entlang der Routen sind noch erhalten“,
so Groh. π
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16 RESEARCH SERVICES
Beste Nachbarn
mit kritischen Tönen
WIRTSCHAFTSFAKTOR DEUTSCHLAND Mehr als 500.000 Arbeitsplätze
hängen von den deutsch-österreichischen Wirtschaftsbeziehungen ab – diese
Zahl überrascht selbst die Deutsche Handelskammer (DHK) in Österreich.
Der Wert stammt aus einer Studie, die OeKB Research Services im Auftrag der
DHK erstellt hat. In die Freude über die vorbildliche Nachbarschaft mischt
sich aber auch etwas Kritik von deutscher Seite.
THOMAS GINDELE
ist Geschäftsführer der
Deutschen Handels­
kammer in Österreich.
Dass Deutschland Österreichs wichtigster
Wirtschaftspartner ist, lernt hierzulande schon
jedes Schulkind. Doch wie haben sich diese
Verflechtungen im Laufe der letzten 60 Jahre
entwickelt, welche Wertschöpfung und wie viele
Arbeitsplätze sind damit konkret verbunden? Die
Deutsche Handelskammer (DHK) in Österreich
nahm ihr heuer anstehendes 60-Jahr-Jubiläum zum
Anlass, diesen Fragen genauer auf den Grund zu
gehen. Thomas Gindele, Hauptgeschäftsführer
der DHK in Wien: „Wir wollten die wirtschaftlichen
Verflechtungen beider Länder transparent analy­
sieren lassen und aufzeigen, welche Bedeutung
sie für die österreichische Gesellschaft und
Wirtschaft haben.“
„In guten Händen“
Thomas Gindele sah sich um, wer in Österreich
eine solche Studie erstellen könnte, und stieß
sehr schnell auf die OeKB – nicht nur, weil sie
auch ein Mitglied der DHK ist. „OeKB Research
Services hat auf dem Gebiet makroökonomischer
Analysen einen guten Ruf, aber auch einen starken
Bezug zu realwirtschaftlichen Themen“, begründet
Gindele seine Wahl. „In der OeKB weiß man, was
die Fundamente der deutsch-österreichischen
Wirtschaftsbeziehungen ausmacht, wir fühlen uns
da in sehr guten Händen.“ Untersucht wurden
sowohl die deutschen Direktinvestitionen in
Österreich als auch die Exporte österreichischer
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Unternehmen in unser nördliches Nachbarland –
und die Ergebnisse (siehe Infografik) haben sogar
DHK-Geschäftsführer Thomas Gindele erstaunt:
„Vor allem die Beschäftigungswirksamkeit der
deutsch-österreichischen Wirtschaftsbeziehungen
hat uns in der Dimension überrascht. Alleine die
Exporte von Österreich nach Deutschland sichern
rund 500.000 Arbeitsplätze, also etwa jeden
zehnten in Österreich.“
Auf und ab
Das war nicht immer so: Einige Zahlen aus dem
historischen Rückblick in der Studie zeigen, wie
viel sich in den vergangenen Jahrzehnten verändert
hat. Noch 1961 waren die USA mit einem Anteil
von 28 Prozent die wichtigsten Kapitalgeber in
Österreich, Deutschland lag mit 9,5 Prozent nur
auf Platz 5. Aber schon Ende der 60er-Jahre sah
das Bild ganz anders aus. Nun entfielen 28 Prozent
der ausländischen Kapitalbestände auf deutsche
Investitionen. In den Siebzigern stieg der deutsche
Anteil weiter, und die Bindung des Schilling an
die DM ab 1981 trug dazu bei, die Integration der
deutschen und der österreichischen Wirtschaft
nochmals zu verstärken. Von 1990 bis 2013 sank
der deutsche Anteil an den Auslandsinvestitionen
in Österreich allerdings wieder etwas – von 38
Prozent auf 29 Prozent. Diese Entwicklung hat
mit dem Fall des Eisernen Vorhangs zu tun, wie
Wolfgang Schwarzbauer von OeKB Research
Relevant 2/2015
17
Zur Methode
Die Kernkompetenz der
OeKB Research Services
liegt in der methodischen
Erhebung und Analyse von
Daten, Informationen und
Trends, um den Kunden
strukturierte und fundierte
Entscheidungsgrundlagen
über Märkte, Branchen und
Unternehmen zur Verfügung
zu stellen.
SIEMENS ist mit mehr als 10.000
Mitarbeitern in Österreich einer
der größten deutschen Arbeitgeber.
Services, der die Studie als Projektleiter mitbetreut
hat, erklärt: „Einerseits konzentrierten sich deutsche Investoren auf die Integration der ehemaligen
DDR, andererseits konnte die österreichische
Wirtschaft die Beziehungen zu zentral- und osteuropäischen Ländern intensivieren.“ Im Ländervergleich ist Deutschland jedoch nach wie vor der
mit Abstand größte Direktinvestor in Österreich.
Ein bisschen angekratzt
Dass deutsche Investoren in jüngster Zeit etwas
schwerer für Österreich zu begeistern sind, führt
Thomas Gindele aber auch auf die heimische
Wirtschaftspolitik zurück. Gindele sieht seine
Organisation, die DHK, als „größten Vermarkter
von Österreich in Deutschland“ und wünscht
sich dafür natürlich „ein gutes Produkt“: „Dazu
gehören gute Wachstumsperspektiven und
verlässliche Rahmenbedingungen, und an einigen
dieser Parameter ist das Produkt derzeit ein
bisschen angekratzt. Auf Nachfrage von RELEVANT
redet Thomas Gindele Klartext: „In den letzten
Jahren ist es für die Unternehmen immer schwieriger geworden, hier noch bezahlbares Personal
zu bekommen. Es geht daher um eine Flexibilisierung des Arbeitsmarktes und eine Reduzierung
der Lohnnebenkosten. Diese Dinge werden hier
ja schon ausreichend diskutiert – nur sollten sie
auch umgesetzt werden.“ π
Die komplette Studie zum kostenlosen
Download: http://bit.ly/relevant215_1
Für die Abschätzung
der Produktions-, Wertschöpfungs- und Beschäftigungseffekte, die durch
die Aktivitäten deutscher
Unternehmen in Österreich
generiert werden, wählte
OeKB Research Services
die Methode der InputOutput-Analyse. Diese kann
sowohl in einem volkswirtschaftlichen Kontext als
auch unternehmensbezogen verwendet werden, um
die Bedeutung von gesamtwirtschaftlichen Verflechtungen darzustellen.
Kontakt:
Wolfgang Schwarzbauer
Tel. +43 1 531 27-2566
[email protected]
WIRTSCHAFTSBEZIEHUNGEN ZU DEUTSCHLAND IN ZAHLEN
4.137 Unternehmen in Österreich befinden sich zu mindestens 50 % in deutscher Hand. Sie beschäftigen 260.000 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter – berücksichtigt man auch die Vorleistungen, hängen 463.000 Arbeitsplätze an ihnen.
Österreichische Exporte nach Deutschland sichern 500.000 Arbeitsplätze. Waren im Wert von 37,9 Mrd. € exportiert
Österreich jährlich nach Deutschland, das sind 30 % des Gesamtwarenexports. Deutschland bezieht 40 % aller
exportierten österreichischen Dienstleistungen, das entspricht einem Wert von 19,7 Mrd. €.
Umgekehrt kauft Österreich für 49 Mrd. € Waren in Deutschland ein (38 % aller Warenimporte) und gibt 10,5 Mrd. €
für Leistungen deutscher Anbieter aus, das sind 30 % aller Dienstleistungsimporte. Österreich liegt auf Rang 6 der
deutschen Exportmärkte und auf Rang 10 bei den deutschen Warenimporten.
Die komplette Studie zum kostenlosen Download:
Deutschland ist die Nr. 1 bei ausländischen Direktinvestitionen
in Österreich (29 % des Gesamtbestandes).
http://bit.ly/relevant215_1
www.oekb.at
18 INTERVIEW
„Hausverstand braucht
man immer noch“
SOLVENCY II Helmut Altenburger, Vorstand der Acredia Versicherung AG, spricht
im Interview über die neuen EU-weiten Regeln für die Versicherungsbranche, deren
Umsetzung zwar aufwendig ist, aber durchaus Vorteile für Versicherungen und
deren Kunden bringt. Oder wissen Sie, ob Ihre Versicherung genug Kapitalreserven
hat, wenn es zu einer Anhäufung von Schadensfällen kommt?
Wie würden Sie Solvency II jemandem kurz
erklären, der noch nie davon gehört hat?
HELMUT ALTENBURGER: Solvency II ist eine
EU-Richtlinie, die mit 1. Jänner 2016 in Kraft
treten wird und das Versicherungsaufsichtsrecht
reformiert – was für die Banken Basel III ist,
ist für die Versicherungen Solvency II. Ziel ist
es, den Schutz der Versicherungsnehmer zu
erhöhen, mehr Transparenz für die Stakeholder
zu erreichen und insgesamt eine Harmonisierung
des Versicherungswesens in Europa zu erreichen.
Es gibt neue Vorschriften betreffend die Eigen­
mittelausstattung, die Unternehmenssteuerung
und das Reporting.
Haben die Versicherungen dadurch
­großen zusätzlichen Aufwand?
A: In der Branche wird nicht unberechtigt beklagt,
dass dadurch ein großer administrativer und
damit auch ein großer finanzieller Aufwand
entsteht. Kleinere Gesellschaften sind stärker
betroffen. Uns kam da der Zusammenschluss
der OeKB Versicherung und der PRISMA Kredit­­
versicherung zur Acredia zugute. Dadurch
bieten sich synergetische Effekte für Solvency II
ebenso wie bei anderen internen Services.
Was halten Sie persönlich von Solvency II?
A: Ich gebe zu, dass ich bei der erstmaligen
Konfrontation irritiert war. Ich hatte die Befürchtung, dass das zu einem rein zahlengesteuerten
Management führt, dass unternehmerischer
Hausverstand nicht mehr gefragt ist und das
Bauchgefühl verloren geht. Aber das ist nicht
www.oekb.at
so – Hausverstand braucht man immer noch.
Nachdem ich mich damit auseinandergesetzt
habe, hat sich mir auch der Wert eröffnet. Es ist
dennoch eine große Umstellung – eine neue Art
der Geschäftsführung, die stärker zukunftsorientiert ist. Früher hat man für die Planung stärker
die Erfahrungswerte aus der Vergangenheit
herangezogen. Heute sieht man sich viel genauer
an, welche konkreten Risiken in der Zukunft
wirksam werden könnten.
War es für Acredia schwer, die neuen
­Kapitalanforderungen zu erfüllen?
A: Nein. Die Berechnungen zur Solvabilität zeigen,
dass die Acredia nach ihren internen wie auch
nach den aufsichtsrechtlichen Solvabilitätszielen
sehr gut kapitalisiert ist. Die starke finanzielle
Stabilität schafft sowohl bei den Versicherungsnehmern Vertrauen als auch bei deren Banken,
die unsere Versicherungsverträge als Sicherheit
für ihre Zessionskredite heranziehen. Wir haben
durch diese gute Kapitalbedeckung auch ausreichend Spielraum, um neue Produktlinien zu
entwickeln.
Bringt Solvency II auch Veränderungen
in der Organisation?
A: Ja, es gibt beispielsweise Strukturen zur Steuerung vor – was etwa Aufbau- und Ablauforganisation, Compliance oder Risikomanagement betrifft.
Es gibt etwa auch „Fit and proper“-Richtlinien
für alle Manager und Schlüsselpositionen wie Versicherungsmathematiker und Compliance Officer
– diese Stellen darf nur jemand mit geeigneter
Relevant 2/2015
19
HELMUT
ALTENBURGER
sieht in den
neuen Regelungen
einen Mehrauf­
wand, aber auch
Vorteile.
Ausbildung oder Berufserfahrung einnehmen, der
zuverlässig und integer ist. Ein weiterer wichtiger
Aspekt sind regelmäßige Risikoanalysen und
Berechnungen zur Solvabilität. Es gibt außerdem
erweiterte Anforderungen für die periodischen
Berichte.
Was steht in diesen Berichten?
A: Darin wird im Wesentlichen die aktuelle
Geschäfts- und Risikosituation dargestellt – ein
wertvoller Überblick über das Unternehmen.
Zusätzlich werden verschiedene Szenarioanalysen
und Risikokapitalberechnungen zusammengefasst
– quasi ein unternehmenseigener Stresstest.
Von welchen Szenarien ging der
Stresstest aus?
A: Wir haben uns beispielsweise angesehen, was
es bedeutet, wenn es in bestimmten Ländern zu
Totalausfällen kommt – zum Beispiel in Russland
und der Ukraine oder in allen Ländern der
OECD-Kategorie 6 und 7. Ein anderes Szenario
war, dass alle Wertpapiere um zwei Stufen
downgegradet werden. Es hat sich gezeigt, dass
wir alle Szenarien sehr gut überstehen könnten.
Das Prämienniveau sinkt derzeit. Wurden
auch dahingehend Szenarien berechnet?
A: Ja, wir haben berechnet, wie weit der Prämiensatz nach unten gehen darf, bevor man im Sinne
eines gesunden Geschäfts gegensteuern muss.
Kunden wollen ja gleichzeitig möglichst niedrige
Prämien und hohe Sicherheit. Aber Solidität hat
ihren Preis. Es liegt ja auch im Interesse des Kunden, dass sein Versicherer zahlungsfähig bleibt.
Hat man nicht schon früher solche
­Rechnungen angestellt?
A: Wir haben auch schon früher Berechnungen
über die Entwicklung des Geschäfts und der
Finanzlage angestellt, aber erst mit Solvency II
wurde eine einheitliche Berechnungssystematik
eingeführt. Was kann zum Bedeckungskapital
gezählt werden, was nicht? Das hätte man auch
willkürlich festlegen können, und dadurch wäre
die Analyse nur bedingt vergleichbar gewesen. Da
hat Solvency II einen Vorteil gebracht.
Was bedeutet Solvency II für
Ihre Mitarbeiter?
A: An den Szenarioanalysen waren alle gleich
sehr interessiert und haben Inputs gegeben, wie
man die Szenarien noch verfeinern kann. Eine
Herausforderung ist allerdings, dass es auch
gesetzliche Vorschriften gibt, was jeder Mitarbeiter über Solvency II wissen muss – dafür laufen
Schulungen.
Sie haben die Finanzmarktaufsicht (FMA)
als Aufsichtsbehörde angesprochen. Arbeitet
man mit ihr schon im Vorfeld zusammen,
um alles korrekt umzusetzen?
A: Es gibt Dialogveranstaltungen der FMA mit der
Versicherungsbranche – die empfinde ich als sehr
hilfreich bei der Umsetzung. Wir können uns mit
Fragen aber auch direkt an die FMA wenden und
sind gut betreut.
Zusammenfassend: Steht der Aufwand für
Solvency II im Verhältnis zum Nutzen?
A: Am Anfang ist es natürlich eine Investition,
aber wir sehen auch schon den Return. Ich bin
offen für Neues, aber das Bauchgefühl darf
dennoch nicht auf der Strecke bleiben. π
Die Acredia
Versicherungs AG
entstand 2014 aus
der Fusion der beiden
Versicherungsunternehmen der OeKB
Gruppe – der PRISMA
Kreditversicherungs-AG
und der OeKB
Versiche­­rung AG.
Die beiden Marken
und ihre Produktlinien
bestehen unverändert
weiter, juristischer
Partner bei Verträgen
ist Acredia. Eigentümer
der Acredia sind die
Euler Hermes AG,
Hamburg, und
die OeKB.
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20 EXPORT CHAMPIONS
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Kein Leben ohne Lackdraht
MASCHINENBAU Niemand auf der Welt baut so gute Anlagen zur Herstellung
von Lackdrähten wie das steirische Unternehmen MAG. Diese Drähte sind essenziell
für Elektrogeräte – von der Armbanduhr bis zum Generator im Kraftwerk.
Die MAG Maschinen- und Apparatebau AG hat
in Österreich weder Konkurrenten noch Kunden:
Es gibt keine einzige Lackdraht-Fabrik mehr im
Land – deshalb hat das Unternehmen mit Sitz und
Produktion in Deutschlandsberg eine Exportquote
von 100 Prozent. Dennoch hat jeder von uns in
seiner Wohnung – oder sogar in der Hosentasche
oder am Handgelenk – Produkte, in denen die
Technologie von MAG steckt. Elektromotoren,
Transformatoren, Lautsprecher – sie alle kommen
nicht ohne Lackdraht aus. Denn in ihnen stecken
Spulen, und für Spulen benötigt man isolierten
Draht. Während ein Kabel mit einer dicken Kunststoffschicht isoliert wird, ist es bei Lackdraht eine
hauchdünne Lackierung, nur wenige Tausendstel
Millimeter dick, die diese Aufgabe erfüllt. Deshalb
steckt in jedem Elektrogerät Lackdraht – ob Handy, Mixer, Waschmaschine oder Eisenbahn. Kurz:
„Ohne Lackdraht gibt es kein Leben, wie wir es
leben.“ So formuliert es Gerald Pascher, Vorstand
des Familienunternehmens. „Den dünnsten indus­
triellen Lackdraht findet man in Quarzuhren: Er
ist nur ein Drittel so dick wie ein Haar. Der dickste
steckt in Generatoren in Kraftwerken – so dick
wie ein kleiner Finger.“
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Die Werkstatt startet durch
Den Grundstein für das Unternehmen legte der
Großvater von Paschers Frau: Er begann in der
Nachkriegszeit, Lackdraht zu erzeugen – die
Maschinen dafür baute sich die Firma namens
ELDRA selbst. Sie waren so gut, dass auch
andere sie kaufen wollten. Der Maschinenbau
wurde zum zweiten Standbein, die Werkstatt als
MAG zum eigenen Unternehmen. Als Pascher die
Firmen 1997 übernahm, hatte der Anlagenbau
die kriselnde Drahtherstellung längst überflügelt.
Pascher verkaufte die ELDRA, doch auch der neue
Eigentümer konnte das Geschäft nicht retten – der
letzte Kunde der MAG in Österreich ging verloren.
Die MAG konzentrierte Pascher auf den Standort
Deutschlandsberg, wo sie sich positiv entwickelte.
Die Konkurrenz wurde allerdings immer härter ...
„Fast alle Entwicklungen in der Branche seit
Ende des Zweiten Weltkriegs wurden von MAG
gemacht“, meint Gerald Pascher. „Wir sind
eindeutig der Technologieführer, das wird nicht
einmal vom Wettbewerb bestritten.“ MAG sei
weltweit der einzige Hersteller, der Maschinen
für sämtliche Lackdrahtanwendungen machen
Relevant 2/2015
21
HAUCHDÜNN, aber lückenlos ist die
isolierende Lackschicht, die die Maschinen
von MAG auf den Draht aufbringen.
kann, und biete die höchste Qualität. Das sei
besonders in Deutschland gefragt, sagt Pascher:
„Bei Bosch sind nur unsere Maschinen freigegeben.“ Doch hohe Qualität hat ihren Preis: MAG
ist teurer als die Hauptkonkurrenten in Italien
und China. In Europa macht das wenig aus: MAG
hält 70–80 Prozent Marktanteil, die Italiener den
Rest. Die chinesischen Anbieter würden schon aus
Abgasgründen keine Genehmigung erhalten. Doch
die großen Wachstumsmärkte liegen in Asien:
China, Korea, Vietnam, auch die Türkei. „Die OeKB
ist für uns natürlich eine Hilfe, weil wir dadurch in
Ländern, wo Kredite schwer zu bekommen sind,
eine Finanzierung anbieten können“, sagt Pascher.
Dennoch hat es MAG in diesen Märkten als teurer
Anbieter schwer. Besser gesagt: hatte. Denn durch
die jüngste Innovation hat sich das Blatt gewendet.
Energieeffizienz als große Chance
Vor eineinhalb Jahren brachte MAG eine neue
Linie auf den Markt, die nicht einmal halb so viel
Strom benötigt wie bisher. Um zu wissen, was das
bedeutet, muss man die Produktion von Lackdraht
kennen: Ein einfacher „Vordraht“ wird erst auf die
passende Dicke gezogen, dann weichgeglüht und
gereinigt. Danach wird er lackiert, bis zu 24x in
mikroskopisch dünnen Schichten. Abschließend
muss der Lack getrocknet werden – bei 700 bis
750 Grad im Ofen. Das kostet eine Menge Energie.
Mit einem neuen Verfahren nutzt MAG nun die
Abwärme, die beim Verbrennen der im Lack
enthaltenen Lösemittel entsteht – und reduziert
den Energiebedarf für das Trocknen quasi auf
Null. Dafür wurde MAG 2013 mit dem Staatspreis
Innovation ausgezeichnet. „Wenn man eine große
Lackdrahtfabrik komplett auf neue Maschinen
umstellt, würde man damit den Strombedarf aller
Haushalte von Graz einsparen“, erklärt Pascher.
Jede Produktionsanlage spare so viel Energie,
wie 580 Haushalte verbrauchen. „Damit kommen
wir auch in China wieder ins Geschäft“, meint
er – dort ist Arbeit billig, aber Strom teuer.
„­Chinesische Firmen zahlen für diese Anlage auch
keinen Zoll, weil sie als besonders importwürdig
gilt.“ Man habe nun das schnellste und sparsamste
Gerät mit den niedrigsten Abgas­werten auf
dem Markt.
Regionale Partner
Dass MAG mit seiner Produktion im Hochlohnland
Österreich wettbewerbsfähig ist, ist neben der
effizienten Produktlinie auch einer Spezialisierung
auf die entscheidenden Arbeitsschritte zu verdanken, sagt Vorstand Gerald Pascher: „Wenn wir
einfache Stahlrahmen im Haus herstellen, könnten
wir die Preise nicht halten. Wir haben deshalb die
Fertigungstiefe heruntergeschraubt.“ Nur heiklere
Arbeiten im Zusammenbau wie Titanbeschichten
geschehen im Haus. Für andere Arbeitsschritte
hat MAG vorwiegend regionale Partner: „In der
Südweststeiermark gibt es noch recht viele preiswerte, kleine Firmen. Das nützen wir.“ Dafür wurde
die Entwicklung, die früher auswärts passierte,
zurückgeholt – von Software bis Mechanik wird
alles im Haus entwickelt.
Die langfristigen Aussichten sind für Pascher
durchaus positiv: „Ich glaube, dass Lackdraht ein
wachsendes Feld ist – auch wenn manche das
anders sehen. Unser Umsatz schwankt, weil unsere Maschinen ein Investitionsgut sind. Aber der
Absatz von Lackdraht wächst weltweit konstant.“
Chancen sieht er speziell in der Automobilindustrie: „Energierückgewinnung ist ein großer Trend
– es macht keinen Sinn, dass wir beim Bremsen
die Bremsbeläge zerschürfen und Feinstaub
„Ohne Lackdraht gibt es kein Leben,
wie wir es leben.“ Gerald Pascher
produzieren, wenn man die Energie sinnvoll nutzen
kann. Auch in einem dieselgetriebenen Auto wird
dann ein Elektromotor benötigt.“ Auch elektrische
Servolenkungen seien im Kommen. Sie benöti­
gen ebenfalls Lackdraht, und zwar besonders
hoch­wertigen, wie ihn die Maschinen von MAG
herstellen: „Schließlich ist es ein Unterschied,
ob ein Küchenmixer kaputtgeht oder die Servo­
lenkung in voller Fahrt.“ π
www.oekb.at
22 L ÄNDERREPORT
VIETN
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SPITZENREITER
Bei Reis und anderen
landwirtschaftlichen
Produkten ist Vietnam
zum weltgrößten Ex­­­­porteur aufgestiegen.
Schuhe, Reis
und Sozialismus
VIETNAM Vom Hungerstaat zum größten Reisexporteur der Welt: Die wirtschaftliche Öffnung
brachte das kommunistische Vietnam auf die Erfolgsspur. Demokratie ist aber nicht in Sicht.
Heuer feiert Vietnam den 40. Jahrestag des Ende
des Bürgerkrieges: Mit dem Einmarsch in Saigon
im April 1975 errangen Ho Chi Minhs kommunistische Truppen die Kontrolle über den Süden des
Landes – ein Jahr später kam es zur offiziellen
Wiedervereinigung der beiden Landesteile. Was
folgte, war ein Jahrzehnt der Misswirtschaft
infolge von Verstaatlichungen und der zentralistischen Planwirtschaft der Kommunisten. Das
Land musste Reis importieren, die Bevölkerung
hungerte trotzdem. Mittlerweile gilt Vietnam als
weltgrößter Reisexporteur, aber auch bei Kaffee,
Pfeffer, Pangasius und Shrimps liegt das Land
im internationalen Spitzenfeld. Gleichzeitig gibt
es beachtliche Exportmengen von verarbeiteten
Produkten wie Textilien, Schuhen und neuerdings
auch Mobiltelefonen, seit Samsung und andere
Hersteller große Werke errichtet haben.
www.oekb.at
Wachsende Mittelschicht
„Zuletzt ist die Wirtschaft um 5,9 Prozent
gewachsen“, berichtet der österreichische
Wirtschaftsdelegierte Gustav Gressel, „und auch
für die nächsten Jahre wird mit rund 6 Prozent
gerechnet.“ Auch die Inflation habe das Land
unter Kontrolle gebracht, sie lag bei 4,1 Prozent.
Die Mittelschicht habe sich in den letzten Jahren
verfünffacht, schildert Gressel: „Allerdings ist sie
anders definiert als bei uns: Dazu zählt jeder, der
sich neben dem Nötigsten Dinge wie ein Moped
leisten kann.“ Das durchschnittliche Pro-KopfEinkommen betrage nämlich mit 1.400 US-Dollar
pro Jahr nicht einmal ein Drittel von dem im
be­­nachbarten Thailand. Dass sich Vietnam auf
einem guten Weg befindet, ist der wirtschaftlichen
Öffnung zu verdanken, die 1986 unter dem Motto
Đổi mới – „Erneuerung“ – begonnen wurde. Bauern
Relevant 2/2015
23
VERTRAG BESIEGELT Nach
jahrelanger Vorarbeit bekam Frequentis
den Auftrag, vietnamesische
Feuerwehrleitstellen auszustatten.
DIE KRIEGE
UM VIETNAM
durften ab diesem Zeitpunkt wieder eigenständig
wirtschaften, was binnen weniger Jahre die Ernten
stark steigen ließ. Schrittweise wurden in vielen
Branchen private Unternehmen und Investitionen
aus dem Ausland erlaubt. 1993 fiel daraufhin
das US-Handelsembargo. Seit 2007 ist Vietnam
Mitglied der Welthandelsorganisation WTO.
Strikte Führung
Die Entwicklungen sind keine komplette Abkehr
vom Kommunismus. Vietnams Weg ist mit
dem Chinas vergleichbar: Die Partei sitzt fest
im Sattel, der Staat kontrolliert viele Bereiche
der Wirtschaft und des Lebens, darunter das
Pressewesen und zentrale Branchen wie Energie,
Telekommunikation, Erdölgewinnung und Bergbau. Und das mit mäßigem Erfolg. „Die ausländischen Investments sind sehr produktiv – die
verstaatlichten Betriebe sind das große Problem
in Vietnams Wirtschaft“, meint dazu Gressel. Der
nächste Parteikongress steigt im Oktober 2016.
Gressel bezweifelt, ob sich politisch viel ändern
wird. „Selbst wenn Gesetze geändert werden,
heißt das noch nicht, dass sie auch in allen
Provinzen angewendet werden.“
Dabei zeige sich auch ein Nord-Süd-Gefälle,
berichtet der Wirtschaftsdelegierte: „Die
1945 rufen Ho Chi
Minh und seine nationalistisch-kommunistischen Vietminh in den
Wirren des Weltkriegsendes im ganzen Land
die Demokratische
Republik Vietnam aus.
Frankreich erobert
den Süden zurück,
muss das Land aber
nach fast 10 Jahren im
1. Indochinakrieg gegen
die Vietminh aufgeben.
Der Süden bekommt
Privatwirtschaft entwickelt sich im Süden besser,
eine westfreundliche
er ist weniger ideologisch. Der Norden ist mehr
Marionettenregierung,
staatskontrolliert.“ Für Österreich ist der Norden
doch die im Untergrund
wichtig, weil dort, in der Hauptstadt Hanoi, die
agierenden Vietminh
Entscheidungen über Projekte inklusive Soft-Loangenießen Rückhalt in
Projekte getroffen werden. Das sind Projekte,
der Bevölkerung –
die von Österreich ein zinsgünstiges Darlehen
Vorzeichen des Bürgererhalten, weil sie mit nachhaltiger Entwicklung
kriegs. Ab 1959 gibt
im Zielland und Wertschöpfung in Österreich
verbunden sind – zum Beispiel stattete Frequentis es größere Kämpfe, die
vom Norden unterstützim Vorjahr mehrere vietnamesische Feuerwehrten Oppositionsgruppen
leitstellen neu aus.
vereinigen sich. 1964
Verflechtung nimmt zu
lassen die USA die
Soft Loans spielen eine wichtige Rolle bei
Situation eskalieren und
österreichischen Engagements in Vietnam, aber
treten aktiv in den Konauch im kommerziellen Bereich gibt es immer
flikt ein. Nach einigen
mehr Investitionen. Zum Beispiel ist Andritz in
Jahren kippt jedoch die
den Bereichen Wasserkraft und Papier/Zellstoff
öffentliche Meinung der
aktiv. Die Tiroler Firma Wattens Papier hat
Amerikaner aufgrund
kürzlich bei Ho Chi Minh City eine Papierfabrik
mangelnder Erfolge
gekauft, wo man Spezialpapier für Zigarettenfilter
und Kriegsverbrechen
erzeugt. „Insgesamt sind uns 28 österreichische
der US-Armee, die USA
Direktinvestitionen bekannt“, sagt Gustav
beschließen den schrittGressel. Der vietnamesische Botschafter in Wien,
weisen Rückzug. 1975
Vu Viet Anh, berichtet, dass es umgekehrt noch
nehmen die Nordviet­
keine vietnamesischen Investments in Österreich
namesen Saigon ein,
gibt: „Ich bin sehr zuversichtlich, dass sich das in > der Süden kapituliert.
www.oekb.at
24 L ÄNDERREPORT
DIE FISCHEREI ist ein großer
Wirtschaftszweig – aber auch
Zuchtfische wie Pangasius sind
Exportschlager.
>
DIE TEXTILINDUSTRIE verlagerte
sich aus China unter anderem nach
Vietnam, weil hier die Löhne deutlich
niedriger sind.
naher Zukunft ändern wird, denn der Auslands­
investitionstrend der vietnamesischen Investoren
setzt sich fort.“
Die österreichischen Exporte nach Vietnam betrugen zuletzt (2014) 159 Millionen Euro, nachdem
sie erst 2011 erstmals die 100-Millionen-Grenze
durchbrochen hatten. Wichtigste Handelsgüter
sind dabei Maschinen und Pharmazeutika. In die
andere Richtung wurden Waren im Wert von rund
550 Millionen Euro gehandelt. „Die klassischen Exportschlager sind Textil-, Leder- und handwerkliche
Produkte“, berichtet Viet Anh. „In der Textilsparte
sind viele Erzeugnisse weltbekannter Marken wie
Adidas, Nike oder H&M vietnamesischer Herkunft.“
Für den jüngsten Anstieg des Volumens sind
vor allem Samsung-Handys verantwortlich. „Der
Trend zu elektronischen Erzeugnissen setzt sich
fort“, sagt Viet Anh. Insgesamt seien Vietnams
Mobiltelefon-Exporte von 2011 bis 2014 um das
Siebenfache gestiegen. Viet Anh sieht bei den
„Österreichische Produkte sind
sehr beliebt und hochgeschätzt.“
Wirtschaftsbeziehungen noch Luft nach oben:
„Ich schätze die rasante Entwicklung, aber sie
entspricht noch nicht dem möglichen Potenzial
der Länder.“ Er hofft auch, bald mehr Österreicher
für Vietnams Naturschönheiten und historische
Stätten begeistern zu können: „Jährlich reisen ca.
www.oekb.at
10.000 Touristen aus Österreich nach Vietnam,
aber 200.000 nach Thailand.“
Gut und teuer
Österreich genießt übrigens in Vietnam ein gutes
Image. „Österreichische Produkte sind wegen
ihrer hohen Qualität und langen Lebensdauer sehr
beliebt und hochgeschätzt, haben aber höhere
Preise als vergleichbare Produkte“, meint Viet
Anh. Das bestätigt der Wirtschaftsdelegierte
Gressel: „Es empfiehlt sich also, Schlüsselkomponenten aus Österreich zu liefern und den Rest
lokal fertigen zu lassen.“ Besonders in technischen Bereichen sieht er gute Geschäftschancen
und einen ausgezeichneten Ruf Österreichs.
Das liege mit daran, dass viele Vietnamesen
einst in der DDR studiert haben und heute noch
Deutschland, Österreich und die Schweiz mit
hoher Qualität verbinden. Dieser Nachhall mag ein
wenig überraschen, wenn man bedenkt, dass die
Vietnamesen gleichzeitig dem einstigen Kriegs­
gegner USA verziehen zu haben scheinen. Obwohl
die Folgen der amerikanischen Napalm- und Pestizid-Bombardements noch sichtbar sind, sind die
Beziehungen zu Washington bestens. „Der Großteil
der Bevölkerung hat den Krieg nicht erlebt, für
die ist das kein Thema“, meint Gressel. „Man sieht
die USA als Schutzpatron im Südchinesischen
Meer.“ Das Verhältnis zum ehemaligen Verbündeten China ist nämlich angespannt – besonders in
der Bevölkerung. Hauptgrund dafür ist der Streit
um vorgelagerte Inseln im Südchinesischen Meer.
Relevant 2/2015
25
Kulturelle Stolpersteine
Geistig-kulturell stehen sich Vietnam und China
allerdings sehr nahe, erklärt der Vietnam-Experte
Prof. Werner Clement. Der österreichische
Ökonom war Mitte der 1990er Jahre Berater
des vietnamesischen Planungsministers. Er
warnt aber davor, Kenntnisse über China, Japan,
Thailand oder Singapur einfach auf Vietnam zu
übertragen. Zum Beispiel könne man in Vietnam
Dinge etwas direkter ansprechen als in anderen
asiatischen Ländern – auch ein „Nein“ ist erlaubt:
„Mittlerweile haben die Vietnamesen sehr wohl
klare Antworten gelernt, wenngleich diese
höflich formuliert werden.“ Übertrieben höfliches
Verhalten, wie man es aus alten asiatischen
Filmen kennt, sei aber nicht mehr zeitgemäß.
„Man darf jedoch nie sein Gegenüber das Gesicht
verlieren lassen – das wird nie verziehen.“ Status
und „Gesicht“ sind wichtige Faktoren in der
vietnamesischen Kultur, mit denen sich westliche
Geschäftsleute auseinandersetzen sollten. Einmal
ist Bescheidenheit gefragt, dann wiederum
Zurschaustellen des eigenen Status, etwa durch
das Absteigen in gehobenen Hotels. Auch auf
den Verhandlungsstil muss man sich als Europäer
erst einstellen: „Gerade die wichtigsten Fragen
werden sorgsam verpackt ohne jede Eindringlichkeit angesprochen, ganz so, als handele es sich
um eine Nebensache“, erklärt Clement. „Es ist
meist sehr nützlich, eingangs auf seit langer Zeit
bestehende Staatsverträge, kulturelle Verbindungen und so weiter hinzuweisen – das stärkt das
gegenseitige Vertrauen.“
politisch stabil. „Auch die Infrastruktur hat sich
stark verbessert“, sagt der Wirtschaftsdelegierte
Gustav Gressel. „Auf der Autobahn sei man nicht
mehr mit 30 km/h unterwegs.“ Schwächen sieht
er dagegen in der Bürokratie und dem Finanzsektor. Lokale Kredite sind immer noch sehr
teuer. Auch das Rechtssystem wird immer wieder
kritisiert. „Allerdings hört man nicht oft, dass
erfolgreiche ausländische Unternehmen, die dem
Land Arbeitsplätze bringen, konkrete Probleme
mit der Rechtssprechung hätten“, berichtet
Gressel. Exporteuren empfiehlt er dringend,
nichts auf offene Rechnung zu liefern: „Dem Geld
nachzulaufen ist sinnlos.“ Der vielleicht wichtigste
Rat kommt von Gressel und Clement unisono:
Beziehungen bestehen nicht zwischen Firmen,
sondern zwischen Menschen. Deshalb sollte die
Person, die den Markt betreut, unbedingt für
mehrere Jahre bestellt werden – das gilt für
ganz Asien. π
VIETNAM IN ZAHLEN
Hanoi
93 Millionen
EINWOHNER
95 %
Alphabetisierungsrate
Sprache mit Tücken
Einen weiteren Pluspunkt könne man mit einem
freundlichen „Xin Chao“ („Guten Tag“, ausgesprochen „Sin Tschau“) sammeln. Allerdings warnt
Clement vor den Tücken der Sprache: „Geben Sie
die Hoffnung auf, Vietnamesisch zu lernen, außer
Sie sind extrem sprachbegabt. Auch wenn Sie
glauben, etwas lesen zu können: Sie werden sich
meist irren – Sie haben nämlich die vielen Akzente oben oder unten nicht beachtet, welche die
Tonhöhe anzeigen.“ So stehe etwa „ba“ für „drei“
– aber je nach Akzent auch für „Groß­mutter“
oder „Abfall“. Mit der richtigen Vorbereitung ist
Vietnam aber ein Land voller Möglichkeiten für
Unternehmer. Die Vietnamesen gelten als fleißig
und engagiert – die „Preußen Südostasiens“.
Es gibt ein gutes Schulsystem und das Land ist
Geburtenrate
1,85 Kinder/Frau
Lebenserwartung
72,9 Jahre
Ho Chi Minh
City
5,9 %
BIP-WACHSTUM 2014
absolut 188 Mrd. US-$
pro Kopf ca. 2.000 US-$
BIP
www.oekb.at
26 BRANCHEN IM FOKUS
CHEMIKALIEN-IMPORTE UND -EXPORTE
(2013, ohne Pharmazeutika)
Ab in den Osten
www.oekb.at
13,6
11,8
EU
42,5
ÖSTERREICHS
CHEMISCHE INDUSTRIE
M
rd
.€
35,3
16
,5
Europa weiter gefordert
Europa konnte den Vorsprung der US-Mitbewerber ab der
zweiten Hälfte 2014 verringern und wird zunehmend wettbewerbsfähig – vor allem durch den Fall des Ölpreises und die
Abwertung des Euro. Allerdings ist der Branchenumsatz trotz
steigender Produktions­zahlen aufgrund der Preisentwicklung
rückläufig. Deutschland, die größte europäische Chemie­
nation, verliert seit 2008 an Wettbewerbsfähigkeit.
4,6
6,1
M
rd
.€
USA profitieren von Schiefergas
Aufgrund der lebhaften Konjunktur in den USA soll auch
2015 die US-Nachfrage in der Chemiebranche zulegen
– gemäß Branchenverband ACC auf über 850 Milliarden
US-Dollar. Das hohe Schiefergasvorkommen sorgt für geringe
Energiekosten – in der energieintensiven Chemiebranche
nicht unbedeutend. Weitere Investitionen in die Schiefergasförderung („Fracking“) werden nötig sein, um wettbe­
werbsfähig zu bleiben. Ökologisch ist diese umstritten.
Resteuropa
15
,9
Schwellenländer am Vormarsch
Die Chemieproduktion verlagert sich aus den Industriein die Schwellenländer, wo sie zum Teil sehr kostengünstig
ist. China verfügt zudem über große Cash-Reserven und
kann mit gezielten Akquisitionen auch in Bereichen, in
denen Europa bis dato sehr erfolgreich am globalen Markt
war, an die Weltspitze gelangen. Chinas Umsatz in der
chemisch-pharmazeutischen Industrie stieg in den letzten
Jahren rasant, 2013 hatte China bereits fast ein Drittel Anteil
an der weltweiten Produktion. 90 Prozent aller in Europa
eingesetzten medizinischen Wirkstoffe stammen mittlerweile
aus Asien. Wachstumspotenzial hat auch die Türkei.
1,9
3,5
M
rd
.€
Nach einer längeren Schwächeperiode seit dem Krisenjahr
2009 gewinnt die Chemieindustrie ihre Wettbewerbsstärke
zurück – vor allem in Asien: Die Hälfte des Weltumsatzes
von 1 Billion Euro im Jahr 2013 entfällt auf den Kontinent und
die dortigen Schwellenländer. Der Weltumsatz stieg um 2,3 %
gegenüber 2012. China ist trotz verlangsamten Wirtschaftswachstums international die bedeutsamste Chemienation,
weit vor den USA, Japan und den restlichen Mitstreitern aus
Asien und der EU. Die durchschnittliche Wahrscheinlichkeit
eines Zahlungsausfalls in der Chemieindustrie ist 2015
überall geringer als in den letzten Jahren.
Afrika & Ozeanien
11
,5
CHEMIEINDUSTRIE
2003
2008
2013
Entwicklung der Umsätze
Relevant 2/2015
27
Lateinamerika
Kontakt für weitere
Informationen:
Ines Baumann
Tel. +43 1 531 27-2456
[email protected]
2,4
5,9
ANTEILE AM
WELTUMSATZ
35,0
China
30 %
USA
16 %
Japan
5%
Deutschland 5 %
Südkorea
4%
Frankreich
3%
Sonstige
37 %
37,4
NAFTA
Asien
BRANCHENRATING
Finanzwirtschaft
Papier- und Zellstoffindustrie
Stahlindustrie
Automobilindustrie
Bauwirtschaft
Maschinenbauindustrie
Elektrotechnik- und
Elektronikindustrie
Chemieindustrie
Energiewirtschaft
Lebensmittelindustrie
Risiko
hoch
Branchenrating 5/14 Branchenrating 5/15
niedrig
Wo steht die Chemieindustrie in Österreich?
Die Chemieindustrie gehört zu den größten Industriebranchen des Landes. Sie beschäftigt rund 44.000
Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, wobei die Unternehmen vorwiegend mittelständisch strukturiert sind.
Über zwei Drittel der Erzeugnisse gehen in den Export.
Welchen Einfluss hat TTIP auf die europäische
Chemieindustrie?
Das Freihandelsabkommen mit den USA ist ein großes
Thema. Laut EU-Kommission sollen die Angleichung von
Standards bei Chemikalien und der Wegfall von Zöllen
und Handelshemmnissen auch der Chemieindustrie
mehr Schwung und vor allem Kosteneffekte bringen.
Dennoch bleiben Meinungen zwischen Umwelt- und
Verbrauchsschützern und der Industrie geteilt.
(Vergleich Mai 2014 und Mai 2015)
Branchen
A: sehr gute Gesamteinschätzung
B: gute Gesamteinschätzung
OeKB-Analystin Ines Baumann erläutert die Lage
in Österreich.
Was wird vorwiegend produziert?
Kunststoffwaren machen fast 34 Prozent der österreichischen Chemieproduktion aus. Ein anderes wichtiges
Produkt sind Pharmazeutika. Die Pharmabranche ist
aber – wie auch in anderen Ländern – im Wandel: Die
nötigen Wachstumsraten sind fast nur mit Hilfe von
Akquisitionen zu erreichen. Auslaufende Patente und die
zunehmende Verwendung von Generika führen zu einem
Umbruch in der Pharmabranche, zudem gibt es europaweit Einsparungen bei den Gesundheitsausgaben.
Anteile an den weltweiten Exporten in %
Anteile an den weltweiten Importen in %
D–
D
D+
C–
C
C+
B–
B
B+
A–
A
A+
„Die Pharmabranche ist im Wandel“
C: mittelmäßige Gesamteinschätzung
D: schlechte Gesamteinschätzung
Zusatz +/–: mit positivem/negativem Ausblick
Wo gibt es die größten Chancen?
Bei Unternehmensübernahmen, Fusionierungen, Nischen
und in den Schwellenländern. Experten nehmen an,
dass – wenn sich die Chemieindustrie wie bisher weiter
entwickelt – in nur drei Jahren bereits 3 der Top-5-Unternehmen aus den Emerging Markets stammen werden.
www.oekb.at
28 OeKB GESCHÄFTSKLIMA-INDEX MOE
oe
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EXPO
li
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h
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R TE
nd
a-i e
OeKB GESCHÄFTSKLIMA-INDEX MOE
Direktinvestoren schrauben
Exporterwartungen nach oben
Während die österreichische Exportwirtschaft
2014 insgesamt ein neuerliches Rekordniveau
vermeldete und vor allem in außereuropäischen
Zielländern mit deutlichen Zuwachsraten punkten
konnte, war die Bilanz bei den Ausfuhren nach
Mittelosteuropa zuletzt eher getrübt. Zurück­
zuführen ist dies nicht nur auf die konjunkturbedingt verhaltene Nachfrage aus der Region,
sondern auch auf den Rückgang der RusslandExporte infolge der Ukraine-Krise und der damit
verbundenen Sanktionen. Dementsprechend
gedämpft waren bis Anfang 2015 die Einschätzungen der MOE-Direktinvestoren, was die zukünftige
Entwicklung ihres Exportgeschäfts betrifft. Den
jüngsten Ergebnissen des OeKB GeschäftsklimaIndex Mittelosteuropa zufolge dürfte die Talsohle
nun aber durchschritten sein.
Positive Entwicklung der
Ausfuhrumsätze zeichnet sich ab
Einhergehend mit einer Aufhellung des Geschäftsklimas steigt im Mai auch die Zuversicht der
Direktinvestoren in Hinblick auf ihre Export-Performance: Der entsprechende Exportindex klettert
gegenüber der Februar-Erhebung um 3 Punkte
auf einen aktuellen Wert von 83,6. Eine Betrachtung der Meldungen im Querschnitt zeigt, dass
35 Prozent der Mittelosteuropa-Headquarter eine
Be­lebung des Ausfuhrgeschäfts in den nächsten
12 Monaten erwarten. Etwas mehr als die Hälfte
der befragten Unternehmenszentralen rechnet
mit gleichbleibenden Exportumsätzen, wohingegen
11 Prozent von einer rückläufigen Entwicklung
ausgehen. Die zunehmend optimistischen Stellungnahmen lassen darauf schließen, dass vom
www.oekb.at
Außenhandel mit den Ländern Mittelosteuropas in
nächster Zeit wieder etwas kräftigere Wachstums­
impulse auf die heimische Wirtschaft ausgehen
werden. Bemerkenswert ist dabei auch, dass
die Zuversicht im Mai in nahezu allen Sektoren
zugenommen hat.
Deutlicher Indexanstieg in
der Finanzbranche und im Handel
Betrachtet man die Detailergebnisse auf Branchenebene, so stechen in der aktuellen Erhebung
insbesondere die Finanzdienstleister ins Auge.
Der Exportindex für diesen Sektor verbessert
sich um mehr als 20 Punkte und erreicht mit
einem Wert von 100,8 sogar wieder das Niveau
von vor Ausbruch der globalen Wirtschaftskrise
(Basisjahr 2007 = 100). Keine einzige Bankenbzw. Versicherungszentrale erwartet, dass der
Exportumsatz im kommenden Jahr zurückgehen
wird, was vor dem Hintergrund der schwierigen
Rahmenbedingungen in einigen regionalen Märkten
durchaus bemerkenswert ist. Aber auch im Handel
fällt der Indexanstieg im Mai überdurchschnittlich
deutlich aus (+ 7 Punkte). Offenbar rechnen die
Erhebungsteilnehmer aus diesem Bereich mit
einer Erholung des regionalen Konsums, von der
auch der österreichische Außenhandel profitieren
dürfte. Der einzige Wirtschaftszweig, für den der
Exportindex im Mai einen Rückgang verzeichnet,
ist der Bausektor. Der Grund dafür liegt allerdings
nicht in einem merklich negativeren Ausblick als
noch im Februar 2015, sondern vielmehr in einer
zunehmend neutralen Haltung: 7 von 10 Bauunternehmen gehen derzeit von einer Stagnation der
Ausfuhrumsätze aus. π
Relevant 2/2015
29
WOLFGANG
LUEGHAMMER
GKI-Projektleiter
„Erfreulich ist nicht nur die
Aufhellung des Geschäftsklimas
in Mittelosteuropa an und für
sich, sondern auch die spürbare
Belebung der Handelsexporte von
Österreich in die Region.“
SONNIGE AUSSICHTEN für Exporte:
Der Außenhandel mit den Ländern Mittelost­
europas dürfte bald an Fahrt aufnehmen.
OeKB GESCHÄFTSKLIMA-INDEX
MITTELOSTEUROPA
EXPORTE
Geschäftserwartungen betreffend Ausfuhrumsätze
100
90
80
70
60
50
Q1 2007 Q1 2008 Q1 2009 Q1 2010 Q1 2011 Q1 2012 Q1 2013 Q1 2014
Quelle: OeKB Geschäftsklima-Index Mittelosteuropa (Index: Ø 2007 = 100)
Q1Q2 2015
Die Research Services der Oesterreichischen
Kontrollbank führen viermal im Jahr eine Erhebung unter rund 400 Headquarters durch, die von
Österreich aus insgesamt 1.900 MOE-Unternehmensbeteiligungen steuern. Im Fokus stehen die
Erfahrungen, Einschätzungen und Erwartungen
dieser global aktiven Unternehmen hinsichtlich
Konjunktur- und Geschäftsentwicklung in der
Region. Verdichtet und strukturiert ergeben sich
daraus zahlreiche Frühindikatoren, die detaillierte
Analysen und Prognosen zu zwölf Ländern Mittel­
osteuropas und zehn Branchen erlauben.
Details und Bestellung von Berichten:
http://bit.ly/RELEVANT313_1
oder bei Verena Ebner, Tel. +43 1 531 27-2560,
[email protected]
www.oekb.at
30 GLEICH UMS ECK
Handwerk für die Füße
ORTHOPÄDISCHE SCHUHE 40 Stunden dauert es, einen Orthopädieschuh
zu produzieren – vom Gipsabdruck am Fuß bis zum Nageln der Schuhsohle.
Andreas Schmid und seine Lebensgefährtin Sonja Sittinger stellen in der Naglergasse,
„Gleich ums Eck“ der OeKB, orthopädische Schuhe und Einlagen her.
Schritt 1: Einen Fußabdruck
machen, der zeigt, wo die Stellung
korrigiert werden muss. Dann
darf sich der Kunde das Modell
und die Farbe des Leders (siehe
unten) aussuchen. Am beliebtesten ist schwarz. Die extravaganteste Version: Straußenleder.
Schritt 3: Es entsteht ein
erstes Modell, mit dem der
Kunde probegehen kann.
Was nicht passt, wird markiert
und ausgebessert.
PFLE
GETIP
Dunkle
P
L
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d
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rs
abwasc
hen, da chuhe lauwa
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öffnen mit sich die m
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nur no
c
a
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g
poli
macht
die Sch eren! Das
uhe so
für eine
gar
n ganz
en Win fit
ter!
www.oekb.at
Schritt 2: Ein Modell aus Buchenholz wird
so zurechtgeschliffen, dass es exakt die
Form des Fußes trifft (oben). „Das ist Kunst“,
sagt Schmid. „Man braucht ein Gefühl dafür,
denn auch bei Fehlstellungen darf der Schuh
nicht aussehen wie eine Kartoffel.“ Daraus
drückt die Schuhmacherin dann die Einlage
ab und schleift sie ebenfalls zurecht (unten).
Schritt 4: Vorlagen für
den Oberschuh überträgt
der Schuhmacher vom
Papier aufs Leder, schneidet sie aus und schärft
die Kanten. Bei den vielen
Teilen kann das schon eine
Stunde dauern.
Relevant 2/2015
PERSÖNLICH 31
NEUE NAMEN,
NEUE FUNKTIONEN
VOM FUSS ZUM HERZEN
Sonja Sittinger (li.) und
Andreas Schmid (re.) lernten
einander in der Berufsschule
kennen und übernahmen vor
15 Jahren das Geschäft in
der Naglergasse 26. Ilse
Schuh unterstützt sie
im Verkauf.
Schritt 5: Mit der
Pfaff-Nähmaschine
aus den 60er-Jahren
fügt Schmid die
einzelnen Lederteile
und Verstärkungen
zusammen.
Neue Position in der OeKB:
GERLINDE BIWALD, MBA übernahm
Ende Februar die Gruppenleitung des
Business Application Managements der
Abteilung Central Securities Depository
(CSD). Biwald war im Wertpapierbereich
der Erste Bank und als Projektmanagerin
in der Organisationsabteilung der Österreichischen Volksbanken AG tätig, bevor
sie im März 2013 zur OeKB wechselte.
Schritt 6: Der Schuh
wird auf der Leiste mit
Nägeln aufgezwickt, der
Lederboden mit Holznägeln
fixiert. Dabei wird der
Schuh mit dem Knieriemen
festgehalten.
Schritt 7: Zum Schluss wird der
Schuh mit einem kräftigen Ruck –
und einem Knieriemen – vom Holz
gelöst und Sonja Sittinger (oben)
schneidet die Sohle aus einer
festen Stelle des Rinderleders
(„dem Hintern“) aus, schleift sie
und fixiert einen Absatz.
Schritt 8: Fertig ist
ein schicker orthopädischer Schuh! Wenn
der Kunde nächstes
Jahr wieder kommt,
haben die Schuhmacher bereits alles
vorbereitet ... π
Verstärkung für die OeEB:
BIRGIT KAPELLER absolvierte einen
Master in Finance und ein MBA-Studium
an der Donau Uni in Krems, das sie
mit Auslandsaufenthalten in Vancouver,
San Francisco und Hongkong kombinierte. Berufliche Stationen vor der OeEB
waren unter anderem die Deutsche
Bank, die Commerzbank AG in Berlin und
die Raiffeisen Bank International. Seit
Anfang 2015 unterstützt sie das Team der
Investitionsfinanzierung in der OeEB bei
der Umsetzung von Finanzierungsprojekten
in Entwicklungsländern.
SIMON FELS sammelte nach dem Studium der IBWL an der WU Wien und an der
Miami University in Ohio erste Berufserfahrung in der Erste Bank Österreich.
Zuletzt war er dort für die Betreuung von
Produktions- und Handelsunternehmen im
Großkundenbereich zuständig, bevor er
im Oktober 2014 in die OeEB wechselte.
Dort verstärkt er die Abteilung Investitionsfinanzierung und ist für Privatsektorfinanzierungen in Entwicklungs- und
Schwellenländern verantwortlich.
SONJA SEIFNER begann nach 10
Jahren Berufserfahrung (bei Citibank
plc Vienna und RLB NÖ-Wien AG) ein
berufsbegleitendes Bachelorstudium, mit
dem Schwerpunkt „Wirtschaftsberatung“
samt Auslandsaufenthalt in Guadalajara,
an der FH Wiener Neustadt. Anschließend
absolvierte sie ein Masterstudium in
„Strategische Unternehmensführung“.
Seit August 2015 verstärkt sie das Team
der OeEB als Bestandsmanagerin.
www.oekb.at
32 MÄRKTE IM FOKUS
CHANCE
Peru
BIP: +2,4 % (2014), +3,5 % (2015*)
Staatshaushalt: leichtes Budgetplus 2014 (+ 0,4 %
des BIP); für 2015 Minus erwartet (- 1,8 % des BIP)
Leistungsbilanz: traditionell negative Leistungsbilanz (2015*: - 4,9 % des BIP) und nach langem
wieder negative Handelsbilanz (2015*: - 0,3 % des
BIP); sehr hohe Devisenreserven
Auslandsverschuldung: seit 2013 tendenziell leicht
sinkend (2015*: 50,3 Mrd. USD; 25,1 % des BIP). Die
Schuldendienstrate liegt bei ca. 13,3 % der Exporte.
Wirtschaftliche Situation: mittelmäßig, Tendenz
positiv. Die peruanische Wirtschaft wächst trotz
etwas geringerer Zuwachsraten 2014 und 2015
– die auf den Rückgang der Bergbauproduktion
und geringere in- und ausländische Investitionen
zurückgehen – seit Jahren stark an und ist damit die
am schnellsten wachsende Volkswirtschaft Südamerikas. U.a. durch Zins- und Steuersenkungen sowie
höhere öffentliche Investitionen will die Regierung
die Entwicklung weiter beleben. Zudem sind in
den nächsten vier Jahren eine Reduktion der Zölle,
Bürokratieabbau bei Investitionsprojekten sowie
eine Verdoppelung der Kupferproduktion geplant.
Die wichtigsten Handelspartner sind China (25 %
der Exporte), die USA, Schweiz, Kanada, Japan.
Politisches Risiko: mittelmäßig stabil. Bei den
Präsidentenwahlen 2011 gewann Linkspolitiker
Ollanta Humala knapp gegen die ­rechtskonservative
Keiko Fujimori. Links- und rechtsextreme Bewegungen prägen die Innenpolitik und führen zu Spannungen in der Bevölkerung. In der Humala-Regierung
gab es bereits sechs Kabinettumbildungen, im März
2015 wurde Premierministerin Ana Jara nach einer
„Bespitzelungsaffäre“ des Amts enthoben und Ver­
teidigungsminister Pedro Cateriano neuer Regierungschef. Die nächsten Wahlen finden 2016 statt.
Aktuelle Länderkategorie: 3 von 7; geringes
Risiko
Deckungspolitik der OeKB: Deckung ohne
Einschränkungen
Deckungsquote für politische Risiken: 100 %
RISIKO
Weitere I­nformationen zu Peru: Gerald Mayer,
Tel. +43 1 531 27-2247, [email protected]
Weitere I­nformationen zu Moldau: Ines Baumann,
Tel. +43 1 521 27-2456, [email protected]
* geschätzt
Moldau
BIP: +3,7 % (2014*), +1,9 % (2015*)
Staatshaushalt: leicht ansteigende Budgetdefizite
(2015*: - 2,5 % des BIP)
Leistungsbilanz: negative Leistungs- (2015: - 0,4 % des
BIP) und Handelsbilanz (2015: - 3 % des BIP)
Auslandsverschuldung: hoch, kontinuierlich steigend;
wird sich 2015 auf ca. 7,8 Mrd. USD (123,5 % des BIP)
belaufen; Schuldendienstrate ca. 15 %
Wirtschaftliche Situation: schlecht. Moldau verfügt
über wenige Rohstoffe und gilt als eines der ärmsten
Länder Europas. Die Volkswirtschaft ist kaum diversifiziert und anfällig für externe Schocks. Im abgespalteten,
von Russen und Ukrainern dominierten Transnistrien
befindet sich die Hälfte der Industrie. Eine schwache
Infrastruktur, Abwertung der Währung, fallende Devisenreserven, hohe Schattenwirtschaft und Korruption sowie
zuletzt geheimnisvolle „Transaktionen“ im Bankensektor
hemmen die wirtschaftliche Entwicklung. Hinzu kommen
rückläufige Bevölkerungszahlen, das Land ist abhängig
von Überweisungen von emigrierten Moldauern (ca.
25 % des BIP). Zuletzt gab es aber internationale Unterstützung, v. a. durch den EU-Moldova-Action-Plan und
Bemühungen um ein neues IWF-Programm.
Politisches Risiko: unsicher. Seit Jahren herrscht
politisches Risiko, geprägt von Instabilität (erst kürzlich Rücktritt des derzeitigen Premiers) und sozialen
Spannungen. Dadurch verzögern sich Reform- und
Konsolidierungsmaßnahmen. Moldau strebt wegen der
Russland-Ukraine-Krise eine engere Bindung an die
EU an, die die ­proeuropäische Minderheitsregierung
seit den Wahlen im Februar 2015 forciert. Es braucht
aber Unterstützung der Kommunisten, die massiv
dazugewinnen.
Aktuelle Länderkategorie: 7 von 7; hohes Risiko
Deckungspolitik der OeKB: Deckung mit
Einschränkungen
Deckungsquote für politische Risiken: 95 %