Hongkong The Story
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Hongkong The Story
05.03.1997 (Mi) - Erster Tag - The mission will start 06:00 Uhr Alarm!! Aufstehen - heute ist es also soweit: Ich fahre ins Land der kleinen gelben Menschen um ... ähm - ja - keine Ahnung warum eigentlich. Aber wenn ich ja schon mal wach bin, dann fahre ich halt´ mal los. 06:50 Uhr Mit dem Bus zu fahren ist doch was´ tolles, besonders wenn dieser nicht dort hält wo man eigentlich hin möchte. Bei dem Blick auf mein Gepäck grinst mich der Busfahrer am Löhr-Center an und sagt, dass er nicht zum Hauptbahnhof fährt. Grrr. Zum Glück hab´ ich noch genug Zeit für diesen Morgenspaziergang. 07:47 Uhr Der IC kommt pünktlich an und fährt auch pünktlich wieder ab, was mich eigentlich schon stutzig macht. 09:00 Uhr Frankfurt Airport-Bahnhof. Endlich raus aus dem verqualmten Nichtraucherabteil. Es sollte nicht der letzte Zug für heute sein, denn mein Flieger geht am neuen Terminal 2 in die Luft. Also: Wiedermal Gepäck aufnehmen und ab in die Schwebebahn. In 60 Sekunden ist die Fahrt vorbei und ich betrete erstmals das neue High-Tech Terminal: Alles aalglatt designed hier. Der Schalter der British Airways ist schnell gefunden und die Mädels sind auch unheimlich nett. Für den Flug BA903 nach London ist mir der Sitzplatz so ziemlich egal aber für BA31 nach HKG wünsche ich mir dann doch ein Fensterplatz. "No Problem Sir" meint die Lady hinterm Tresen .... tipp tipp klick klick "23H - o.k. it´s booked ...ups"... sagt sie dann eine Millisekunde später und erklärt mir, dass 23H ein Platz am Gang ist. Aber das ist mir dann auch egal, denn dort kann ich vielleicht meine Beine etwas besser sortieren. 09:50 Uhr Sicherheitskontrolle: Der Mann am Scanner gestikuliert wild herum und lässt mich den Rucksack öffnen nachdem seine Suchmaschine angeschlagen hat: Kurze Zeit später weiß auch er was ein Blitzgerät und ein Seesack-Haltebügel ist. 10:40 Uhr Boarding-Time: British Airways hat für den London-Flug eine nagelneue Boing 767 aus der Schublade äh aus dem Hangar geholt - es riecht zwar noch nach Plastik, aber sonst ganz hübsch... 11:05 Uhr Erste bekannte Gesichter: Joschka Fischer stürmt mit einem großen Aktenkoffer heran. Wahrscheinlich ist da ein Castor-Behälter drin, den man in England billiger entsorgen kann. (Freund Joschka fliegt natürlich 1.Klasse und tut so als würde er mich nicht mehr erkennen). 11:20 Uhr Da es der Käpt´n offensichtlich eilig hat zurück nach Britannien zu kommen, legen sich die Stewardessen mächtig ins Zeug um ein Quicky-Frühstück zu servieren. Und tatsächlich gibt es hinterher noch die obligatorische Duty-Free-Verkaufsveranstaltung. Und wie kann es anders sein: Jede Menge rotnasige Passagiere ordern Whiskey und anderes Teufelszeug. 12:20 Uhr Touch-Down: Mein erster Kontakt mit dem Königreich. Leider kein herzliches Welcome von Lisbeth. Aber ansonsten wimmelt es hier von BB´s (Blassen Briten). Da wir Deutschen den Tommy´s schon immer etwas voraus waren, muss ich die Uhr eine Stunde zurückstellen. 12:40 Uhr Ein Shuttle-Bus bringt uns von Terminal 1 nach Terminal 4. Heathrow ist ja ein Riesen-Ding. Nach spätestens 2 Minuten hätte ich mich schon bitterlich auf dem Gelände verfahren. Aber Mr. Bean am Steuer hat offensichtlich den Durchblick und fährt mit beängstigender Sicherheit durch Tunnel, Kreuzungen, Hallen. 13:00 Uhr Meine erste echte Finanztransaktion mit den Briten: 4 Postkarten samt Briefmarken für nur one Pound ebbes. Terminal 4 gleicht einem Kaufhaus. Jede Menge kleiner Geschäfte bieten von A - Z alles an, was man auf einer Flugreise mit Sicherheit nicht brauchen kann. Aber Hauptsache der Schnickschnack erinnert an die schöne Wartezeit in Heathrow. 13:10 Uhr Vor lauter Langeweile verballere ich meine ersten Dia´s auf dem Flughafen. Mit der Gewissheit, dass diese Schnappschüsse keinen Menschen interessieren wird, fotografiere ich sogar die besagte Einkaufsmeile. Mittlerweile frage ich mich, warum es unbedingt die komplette Fotoausrüstung sein musste, die an meiner Welteroberung teilhaben sollte, denn der Rücksack ist ganz schön schwer. 14:00 Uhr Boarding für BA31: Das Durchschnittsalter der Fluggäste beträgt ca. 50 Jahre. Da wollen wahrscheinlich noch ein paar alte Königstreue die Noch-Kolonie vor dem 01.07.97 besuchen. Tweed-Stoff und holziges Parfüm prägen ab sofort das Bild an Bord. Außerdem muss man wohl ab sofort damit rechnen, dass die Ladies After Eight austauschen und den alten Haudegen der Scotch gereicht wird 14:10 Uhr Platz gesucht - Platz gefunden: 23H. Auf 23K (dem Fensterplatz) sitzt ein Farbiger, sieht aus wie Air Jordan. Neben mir 23J sitz eine Berliner Quasselstrippe die eine Flasche Kräuterschnaps im Handgepäck hat. 14:50 Uhr Nachdem auch endlich der letzte Passagier seine Plastiktüten verstaut hat und endlich der Aufforderung nachkam sich anzuschnallen geht die Post ab. 15:00 Uhr Wie von der Tarantel gestochen schwärmen die Stewardessen aus und verteilen Orangejuice im Hart-PE-Becher. Vielleicht läuft ja das Haltbarkeitsdatum in 10 Minuten ab, aber dafür schmeckt er noch ganz gut. 15:20 Uhr Die Mädels der BA wollen offensichtlich das Getränkelager räumen: Mit der Androhung auf das Dinner stehen einige Alkoholika zur Auswahl. Da wir wahrscheinlich gerade deutsches Heimatland überfliegen, entscheide ich mich für Kirner Weißwein. Die 0,187 Liter, die diesmal in einem durchsichtigen Hart-PE-Becher serviert werden, scheinen von der Marke "Morgendröhnung" zu sein. Noch 2-3 Schoppen davon und ich verliere das Bewusstsein und außerdem noch den Glauben an die deutsche Weinwirtschaft. 15:40 Uhr Die Quasselstrippe bietet mir zum 2. mal den Kräuterschnaps an - zum 2. mal lehne ich ab. Entweder sind die Berliner so oder sie hat auf dem Flughafen schon so eine Kräuterpulle angetestet. Und immer wieder meckert sie rum, dass ihr Gustav nicht neben ihr sitzen darf sondern in etwa 5 Meter Entfernung. 16:25 Uhr Nachdem aus den Microwellen schon seit geraumer Zeit eine "lecker Luft" in der Maschine verbreitet wird, ist es dann auch endlich soweit. Mein "Dinner for one" sieht folgendermaßen aus: Krabben in gelbem Sowieso, Chicken süß/sauer und Nudeln. Für eine Boardküche gar nicht mal so übel. Und der Nachtisch sollte einen Nobelpreis kriegen so was habe ich dem Empire nun wirklich nicht zugetraut. Ein 1a Kuchen. 16:30 Uhr Die Strippe verschmäht ihr Essen und verschwindet in Richtung Gustav ohne natürlich den Kräuterschnaps zu vergessen. 17:00 Uhr Die Dumpfbacke kommt zurück, sagt offensichtlich etwas. Aber es interessiert weder mich noch Air Jordan, der offenbar nach dem Essen in ein freiwilliges Koma gefallen ist. So langsam wird es Zeit für mich die ersten Hong Kong-Vorbereitungen zu treffen: Mit dem Buch "Die letzten Tage von Hong Kong" tauche ich erstmals in die Geschichte dieser phantastischen Stadt ein. 17:40 Uhr Die erste Bildung einer Interessengemeinschaft reißt mich aus der Lesestunde: Schlangestehen vor der Boardtoilette verbindet offensichtlich die Völker dieser Welt. 17:50 Uhr Das Licht geht aus: Der Ober-Steward denkt offensichtlich es sei nun Schlafenszeit. 17:51 Uhr Ca. 400 Arme werden hochgerissen um die Leselampen anzuswitchen. Ich schließe mich dem allgemeinem Erleuchtungswunsch an und lese weiter. 18:50 Uhr Bin auf Seite 66 des mächtigen Wälzers angelangt und brauche eine Pause. Um ggf. die Zeitzonen zu überlisten (in Hong Kong passiert alles 8 Stunden früher) lege ich mich erstmals auf´s Ohr. Im wahrsten Sinne des Wortes, denn jeder andere Körperteil muss leider sitzenbleiben. 20:00 Uhr Der erste Versuch ist offensichtlich mißlungen. Ich erinnere mich nämlich auch prompt daran, dass meine Sitzreihe genau über den Tragflächen festgeschraubt sind und somit ganz genau mitbekomme wie gut die Turbinen momentan in Form sind. 21:25 Uhr Auch der zweite Versuch geht schief: Die British Airways sollte nicht nur die Flieger zur Wartung in den Hangar schieben, sondern vielleicht auch die quietschenden Karren mit der Duty-Free-Fracht. 22:00 Uhr Für alle Fälle stelle ich mich mal´ auf die Hong-Kong Zeit ein und natürlich um. Das meine alte Swatch auf ihre alten Tage hin noch so etwas erleben darf hätte sie wohl auch nicht gedacht. Aus 22:00 Uhr werden plötzlich 6:00 Uhr in der Frühe und der 05. März wird der bisher kürzeste Tag in meinem Leben. 06.03.1997 (Do) - Zweiter Tag - Ready for touch down 07:15 Uhr (Hong-Kong-Zeit) Ein Blick nach hinten erklärt die ausgelassene Stimmung. Die Strippe steht doch tatsächlich noch immer bei ihrem Gustav und leert mit neugewonnen Flugfreunden weiterhin die Kräuterschnapsflaschen. 07:50 Uhr "Fasten Seat-Belts" blinkt es hektisch an der Decke. Wir streifen den nordwestlichen Teil des Himalaja und der Yeti macht offensichtlich dicke Luft. Die Maschine gibt in dem ein oder anderen Luftloch der Schwerkraft nach. Uuuuuuuups. 07:55 Uhr Entwarnung. Es war wohl nur ein Bäuerchen. Ich kann mir aber gut vorstellen, dass es in dieser Gegend auch heftiger zugehen kann. 08:30 Uhr Die Stewardessen der Tag-Schicht kommen aus den Kojen. Die Mädels riechen zwar alle nach Channel, sehen aber reichlich ungebügelt aus und die Fön-Frisuren müssten auch noch mal gerichtet werden. 08:55 Uhr Habe mich überwunden 20 min. Video zu sehen: Ein ziemlich mieser Film mit Don Johnson und Kevin Costner. Das reicht höchstens für eine 4-. 09:00 Uhr Endlich Frühstück: Omelett, Bratkartoffeln, Brötchen, Käse und wieder dieser 1A-Kuchen. Eigentlich ist mein Körper für diese Uhrzeit überhaupt nicht auf solche Temperaturen im Frühstück vorbereitet. Aber ich schließe einen Kompromiss mit ihm und kippe reichlich Orangensaft hinterher. Offensichtlich werden die Säfte in den Tragflächen gelagert, denn die haben im Gegensatz zum Omelett reichlich Minustemperaturen in sich. 09:15 Uhr Mit etwas Verspätung wird der Kaffee gereicht. Aber kann es sein, dass ihm in 12000 Metern Höhe der Costa-Rica-Kenia-Blend flöten geht? Wäre er nicht schwarz hätte ich behauptet es sein heißes Wasser. 09:40 Uhr Der Käpt´n nuschelt irgendwas von Einreisebestimmungen in Hong-Kong und Anschlussflügen nach Thailand und der Ober-Steward verteilt die Einreiseformulare (Departure-Card). Beim Ausfüllen dieser Karten muss ich feststellen, dass mir die ein oder andere Englisch-Vokabel irgendwie verloren gegangen ist. Aber ein Blick in das Wörterbuch macht mich wieder schlauer.... 10:30 Uhr Erster Sichtkontakt auf das Chinesische Meer und bei wolkenlosem Himmel sind auch die ersten Boote zu erkennen. Riesige Containerschiffe steuern vollbeladen den Hafen von Hong Kong an. 11:00 Uhr Die Stewardessen machen die ersten Vorbereitungen für das verrückteste Landemöver auf dieser Welt. Ich habe zwar schon viel darüber gelesen und in Filmen gesehen, aber jetzt live dabei zu sein ist schon irre. 11:35 Uhr Die ersten Hochhäuser sind in Sicht und die Maschine legt sich mächtig in die Kurve. Glücklich die, die einen Fensterplatz haben, denn hier kann man jetzt wirklich die Menschen auf den Straßen sehen. Die hingegen überhören und übersehen offensichtlich den tonnenschweren Stahl der im minutentakt über Hong Kong donnert. 11:40 Uhr Touch Down. BA31 ist sicher gelandet, aber noch lange nicht ausgerollt. Bei einem Blick aus dem Fenster sehe ich ersteinmal nur Wasser. Die Tragflächen ragen weit ins Meer hinein, denn die Rollbahn ist hier recht schmal ausgefallen. 12:00 Uhr Wie immer wird der Aufruf der Stewardessen ignoriert solange sitzen zu bleiben, bis die Maschine endgültig steht. Beim Öffnen der Türen merkt man gleich was in Asien beim Wetter Sache ist: Eine ungewohnt schwüle Luft breitet sich schnell im Innenraum aus und lässt mich Böses ahnen, denn ich habe noch das dicke, deutschlanderprobte Baumwollhemd an. 12:05 Uhr Nach einem kleinen Fußmarsch erreichen wir schnell die Gepäckausgabe. Nicht unbedingt befremdlich, aber zumindest ungewohnt ist für mich der erste Eindruck auf asiatischem Boden: Nicht nur die kleinen, nicht gerade freundlich dreinschauende chinesischen Beamte und all die unentzifferbaren Schriftzeichen machen mir klar das ich weit weg von Zuhause bin. Sehr weit weg... 12:10 Uhr Bin eigentlich überrascht, dass ich meinen Seesack so schnell bzw. überhaupt auf dem Fließband wiederfinde, denn es ist schon gigantisch wie viele Koffer so eine Boing im Bauch verstauen kann. 12:15 Uhr Zollabfertigung: Die kleinen gelben Männer in den hübsch dekorierten Uniformen schauen mächtig giftig aus der Wäsche. Und, als hätte ich´s geahnt, bin ich auch schon fällig. Ohne ein Wort chinesisch zu verstehen, weis ich genau was der kleine Mann von mir will: Seesack öffnen. Er verzieht keine Mine bei der Durchsuchung, stockt jedoch als er die gute alte Prinzenrolle von De Beukelar entdeckt. Nachdem er die Kekspackung als bombenuntauglich einstuft, knallt mir sein Kollege endlich den Stempel in den Reisepass. 12:20 Uhr Der Menge nachtrabend finde ich schnell den Touri-Ausgang an dem ein wiederum kleiner gelber Mann im Samtanzug offensichtlich den Reiseführer spielt. In einem auch für mich gut verständlichen Asian-English bringt er ein wenig Ordnung in die Gruppe die in etwa 10 verschiedene Hotels unterzubringen ist. Der Hoteltransfer ist eine Art Stadtrundfahrt im Eiltempo, denn wir scheinen uns etwas verspätet zu haben. Da hier in Hong Kong Zeit offenbar mehr als nur Geld ist, fahren die Autos und LKW´s in einem Affenzahn um die Ecken und fahren nach dem Motto: Wer bremst verliert! 12:40 Uhr Endlich Zuhause. Das Hotel BP-International in Kowloon liegt zentraler als ich es im ersten Augenblick überschauen kann. Die Mädels an der Rezeption sind recht nett und drücken mir den Zimmerschlüssel 2206 in die Hand. In der imposanten Hotelhalle ist mächtig Betrieb und die Kofferträger haben alle Hände voll zu tun. Soviel Luxus gönne ich meinem Seesack jedoch nicht und hieve ihn wieder einmal auf die Schulter. 12:45 Uhr Im 22. Stock angekommen, genieße ich erst einmal die sagenhafte Aussicht auf das nördliche Hong Kong mit der Einflugschneise des Flughafens. Der Himmel präsentiert sich zwar ziemlich diesig, jedoch sind die ankommenden Flugzeuge gut zu erkennen und verschwinden wie im Film plötzlich zwischen den Hochhäusern. Ein Blick nach Westen zeigt den You Ma Tei Typhon Shelter, der zu einem weiteren riesigen Containerhafen umgebaut wird. In der Mitte liegt Kowloon mit dem angrenzenden Sham Shui Po. Dieser Stadtteil kommt auch in meinem Roman vor und erzählt von den dunkelsten Gassen der Stadt. Wobei man jedoch sagen muss, dass vor lauter Hochhäusern gar keine Gassen zu erkennen sind. In östlicher Richtung müsste laut Stadtkarte irgendwo eine der berühmtesten Einkaufsmeilen der Welt liegen: die NathanRoad. 13:10 Uhr Nachdem der Seesack ausgeräumt ist und ich mich in dem relativ kleinen Hotelzimmer eingerichtet habe, knüpfe ich den ersten Kontakt zur Außenwelt: Der Telefonnummer 2779-3181 entlocke ich Bekanntes: TÜV-Rheinland good evening... Mein erstes internationale Telefonat verläuft erfolgreich und ich werde mit Waldi verbunden. Am Ende der Welt eine deutsche Stimme zu hören ist schon beruhigend. Wir verabreden uns um 19:15 Uhr an der Metro-Station "Nathan-Road". 13:30 Uhr Dem Rat alter Asienexperten folgend, lege ich mich trotz der Müdigkeit nicht ins Bett, sondern nutze den Tag (carpe diem). Nach einer längst fälligen Dusche wird vom Hotelzimmer aus ein erstes kleines Fotoshooting von der nördlichen Skyline gemacht. Zwischen all den Hochhäusern entdecke ich in luftiger Höhe einen Gerüstbauer. An sich nichts besonders, wenn die Gerüste nicht aus Bambus wären. Mit einer unglaublichen Selbstverständlichkeit turnt der Kamerad in etwa 80m Höhe dem chinesischen Himmel entgegen. 15:15 Uhr Ein erstes Walk-Out bringt mich in den Kowloon-Park direkt hinter dem Hotel. Ein McDonalds-Sport-Erholungs-Gelände wie mir scheint, denn der Hackfleich-Gigant hat in diesem Park gleich zwei Restaurants. Alles in allem ein sehr erholsames Areal, obwohl auch hier mächtig Betrieb ist. Chinesen allen Alters tummeln sich auf Bänken, an Brunnen und Tiergehegen und schnattern was das Zeug hält. Kamera- und Objektivbepackt marschiere ich weiter. Da der Menschenstrom etwas abnimmt nähere ich mich offenbar dem Ende des Parks. Der zunehmende Verkehrslärm hinter den Bäumen bestätigt dies dann auch umgehend. Zwischen dschungelähnlichen Gewächsen sind dann auch schon die Einkaufspaläste in der Nähe des Kowloon Park Drive zu erkennen. Auch dies gilt es natürlich fotografisch festzuhalten. Ein Abstecher an die südlichen Piers des You Ma Tei Typhon Shelters lässt einen wagen Blick in Richtung Hong Kong Island zu und erahnen welche gigantischen Bauwerke im Herzen der Stadt noch zu erkunden sind. 16:00 Uhr Am anderen Ende des Parks befindet sich das Museum of Hong Kong´s History. Für schlappe 10 HGK-$ (ca. 2,50 DM) ist hier die Geschichte der Stadt dokumentiert. Zwischen alten Landkarten und Uniformen gibt es auch eine hochmoderne Dia-Show. So alt wie die Stadt ist, so muffig riecht es auch in den Hallen. Nach 30 Minuten ist es genug der Kultur und der Park hat mich wieder und lässt sich noch einige male fotografieren. 19:15 Uhr Meeting Point U-Bahn Station "Nathan-Road". Auf ca. 100 m² sind auch mindestens 100 Handy´s und Pager aktiv. Hunderte von chinesischen Weiß-Hemd-Yuppies entsteigen der Metro und treffen sich mit irgendwem um irgendwas irgendwo zu verabreden. Ganz schön hektisch die Jungs und Mädels hier - die können ja nicht alt werden... Da kommt Waldi. Kein Handy, keine Krawatte und keinen schicken Lederkoffer. Typisch Pfadfinder halt. "Hi - guten Flug gehabt blablabla...". Nachdem wir uns mit den obligatorischen Nettigkeiten ausgetauscht haben, lädt er mich zu einem ersten asiatischen Bier ein. Zielstrebig gehen wir zu einer der Besten Adressen Hong Kong´s (oder gar der Welt). Bei "Felix", der Sky-Bar des "Peninsula-Hotel´s", die im 24. Stock liegt, hat man einen beeindruckenden Blick auf den Hafen, das Bankenviertel und den "Victoria Peak". Ohne das Bier probiert zu haben, erkennt man auch schon an dem Publikum, dass es sich hier nicht um eine Absteige handelt. In feinem Zwirn fachsimpelt hier ein internationales Publikum offensichtlich über alles was zu Geld zu machen ist. In dem angrenzenden Restaurant geht es mächtig gediegen zu. Hohe Decken mit kühlem Interieur belegen das hohe Budget des Innenarchitekten. Am fleißigsten war dieser jedoch beim Entwurf der Herrentoiletten. An einem riesigen Panoramafenster genießt man vor drei Pissoirs aus schwarzem Marmor die gleiche phantastische Aussicht wie in der Bar. Die Handtücher werden standesgemäß von einem kleinen, ewig grinsenden und sich verbeugenden Chinesen gereicht. 20:15 Uhr Nach zahlreichen Seitengassen und unzähligen Tips für´s Shoping geht es in den "Schnurrbart". Das Mekka aller deutschen Hong Kong Wahlarbeiter, für die, fern der Heimat, eine Bratwurst mit Sauerkraut einfach das Größte ist. Hier lerne ich auch die ersten Kollegen von Waldi kennen. Den typischen Asian-Businessmen habe ich mir jedoch irgendwie anders vorgestellt. Die Jungs sehen aus wie unscheinbare Mittelstandsbeamte denen offenbar der Reisschnaps etwas zugesetzt hat. Nach einigen Bier und ein wenig Nachhilfe in chinesischer Mentalität kann ich die Jungs jedoch gut verstehen. 22:00 Uhr Langsam aber sicher beginnt mein Körper zu rebellieren und will endlich Ruhe. Da die Zechtour der Landsleute offenbar noch weitergehen soll verabschiede ich mich und laufe staunend durch die schillernde Reklamewelt zurück ins Hotel. 22:30 Uhr Für mich gehen die Lichter einer ewig hellen Stadt zum ersten mal aus. 07.03.1997 (Fr) - Dritter Tag - Hong Kong Island Tour 08:00 Uhr Ein erstes freundliche Wake-Up in China mit einem japanischen Radiowecker. Zum Glück habe ich einen Sender gefunden, der in einigermaßen verständlichem Englisch Neuigkeiten verbreitet. 08:30 Uhr Da mir das Hotelfrühstück etwas zu teuer erscheint (ca. 35 DM), gönne ich mir bei McDonalds um die Ecke Coffee and EggMuffin. Gar nicht mal´ so schlecht. Inmitten von Schülern und Rentnern die im Kowloonpark umherwuseln, genieße ich die überraschend frische Luft. 09:45 Uhr Die im Reisepreis enthaltende Stadtrundfahrt beginnt: In der Hotellobby sammelt ein chinesischer Reiseführer mit interessanten Deutschkenntnissen einige weitere Touris ein. 09:46 Uhr Auf dem Weg zu anderen, sehr beeindruckenden Hotels bleiben wir auf ewig verstopften Straßen immer wieder stehen und können so einen ersten Eindruck von der Stadt gewinnen. 10:40 Uhr Das erste Ausflugsziel ist erreicht: der Victoria Peak. In ca. 400 m Höhe hat man einen genialen Blick auf die Stadt. Einzig der leichte, diesige Nebel trübt den Genuss des Postkartenpanoramas. Schier unmöglich scheint es, alle Wolkenkratzer zu zählen die sich in den chinesischen Himmel bohren. Von hier aus sind auch die unfassbar teuren Villen zu bewundern, die in einer architektonischen Meisterleistung an die steilen Hänge des Peak´s gebaut wurden. Ich nehme mir vor, noch eimal hierhin zu kommen um diese Aussicht bei Nacht genießen zu können. 11:00 Uhr Das straffe Programm drängt zu Eile. Auf dem Weg zur Südküste geht es durch die Prominenten-Viertel. Hinter hohen Mauern stehen wahre Paläste, in deren Innenhöfe ausnahmslos europäische Luxuskarossen parken. Nach Auskunft des Reiseführers ist keine dieser Anwesen unter 50 Mio. HK$ (ca. 10 Mio. DM) zu haben. 11:30 Uhr In der Nähe des berühmten Drachenhauses (hier hat der Architekt auf Anraten der Feng Shui Berater ein riesiges Loch in der Wohnanlage gelassen, um den Geistern den direkten Weg vom Berg bis hin zum angrenzenden Meer freizuhalten) machen wir halt in einer Tempelanlage. Ich weiß wohl, das die Chinesen einen gewissen Drang zu Form und Farbe haben, jedoch scheint mir, dass diese kunterbunte Anlage eher dem Glauben an zahlreich strömende Touristen dient. Dutzende von Göttern, Drachen und schauriger Gestalten sind in unmittelbarer Nähe des Meeres aufgebaut und dienen als Hintergrundkulisse für tausende von Erinnerungsfotos der meist asiatischen Gäste. Nachdem auch ich die schönsten Figuren mit der Kamera festgehalten habe, entdecke ich, eigentlich nicht überraschend, direkt neben der Anlage das etwas andere Restaurant. Budda und Burger haben offensichtlich mehr gemeinsam als man denkt... 12:00 Uhr Das in alten Reiseführern als typische Fischerdorf beschrieben Aberdeen entpuppt sich als stinkendes Moloch aus Fabriken, Autos und Booten. Nase zu und durch heißt die Parole. Für 50 HK$ gibt es eine 25 minütige Bootstour durch das Gewusel der dreckigen Hafen-anlage. Die offenbar bereits 200 Jahre alte Bootsführerin verschafft sich ihre Vorfahrt durch permanentes Anbrüllen aller uns zu nahe kommender Boote. Auch der ein oder andere Passagier handelt sich eine verbale chinesische Attacke ein, weil er durch einen Sitzplatzwechsel den kleinen Kutter aus dem Gleichgewicht bringt. Zwischen einigen Hausbooten und schwimmenden Restaurants kommt irgendwie kein echtes asiatische Feeling auf, denn das Meer ist übersät mit dem Wohlstandsmüll der in keinem Urlaubskatalog erwähnt wird. Im Anschluss an diese "Butterfahrt", besuchen wir noch den kleinen Fischmarkt. Da sich der Duft der großen schwimmenden Müllhalde in meiner Nase festgesetzt hat, lässt mich der Gestank der Fische völlig kalt. Unbeeindruckt des europäischen "Fotogewitters", schleppen die Fischer Korb um Korb der ungewöhnlichsten Fische an Land. Kaum zu glauben, was hier so unter dem Meeresspiegel lebt. 12:45 Uhr Ein weiterer exklusiver Höhepunkt der Tour soll der Besuch einer Aberdeener Goldschmiede-Manufaktur werden. Einem fünf-minütigem Rundgang durch die riesige Werkstatt (in der lediglich vier Goldschmiede herumwerkeln), folgt ein geschicktes Schleusen in die vornehmen Verkaufsräume (hier schwärmen sofort mindestens 20 Verkäufer auf die vermeintlich potentiellen Kunden). Da das güldene Geschmeide nicht unbedingt meinem Geschmack entspricht, vertreibe ich mir die Zeit mit dem Beobachten der Leute. Unterdessen geben sich auch die typisch deutschen Touristen dadurch zu erkennen, dass sie die kostenlosen 0,1 Liter-Erfrischungen zum wiederholten male ergaunern. Da heute kein Umsatz zu machen ist, scheucht uns der Reiseleiter (der heute offensichtlich sauer über die entgangene Provision ist) wieder zurück in den Bus. In den engen Gassen Aberdeen´s kommen wir auch an einer Mercedes-Werkstatt vorbei. Diese hat, im Gegensatz zu all den anderen "Flick-Garagen" hier, den Stern offenbar verdient, denn dort wird das Altöl nicht in den Abfluss gekippt.... 14:30 Uhr Auf dem Rückweg nach Hong Kong kommen wir an der weltberühmten Pferderennbahn vorbei, auf der vornehmlich Nachts die halbe Stadt ihr Glück beim Wetten sucht. Für Uunverbesserliche gibt es auch ein kleines Hospital, von dessen Krankenbetten aus die Patienten dem nächtlichen Spektakel zusehen können. In einem der nächsten Verkehrsstau´s, wartet direkt neben mir ein unscheinbarer Kleinlaster. Beim genauen Hinsehen entdecke ich auf der Ladefläche 3 Leichensäcke, die offensichtlich auch gefüllt sind. Der Fahrer lacht mich an und bestätigt durch eine eindeutige Handbewegung (Daumen nach unten) meine Vermutung. 14:45 Uhr Letzter Tagesordnungspunkt ist der Besuch eines original rotchinesischen Kaufhauses im Stadtteil Monk Kog. Hier wimmelt es nur so von kommunistischen Kinkerlitzchen und kapitalistischem Kitsch. Der Reiseführer wittert wieder seine Chance und verkündet einen speziellen Rabatt von 5 % bei einem Mindestumsatz von 500 HK$ na prima. Trotzdem ergattere ich mein erstes Reisesouvenier: eine Holzschatulle mit reichlich Schnitzereien. 15:45 Uhr Mein Magen erinnert mich daran, dass es höchste Zeit wird, Nachschub zu fassen. Was liegt in Hong Kong näher als chinesisch zu essen. Meine Wahl fällt auf das Restaurant mit dem unspektakulären Namen "London China Restaurant". An den etwa fünfzig Tischen bin ich offenbar der einzige europäische Gast und muss mich überraschten Blicken der anderen Gäste aussetzen. Da die Speisekarte englische Fragmente enthält, ist es mir möglich "Chicken SowieSo" zu bestellen. Die von Waldi angedrohte Unfreundlichkeit so manchen Chinesen bekam ich auch sofort zu spüren. Der Ober zieht es vor, mir den noch leeren Teller mehr oder weniger auf den Tisch zu werfen, anstatt in asiatischer Freundlichkeit zu kredenzen. Trotzdem ist das Essen gut und vor allen preiswert (12 HK$). Den Umgang mit Stäbchen habe ich ja zum Glück Zuhause fleißig geübt, denn ich schätze der Ober hätte einen Teufel getan, mir eine Gabel zu besorgen. Dass bei dieser technisch anspruchsvollen Art des Essens auch einiges auf die Tischdecke fällt ist in China offenbar normal, denn auch die anderen Gästen hinterlassen auf den Tischen ein wahres Schlachtfeld der Köstlichkeiten. 16:15 Uhr Da ich schon mal´ in Monk Kog bin, will ich es auch nicht versäumen, den berühmten Bird´s Market zu besuchen. Die spinnen die Chinesen: auf ca. 200 m gibt es in Geschäften oder Straßenständen nur Vögel und Papageien mit dem dazugehörigen Futter zu bestaunen und vor allen zu kaufen. Kiloweise Körner und lebende Heuschrecken wechseln hier den Besitzer wie bei uns die frischen Brötchen. Dass in den Gassen übelste Dämpfe gären braucht eigentlich nicht gesondert gesagt zu werden. Vögel sind in China offenbar beliebte Haustiere. Überall sieht man ältere Leute, die mit ihren gefiederten Freunden spazieren gehen. Auch in den Teehäusern gibt es regelrechte Garderobenstangen für die Käfige, an denen die Vögel während des Aufenthalts "zwischengeparkt" werden. 16:45 Uhr Jetzt aber volle Pulle zurück ins Hotel um Waldi noch im "Office" telefonisch zu erreichen. Da ich keine Telefonkarte habe und es in der ganzen Stadt keine Münztelefone gibt, heißt es stramm zu marschieren. Und die Nathan-Road kann ja so lang sein.... Menschen über Menschen verstopfen selbst die Bürgersteige - ein scheinbar unendlicher Riesenslalom zwischen kleinen chinesischen Slalomstangen. 17:05 Uhr "TÜV-Rheinland - good evening...". Um 18:15 Uhr an der Metro-Station Tsim Sha Tsui. Unter der Dusche gönne ich meinen Füßen einen Kälteschock. Die zwei verrichten wahre Schwerstarbeit in dieser Woche . 18:15 Uhr Am Meeting-Point weist mich Waldi in die Geheimnisse der Hong Konger UBahn ein. Hier hat alles seine Ordnung und das System ist schnell begriffen (es gibt zwar nur drei verschiedene Linien, jedoch hat jede Station mindestens vier Ausgänge...). An der Kasse werde ich schnell als Touri erkannt und ich erhalte für 25 HK$ eine 20 HK$ MetroCard. Auf den ersten Blick ein schlechter Deal - Waldi klärt mich jedoch auf, dass diese Karten bald einen Sammlerwert haben und mich zum reichsten Mensch der Welt macht.... Nach vier Stationen und einmal umsteigen erreichen wir den Central District auf Hong Kong Island. Bei der "Unterquerung" des Hafens fällt mir auf, dass selbst hier noch die Handy´s funktionieren. Auch hierfür gibt es eine Erklärung: Das komplette U-Bahn-Netz ist mit eigenen Antennenanlagen ausgestattet, um selbst die belanglosesten Gespräche unter Tage nicht zu unterbrechen. Im Central District werden nicht nur die höchsten und teuersten Wolkenkratzer gebaut, sondern hier wird auch das meiste Geld der Welt verdient. Eine Bank ist höher als die andere und ein Konzern überflügelt den Anderen was Ausstattung und Größe der Eingangshallen betrifft. Alle größeren Gebäude werden nachts angestrahlt und verleihen ihnen somit einen noch größeren Glanz. Zweimal links und dreimal rechts und schon sind wir im Drinking-Viertel angelangt. Hier warten auch schon die Kollegen (eine Kollegin) vom TÜV. In der einen Hand den Aktenkoffer, in der anderen eine Flasche Bier - so stehen die Jungs wohl regelmäßig vor den Kneipen. Wir lassen uns nicht lange bitten und zischen mal fix 2 Carlsberg weg... 19:15 Uhr Die TÜV´ies bekommen so langsam Hunger und einigen sich auf indisch. Ich folge der Truppe gespannt in eine schummrige Seitengasse und anschließend in einen noch dunkleren Hauseingang. Mit einem nicht gerade vertrauenerweckenden Personenaufzug geht es in den dritten Stock des leicht maroden Hauses. Hinter einer unscheinbaren Tür eröffnet sich das "Restaurant": Auf 4 x 6 Metern drängen sich gerade einmal 6 Tische, von denen wir auch sofort zwei belegen. Ich studiere gerade als einziger die Speisekarte als einer der Jungs auch schon die Bestellung aufgibt: "7 Beers and to eat...eya...bring us something." Das Glänzen im Auge des Obers ist deutlich zu sehen. Pünktlich mit der neuen Runde des indischen Biers wird auch das Essen aufgetischt. Jede Menge alles - süß, sauer, würzig, scharf und alle Geschmäcker die noch dazwischen liegen. Neben dem leckeren Essen überrascht auch die angenehme Rechnung, pro Nase schlappe 120 HK$. 21:00 Uhr Zwei TÜV´ies strecken die Fahne und mit einem Taxi rollen wir zu fünft in Richtung Causeway Bay. Der chinesische Driver hält uns für Italiener und flucht unter anderem auch über die dicken Deutschen. Wir lachen uns tot und geben uns zu erkennen - höhö. Die Jungs zieht es erst einmal in eine Spielhalle. Als die Tür des Aufzuges im 3.Stock aufgeht, empfängt uns ein wahnsinniges Gedröhne. Auf 20 x 40 Metern stehen fast 200 Videospiele, wobei eins verrückter als das andere ist. Ballerspiele - Autorennen - was das Herz begehrt. Fast jedes Gerät ist besetzt (ausschließlich von Chinesen) und es wird geballert und gedrückt bis die Tasten qualmen. Nach mehreren 100.000.000 Punkten und unzähligen Autocrashes ist das Kleingeld alle und wir sind logischerweise wieder durstig. 21:45 Uhr Gleiches Haus - gleicher Aufzug - 4.Stock. Eine total britisch aufgemachte aber absolut international besuchte Kneipe. Hier tummeln sich offenbar mehr unterschiedliche Rassen als ich überhaupt kenne. Die berufsbedingt gutgelaunten Barkeeper jonglieren mit Flaschen und Gläsern herum als seien es Tennisbälle. Der britische Nationalspieler Paul Gascoine soll für die Dauer von einigen Flaschen Bier hier gewesen sein und bei seinem anschließenden Rückflug eine Maschine der Cathay Pazific mächtig zerlegt haben. 22:30 Uhr Nach weiteren Flaschen Carlsberg ziehe ich mich aus der mittlerweile lustigen Runde zurück. Die Jungs haben Wochenende und trinken fleißig weiter. Allein unter 100.000 Chinesen gelingt mir der nächtliche Heimweg mit der Metro. 23:00 Uhr Endlich im Hotel - Licht aus - gute Nacht! 08.03.1997 (Sa) - Vierter Tag - Tour to Lantau 07:00 Uhr Ching Chang Chung... Zur Abwechslung werde ich heute mit chinesischen Nachrichten geweckt. Scheint mal wieder ein Sack Reis umgefallen zu sein. Entgegen meinen Erwartungen ist mir das Carlsberg-Festival des Vorabends relativ gut bekommen zum Glück, denn was heißt denn Aspirin auf chinesisch? 07:45 Uhr Fast automatisch geht mein Morgenspaziergang in Richtung McD. An Muffin´ und Coffee kann man sich gewöhnen. 08:20 Uhr Für schlappe (?) 540 HK$ nehme ich an einer organisierten Ausflugsfahrt auf die größte Nebeninsel Hong Kong´s teil. In der Hotelhalle wuselt der kleine Laurance wie wild herum zu trommelt die restlichen Teilnehmer zusammen. Da die Tour aus Touris verschiedener Hotels besteht, kommt das Einsammeln einer Stadtrundfahrt gleich. Selbst aus dem Regency (*****) verschlägt es zwei dicke Deutsche in den nicht mehr ganz neuen Bus. 09:30 Uhr Die große Fähre an Pier 7 im Central District legt pünktlich ab. Da wir die Tickets für 16 HK$ haben, dürfen wir auf der Promenade sitzen. Von hier aus hat man einen herrlichen Ausblick auf die Skyline und den Hafenbetrieb. Unzählige Boote, vom Kutter bis zum Riesenfrachter, kreuzen unsere Fahrrinne. Unser Reiseführer hat mittlerweile gewechselt. Keine Ahnung wie er heißt - er ist jedoch ziemlich dick und spricht ein relativ verständliches Chop-Sui-Englisch. 10:30 Uhr Ankunft auf Lantau: Ganz schon grün und heiß hier. In dem kleinen Hafenstädtchen gibt es keine Hochhäuser, keine Verkehrsstaus und es erinnert nichts an die Hektik einer Weltstadt. Ein halbklimatisierter Reisebus samt passendem Fahrer wartet bereits in der Nähe. Der dicke Reiseführer verspricht uns 4 Highlights auf dieser Tour: 10:50 Uhr 1.) Der Top-Badestrand der Hong Konger für´s Wochenende. Seltsam nur, dass wir Samstag haben und sich kein Mensch am etwa 1 km langen Strand lümmelt. Hier gibt es zwar keine Palmen, aber dafür eine Toilettenanlage für angeblich 6.000.000 HK$. Wo die jedoch verbaut wurden bleibt wohl das Geheimnis der Regierung. Nach 15 Minuten dummrumstehen geht die Fahrt weiter. 11:30 Uhr 2.) Ein Fischerdorf am westlichsten Zipfel der Insel. Ein Dorf in dem der Fisch noch so richtig nach Fisch riecht - die Nordsee ist dagegen eine Parfümerie. Die Leute geben sich auch so richtig Mühe den Gestank auf einem gleichmäßigem Niveau zu halten. Hier wird nämlich Fisch getrocknet was das Zeug hält. Entweder liegt es an der Hitze oder hier ist wirklich nichts los. Das Dorf ist nicht unbedingt groß - hat aber offensichtlich eine Art Einkaufsstraße auf der sich Fisch- und Obstgeschäfte abwechseln. Ich kann jedoch der Versuchung nicht widerstehen eine Packung getrockneter Mangos zu kaufen. 12:00 Uhr 3.) Die Tempelanlage "Tschin-Derasserbum" mit dem größten freistehenden Budda der Welt. Wirklich beeindruckend. Bei dem Versuch den ca. 3 m großen Glücksgöttinen Münzen in die ausgestreckten Hände zu werfen scheitere ich kläglich... Vor und in den angrenzenden Gebetstempeln wird geräuchert was das Zeug hält. Tütenweise werden hier Räucherstäbchen allen möglichen Göttern geweiht um diese sanftmütig zu stimmen. 13:30 Uhr 4.) Vegetarisches Mittagessen in der Goldmine-Bay. In einem Touri-Restaurant werden Reisegruppen fließbandartig abgefertigt. Nicht gerade gutgelauntes Personal bringt schalenweise Essen an die Tische. An meinen Tisch wird es international: 2 Südtiroler, 2 Chinesen und die dicken Deutschen aus dem Regency. Die Chinesin erklärt uns auf Behelfs-Englisch die verschiedenen Gerichte. Dem Chinesen ist das offensichtlich alles egal und schlürft nach asiatischer Tradition die Suppe. Der Rest der Tischgenossen verzichtet auf die Stäbchen als Esshilfe und verschmäht auch das ein oder andere Gemüse. Selbst schuld mir schmeckt es ausgesprochen gut. 14:30 Uhr Der 10 minütige Verdauungsmarsch endet an der Ablegestelle, wo gerade die Fähre nach Hong Kong anlegt. Pünktlich legen wir ab und schippern in Richtung "Heimat". 15:30 Uhr Am Pier 7 setze ich mich vorzeitig ab um mit dem Bus nach Stanley zu fahren. Das Dorf liegt im Südosten der Insel und ist bekannt für die großen Textilmärkte. Die Linie 6x dorthin habe ich zwar schnell im riesigen im Exchange Square Bus Terminal gefunden, muss jedoch feststellen, dass ich nur noch 300 HK$ in der Tasche habe. Etwas knapp zum Shopping. Da ich nun mal wieder im Central District bin, sollte es ja eigentlich kein Problem sein bei einer der unzähligen Banken etwas Geld zu wechseln. Aber ich werde jäh enttäuscht. An dem Ort wo täglich Milliarden umgesetzt werden, stehe ich vor verschlossenen Türen: Es ist Samstag und die Banken ruhen sich für die neue Woche aus. Nachdem mich dann noch ein Polizist bei der Frage nach einem Exchange-Office in die falsche Richtung schickt, habe ich die Faxen dick und fahre mit der Metro in Richtung Hotel zurück. 17:30 Uhr Frisch geduscht und gefönt starte ich eine kleine Foto Tour in Richtung Star Ferry (der Klassiker der Fähren zwischen Kowloon und Hong Kong Island). Zum Spass geht es aber vorher noch in das Ocean Terminal - ein riesiges Einkaufscenter mit hunderten von Geschäften auf mehreren Ebenen. Mittendrin hat Opel z.Zt. eine kleine Ausstellung - eigentlich lächerlich, wenn man bedenkt welche Fahrzeuge sonst das Straßenbild beherrschen. Hong Kong hat die mit Abstand größte Dichte an Rollce-Royce und Ferrari... In dem direkt angrenzenden Ocean-Park hat offensichtlich jeder Designer der was auf sich hält einen eigenen Laden: Von ARMANI bis Z gibt es hier Textil und Assecoirs vom Feinsten. Am Außenkai des Terminals hat gerade die Queen Elisabeth 2 angelegt. Ein Luxus-Liner der Extraklasse und das Schiff scheint kein Ende zu haben. Allein die Ausmaße der Küche (Kombüse kann man das nicht mehr nennen), die vom Pier aus zu sehen ist, dürfte ausreichen eine kleine Stadt zu versorgen. 18:15 Uhr Langsam wird es dunkel und erstmals kommt mein Kamerastativ zum Einsatz: die Front des Peninsula Hotels und des Regency fange ich noch schnell ein. Vor den Hotels sieht es aus wie auf dem Gebrauchtwagenmarkt - mit dem kleinen Unterschied, dass es sich um reichlich teure Wägelchen handelt: RR, Bentley, Mercedes, Jaguar, Porsche u.s.w. 18:45 Uhr Da sich vor mir die "Nathan Road" aufmacht, bietet es sich an ein erstens Shopping zu machen. 5 Minuten später habe ich auch schon 5 T-Shirt´s gekauft (und weitere sollten folgen...). Nur wenige Meter weiter geschah das, was Waldi vorausgesagt hatte: Nachdem ich mir bei einem Juwelier die Nase an der Schaufensterscheibe plattgedrückt habe, werde ich auch prompt von einem kleinen Chinesen angesprochen: "Do you want a Copy-Watch?" Logisch will ich und der unheimlich wichtig tuende Einmetersechzig nimmt mich in den 2.Stock einer äußerst spärlich beleuchteten Ladengasse mit. In einem mit zwei Stühlen, einem Tisch und einem Telefon ausgestatteten Büro (2 x 3m) zeigt er mir Fotos von diversen Uhren. Langweilige Breitling´s, unbekannte Irgendwas, einige Tag Heuer und diverse Rolex sind im Sortiment. Bis auf eine Rolex, die ich Holger mitbringen soll, ist nichts passendes in seinem Angebot. Das erste Angebot meines "Geschäftspartners" von 675 HK$ lehnte ich lächelnd ab. Nach einigem hin und her und einem konspirativen Anruf bei seinem Chef lässt er sich auf 280 HK$ herunterhandeln (womit er wahrscheinlich immer noch einen großen Gewinn macht). Die Tür geht auf und eine Hand reicht die Uhr in das Zimmer. Nach einem kurzen Funktionstest wechseln Geld und Ware die Besitzer. Nachdem der Deal über die Bühne ist, muss ich schon kräftig überlegen, wie es nun wieder an die frische Luft geht, den das Haus ist doch reichlich verwinkelt 19:30 Uhr Zurück im Hotel. Mittlerweile ist ein weiterer Hemdenwechsel fällig, denn die Luftfeuchtigkeit dürfte so bei 200% liegen. Für ein paar Minuten lasse ich Hong Kong mal´ Hong Kong sein und lege mich auf´s Bett. Das waren schon einige Meter die ich heute durch die Gegend getrabt bin und es soll ja noch weiter gehen... 20:15 Uhr Aufbruch in die Temple Street. Hier herrscht reges und vor allem buntes Treiben. Der Night-Market ist in vollem Gange. Aberhunderte von Verkaufsständen bieteen alles an was niemand braucht. Textilien, Telefone, Uhren, CD´s, Lederwaren, Elektronik.... ohne Ende Schnickschnack. Und jeder preist die Waren an als gäbe es morgen nichts davon zu kaufen. Angenehm untermalt wird dieses unterhaltsame Treiben von köstlichen Gerüchen aus den Garküchen, die etwa alle 10 Meter ihr Lager aufgeschlagen haben. Chinesen jeden Alters tummeln sich an und hinter Ständen die einfach auf der dafür gesperrten Straße aufgestellt sind. Etwas überrascht bin ich davon, dass ich einer der wenigen Touristen in der Menge bin. Der Night-Market scheint für die Chinesen eine Art Freiluft-Supermarkt zu sein. Meine Ausbeute der Nacht: 1 Aktentasche, 3 Elektronikspiele, 2 uralte chinesische Kupfermünzen, 1 Eisen-Budda usw. 22:45 Uhr Um mir beim Rückweg das Gedränge zu ersparen, gehe ich die Parallelstrasse, die Woosung Street zurück. Hier wird gefuttert was das Zeug hält. Offene, geschlossene und fahrbare Garküchen bieten Köstlichkeiten an, deren Herkunft wohl immer ein Geheimnis bleiben wird. Da die halbe Stadt in der Nacht beleuchtet wird, ist es auch nach der Dämmerung kein Problem sich zurecht zu finden. Die Stadtkarte braucht nicht bemüht zu werden um ins Hotel zurück zu finden. 09.03.1997 (So) - Fünfter Tag - Finance City-Tour 08:40 Uhr Endlich mal´ etwas ausschlafen. Eigentlich wollte ich heute bei dem Franzosen in der Peking-Road das Frühstück testen. Aber das wollten andere offensichtlich auch. Eine riesige Schlange am Buffet schreckt mich ab und treibt geradewegs an die Theke von McD. 09:30 Uhr Muffin´ und Coffee schmecken natürlich genial und bringen mich wieder auf Tour. Mit Bewunderung beobachte ich im Kowloon-Park eine Gruppe von Tai Chi Schülern. Auch zwei Schwertkämpfer duellieren sich mit unsichtbaren Feinden und lassen sich einfach durch nichts aus der Ruhe bringen. Wenige Meter weiter werden einer Kindertruppe die Grundlagen einer Kampfsportart beigebracht. Der Sonntag scheint hier der "Ertüchtigungstag" zu sein. 11:30 Uhr Zurück im Hotel stelle ich fest, dass die Formel 1 auch in Asien viele Freunde hat. Auf Chanel 5 im Hong Kong TV schaue ich mir Ferrari und Co. an. Nicht schlecht, dass ich für dieses Spektakel schon hellwach bin, während die Freunde zuhause gerade aus dem Schlaf gerissen wurden. 13:00 Uhr Aufbruch in Richtung Star-Ferry. Auf dem Weg dorthin, es geht wieder über die Nathan-Road, spricht mich wieder ein kleiner, etwas älterer Copy-Watch-Vertreter an. Auch seine Geschäftsräume befinden sich nicht in AAA-Lage. Wieder geht es über 2 Rolltreppen und dunkle Gänge in sein Office. Das Uhren-Angebot ist ebenfalls recht beschränkt. Jedoch gefällt mir eine Rolex-Daytona ausgesprochen gut. Diese Stahl-Version habe ich bisher noch nicht gesehen. Sein Erstangebot ist recht heftig: 900 HK$ sind indiskutabel und das Feilschen geht los. Nach kurzer Zeit haben wir uns auf 400 HK$ geeinigt und der Deal ist gemacht. An den Piers angekommen, geht es mit der Fähre für schlappe 2 HK$ nach Hong Kong Island. Im 5 Minuten Rhythmus werden hier ca. 500 Menschen auf den grünen Traditionsdampfern von Ufer zu Ufer gebracht. 14:00 Uhr Star Ferry Pier - Central District. Von hier aus starte ich einen 2,5 stündigen Erkundungstrip durch die Hochhausmetropole schlechthin. Auf fast allen Plätzen treffen sich am heutigen Sonntag die thailändischen Hausangestellten. An ihrem freien Tag wird geschnattert was das Zeug hält. Für die Familienangehörigen in Thailand werden LKWweise Pakete verschnürt und verladen um an dem bescheidenen Luxus teil zu haben, die sich die Zimmermädchen, Köchinnen und Reinigungskräfte in Hong Kong leisten können. In den Parks, die sich hinter den Hochhausreihen an den Victoria Peak lehnen, stehen reihenweise mit Blumen geschmückte Hochzeitskarossen. Heiraten scheint momentan sehr in Mode zu sein, denn mindestens hundert Pärchen tummeln sich im Grünen und lassen sich von mehr oder weniger professionellen Fotografen ablichten. Eine offenbar nicht gerade leichte Aufgabe, denn neben den glücklichen Paaren, tummeln sich tausende von Chinesen die den offiziell arbeitsfreien Tag unter freiem Himmel verbringen wollen. In der Nähe des Sitzes vom noch amtierenden Gouverneurs von Hong Kong staut sich der Verkehr. Und nicht nur die PKW´s stehen still - selbst die Fußgänger stauen sich auf offener Straße. Dumm für mich, dass ich genau in die andere Richtung möchte. Da heute der letzte Tag ist an dem der Arbeitsplatz des Gouverneuers besichtigt werden kann, bevor sich Rot-China dieses britische Kulturgut unter den Nagel reißt, will offenbar halb Hong Kong daran teilhaben. Nach einigen chinesischen Flüchen, die wahrscheinlich mir gelten, kann ich mich aus dem Stau befreien und in Richtung des Bankenviertels marschieren. Jedes Finanzunternehmen das etwas auf sich hält, hat hier eine Immobilie aufzuweisen. Hier wird ge- und verkauft, was das Zeug hält. Hauptsache man ist in den Medien, wenn gerade mal wieder ein 300m-Koloss zu ersteigern ist. Jedes dieser Hochhäuser protzt mit Marmor, Springbrunnen und riesigen Empfangshallen. Ob ich hier ein Girokonto eröffnen kann erscheint mir fraglich. 17:00 Uhr In der Causeway Bay erkenne ich die Metro-Station von Freitag-Abend wieder und entscheide mich spontan meine Füße zu schonen und die letzten (Kilo-)Meter unter Tage zu absolvieren. 18:00 Uhr Wieder im Hotel falle ich wie tot auf´s Bett. Junge Junge - die Wanderung heute war ganz schön heftig, aber sie war´s wert. Mit Waldi verabrede ich mich Morgen um 18:00 Uhr an alt bekannter Stelle. Nach einer dringend notwendigen Dusche heißt es Essenfassen: Als Sonntagsdinner gönne ich mir ein riesiges Big-Mäc-Menü (auf chines-oenglisch hört sich das jedoch etwa so an: "BiMäMenu") um für die nächste Tour ausreichend Kalorien zu tanken. 19:00 Uhr Es wird dunkel und die Zeit ist Reif für den Ladies Market in Monk Kog. Nach schlappen 10 Minuten erreiche ich zu Fuß die ersten Verkaufsstände. Ähnlich dem NightMarket gibt es hier alles zu kaufen, was sich unter dem weiten Himmel produzieren & offerieren lässt. Und ich schlage wieder zu. Nach dem obligatorischen Feilschen wechseln einige T-Shirts und Pullover den Besitzer. Auch eine echte falsche TAG-Heuer lasse ich mir nicht entgehen. Zur Belohnung gönne ich mir noch fritiertes Irgendwas für 6 $ HGK aus einer Garküche. Da der Spieß nicht (mehr) zappelt kann ich davon ausgehen, dass die Füllung so eine Art Gemüse war... 21:30 Uhr Zurück im Hotel entlocke ich mir letzte Energien und schreibe die ersten Postkarten die wahrscheinlich erst in x-Wochen zuhause ankommen werden. Da mir nach der 5000sten Karte kein neuer Vers mehr einfällt, schlafe ich fix und alle ein. 10.03.1997 (Mo) - Sechster Tag - Stanley Textil-Tour 07:00 Uhr Der blöde Radiowecker ist nicht tot zu kriegen und plärrt so vor sich hin... 07:01 Uhr Rabautz - der geht heute nicht mehr an. 08:40 Uhr So langsam wird der Straßenlärm selbst im 22. Stock zu laut - ich entsteige dem Bett. 09:20 Uhr Irgendwie sind die Gäste im Hotel heut morgen noch chinesischer als sonst es scheint, dass sich eine der vielen unwichtigen Kommissionen aus Peking im Hotel eingenistet hat. Dicke Hornbrillen, graue Jacketts, blaue Hosen und braune Schuhe sind ein Indiz dafür, das die Enkel Mao´s zu Besuch sind. Da die Jungs nicht einmal ein Foto wert wären, gehe ich zum Tagesgeschäft über: The same procedure as every morning McDonald erwartet mich mit dem Frühstück. 10:30 Uhr Nachdem weitere Postkarten mit Floskeln versehen wurden, geht es wieder in Richtung Star Ferry. Das erste Ziel soll heute ein Postamt sein, um die Grüße in die Heimat zu befördern. Briefkästen gibt es zwar an jeder Ecke, jedoch ist es schon schwieriger Briefmarken zu erstehen. Laut Stadtkarte ist das Hauptpostamt auf Hong Kong Island, d.h. es geht wieder über´s Wasser. Seltsam, heute gibt es an den Fähren gar keinen Massenauflauf - innerhalb von 5 Minuten bin ich an Bord und tuckere über das chinesische Meer. Die meisten der Passagiere sind offenbar jenseits der 60 Jahre. Ganz schön aktiv die asiatischen Rentner hier - die haben offensichtlich alle noch ein Nebengewerbe und wuseln deshalb so hektisch von A nach B. 11:15 Uhr Das Postamt ist schnell gefunden, jedoch das Warten am Schalter kommt mir irgendwie bekannt vor. Schnell sind die Märkchen auf die Post gebabbt (die schmecken übrigens auch nicht besser als die Zuhause) und weiter gehts. 11:30 Uhr Direkt neben der Post ist auch schon der Busbahnhof - ein Bahnhof der den Namen verdient, denn hier fahren Busse in alle Himmelsrichtungen ab. Praktisch am chinesischen Busfahren ist, dass man erst beim Aussteigen zahlt und der Fahrer das Geld nicht richtig nachzählt... Da hier alles recht üppig ausgeschildert ist, ist es ein Kinderspiel die Linie 6 nach Stanley zu finden. Und ab geht es ersteinmal wieder durch die Permanent-Rush-Hour der Stadt. Die Route kommt mir sehr bekannt vor, denn es ist die gleiche Strecke wie bei der Gratis Hong-Kong Tour vom dritten Tag. 12:15 Uhr Stanley-Bushaltestelle - was nun ?! Mehr als 10 Straßen scheint das Kaff´ nicht zu haben, aber dafür 10 x 10 Geschäfte. Größtenteils gibt es hier Textilien für Kinder, Rüschen-Blusen für Amerikaner und Polyester-Hemden für die Briten. Ich begnüge mich mit einer Skijacke (bei 30° C auf der Straße) und einem chinesischen Kaligraphie-Set mit einem Steinstempel. Das einzige was hier wirklich noch echt chinesisch ist, dürften die Nudeln in der Suppe sein, deren Geruch sich durch alle Gassen schleppt. Aber auch diesen Genuss kann ich mir verkneifen und nehme den erst besten Bus wieder zurück, denn auch landschaftlich gesehen ist hier nichts umwerfendes zu entdecken. 15:00 Uhr Zurück im Central District und noch schnell einen Blick ins Hard Rock Café bevor ich mit der Fähre wieder nach Kowloon übersetze. Auf Empfehlung von Waldi schaue ich mir in der Peking Road den CD-Laden "HVM" an ... eine Riesenauswahl. Hier dürften fast alle CD´s der Welt lagern - mit Sicherheit gibt es auch die verkannten Genies der deutschen Schlagerszene. 18:30 Uhr Mit Waldi geht es mit der Metro zum Computer-Mekka im Stadtteil Sham Shui Po. In einem der größeren Geschäfte gibt es auf 4 Etagen "Play-Station´s", Hard- und Software so weit das Auge reicht. Allein im Kellergeschoss bräuchte man Tage, um das ganze Angebot der Programme zu durchforsten. Dass es sich ausschließlich um Raubkopien handelt, braucht man sicherlich nicht besonders erwähnen. Kaum hat Bill Gates in Amerika ein Programm auf den Markt gebracht, ist es hier nur wenige Zeit später hier für schlappe 50 HK$ im Angebot. Ich kann der Verlockung nicht widerstehen und schlage ebenfalls zu. 21:00 Uhr In einer witzigen Kneipe ganz in der Nähe lasse ich mir bei weiteren San Miguel's einiges über die undurchsichtige Mentalität der kleinen gelben Menschen erzählen. Auch eine Kurzeinweisung in die verschiedenen Sprachen und deren Dialekte ist ein kurzweiliges Thema. Chinesisch - Kantonesich - Mandarin und wie sie alle heißen...unterscheiden sich um Welten, wenn es z.B. um die Zischlaute "Tsch" (Chinesisch), "Tsch" (Kantonesich) oder gar "Tsch" (Mandarin) geht. 22:00 Uhr Ende der Schulung. In Vorbereitung der ersten geschäftlichen Kontakte mit China (Waldi bot mir 150.000 Designer-Feuerzeuge zu je 3 US-$ an) verabschiedeten wir uns für dieses Jahr voneinander. We´ll keep in touch.... 11.03.1997 (Di) - Siebter Tag - The final day 08:00 Uhr Irgendwie in Bewußtsein des letzten Tages bin ich schon vor dem Radiowecker wach und lege die Strategie für heute fest. 09:00 Uhr Wenn die Mädels von MCD wüssten, dass ich heute abreise, hätte es den Muffin´ bestimmt gratis gegeben. Ein letztes mal begegnen mir die Tai Chi Boxer im Kowloon Park, denen es widerum mit Sicherheit nicht auffällt, wenn der Deutsche morgen nicht mehr da sein wird.... 09:30 Uhr Das Kofferpacken ist witzig, denn das Handgepäck ist schwerer als der Seesack - höhö. Ein letzter Blick in die Hosentasche bringt einen Haufen Kleingeld zu Tage... die Zimmermädchen werden sich freuen. 10:30 Uhr Check-Out. Die Nebenkostenabrechnung fällt bescheiden aus: Schlappe 4 HK$ für die Telefonate. Notgedrungen werden diese mit der Kreditkarte bezahlt, denn das Bargeld geht langsam zur Neige und ein Mittagessen sollte ja noch drin sein. Von 10:45 12:30 sitze ich in der Lobby und vertiefe mich wieder in den Hong Kong Roman, bei dem ich auf dem Hinflug bei Seite 120 hängengeblieben bin. 12:30 Uhr Jetzt muss ich mich bewegen und laufe noch mal zur Star-Ferry und in das klimatisierte Ocean Terminal. So langsam wird es nämlich ziemlich warm hier. 14:00 Uhr Der kleine Hunger zwischendurch meldet sich gewaltig. In einem mir noch unbekannten Einkaufscenter ganz in der Nähe finde ich so eine Art "Fress-Meile" mit Gerichten aus ganz Asien. Ich entscheide mich für Curry-Glasnudeln aus Thailand für schlappe 26 HK$. Nachdem die letzte Nudel verdrückt ist, sinke ich pappsatt in die Plastiksessel zurück und betrachte das riesige Durcheinander an den Nebentischen. Auf dem Rückweg ins Hotel erstehe ich noch eine kleine Fototasche die mir gerade recht kommt, denn der Rücksack ist ja im Seesack verstaut. 15:30 Uhr Wieder zurück im Hotel wird weitergelesen und weitergewartet. Bei Seite 200 des Romans tut mir dann wieder der Hintern weh und ich vertrete mir die Beine im Kowloon-Park. In dem kleinen Vogelpark am Ende des Parks gibt schon seltsames Geflügel zu sehn: Groß, bunt und ziemlich laut - eigentlich nix für´s Appartement. 19:30 Uhr Endlich geht es los. Aus mehreren Hotel´s werden die Touri´s eingesammelt, die leicht verschwitzt damit beschäftigt sind das schwere Gepäck in den Bus zu hieven. 20:30 Uhr Da die Landebahn genau an der Zubringerstraße endet, kann man jede Landung live aus nächster Nähe verfolgten und dem Piloten dabei förmlich in die Augen schauen. 20:45 Uhr Das Einchecken ist hier eine Prozedur für sich. Da an diesem Abend zwei Maschinen nach London fliegen ist die Hütte natürlich rappelvoll und der Kampf um die Plätze endet für mich mit 40H - ein Platz am Gang. 22:00 Uhr Boarding-Time: Die chinesischen Beamte blicken genauso grimmig wie bei der Landung. Offensichtlich gibt es hier nicht nur Dienstuniformen sondern auch Dienstgesichter.... 23:00 Uhr Und ab geht die Post. Es ist doch immer wieder gewaltig, wie dich hunderte von PS mit einem Stahlvogel in die Wolken katapultieren kann. Einfach genial. Nachdem wir Flughöhe erreicht haben, verdrücke ich mich in Reihe 38, die komplett frei ist und dazu noch einen Meter Beinfreiheit hat. Der Flug verläuft unspektakulär und ich lese was das Zeug hält. Die Mädels der British Airways servieren ein relativ verträgliches Mitternachtsdinner und werfen anschließend sofort einige Videofilme an. Die scheinen irgendwie heute keine Lust auf ihren Dienst zu haben. Nach einigen Etappen Lesen Schlafen - Lesen kommen wir London immer näher. Aber irgendwie kennt sich der Pilot wohl nicht so gut aus, denn der Rückflug dauert eine ganze Stunde länger (13 Std.). Ein wenig mürbe macht einen der Blick aus dem Fenster, denn seit nun insgesamt 17 Std. ist es nämlich dunkel draußen. Entweder sollen die Jungs schnellere Flieger bauen oder Mutter Erde sollte bei Ihren Drehungen mal einen Gang zurückschalten. 04:30 Uhr (MEZ) Der Kapitän meldet sich und plappert irgendwas von Nebel über der Hauptstadt des Empire. Na was soll man denn auch erwarten nach sieben Tagen Sonnenschein... 05:00 Uhr Touch Down. Nix wie raus aus der Maschine und wieder europäischen Sauerstoff atmen. Auf London-Heathrow ist um diese Uhrzeit nicht viel los. Das gähnende Bodenpersonal steht ein wenig fröstelnd am Gateway-Eingang. Noch zwei Stunden warten in der leeren Wartehalle. Da ein Flughafen bei Nacht nicht so spannend ist werfe ich mich in den bequemsten aller Wartesessel und lese zur Abwechslung mal wieder. 07:30 Uhr Endlich wird der Flug BA902 nach Frankfurt aufgerufen. Die Boing 767 ist fast ausgebucht. Ein ganzer Haufen britischer "Business-Män" in recht unmodernen blauen Anzügen drängelt sich in die Maschine und blubbert unverständliches Zeug. Im Gegensatz zu mir riechen die Jungs aber noch nach Duschgel und sehen alles in allem doch etwas frischer aus als ich. Mein Platznachbar legt letzte Hand an eine Präsentation der Dresdner Bank für den asiatischen Aktienmarkt. 08:15 Uhr Aufgrund des Nebels verspätet sich der Abflug um 30 Minuten. Und beinahe wäre ich deshalb nochmals eingenickt, aber was so eine richtige Boing ist, macht auch richtig Krach beim Start. Und schwups bin ich wieder hellwach. 08:30 Uhr Zeit ist Geld und die Mädels der BA legen sich mächtig ins Zeug um das Frühstück an den Mann zu bringen. Einige Becherchen Kaffee machen mich dann auch wieder fit und lassen Freude auf die Landung aufkommen. 09:30 Uhr Touch Down in Frankfurt bei herrlichem Sonnenschein. Wieder stelle ich die Uhr eine (10:30) Stunde vor. Pass, Zoll und was weiß´ ich für Kontrollen gehen zügig voran und meinen Seesack finde ich auch zwischen all´ den schicken Lederkoffern der Mitreisenden schnell heraus. Ein kurzer Blick auf den Fahrplan der Bundesbahn bestätigt meine Vorahnung: Um 11:04 - Gleis 3. Wie ein Irrer fege ich von Terminal 2 nach 1 und stürze mich die Rolltreppen hinunter. Just in diesem Moment fährt auch der IC in den Flughafenbahnhof ein. Erst als sich sitze, merke ich dass mir bei dieser Hetzjagd ein wenig warm geworden ist und ich ein wenig ins schwitzen gekommen bin. Kaum ausgehechelt will der total unfreundliche Schaffner auch schon mein Ticket sehen - was natürlich länger dauert weil es irgendwo in irgendeiner Tasche gaaaanz unten liegt. Nachdem auch diese Hürde geschafft ist, widme ich mich den letzten Seiten "der letzten Tage von Hong Kong". 12:15 Uhr Koblenz Hauptbahnhof. Diese Luft kommt mir sehr bekannt vor und tut verdammt gut und es schön wieder zu hause zu sein.