der diamant im antiken indien

Transcription

der diamant im antiken indien
der diamant im antiken indien
die liebesgeschichte zwischen mensch und diamant ist so alt, dass wir ihre ursprünge nicht mehr
zurückverfolgen können. vermutlich war es liebe auf den ersten blick: denn ein rohdiamant-kristall
ist oftmals von einer solchen schönheit und eleganz, dass er einen unwiderstehlichen charme
ausstrahlt. handelt es sich um einen gut ausgeprägten oktaeder, dann läßt seine perfektion
manchmal zweifel aufkommen, ob er wirklich ein zufallsprodukt der natur ist.
erst im vierzehnten jahrhundert erlangte der mensch das nötige wissen, um den diamant bearbeiten zu können.
da der diamant das härteste material ist, das wir kennen, war er bis dahin durch nichts bezwingbar. deswegen
war bis vor ein paar hundert jahren jeder diamant ein rohdiamant, und alle schriftstücke und überlieferungen
aus der antike und dem mittelalter beziehen sich immer nur auf rohdiamanten.
doch obwohl der diamant lange nicht bearbeitbar war, und somit nicht als schmuckstein benutzt wurde, war
er von anbeginn seines erscheinens bis ins 20. jahrhundert das teuerste, was es überhaupt gab. der hohe
wert und das ansehen dieser seltsamen, wohlgeformten und unbezwingbaren steine mit dem eigenartigen
glanz, beruhten wohl auf der erkenntnis, dass diese steine einen außer-gewöhnlichen ursprung und damit auch
außergewöhnliche kräfte haben müssen.
bis vor ein paar jahrhunderten wurden diamanten nur in indien gefunden. in der frühen antike waren diamanten
auch nur dort bekannt. erst in der zeit nach alexander des großen, kamen sie aus indien bis in den mittelmeerraum.
aus diesem grund spielt sich der allergrößte teil der geschichte des diamanten in indien ab.
es gibt ausreichend schriftliches material aus der zeit von 500 vor christus bis 500 nach christus, um erahnen
zu können, welche enorme gesellschaftliche rolle der diamant im alten indien spielte. es ist hoch interessant,
die alten sanskrittexte zu lesen. dabei wird einem vielfach klar, woher die eigenheiten des diamanthandels
kommen, welche im kontext der heutigen welt eigentlich unerklärlich sind.
in der aus dem 5. jahrhundert stammenden, indischen schrift „ratnapariksa“ (beurteilung der edelsteine), gibt der
verfasser unter anderem einen einblick in die schöpfungsgeschichte der diamanten: „wegen der großen kraft,
die die gelehrten dem diamanten beimessen, muss der diamant als erster (unter den edelsteinen) behandelt
werden....: die acht großen lagerstätten des diamanten sind: saurashtra (himalaya), in matanga, paundra,
kalinga, kosala, die ufer des vainya und des surpara. ....wenn sich irgendwo auf dieser welt ein diamant bildet,
vollkommen transparent, leicht, von schöner farbe, mit sehr gleichen flächen, ohne kratzer, ohne flecken, ohne
makel, ohne krähenfuß,
ohne zeichen eines bruchs – selbst, wenn dieser nur die größe eines atoms hat, dann ist er in
wahrheit ein geschenk eines gottes, vorausgesetzt, dass die ecken und kanten gut ausgebildet
sind...
wer .... immer einen diamanten trägt, mit scharfen spitzen, ohne flecken, ohne jeden fehler, dem
wächst jeden tag, solange sein leben währt, irgendetwas glückliches zu: kinder, reichtum, korn,
kühe, vieh….“
der diamant war im alten indien von solcher wichtigkeit, dass seine eigenschaften und
magischen kräfte bis ins letzte detail erforscht waren. alles war genau dokumentiert und wurde
im gesellschaftlichen leben sehr zielgenau eingesetzt. so wurden z.b. die farbnuancen des
diamanten in vier grundfarben unterteilt und den vier hauptkasten zugeordnet. die vier hauptkasten
in der indischen gesellschaft sind heute noch dieselben wie vor 2500 jahren: die brahmanen (die
priester, gelehrten etc), die kshatriyas (die krieger), die vaishyas (die geschäftsleute), die shudras
(die untere kaste, meist bauern und arbeiter). in den alten schriften werden die diamanten je nach
farbe in dieselben vier kastengruppen eingeteilt:
„der diamant hat entsprechend seiner kasten vier farben. der diamant, der den samtigen glanz
des perlmutts hat, des bergkristalls, des mondsteins, ist ein brahmane. der, der ein wenig rot ist,
affenbraun, schön und rein, wird kshatriya genannt. der vaishya hat eine glänzende, hellgelbe
farbe. der shudra glänzt wie ein blanker degen: nach seinem glanz machen ihn die kenner zur
vierten kaste.“
entsprechend der vier farben der diamanten, welche den vier grundkasten indiens zugeordnet
wurden, waren auch ihre glücksbringenden eigenschaften, also ihre inneren werte analog
ausgerichtet: der diamant der brahmanen-kaste war natürlich der wertvollste, da dies die oberste
kaste ist. der kshatriya, also der braune, brachte alle guten eigenschaften eines kriegers: mut,
körperliche stärke, etc. der vaishya, der diamant der händlerkaste, brachte reichtum und der
shudra, der diamant der bauernkaste brachte landwirtschaftliche prosperität.
die ratnapariksa berichtet:
„der könig, der entsprechend dem, was gesagt worden ist, einen schönen, hell funkelnden
diamanten trägt, besitzt eine kraft, die über alle anderen mächte triumphiert und wird zum herrn
des ganzen benachbarten landes…. wer einen kshatriya diamant trägt, wird vollkommen sein an
allen gliedern, tapfer, groß, unbesiegbar, furchtbar für seine feinde.
mut, körperliche und geistige frische, glück, geschicklichkeit, reichtum, das sind die früchte, die
man erntet, beim tragen eines vaishya. großen gewinn, überfluss an reichtümern und korn, güte
und gefälligkeit, das erhält man, wenn man einen shudra trägt. für einen shudra zahlt man auch
einen hohen preis, wenn er gute zeichen trägt. doch ist diese kaste ohnmächtig, wenn die guten
zeichen fehlen.“
die bemerkungen beim shudra bezüglich preis und guter zeichen, beziehen sich darauf, dass die
kaste der shudra ja eigentlich die niedrigste kaste ist. trotzdem ist auch ein shudra relativ teuer,
weil er gute erträge bringt, wenn die zeichen gut sind, also wenn der oktaederkristall acht gerade
flächen hat, zwölf scharfe kanten und sechs spitzige ecken.
weiter schreibt der verfasser der ratnapariksa:
„die gefahr eines frühen todes, schlangen, feuer, feinde, krankheiten, weichen weit zurück, sobald
ein haus der aufenthalt der vier kasten ist.“ wer es sich also leisten kann, diamanten der besten
qualität in allen vier farben zu besitzen, ist dann auch noch gegen alle allgemeinen unglücke
gefeit. offensichtlich potenziert sich die wirkung der einzelnen diamanten, wenn sie im kompletten
set auftreten.
die wissenschaft von den eigenschaften und wirkungen der diamanten war im alten indien so weit
entwickelt, dass es standard-nachschlagewerke dafür gab. die schrift ratnapariksa, verweist auf
sogenannte bücher der „ratnashastra“. ratna ist der sanskritname für edelstein. dieser begriff wird
heute noch verwendet. so gibt es z.b. in sri lanka die stadt „ratnapura“ (pura = stadt), in deren
umgebung die berühmten saphir-minen liegen. der begriff „shastra“ wird ebenfalls heute noch
verwendet und bedeutet „wissen“. die bücher der „ratnashastra“, auf die sich der verfasser der
ratnapariksa bezieht, waren also offensichtlich wissenschaftliche lehrbücher über edelsteine.
in diesen lehrbüchern wurden nicht nur die verschiedenen einschlussarten klassifiziert und ihre
wirkung auf den träger des diamanten beschrieben, sondern selbst die farbe der einschlüsse und
deren spezifische lage im diamant:
„der flecken tritt an drei orten auf, sagen die in den ratnashastra-büchern erfahrenen: an den
kanten, den winkeln und dem inneren des diamanten. im inneren, dann besteht gefahr durch
feuer, wenn an den kanten, dann droht gefahr durch schlangen, wenn in den winkeln, (bedeutet
es) ruhm. so urteilen die kenner. vier arten tropfen (einschlüsse) trifft man im diamanten an,
solche die gutes oder schlechtes bedeuten; man nennt sie avarta, vartika, raktabindu, yavakrti.
avarta hat als frucht ein langes und glückliches leben. vartika gesundheit; raktabindu den verlust
von frauen und kindern; yavakrti verbannung….
rot, gelb, weiß, dass sind die farben, die das gerstenkorn hat (eine bestimmte form von einschluss).
wir werden die guten und die schlechten eines jeden beschreiben. das rote gerstenkorn hat als
folge den verlust von elefanten und pferden; das gelbe den zerfall der familie; das weiße lange
dauer des lebens, korn, reichtum, glück.“
die wissenschaft der eigenschaften der diamanten und deren wirkung im alten indien war schier
unendlich. selbst die lage der falten in der oberfläche der rohdiamanten und alle erdenklichen
sonstigen merkmale, hatten alle eine ganz spezifische auswirkung auf den träger des steines.
obwohl wir keine direkte verbindung zwischen dem wissen der alten inder und dem heutigen
wertverhältnis zu graduierungsmerkmalen bei diamanten nachweisen können, so fällt doch auf,
dass es frappierend genaue parallelen zwischen damals und heute gibt.
der grund für die wertschätzung der diamanten heute ist seine herausragende stellung als
schmuckstein. durch den hohen brechungsindex (der diamant hat den höchsten brechungsindex,
den ein optisches material haben kann: 2,42) ist der diamant das einzige optische material, dem
es gelingt bis zu 100% des einfallenden lichtes wieder in die richtung zurückzuwerfen, aus der es
gekommen ist.
dies passiert durch doppelte totalreflexion an der rückwand im inneren des brillanten. kein anderer
edelstein wirft so viel licht zurück wie der diamant, oder funkelt so stark. abgesehen von dieser
einen besonderheit, wird dem diamanten heutzutage keine seiner anderen eigenschaften als
wertsteigernd angerechnet. die tatsache, dass der diamant z.b. der beste wärmeleiter ist, den es
gibt (besser als kupfer!), spielt für die damenwelt, und für den preis der steine, kaum eine rolle.
dies gilt auch für die anderen herausragenden eigenschaften, wie seine unübertroffene härte.
wenn die hohe lichtreflexion beim diamanten das einzig wichtige kriterium für seine stellung unter
den edelsteinen und für seinen hohen preis ist, dann ist das heutige preisverhältnis verschiedener
steine mit unterschiedlichen graduierungskriterien völlig unverständlich.
ein brillant, der lupenrein ist, wirft 100% des einfallenden lichts zurück. ein stein mit einer reinheit
von „si“ (= small inclusions) hat einen einschluss, der einen teil des lichtes zurückhält. somit wirft
ein brillant der si-qualität nicht 100% des einfallenden lichts zurück. deswegen kostet ein si-stein
weniger als ein lupenreiner brillant. allerdings hält der einschluss in einem si-stein normalerweise
nur ca 1 bis 2% des lichtes zurück. denn die fläche des einschlusses ist selten größer als 2% der
oberfläche des brillanten. der preisunterschied zwischen lupenreinen steinen und si-steinen ist
aber nicht nur 1 bis 2%. ein si-stein kostet, je nach größe und qualität, nur halb so viel oder nur
ein drittel von einem lupenreinen stein.
dieses missverhältnis erklärt sich aus dem preisverhältnis von absolut reinen steinen zu steinen
mit einschlüssen, im alten indien: „der diamant, behaftet selbst mit einem sehr kleinen, kaum
wahrnehmbaren fehler, hat nur ein zehntel oder noch weniger des wertes. der diamant, groß oder
klein, der mehrere erkennbare fehler hat, hat nicht mehr als ein hundertstel des wertes.“
diese äußerst strenge beurteilung der reinheit des diamanten im alten indien, hat bis heute
ihren einfluss auf unsere wertgestaltung. in der antike lag der grund für den niedrigen preis von
diamanten, die nicht rein waren, bei der verpatzten okkulten wirkung des steins. der stein wurde
ja damals nicht als schmuckstück genutzt. insofern war die optische wirkung des steines nicht
ausschlaggebend. und die große vorliebe für „lupenreine steine“ oder steine, die ganz rein sind,
hat auch heute nichts mit ihrer optischen wirkung zu tun. der optische unterschied zwischen einem
lupenreinen stein und einem stein mit der reinheitsstufe si2 ist nicht auszumachen. trotzdem
kostet ein lupenreiner stein das doppelte bis dreifache.
auch die vorliebe für weiße einschlüsse im vergleich zu schwarzen einschlüssen, welche auch
heute noch vorherrscht, ist in erster linie mit dem glauben an die okkulte wirkung, und nicht
mit optischen gründen zu erklären. auch heute noch ist in indien ein diamant mit schwarzen
einschlüssen nicht zu verkaufen. der glaube, dass ein diamant mit schwarzen einschlüssen
unglück bringt, ist dort nach wie vor weit verbreitet. bezüglich der lichtreflexion hat die farbe der
einschlüsse keine auswirkung. ein weißer einschluss blockiert den lichtfluss im stein genauso wie
ein dunkler.
die bedeutung der diamanten in der antiken indischen gesellschaft war so groß, dass es einen
eigenen berufsstand gab: den der „mandaline“, der diamantgutachter. auch heute noch hängt von
der entscheidung der diamantgutachter in den großen diamant-instituten viel ab. der laie kann
sich die bedeutung dieser institute nicht vorstellen.
es geht dabei einfach um sehr viel geld. ob ein stein gerade noch lupenrein ist, oder doch nur
vvs1, und ob er noch die farbe river D bekommt, oder doch nur river E , kann schon 40% des
verkaufswertes ausmachen. da ist die effektive neutralität des gutachters oft schon sehr unter
druck. und bei vielen instituten ist die objektivität der beurteilung einfach nicht gewährleistet. wir
empfehlen daher nur expertisen der institute GIA, HRD und DPL.
einen einblick in die macht der mandaline im alten indien, gibt ein jahrtausende alter sanskrittext:
„ein diamant soll so sein, dass die kanten, die flächen, die spitzen, die oberfläche, der kopf, die
gesuchten eigenschaften haben. man muss ihn zuerst auf der waage wiegen und danach seinen
preis bestimmen ….. mögen alle muni (= mädchen, hofdamen) hören, was die diamantkundigen
angeht. man rufe den mandalin, dessen beruf es ist, den preis festzusetzen. der, der einen diamant
als einen einheimischen und als aus einer der acht minen stammenden erkennt, oder als fremden,
aus anderen dvipa stammend, das ist ein mandalin. art, färbung, glanz, form, größe, qualitäten,
herkunft, nuance, preis, das sind die acht grundwerte, die zu beurteilen sind. diamanten werden
verkauft in folgenden gebieten: akara, purvadeca, kashmir, madhyadeca, ceylon und im industal. wenn jemand nicht einer der vier kasten angehört, wer verstümmelte glieder hat oder sonst
schlechte anzeichen, der darf weder beamter werden und noch weniger zugelassen werden zu
der zahl der mandaline.
sowie ein mandalin vorhanden ist, ziehen sich die sura, die daitya, die uraga, die graha sofort
zurück und kommen nicht in die mitte. dies ist nicht zu bezweifeln. man muss einen mandalin
von solchen qualitäten haben. aber es ist nicht leicht, einen zu finden, selbst im himmel, dem ort,
der einen solchen schatz bewahrt; dass der käufer, der respektvoll seine erfahrung angefordert
hat, dem hauptmandalin einen sitz anbietet, wohlgerüche, blumengirlanden; dass der zunächst
befragte kundige sorgfältig die qualitäten und die fehler prüft, dann den preis heimlich bekannt
macht mittels handzeichen.
es könnte vorkommen, dass der verkäufer ohne kenntnis den preis seiner steine festsetzt. sie
bilden kein hindernis für den leiter der mandaline. man schlägt einen niedrigen preis für einen
hochwertigen stein vor, einen hohen preis für einen geringwertigen, aus furcht, verwirrung, gier;
das unglück liegt immer auf den lippen. …. es gibt händler, die fordern einen übermäßigen preis
mit bezug auf eine eigenschaft. für sie gibt es weder fehler noch qualitäten. das muss der mandalin
prüfen. alle mandaline, als kenner der ratnashastra, bleiben unveränderlich unparteiische
schiedsrichter; aber es gibt viele, die sich bei der preisbildung von ort und zeit leiten lassen. man
findet bisweilen auch einen, vertraut mit text und sinn der shastra und fähig abzuschätzen alle
steine. man kann sich auf ihn allein verlassen, wenn man einen solchen zur hand hat, bei der
sorge um die preisfestsetzung.
es gibt gemeine menschen, die falsche diamanten herstellen. wer die shastra kennt, kann sie
entdecken durch probierstein, anschlagen und ritzversuche….“
erst mit dem feldzug alexanders des großen gelangten die ersten diamanten aus indien in den
mittelmeerraum. experten rätseln, ob der export von diamanten aus dem indien vor alexander
dem großen verboten gewesen sein könnte. manche historiker vermuten auch, dass der diamant
im alten indien zur besteuerung verwendet wurde. sollte dies so sein, dann wurden eventuell die
steuern bei den höheren gesellschaftsschichten (adel und großkaufleute) in diamanten festgelegt.
die frühe indische kultur war zu ihrer blütezeit der zeitgleichen ägyptischen kultur um einiges
voraus. das rad wurde z.b. in indien erfunden, nicht in ägypten. die alte indische philosophie
der veden und upanischaden ist so tiefgreifend, dass selbst schopenhauer sagte: „es gibt nichts
tröstlicheres, als die upanischaden zu lesen“.
es ist schwierig zu glauben, dass die herausragende stellung der diamanten in der alten indischen
kultur lediglich auf einem einfachen aberglauben beruhte. noch dazu in einem lande wie indien,
welches mit so viel energie und hingabe die welt der mystik und des okkultismus erforschte. ein
aberglaube kann sich vielleicht eine generation oder zwei, maximal drei generationen lang halten,
aber nicht über mehrere tausend jahre und nicht mit solch einer durchgreifenden auswirkung.
hinter dem phänomen diamant muss also noch etwas anderes stehen als nur reiner aberglaube.
zum einen sind es sicherlich psychologische faktoren wie z.b. das dem menschen eingebaute
streben nach perfektion. der exakt auskristallisierte oktaeder-rohdiamant stand vermutlich wie
nichts anderes als symbol für die perfektion schlechthin. dann die tatsache seiner härte und
unbezwingbarkeit. neben psychologischen gründen dürften auch gesellschaftspolitische gründe
die rolle des diamanten bedingt haben. vermutlich bestand ein bedarf an einem wertsymbol oder
auch statussymbol für könige und adelige - vielleicht auch nach einer art parallelwährung, welche
auf kleinem raum viel wert vereinte.
was den glauben an die okkulten kräfte des diamanten anbelangt, so gingen die inder, wie auch
wir, davon aus, dass es parallel zu der uns bekannten physischen welt, andere welten gibt, die
unserem mentalen wissen größtenteils verborgen bleiben. in der erforschung dieser welten
waren die alten inder spezialisten. letztendlich nehmen wir doch nur einen gewissen teil von dem
wahr, was existiert. ein vermutlich weitaus größerer teil von allem, bleibt unserer wahrnehmung
und unserem wissen verborgen. und dass der diamant in diesem, uns verborgenen teil der
schöpfung, eine spezielle stellung einnimmt, schien zumindest wahrscheinlich. es gibt kein
physisches material auf erden, welches so viele superlative besitzt wie der diamant: er ist das
härteste material; das material mit dem höchsten optischen brechungsindex; er ist der beste
wärmeleiter, den es gibt. und noch eine ganze reihe anderer superlative reihen sich auf die kette
der besonderheiten des diamanten. dass eine substanz aus so vielen verschiedenen bereichen
superlative auf sich vereinigt, zeigt, dass es ein ganz besonderes material ist. und dass in den
bereichen, die uns verborgen bleiben, der diamant ebenso herausragende qualitäten hat, kann
zumindest nicht widerlegt werden.
und so ist der wunsch, ein so außergewöhnliches stück perfektion der natur zu besitzen, sicherlich
berechtigt – genauso wie der glaube an die außergewöhnlichen kräfte dieses so seltenen und
in so vielen bereichen unübertroffenen kristalls. es erscheint angemessen, dass sich dieses
fantastische material an die spitze des wertgefüges einer ganzen kultur gesetzt hat, besonders
wenn wir uns im vergleich dazu die spitze des wertgefüges unserer heutigen kultur ansehen: das
auto.
die anfänge der diamantschleiferei
vielleicht erscheint es verwunderlich, warum erst im späten mittelalter, ca um 1350 nach christus,
die ersten schritte im handwerk des diamantschleifens gemacht wurden. eigentlich ist die
datierung des beginns der diamantschleifkunst auf das 14. jahrhundert sowieso falsch. in indien
wurden schon sehr viel früher diamanten „geschliffen“. doch handelte es sich dabei nicht um die
heute übliche facettierung und formgebung eines rohdiamanten.
während in europa der anreiz diamanten zu schleifen aus dem wunsch heraus geboren wurde,
neue schmucksteine zu entdecken, war dieser anreiz in indien nicht vorhanden. indien war reich
an edelsteinen. kaschmir hatte die besten saphire, burma die besten rubine und ganz indien
war voll von edelsteinvorkommen aller art. all diese edelsteine konnte man bearbeiten und zu
schmucksteinen schleifen. doch der diamant war etwas ganz anderes. er stand weit über all den
anderen edelsteinen. ihn zu einem schmuckstein zu schleifen, wäre eine degradierung gewesen.
außerdem war ein wohlgeformter rohdiamant-oktaeder so viel mehr wert als jeder schmuckstein,
dass niemand versucht hätte, ihn in einen schmuckstein zu verwandeln. hinzu kam natürlich die
tatsache, dass sich ein diamant nicht so einfach bearbeiten ließ wie ein anderer edelstein, da er
ja das härteste material überhaupt ist.
der anreiz, in indien einen rohdiamanten zu bearbeiten, lag einzig und alleine darin, eventuelle
fehler eines „beinahe perfekten“ steines zu beheben. wenn z.b. ein oktaeder auf einer oder
mehreren seiner acht facetten die üblichen dreiecks- oder fünfeck-relieffiguren zeigte.
perfekter oktaeder
oktaeder mit relief-zeichnungen auf
den flächen
in der alten indischen schrift ratnapariksha aus dem 5. jahrhundert steht:
„der diamant behaftet selbst mit einem sehr kleinen, kaum wahrnehmbaren fehler, hat nur ein
zehntel, oder noch weniger des wertes. der diamant, groß oder klein, der mehrere erkennbare
fehler hat, hat nicht mehr als ein hundertstel des wertes.“
einen sichtbaren einschluss im inneren des steines konnte man natürlich nicht korrigieren. aber
eventuelle relieffiguren an der oberfläche des steines ließen sich schon leichter abschleifen.
das problem bestand nur darin, dass es kein härteres material gab als den diamanten. womit sollte
man also solche defekte wegpolieren? das einzige material dazu war natürlich wieder der diamant.
da der wertzuwachs eines, selbst kleinen, diamanten so ungeheuerlich war, wenn es gelang,
eine unregelmäßigkeit wegzupolieren, war der anreiz natürlich enorm. selbst, wenn ein arbeiter
zehn jahre dazu brauchte einen einkaräter zu polieren, bis eine einzige kleine unregelmäßigkeit
verschwand, so war dies schon ein gutes geschäft. und so wurden denn schon sehr früh diamanten
mit diamanten poliert. dafür verwendete man irgendwann eine simple vorrichtung, welche bis ins
letzte jahrhundert in der panna-gegend in verwendung war. die gegend von panna ist die einzige,
in der man noch bis heute rohdiamanten in indien findet.
das diamant-schleif-brett ist ein einfaches instrument – meist kleiner als ein din A-4 blatt – bei
dem ein holzarm einen diamanten auf einem anderen diamanten hin und her wetzt. reibt man
lange genug den einen diamanten an dem anderen, so schleifen sich die diamanten gegenseitig
ab.
irgendwann ist dann bei dieser methode den diamantschleifern des alten indiens aufgefallen,
dass ihre methode manchmal relativ schnell zum ziel führt und manchmal überhaupt nicht. mit
etwas beobachtungsgabe fanden die inder dann irgendwann das große geheimnis heraus: der
diamant ist in sich selbst unterschiedlich hart! wenn man den oktaeder in einer bestimmten
position einspannt, und den bearbeitenden stein ebenfalls in einer bestimmten position, kann
man relativ gezielt und effektiv den oktaeder bearbeiten. denn ein diamant ist, wenn er in einer
„harten“ richtung eingesetzt wird, bis zu zehn mal härter als in einer „weichen“ richtung.
die weichen richtungen bei einem diamanten, sind auf der oktaeder- dreiecks-facette immer die
richtung von einer spitze des dreiecks zur mitte der gegenüberliegenden seite.
ein diamant, und zwar jeder diamant, hat nur ein paar wenige schleifebenen, und in jeder
schleifebene nur ein paar wenige schleifrichtungen. die schleifebenen sind:
a) die oktaeder-facette. also eine dreiecks-facette, welche
eigentlich acht mal beim oktaeder vorkommt. da jedoch
zwei ebenen immer parallel sind, gibt es also nur vier
wirkliche schleifebenen. man nennt diese ebene die
„dreipunkt-ebene“, da sie drei schleifrichtungen hat.
b) die oktaeder-kanten. diese kanten kommen beim
ok- taeder 12 mal vor. jedoch auch hier sind zwei
kanten immer parallel. deswegen gibt es insgesamt
sechs schleifebenen durch die kanten. in diesen
schleifebenen gibt es jeweils zwei schleifrichtungen,
welche 90 grad zur kante verlaufen. man nennt
deswegen diese ebenen die zweipunkt-ebenen.
c) die oktaeder-spitzen. man nennt sie auch die vierpunktebenen, da es hier vier schleifrichtungen gibt. der
ok-taeder hat sechs spitzen. da jeweils zwei spitzen
sich ge-genüber liegen, hat der oktaeder also drei
sogenannte vierpunkt-schleif-ebenen.
jeder diamant, egal welche form er hat, hat die oktaeder-kristall-struktur. selbst wenn ein
rohdiamant so aussieht wie ein häufchen rührei oder eine kartoffel, so hat er die kristallstruktur
eines oktaeders. und jeder rohdiamant, egal welche form er hat oder wie er aussieht, hat vier
dreipunkt-schleifebenen, hat sechs zweipunkt-schleifebenen und hat drei vierpunkt-schleifebenen.
somit hat jeder diamant insgesamt 4 x 3 + 6 x 2 + 3 x 4 = 36 weiche schleifrichtungen. alle
anderen ca. 100.000 (360 x 360) richtungen sind hart. eine abweichung von ein paar grad von
der eigentlichen schleifrichtung, bewirken schon, dass die härte so zunimmt, dass der diamant
kaum noch schleifbar ist.
die tatsache, dass sich die erkenntnis von der in sich unterschiedlichen härte des diamanten
in europa erst im 14. jahrhundert etablierte, liegt vermutlich daran, dass dieses wissen, wie
kein anderes, als geheimnis gehütet wurde. ähnlich wie im mittelalterlichen venedig die kunst
der spiegelherstellung oder im alten ägypten die kunst der glasherstellung als geheimnis
gehütet wurde, war sicherlich auch das diamantschleifen in indien eines der wohl-gehütetsten
betriebsgeheimnisse. jedenfalls gibt es keinerlei schriftliche aufzeichnungen über die kunst des
diamantschleifens im alten indien. irgendwann, vermutlich im späten mittelalter, fing man dann
in indien auch an, diamanten zu schmucksteinen zu schleifen. anfänglich wurden nur flache
diamanten zu ovalen briolets oder zu sogenannten „diamant-rosen“ geschliffen.
in europa kam die kunde, dass man diamanten bearbeiten kann, erst im 14. jahrhundert aus
indien. zu dieser zeit war zwar der diamant teurer als andere schmucksteine, doch nur deswegen,
weil er in indien so teuer war, und ja immer nur aus indien kommen konnte. da ein rohdiamant
für europäische verhältnisse sehr unscheinbar war, gab es auch kaum interesse solche steine
für viel geld aus indien zu importieren. und so kam es, dass es in ganz europa nur ganz
wenige rohdiamanten überhaupt gab. die allermeisten naturkundler, welche den diamanten in
ihren aufzeichnungen erwähnten (vermutlich inklusive plinius im alten rom) hatten nie jemals
einen diamanten gesehen. das zeigt sich auch aus der tatsache, dass fast alle europäischen
naturkundlichen aufzeichnungen über diamanten behaupten, der diamant würde sich im blute
eines ziegenbockes auflösen. wären damals tatsächlich diamanten verfügbar gewesen, hätte
sich dieser aberglaube kaum eineinhalb jahrtausende lang unter den naturwissenschaftlern
halten können.
die wenigen diamanten, die in europa überhaupt vorhanden waren, befanden sich im besitz von
königen oder würdenträgern und wurden wegen ihres hohen wertes und ihrer seltenheit meist zu
zeremoniellen oder rituellen zwecken verwendet.
im römischen kaiserreich war der diamant zwar bekannt und hatte als wertvollstes gut auf erden
eine prestigeträchtige stellung inne, doch wirklich verbreitet war er nicht. er wurde anscheinend
als insignium der macht symbolisch einem nachfolger übergeben, wenn ein wichtiger posten
übertragen wurde. so schreibt aelius spartianus im 4. jahrhundert: „während der zweiten expedition
nach dazien machte er (traianus) ihn (hadrian) zum oberbefehlshaber der zweiten minervischen
legion (dessen hauptlager befand sich im heutigen bonn) und nahm ihn mit sich. damals machten
ihn viele herausragende taten berühmt. darum gab traianus den diamanten, den er von nerva
empfangen hatte, und der ein zeichen für die nachfolgerschaft bildete, weiter.“
in europa nahm die kunst, diamanten zu schleifen, ihren anfang vermutlich in einer der handwerklich
fortgeschrittensten städten europas, in nürnberg. nürnberg war mit seinen handwerkszünften und
dem forschungsdrang ihrer bürger den übrigen europäischen städten in vielem überlegen.
so wurde in nürnberg nicht nur die überall berühmten lebkuchen hergestellt, sondern auch z.b.
weißblech oder bleistifte.
historiker behaupten zwar oft, die kunst diamanten zu schleifen nahm ihren anfang in paris,
bzw hätte sich in europa vornehmlich in paris entwickelt. dies ist aber nicht ganz richtig. die
erste schriftliche erwähnung von dem schleifen von diamanten in europa stammt aus nürnberg.
dort gab es z.b. schon in 1375 eine „zunft“ der diamantschleifer. zu diesem frühen datum liegen
keinerlei schriftliche aufzeichnungen über diamantschleif-aktivitäten aus paris oder irgendeiner
anderen europäischen stadt vor.
mit der möglichkeit, rohdiamanten zu schmucksteinen zu verarbeiten, gewann das diamantschleifen
eine völlig neue dimension. der prunksucht und dem prestigebedürfnis europäischer adelshäuser
waren in der damaligen zeit fast keine grenzen gesetzt. und so war paris natürlich einer der
gewinnträchtigsten orte, wo man die neuen produkte verkaufen konnte. so verwundert es nicht,
dass die erste schriftliche aufzeichnung, die auf das diamantschleifen in paris hinweist, einen
diamantschleifer mit namen „herman“ erwähnt. die aufzeichnung ist datiert auf 1407. offensichtlich
handelte es sich um einen nürnberger diamantschleifer, der nach paris gezogen war und dort
seine große karriere machte.
bis dahin war das diamantschleifen immer noch eine kunst, welche ohne schleifscheibe
stattfand. das aus indien kommende diamant-schleifbrett war inzwischen in nürnberg durch eine
fortgeschrittenere technik ersetzt worden. man „imprägnierte“ eine tischplatte mit diamantpulver
und rieb darüber den zu schleifenden diamanten. diese methode war aufwendig und langwierig,
führte aber zum erfolg. vom prinzip her gibt es keinen unterschied zum heutigen verfahren. die
in allen verschiedenen schleifrichtungen ausgestreuten diamantkristalle schleifen den in weicher
richtung über die tischplatte scheuernden diamanten und erzeugen eine facette.
einen ganz entscheidenden durchbruch in der schleifkunst gelang dem flämischen diamantschleifer
lodewyk van berquem aus brugge. van berquem entdeckte, dass man diamanten mit ihrem
eigenen diamantstaub schleifen konnte und entwickelte die diamantschleifscheibe. und seit
dieser zeit, seit der zweiten hälfte des 15. jahrhunderts, hat sich an der schleiftechnik nicht mehr
viel geändert. was zu einem späteren zeitpunkt hinzu kam, war das sägen der diamanten und
das reiben der rundiste. aber die technik des schleifens oder facettierens der diamanten, ist heute
noch genau die gleiche wie ende des 15. jahrhunderts.
der diamant in der neuzeit
zu beginn der neuzeit, also zur zeit als christopher columbus amerika entdeckte, war die diamantschleifkunst in
europa noch keine 150 jahre alt. aus indien hatte sich das wissen in der ersten hälfte des 14. jahrhunderts nach
europa ausgeweitet. doch bis ins jahr 1729 wurden rohdiamanten nur in indien gefunden.
die facettierten diamanten, die man jetzt auch als schmucksteine verwenden konnte, eroberten sofort die herzen
des europäischen adels und der high society. die europäischen königshäuser hatten einen enormen bedarf an
prunk und pomp, was teil des systems war. anstatt seine macht und stärke mit einer flotte an kriegsschiffen
oder einer großen armee zu demonstrieren, verwendete man das geld eher auf prestige-symbole, welche keine
laufenden kosten verursachten, wie z.b. auf juwelen. außerdem brauchte man interessante objekte, in die man
seinen enormen reichtum investieren konnte. da kam der gerade erst geborene schmuckdiamant wie gerufen.
gleichzeitig war es für den aufkommenden europäischen diamantmarkt ein vorteil, dass england ganz indien
kolonialisierte. so wie die spanier den indios südamerikas all ihr gold und ihre perlen abnahmen, so plünderten
die engländer indische tempel und königshäuser und schafften enorme mengen diamanten nach england. von
dort aus wurden sie dann nach frankreich, spanien, italien und andere europäische länder verkauft.
während im mittelalter der indische rohdiamant, mit ganz wenigen ausnahmen den weg nach europa nie
schaffte, avancierte er zu beginn der neuzeit zum begehrtesten gut auf erden.
welche bedeutung und welche finanziellen ausmaße diese vorliebe für diamanten im europa der neuzeit
annahm, zeigt die affäre von marie antoinette und dem diamantkollier. einige historiker behaupten sogar, dass
die affaire mit dem diamantkollier mit ein auslöser für die französische revolution gewesen sei:
als marie antoinette 1774 könig ludwig XVI. heiratete und königin von frankreich wurde, war sie noch ein
teenager. sie war aber schon bekannt für ihre außergewöhnliche schönheit sowie für ihre extravaganzen und
liebesaffären. ihr ruf als verschwenderische und nicht gerade sehr moralische first lady hatte schon bald eine
tiefe abneigung des französischen volkes ihr gegenüber zur folge.
zwei jahre vor ihrer heirat hatte ihr zukünftiger schwiegervater, könig ludwig XV. bei dem berühmten pariser
juwelier charles boehmer ein diamantkollier in auftrag gegeben. dieses kollier war für die geliebte ludwigs XV.,
madame du barry, bestimmt und wäre das kostspieligste geschenk der geschichte geworden, welches ein könig
je seiner maitresse gemacht hatte. als das kollier fertig war, hatte es diamanten von einem gesamtgewicht von
2800 karat! es bestand aus einer gleichlaufenden reihe von 17 stück 8-karätern, darunter ein dreireihiger kranz
von diamanten, von denen wiederum diamanten als anhänger herabbaumelten. als abschluss hatte das kollier
eine zweireihige diamantkette im verlauf, wobei der größte stein 11 karat wog. das kollier hatte einen preis von
zwei millionen livres, welches umgerechnet heute etwas über 100 millionen dollar wären.
unglücklicherweise starb könig ludwig XV. noch bevor das kollier fertig wurde und konnte so
madame du barry sein geschenk nicht mehr machen. mit dem tod ihres schwiegervaters verbannte
marie antoinette die ihr verhasste madame du barry von ihrem hof, und juwelier boehmer versuchte
nun das kollier an könig ludwig XVI. zu verkaufen. diesem jedoch war es zu teuer. um nicht dumm
da zu stehen, beteuerte marie antoinette, sie würde sich weigern, das kollier jemals anzuziehen,
da es unter ihrer würde sei schmuck zu tragen, welcher für eine unadelige kurtisane angefertigt
worden sei.
das kollier wurde zum stadtgespräch und erweckte besonderes interesse bei einer adeligen
hofdame, gräfin de la motte. ihre edle abstammung gab ihr zwar das recht, sich frei am hofe zu
bewegen, sie spielte aber sonst eine eher unglückliche nebenrolle am hof.
die gräfin ersann einen meisterhaften plan sich das kollier anzueignen, indem sie sich geschickt
ihr wissen über die psychologischen eigenheiten der verschiedenen akteure am hof zu nutze
machte. die hauptfigur ihres spiels war kardinal rohan, welcher bei marie antoinette in ungnade
gefallen war.
gräfin de la motte wusste, dass der kardinal darauf brannte, sich bei der königin wieder
einzuschmeicheln und gab sich ihm gegenüber als die vertraute der königin aus. indem sie
die unterschrift der königin fälschte, konnte sie kardinal rohan davon überzeugen, dass marie
antoinette das kollier unbedingt haben wollte, und ihn damit beauftragte, im geheimen einen
besseren preis dafür aus zu handeln.
der kardinal tat, wozu ihn seiner meinung nach die königin beauftragt hatte und schöpfte keinen
verdacht. schließlich kam es zum vertragsabschluss zwischen kardinal rohan und juwelier
boehmer. der kardinal nahm das kollier für die königin entgegen und händigte es an gräfin de la
motte aus.
die ahnungslose marie antoinette probte gerade für eine rolle, die sie in dem stück „die hochzeit
des figaro“ spielen sollte, als ihr die rechnung von juwelier boehmer für das kollier zugestellt wurde.
als juwelier boehmer keine zahlung erhielt, fuhr er nach versailles und brachte den gefälschten
brief mit der unterschrift der königin mit, welcher kardinal rohan autorisierte das kollier in empfang
zu nehmen. könig ludwig der XVI. und marie antoinette waren wütend und ließen kardinal rohan
verhaften.
kardinal rohan war das ranghöchste oberhaupt des französischen klerus, womit nun der skandal
perfekt war. die französische bürgerschaft war wütend. schließlich konnte auch gräfin de la
motte verhaftet werden, beteuerte aber, es war marie antoinette, welche sie mit dem verdeckten
geschäft beauftragt hatte.
auf anraten der berater des königs, wurde kardinal rohan frei gelassen. am gleichen abend zeigte
sich die königin bei einer gala in der pariser oper, wo sie von einer wütenden menge von pariser
bürgern empfangen wurde, welche ihr beschimpfungen und androhungen entgegen schrieen.
wie sich später heraus stellte, war eben diese nacht der anfang der französischen revolution.
der anbruch des neuen zeitalters
des diamanten und das diamant-syndikat
im selben jahrhundert, in der die französische revolution stattfand, gab es in der welt der diamanten
eine entscheidende wende: 1729 fand man in brasilien in der schwemmlagerstätte eines flusses
diamanten. bis zu diesem zeitpunkt wurden diamanten nur in indien gefunden! das mehrere
jahrtausende währende monopol indiens war damit gebrochen. im jahre 1866 fand man dann
auch diamanten in südafrika, ebenfalls in einer sogenannten „sekundärlagerstätte“, also einem
flussbett.
die erste primärlagerstätte, eine kimberlit-pipe, in der durch vulkanische aktivität diamanten an
die erdoberfläche gekommen waren, fand man 1871 ebenfalls in südafrika.
der beginn des zwanzigsten jahrhunderts war dann die zeit der großen entdeckung von
diamantvorkommen in afrika: 1907 im kongo, 1908 in namibia, 1913 in der republik zentralafrika,
1913 in tansania, 1916 in angola, 1920 in ghana. in den dreißiger jahren in guinea, sierra leone
und der elfenbeinküste. gegen mitte des zwanzigsten jahrhunderts wurden 99% aller diamanten
dieser welt in afrika gefördert.
die sich erschöpfenden vorkommen in indien und die im vergleich dazu riesigen vorkommen
südafrikas brachten ein neues element in die weltordnung der diamanten: die firma de beers, das
„diamant-kartell“.
mit dem aufblühen der afrikanischen diamantvorkommen wurde die macht de beers über den
diamantmarkt fast unbegrenzt. bei den afrikanischen minen hatte de beers fast überall das sagen.
doch dann wurden in den fünziger jahren plötzlich in sibirien diamanten entdeckt. und zwar in
primärlagerstätten.
der abbau unter sibirischen bedingungen, im ewigen eis unter der erde, war nicht einfach. doch der
devisenhunger russlands im kalten krieg und die ergiebigen funde, machten die diamantvorkommen
aus yakutien schon bald zu einer ersten ernsthaften konkurrenz von de beers.
man entdeckte schließlich in über 20 kimberlitröhren sibiriens diamanten und anfang der sechziger
jahre mischte russland auf dem internationalen diamantmarkt kräftig mit.
1978 entdeckte man beträchtliche diamantvorkommen in nordwest-australien und später in
kanada. de beers versuchte zunächst mit aller macht auch diese vorkommen zu kontrollieren,
oder zumindest mit von der partie zu sein. später jedoch zog sich de beers aus australien ganz
zurück, da die lizenzgebühren und die förderkosten so hoch waren, dass sich das geschäft für de
beers nicht rentierte.
de beers hatte einfach bessere und billigere quellen im südlichen afrika an der hand.
der einfluß de beers schwand, bis de beers schließlich zur jahrtausendwende nur noch ca 30%
der weltweiten diamantförderung kontrollierte. nichts desto trotz genügt dies, um den weltweiten
diamantpreis immer noch fest im griff zu haben.
das diamant-kartell: de beers
in der zweiten hälfte des 19. jahrhunderts, im südlichen oranje-freistaat der republik südafrika, 100 km westlich
von bloemfontain, betrieben die beiden brüder johannes nicolaas und diederik arnoldus de beers eine farm.
südafrika wurde zu dieser zeit von landwirschaft getragen, die von weißen einwanderern, vorwiegend aus
holland aber auch england und anderen europäischen ländern, betrieben wurde. die gegend war fruchtbar,
aber die arbeit knochenhart und ein ständiger kampf.
im jahre 1866 findet ein gewisser erasmus jacobs am ufer des oranjeflusses auf der farm der brüder de beers
einen seltsamen weißen kieselstein. die überraschung ist groß, als sich herausstellt, dass es sich bei dem fund
um einen 21,25 ct großen diamanten handelt. bald werden weitere diamanten gefunden. 5 jahre später, 1871,
unweit der farm an den hängen des colesberg kopje sogar ein 83,50 ct großer diamant.
die funde lösen einen „diamond-rush“ aus, und zu tausenden strömen die weißen farmer zu den ufern des
oranjeflusses und zu dem hügel des colesberg kopje. die massen an diamantsuchern lassen sich nicht mehr
aufhalten und die eigentümer der farm unterteilen ihr land in parzellen und versteigern die schürfrechte, die
sogenannten „claims“.
die beiden brüder de beers verlassen die gegend und haben im prinzip nichts von der ganzen sache. doch ihr
name wird in die geschichte eingehen, denn die dort später entstehende mine und die daraus resultierende
minengesellschaft wird ihren namen tragen.
die schwemmlagerstätten des oranjeflusses sind bald durchgesiebt und der diamanthaltige
colesberg hügel verschwunden. die diamantsucher graben sich tiefer und tiefer in die erde ein. es
entsteht das legendäre große loch, das „big hole“. als die kunde von den lukrativen diamantfunden
nach england dringt, annektiert england die ganze gegend, sehr zum unmut der regierung des
orjanje-freistaats, die die gegend eigentlich beanspruchte. die neben dem „big hole“ entstandene
neue stadt, die „new rush“, wird 1873 in „kimberley“ umbenannt, nach dem damaligen englischen
gouverneur john wodehouse, 1st earl of kimberley.
auch sein name macht geschichte, denn nach ihm werden in zukunft alle primärlagerstätten von
diamanten benannt, die sogenannten „kimberley pipes“.
schon bald wird das abbauen von diamanten schwieriger und schwieriger. das big hole dringt so
tief in die erde ein, dass unmengen erdreich abgetragen werden müssen, um an die begehrten
diamanten zu kommen. einzelne diamantsucher können jetzt nichts mehr ausrichten und müssen
sich zu gruppen zusammen schließen.
dies ist die stunde einiger cleverer geschäftsleute der gegend, vor allem von cecil rhodes und
barney barnato. barney barnato war ein einfacher mann des volkes, der mit viel glück durch gute
diamantfunde vermögen gemacht hatte. cecil rhodes war der clevere gerissene geschäftsmann,
der selbst nicht diamanten suchte, sondern pumpen an die diamantsucher zu wucherpreisen
verlieh.
beide kauften jetzt die claims der diamantsucher auf, die für diese praktisch wertlos geworden
waren und gründeten eigene minengesellschaften. es entfesselt sich ein heftiger kampf um die
vorherrschaft auf den minenfeldern. schließlich gelingt es barnato im jahre 1887 die vorherrschaft
in der kimberley mine zu erlangen. doch barnato war ein einfacher mann aus dem volk, und
im englischen adel, bei den banken und behörden auf verlorenen posten. so schloß er sich
schließlich mit seinem konkurrenten rhodes zusammen und am 12. märz 1988 wurde die „de
beers consolidated mines“ mit cecil rhodes als vorsitzenden gegründet. dieser firma gehörte nun
über 75% der kimberley mine und die komplette de beers mine. von da an baute de beers zug um
zug ihre vorherrschaft aus, so dass ihr schließlich fast alle minen-claims in südafrika unterstanden.
rhodes und barnato setzten bei ihrem vormarsch auch fremdes kapital ein, indem sie ihre firma
als aktiengesellschaft gründeten.
die ganze operation in südafrika hatte jedoch von anfang an ein problem: es wurden viel zu viele
diamanten gefunden. bis zu dem ersten südafrikanischen diamantfund 1866, wurde der komplette
weltmarkt von brasilien aus beliefert. die lagerstätten in indien waren erschöpft und brasilien war
weltweit der einzige große lieferant für diamanten. doch die funde in südafrika waren gigantisch
im vergleich zu den brasilianischen.
1871, als der erste große diamant am hang des colesberg copje gefunden wurde, betrug die
produktion der claims auf der ehemaligen de beers farm und am colesberg bereits 269.000 karat!
1872 war die produktion bereits sechsmal so groß wie die gesamtproduktion brasiliens. 1873
wurden in südafrika bereits 1.080.000 karat diamanten gefördert, und 1877 insgesamt 1.765.000
karat. dies war eindeutig zu viel um den preis stabil zu halten. während 1871 und 1873 die
diamanten vor ort noch 1,5 englische pfund pro karat einbrachten, sank der preis bis 1877 auf
knapp unter ein pfund pro karat. ein englisches pfund hatte zur damaligen zeit eine kaufkraft, die
heute etwa 200 euro entsprechen würden.
die anfänge der diamantförderung in der gegend der de beers farm und der kimberly mine waren
chaotisch und unorganisiert. es gab kaum eine geordnete verbindung zur außenwelt. bis 1877
gab es keine telegraphische verbindung zur stadt kimberley und erst 1885 konnte man die
gegend per zug erreichen. aufkäufer vor allem aus london und amsterdam kamen in scharen zu
den minenfeldern und versuchten für möglichst wenig geld den schürfern ihre steine abzukaufen.
schürfer, die einen guten fund gemacht hatten und mit dem angebot der aufkäufer nicht zufrieden
waren, reisten mit ihren steinen an die küste und versuchten ihre diamanten in cape town zu
verkaufen, oder fuhren sogar mit dem nächsten dampfschiff nach london. nicht selten erziehlten
sie dort noch weniger als ihnen die aufkäufer geboten hatten, und sie brachten ihre steine zurück
nach südafrika.
in all diesem chaos, wo sich aufkäufer und schürfer unter- und überboten; wo die preise für
diamanten ständig fielen, wo die kosten für pumpen und gerät, sowie für die steuern, die auf
einmal auf das diamantschürfen erhoben wurden, drastisch stiegen, kam plötzlich panik unter
den claim-besitzern auf. man befürchtete, dass der wert der diamanten so stark fallen könnte,
dass das diamant-schürfen unrentabel werden würde.
1872 kam, mit vielen anderen, ein aufkäufer aus london, mit namen „anton dinkelsbuhler“ er war
für die firma „mosenthals“ tätig. welche position er in dieser firma hatte, und welches finanzielle
arrangement hinter seiner tätigkeit stand, wurde nie ganz klar. doch nach und nach wurde er zum
größten aufkäufer vor ort. das geschäft mit diamantaufkäufern in gegenden von diamantminen ist
eine wissenschaft für sich.
es ist völlig unkontrollierbar und oftmals macht der aufkäufer, welcher ja eigentlich nur angestellter
der einkaufenden firma ist, mehr geld, als die firma, für die er arbeitet. denn das geschäft läuft
immer nur mit bargeld ab, und ob der aufkäufer die günstigen preise, die er aushandelt, auch an
seine firma weiter gibt, oder für sich selbst noch eine gewinnspanne einbaut, kann nicht kontrolliert
werden. der ehrenwerte mr. dinkelsbuhler jedenfalls blieb vier jahre ununterbrochen in südafrika,
bevor er seinen ersten urlaub per schiff nach london antrat. in diesen vieren jahren gab er laut
eigenen angaben über eine million pfund für diamanten aus. schließlich hatte er auch noch einen
prozess am hals wegen aufkaufen eines unrechtmäßig erworbenen diamanten.
als er nach england zurückkehrte, war er einer der reichsten männer der diamantbranche und
eröffnete seine eigene diamantfirma in london.
nachdem cecil rhodes es geschafft hatte, die diamantschürfer unter einen hut zu bringen und
in einer einzigen minengesellschaft zusammen zu fassen, und 1887 schließlich sämtliche
diamantschürfaktivitäten in südafrika der de beers consolidated mines unterstanden, landete er
nun einen zweiten coup, der die macht der firma de beers komplett machte. er gründete noch
im gleichen jahr das „diamond syndicate“ in kimberley, welches als einzige organisation die
diamanten der firma de beers verkaufte. diese wiederum schloss einen vertrag mit dem aufkäufer
anton dinkelsbuhler, der nun einen großen teil der diamanten von de beers übernahm und in
london verkaufte.
somit waren zwei aktivitäten monopolisiert: das schürfen der diamanten und der verkauf dieser
diamanten. ab 1887 war damit der diamantpreis weltweit kein freier marktpreis mehr. die de beers
consolidated mines und das diamond syndicate von kimberley kontrollierten in welchselbeziehung
den abbau und den verkauf der diamanten und damit ihren preis. gab es schwierigkeiten beim
absatz, so hielt die firma de beers diamanten zurück; verlangte der markt nach mehr steinen, so
erhöhte de beers den verkauf.
erschwerend kam jedoch hinzu, dass immer mehr diamantlagerstätten gefunden wurden. und de
beers war gezwungen immer weitere neue minen unter ihre kontrolle zu bringen.
1902 gerät die macht der de beers consolidated mines noch einmal ins wanken. eine neue
diamantmine in südafrika, die „cullinan“ mine, weigert sich hartnäckig, mit de beers zusammen
zu arbeiten und besteht darauf, ihre diamanten unabhängig zu vermarkten. die mine wird bald
so erfolgreich, dass sie mehr diamanten zu tage bringt als alle anderen südafrikanischen minen
zusammen. 1905 wird dort der berühmte cullinan diamond gefunden, ein rohdiamant von 3106
karat, von exzellenter farbe und reinheit.
die macht der de beers consolidated mines und des diamond syndicate von kimberley droht zu
zerbrechen.
doch da taucht ein zunächst völlig unbedeutender neueinsteiger auf, mit dem niemand gerechnet
hatte, dem alle misstrauten und den damals kaum jemand leiden konnte: ernst oppenheimer. ein
deutscher einwanderer nach südafrika, geboren als achtes kind seiner eltern 1880 in friedheim.
durch seine familie hatte er gute kontakte im weltweiten diamanthandel, und in sachen intelligenz
und geschäftssinn übertraf er alle: cecil rhodes, anton dinkelsbuhler, die direktoren der de beers
consolidated mines und die ehrenwerten händler, die im diamond syndicate von kimberley
zusammengefasst waren.
zwei der 4 älteren brüder von ernst oppenheimer waren im diamantgeschäft tätig und sein
jüngerer bruder luis war partner in der firma von anton dinkelsbuhler. außerdem gab es familiäre
verknüpfungen zu dinkelsbuhler: ein cousin von ernst oppenheimer war verheiratet mit einer
cousine von anton dinkelsbuhler.
als ernst oppenheimer 1902 nach südafrika einreiste, kam er als repräsentant der firma
dinkelsbuhler. er kaufte nicht nur diamanten von dem diamond syndicate in kimberley, sondern
vor allem auch von der neuen cullinan mine. oppenheimer fing ganz klein in südafrika an und
begann seine karriere als unbedeutender büroangestellter. durch seinen ältesten bruder bernhard
und seinen 10 jahre jüngeren bruder luis hatte er jedoch genügend kontakte und erwarb sich
schließlich nicht nur im diamant-, sondern vor allem auch im goldgeschäft einen namen. obwohl
er als kleiner angestellter die szene betrat, machte er innerhalb kürzester zeit unheimlich viel
geld und gründete schließlich die „anglo american corporation of south africa“, welche einen
bedeutenden anteil an südafrikas goldförderung innehatte. seine wirkliche ambition jedoch war
immer, einen platz auf der direktoren bank der de beers mining corporation zu bekommen. doch
die direktoren von de beers misstrauten ihm, betrachteten ihn als seltsamen neureichen, und
blockierten seinen aufstieg ins direktorium über mehrere jahrzehnte.
ernst oppenheimer jedoch kaufte heimlich alles an aktien der de beers consolidated mines auf,
was zum verkauf kam, und konnte schließlich die mehrheit der aktien von de beers erlangen.
wenig später hatte ernst oppenheimer die kompletten anteile der de beers consolidated mines
aufgekauft und somit die firma de beers zu einem privatunternehmen der familie oppenheimer
gemacht.
1926 machte er dann noch mal einen schritt und gründete in london die „central selling organisation“,
die cso. ab dann wurden die südafrikanischen diamanten nur noch in london verkauft, und zwar
zehnmal im jahr an eine kleine anzahl von „sight-holders“.
das geschäft läuft heute, gut 80 jahre später, immer noch nach den gleichen regeln ab wie damals.
etwa einmal im monat treffen sich alle konzessionäre, die sogenannten „sight-holders“ in london
und nehmen ihre „box“ entgegen. die anzahl der sightholders ist stark begrenzt. im moment sind
es ca. vierzig. jeder sightholder hat einen ganz bestimmten, immer gleichen betrag für seine box
zu bezahlen, z.b. 35 millionen dollar. bezahlt wird im voraus. ein sightholder kann nur einmal
die annahme der box verweigern. beim zweiten mal scheidet er automatisch aus dem kreis als
sightholder aus.
was in der box drin ist, kann der sightholder nicht bestimmen. dies bestimmt de beers. und je
nachdem, ob de beers die preise der diamanten teurer oder billiger machen möchte, packt die
central selling organisation eben mehr oder weniger in die box.
die sightholder sind völlig von de beers abhängig und haben keinerlei mitsprache oder vetorecht.
sie müssen an de beers jährliche berichte über ihre tätigkeit abliefern und werden von den
managern von de beers gezwungen, jede neue verkaufsstrategie mitzumachen.
die weltsituation im diamanthandel hat sich inzwischen gravierend verändert. zu beginn der
großen diamantfunde in südafrika und in der ersten hälfte des 20. jahrhunderts, sah es so aus,
dass eine unmenge an diamanten einem begrenzt aufnahmefähigem markt gegenüber standen.
de beers hielt ganz gezielt die mengen an diamanten zurück und belieferte den weltmarkt nur
mit so vielen steinen, dass der preis der diamanten immer stabil blieb. heute hat sich das blatt
gewendet. es werden kaum noch neue diamantschürfgebiete entdeckt. der weltweite absatzmarkt
für diamanten jedoch wächst ständig und die alten minen erschöpfen sich.
als erstes waren die indischen diamantminen erschöpft. von 1726 bis 1866 waren die brasilianischen
diamantvorkommen die einzigen, welche den weltmarkt belieferten. doch auch diese vorkommen
haben sich heute fast völlig erschöpft und sind unbedeutend im vergleich zu anderen minen. auch
die südafrikanischen vorkommen sind großteils abgebaut. die kimberley-mine wurde bereits 1914
stillgelegt, und auf der ehemaligen farm der brüder de beers gibt es schon lange keine diamanten
mehr zu finden.
nach einem rasanten ansteigen der diamant-fundgebiete und fördermengen im vergangenen
jahrhundert ist die diamantproduktion an eine grenze gestoßen und ist nun langsam rückläufig.
dies hat auch zu einem umdenken bei den managern der firma de beers und der central selling
organisation geführt. die familie oppenheimer versucht jetzt einfach nur noch das maximum für
ihre noch verbleibenden vorkommen zu erzielen. die devise ist nicht mehr: „der absatzmarkt ist
begrenzt und die diamantvorkommen sind unbegrenzt“. die devise jetzt ist: „die diamantvorkommen
sind begrenzt und der absatzmarkt ist langfristig unendlich“.
so hat de beers im jahr 2007 und anfang 2008 die preise für ihre rohdiamanten in vielen kategorien
verdoppelt. und diesen wandel in der firmenpolitik hat die central selling organisation mit brutaler
härte durchgezogen. da de beers inzwischen nur noch ca 30% der weltweiten diamantförderung
unter sich hat, ergab sich anfang 2008 eine immer größere diskrepanz zwischen den preisen von
de beers an seine sightholder und den sogenannten „outside-goods“, also den freien, von de beers
nicht kontrollierten, diamantminen. um diese diskrepanz zu bereinigen, warf de beers kurzer hand
etwa ein drittel seiner sightholders raus und belieferte diese nicht mehr – von heute auf morgen,
ohne ankündigung, ohne grund. darunter waren die größten und stärksten diamantfirmen der
welt.
der schachzug ging auf: die 23 ehemaligen sightholders mussten sich jetzt auf dem freien, nicht
von de beers kontrollierten markt bevorraten und so wurde mit einem schlag auf dem freien
markt eine enorme neue nachfrage geschaffen. die folge waren ein engpass an rohdiamanten
und natürlich steigende preise auf dem nicht von de beers kontrollierten markt. und so konnte de
beers die preisschraube weiter anziehen.
in der wirtschaftskrise von 2008/09 fuhr de beers seine diamantproduktion drastisch zurück und
legte vorübergehend sogar einige minen still. die monatliche site in einer gesamthöhe von 700 bis
800 millionen dollar wurde auf 110 bis 115 millionen dollar heruntergefahren um zu verhindern,
dass der weltweite diamantpreis in die knie geht. inzwischen sind die diamantpreise, nach einer
pause von ca einem jahr, wieder am steigen. wo die reise hingeht ist ungewiss. aber es ist klar,
dass de beers für sich selbst am meisten erwirtschaften kann, wenn die diamantpreise so weit wie
möglich steigen. da die vorkommen begrenzt sind, versucht jeder in der branche das maximum zu
erzielen, und de beers wirtschaftet da wie jedes andere unternehmen auch. in der vergangenheit
musste de beers die preise für rohdiamanten auf einem realistischen niveau halten, denn sonst
hätten die konkurrenten von de beers zu große gewinne erzielt und hätten ihre produktion stark
erweitert. diese sorge ist de beers jetzt los. die produktion kann nicht mehr erweitert werden. jetzt
ist die devise eine geschickte vermarktung, um das maximum für die verbleibenden vorkommen
rauszuschlagen.
der diamanthandel heute
das welthandelszentrum für diamanten ist heute antwerpen. dort befinden sich die größten diamantbörsen der
welt. schematisch gesehen läuft der welt-diamanthandel folgender-maßen ab:
struktur der weltweiten diamant-industrie:
struktur unserer firma mit niederlassungen in antwerpen, indien und deutschland:
sowohl die central selling organisation (de beers) als auch die diamantminen, welche nicht an de
beers angegliedert sind, beliefern vornehmlich diamanthandelsfirmen, welche an den antwerpener
börsen ihren sitz haben. die größte diamantbörse der welt für rohdiamanten ist der „antwerpsche
diamantkring“.
von den händlern, die mitglied des antwerpschen diamantkrings sind, werden die rohdiamanten
weiter verkauft an die diamantschleifereien. diese sind großteils in indien, israel, china oder
belgien.
von den schleifereien gehen die geschliffenen steine wieder zurück nach antwerpen und werden
nun über die anderen beiden großen antwerpener diamantbörsen, dem „diamantclub van
antwerpen/ vrije diamanthandel“ und der „beurs voor diamanthandel“ weiter verkauft. von diesen
beiden börsen gehen die geschliffenen steine dann in alle welt und vor allem in die usa. zunächst
werden sie an lokale großhändler verkauft, die diese dann weiter an juweliere, goldschmiede und
schmuckfabrikanten verkaufen. diese wiederum beliefern dann den endverbraucher.
im normalfall durchläuft ein diamant also folgende handelsstufen bis er zum endverbraucher
gelangt:
diamantmine
↓
rohdiamanthändler - mitglied der rohdiamantbörse „diamantkring“
↓
diamantschleiferei
↓
mitglied der antwerpener diamantbörsen für geschliffene diamanten
(diamond club oder börse)
↓
großhändler in den verbrauchsländern wie usa, deutschland usw.
↓
schmuckfabrikant, goldschmied, juwelier
↓
endverbraucher
wir haben also sieben verschiedene handelsstufen, bevor ein diamant seinen endgültigen platz
am finger einer schönen lady findet.
unsere firma vereint vier dieser sieben stufen in einem einzigen unternehmen und kann somit die
zwischengewinne von drei handelsstufen überspringen.
◊ wir sind eines von insgesamt nur zwei deutschen vollmitgliedern an der größten
rohdiamantbörse der welt, dem antwerpschen diamantkring.
◊ wir haben unsere eigene diamantschleiferei in indien, welche pro tag ca 1000 brillanten
schleift.
◊ wir haben unser eigenes büro an der antwerpener böre für geschliffene diamanten, dem
„diamantclub van antwerpen“.
◊ wir haben unseren eigenen diamantgroßhandel in deggendorf, von wo aus wir ca. 1000
juweliere und goldschmiede in deutschland, österreich, ungarn, tschechei, slowakei,
kroatien, slowenien, dänemark, schweden, finnland und norwegen beliefern.
normalerweise ist jede dieser handelsstufen eine eigene in sich abgetrennte einheit, die einkauft,
verkauft und dabei ihren gewinn erzielt. durch das zusammenlegen von vier stufen in einer
vertikalen kette, sind wir in der lage den juwelier zu bedienen, ohne gewinne an zwischenhändler
vor uns abzugeben. wir kaufen die rohdiamanten sozusagen an der quelle und liefern das fertige
produkt direkt an den juwelier.
der zentrale ausgangspunkt für die aktivitäten einer jeden schleiferei ist die einkaufsquelle für
rohdiamanten. unsere schleiferei besteht schon seit über 25 jahren, in dieser zeit haben wir
natürlich vieles ausprobiert. wir waren direkt als aufkäufer in den minengebieten von venezuela
unterwegs, wir haben uns mit einem sightholder von de beers arrangiert und uns mit ihm eine
sight geteilt, wir haben direkt in namibia von einer firma gekauft, die dort offshore mining betreibt.
jede einkaufsquelle ist immer nur eine bestimmte zeit lang wirklich ideal, nach einiger zeit wechseln
die umstände und was vor kurzem noch günstig war, ist plötzlich teurer als andere quellen.
so sind die guten rohdiamant-vorkommen in venezuela beinahe erschöpft und es ergibt kaum
noch sinn, die zeit und den flug zu investieren, um dort nach rohware zu suchen. auch die zeiten,
in denen die de beers rohware wirklich billiger war als die sogenannten „outside-goods“ ist vorbei.
im moment ist die beste devise, flexibel zu sein. in der momentanen etwas chaotischen zeit heisst
die beste einkaufsquelle „liquidität“. wenn man sofort bezahlen kann findet man in der börse immer
jemanden, der dringend geld braucht und rohdiamanten gegen sofortkasse günstiger abgibt, als
jedes noch so gut durchorganisierte langzeit-arrangement.
solche „deals“ spielen sich dann oft im großen saal des „diamantkring“, der größten rohdiamantbörse der welt ab. wer dort mitglied ist, gehört zu den wenigen, die wirklich an der quelle sitzen.
doch es ist nicht leicht dort mitglied zu werden. seit vielen jahren gibt es nur zwei deutsche
vollmitglieder: uns und noch eine andere deutsche firma. neue mitglieder werden nur unter
strengsten auflagen aufgenommen.
eine der bedingungen für eine neuaufnahme ist z.b. dass ein vollmitglied für den neuling bürgt.
diese bürgschaft umfasst alle geschäfte, welche zwischen dem neuling und jedem anderen
mitglied der börse stattfinden. sie bürgt für 100% des betrages und ist unwiderruflich – auf
lebenszeit. diese regelung in der börse macht es einfacher, unter börsianern geschäfte zu tätigen.
man weiss, dass wenn man von seinem geschäftspartner kein geld bekommt, hinter ihm ein
anderer börsianer steht, welcher dann zur kasse gebeten werden kann – ein vertrauensvorschuss,
den automatisch jedes mitglied der börse hat. doch als kandidat um in die börse aufgenommen
zu werden, sind solche vorbedingungen natürlich fast unüberwindbar. wer will schon für einen
neuling auf lebenszeit bürgen, für alle geschäfte die man je mit einem anderen börsianer tätigt?
ausserdem müssen sich drei vollmitglieder für die moralischen qualitäten des neulings verbürgen,
u.s.w.
diese schutzwälle gegen neueinsteiger bewirkt letztendlich, dass nur söhne von vollmitgliedern
neu in den kreis der börsianer aufgenommen werden.
ein vollmitglied des „antwerpsche diamantkring“, der größten und wichtigsten antwerpener
diamantbörse, hat automatisch zugang zu den anderen beiden antwerpener diamantbörsen, dem
„diamantklub“ oder „vrije diamanthandel“ und der „beurs voor diamanthandel“.
eine kleine computer-verchipte plastikkarte öffnet einem sämtliche türen an den drei antwerpener
börsen:
die mitgliedschaft ist immer personenbezogen, nicht firmenbezogen. unser firmeninhaber, michael
bonke, ist inzwischen mehr als 20 jahre vollmitglied im diamantkring. der kring hat insgesamt
1253 mitglieder, davon nur zwei deutsche.
die mitglieder des diamantkring müssen sich einem ethischen code unterwerfen, der die
moralischen und geschäftlichen richtlinien für die geschäfte an der börse definiert. dieser code
nennt sich „deontology code“. dieser code wird ab und zu neu definiert.