Der Kräuterwastl von Stürzlham

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Der Kräuterwastl von Stürzlham
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Bayern & seine Menschen
UNSERE HEIMATKOLUMNE
Gestern stöberte ich im Großen Knigge…amüsant und interessant. Ganz gelesen habe
ich das Werk, das gerade wieder aktualisiert wurde, natürlich nicht. 576 Seiten eignen
sich nicht als kleine Nachtlektüre, sondern eher als
Nachschlagewerk bei Bedarf.
Ich habe mir Fragen und
Antworten für den alltäglichen Gebrauch herausgepickt – und musste feststellen, dass ich mir seit Jahren
ahnungslos einen Fauxpas
leiste. Ich lege nämlich meine
riemenlose Handtasche, also
eine Clutch, auf den Tisch.
Laut Knigge geht das gar
nicht: Die Handtasche gehört
über die Stuhllehne oder in
den Schoß gelegt! Ich fürchte,
an diese Benimm-Regel werde ich mich auch weiterhin
nicht halten. Mein halbes Leben befindet sich in der Tasche: Handy, Geld, Schlüssel
– in greifbarer Nähe scheint
mir dies besser aufgehoben.
Ein paar Fragen habe ich
mir notiert, um im Freundeskreis einen kleinen Test zu
starten. „Isst du die Garnitur
deines Cocktails auf?“ Man
kam ins Grübeln. Dank Knigge kannte ich die richtige Antwort: „Natürlich ja, denn es
ist ethisch nicht zu rechtfertigen, Essbares wegzuwerfen.
Das passt nicht in unsere
Zeit.“ Dem kann ich aus ganzem Herzen zustimmen. Kniffeliger wurde es bei der Frage:
„In welcher Hand hältst du
beim Stehempfang ein eisgekühltes Getränk?“ Wer es in
der linken hält – und zwar am
Stiel, zeigt Stil. Denn dann
muss der Gesprächspartner
bei der Begrüßung kein eiskaltes Händchen schütteln.
Benimmregeln sind aber
keine Konstanten. Was gestern als unfein galt, kann heute zum guten Ton gehören. Also, es schadet nicht, sich im-
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Unter meinem
weiß-blauen Himmel
Carolin Reiber
schreibt über den
Knigge, BenimmRegeln und wie sie
sich verändert haben.
mer mal wieder auf den neuesten Stand zu bringen. Zum
Beispiel, wenn’s um das Frühstücks-Ei geht. Es mit dem
Messer köpfen? Da konnte
man früher durchaus kritische
Blicke ernten. Der Grund für
die Regel war einmal praktisch: Das Ei sollte nicht mit
dem unlegierten Messer in Berührung kommen, damit dieses nicht schwarz anläuft.
Heutzutage ist es erlaubt, sein
Frühstücks-Ei zu köpfen. Ich
persönlich lasse köpfen. Vor
Jahren kaufte ich mir eine winzige Vorrichtung, die wie ein
Fallbeil funktioniert, was besonders meinen kleinen Frühstücksgästen Spaß bereitet.
Der Name: „Eierschalenbruchstellenverursacher“.
Als Freiherr Alfons von
Knigge 1788 sein bekanntestes Werk „Über den Umgang
mit Menschen“ herausbrachte, übrigens schon zu Lebzeiten ein großer Erfolg, konnte
er natürlich nicht ahnen, welche Höflichkeitsregeln im 21.
Jahrhundert vonnöten sein
SCHÄTZE AUS DEM HEIMATMUSEUM
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würden. „8tung. komme 15
Min später, ild.“ Ist es in Ordnung,
seine
Verspätung
schnell zu simsen, statt anzurufen? „Ich liebe dich“ als
Kürzel könnte diesen Fauxpas möglicherweise auch
nicht besser machen. Darf
man sein Essen im Restaurant
mit dem iPhone fotografieren
und auf Facebook posten?
Die schöne neue Welt der
Smartphones, Tabloids und
Laptops erfordert neue Kapitel im guten alten Knigge.
In Sachen Mode haben
sich die Benimmregeln gelockert: Eine Dame ging einst
niemals ohne Strümpfe, Sakko-Zwang im Büro gab’s für
die männlichen Kollegen.
Auch hier gehen die Etiketten-Profis mit der Zeit: Im
Sommer darf man ohne Nylons gehen, die Herren dürfen
ihr Jackett an den Nagel hängen. Chefs denken ökologisch: Schwitzen die Mitarbeiter nicht, können Klimaanlagen sparsamer eingestellt werden. Ein Argument.
„Der große Knigge“...eine
amüsante Bereicherung für
alle, die Fettnäpfchen vermeiden möchten. Bei einem Geschäftsessen steht einer der
drei Bewerber mit den Worten auf: „Ich bin gerade mal
für kleine Jungs, bevor das Essen kommt...“ Ein kurzer Satz
mit folgenschweren Konsequenzen. Als er zurückkommt, ist er nicht mehr im
Spiel. Um was auch immer es
auf den 576 Seiten geht: Eine
Regel ist ganz simpel und
leicht zu merken: „Immer
wenn ich andere Menschen
durch mein Verhalten empfindlich störe, ist es ein Knigge-Verstoß.“ Punkt.
In diesem Sinn
herzlich
Ihre Carolin
PFLANZE DER WOCHE ...
TULPE
Zuständig für flotte Museums-Bienen: Max Schmid (rechts) und
Manfred Heiß. Im Hintergrund die Villa für die Königinnen.
Die Stachelschleifer
Mit einer einzigartigen Apparatur sticht das Museum im
Klösterle in Peiting (Kreis
Weilheim-Schongau)
aus
dem Schwarm oberbayerischer Museen hervor: mit einer Bienenstachelschleifmaschine. Bienenvater Max
Schmid vom örtlichen Imkereiverein setzt sie am Ende
seiner Führung durch Geschichte und Gegenwart der
Bienenzucht in Betrieb. Doch
dazu später mehr.
Die Ersten, die die wildlebenden Waldbienen für ihre
Zwecke zu Haustieren machten, waren die Mönche. Sie
hatten es in erster Linie auf
das Bienenwachs abgesehen,
aus dem sie Kerzen zogen.
Der süße Honig fand aber damals ebenso gern wie heute
den Weg in Schleckermäuler.
Den Klosterbrüdern taten es
die Bauern nach, und so eroberte die Imkerei das Land.
Drohte der Imker vor einigen
Jahren noch auszusterben, so
finden sich laut Schmid heute
zunehmend junge Leute,
auch Frauen, die sich um Bienenvölker kümmern.
Wie sich die Imkerei entwickelt hat, machen die Ausstellungsstücke deutlich. Sie reichen vom Bienenkorb aus
Stroh über die immer ausgefeilteren Methoden zur Honiggewinnung in Kästen bis
zu den Schleudern, aus denen
im Herbst der goldene süße
Saft in die Gläser läuft. Das
Glanzstück der Exponate: eine Villa im Landhausstil, in
der bis zu acht Königinnen in
ihrer eigenen Wohnung gehalten und von ihrem Hofstaat bedient werden können.
Die Ausstellungsschwerpunkte
Imkerei,
Ortsgeschichte, Jagd und Fischerei
zwischen Lech und Ammer
sind in jüngerer Zeit um die
Themen „Skisport“ und die
„Michel-Dacher-Stube“ mit
einer Ausstellung über den
Peitinger Extrembergsteiger
ergänzt worden. Sie werden
von ehrenamtlichen Helfern
des Trägervereins Peitinger
Kultur- und Naturmuseum
Klösterle gestaltet.
Als Bienenvater Schmid
dem Besucher allerdings die
Bienenstachelschleifmaschine vorführen wollte, war keine Biene greifbar... So musste
er als Ersatz ein kleines Hölzchen, aus dem ein Nagel ragt,
zu Hilfe nehmen – und an den
rotierenden Schleifstein halten. Eine Stich-Probe lehnte
der Reporter dankend ab.
TONI SOLLNER
Museum im Klösterle
Kapellenstr. 1 in Peiting. Telefon (08861) 65 35. Mittwochs und jeden zweiten
Samstag im Monat von 14 bis
17 Uhr. www.peiting.de
Wie Tulpen nach Westeuropa gekommen sind, darüber gibt es mehrere Versionen. Eine besagt, dass
im 16. Jahrhundert eine Ladung türkischer Tulpenzwiebeln nach Antwerpen
gelangte – und dort als Gemüse gekocht wurde. Da
sie aber nicht sonderlich
schmeckten, landeten die
restlichen Zwiebeln auf einem Abfallhaufen. Dort
begannen sie zu treiben
und sorgten mit ihren Blüten für große Überraschung.
Mittlerweile gibt es kaum
einen Frühlingsgarten ohne Tulpen. Ganz gleich, ob
großköpfige Hybriden oder
kleine Wildtulpen – für alle
gilt: Ihr Laub muss in Ruhe
abwelken können. Nach
Tulpen mögen Sonne
Ein Indianer, ein Schlitzohr, ein famoser Tausendsassa: Sebastian
Viellechner ist der Kräuterwastl und die Natur
ist sein Wohnzimmer –
darüber ist seine Gattin
nicht ganz unglücklich.
Telefon: (089) 53 06-424
[email protected]
Telefax: (089) 53 06-86 54
Münchner Merkur Nr. 98 | Freitag, 27. April 2012
Münchner Merkur Nr. 98 | Freitag, 27. April 2012
Telefon (089) 53 06-424
[email protected]
Telefax: (089) 53 06-86 54
Der Kräuterwastl von Stürzlham
VON CARINA LECHNER
Der Knochen eines Büffels,
bleich und groß wie ein
Kindsbein, hat sie einmal
ganz schön auf die Probe gestellt, die Ehe der Viellechners aus Stürzlham. „Den
nimmst du nicht mit heim“,
drohte die Anna ihrem Sebastian, irgendwo in Apulien,
Italien, ganz unten am Stiefelabsatz. „Jetzt glangt’s.“ Der
Gatte nickte brav: „Ja, ja.“
Ja, ja. Heute hängt das Souvenir an Viellechners Holzhäusl, daheim in Stürzlham,
zwischen Miesbach und Weyarn. Im kleinen Peugeot hat er
das Trumm damals versteckt
und nach Oberbayern geschmuggelt. „Ich hab’s gewusst“ – das hat die Anna gesagt, als sie ihm draufkam.
Weil Sebastian Viellechner
kann zwar tibetanisch singen
oder für die Frau, zwei Kinder
und zwei Enkel ein phänomenales Gulasch mit Bärlauchknödeln kochen, aber eines
kann er gar nicht: besondere
Steine, Wurzeln oder Blätter,
Schätze der Natur, links liegen lassen. Und wenn der
Schatz ein alter Knochen ist.
Dieser Sebastian Viellechner, 66, weiße Haare, weißer
Bart, braune Augen – das ist
der Kräuterwastl. Ausdenken
kann man sich so ein Original
nicht. Der Kräuterwastl ist
keine Kunstfigur, er ist wie er
ist: „Der Volksmund hat sich
meinen Namen ausgedacht“,
sagt er, grinst und setzt zum
ersten von vielen mittellangen Vorträgen über das
Grünzeug an, das bei ihm im
Gartl wächst: „Salbei, Wacholder, Schlehe...“
Der ausgebildete Kräuterpädagoge kann sich schon gut
verkaufen: Im Bayerischen
Rundfunk zeigt er, was in die
weltbeste Fastensuppe reingehört oder welches Kraut
Grippeviren vertreibt. In seinem Freiluft-Schulungszentrum – oranger Bauwagen,
Holzbänke, Kräutertöpferl –
unten an der Mangfall unterrichtet er Horden von Hausfrauen, Hausärzten und Heilpraktikern. Und in seiner
Kräuterwerkstatt, dieser urgemütlichen Holzhütte gleich
neben seinem Haus, setzt er
Hochprozentiges,
Kaliber
„Wilde Marille“, an, mischt
Salben aus Fichtenharz,
brüht Tees auf – oder sitzt einfach nur da und freut sich.
Über die Natur, das Leben,
Hier wird geschnipselt, geköchelt, getrocknet: Sebastian Viellechner in seiner gemütlichen Kräuterwerkstatt, in der er frisch gepflücktes Grünzeug verarbeitet.
FOTOS: THOMAS PLETTENBERG
Bärlauch
Bitteres Schaumkraut
Knoblauchsrauke
Giersch
Der Bärlauch stärkt das Immunsystem. Die Blätter
können frisch verzehrt werden, zum Beispiel im Salat.
Seine Inhaltsstoffe wirken
auch in Spinat, Grüner Suppe oder Gemüsesuppe – allerdings dürfen die Blätter
nur ein paar Minuten mitkochen. Fein schmecken
die ungeöffneten Blüten.
Nicht verwechseln mit der
giftigen Herbstzeitlosen.
Dieses Kraut ist mit Kresse,
Rettich, Senf und Kren verwandt – so macht das
Schaumkraut Speisen
durch eine leichte Schärfe
würzig und frisch. Doch das
Kreuzblütengewächs ist
auch gesund: Zum einen
hat es einen hohen Vitamin
C-Gehalt, zum anderen ist
es durch die Schärfe ein
hervorragender Verdauungshelfer.
Wer den leicht scharfen
Geschmack von Zwiebeln
und Knoblauch mag, aber
ungern danach riecht, sollte zur Knoblauchsrauke
greifen, um Salate, Quarkspeisen oder Brotaufstriche
zu verfeinern. Die kleinen
Blüten schmecken intensiver als die Blätter. Die Pflanze wirkt antiseptisch
schleimlösend, harntreibend und antiasthmatisch.
Der Giersch wird auch
„Gichtkraut“ genannt, weil
seine Wirkstoffe kristalline
Stoffe aus Nieren und Leber
schwemmen. Die Blätter
können roh verzehrt werden, etwa im Salat. Wie der
Bärlauch eignet er sich als
Beigabe zu Spinat und Suppen. Auch Tees oder Umschläge sind möglich.
Giersch hilft auch gegen
rheumatische Beschwerden.
Allium ursinum
Cardamine amara
Alliaria petiolata
ist des Kräuterwastls Liebling und unterDer Löwenzahn stützt
Verdauung und Harnfluss. Der Experte empfiehlt eine Frühjahrskur: Täglich die leicht bitteren Löwenzahnblätter und Stängel in den Salat zupfen. Wie bei allen Kräutern gilt: Olivenöl und Essig bester Qualität sowie Steinsalz statt Industriesalz verwenden. Auch die Blüten sind essbar, geschlossen oder geöffnet.
Aegopodium podagraria
Bayern & seine Menschen
UNSER BAIRISCHES WORT
MONIKA REUTER
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Der „Arwas-Hiata“
den Frühling, die Liebe, alles.
Die Kräuterwerkstatt –
noch so eine Ehe-Sache: Früher ist er seiner Frau in der Küche wahnsinnig auf die Nerven gegangen, mit seinen
Tinkturen,Blüten,Kräuterbuschen. Deshalb hat er sich vor
ein paar Jahren die Hütte gebaut. Jetzt hat er sein Reich, in
demerdenganzenTagschnipseln, trocknen, köcheln kann.
Wastls Paradies, erster Teil.
Am allerliebsten aber ist der
Kräuterwastl draußen. Bärlauch oder Giersch brocken,
auf den sumpfigen Wiesen an
der Mangfall. Nackert ins klare Wasser springen, das macht
er jeden Tag, Sommer wie
Winter – richtig krank war er
noch nie. Oder Kraft tanken,
an einem Kraftort: Das kann
ein Rinnsal mitten im Wald
sein oder ein spezieller Baum.
Der 66-Jährige spürt das: „Ich
bin ein boarischer Indianer.“
Als solcher sagt er Sachen wie:
„Der Baum ist dein Freund,
Bäume sind der Menschen
große Geschwister.“ Heute
lehnt er an einer Eiche, verschränktdieArme,strecktden
Kopf in Richtung Frühlingssonne und seufzt: „Ist das
schön.“WastlsParadies,zweiter Teil.
Der Kräuterwastl war aber
nicht schon immer der, der er
heute ist. Mit der Natur kennt
er sich zwar seit der Kindheit
aus, die Mutter war seine
Lehrmeisterin. Aber als junger Bursche musste er Metallbauer werden, seine Vorfahren waren alle Schmiede.
Dann Staatsdienst, „sicherheitsrelevanter Bereich“, Details seien nichts für die Zeitung. Seit sechs Jahren ist er
Kräuterwastl im Hauptberuf.
Als solcher hat er verloren
– an Bauchumfang, und zwar
gewaltig. Er liebt seine Heimat. Aber: „Wir essen zu viel“,
sagt er. Die bayerische Küche,
die sei was für Arbeiter. „Heut
muss sich doch kaum einer
plagen.“ Wurst rührt er in seinem Leben keine mehr an,
sagt er, außer er macht sie selber. Fleisch kauft er nur beim
Bauern oder bei seinem Metzger. Geschmacksverstärker?
„Körperverletzung.“
Sein
Ding ist die einfache, ehrliche
mediterrane Küche.
Bald fährt er wieder nach
Apulien, für vier Wochen.
Dort haben die Viellechners
einen kleinen Bungalow. Die
Anna, sagt der Kräuterwastl,
kriegt einen Liegestuhl und
ein Buch. Er geht auf Streifzug. Bei Bauern kauft er kanisterweise Olivenöl, einen
halben Zentner Knoblauch,
Zitronen. Wo er darf, pflückt
er Lorbeer, Thymian, Rosmarin. Das alles packt der Kräuterwastl ins Auto – bis nur
noch er selbst und die Anna
reinpassen. Und vielleicht ein
paar geheime Mitbringsel.
AP
der Blüte werden jetzt nur
die Samenstände abgeschnitten, damit keine unnötige Kraft in die Samenbildung geht und die Zwiebel ihre ganze Energie auf
die Blüte im nächsten Jahr
ausrichtet. Da Tulpen aus
Steppengebieten stammen,
brauchen sie im Sommer
eine Trockenphase. Am
liebsten ist ihnen ein sonniger Platz, wo sie in der Mittagshitze regelrecht „braten“. Wo der Boden zu nass
ist, sollte man die Zwiebeln
nach dem Einziehen der
Blätter aus der Erde nehmen und trocken aufbewahren. Im Herbst werden
sie dann wieder eingesetzt.
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Dass unsere Vorfahren kein
Blatt vor den Mund genommen
haben, ist bekannt. Schon ein
unvorteilhaftes
Aussehen
konnte einen zur Zielscheibe
derben Spottes machen. Ein
„Batzelaugada“ hatte hervortretende Augen, ein „Gschlohdorada“ abstehende Ohren, und
ein „Gschwoischädl“ einen
Mordsdrumm Kopf. Dem
„Plattnsimmerl“ fehlten die
Haare, dem „Kaasloabe“ eine
gesunde Gesichtsfarbe und dem
„Schmoibrust-Anderl“ Körperkraft. Streitbare Frauenzimmer
wurden als „Bisgurrn“, „Zwida-
wurzn“ oder „Grätzn“ tituliert,
ungepflegte als „Zuchtl“, „Weedahex“, „Blunzn“, „Groal“,
„Gschlerff“,
„Moin“
oder
„Noggn“. Wer Tag und Nacht
herumstreunte, war ein „Striabesn“, wer zuhause hockte, ein
„Loamsiada“. Wer es mit den
Dingen zu genau nahm, war als
„Arwas-Hiata“ (Erbsenzähler)
verschrien, wem alles wurscht
war, als „Doidde“ oder ein
„Laddirl“. Recht machen konnte man es niemandem, das hat
sich bis heute nicht geändert!
Norbert Göttler
Bezirksheimatpfleger Oberbayern
BAYERN & SEINE GESCHICHTEN
Sag, wie viel Erbsen sind es?
Oder müssen wir den „ArwasHiata“ zu Hilfe holen? FOTOLIA
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„Gott mit dir, du Land der Bayern“
Vor 200 Jahren wurde der Komponist der Bayernhymne geboren
Als der Papst im September
2006 München besuchte,
stimmte er am Marienplatz die
Bayernhymne an. Und er
sang, was viele Bayern erfreute, „Heimaterde“ statt „deutsche Erde“, wie es in der per
Bekanntmachung vom 18. Juli
1980 festgelegten offiziellen
Version heißt. Prompt entspann sich eine Debatte darüber. Aber nun denn. Als geschichtsbewusster
Mensch
wusste Benedikt XVI. wahrscheinlich, was er tat, und wer
die Schöpfer der bayerischen
Nationalhymne waren: natürlich eingefleischte Bayern.
Der Text stammt vom
Münchner Lehrer Michael
Öchsner, die Noten kommen
vom ehemaligen Münchner
Chordirektor Max Kunz – dessen Geburtstag sich am
29. April zum 200. Mal jährt.
Der Anlass wird an einem eher
abgelegenen Ort, in Schwandorf, am Sonntag groß gefeiert:
Münchens Oberbürgermeister
Christian Ude lernt mal wieder
ein Stück Bayern kennen und
reist in die Oberpfalz, wo er die
Festansprache hält. Der Musikwissenschaftler
Thomas
Göttinger, der vor einigen Jahren eine Festschrift zur Bayernhymne vorgelegt hat, präsentiert die erste Max-KunzBiographie. Und in einem
Festakt erklingen als Abschluss verschiedene Variationen der Bayernhymne. Warum
Schwandorf? Ganz einfach:
Kunz wurde dort geboren.
Man kann sagen, München
hätte den Geburtstag beinahe
ganz verschlafen, wäre da
nicht Georg Schamberger. Er
ist seit langem Vorsitzender
der Münchner Liedertafel
(nicht zu verwechseln mit der
Bürger-Sänger-Zunft,
wo
Kunz später Dirigent war)
und hat für Sonntag eine Gedenkmesse in der HeiligGeist-Kirche (Beginn 11 Uhr)
am Viktualienmarkt initiiert.
Heute ein kleiner Männergesangsverein („wir suchen
immer Nachwuchs“), war die
Liedertafel früher eine große
Nummer: Kunz war ihr Gründer und (bis 1852) ihr erster
Dirigent. In der ältesten
Chorvereinigung Münchens
versammelten
sich
im
19. Jahrhundert
alle,
die
Klang und Namen hatten: der
Maler Wilhelm Ritter von
Kaulbach, der Hofmusikintendant Franz Graf von Pocci,
Stenographie-Erfinder
Franz Xaver von Gabelsberger und sogar der Komponist
Felix Mendelssohn-Bartholdy. „In der Liedertafel waren
früher die Künstler, in der
Bürger-Sänger-Zunft eher die
BAYERISCHE SEITEN
Mit Bekanntmachung vom 18. Juli 1980 festgelegt: Text und
Melodie der Bayernhymne.
Der Vater des Männergesangs: Max Kunz.
Handwerker“, sagt Schamberger. Heute freilich sind
solche Traditionen nicht
mehr nachweisbar. „Mia san
ganz normale Lait“, sagt
Schamberger.
Wer aber war dieser Konrad Max Kunz (1812-1875)?
Geboren als Sohn des
Schwandorfer Stadttürmers,
erhielt er von diesem die ersten Musikstunden. Mit dem
Vater spielte er in Wirtshäusern auf, wechselte aber bald
zum Theologie-Studium nach
Amberg. Im Herbst 1840, so
steht es in der Chronik der
Liedertafel, gründete Kunz
mit 23 anderen jungen Männern „in edler Begeisterung
für Lied und kunstdurchtränkte Geselligkeit“ diesen
Verein. Erste Uraufführung
am 18. November 1840, so ist
es in den Annalen vermerkt,
und zwar im Saal des Frohsinns, einer bürgerlichen Vereinigung. Treu monarchistisch war der Club, aber betont bürgerlich in Abgrenzung zum Hochadel. Bei der
zweiten Aufführung knapp einen Monat später war schon
König Ludwig I. auf Kunz
aufmerksam geworden. Er
holte ihn an seinen Hof, Kunz
wurde Leiter der Bühnenmusik am königlichen Hof- und
Nationaltheater in München.
Er gilt als Vater des Männergesangs und hat zahlreiche
Kompositionen für Männerchöre geschaffen – und 1860
auch die Musik zur Bayernhymne. Da war er aber schon
als Dirigent zur Bürger-Sänger-Zunft gewechselt.
Nach seinem Tod 1875
wurde er auf dem Münchner
Südfriedhof bestattet. 1979
aber wurden die sterblichen
Überreste nach Schwandorf
umgebettet, was LiedertafelVorsitzender
Schamberger
„komisch“ findet. „Kunz war
doch die längste Zeit seines
Lebens Münchner.“ Aber nun
gut: Während Ude Kunz in
Schwandorf würdigt, wird die
Liedertafel selbiges in der
Heilig-Geist-Kirche tun. Zum
Abschluss der Messe wird aus
40 Kehlen die Hymne erklingen. Heimaterde oder deutsche Erde? „Wir singen Heimaterde, was sonst“, sagt
Schamberger.
DIRK WALTER
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Im Land der Urviecher
Hohe Kräuterkunst im Bauwagen: Wastls Stützpunkt an
der Mangfall. Hier liest er oder schreibt Gedichte.
Manchmal singt er vor Freude über die Natur: Auf den sumpfigen Wiesen an der Mangfall („das beste Wasser Europas, ach was sag ich, der
Welt“, Zitat Sebastian Viellechner) findet der Kräuterwastl zu jeder Jahreszeit Pflanzen, mit denen er so einiges anzufangen weiß.
Wilde Marille, Schlehenschnapserl, Herzwein: ein SpiegelBlick auf die Schätze in der Stürzlhamer Kräuterwerkstatt.
Der Kuglbauer, ein Urviech vor
dem Herrn, liegt im Sterben.
Aber bevor er zum Herrgott
entschwindet, muss er noch
festlegen, was es bei seiner Beerdigung so alles geben soll.
„Wurschtbrote“, schlägt seine
geizige Frau Theresia vor. Der
Kuglbauer widerspricht sofort.
„De Leit kriagn alle an
Schweinsbron und tringa deafans so vui’s woin.“ Wär’ ja
noch schöner, wenn schon
Sterben, dann aber gescheit.
Richard Birks neues Buch mit
allerlei Kurzgeschichten ist eine herzhafte Liebeserklärung
an seine bayerische Heimat
und an all die schrulligen Gestalten, die hier so leben.
„Der Rosenflüsterer“ ist im
SüdOst-Verlag
erschienen.
144 Seiten. 11,90 Euro.