Wo die Schweiz baden geht - ATE Association Transports et

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Wo die Schweiz baden geht - ATE Association Transports et
3 / Juni 2008
F Ü R Z E I TG E M Ä SS E M O B I L I TÄT
Sommer
Auf Touren
In der Schweiz,
in Frankreich und im Kopf
Endo Anaconda
Über seine
zwei Heimatländer
Sondernummer Schön und schonend Reisen
Wo die Schweiz
baden geht
© swiss-image
© Karen Cordes
14
© Peter Krebs
Sommerfreuden Die schönsten Badeplätze der Schweiz.
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28
Wandern Sechs Vorschläge für nahe Touren.
4
AKTUELL
Kurz & Bündig
6
VELO
Das Geheimnis der France profonde
13
KOPFREISEN
Ein Wochenende für Faultiere
14
WASSER
Die schönsten Badeplätze der Schweiz
26
ENDO ANACONDA
Auswandern ins Ländle
28
36
WANDERN
Sechs Routen ins Glück
Neue Wege braucht das Land
Äolische Inseln In der Küche des Hephaistos.
38
ZUGREISEN
Einfach mal Moskau retour lösen
44
VELO
Flussabwärts entlang der Velothur
49
WASSER
Mit dem Boot ins Postauto
50
I TA L I E N
Schön und gleichgültig wie ein Gott
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LESERBRIEFE
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WETTBEWERB
Die Königin der Berge
Titelbild Der Sprung in den Vierwaldstättersee verschafft an heissen Tagen eine willkommene Abkühlung. Bild: © Keystone
Impressum
Das VCS-Magazin für zeitgemässe Mobilität
Zeitschrift des VCS Verkehrs-Club der Schweiz. Erscheint 6-mal jährlich. Redaktionsadresse: VCS, Postfach 8676, 3001 Bern (Tel. 0848 611 611; E-Mail: [email protected]).
Redaktion: Peter Krebs (pk), Sektionsnachrichten: Urs Geiser, Noëlle Petitdemange. Inserate: Katharina Rutishauser (Tel. 058 611 62 54, Fax 058 611 62 01; E-Mail: [email protected]).
Grafik: www.muellerluetolf.ch, Susanne Troxler. Druck, Versand: Ziegler Druck, Winterthur. Papier: Charaktersilk, 100% Recycling. Auflage: 88 000 (deutsch 71000; französisch 17000).
Die nächste Ausgabe erscheint am 30. Juni 2008. Insertionsschluss: 2. Juni 2008.
VCS MAGAZIN / JUNI 2008
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AKTUELL
Kurz & Bündig
Mehr vom Reisen mit
dem VCS-Magazin
Editorial
Easy auch ohne Jet
Der VCS und sein Magazin verbessern ihr Angebot im Reisebereich. In enger Zusammenarbeit mit der Homepage. Auch
die wird neu.
Vor einem Monat hielten unsere Leserinnen
und Leser die erste Ausgabe des neuen
VCS-Magazins in den Händen. Nun dürfen
wir die nächste Neuerung vorstellen: die
Mit dem Partnerunternehmen
«Via verde reisen» und den Velokarten hatte der VCS schon bisher ein Standbein im Reisebereich. Dieses wird nun ausgebaut.
In enger Zusammenarbeit zwischen dem VCS-Magazin und
der VCS-Homepage entsteht eine
neue Informationsplattform für
sinnvolles Reisen. Die VCS-Mitglieder und die Leserinnen und
Leser profitieren schon ab der
vorliegenden Sondernummer
von der Dienstleistung. Das
Prinzip ist einfach. Weil es unmöglich ist, alle nützlichen Informationen im gedruckten Heft
unterzubringen, Stellen wir zusätzliche Service-Angaben zu un-
Sondernummer zum Thema Reisen. Es ist
eine zusätzliche Ausgabe, eine neue Dienstleistung für die
Mitglieder des VCS.
Es liegt in der Natur der Sache, Reisen hatte immer mit Verkehr zu tun. Heute geht mehr als die Hälfte der gesamten
Mobilität aufs Konto des Freizeitverkehrs. Das ist viel und
ein Problem. Lieber als zu klagen, machen wir Vorschläge.
Vorschläge für Ausflüge, die die Natur, die Luft nicht zu sehr
in Anspruch nehmen, die aber lustvoll, bereichernd und
überraschend sind. Vorschläge für schönes und schonendes Reisen, für Ferien, die auch ohne Jet easy sind.
Unter der Fülle von Möglichkeiten haben wir uns für eine
Mischung aus Wanderungen, Velotouren und Zugreisen
seren Vorschlägen auf einfache
und übersichtliche Art im Internet bereit. Dort finden sich zum
Beispiel genaue Streckenbeschriebe zu einzelnen Wanderungen und Velotouren, Hinweise für Übernachtungen, Bücher
und weitere Tipps. Man kann
diese Angaben auch ausdrucken
und mit auf die Reise nehmen.
Die Adresse dazu lautet:
www.verkehrsclub.ch/magazin
Wir publizieren im Internet auch
zusätzliche Vorschläge. Das trifft
etwa für den Beitrag über die Badestellen zu. In der gedruckten
Ausgabe haben wir Platz für 19
Vorschläge, im Internet sind es
fast doppelt so viele. Wir werden
sie dort auch laufend ergänzen.
So spielt jedes Medium seine
Stärken aus. Mit aufgeschaltet
werden Tourenvorschläge, die der
VCS früher publizierte. Man findet die Vorschläge übersichtlich
nach Aktivitäten geordnet (wie
Wandern, Velo usw.) auf einer
entschieden, die meisten davon in der Schweiz, die anderen in Bahndistanz; dazu Rezepte fürs Baden und Paddeln:
Schweizmobil Das Veloland macht Schule
Wir haben viel zu viele Informationen zusammengetragen,
um sie ganz in diesem Heft zu verstauen. Aber es gibt ja
das Internet. Dort finden unsere Leserinnen zu manchen
© swiss-image.ch
mit dem Faltboot, das im Postauto Platz findet.
Artikeln zusätzliche Angaben (cross media!). Weil aber
nicht alle Leute online sind, schicken wir die gleichen
Infos auf Anfrage auch traditionell per Post zu (s. nebenstehenden Artikel).
Wir hoffen, auch jenen etwas zu bieten, die lieber zuhause
bleiben. Die Bilder und Artikel sollen schon beim Durchblättern und Lesen Vergnügen bereiten, nicht erst in der
Umsetzungsphase. Man kann ja auch einfach im Kopf unterwegs sein. Was sich übrigens besonders bei Unwettern
anerbietet (Brainstorming heisst das dann wohl). Zu dieser
sehr umweltfreundlichen Reiseart geben wir ebenfalls ein
paar Ideen zum Besten.
Peter Krebs, Chefredaktor
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VCS MAGAZIN / JUNI 2008
AKTUELL
Kurz & Bündig
Übrigens bedienen wir gerne
auch alle Mitglieder, die über
kein Internet verfügen, mit den
Zusatzinformationen zu einzelnen Artikeln des VCS-Magazins:
Wenn Sie uns ein korrekt frankiertes und adressiertes Rückantwortcouvert (mindestens C5)
schicken und angeben, zu welchem Artikel Sie die Informationen wünschen (wenn Zusatzinfos
vorhanden sind, ist das im Infoteil des entsprechenden Artikels
(pk)
vermerkt).
Unsere Adresse: Verkehrs-Club der
Schweiz, Magazin, Postfach 8676,
3001 Bern
Neu aufgelegt
Die beliebte VCS-Velokarte Elsass–Basel–Schwarzwald ist soeben in einer neuen Auflage erschienen. Die Dreiländerkarte
schafft im Massstab 1:100 000
Zugang zu einer der beliebtesten
Regionen für kürzere und längere Radtouren. Sie ergänzt die insgesamt 18 regionalen Schweizer
Velokarten (Massstab 1:60 000),
die der VCS herausgibt. Nebst
den offiziellen Routen ist darin
ein dichtes Netz von Strecken
empfohlen, das die Veloexperten
des VCS in akribischer Arbeit zusammentragen. Mit dazu gehören Informationen über Steigungen, stark befahrene Verbindungsstrecken sowie nützliche
touristische Angaben. Die Karten
sind im Buchhandel erhältlich
sowie über die VCS-Boutique,
mit einem VCS-Mitgliederrabatt
von je drei Franken.
Infos: www.vcs-boutique.ch,
Tel. 0848 612 612
Gut aufgelegt
© swiss-image.ch
Karte eingetragen und kann die
Infos durch Anklicken aktivieren. Die Informationen sind ab
sofort abrufbar. Anfang Juni 2008
schalten wir eine überarbeitete,
aufgefrischte und mit zahlreichen
zusätzlichen Funktionen ausgestattete VCS-Homepage online.
Gute Stimmung: An den Slowups sind die Unmotorisierten unter sich.
Gut aufgelegt sind jeweils die Teilnehmenden an den Slowups, den regionalen Veranstaltungen, an denen Strassenstücke für den motorisierten Verkehr gesperrt und dem Langsamverkehr freigegeben werden. In
der Schweiz gibt es schon 15 solche Anlässe. Die Saison hat begonnen,
der nächste Slowup ist der freundnachbarliche am «Hochrhein» zwischen Bad Säckingen und Laufenburg. Er findet am 5. Juni statt.
Infos: www.slowup.ch
Seit 1998 gibt es das Veloland
Schweiz: Mit einer einheitlichen
Signalisierung von nationalen
und regionalen Routen, mit
praktischen Führern, guter Verknüpfung mit dem öffentlichen
Verkehr, mit buchbaren Angeboten und einer eigenen Internetseite. Das Velo schaffte damals
im Schweizer Tourismus endlich
den Durchbruch. Heute werden
auf den Velorouten jährlich 150
Millionen Kilometer zurückgelegt und ebenso viele Franken
Umsatz erzielt.
So wurde das Veloland zum Vorbild für ein noch ehrgeizigeres
Projekt, das Ende April Taufe hatte: Schweizmobil. Es dehnt das
Prinzip des «Velolands» auf den
gesamten touristischen Langsamverkehr aus. Die Wanderer,
Mountainbikerinnen, Kanuten
und Skaterinnen bekommen
ebenfalls ihr «Land». Schweizmobil wird zum «nationalen NetzVCS MAGAZIN / JUNI 2008
werk für den Langsamverkehr».
Das Streckennetz besteht aus den
von Fachleuten ausgewählten
schönsten nationalen und regionalen Routen. Sie können dank
einer auf den öffentlichen Verkehr abgestimmten Etappierung
auch für Tagesausflüge genutzt
werden. Im Fall des Wanderlandes wurden gut 10 Prozent der
62 500 Kilometer bereits markierten Wege aufgenommen.
Dazu kommen weitere Dienstleistungen wie Übernachtungsmöglichkeiten, Mietfahrzeuge und
buchbare Angebote mit Gepäcktransport. Als offizielle Informationskanäle dienen das Internet
und neue Führer in Buchform
(pk)
sowie Karten.
Weitere Infos: www.schweizmobil.ch;
VCS-Mitglieder erhalten die neuen Veloland-Routenführer bis Ende Juli mit
bis vier Franken Rabatt: www.vcs-boutique.ch, Tel. 0848 612 612
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VELOTOUR
Das Geheimnis der
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VCS MAGAZIN / JUNI 2008
Fotos: Peter Krebs
VELO
Frankreich
Einfach aus dem TGV steigen und mit
dem Velo losfahren. In Frankreich kann
man das tun. Zum Beispiel auf einer
700 Kilometer langen Tour von Mâcon
nach Cahors. Man lernt dabei die
France profonde kennen.
n einem wolkenlosen Sommertag besteigen wir
den Zug und fahren los, via Genf nach MâconLoché, wo wir den TGV verlassen, die Reisekleider
ausziehen und uns noch auf dem Bahnsteig ins Velodress stürzen. Der TGV-Bahnhof Loché liegt ausserhalb von Mâcon in der Pampa und ist ein sehr moderner Geisterbahnhof ohne Bistro und ohne Kiosk
mit dem «Paris Match». Ausser uns hat es auch keine
Passagiere. Wir setzen die Sonnenbrillen auf, streifen
die Handschuhe über, stellen die Kilometerzähler auf
Null und steigen um drei Uhr in die Sättel. Es ist so
heiss und windstill, dass die Luft flimmert.
Orologisch gesehen starten wir am rechten Rand
der Saône-Ebene. Önologisch beginnt hier das Beaujolais mit seinen Rebbergen und den edlen PremierCrus. Sie gedeihen in beneidenswerten Lagen, il faut
le dire! Mit Aussicht auf die breite Flussebene, auf ein
grünes, reiches Land. Manche Crus wohnen in alten
Schlössern, wenn auch nur im Keller. Chénas, Fleurie,
Villié-Morgon, Régnié-Durette: Unsere Route lässt die
Herzen der Weinliebhaber höher schlagen. Wir aber
widerstehen allen bacchantischen Verlockungen wie
einst der listige Reisende Odysseus dem Gesang der
Sirenen, denn wir wollen vorwärtskommen, im
Schnitt mit Tempo 20.
So schlägt auch das Velofahrerherz höher. Erstens
sind die Strässchen des Beaujolais ein Genuss und
zweitens treten wir schon bald kräftig in die Pedale,
um unsere edlen Tourenräder mit den schwarzen Sacochen, den Flaschen und dem Fotoapparat über die
Steigungen nach Südwesten voranzutreiben. Unsere
Pläne gehen auf, und das ist immer ein schönes Gefühl. Stundenlang lagen wir zuhause auf dem Bauch
vor den ausgebreiteten Landkarten des Institut géographique national, um die beste Route herauszufinden und sie mit einem orangen Leuchtstift einzuzeichnen. So verbrachten wir die Ferien schon einmal
im Massstab 1:100 000. Nun liegen die freien Tage und
das freie Land in Wirklichkeit ausgebreitet vor uns.
Frankreich ist eine besondere Radfahrernation.
A
France profonde
VCS MAGAZIN / JUNI 2008
Das Vallée de la Sianne, ein
wunderbares Radfahrertal führt
hinauf ins Massiv Central.
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Kirchen, Pässe, Dörfer machen den Charakter der Velotour aus: Kirche von St. Paul de Vézelin, der Col
de la Croix des Fourches und ein Dorf Livradois.
Das Fahrrad heisst hier «kleine Königin»
und wird behandelt wie eine Magd, wenn
es kein Rennvelo ist, das an der Tour de
France teilnimmt. Anders als in Deutschland und der Schweiz gibt es kaum markierte Routen und schon gar keine eigens
angelegten Radwege. Und doch ist Frankreich das wunderbarste Veloland, das man
sich denken kann. Es hat ein grosses Netz
von kleinen Nebenstrassen mit wenig Verkehr. Am schönsten sind jene ohne aufgemalte Mittelstreifen: Das sind die Velowege von Frankreich. Weder Schilder noch
Führer preisen sie an. Man darf sie selber
entdecken, wofür man mit der Zeit eine
Nase hat. Sie führen in das Geheimnis der
France profonde, jenes ländlichen Frankreichs, das im Schatten von Paris seinen
Beschäftigungen nachgeht und für den
Durchreisenden einen eigenen Charme
entfaltet, wie eine verkannte Blume.
Wir haben uns unter den Platanen des
Weinschlosses Varennes von Wasser und
Brot ernährt, sowie auch von Käse, Oliven,
Eiern, Tomaten und keuchen nun im Gegenlicht der spätnachmittäglichen Sonne
auf einer Nebenstrasse dem ersten Pass zu
(was für schöne Bilder das gibt!), dem Col
de la Croix Marchampt, den zuoberst
wirklich ein Kreuz verziert, samt einem
8
blauen Blechschild, das die Höhe angibt:
altitude 685 m. Es ist das erste von vielen
ähnlichen und nicht immer werden die
Ziffern so bescheiden bleiben. Gegen
Abend treffen wir in Lamure-sur-Azergues ein, wo es laut unseren Recherchen
ein Hotel haben muss. Da ist es schon. Das
Hôtel du Commerce bietet sogar freie
Zimmer an. Zwei kleine Kinder vergnügen sich in einem Planschbecken neben
der Landstrasse. Die Wirtin kümmert sich
um die Gäste. Sie zeigt uns den Ort unter
der Treppe, wo wir die Velos verstauen
sollen. Die Tochter ruft ihr aus dem Wasser zu «maman, je t’aime» und spielt dann
weiter mit der Plastikente. Maman ist ganz
gerührt, weil wir diese Szene mitbekommen. Ihr mari, der Koch, rührt und hantiert derweil in seinem Pfannenreich. Er
lässt sich nicht blicken, aber was er herstellt, darf sich sehen lassen. Velofahren ist
gesund und gibt Hunger. Wir entscheiden
uns wie immer für das Viergangmenü: terrine de poisson, jambon de canard, fromage sec, tarte à l’orange, das Ganze für 18
Euro 50 Centimes, dazu einen halben
Fleurie, der das beste Alter schon hinter
sich hat. Wir sind unterwegs mit kleinen
Königinnen und tafeln wie der König von
Frankreich.
Lamure-sur-Azergues ist kein besonderer Ort. Hat man einmal im Hôtel du
Commerce übernachtet, im Sommer bei
weit offenem Fenster in einem jener Zimmer, die auf den rauschenden Azerguesbach hinausgehen, fühlt man sich ihm
dennoch verbunden, vor allem, wenn man
am anderen Morgen wieder das Velo sattelt, um den nächsten Pass zu bezwingen,
den Croix des Fourches, der mitten im
dunklen Bois des Mollières liegt, schon etwas höher als der Marchampt, wodurch
die Abfahrt nach Amplepuis umso berauschender ausfällt. Der Fahrtwind pfeift
uns um die Ohren, die Sonne glitzert in
den Speichen, die immer schneller drehen. Der Lenkstangencomputer meldet
am Abend stolz die Höchstgeschwindigkeit von 72,3 km/h.
Man soll kein Land verklären, obschon
wir nach den Ferien nichts lieber als dies
tun. Frankreich hat auch ein paar Nachteile. Mit Bedauern denken wir jeweils
beim Überqueren eines stillgelegten Gleises daran, über welch dichtes Bahnnetz
die Grande Nation einst verfügte, das nun
verloren ist. Wir denken an den Verkehrsminister Fressinet und seinen über 100
Jahre alten und teilweise umgesetzten
Plan, jeden Hauptort mit den Segnungen
der Dampflokomotiven zu beglücken.
Beim Überqueren der Loire am zweiten
Tag erinnern wir uns auch daran, wie malerisch die Schlucht südlich von Roanne
bis vor 25 Jahren war. Jetzt ist der Fluss gestaut, das Tal überflutet, das Ufer ungepflegt, so dass wir zum Picknicken gleich
weiterziehen nach St-Paul-de-Vézelin.
Der Dorfplatz bei der Kirche schlummert in der Mittagsruhe. Nur die Glocke
unterbricht sie. Sie schlägt die Stunde immer zweimal, um Gläubige und Ungläubige daran zu mahnen, wie ihre Zeit auf Erden zerrinnt. In einem Haus gegenüber
der Steinkirche beginnt eine Frau zu telefonieren, so laut, dass es alle Gemeindebürger hören können. Die Fensterläden
sind zu, auch die des Gebäudes, das verblichen mit «Café Boulangerie» angeVCS MAGAZIN / JUNI 2008
VELO
Frankreich
Die Glocke schlägt die Stunde zweimal, um daran
zu mahnen, wie die Zeit zerrinnt.
schrieben ist. Ob darin vielleicht doch ein
Kaffee serviert wird? Eine alte Dame sitzt
am einzigen Tisch in der Stube und liest
Zeitung. Es sei geschlossen, bedauert sie,
ihr Mann sei krank. Es scheint etwas Ernstes zu sein. Wir ziehen weiter. Heute ist
unser Tag der Kirchen. Jene von l’Hôpitalsous-Rochefort, eine kraftvoll-romanische, betrachten wir intensiver, während
wir unter dem Sonnenschirm einer Bar
sitzen, die sakralen Genüsse angenehm
mit den profanen verbindend. Das Lokal
gehört einer aufmerksamen Tamilin, die
alles über unsere Reise wissen möchte.
Danach erobern wir noch zwei Pässe. Den
nächsten, den 1390m hohen Col du Béal,
verschieben wir auf morgen und bleiben
im Gîte d’étape von Chalmazel, einem
Städtchen mit Burg und mehreren Restaurants. Viergangmenu.
So spazieren wir durch unsere douce
France, mal hart strampelnd, mal fliegend.
Mal treibt uns der Wind vorwärts, dann
stellt er sich in den Weg, als ein übel gelaunter, eifersüchtiger Spielverderber. Wir
sehen Dutzende von Dörfern und Weilern. Sie werden für einen Moment zum
Zentrum des Daseins, weil sie uns als
Wegweiser dienen, für die Mittagsrast, als
Nachtlager. Bald sinken sie hinab in den
Ozean des Vergessens. Dank der orangen
Schlangenlinie auf unseren Karten können wir die Schätze und die Bilder, die daran festgemacht sind, wieder bergen: Bussy-Albieux, Jeansagnière, Vergongheon.
Den schönsten Namen trägt St-AmantRoche-Savine. Er bezeichnet ein belebtes
Dorf auf einer Anhöhe in den Monts du
Livradois. Es findet gerade ein Theaterfestival statt, mit bärtigen Zuschauern aus
Paris, schon etwas angegraute Ex-Revolutionäre. Sie campieren auf zwei getrennten
Plätzen, einer ist für Schlafmützen gedacht, die zu spät kommen. Er heisst lèvetard. Der andere, der lève-tôt, ist für die,
die zu früh kommen. Die haben es bekanntlich auch nicht leicht.
Für uns ist es eh noch zu früh zum Ausruhen. Das Livradois ist ein karges Hochplateau auf gut 1000 m.ü. M. Es besteht aus
lauter Wald und Weiden. Karg ist auch
St-Germain-l’Herm, wo wir an diesem
Abend das Zelt auspacken. Der Ort hat
bessere Zeiten gekannt, er muss einst ein
touristisches Zentrum gewesen sein, mit
VCS MAGAZIN / JUNI 2008
drei Hotels, von denen nur noch eines
Gäste empfängt. Vis-à-vis döst der Crédit
agricole. Auf einem Kartonschild sind von
Hand die Öffnungszeiten der Bank eingetragen: Le jeudi de 9h30 à 11h30. Im EasyJet-Zeitalter ist das Livradois als Feriendestination ausser Mode gekommen.
Bald setzen wir über den Allier, dann
folgt der Aufstieg ins Massiv Central, ins
grösste und schönste Mittelgebirge Frankreichs. Wir entdecken dabei eine der wunderbarsten Strecken, die es für Radfahrer
auf dieser Welt gibt: das Vallée de la Sianne. Es ist erste Sahne, ein handliches, tiefes
Tal, geschaffen von einem Bach, der so sauber ist, dass man darin baden kann, wie
uns ein Fischer versichert, denn es gebe
hier eine Fischart, wenn die überlebe, sei
das Wasser lauter. Dreissig Kilometer weit
steigt eine schmale Strasse sanft durch das
immer wildere und immer waldigere Vallée, bis sie am Schluss zur steilen Passstras-
se wird, die auf dem Col de la Croix de
Baptiste kulminiert. Alt.: 1229 m. Wir sind
im braun-gelben Cantal und erblicken vor
uns zum ersten Mal den dunkel drohenden
Puy Marie, diesen alten Vulkan.
Ein Pass steigt fast bis auf seinen Gipfel. Der 1582 m hohe Pas de Peyrol ist der
höchste Punkt unserer Tour. Zum Höhepunkt wird er nur bedingt. Man muss hier
eine herrliche Aussicht haben auf die Berge und Schründe des Cantal, auf das Plateau du Limon und den Felsenkranz Cirque du Falgoux, wie uns Monsieur Brunet,
der Gastwirt von Dienne, beschrieb. Doch
wir erwischen den falschen Tag. Während
wir uns hocharbeiten, ziehen schwarze
Nebel auf, aus denen es zu schütten beginnt, genau als wir oben ankommen. Von
Aussicht kann keine Rede sein. Wir sind
froh, überhaupt noch den Asphalt vor unseren Rädern zu erkennen und stürzen
uns durch die kühle Regenwand zu Tal.
Trotz Regenschutz sind wir nach wenigen
Wieder ist ein Aufstieg geschafft: Der Col de la Croix de Baptiste markiert den
Übergang ins Massiv Central.
9
VELO
Frankreich
Aurillac die Hauptstadt des Cantal (rechts). Bald ist man im
Vallée du Célé, wo einzelne Häuser an den Fels gebaut sind.
Minuten klatschnass, Schuhe und Socken
inklusive. Wir schlottern mitten im Sommer. Im Vallée de Mandailles retten wir
uns zum Trocknen in eine Gaststube,
ohne durchschlagenden Erfolg. Weshalb
tut man sich das an?
Planungshilfe
Mâcon
St-Germain-l’Herm
La Gazelle
Allanche
Aurillac
Puy Mary
Cabrerets
ne
St-ArmantRoche-Savine
Grenoble
Valence
Camburat
Cahors
Genève
R hô
Amplepuis
Neulise
Lyon
Chalmazel
Loire
Limoges
St-GermainLaval
Clermont-Ferrand
Lot
Anreise: Ab Genf mit dem TGV, mehrere Verbindungen pro Tag mit Veloabteil.
Rückreise: Ab Cahors direkte Züge nach Paris.
Übernachten: Die Hotels sind meist nicht ausgebucht, sie sind entlang der Route aber dünn gesät.
Für grössere Gruppen ist eine Reservation empfehlenswert. Das Verzeichnis der «Logis de France»
ist dazu nützlich, wenn auch etwas kompliziert für die Suche. Erhältlich über den Buchhandel. Infos unter: www.logis-de-france.fr. Wer ein Zelt mitnimmt, hat zusätzliche Möglichkeiten, aber mehr
Gewicht. Im Internet kann man für einzelne Orte vor der Reise gezielt nach Angeboten suchen. Wer
es abenteuerlich mag, lässt sich überraschen.
Route: VCS-Mitglieder können einen genauen Routenbeschrieb mit einzelnen Übernachtungsmöglichkeiten unter der folgenden Adresse abrufen: www.verkehrsclub.ch/magazin. Per Post: VCS, Postfach 8676, 3001 Bern (bitte frankiertes und adressiertes Rückantwortcouvert beilegen).
Karten: IGN Massstab 1:100 000, Blätter 44, 43, 50, 49, 48 (nur kleine Ecke), 57 (in der Reihenfolge des Gebrauchs).
Veloferien in Frankreich: Via verde reisen bietet in Frankreich Veloferien mit Bahnanreise an.
Infos unter Tel. 0848 823 823 oder www.via-verde-reisen.ch.
10
Am Tag danach strahlt die Sonne. Sie
tut, als wäre nichts gewesen, als hätte sie
uns nie im Stich gelassen. Aurillac liegt
hinter uns, die düstere Kleinstadt, in der
während des ganzen Tages sich Werbung
und billige Musik aus Lautsprechern in die
Gassen ergiesst. Akustischer Sirup. Vor
uns entfaltet sich ein grünes Wellenland,
durch das wir kurven, vorbei an Laubbäumen, Hecken und Hornvieh, hinunter zu
Bächen, über 100 Brücken und auf der anderen Seite wieder hoch in die Hölzer. Gegen Mittag erreichen wir die tektonische
Stufe, hinter der das Gelände 300 Meter
abfällt ins eichenbestandene Kalkplateau
des Quercy. Genau an diesem Punkt beginnt der Westen von Frankreich. Obschon er noch 250 Kilometer entfernt ist,
ahnt man zum ersten Mal den Atlantik.
Der Célé ist auf dem Weg dorthin. Er
wird weiter unten in den Lot münden, dieser sich der Garonne anvertrauen, die bei
Bordeaux das Meer erreicht. Aber hier ist
er noch der Célé, und das ist gut so. Er ist
eine weitere velozipedistische Entdeckung, Pedal-Adel, ein Radfahrerwunder.
In unzähligen Bögen mäandert er zwischen den Kalknasen des Naturparks
durch eine Au, in der ab und zu eine Burg
auftaucht, ein altes Kloster, alles verbunden mit einer Nebenstrasse ohne Mittellinie, auf der man ein ganz schönes Tempo
vorlegen kann, wenn man Lust hat, und
die hat man. Unten in Cabrerets beim verfallenen Château du Diable reichen die
Steilwände so nah an den Fluss, dass wenig Platz bleibt für die Häuser. So baute
man diese an den senkrechten Fluh, der
als Rückwand dient. Wir logieren im Hotel des Grottes (es gibt in der Nähe eine
Höhle), kühlen uns im Pool, speisen auf
der Terrasse über dem ruhig stömenden
Célé, unternehmen dann einen Spaziergang durch den bukolischen Ort. Noch
lang schimmern an diesem Sommerabend
die spröden, zerfurchten Felsengesichter
bläulich über den Dächern, den Schafherden und über der École des filles, so gross
wie ein Märchenschulhaus.
Ein guter Abschluss. Am nächsten Tag
rollen wir die letzten Kilometer zur Endstation Cahors ab. Auf den Karten ist
schon die Route für die Weiterfahrt nach
Biarritz ans Meer eingetragen. Peter Krebs
VCS MAGAZIN / JUNI 2008
KOPFREISEN
Keine Tour
«No sports», sagte schon Winston Churchill. Und der war immerhin britischer
Premierminister. Ein paar gute Ratschläge für ein faules Wochenende.
eine Kindheit war die Zeit über ihre «Japanophilie», der grosder Slogans «Trimm dich fit» sen Liebe für Land und Leute.
und «Sport für alle». Familien in
Berichte einer launigen Lady
Nabholz-Trainern keuchten auf
dem Vitaparcours und Bernhard Wen das Reisefieber packt, der
Russi zeigte am Fernsehen, wie kann es mit dem Buch «Die
man beim Skiturnen in die Hocke scheusslichsten Länder der Welt.
geht, bis die Wädli wehtun. Mrs. Mortimers übellauniger ReiDen Vater nannten wir nur den seführer» senken. Die englische
«Schinderhannes», wenn er uns Bestsellerautorin Favell Lee Mortiwieder einmal zu einer achtstün- mer (1802–1878) veröffentlichte
digen Wanderung motivierte. Da- drei Reiseführer – wobei sie keines
mals beschloss ich, ein bewe- der beschriebenen Länder je begungsfreies Leben zu führen, frei sucht hatte. Ihre Kopfreisen, genach Churchills «no sports». Der prägt von Vorurteilen der viktoriaeinzige Vorsatz, den ich bis heute nischen Welt, sind kurios zu lesen:
eingehalten habe; ich bike nur bis «Die Schweizer sind sehr schlichte
zum Bäcker und walke bis zur Kreaturen, und in Japan schlitzen
nächsten Tramstation. Für alle sie sich selbst die Bäuche auf!»
Die Gedanken in die Ferne
Gleichgesinnten hier ein paar
Tipps, wie man ein Wochenende schweifen lassen, dazu verleitet
die wohltuende Wärme eines
ohne Wanderung übersteht.
Auf eine Reise nach Japan Hamams. Diese orientalischen
nimmt uns der neue Film von Dampfbäder gibt es in fast allen
Doris Dörrie «Kirschblüten Hana- grösseren Städten. Zum Teil biemi» (auf DVD) mit.
Hanami ist die japaDen Vater nannten wir nur
nische Tradition, im
den «Schinderhannes».
Frühling die blühenden Kirschbäume zu
feiern. Trudi, bessere Hälfte eines ten auch Hotels mit Wellnessbein die Jahre gekommenen Ehe- reich ein türkisches Bad an. Der
paars, träumt schon lange von Hamam dient der geistigen und
dieser Reise. Als sie unerwartet körperlichen Reinigung von der
stirbt, fliegt ihr kranker Mann Hektik des Alltags. Verweilen,
Rudi alleine nach Japan. In der sich waschen und plaudern gehöfremden Kultur kommt der biede- ren dazu. Ein Besuch im orientare Beamte erstmals aus sich he- lischen Bad beginnt im Sogukluk
raus. Hannelore Elsner und Elmar (Warmluftraum), gefolgt vom HaWepper, Bruder von «Harry-hol- raret (Dampfbad).
Warum in die Ferne schweifen,
schon-mal-den-Wagen», spielen
die Hauptrollen. Ein leiser Film, wenn man die eigene Umgebung
der zum Nachdenken über die ei- nicht kennt? Ein Essen in der
gene Routine und die Vergäng- Quartierbeiz, in die man noch nie
lichkeit des Lebens anregt. Das einkehrte, gibt ein neues LebensBuch zum Film enthält einen Fo- gefühl. In der Brasserie fühlt
toroman mit 120 untertitelten man sich an die letzte Parisreise
Farbabbildungen, das Drehbuch erinnert, und in der Trattoria läuft
und einen Essay von Doris Dörrie eine TV-Show mit strahlend
M
VCS MAGAZIN / JUNI 2008
© adpic
Ein Wochenende für Faultiere
Reisen geht auch im Kopf: Mit einem Buch, im Kino, in der Küche und anderswo.
lächelnden Bikinischönheiten –
und schon führt man mit seinem
Liebsten die längst überfällige
Diskussion über Gleichberechtigung und sagt ihm, dass er dran
ist mit Backofenputzen.
Wer lieber auf einheimische
Kost setzt, hat vielleicht Lust auf
eine Entdeckungsreise in das
kulinarische Erbe der Schweiz.
Die «Urchuchi»-Bücher stellen
Schweizer Restaurants mit regionalen Spezialitäten vor – frisch
und saisonal zubereitet und in der
Tradition von Grossmutters Küche. Eine sympathische Kampfansage gegen Fastfood und globalisierte Geschmackseinfalt, mit
spannendem Lesestoff zu den Gerichten, Rezepten und Serviceinformationen.
Der Spaziergang danach
Der danach empfehlenswerte Verdauungsspaziergang gestaltet sich
mit Kindern öfter etwas schwierig
– auch wenn er sich nicht gerade
über acht Stunden erstreckt (s.
«Schinderhannes»). Warum nicht
einmal eine spannende Tour mit
dem Fotoapparat machen? Die
Kinder nehmen alles auf, was sie
beobachten. Beim nächsten Regensonntag ergibt sich aus den Fotos ein Spiel: Wer findet zuerst die
Tanne mit der krummen Spitze,
das rote Auto, das Haus mit der
Stefanie Stäuble
Dachluke?
Doris Dörrie: Kirschblüten Hanami.
Ein Filmbuch, Diogenes. Fr. 35.90
Favell Lee Mortimer, Todd Pruzan
(Hrsg.): Die scheusslichsten Länder
der Welt. Mrs. Mortimers übellauniger
Reiseführer. Malik Verlag. Fr. 30.90
Martin Weiss: Urchuchi, 3 Bände:
«Deutschschweiz und Graubünden»,
Fr. 68.–, «Tessin», Fr. 59.–, «Romandie» (Herbst 2008), Rotpunktverlag
13
Wo die Schweiz baden geht
Mitarbeit: Stefanie Stäuble,
Martin Bosshard, Marc Fatton,
Heinz Flück, Urs Geiser, Stefan Grass,
Peter Krebs, Werner Herger,
Hugo Mahler, Adrian Schmid, Thomas
Schwager, Christine Steinmann,
Noëlle Petitdemange, Urs Diethelm,
Brigitte Wolf, Paola Nagel-Petrucci
14
Man mag von der Schweizer Sauberkeit halten, was man will: fürs Wasser ist
sie von Vorteil. Und weil Helvetien als Wasserschloss Europas gilt, laden unzählige Flüsse und Seen zum Bade. Wir haben einige der schönsten, mit Bahn
und Bus gut erreichbaren Frei- und Naturbäder besucht.
VCS MAGAZIN / JUNI 2008
© Karen Cordes
Tessin Das unwiderstehliche Bassin
Uri Historische Stätte am Urnersee
enige Meter weiter oben
stürzt das Wasser der Maggia noch tosend durch die
Schlucht. Dann strömt es – etliche
Meter tief und entsprechend beliebtes Ziel von Tauchergruppen –
gemächlich dem Ausgang der Felsenge zu, formt ein türkisfarbenes
Bassin und lockt unwiderstehlich
zum Bade. Kaltwasserscheue wenigstens zum Eintauchen (immer
wieder!). Kaltwasserfeste zu ein
paar Längen zwischen steil aufragenden Wänden. Ferner stehen
Kiesbänke, ein weiteres grosses
n den Urner Zeitungen wurde
bereits vor dem Ersten Weltkrieg die Anregung gemacht, an
den Gestaden des Urnersees eine
Badeanstalt zu schaffen. Doch erst
im Sommer 1927 konnte in Flüelen das Strandbad des Verkehrsvereins eröffnet werden. Dabei
durfte man gemäss Zeitungskommentaren nicht an ein Nacktkulturbad modernsten Stiles denken,
sondern an ein ordentliches Bad,
wie man es in einem gesitteten
Land zu treffen wünscht. Das historische Holzgebäude vermittelt
W
VCS MAGAZIN / JUNI 2008
Bade- und Planschbecken und
Sonnentankstellen auf und zwischen Steinbrocken zur Verfügung. Es hat hier, auch in der
Hochsaison, für alle ein Plätzchen, für Einheimische wie für
die Turisti.
Mit dem Maggiatalbus ab Locarno
oder Ponte Brolla bis zur Haltestelle
(auf Verlangen) zwischen Bignasco
und der Endstation Cavergno. Gleich
rechts davon führt ein Trampelpfad
durch die Uferböschung zum steinübersäten Flussbett hinab.
I
auch heute noch eine heimelige
Atmosphäre. 1991 wurde das
Strandbad renoviert. Mit seiner
Liegewiese mit Sandstrand, den
Feuerstellen, dem Kinderspielplatz mit Bassin und der Sonnenterrasse mit kühlen Drinks und
dem kleinen Imbiss für Zwischendurch lädt das Strandbad Flüelen
von Juni bis August zum gemütlichen Verweilen ein.
Mit der Bahn bis Flüelen, dann
600 Meter der Seestrasse entlang
in nördlicher Richtung.
15
WASSER
Badestellen
Aargau Königlich baden beim Schloss
schwanden Delphin oder Seerose,
wo man prächtig baden und essen
kann. Übrigens ist das Aargauer
Seeufer dank des HallwilerseeSchutzdekrets überall zugänglich.
Ein Spaziergang von Seengen
SGH Richtung Meisterschwanden
führt an unzähligen wilden kleinen Stränden vorbei. Badewillige
können sich einen der lauschigen
Plätze aussuchen.
Mit dem Bus ab Lenzburg bis Schloss
Hallwyl. Fussweg dem Aabach entlang
Richtung Hallwilersee. Weiterfahrt ab
Schiffsstation Seengen SGH möglich.
© swiss-image
in guter Ausgangspunkt für einen Badeausflug an den Hallwilersee ist das Schloss Hallwyl in
Seengen. Dort gibt es ein Café, das
Schloss ist auch für Kinder interessant. Badefreunde gehen dem
Aabach entlang Richtung See, wo
es verschiedene Plätze gibt. Beliebt ist dieser Teil für Gummiboot-Kapitäne. Ein weiterer Badeplatz befindet sich bei der Schiffsstation Seengen SGH. Wer einen
der öffentlichen Badestrände bevorzugt, nimmt von dort aus das
nächste Schiff nach Meister-
E
Basel-Stadt Ruhe am Birsköpfli
ie Basler sind ja für ihre fast
zärtlich anmutende Sprache
bekannt. Das «Birsköpfli» genannte Erholungsgebiet in Stadtnähe ist
ein Kleinod für Ruhe suchende
Freundinnen und Freunde des
sommerlichen Badevergnügens.
Drei frei zugängliche Liegewiesen
D
unter gigantischen Pappeln laden
die Sonnenhungrigen direkt bei
der Birsmündung in den Rhein
zum Lesen, Spielen und Schwatzen. Nach dem kühlenden Bad
hilft ein Picknick über knurrende
Mägen hinweg. Danach lädt das
nahe Museum Tinguely zum kul-
turellen Auftanken. Seit Ende
April steht die Holzbrücke über
die Birs wieder, die als Velo- und
Fussgängerverbindung zwischen
Basel und Birsfelden fungiert. Die
frühere, über vierzigjährige Brücke musste nach einem Seilriss im
Juni 2007 demontiert werden.
Ab Bahnhof SBB mit Tram Nr. 2 bis
Wettsteinplatz, umsteigen auf Bus
Nr. 31 bis Museum Tinguely. Vom
Museum zirka 5 Minuten Fussmarsch
über die Eisenbahnbrücke bis zum
Birsköpfli.
Bern Perpetuum mobile bei Bremgarten
© Peter Krebs
am Meer. Ein lauschiger Ort. Die
Hochzeitskirche von Bremgarten
schlägt allen pünktlich die Stunde.
Hier hat es eine in der Schweiz einmalige Sache: Ein beleuchteter
Fussgängerstollen durchquert die
engste Stelle der Schlaufe. Man
kann ihn unten anschwimmen, benutzen und steigt nach drei Minuten oben wieder in die Aare. Dann
lässt man sich eine gute Viertelstunde lang im Wasser durch den
malerischen Mäander treiben, zurück zum Standstrand. Fast ein
Perpetuum mobile. Aber bitte:
nicht weitersagen.
as ist ein echter Geheimtipp:
An der Aare unterhalb von
Bern, aber zum Glück oberhalb der
D
VCS MAGAZIN / JUNI 2008
Kläranlage Neubrück gibt es eine
wunderbare Schlaufe, ein Häftli. Es
weist bei günstigem Wasserstand
an zwei Stellen ein Sandsträndchen
auf, vis-à-vis der Sandsteinfluh, die
das linke Ufer bildet. Es ist fast wie
Vom Bahnhof Bern mit Bus 21 (Bremgarten) bis Haltestelle Schloss. Fünf
Minuten zu Fuss am Schloss vorbei
zur Kirche. Rechts vom Friedhof dem
Waldrand entlang führt ein Pfad zur
Aare.
17
WASSER
Badestellen
© St.Gallen-Bodensee Tourismus
St.Gallen Lauschige Weiher
ie Dreilinden-Weiher oberhalb der Stadt St.Gallen gehören zu den romantischsten Badeplätzen der Schweiz. Die im 17.
Jahrhundert angelegten Weiher
dienten der Textilindustrie. Bei
Badewetter liegen die Textilien in
Form bunter Badetücher um das
D
Bern Schlemmen an der Emme
as gibt es Schöneres, als an einem lauen Sommerabend
über sonnenwarme Steine zu hüpfen, den gebräunten Bauch im
friedlich fliessenden Flusswasser
zu kühlen und leckere Koteletts
vom Grill zu geniessen? Das «Paradies» liegt den Burgdorferinnen
und Burgdorfern buchstäblich zu
Füssen. Unterhalb des Schlosshügels fliesst die Emme durch eine
landschaftlich faszinierende Gegend. Dabei hinterlässt sie je nach
Pegelstand unterschiedlich grosse
Kiesbänke, die als Picknickressort,
Badeplatz oder Smalltalk-Lauschecke genutzt werden können.
Nicht weit davon entfernt geniessen Bierliebhaber das stadteigene
Gebräu: das «Burgdorfer Bier».
Naturbad verteilt. Das Familienbad Dreilinden ist in seiner Infrastruktur aus dem Jahr 1896 erhalten geblieben und bietet einen für
Frauen und Kinder abgetrennten
Bereich. Vier Jahre jünger sind die
Anlagen des Gemeinschaftsbads
im zweiten Weiher. Wer trotz freiem Eintritt das Wasser scheut, geniesst den wunderbaren Ausblick
auf die Stadt St.Gallen bis ans
deutsche Ufer des Bodensees. Das
Paradies liegt näher, als manche
denken. Nächster Halt: St.Gallen!
W
Das «Mühleggbähnli», ein Drahtseillift, führt wenige Meter von der St.Galler Kathedrale hinauf nach St.Georgen.
Von da sind die Weiher in wenigen
Gehminuten erreichbar. Im Sommer
fährt ein Bäderbus direkt ab HB
St.Gallen ins Naturbad-Paradies.
Bern Der «Canyon» am Schwarzwasser
ie Badeplätze im tiefen «Canyon» des Schwarzwassers
suchen ihresgleichen, was Harmonie und Abwechslungsreich-
D
Mit der Bahn nach Burgdorf. Beim
Bahnhof zu Fuss (15 Minuten) oder
mit Bus Nr. 465/464 Richtung HasleRüegsau oder Nr. 468 Richtung Lueg
bis Station Hallenbad. Vom Hallenbad
Emme aufwärts, beidseitig der Ufer.
tum betrifft. Gratis und franko
kann man sich hier auf den Felsen entlang des Flusses aufwärmen, allerorts duftet es nach Gril-
WASSER
Badestellen
sal, andernorts sollte man seinen
Nachwuchs gut im Auge behalten. Insektenspray nicht vergessen: Bremsen und Mücken sind
in diesem Naturpark keine Seltenheit!
ende. Unter der Woche lichtet
sich das Gedränge, Spaziergänger
führen den Hund aus oder kühlen sich im eiskalten Wasser die
Füsse. Der Fluss ist je nach Abschnitt ein kindergerechtes Rinn-
Mit der S-Bahn ab Bern Richtung
Schwarzenburg bis Station Schwarzwasserbrücke. Hinter dem Parkplatz
des Restaurants führt ein Fussweg in
10 Minuten zum Fluss.
Neuenburg Der lac des Taillères
m Westen des vallée de la Brévine, wenige Kilometer vom
gleichnamigen Ort entfernt, liegt
der lac des Taillères. Er speist die
Areuse, die unterirdisch abfliesst
und erst im Val-de-Travers wieder auftaucht. Es ist ein beliebter
Ausflugsort. Im Winter, wenn der
kleine See zufriert, wird er zur
grössten Eisbahn des Kantons. Im
Frühling wärmt er sich rasch auf.
Das Gewässer liegt inmitten alter
Torfmoore. Sein trübes Wasser
I
© swiss-image
liertem, Kinder stauen den Fluss
mit Steinen und wenn man Glück
hat, erwischt man ein freies Plätzchen auf einer Sandbank. So viel
Wohlsein teilt man natürlich mit
anderen, vor allem am Wochen-
absorbiert die Sonnenstrahlen besonders gut. Auf dem Südufer
kann man Feuer entfachen und
allerlei Esswaren braten. Das ist
gegen den Abend zu besonders
willkommen, denn dann kann es
am See, der auf über 1000 m.ü.M.
liegt, recht frisch werden.
Mit dem Publicar (tel.0080 55 30 00)
von Le Locle oder Fleurier.
© Peter Krebs
WASSER
Badestellen
gleich intimsten Bademöglichkeiten in Luzern. Zwei in sich geschlossene Innenbecken ermöglichen mit altertümlicher Hydraulik, das Niveau des hölzernen
Rostes – der zugleich als Boden
dient – abzusenken und auch ungeübten Schwimmern den Zugang zum Wasser zu ermöglichen. Hunderte von Schulklassen haben dort das Schwimmen
gelernt. Heute wird die altehrwürdige Dame verjüngt: Sie wird
unter Denkmalschutz gestellt und
den modernen Bedürfnissen angepasst.
Luzern Die Seebadi – urbanes Leben
trikt geschlechtergetrennt präsentiert sich die fast 125-jährige «20er-Badi» heute nicht mehr:
S
«20er-Badi», weil der Eintritt vor
rund einem halben Jahrhundert
20 Rappen betrug. Symmetrisch
getrennt die beiden Eingänge für
Frauen und Männer. Es ist wohl
eine der beschaulichsten und zu-
Vom Bahnhof Luzern führt der
Spaziergang über die Seebrücke den
grossen Hotels National und Palace
entlang in zehn Minuten zum Seebad
am Nationalquai.
Solothurn Bei den Störchen von Altreu
uch der Kanton Solothurn hat
seinen Sandstrand. Im Dorfteil Altreu, Gemeinde Selzach, befindet sich neben dem Natur-Infozentrum Witi – hervorgegangen
aus dem ehemaligen StorchenWiederansiedlungsprojekt – der
beliebte Badeplatz «Sängeli» (Sang
= Solothurner Dialekt für Sand).
Sonst ist die Aare ja eher etwas für
A
gute Schwimmerinnen. Hier in
Altreu gibt es jedoch einen derart
flachen natürlichen Sandstrand,
dass bei mittlerem und niedrigem
Wasserstand problemlos auch
kleinere Kinder in den Genuss eines Flussbads kommen können.
Und wer sich am frühen Morgen
oder unter der Woche am Strand
aufhält, trifft vielleicht einen
Storch an. Überhaupt, Altreu und
seine Storchenkolonie: Der allerorts auf Hausdächern und Bäumen klappernde Storch bringt
Kinder und Erwachsene zum
Staunen.
Anreise: Mit dem Schiff (Bielersee
Schifffahrt BSG) von Solothurn (ca. 45
Minuten), Büren an der Aare (50 Mi-
nuten) und von Biel aus (2 Stunden 10
Minuten). Im Sommer verbindet eine
velogängige Fähre Altreu mit dem südlichen Aareufer. Altreu liegt an den
beiden nationalen Velorouten 5 und 8.
Unter der Woche fährt stündlich ein
Bus vom Bahnhof Grenchen nach Altreu.
Zug Sandstrand mit Rigi-Blick
Graubünden Märchenhafter Waldsee
n der Zuger Seepromenade
folgen sich die Badegelegenheiten Schlag auf Schlag: Vom
Bahnhof aus kommt man in westlicher Richtung zunächst zum Badeplatz Siehbach. Zum klassischen Zuger Strandbad (mit Restaurant, auch für Kinder gut geeignet) sind weitere fünf Minuten
inklusive einem kurzen Abstecher
auf die Chamerstrasse einzurechnen. Nicht weit davon entfernt
folgt unser dritter Tipp: Das
Brüggli bietet das ganze Jahr hindurch allen etwas, die den Zuger-
in kurzer Spaziergang durch
den Wald, und plötzlich liegt
er da, wie im Traum: der Caumasee mit seinen malerischen Buchten. Der Lag la Cauma liegt in einer Senke südlich und unterhalb
von Flims. Sein Wasser ist türkisgrün und angenehm kühl, weil er
von unterirdischen Quellen gespiesen wird. Im Sommer ist der
See ein beliebter Badeort für Einheimische und Touristen; während der Saison wird Eintritt verlangt. Seit 1937 führt eine Standseilbahn gratis zum See. Der Was-
A
VCS MAGAZIN / JUNI 2008
see lieben. Nochmals eine herrliche Aussicht auf die Rigi, eine
Promenade mit Sitzbänken, einen
Sandstrand für die Badenden und
ein kleines Freiluftkaffee, denn
von April bis September finden
hier auch ein paar Wohnwagen, in
gebührendem Abstand zum See,
Platz. Da Zug bekanntlich nicht
vom See allein lebt, wird nirgendwo Eintritt verlangt.
Fussweg ab Bahnhof Zug zum Zugersee: 2 Min., danach der Promenade
dem See entlang.
E
serspiegel des Lag la Cauma ist seit
2003 auffällig tief. Ein Zusammenhang mit der unterirdischen
Umfahrung von Flims ist nicht
ausgeschlossen. Zurück zum Angenehmen: Ein Strandbad (offen
Juni bis September), ein Seerestaurant und ein Bootsverleih runden den Spass ab.
Der Waldspaziergang von der Postautostation Flims Waldhaus bis zum
Caumasee dauert 15 Minuten. Für die
letzte Etappe steht die Standseilbahn
zur Verfügung.
21
WASSER
© swiss-image
Badestellen
Zürich Holz, Wasser und Sonne
ürich ist zwar zwinglianisch
geprägt und dennoch ein Badekanton. In einem Bäderführer*
sind zwischen Rapperswil am
oberen Zürichsee und dem Rhein
über 140 Freibäder und Badeplätze aufgeführt. Allein in der Stadt
Zürich gibt es 5 Frei-, 6 Strand-
Z
und 5 Flussbäder. Das älteste
Flussbad und vielleicht das charmanteste ist der Untere Letten am
Limmatkanal. Entlang des Ufers
stehen alte Holzhäuschen als Umkleidekabinen mit Kiosk. Über
dem Wasser schwebt die Brückenkonstruktion, auf der sich die
Gäste einrichten und die als Zugang zum Wasser dient. Es hat
sogar eine Grünfläche sowie
ein separates Nichtschwimmerund Kinderplanschbecken. Im
Juli läuft am Abend das Freiluftkino «Filmfluss».
*Badi-Tipp Zürich, Werdverlag
Tram 4/13 bis Dammweg, dem Dammweg entlang und über die Brücke.
Oder mit S-Bahnen 2/8/14 bis Bahnhof Wipkingen, 300m die Dammstrasse runter, dann links 100m der Wasserwerkstrasse folgen.
leibliche Wohl. Das Strandbad
liegt relativ ruhig, die Gemeinde
bevorzugt bei der Vermietung
von Bootsanlegestellen motorlose
Wasserfahrzeuge. Es tuckern aber
die Passagierschiffe der Gesellschaft «Untersee und Rhein» vor-
bei, deren Wellengang jeweils die
Schwimmenden ins Wasser lockt.
Schaffhausen Frohes Treiben am Rhein
n schönen Sommertagen könnte man ob des fröhlichen Treibens auf dem Rhein den Eindruck
gewinnen, Büsingen liege am
Canale Grande. In Wirklichkeit
ist die fünf Kilometer oberhalb
Schaffhausens gelegene Gemeinde
A
22
eine deutsche Exklave. Im Strandbad herrscht Badevergnügen pur.
Kinder tummeln sich auf dem
Spielplatz und der Badeinsel im
Rhein. Nach sportlicher Betätigung mit Tischtennis oder Beachvolleyball sorgt ein Kiosk für das
Mit dem RVSH-Bus der Linie 22, Kursbuch Strecke 71.025, Haltestelle «Büsingen Strandbad».
VCS MAGAZIN / JUNI 2008
WASSER
Badestellen
Wallis Der taufrische Baggersee
Waadt Die Unterführung zum See
m Lawinenwinter 1999 suchte
die Trützi-Lawine das Dorf Geschinen im Goms mehrere Male
heim. In der Folge wurde der Bau
eines neuen Lawinendamms zum
Schutz des Dorfes beschlossen.
Das Material zum Aufschütten des
Damms stammte vom ehemaligen
Militärflugplatz. Nun war die Zeit
gekommen, eine alte Idee in die
Tat umzusetzen: Das entstandene
Baggerloch eignete sich ausgezeichnet für den «Bau» eines Sees.
So kam das Goms im Hitzesom-
N
I
äher geht es nicht: In Rivaz
führt die Bahnhofunterführung von der Station gleich zum
See. Zum grössten See Westeuropas immerhin. Man kann praktisch in den Badehosen aus dem
Zug ins Wasser steigen. Das Ufer
und sein Hinterland heissen hier
Lavaux, es ist berühmt für seine
Schönheit und den Wein. Und es
bietet eine Reihe weiterer Badeplätze. Der Genfersee ist auch ein
Badesee. In unmittelbarer Nähe
der Station Epesses zum Beispiel
mer 2003 zu einem Badesee, der
von Einheimischen und Touristen
rege genutzt wird. Allerdings ist
nur ein Teil zugänglich. Der andere ist als Biotop gestaltet und dient
vielen Tieren und Pflanzen als Lebensraum.
Mit der Matterhorn Gotthard Bahn
ab Brig oder Göschenen bis nach Geschinen. Vom Bahnhof Geschinen,
500 Meter vom Dorf entfernt, in zehn
Minuten zum See in nordöstlicher
Richtung.
finden sich gleich zwei Badestellen. Gegen Montreux zu ist es ein
kleiner aber feiner Platz am Kiesufer, nach Westen stösst man auf
die Bains de Moratel. Es ist das
grösste der drei Seebäder der Gemeinde Cully. Nebst Kies hat es
hier auch Gras und Pinien.
Rivaz: Von der Bahnstation Rivaz
(zwischen Lausanne und Montreux)
durch die Unterführung.
Epesses: Von der Bahnstation je einige
Minuten zu Fuss in beide Richtungen.
Tessin Riviera in der Sonnenstube
ie Tessiner verraten ihre
schönsten Badeplätze nur ungern. Doch die Städte Lugano und
Locarno haben beide ein «Lido»,
wobei jenes von Lugano mit seinem Sandstrand sehr bequem mit
dem Bus zu erreichen ist. In Locarno muss man ein Paar Minuten
länger gehen. Etwas schwieriger
mit dem «Buxi» zu erreichen, aber
D
empfehlenswert ist das Lido von
Ascona. Bequem an der Bahnlinie
liegt das Strandbad von Melide,
wobei sich Familien mit Kindern
zudem im nahe gelegenen «Swissminiatur» vergnügen können.
Eine Promenade über den Seedamm erschliesst auch das
Schwimmbad von Bissone, das leider in Autobahnnähe liegt. Und
zuletzt doch noch der kleine Geheimtipp: unbedingt den freien
Strand von Casoro bei Figino besuchen, er ist mit dem Postauto anzusteuern.
Lido Lugano: Ab Bahnhof Bus 2 Richtung «Cornaredo» oder «Funicolare»
bis ins Stadtzentrum und dann Bus 1
Richtung Castagnola.
Lido Locarno: Ab Bahnhof Bus 32.
Dann ein kurzer Fussweg.
Lido Ascona: Bus 31 ab Locarno bis
Ascona San Materno und danach
Minibus Buxi.
Strandbad Melide: 5 Minuten zu Fuss
ab Bahnhof.
Casoro bei Figino: Postauto ab
Lugano Zentrum (Piazza Rezzonico)
oder ab Bahnhof Lugano-Paradiso.
Genf Die Insel der Seligen
n Genf fliesst das Wasser ja
nach oben. Bis es wieder runterfällt. Ganz in der Nähe des bekannten Jet d’Eau hat es eine weitere Sehenswürdigkeit, die für
Auswärtige so etwas wie ein Geheimtipp ist. Les Bains des Pâquis.
Es ist entlang einer Mole angelegt,
die weit in den See hinaus reicht,
fast bis zum Jet d’Eau. Ein Leuchtturm bildet den schmucken Abschluss. Auf der einen Seite der
Mole hat es einen Kiesstrand, gegen die Stadt zu ist der See tiefer.
Die Anlage ist nicht sehr gross,
aber vielseitig und sehr schmuck,
sehr familiär. Und sie liegt den
Genferinnen am Herzen. Als das
Bad vor 20 Jahren umgebaut werden sollte, stellten sie sich auf die
© swiss-image
I
24
Hinterbeine und retteten es. Heureusement.
Vom Bahnhof Genf Cornavin zu Fuss in
10 Minuten erreichbar (durch das Pâquis-Quartier).
Mehr Badestellen
Weitere Badegelegenheiten stellen
wir auf unserer VCS-Internetseite
vor: www.verkehrsclub.ch/magazin. Eine gute Übersicht über die
Schweizer Bäder findet man auch
unter www.swissbadeanstalt.ch.
Dort ist jeweils auch ein sehr praktischer Kartenausschnitt samt den
ÖV-Verbindungen eingeblendet.
VCS MAGAZIN / JUNI 2008
ÖSTERREICH
Gastbeitrag
Österreich und die Schweiz veranstalten im Juni die Fussball-Europameisterschaft. Endo Anaconda forscht nach Gemeinsamkeiten und Unterschieden
seiner beiden Heimatländer.
Auswandern ins Ländle
Text: Endo Anaconda
Endo Anaconda ist Musiker,
Autor und Bandleader der
bekannten Formation «Stiller Has».
www.stillerhas.ch
ein Vater war Schweizer, meine Mutter Österreicherin. Somit habe ich zwei Heimatländer
in denen ich verwurzelt bin.
Lustig ist ja, dass oft die genau
gleichen leicht boshaften Witze,
über welche wir Schweizer uns
zerkugeln können, von den Österreichern mit umgekehrten Hauptdarstellern als Schweizerwitze
zum Besten gegeben werden.
Was sich liebt, das neckt sich.
M
Als Mensch, der seit seiner
frühsten Kindheit in beiden Ländern zuhause ist, kriege ich da
mein Fett doppelt weg. Das fing
schon in der Schule an. Da sorgte
mein schweizerdeutscher Rufname «Res» (emmentalerische Kurzform für Andreas), für Erheiterung. Da hätte ich genau so gut
Echnaton oder Hürlimann heissen können. Mit letzterem Namen
wurde ich als Schweizer in Österreich auch oft gefrotzelt, wobei ich
mich immer fragte, was denn diese Österreicher Seppeln an diesem
Familiennamen so lustig finden,
welcher bei uns genau so geläufig
ist wie Buser oder Schnebeli. Diese «Groschlis» (als solcher wurde
ich dann in der Schweiz tituliert)
denken sich gleich etwas Unanständiges.
Das darf man sich nicht allzu
sehr zu Herzen nehmen. Sonst
muss man halt nach Liechtenstein
auswandern, welches ja so etwas
wie die perfekte Mischung meiner
beiden Heimatländer ist. Ist doch
das Ländle bekanntlich eine
waschechte Habsburgermonarchie und trotzdem so etwas wie eine Schweiz im Briefkastenformat.
Manchmal, wenn unsere Schweizer Armee wieder einmal den
Schutzwald oberhalb von Vaduz
in Brand schiesst, hat man das Gefühl, der Befreiungskrieg meiner
Schweizer Urahnen gegen die
Habsburger dauere immer noch
an. Als Exil böte sich dann höchstens noch Vorarlberg an, die reden auch alemannisch. Als ich
Österreich während der Europameisterschaft zum halben Preis
Während der Fussball-EM ist der
Besuch des östlichen Nachbarlands
mit dem Zug besonders günstig. Das
Generalabonnement (GA) und das
Halbtaxabo berechtigen im Juni
auch in Österreich Ermässigungen
von bis zu 50 Prozent auf Bahnbilletten (25 Prozent gibts auf internationalen Billetts immer). Umgekehrt
geniessen die Inhaberinnen der
österreichischen Vorteilscard Rabatt auf den Schweizer Bahnen.
In die vier Austragungsstädte
(Wien, Klagenfurt, Salzburg und
Innsbruck) fährt man mit dem
26
«Host City Ticket». Nebst der Retourfahrt umfasst es die Benutzung der lokalen Verkehrsbetriebe des Zielortes.
Es gibt spezielle EM-Abonnemente.
Beim Kauf eines solchen GAs oder Halbtaxabos bis Ende Mai winkt ein deutlicher Vorverkaufsrabatt.
Im Juni verkehren zwischen der
Schweiz und Österreich zusätzliche Züge. Tagsüber verbindet der «Europameister» Zürich mit Wien. Ausserdem
wird eine weitere Nachtverbindung angeboten. Diese Züge sind im OnlineFahrplan aufgeschaltet.
Die österreichischen Austragungsorte
wollen Fussball mit Kultur in Einklang
bringen. In Wien sollen auf der längsten Fanmeile der EM die Wiener Sängerknaben und die Philharmoniker ein
Konzert geben. Ähnliches ist in Salzburg, Innsbruck und Klagenfurt vorgesehen. Auch sonst soll der Kulturbetrieb während des Fussball-Interregnums nicht eingestellt werden. Viel
Glück!
Infos: Für die Anreise am Reiseschalter Bahnhof und unter www.sbb.ch/
euro08; für touristische Informationen zu Österreich www.austria.info
sowie Tel. 0842 10 18 18 (Ortstarif).
schliesslich vor 35 Jahren das ewige «Res, Käs, Schweizerkäs!», welches mir schon im Kindergarten
um die Ohren schallte, endlich so
satt hatte, dass ich mich zu einer
Rückkehr in die Schweiz entschloss, liess ich gleichzeitig den
Emmentaler Res zum Stadtberner
Ändu mutieren. Weil ich, wie
schon so viele Österreicher vor
mir (auch H.C. Artmann wilderte
unter den Lauben), dem unbeschreiblichen Charme einer schönen Bernerin erlegen war. Das
blöde war nur, dass nicht nur
mein Vorgänger bei dieser Dame
Ändu hiess, sondern auch mein
Nachfolger. Bis ich dem Ganzen
ein Ende setzte.
Ich wusste wirklich nicht, von
wem sie im Schlaf redete. Zudem
fanden meine österreichischen
Kollegen Ändu unwahrscheinlich
witzig. Die können nämlich aus irgend einem Grund «ä» und «u»
nur mit Mühe hintereinander aussprechen. Das führte dazu, dass ich
mich heute Endo nenne. Das ist
wiederum ein Name der in Japan
recht häufig vorkommt. Einem
Land, welches nun mit Österreich
nichts gemeinsam hat, ausser dass
es einen Kaiser gibt. Einen solchen
hat Österreich aber leider nur
mehr mental. Seit der grosse Bruno Kreisky 1983 aus lauter Trotz
zurückgetreten ist, nur weil sein
stures Volk das Atomkraftwerk
Zwentendorf nicht wollte.
Wo sie Recht haben, da haben
sie Recht, diese Österreicher. Dies
obwohl Bruno der Grosse von allen aufrichtig geliebt und verehrt
wurde, weil er wie kein zweiter
Nachkriegspolitiker, mit AusnahVCS MAGAZIN / JUNI 2008
ÖSTERREICH
© Peter Krebs
Gastbeitrag
Experte in Sachen Musik, Österreich und Fussball: Autor Endo Anaconda in Aktion.
me des Leopold Figl vielleicht,
das Schmähzepter zu schwingen
wusste. Letzterer, ein legendärer
Weinbeisser und erster Bundeskanzler der zweiten Republik,
führte Österreich 1955 als Aussenminister in die Unabhängigkeit, indem er angeblich den damaligen russischen Aussenminister Molotow beim Heurigen unter den Tisch zechte. Gegen diese
Schrammelattacke war der bolschewistische Hardliner machtlos.
Der kannte wahrscheinlich nur
Wodka oder Molotowcocktails.
Seitdem setzte Österreich mehr
auf die kulinarische Landesverteidigung, während man bei uns in
der Schweiz, den ganzen Kalten
Krieg lang, bis in die heutigen Tage hinein, auf die Panzerschlacht
im Mittelland setzt. Weil wir
Schweizer keinen Heurigen haben
und erst recht keine trinkfesten
VCS MAGAZIN / JUNI 2008
Politiker wie Leopold Figl einer
war. Der einzige, der so was zu
Stande gebracht hätte, ist leider
von uns gegangen. Unser hochverehrter Altbundesrat Jean-Pascal Delamuraz. Der hätte es vielleicht noch geschafft, etwaige Invasoren mit Fendant in Schach zu
halten. Bliebe höchstens noch der
Filippo Lombardi, aber der hat genug im Tessin zu tun. Jetzt wo er
plötzlich, wegen der streikenden
Bähnler, für den öffentlichen Verkehr eintreten muss.
Eine richtige Armee braucht
Österreich bis heute nicht. Die
können bei Bedarf von der
Schweiz den alten Krempel mieten und der Sämi Schmid kann
sich die Entsorgung sparen. Eine
win-win Situation quasi.
Genauso wie die Euro 08. Eine
einmalige Gelegenheit für die
Schweiz, auch ein bisschen zu
Europa zu gehören. Ausser vielleicht noch beim Eurovision Song
Contest. Vielleicht haben die Österreicher aber auch nach zwei
Weltkriegen eine tiefere Abneigung gegen alles militärische als
wir Schweizer, denen diese Stahlgewitter zum Glück erspart geblieben sind. Gelingt es den Österreichern daher besser, sich den sinnlichen Freuden des Lebens hinzugeben als uns Schweizern oder
liegt es an den unterschiedlichen
religiösen Prägungen? Einerseits
der barocke Austrokatholizismus,
andererseits diese zwinglianische,
helvetische Nüchternheit. Während der Katholik eher ein Vertreter des Ablassgedankens ist (nach
der Beichte darf fröhlich weitergesündigt werden, weil einem die
Sünden ja erlassen werden), vertritt der Protestant eher den Abga-
begedanken. Arbeiten und Abgaben zahlen. Bei uns in der Schweiz
gibt es sogar Drogenabgabeprogramme.
Überhaupt neigen wir Schweizer dazu, für jedes Problem ein
Maschineli oder ein Stübli zu
erfinden. Fixerstübli, Alkistübli,
Walliserstübli. Bald kommt auch
noch das Raucherstübli. Nicht,
dass zum Beispiel in Österreich
das Rauchen im Zug erlaubt wäre,
nur kümmert sich oft niemand
darum. Die Österreicher setzen da
mehr auf die kleinen Schritte.
Österreich war das erste Land mit
einem Nichtrauchersitzplatz, um
die Menschheit vor dem Tabakrauch zu schützen. Es bleibt dem
Nichtraucher selbst überlassen, ob
er auf seinem Sitzplatz rauchen
möchte oder nicht.
27
WANDERN
© Peter Krebs
Schweiz
Der «alte Spittel», von Kaspar Jodok Stockalper auf dem Simplon erbaut, leuchtet in der Morgensonne.
Sechs schöne Routen ins
nahe Wanderglück
Durch Stadtquartiere, über Hügel, auf Berge, über Pässe: Sechs Wanderungen
spiegeln die enorme Landschaftsvielfalt der Schweiz. Sie sind für die verschiedensten Wandertemperamente gedacht. Sogar ein bekennender Wandermuffel
ist losgepilgert – und halbwegs bekehrt zurückgekommen.
28
VCS MAGAZIN / JUNI 2008
WANDERN
Schweiz
Stockalperweg Auf den Spuren eines Frühkapitalisten
sich nach Süden zu absenkt. In
Simplon-Dorf beginnt der Süden
schon. Und doch gibt es alles,
was man in den Walliser Bergen
erwartet: Roggenbrot, Trockenfleisch, die Raiffeisenbank. Wir
schlagen zu.
Böse Zungen würden Gabi als
«Loch» bezeichnen. Es ist auch der
Eingang in die Gondoschlucht, die
zu einem Erlebnispfad zwischen
hohen Felsen hergerichtet wurde.
Hier zwängen sich die A9 durch
sowie die Doveria. Mal hört man
mehr den Wildbach rauschen,
mal den wild gewordenen Verkehr. Die Wandervögel bewegen
sich neben und über den Galerien,
fliegen über Brücken, schleichen
durch den Stollen einer alten Festung und kommen nach Gondo.
Dort biegen sie ins Zwischbergental ein und sehen wieder einmal etwas mehr als bloss einen Schlitz
Himmel. Es folgt der Monscerapass. Oben empfängt Italien einen
mit Föhren, kristallklaren Bergseen und dem einsamen Berghaus
Gattascosa, wo üppige Mengen
von Käse und Schinken aus Parma
serviert werden, wo Weisswein
und Honiggrappa fliessen. Berauscht von all diesen Eindrücken
steigt man hinunter über Gallinera nach Bognanco, einer mehrstufigen Berggemeinde. Zuunterst
befindet sich das alte Thermalbad.
Es beginnt der letzte Akt, die
Wanderung hoch über der linken
Talseite nach Domodossola. Auf
dem hinreissenden Kalvarienberg
quartierte sich Stockalper nach
seinem Fall bescheidener ein als in
Brig. Nach Jahren kehrte er als
einfacher Bürger heim. Uns fährt
bequem das Postauto zurück.
Peter Krebs
Kurzinfo
Gut markierte mittelschwere, etappierbare Bergwanderung. Von Juni bis
Ende September. Varianten: Auf den
Simplonpass von Gspon aus über den
Gebidum- und den Bistinenpass. Von
Gabi aus über die Furggu direkt nach
Zwischbergen. Details auf www.verkehrsclub.ch/magazin
© Peter Krebs
aspar Jodok von Stockalper
(1609–1691) war eine typisch
barocke Figur und einer der ersten
Kapitalisten der Schweiz. Er handelte mit Salz, machte im Bergbau
und im Kreditwesen Geschäfte
und verkaufte Schnecken. Stockkatholisch und Herr der drei Türme in seinem Briger Schloss, häufte er ein riesiges Vermögen an und
ebenso viel Macht. Er übertrieb es
ein wenig mit dem Reichtum und
der Macht und musste nach Domodossola fliehen. Wir tun es ihm
nach: Auf dem Stockalperweg,
den Kaspar Jodok als Saumpfad
anlegen liess und der in den vergangenen Jahren restauriert wurde. Es dauerte ziemlich lange, bis
es so weit war und man das nötige
Geld fand. Zuerst wollte die Autobahn A9 über den Simplon gebaut
sein für die 40-Tönner. Sie kostete
eine Milliarde Franken, mehr
als Stockalper je besass. Der alte
Saumpfad, Unterlage für eine
Dreitagewanderung, war viel billiger und ist extrem viel schöner.
Die Frühkapitalisten hatten noch
Geschmack. Die Passhöhe stellt
sich als grandiose Weite dar, die
K
Aufstieg durch die Ganterschlucht oberhalb von Brig.
Schwarzenburgerland Seelenfriede auf brennenden Pilgersohlen
pätestens seit dem Kinohit
«Saint Jacques... La meque» ist
Pilgern wieder in. Da bewegungsfaule Menschen häufig eine Neigung zu Geistlichem haben, gerate auch ich in Versuchung, eine
Fussreise ans Grab des heiligen Jakobus in Santiago de Compostela
anzutreten. Als Trainingseinstieg
bieten sich landauf, landab Kürzestvarianten an. Wir wählen diejenige vom bernischen Rüeggisberg nach Schwarzenburg.
Gleich nach dem Ausstieg aus
dem Postauto in «Rüeggisberg
Post» zeigt der Wegweiser in
Richtung der drei Minuten entfernten Klosterruine Rüeggisberg.
S
VCS MAGAZIN / JUNI 2008
Die romanische Kirche wurde um
1175 erbaut, nachdem hier 100
Jahre zuvor der erste Cluniazenserorden auf deutschsprachigem
Gebiet entstanden war. Als Kraftort wird die Klosterruine von vielen auf dem Jakobsweg Wandernden besucht.
Beim Abstieg zum Schwarzwasser, dem Auftakt zu unserer
Pilgerreise auf der Via Jacobi Nr. 4,
lässt die Erleuchtung auf sich warten. Nicht einmal ein erhabenes
Gefühl will uns überkommen –
die Strasse mit zahlreichen Sonntagsfahrern, die ihre Motorräder
in jeder Kurve aufheulen lassen,
ist einfach zu nah. Schon viel nä-
her kommen wir der Sache nach
dem Aufstieg gegen Mamishaus;
hier ist sie, die Idylle der bäuerlichen Schweiz! Die städtischen Pilgerseelen lassen den Blick in die
Ferne schweifen, die nur aus Blau
(Himmel), Grün (Felder) und
Braun (Bauernhäuser) besteht,
umrahmt vom spätwinterlichen
Weiss der Alpen und der Jurakette. Der Wind bläst munter, man
wünschte sich einen Drachen, die
Wolken sind wie von Kinderhand
gezeichnet und hoch oben jubiliert eine Lerche in himmlischen
Tönen. Es stellt sich nicht gerade
Erleuchtung ein – aber Seelenfriede und Ruhe.
Die Routenbeschreibung spricht
von zweieinhalb Stunden Marschzeit. In unserem Fall sind mit den
nötigen Ruhepausen fünf Stunden vergangen, als wir mit brennenden Pilgersohlen in Schwarzenburg einmarschieren, dem
Herzstück des voralpinen und wenig industrialisierten Schwarzenburgerlands. Und jetzt: zurück ins
Stefanie Stäuble
faule Leben!
Kurzinfo
Einfache, als Via Jacobi markierte
Wanderung ohne grosse Steigungen,
ganzjährig möglich. Details auf
www.verkehrsclub.ch/magazin
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WANDERN
Schweiz
Tessin Fast wie Korsika, nur viel näher
die Alplandschaft fast kahl: überall Spuren des grossen Waldbrands
von 2003. Stumm anklagend ragen verkohlte Baumgerippe aus
dem grossflächig wuchernden
Ginster – eigenartig ästhetisch.
Auch die jahrhundertealten Kastanienbaumriesen in Ör werden
kaum mehr blühen. Doch das
Weglein hinüber nach Archeggio
verscheucht allen Trübsinn; die
Wanderlust wächst Schritt für
Schritt.
Samstag. Die Küche des gastfreundlichen Hauses hat uns
überzeugt. Zu den Spezialitäten
gehört das Fleisch von Schottischen Hochlandrindern, die als
genügsame Landschaftsgärtner
die Alpen oberhalb des Nachbardorfs Avegno davor bewahren,
vom Wald verschluckt zu werden.
Also heisst das Ziel nochmals
Gordevio, mit Start in Maggia.
Von da gehts ein Stück weit ins
Valle del Salto hinein, unter den
vielen schönen Seitentälern des
Maggiatals vielleicht das allerschönste, und auf dem Wanderweg Richtung Alpe Nimi hinauf
bis zur zauberhaft gelegenen Alpsiedlung Aiarlo. Äusserst lohnen-
de Variante für jene, die sich, mit
der 1:25 000er Karte im Sack, gerne auf einen unmarkierten Weg
einlassen: erst bei Kote 665 abzweigen und über Alpen ohne Namen (eine davon mit Kote 1112)
aufsteigen; von weit, weit unten
wird zwischendurch die Kirche
von Maggia zu den im siebten
Himmel Schwitzenden hinaufgrüssen. Der Abstieg AiarloGordevio erfolgt dann so oder so
via Badeparadies Mella–Malai–Archeggio, auf einem seit einiger
Zeit wieder durchgehend gepflegten Bergweg.
Und am Sonntag? Da reicht es
vielleicht noch für eine Rundtour
im unteren Valle del Salto. Oder
auch für mehr, weil längst klar ist,
dass wir unmöglich am Montag
Urs Geiser
zurück sein können.
Kurzinfo
Während die kleine Runde Gordevio
(340 m ü.M.) – Ör (915 m) – Gordevio
keine besonderen Schwierigkeiten
bietet, ist die Tour über Aiarlo eine 6bis 7-stündige, technisch mittelschwere Bergwanderung (1200 m hoch und
wieder runter). Weiss-rot-weiss markiert, machbar von April bis zum ersten grossen Schneefall (Aiarlo) bzw.
so gut wie ganzjährig (Ör). Details auf
www.verkehrsclub.ch/magazin
Fotos: Karen Cordes
in Höhepunkt erwartet uns
am zweiten Tag beim Abstieg,
gleich nach dem Maiensäss Mella. Über 100, 200 Höhenmeter
schiesst, hüpft, rinnt und sprudelt
das Wasser des Bergbachs von Becken zu Becken, einige davon
gross und tief genug, um darin ein
paar Züge zu schwimmen. In die
Sonne blinzelnd, fühlt man sich,
mitten im Maggiatal, nach Korsika versetzt.
Beginnen könnte alles so: Wir
wollen von Freitag bis Sonntag
wandern. Gemütlich, genussvoll,
aber auch ein wenig sportlich.
Feuchte Luftmassen aus Nordwest
stauen sich an den Alpen, während im Tessin der Nordföhn den
Himmel blank fegt. Also: Wir
starten zur Mittagszeit in Luzern,
sitzen vor vier Uhr im Unione in
Gordevio, wo wir eins der fünf
Zimmer ergattert haben. Ein kurzer Begrüssungstrunk unter dem
Kiwiblätterdach der Gartenterrasse, und dann reicht es als Vorbereitung aufs Nachtessen noch bestens für die Rundtour über Ör
und Archeggio. Hinauf gehts in
eine für Tessiner Verhältnisse karge Vegetation, stellenweise wirkt
E
Stufe um Stufe zur Cappella della Pioda oberhalb von Maggia; vom Feuer
geschlagene Wunden bei Ör; vom Wasser geschaffenes Wunder bei Mella.
VCS MAGAZIN / JUNI 2008
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WANDERN
Schweiz
ie Sehnsucht nach Bern ist
gross, und aller Anfang ist
schwer. In Zürich ist es noch fast
dunkel. Es regnet. Nach dem
westlichen Vorort Uitikon-Waldegg muss man sich durch eine Agglomeration von Einfamilienhäuschen schlagen. Auf der nahen
Strasse dröhnt der Pendlerverkehr. Im Bett bleiben wäre gescheiter gewesen, denke ich. Nach
Bremgarten, in den Reuss-Auen,
lösen sich die Zweifel auf. In der
Klosterkirche Muri AG zünde ich
eine Weihekerze an und bin mit
der Welt versöhnt. In Hitzkirch
fragt ein Jasser in der Beiz, woher
ich komme. Ich sage: «Von Zürich.» Er fragt: «Wie lange hast du
gebraucht?» Ich: «Zehn Stunden.»
Er: «Mit dem Subaru mache ich’s
in vierzig Minuten.» Eben. Er
wendet sich wieder seinen Jasspartnern zu.
Zum Erlosen hinauf. Da haben
sie einen Wanderweg durch den
Wald gebaut und einen Brunnen
hingestellt. Die Ausschilderung ist
perfekt. Nur: Für wen? Zum fünften Mal bin ich unterwegs, und
noch nie habe ich einen anderen
Intercity-Wanderer angetroffen.
Im Nebel sind die Farbunterschiede abgeschwächt, die Landschaft
ist wie chinesische Tuschmalerei.
Dann Beromünster. Das Gasthaus
D
Hirschen steht mächtig wie ein
Ozeandampfer, darüber thront
auf dem Hügel die Stiftskirche mit
ihren Nebengebäuden. Der Wanderweg führt mitten durch. Rechts
eine Sonnenuhr mit dem Spruch
omnis vulnerat, ultima necat – jede Stunde verwundet dich, die
letzte tötet dich. Da kommt man
ins Grübeln. Wie gesagt: per Eisenbahn eine Stunde, auf Schuhsohlen dreiunddreissig Stunden.
Es ist eine Reise durch Raum und
Zeit. Die Zeit erhält durch die
Langsamkeit eine neue Qualität,
ist nicht mehr nur linear, bekommt Tiefe. Zürich–Bern zu Fuss.
Immer mehr stellt sich die verrückte Idee als eine Entdeckungsreise durch die Aussenwelt heraus,
aber auch durch das eigene Innere. Gehen ist so reich und so einfach. Man sieht die schönen Dinge am Wegrand, dem Wanderer
wird es wohl an Körper und Seele. Essen und Trinken schmecken
ihm doppelt so gut, und er schläft
wie ein Murmeltier zehn Stunden
lang.
Noch ein paar Stunden bis
Bern. In Lützelflüh erwartet mich
eine Freundin, die auf dem letzten
Stück mitwandern will. Die Gasthäuser am Wegrand sind so
schön, dass es noch ein paar Stunden mehr werden. Beim Most er-
© swiss-image
Mittelland Zürich–Bern in 33 Stunden
Intercity-Reise mit Halt auf Verlangen in Bremgarten AG.
zähle ich der Freundin vom Aargau, vom Luzernischen, und sie
glaubt, ich spreche von fernen
Kontinenten. Der vorletzte Hügel
hat den langen Namen Diepoldshusenegg, dann kommt noch die
kleine Steigung auf den Dentenberg hinauf. Der Schluss gleicht
dem Anfang. Die Agglomeration
dröhnt, rauscht, hämmert fleissig,
mischt Beton, deckt Dächer und
asphaltiert Strassen. Wir nehmen
die letzten Treppen hinunter zum
Bärengraben. Dort steht ein Brun-
nen. Wir ziehen die Schuhe und
die Socken aus, wir strecken die
Füsse ins eiskalte Wasser und saDres Balmer
gen kein Wort.
Kurzinfo
Viertägige Weitwanderung in hügeligem Gelände und etwa zur Hälfte auf
verkehrsarmen Asphaltsträsschen, am
Weg viel Gastronomie und Kultur. Man
orientiert sich zuverlässig an den gelben regionalen Wegweisern. Details
auf www.verkehrsclub.ch/magazin
Neuenburger Jura Von der Table d’hôte auf die Tablettes
ahnhofbuffets von altem Schrot
und Korn sind Kulturgut, ein
Stück Heimat. Wie gut tut es der
Bahnfahrerseele, an solchem Ort
die Vorfreude auf eine Wanderung auszukosten! Zum Beispiel
in Chambrelien, da, wo der Zug
zwischen Neuenburg und La
Chaux-de-Fonds halten muss, um
die von der Topografie geforderte
Spitzkehre zu vollziehen. Ohne je-
B
VCS MAGAZIN / JUNI 2008
den Schnickschnack präsentiert
sich die kleine Gaststube mit ihren kaum 30 Sitzplätzen: Nullachtfünfzehn-Mobiliar auf einem
gut gealterten rötlichen Fliesenboden, doch der angeborene
Charme überstrahlt alles. Draussen eine Veranda mit einem
Hauch Western-Stil, vor allem
aber: mit Seeblick.
Die Vorfreude, die womöglich
fast kein Ende nehmen will, gilt
dem Tablettes-Felsen, einer von
der Natur geschaffenen Aussichtsplattform zwei Wanderstunden
weiter oben. Wie ein Wächter
über dem Eingang zum Val de
Travers steht er da. Und gewährt
einen phantastischen Blick auf
den unteren Teil des Neuenburgersees, diesen unschweizerisch
grosszügigen blauen Teppich in-
mitten von gewelltem Grün. Dahinter ein Strich Murten- und ein
Fleck Bielersee, davor die Windungen der Areuse-Schlucht, am
Horizont im Idealfall das volle
Programm vom Säntis bis über
den Mont Blanc hinaus.
Während das erste Wegstück
bis zum Dörfchen Rochefort ideal
zum Warmlaufen ist, fordert die
zweite Hälfte der rund 600 Hö33
WANDERN
Schweiz
In zwei Stunden von der Bahnhofbuffet- zur Jura-Aussichtsterrasse.
© Urs Geiser
so viel Jura-Erlebnis, dass man
sich fragt, weshalb man als Auswärtiger keinen Zuschlag bezahlt.
Aber bevor das Postauto kommt,
statte man dem Hôtel de la Tourne, das leider kein Hotel mehr ist,
einen Besuch ab – und koste, sofern Nicht-Vegetarier, von den
«Croissants au jambon maison»,
den Schinkengipfeln, die Madame
und Monsieur backen. Göttlich,
wie so vieles zuvor an diesem Tag.
henmeter mit dem Zickzack-Aufstieg durch felsdurchsetzten Wald
die Beinmuskulatur. Als Belohnung wartet oben schon vor der
«Plattform» ein grasbewachsener
Rastplatz, wo einen mit etwas
Glück eine Gämse begrüsst, sicher
aber, schräg gegenüber, der grandiose Felskessel des Creux du Van.
Lediglich 20 Minuten sanften
Abstiegs sind es dann noch bis zur
Postautohaltestelle im Col de la
Tourne. Ob man von hier nach
Neuenburg zurück- oder nach Le
Locle weiterfährt, die Reise bietet
Urs Geiser
Kurzinfo
Vom Col de la Tourne her ein Spaziergang, von Chambrelien/Rochefort her
zuoberst eine Bergwanderung. Bestens markiert, machbar von April bis
in den Spätherbst hinein. Details auf
www.verkehrsclub.ch/magazin
s braucht nicht immer eine
Weltreise, um den Kopf durchzulüften. Auch in nächster Nähe
sind verblüffende Entdeckungen
zu machen. Beweis über Beweis
dafür liefert der Schriftsteller
Pierre Corajoud, der sich selbst als
«Nah-Abenteurer» (aventurier du
proche) sieht, mit seinen Spaziergängen und Bummeleien quer
durch Lausanne. Auf dem «Türmchen-Bummel», der vom Vélodrome im Norden zum zauberhaften Parc du Désert im Westen
der Stadt führt, zeigt sich ein
überraschend anderes Lausanne
E
Zusatzinfos per Post
Der VCS bietet eine neue Dienstleistung an: Viele Zusatzinformationen zu den Touren samt den genauen Routenangaben können Sie
unter www.verkehrsclub.ch/magazin abholen oder per Post bestellen – siehe dazu Seite 4 dieses Magazins.
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mit verkannten Strassen und geheimnisvollen Durchgängen. Wir
kommen an prächtigen Sandsteinwänden vorbei – von hier
stammt das Baumaterial für die
Kathedrale –, entdecken hübsche
Häuser im Violette-Quartier und
Fusswege weitab von den grossen
Verkehrsachsen, je nach Wetter
gar mit Alpensicht. Als krönender
Abschluss lädt der Parc du Désert
zu sinnendem Betrachten ein. Das
lange, schmale Wasserbecken,
von zum Teil 210–220 Jahre alten
Linden gesäumt, ist eine Oase des
Friedens. Das Spiegelbild der Bäume auf der glatten Oberfläche und
der üppige Wasserpflanzenteppich tun das Ihre. Der in der
Schweiz einzigartigen Anlage,
«canal» genannt, wohnt etwas
Magisches inne.
Der Bummel endet am Ende
der Allee, beim ehemaligen Herrenhaus, das nun ein Restaurant
beherbergt. Neben dem dazugehörigen ehemaligen Bauernhof
steht – Art pour l’art in Reinkultur
© Noëlle Petitdemange
Lausanne Exotisches gibts auch gleich um die Ecke
Unbekanntes Lausanne: der Parc du Désert.
– ein kurioses neogotisches Turmhäuschen, eines der ersten Waadtländer Bauwerke dieser Art. Hier
war der Ausgangspunkt eines
Netzes von Spazierwegen durch
den darüberliegenden bewaldeten
Hang, wo einst – als dekorative
Elemente – auch eine Einsiedelei,
eine Grotte und ein strohgedecktes Häuschen die Lustwandelnden
erfreute. Wir flanieren noch ein
paar Meter westwärts. Da ist der
Stadtrand. Am Horizont der Jura.
Noëlle Petitdemange
Kurzinfo
Anderthalbstündiger Spaziergang
(ohne kontemplative Pausen) von der
Bushaltestelle «Parc du Vélodrome»
des Einers Richtung Blécherette zur
Endstation des Zweiers, «Désert». Das
Buch: «Flâneries lausannoises: 18 balades à travers des chemins à (re)découvrir», Pierre Corajoud, 2002, 152 S.
VCS MAGAZIN / JUNI 2008
WANDERN
Schweiz
62 500 Kilometer Wanderwege durchziehen das Wanderland Schweiz.
Alles zum Besten bestellt? Gemach.
Neue Wege braucht das Land
n der schönen Stadt Freiburg
gibt es eine reizende Nahwanderung: Vom Pérolles-Quartier
führt sie durch den Ritterweg an
die Saane und zum Kloster in der
Mageren Au. Führte, muss man
sagen. Denn 2005 (oder war es
2004?) schwemmte der Fluss anlässlich eines Hochwassers den
Steg weg. Seither werden die
Wandernden über die Staumauer
umgeleitet. Wenn es geht. Manchmal geht das aber nicht.
I
Der Steg wird irgendwann einmal ersetzt werden. Was wird er
kosten? 200 000 Franken? Bis die
Stadt Freiburg die Summe aufgetrieben hat, dürfen sich die Spaziergänger in Enthaltsamkeit und
Geduld üben. Vielleicht schaffen
die Behörden das Werk noch vor
der neuen Poyabrücke, die am anderen Ende der Stadt für 120 Millionen Franken einen zusätzlichen Strassenübergang herstellt.
Ähnlich hart werden die einsa-
men Wanderer seit einem Jahr
oder so an der Aare unterhalb der
schönen Stadt Bern aus ihren
Träumen gerissen, wenn sie plötzlich am linken Ufer auf rotweisse
Abschrankungen treffen: «Durchgang verboten.» Der Sandsteinfels
bröckelt und könnte den Fussgängern auf den Kopf fallen. Also:
sperren und sparen. Was würde
man sagen, wenn die Amtsstellen
mit einem Strassenstück so verführen? Wenn sie beim Felssturz
auf die Gotthard-Autobahn anno
2006 gesagt hätten, ja wir schliessen die nun mal für ein paar Jährchen ein bisschen, das wird schon
irgendwie gehen und kommt billiger, man kann das Tessin ja auch
zu Fuss erreichen, wenigstens im
Sommer.
Natürlich ist der Vergleich ungerecht. Die Gotthard-Autobahn
ist viel wichtiger als so ein mageres Weglein in die Magere Au. Sie
ist der Lebensnerv, ohne den die
Nützliche Adressen für faire Ferien
Öffentlicher Verkehr: Postauto, auch Gruppenreisen:
www.postauto.ch. Tagesausflüge in der Schweiz, auch
Gruppen: www.erlebnis-schweiz.com; www.railaway.ch.
Bahnreisen Ostschweiz: www.thurbo.ch. Bahnreisen
Bern/Wallis: www.bls.ch. Glacier-Express: www.mgbahn.ch.
Städtereisen Europa: www.railtour.ch, Tel. 031 378 01 01.
Bahnreisen Europa und weltweit: www.globotrain.ch, Tel.
031 313 00 03. Besondere Züge: www.erlebniszuege.ch,
Tel. 031 378 00 04. Fahrplan international:
www.bahn.de, http://fahrplan.bahnen-und-busse.de
Verträgliches Reisen: Europa: www.via-verde-reisen.ch,
Tel 0848 823 823. Schwerpunkt Deutschland: www.vertraeglich-reisen.de. Naturreisen Deutschland: www.fahrtziel-natur.de. Westschweiz und Frankreich: www.salamandre.ch, Tel. 032 7100825
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Langsamverkehr: Wandern, Velo, Inline, Mountainbike,
Kanu: www.schweizmobil.ch. Buchbare Angebote
Schweiz: www.swisstrails.ch, Tel. 044 450 24 34.
Mietvelos: www.rentabike.ch, Tel. 041 925 11 70.
Übernachtungen Velofahrende: www.velodach.ch.
Skaten: www.swiss-skate-map.ch
Weitere Vorschläge: Ferien im Baudenkmal: www.magnificasa.ch, Tel. 044 252 28 72. Historische Verkehrswege: www.viastoria.ch, Tel. 031 631 35 35. Gruppenunterkünfte: www.gruppen-unterkuenfte.ch, Tel. 04 867 25 00.
Hintergrund: www.fairunterwegs.ch.
Kinderferien: www.kovive.ch
Last but not least: www.verkehrsclub.ch/magazin
Schweiz dem Untergang geweiht
ist, das ahnte schon Wilhelm Tell,
der allerdings zu Fuss unterwegs
war und mit der Armbrust statt
dem Taschenmesser. Dennoch ist
die unterschiedliche Eile und
Spendierfreudigkeit punkto Strassen und Wege aufschlussreich.
Die Schweiz versteht sich als
Wanderland. Ihre Bewohner sind
auch 700 Jahre nach Wilhelm Tell
und anderthalb Jahrtausende
nach der Völkerwanderung noch
ein Wandervolk. 62 500 Kilometer
markierte Wege gibt es übers ganze Land verteilt, fast so viele wie
Strassen (70 000 Kilometer). Bei
Umfragen über sportliche Aktivitäten steht das Wandern immer
zuoberst. Ein Drittel aller Einheimischen praktiziert es, viele Touristen kommen seinetwegen zu
uns. Alle Destinationen werben
mit ihrem Wegnetz, das meist auch
tipptopp unterhalten ist. Das eben
eröffnete «Wanderland Schweiz»
setzt da noch einen drauf.
Alles paletti also? Nicht ganz.
Die Wanderwege sind krank. Betroffen sind weniger die Highlights in den höheren Regionen,
so ab 1500 m.ü.M., als die vielen
tausend Kilometer im Mittelland,
in den Hügeln und Voralpen. Die,
zugegeben, seltenen Sperrungen
sind höchstens ein Symptom,
nicht die Seuche. Viel besorgniserregender ist die schleichende
und scheinbar unaufhaltsame
Entwertung der Wege.
Ein schöner Wanderweg besteht aus Naturbelag, Kies, Erde,
am besten mit Grasnarbe in der
Mitte. Manchmal ist er auch ein
schmaler Pfad. Nur auf solchen
Unterlagen kommt der Wanderer
auf seine Rechnung. Wandern ist
VCS MAGAZIN / JUNI 2008
WANDERN
© Peter Krebs
Schweiz
Die Schweiz hat viele schöne Wanderwege. Aber es gibt immer mehr Abschnitte mit Hartbelag, die nicht zum Wandern laden. Neue Ideen sind gefragt.
mehr als ein sportliches Vorwärtsschreiten, es ist nicht nur geografisch eine Eskapade aus dem Alltag. Der Kopf wandert mit und
lässt seine Gedanken schweifen.
Dieser Genuss hat viel mit der Ästhetik der unmittelbaren Umgebung zu tun. Er ist auf schöne Wege angewiesen. Wenn diese aus
Teer oder Beton gemischt sind, ist
Schluss und Amen. Dann ist man
nicht mehr im Wanderland, sondern in der Banalität und kann
ebenso so gut über die Autobahn
ins Shoppyland reisen. Wandern
ist dann kein Vergnügen, sondern
eine Strafe, die in die Knochen
fährt, die Kehle austrocknet und
schlechte Laune gibt. Und später
Gelenkbeschwerden. Das ist sogar
wissenschaftlich erhärtet.
Schluss und Amen ist es immer
häufiger. Das Toggenburg «vermittellandet», schrieb Peter Weber 1993 in seinem Roman «Der
Wettermacher». Die Teerung der
VCS MAGAZIN / JUNI 2008
Wege ist ein wichtiges Zeichen der
Vermittellandung nicht nur des
Toggenburgs. Laut Statistik sind
inzwischen ein Viertel der Wanderwege unter Hartbelag begraben. Das ist viel zu viel. Im Mittelland sind es noch mehr: ein Drittel im Aargau, 40 Prozent im Kanton Freiburg. Alp-, Forst- und Güterstrassen werden maschinengerecht ausgebaut, durch das Ausfransen der Dörfer und Städte
werden Naturwege immer weiter
in die Peripherie abgedrängt. Oft
zeigen nur noch gelbe Rhomben
an, dass eine bestimmte Strasse
ein Wanderweg wäre, es fällt aber
keinem Wanderer ein, ihn auch zu
benützen.
Sorry, aber das ist inakzeptabel.
Die Autobahnfahrer werden auch
nicht zwischendurch, wenn es
grad nicht anders geht, über einen
Acker geleitet. Obschon das im
Zeitalter der Offroader möglich
wäre. Sie erwarten eine vollständige, geeignete Infrastruktur. Darauf
hat das tolerante Volk der Wanderer ebenfalls Anrecht. Es braucht
auch ausserhalb der Hochalpen,
im Mittelland, im Toggenburg, im
Emmental, im Jura, Routen, auf
denen die Fussgängerinnen absoluten Vorrang haben und keinen
Meter auf Teer gehen müssen.
Das ist möglich, man muss es
nur wollen: indem man in allen
Landesteilen sogenannte «ErsteKlasse-Wege» schafft: Weitwanderrouten, die vollständig und
konsequent nach den Bedürfnissen der Wandernden gestaltet
sind. Es geht nicht um neue Markierungen, es geht um die Qualität des Weges selber. Auf Abschnitten mit Hartbelag ist Rückbau oder allenfalls eine neue Streckenführung angesagt. An geeigneten Stellen werden Schatten
spendende Alleen und Hecken gepflanzt. So dient der Weg auch
dem Artenreichtum und der
Landschaftspflege.
Keine leichte Sache, sicher. Politisch und finanziell bestimmt
viel schwieriger zu realisieren als
nur eine kleine Autobahn. Es
braucht Elan und den Willen zur
Zusammenarbeit über die Grenzen von Gemeinden und Kantonen hinweg. Doch hilft vielleicht
der Hinweis, dass solche neue Wege auch der Wirtschaft dienen
würden, besonders den Wirtschaften. Einen guten Tropfen
können Wandernde immer vertragen. Wanderwege der Spitzenklasse könnten voralpinen Regionen, in denen der Skitourismus
ausstirbt, Impulse geben und ein
neues Image. Es braucht dazu jedoch mehr als ein geschicktes
Marketing. Es braucht zuerst die
ehrliche Arbeit in Feld, Wald und
Wiesen. Dann dürfen die Marketingleute in Aktion treten. Sie werden Furore machen. Erste-KlasseWege: Der VCS schlägt sie vor und
ist bereit, sich für sie zu engagieren.
Peter Krebs
37
BASEL – MOSKAU
Einfach mal Moskau
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VCS MAGAZIN / JUNI 2008
© Keystone/laif/Heuer/laif
ZUGREISE
Basel–Moskau
Osteuropa lässt sich auf einer Strecke
von 3028 Kilometern in 39 Zugstunden
«erfahren». Seit einigen Monaten
verbindet täglich ein direkter Wagen
Basel mit Moskau.
ars. Ein Name, der an Katastrophenjahre und
zerstückelte Länder denken lässt. Aber täglich
um 17 Uhr 55, wenn der Zug im Warschauer Zentralbahnhof (Warszawa Centralna) abfährt, bedeutet das
in erster Linie eine ausgezeichnete Mahlzeit zu einem
bescheidenen Preis. Die Gesellschaft Wars betreibt die
polnischen Speisewagen und bietet typische Gerichte
aus Zentraleuropa an. Die Fahrgäste geniessen zu ihrem Essen ein schäumendes Bier oder einen Wodka,
sie schauen durchs Fenster der Abendsonne über dem
flachen Land zu. Sie haben einige Stunden Zeit zum
Nachdenken über das Auf und Ab Osteuropas. Dies
alles kostet etwa zehn Euro.
W
retour lösen
VCS MAGAZIN / JUNI 2008
Ein Mix von Wagen und Kulturen
Der direkte Wagen Basel – Moskau fährt täglich ab der
Rheinstadt. Auf der 39-stündigen Fahrt durchquert er
Deutschland, Polen, Weissrussland und einen Teil
Russlands. Die Komposition besteht bei der Abfahrt
aus weiteren Wagen mit den Zielorten Kopenhagen,
Prag und Warschau. Bis der Zug in Moskau ankommt,
wird er mehrmals umgestellt. Am Ende umfasst er
auch Wagen aus Amsterdam und München. Auf einem Teil der Strecke ergänzen russische und polnische
Speisewagen das Angebot. So kommt zur Mischung
der Reisenden jene der Kochkünste hinzu.
In Basel beziehen die Reisenden ihr Abteil mit den
Sitzplätzen, die sich in schmale Betten umbauen lassen. Es bietet Platz für drei Personen samt Gepäck und
samt den Träumen. Am Ende des Zuges sind die Provodniki zu finden, die beiden Stewards, die in Basel
die Fahrkarten entgegennehmen und während der
Reise heissen Tee für 8 Rubel (etwa 40 Rappen) verkaufen. Sie kümmern sich auch um den Unterhalt des
Wagens, reinigen Boden und Toiletten.
Die Speisewagen bieten reichlich Platz und Nahrung. Der russische Wagen wartet mit einem sehr
praktischen Zubehör auf: dem Samowar. Der grosse
Teekessel befindet sich im Abteil des Provodnik und
ist stets mit heissem Wasser gefüllt. Wer eine Ther-
Im Sommer ist das Leben auf dem Roten Platz in
Moskau entspannt. Im Hintergrund die Basiliuskathedrale.
39
ZUGREISE
moskanne mitnimmt und Fertiggerichte,
kann an seinem Platz ein Essen geniessen
und beobachten, wie draussen in den Wäldern Birken die anderen europäischen
Baumarten ablösen.
Leben an Bord
In der Schweiz sind die wichtigsten Bahnhöfe eine halbe Stunde voneinander entfernt. In Deutschland beträgt der Abstand
schon eine Stunde. In Russland kommt es
häufig vor, dass der Zug während vier
Stunden haltlos unterwegs ist. Die Reisenden haben Zeit, ihre bewegte kleine Welt
zu beobachten. Gespräche lassen sich
leicht aufgleisen. Für den Bahnliebhaber
Oliver ist der Zug Basel – Moskau einer
der wenigen echten Reisezüge. Wir unterhalten uns ausführlich über unsere Freizeitgesellschaft, dann steigt er in Siedlce
aus. Seine Reise dauerte nur knapp 20
Stunden, ein Klacks für jemanden, der
sich anschickt, auf Schienen nach China
zu fahren. Ein Viertel der Reisenden sind
Westeuropäer auf der Suche nach neuen
Horizonten. Drei Viertel stammen aus
Russland und Weissrussland. Sie nehmen
die Bahn aus Bequemlichkeit oder Flugangst. Deutsch mehr als Englisch ist die
Sprache, in der man sich unterhält.
Die deutschen Wagen sind auf maxi-
Gut zu wissen
Fahrplan: Seit Ende 2007 verbindet täglich
ein direkter Zug die Schweiz mit Russland:
www.nachtzugreise.de
Preise: Ein Retourbillet kostet ungefähr 650
Franken. Informationen und Fahrkarten am
Bahnhof oder im Reisebüro des Bahnhofs.
Unterkunft: Die Preise für ein Einzelzimmer
in Moskau betragen zwischen 65 und 760
Franken pro Nacht. Weitere Informationen
im Reisebüro oder auf
www.hrs.de, www.russianconcept.com.
Visa: Das Visaverfahren für Russland und
Weissrussland ist ziemlich lang und kompliziert. Infos auf Konsulaten und Botschaften
der beiden Staaten (obligatorisches Transitvisum) oder auf den folgenden Internetseiten: www.consulrussia.ch, www.russianconcept.com, www.waytorussia.net.
Weitere Informationen: www.verkehrsclub.ch/magazin
VCS MAGAZIN / JUNI 2008
© Olivier Norer
Basel–Moskau
Ein Zug mit Zukunft: Täglich verlässt ein direkter Wagen nach Moskau den Bahnhof Basel SBB.
Nach 39 Stunden ist er am Ziel.
malen Service ausgerichtet. die Gänge
sind so breit, dass daraus ein Salon wird.
Die polnischen Wagen hingegen sind auf
ihre Funktion als Schlafraum beschränkt.
Viel freundlicher wirkt das russische Rollmaterial: ein oder zwei Teppiche geben
den Gängen einen familiären Anstrich.
Meistens stehen die Abteiltüren offen,
bald unterhalten sich alle miteinander. Die
komplizierten Zollformalitäten zwischen
Weissrussland und den EU-Ländern geben ein ausgezeichnetes Gesprächsthema
ab – ein fast unvermeidliches für alle, die
dem Übermass an Formalitäten ausgesetzt
waren. Während dieses Verfahren in gebührender Strenge abgewickelt wird, verbreitet das Kommen und Gehen der Babuschkas, die in den Gängen lautstark
gesalzene Gurken, süsses Gebäck, Käse,
Mineralwasser, Bier oder Wodka anpreisen, einen Hauch von Anarchie.
Zeit und Raum beim Reisen
Reist man per Zug, begreift man das Land
und die Landkarte. Die Städte sind nur im
Zusammenhang ihres Umlands real. Im
Zug und nicht im Flug erschliesst sich den
Reisenden der Sinn der Städte. Die Bahn
scheint auch den Angestellten Freude zu
bereiten. Selten findet sich ein Beruf, dessen Arbeitsmittel so viele Berufsleute fast
kulthaft verehren. Wie Nikolai zum Beispiel, unser russischer Provodnik. Er freut
sich über die neue Verbindung, weil sie
ihn weiter nach Süden bringt, «wo es wärmer ist». Als Kenner mit über zwanzig
Berufsjahren ist er überzeugt, dass die
Verbindung von Basel nach Moskau sehr
erfolgreich sein wird, sobald sich ihre
Existenz herumgesprochen hat.
In unserer Welt geht alles schnell. Eine
E-Mail kann innerhalb von Sekunden
vom einen Ende der Welt zum anderen geschickt werden. Dabei hat sich nichts
grundlegend verändert. Die Natur bewegt
sich in ihren eigenen Rhythmen. Das
Erfahren der Welt durch das Zugfenster
sensibilisiert für die Abläufe der Natur,
während das unaufhörliche Rattern und
Schaukeln einen Schlaf voller Träume begünstigt. Auch sonst ist es leicht, die Fantasie schweifen zu lassen – grosszügig ist
der Raum für Kreativität, den die Zeit einem lässt.
Begegnungen entstehen und vergehen
je nach Haltestellen. Einige dauern für die
Zeit der Reise, andere finden später nach
ein paar E-Mails, Briefen ein Ende. Die
41
Fotos: Olivier Norer
Ausdruck des Überlebenswillens
Das Fenster ist der Bildschirm. Es zeigt
eine immer flachere und weitere Landschaft, umso spärlicher besiedelt, je weiter
man vorankommt, als ob die Menschen
die hügeligen Orte bevorzugten. Die Weite erscheint wie eine Herausforderung,
den Raum zu bezähmen. Nach Stunden
der Fahrt erstaunt es keinen, wenn er in einer Stadt ankommt, wo sich die menschliche Kraft im Bau imposanter Gebäude
ausdrückt. Sie grenzen das Territorium ab.
Stalinistische Ungetüme, wie die Lomonossov-Universität in Moskau, erscheinen
so mehr als Ausdruck des Überlebenswil-
© Manuela Boss
Unterwegs durch die Weiten Russlands (oben
rechts) und am Ziel in Moskau mit dem Kreml
(oben) und den ebenso unvermeidlichen wie
farbenfrohen Matrjoschkas (rechts).
schönsten bilden den Beginn von Freundschaften oder Liebesgeschichten.
Manchmal hält der Zug länger. Das gibt
Zeit für einen Ausflug zum Bahnhofgebäude, um Reiseproviant zu erstehen.
In Warschau ist der Ostbahnhof besonders sehenswert. Aus der Reiserichtung
Schweiz – Russland gesehen, hinterlässt er
einen düsteren Eindruck und erinnert an
einen Bunker. In umgekehrter Richtung
erscheint er wie ein Obdach, für den Fall,
dass sich ein Gewitter über den weiten Ebenen zusammenbraut. Der Bahnhof von
Brest in Weissrussland ist ein Monument.
1886 kurz nach Fertigstellung der Bahnlinie Warschau – Moskau erbaut, wurde das
Gebäude in den zwei Weltkriegen und in
mehreren Lokalkonflikten beschädigt.
1956 erfolgte der Wiederaufbau zum stolzen «Tor der UdSSR zum Westen».
lens denn als Grössenwahnsinn. Wenn die
Reisenden am späten Vormittag um 10
Uhr 59 in Moskau ankommen, haben Sie
mehr erfahren, als bloss eine Ortsverschiebung durch mehrere Zeitzonen nach
Osten. Der Zug öffnet Horizonte und einen neuen Blick auf Landschaften und
Mentalitäten. Basel-Moskau: Es sind zwei
Olivier Norer
Reisen in einer.
© Peter Krebs
Die schönsten Bahnreisen in Europa und anderswo
Vor dem Jet-Zeitalter bewegten sich die besseren Gesellschaftsschichten in Luxuszügen
durch Europa und die halbe Welt. Dann mutierte die Haute Volée zum Jetset, und inzwischen ist auch das Flugzeug ein Massenverkehrsmittel. Übriggebleiben aus dieser Epoche sind aber immerhin ein paar Luxuszüge
und lange Bahnreisen mit Erlebnischarakter.
Der Transsibirien-Express gehört dazu. Es
gibt aber auch zahlreiche andere bemerkenswerte Strecken und Züge. In Europa und
VCS MAGAZIN / JUNI 2008
anderswo. So rollt «The Royal Scotsman» durch
die schottischen Highlands, der «Transcantabrico» entlang der spanischen Nordküste und die
«Inlandsbanan» durchquert die schwedische
Wildnis. Auf allen anderen Kontinenten gibt es
ebenfalls aussergewöhnliche Bahnerlebnisse,
sei es in Luxuszügen fürs entsprechende Budget,
sei es aber auch als einfaches Abenteuer mit umso mehr Kontakt zu den Einheimischen, für die
der Zug oft das günstigste Verkehrsmittel ist. Sogar in Europa existieren Reste aus einer anderen
Verkehrszeit. Zum Beispiel in den rumänischen
Karpaten, im Wassertal, wo ein Schweizer Verein der letzten «Waldbahn» eine Zukunft sichern
will, die noch mit Dampf fährt (Bild). Waldbahnen, die vornehmlich dem Holztransport dienten, waren einst in ganz Mittel- und Osteuropa
verbreitet. Daneben tuckern die Nostalgiebahnen über mehr oder weniger lange Gleisabschnitte, meist während der Sommersaison und
oft durch wunderschöne Landschaften wie zum
Beispiel über die Furka. Mit ihrem historischem
Rollmaterial und gezogen von pfeifenden, prustenden und rauchenden Dampfloks lassen sie
die Herzen der Kinder und der Bahnliebhaber
höher schlagen.
Infos: Einen reichhaltigen Querschnitt mit 80
Angeboten in der Schweiz und der ganzen Welt
finden Interessierte im Spezialkatalog «Erlebniszüge» des Bahnreiseanbieters Railtour. Die
Railtour-Angebote sind auch über via verde reisen buchbar (Tel. 0848 823 823 oder www.viaverde-reisen.ch). Begleitete Bahnreisen weltweit finden sich im Programm von Globotrain
www.globotrain.ch. Für die Schweiz hat Railaway Erlebnisfahrten für Gruppen oder Einzelreisende im Programm (am Bahnhof und unter
www.railaway.ch). Infos zur Wassertalbahn findet man unter www.wassertalbahn.ch. Der Verband öffentlicher Verkehr VöV publiziert einen
Prospekt mit den Dampffahrten auf Schweizer
Schienen und Gewässern (gratis bestellbar auf
(pk)
der Homepage www.voev.ch).
43
© swiss-image / Christian Perret
VELO
Ostschweiz
Die Thur-Route: Zuerst fordern einen der Grabserberg und die
verspielte Landschaft des Toggenburgs, dann wirds flach. Am
Ende rufen die Weiten Mostindiens.
Flussabwärts entlang der Velothur
uchs ist ein geschäftiges Grenzstädt- lau kämpfen wir uns die ersten Gegenstei- «Der Arme Mann im Tockenburg» über
chen mit schmalen Strassen und dich- gungen hoch, und solche werden wir bis Nacht zum zweitberühmtesten Tockentem Verkehr. Schon beim Bahnhof erbli- Wil immer wieder antreffen. An den Hü- burger nach Zwingli. Es war im 18. Jahrcken wir den ersten Wegweiser zu unserer geln stehen lustige Bauernhäuser. Es ist hundert sehr selten, dass ein einfacher
«Route 95». Vom Fluss Thur ist aber noch fast wie im Suisse Miniature in Melide, Mann in klarer, unverblümter und witziweit und breit nichts zu sehen, dafür liegt doch hier sind die bewohnten Häuser so ger Sprache etwa die elenden Lebensbenah der Rhein, dem wir jetzt den
dingungen der Landbevölkerung beRücken zuwenden. Gleich nach
schrieb, die er am eigenen Leib erfahren
Die grosse Kellnerin hat natürlich
Werdenberg geht es links ab auf
hatte. Bräker kannte als Söldner auch das
Übung im Kopfeinziehen.
eine Nebenstrasse, und die SteiKriegshandwerk und wurde zum Pazifisgung beginnt. Sie ist nie streng,
ten, wie man heute sagen würde. Und hier,
sondern stets freundlich. Liegt es am klein. Wir gehen in so ein kleines Haus, es am Näbis, steht sein Haus. Es ist das zweiFöhn, dass wir leicht wie Schmetterlinge ist eine Kneipe. Beim Eintreten muss man toberste in der Häusergruppe am steilen
den Berg hinaufflattern? Die Hügel rings- den Kopf einziehen. Dort serviert eine Hang. Es ist unbewohnt, Scheiben sind
um sind ganz plastisch, man möchte sie grosse Kellnerin, die natürlich schon eingeschlagen, es dient als Remise und
mit der Hand umfassen. Die Landschaft Übung hat im Kopfeinziehen, wenn sie Stall.
hat etwas Erleuchtetes. Da passt ein Be- durch die Türe zwischen Küche und GastWattwil lassen wir hinter uns und susuch im Geburtshaus von Huldrych stube geht. Alle Einheimischen bewegen
Zwingli in Wildhaus. Das Gebäude wurde sich so geschickt, weil sie sich die niederen chen die Fortsetzung. Schon schlagen wir
ums Jahr 1450 gebaut. Mit Holz, und zwar Balken gewohnt sind. Radfahrende Gäste uns herum mit der besonderen Geografie
mit Mondholz, wie Herr Frey, der Muse- behalten am Anfang den Helm gescheiter des Toggenburgs, mit den Gegensteigungen, welche aber die Attraktivität der Reiumsführer, präzisiert. Die Tannen wurden auf dem Kopf.
Vor Wattwil steht am linken Strassen- se nur steigern. Etwas erhöht liegt Lichim Mondzyklus genau zu dem Zeitpunkt
gefällt, an dem der Baum im Wachstum rand ein Wegweiser: Geburtshaus Ulrich tensteig mit vier Museen. Bevor wir uns
innehält. Solche Balken überdauern Jahr- Bräker. Der arme Mann im Toggenburg, für eines entscheiden können, nähert sich
hunderte. Eigenartig: Auch die Häuser geb. 22.12.1735, gest. 11.9.1798. Schon ein Schwarm einheimischer Gümeler
von Niklaus von Flüe in Flüeli in Obwal- lange hat ein Literaturbeflissener in der (Rennvelofahrer), mit denen wir ins Geden und von Matthäus Schiner in Mühle- Gruppe geschwärmt vom Schriftsteller spräch kommen, auch wenn wir zuerst mit
bach im Goms wurden um diese Zeit ge- Bräker, der sich trotz geringer Schulbil- ihrem Dialekt etwas Mühe bekunden. Sie
baut, und auch sie stehen noch, gehören dung weiterbildete, in die weite Welt zog, bieten aber guten Windschatten. Weil sie
dort Abenteuer bestand, Söldner und Tex- sich auskennen, klären sie uns über die
zu den ältesten Holzhäusern des Landes.
tilhändler wurde. Dann begann er zu nächsten «Stiche» auf. «Stich» heisst hier
Bald folgt unsere Route der Thur, es ist schreiben und wurde mit seinem Buch «Steigung». Die Reise geht ziemlich rassig
also jetzt eine Thur-Tour, es ist die Velothur und das klingt vielversprechend, weil
Flüsse bekanntlich abwärts fliessen. Da
Sehenswert
aber im Toggenburg zum Teil SchwereloIn Wildhaus findet sich das Geburtshaus Huldrych Zwinglis, offen Di–So
sigkeit zu herrschen scheint, ist hier alles
14–16 Uhr. Vor Wattwil links an der Route (Wegweiser) das Geburtshaus
ein wenig anders. Schon kurz nach NessFür eine Pause während der Veloreise
oder auch für den Sommerabend finden
sich am Thurufer (hier bei Frauenfeld)
schöne Plätze.
VCS MAGAZIN / JUNI 2008
© ST/swiss-image
B
Ulrich Bräkers; es kann nur von aussen angeschaut werden. In Wil die
Altstadt und die Obere Bahnhofstrasse, in Bischofszell das Rathaus und
die Steinbrücke, in Weinfelden das Gasthaus zum Trauben, bei Warth
die Kartause Ittingen (Bild).
45
VELO
in das Städtchen Wil. Man staunt, wie
grossstädtisch der Bahnhofplatz ist. Wir
schwatzen übers Radeln, schieben die Velos über die Obere Bahnhofstrasse, eine
verkehrsfreie, modern gestaltete Flaniermeile, die leicht ansteigt und elegant hinaufführt in die Altstadt. In der Kneipe,
wo wir gemeinsam ein Bier trinken, liegt
die Broschüre «Velo-Erlebnis Thurgau».
Das Vorwort hat Jan Ullrich geschrieben,
der sich, wie er schreibt, im Thurgau «äusserst wohl» fühlt. Und gleich bricht die
Diskussion los, ob wir die Seite mit dem
Vorwort des gefallenen Engels herausreissen sollen. Wir kommen zu keinem Ergebnis, die Seite bleibt drin. Mehr beschäftigt uns die Frage, ob Jan Ullrich
überhaupt noch Lust hat, auf ein Velo zu
steigen, oder ob er jetzt faul und fett wird.
Das wäre schade.
Im Zentrum von Wil muss man die
Churfirstenstrasse erwischen, dann kommt
man wieder hinunter an die Thur, aber
auch an die fauchende Autobahn. Man radelt auf einer guten Naturstrasse, bringt es
bald hinter sich, bekommt als Belohnung
das Städtchen Bischofszell mit der schönsten Brücke der ganzen Reise serviert. Sie
wurde 1487 gebaut, ist sehr mächtig und
oben ganz schmal. An einem Platz im
Städtchen ist die Döner-Stube. Döner-Stuben sind am Mittag ein guter Ersatz für
Restaurants, wo man bloss lange sitzt,
schläfrig wird und viel Geld ausgibt. Etwas
essen muss man aber. Also Döner, natürlich mit allem, also auch Zwiebel, und
schön scharf. Mundgeruch auf dem Velo
ist nicht so schlimm, er wird vom Winde
verweht, und der Duft des Orients bleibt
im Trikot hängen. Wir bestellen Ayran
zum Döner. Der türkische Wirt ist verwirrt: «Warum Sie kennen Ayran? Trinken nur türkisch Leut.»
In Bischofszell haben sie auch ein sensationelles Rathaus aus dem Jahr 1747,
ganz rosarot. Ein redseliger Passant
schlüpft in die Rolle des Fremdenführers,
gibt die Kurzfassung ungefragt: In Bischofszell sei stets der St.Galler Bischof auf
dem Weg nach Einsiedeln in seiner Zelle
abgestiegen, von daher habe der Ort ja seinen Namen, doch dadurch sei der Klerus
immer mächtiger geworden, und alle
schönen Bauten hätten der Kirche gehört.
Da hätten die reichen Bürger beschlossen,
es den Pfaffen heimzuzahlen. Aus Italien
hätten sie einen Stararchitekten kommen
VCS MAGAZIN / JUNI 2008
lassen, und der habe ein erstklassiges Rathaus hingestellt, wie ein rosarotes Bonbon.
Jetzt beginnt die schönste Landpartie,
die man sich denken kann. Die Topografie ist so flach und der Belag so gut, dass
wir uns der Betrachtung der Landschaft
hingeben, die Weiten Mostindiens in uns
hineinfliessen lassen. Die einheimischen
Gümeler haben gesagt, «Mostindien» sei
kein Schimpfwort. Also dürfen wir es
brauchen. Die Weiten Mostindiens also.
Wir fahren hinein in die milde Nachmittagssonne. Es ist so warm, dass wir eine
Schicht ausziehen. In den Obstgärten werden bald die Apfelbäume blühen. Doch
was heisst da Obstgärten? Das ganze Land
ist eine einzige, riesige Apfelplantage. Apfelbäume stehen, wo man hinblickt.
Wir verlassen die Hauptroute in Frauenfeld und machen einen Abstecher zur
Kartause Ittingen. Es ist ein kleiner Stich
zu überwinden, denn die riesige Anlage,
ein Gutsbetrieb mit allem Drum und
Dran, steht auf einer Anhöhe. An einem
gewöhnlichen Werktag spürt man den
Charakter des Ortes am besten. Hier ist es
spirituell und handfest zugleich. Man hatte zu beten und Gott zu dienen, und man
liess es sich dabei wohl sein. Die Kartäuser,
die das Kloster im 15. Jahrhundert übernahmen, waren ziemlich exklusive Herrschaften. Jeder Mönch hatte für sich ein eigenes Häuschen mit einem kleinen Gärtchen. Die Klosterbrüder machten sich
aber unbeliebt, indem sie die Bevölkerung
aus ihren Gottesdiensten ausschlossen. Da
geschah 1471 etwas Unerhörtes: Die Frauen aus der Gegend drangen in die Klosterkirche ein und ertrotzten mit einem Sitz-
© Daniel Ammann
Ostschweiz
Die «Route 95» durchquert in der ersten Hälfte
das Toggenburg.
streik eine eigene Kirche in Warth. Heutzutage koordiniert eine Stiftung viele
Aktivitäten. Hier sind neben dem Gutsbetrieb ein Heim mit Werkstätten, ein
Schulungs-, Tagungs- und Kulturzentrum
sowie ein Gastwirtschaftsbetrieb vorhanden. Heute hat das Heim gerade Besuchstag, und es ist ein ziemlicher Rummel. Ein
Jodelklub jodelt, im Garten trinken die
Gäste das klostereigene Bier. Das gibt
Kraft für die letzten Kilometer. Die Sonne
steht tief. Wir rollen über die Felder zum
glühenden Horizont. Bei Sonnenuntergang erreichen wir Andelfinden. Noch ein
Stück weiter, und wir wären wieder am
Rhein, von dem aus wir aufgebrochen
Dres Balmer
sind.
Nützliche Informationen
Auf einen Blick: Die beschriebene Velotour ist durchgehend signalisiert mit Wegweisern der Regionalroute 95, der Thur-Route. Diese
Schaffhausen
führt von Buchs (447 m.ü.M.) über Wildhaus (1098), Nesslau, Wattwil, Wil, Bischofszell, Weinfelden und Frauenfeld nach Andelfingen
Andelfingen
Weinfelden
(402). Distanz: 137 km, davon 10 km Naturbelag, 1200 Höhenmeter.
Frauenfeld Bischofszell Öffentlicher Verkehr: Ausser Buchs-Nesslau, wo Postautos verkehren, ist die ganze Strecke durch die Eisenbahn erschlossen. Wer den
Wil
Aufstieg von Buchs nach Wildhaus mit dem Postauto bewältigen will,
St. Gallen
reserviert den Platz fürs Velo bei Tel. 071 375 68 91.
Wattwil
Reisezeit: Mai bis Oktober
Dokumentation: Veloland Schweiz, Highlights. Offizieller RoutenWildhaus
Nesslau
führer.
Buchs SG Weitere Auskünfte bei www.toggenburg.org, www.wil.ch, www.thurgau-tourismus.ch, www.weinfelden.ch, www.kartause.ch.
47
© Walter Imhof
Idyll auf der Aare.
Das Faltboot erlaubt ein
zügiges Vorankommen.
Mit dem Boot ins Postauto
Überall in der Schweiz finden sich Flüsse und Seen, die zum Paddeln
einladen, zum Beispiel auf der 26 km langen Route, die in Sichtweite
des Bundeshauses beginnt.
b Bern fliesst die Aare wieder
in ihrem ursprünglichen Bett
und mäandriert aufs Schönste um
die Hauptstadt herum. In zügiger
Strömung umpaddelt man die
Altstadt, in gemächlichem Tempo
gehts am Lorrainebad vorbei zum
Felsenau-Wehr, das rechter Hand
umgangen – in der Kanutensprache «umtragen» – wird. Es folgt
ununterbrochener Genuss. Im
Rhythmus der Paddelschläge gleitet man in eine andere Welt, hier
eine flache Kiesbank, dort steile
Sandstein-Prallwände, von der
A
Aare in jahrtausendelanger Arbeit
freigelegt und mit eleganten runden Dellen verziert. Zudem sortiert sie unermüdlich Feinsand,
schichtet Treibholz auf, parkiert
schön gebänderte Kalksteine oder
harten Granit aus dem Berner
Oberland.
Die Kanufahrt führt mitten in
die aktuelle Sammlung vieler kleiner Kunstwerke – aktuell bis zum
nächsten Hochwasser. Bei der
Brücke von Worblaufen zeigt sich
der Fluss, hohe Wellen schlagend,
nochmals von seiner wilden Seite.
Zehndermätteli und Schloss Reichenbach heissen die RestaurantIdyllen am Ufer, die allfälligen
Durststrecken ein Ende setzen.
Während diese erste Etappe bis
Bremgarten-Neubrücke (12 km)
Erfahrung oder Führung (siehe
z.B. www.siestaoppi.ch) voraussetzt, ist die unterhalb der historischen Holzbrücke beginnende
zweite Etappe (14 km) die ideale
Einsteigertour. Hier ist die Aare
die Gemütlichkeit in Person. Sanft
geht sie in den Wohlensee über.
Wer nach den ersten vier Kilome-
tern müde Arme hat, steigt in
Hinterkappelen aus und aufs Postauto um. Was schade wäre, denn
nun weitet sich das Tal und gibt
die Sicht frei auf Frienisberg und
Jura. In den zahlreichen Windungen des Stausees verstecken sich
reiz- und wertvolle Schätze. Einerseits Naturschutzgebiete, so bei
der Wohleibrücke, wo zur Brutzeit
der Vögel gebührender Abstand
zu den Schilfgürteln geboten ist.
Andererseits lauschige Rastplätze
mit Bademöglichkeit.
Michael Rytz
Entfaltbare Freiheit auf der Aare und anderswo
Tourenhinweise: Einbooten zur 1., schwierigen Etappe unterhalb des Restaurants Schwellenmätteli (5 Fussminuten ab Tramhaltestelle «Helvetiaplatz»), zur
2., auch für Anfänger geeigneten Etappe unterhalb der Holzbrücke Neubrück (5
Min. ab Bushaltestelle Bremgarten BE).
Ausstiegsmöglichkeiten: auf der linken
Seite der Brücke bei Hinterkappelen (3
Fussminuten zur Postautohaltestelle Eymatt b. Bern), auf der linken Seite vor der
Staumauer (20 Min. zur Postautohaltestelle Fuchsenried Mühlebergwerk).
Sicherheit: Weil immer auch mit einem unfreiwilligen, je nachdem sehr kalten
Bad zu rechnen ist, trägt, wer auf Seen und Fliessgewässern paddelt, eine
Schwimmweste. Kanuklubs oder professionelle Anbieter erleichtern den Einstieg und vermitteln das nötige Können.
VCS MAGAZIN / JUNI 2008
Falten als Alternative: Das faltbare Kanu, vor 100 Jahren erfunden und seither
stark weiterentwickelt, bringt die Lösung für viele logistische Probleme,
die sich sonst beim Kanutransport
stellen. Es lässt sich in Rucksackform
in Zug, Bus oder Tram mitnehmen
und ist an der Einbootstelle rasch
startklar. Für den Transport eines Kajaks braucht es sonst ein Auto mit
Dachträger, zur Lagerung genügend Stauraum oder einen netten Abwart. Wer
auf dem Wasser fährt, muss irgendwie zurück zum Auto und dann damit wieder
zum Boote: das Faltboot bringts.
Allgemeine Infos zu Faltboot, Anbietern von Kanutouren oder Kanuklubs in
Ihrer Nähe auf www.verkehrsclub.ch/magazin
49
ITALIEN
Äolische Inseln
Leben auf dem Vulkan: auf der Insel Stromboli ist das Alltag. Und der
Vulcano ist auch nah. Besuch auf den Äolischen Inseln, wo man mehr
als baden gehen kann.
Schön und gleichgültig wie ein Gott
Text und Fotos: Peter Krebs
Der Vulcano ist neben dem Stromboli
der zweite, weniger bekannte aktive
Vulkan der Äolischen Inseln. Auf seinem Krater rauchen schwefelhaltige
Fumarolen. Im Hintergrund Lipari
und Salina.
VCS MAGAZIN / JUNI 2008
en Stromboli erklimmt man
am Nachmittag in Wanderschuhen und grossen Touristengruppen sowie mit einem Bergführer, das ist seit einigen Jahren Vorschrift. Unser Bergführer
heisst Mario Pruiti. Er stammt aus
Sizilien, studierte Politologie und
erteilt uns einen Crashkurs in
Strombologie. Er sagt, dass auf
dem Stromboli alles normal sei.
Es sei normal, wenn der alte Vulkan ein berauschendes Spektakel
biete, ebenso, wie wenn er streike
und sich in dicke Wolken hülle, so
dass man nichts zu sehen bekomme für die 25 Euro Exkursionskosten. Der Feuerberg mache, was
er wolle, ohne sich nach den Wünschen seiner Bewunderer zu richten. Später hebt Mario Pruiti einen der porösen, schwarzen Gesteinsbrocken auf. Es sei ein Teil
des Kraterrands, der bei einer Explosion im Jahr 2002 weggesprengt wurde. Alles sei normal,
auch dass einem ein Stein auf den
Kopf falle.
Nach gut zwei Stunden kommen wir bei den Schutzhütten auf
900 Meter an. Die Abendsonne
schwebt über dem Tyrrhenischen
Meer. Die Bergflanke erscheint im
Gegenlicht als schwarzes Dach,
über dem eine dunkle Rauchfahne aufsteigt. Der Scirocco weht.
Wir ziehen die Jacken an, setzen
die Helme auf wegen der fliegenden Steine und begeben uns auf
den Kraterrand. Dieser fällt halsbrecherisch steil nach innen ab.
Die Sohle liegt etwa 200 Meter tiefer. Dort raucht und dampft es wie
von 100 Lokomotiven. An einer
Stelle ist Glut sichtbar. Rechts davon beginnt es zu brodeln. Plötzlich schleudert eine unsichtbare
D
Kraft eine Fontäne aus Gasen, Asche, Lapilli und Bomben einteiMagma und Asche in die Höhe, len, fliegt dann in einem beträchtblutrot mit gelbem Kern. Sie lichen Radius durch die Luft. Am
zischt, wächst, wird zu einer betö- Morgen des 5. April 2003, beim
rend schönen Säule aus rasenden letzten bedeutenden Ausbruch,
Glutbrocken. Die
Leuchtspuren ihWir ziehen die Jacken an,
rer Wurfparabeln
formen für kurze
setzen die Helme auf wegen
Zeit einen Feuerder fliegenden Steine.
busch. Nach einigen Sekunden
verwelkt er erschöpft. Die Zu- beschädigten metergrosse Flugschauer, die in Reih und Glied bomben das kleine Dorf Ginostra
über dem Abgrund stehen, sagen im Südwesten der Insel, wo Mario
«Aah» und «Ooh, did you see» Pruiti wohnt. Die Jahre 2002 und
2003 kannten eine erhöhte Aktiviund knipsen digital drauflos.
tät. Über die Sciara del Fuoco, den
Der kleinste der drei aktiven Weg des Feuers, rutschten LavaSchlote ist der fleissigste und der ströme ins Meer, deren lange Bahfröhlichste. Er wiederholt seine nen in der Nacht leuchteten.
Vorstellung alle paar Minuten. Aschenregen fiel auf die InseldörDer mittlere Schlot hingegen fer Ginostra und Stromboli, die
glüht und brüht nur vor sich hin. für zwei Monate evakuiert wurEr produziert mehr Rauch als den.
Schall, während sich der dritte
Dennoch leben die Bewohner
Zeit lässt, um uns dann aber mit
dem eindrücklichsten Feuerwerk keineswegs in Angst und Schrezu belohnen. Mario Pruiti ver- cken. Pericoloso? Ma che! Der
gleicht diese normale stromboli- Stromboli tue keinem etwas. Der
sche Aktivität mit einer Champa- sei einfach nur schweigend da,
gnerflasche. Ein Pfropfen aus flüs- ganz im Gegensatz zu den Leuten,
sigem Material verstopfe die mit ihren bösartigen Zungen. Vor
Schlote bis der Gasdruck im In- denen müsse man sich hüten, sagt
nern so hoch sei, dass der Zapfen der Fischer und Bootsvermieter,
weggesprengt werde. Dann stei- der am Hafen von Stromboli auf
gen wir im Licht der Taschenlam- Kunden wartet. Es ist vier Uhr,
pen durch einen weichen Aschen- bald legt das Boot aus Lipari an.
pfad vom Berg hinunter wie durch Vor jeder Ankunft belebt sich der
schwarzen Pulverschnee. Am Fir- Hafen. Dreirädrige Töffs mit Lamament funkelt unglaublich klar debühne fahren vor: die grössten
das anarchisch-schöne Heer der Verkehrsmittel, die sich in den engen Gassen bewegen können.
Sterne.
Manchmal hat der Stromboli Touristen mit Koffern, Einheimigrössere Eruptionen. Das pyro- sche mit Plastiksäcken und Karklastische Material, das die Vulka- tonschachteln finden sich ein.
nologen je nach dem Volumen in Man plaudert, trinkt einen Es51
presso. Zwei Carabinieri in eleganten Uniformen zeigen sich mit
lässigem Stolz in ihrem singenden
Elektrofahrzeug, das wie die Miniaturausgabe des Papamobils
aussieht. Im schwarzen Sand unter dem Landungssteg spielen
Kinder und machen sich zum Ärger der Mütter in der Brandung
die Schuhe nass.
Den Vulkan, der über allem thront
und seine Rauchfahne mal nach
Norden, mal nach Süden schwenkt,
beachten sie kaum. Und doch ist
er präsent. Als Bergmasse und in
den Köpfen. Er gibt der Insel das
besondere Gepräge. Er ist die
Insel. Seit Jahrtausenden ist er
aktiv. Es scheint, als hebe er die
Zeit auf, als erlaube er einen Blick
in den Ursprung der Erde, in ihre
Eingeweide, in denen es rumpelt
Nützliche Inselinfos
INSERAT
Anreise/Rückreise: Ab Mailand am besten mit dem Nachtzug bis Milazzo
(Sizilien). Von hier aus fahren Fährschiffe und schnelle Tragflächenboote
(Aliscafi) der Gesellschaften Ustica und Siremar. Fahrpläne: www.bahn.de;
www.siremar.it; www.usticalines.it
Vor Ort: Auf den grösseren Inseln mit nennenswerten Distanzen und Strassen
(Lipari, Vulcano, Salina) mieten sich viele einen Scooter. Es gibt aber auch Veloverleihe und auf Lipari sowie Salina Busverbindungen oder Taxis. Fragen ist
immer besser als bloss den Fahrplan lesen.
Tipp: Im Ristorante Osservatorio beim Punto Labronzo kann man den Stromboli aus der Ferne durchs Glasdach beobachten. Schöner Spaziergang.
Vulkanbesichtigung: Auf den Stromboli nur geführt am Nachmittag. Drei
Anbieter rund um die Kirche San Vincenzo im Ortskern, unter anderem
www.magmatrek.it. Auf den Vulcano freier Zugang von Porto di Levante aus.
Andere Aktivitäten: Baden (eher kleine aber teils sehr schöne Strände, auf
Vulcano auch im von Fumarolen erwärmten Wasser), Tauchen, Essen, Bootsfahrten und Wandern.
Führer: Zahlreiche Führer im Buchhandel. Für Wandernde ist folgender Titel
zu empfehlen: Iwanowski’s, Liparische Inseln. Infos: www.iwanowski.de.
Karte: Kompass 693, Liparische Inseln, Massstab 1:25 000.
Beste Reisezeit: Frühling bis Spätherbst. Juli und August sind heiss und überfüllt.
Unterkunft: Zahlreiche Hotels verschiedener Preisklassen sowie günstigere
Privatzimmer.
Via verde Reisen: Der VCS-Reisepartner hat die Liparischen Inseln mit
Unterkünften auf Stromboli, Salina, Lipari und Vulcano in seinem Programm,
inklusive Bahnanreise.
Infos und Buchung: www.via-verde-reisen.ch; Tel. 0848 823 823
Stromboli
Filicudi
Salina
Alicudi
Panarea
Lipari
Vulcano
Milazzo
Cefalù
Sizilien
Messina
Reggio
Calabria
ITALIEN
Äolische Inseln
Duftende Gräser und Kräuter am Stromboli (oben links).
Aufstieg von Pollara aus Richtung Monte Porri auf der Insel Salina (oben).
Gasse in der Festung über der Stadt Lipari (links).
und glüht wie in der Werkstatt des
Schmiedegotts Hephaistos, als die
der Stromboli in der Antike galt.
In dieser Küche walten viel kolossalere Kräfte als jene, die der
Mensch zu erzeugen vermag. Der
Vulkan grollt manchmal, manchmal speit er Feuer. Er führt sein eigenes Leben, ohne sich um die
Geschäfte der Bewohner zu kümmern. Er ist schön, unbestechlich,
mächtig und gleichgültig wie ein
Gott. Er tauchte vor 40 000 Jahren
aus den Tiefen des Meers auf, wie
alle sieben Äolischen (Liparischen) Inseln nördlich von Sizilien.
VCS MAGAZIN / JUNI 2008
Die noch rund 400 ständigen
Bewohner von Stromboli verdanken ihr Auskommen vorwiegend
dem Tourismus. Einst florierte auf
der fruchtbaren Vulkanerde auch
die Landwirtschaft. Süsser Malvasierwein wurde in alle Welt exportiert, bis die Reblaus die Pflanzen
zerstörte. Auf alten Schwarzweissfotos aus den 1930er-Jahren erkennt man die Schilfreihen, die
die Weinberge einteilten und gegen den Wind schützten. Im 19.
Jahrhundert lebten noch bis zu
2700 Menschen auf der Insel. Viele sind später ausgewandert. Sie
wohnten in den typischen Gebäu-
den mit Flachdächern, die oft zum
Sammeln des spärlichen Regenwassers dienen. Dieser modern
anmutende liparische «Kubismus» ist von ehrlichem Charme.
Die heutigen, strahlend weiss verputzten Ferienunterkünfte geben
vor, ihn zu imitieren; mit ihrem
üppigen Säulentum und dem
Rundbogenfensterwesen sind sie
letztlich aber Kitsch.
Die Inseln, auf denen die Alten
Griechen die Heimat des Windgottes Aeolos vermuteten, sind
das Land des Tramontana und des
warmen Scirocco, der den gelben
Sand aus der Sahara über das
Meer trägt. Sie sind auch das Land
der Düfte. Wer durch die Gärten
der Dörfer und durch die Macchia
spaziert, wird von einem südländischen Parfum betört, von den
Aromen der blühenden Glyzinen,
des Thymians, des wilden Fenchels, des Ginsters und des Wermuths, der üppig wuchert und aus
dem man einst Absinth braute.
Ganz andere Düfte steigen einem
in die Nase, wenn man von Porto
di Levante aus auf den Vulcano
steigt. Hier riecht es nach faulen
Eiern. Oben auf dem Krater, der
einen fast perfekten Kegel bildet,
treten heisse Schwefelgase und
andere Chemikalien aus der Erdenküche an den Tag. Sie entweichen aus dampfenden und giftigen Fumarolen, um die herum
blumenkohlartige Schwefelkristalle das Geröll gelb färben. Auch
der Vulcano ist in seinem hohen
Alter noch aktiv. Explodiert ist er
allerdings seit 1890 nicht mehr.
Damals erschreckte ein wuchtiger
Ausbruch die Einheimischen.
«Man hörte ein fortwährendes
Rollen, als wenn ein Eisenbahnzug über eine Brücke führe», notierte ein Zeitgenosse.
Fumarolen gelten als Zeichen
erlahmender Tätigkeit. Einige
Touristen, die den Krater in der
Hochsaison erstürmen, wagen
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ITALIEN
Äolische Inseln
Immer bei der Ankunft der Boote erwacht der Hafen von Lipari (oben).
Mit etwas Glück kann man die «normale» Aktivität des Stromolis aus der Nähe
betrachten (rechts).
sich auf den Grund des Vulcano,
auf den sie fromme Wünsche
schreiben. «Pax» zum Beispiel.
Der kurze Aufstieg lohnt sich
auch, weil man auf dem Gipfel eine wunderbare Aussicht geniesst.
Weit im Süden schimmert die Silhouette des Ätna, auf der anderen
Seite die nahe Insel Lipari und dahinter Salina mit dem Doppelkegel. Dort fahren wir hin mit dem
Boot, vorbei an der Küste von Lipari. Eigentlich hat Salina drei
Krater. Einer ist zur Hälfte im
Meer versunken, so dass das Gelände nun einem Amphitheater
gleicht. Eine einmalige Lage. Das
Dorf Pollara, ein Nest, döst auf
dem Kraterboden. In einem unscheinbaren Haus drehte Michael
Redford 1994 den Film «Il Postino». Er erzählt, wie der im Exil lebende Dichter Pablo Neruda einen Postboden in die Geheimnis54
se der Liebe und des sonstigen Lebens einführt. Der Besitzer des
Hauses, ein Maler, sei durch den
Film zu Geld gekommen, weiss eine Einheimische. Aber er fährt
weiterhin in seinem uralten Renault herum. Für grosse Schlitten
ist die Insel eh zu klein. Es gibt nur
ein paar Kilometer Asphalt.
Es gibt zum Glück auch ein paar
Kilometer bezaubernde Wanderwege. Zum Beispiel jenen, der vom
Semaforo oberhalb Pollara aus
startet und um den Monte Porri
herumführt, immer mit Blick auf
das Meer. Man klettert durch die
verfallenden Stützmauern eines alten Olivenhains hinunter, um
schliesslich in Rinella wieder das
Schiff zu nehmen. Jede Insel habe
ihren eigenen Charakter und die
Bewohner ebenso, behaupten die
Liparoten. Mit der Zeit, beginnen
wir ihnen zu glauben.
Salina ist die grünste, die bäuerlichste, auf ihr spriessen die besten Kapern; Vulcano erkennt man
schon bei der Ankunft im Hafen
am Eiergeruch, der tagelang in
den Kleidern haftet. Lipari ist die
grösste Insel, das Zentrum, die geschäftigste. Sie kennt, wie das
Festland, Lärm und Verkehrsprobleme, sie besitzt aber auch die
einzige Stadt des Archipels mit
Gässchen voller Poesie und Pflanzenschmuck, mit guten Restaurants, Önotheken, Cafés, mit stol-
zen und eloquenten Bürgern und
mit der dominierenden Festung,
in deren Schutz fünf Kirchen und
ein Kreuzgang aus normannischer
Zeit die Stürme überdauerten.
Das Ensemble ist eine geballte Ladung Katholizismus und beherbergt auch das liparische Museum. Dann wären da noch die
Kleinsten: Panarea, Filicudi und
ganz im Westen Alicudi, das keine
Verkehrssorgen kennt. Statt Motorfahrzeuge gibt es hier Esel. Auf
Alicudi sind sie noch normal.
VCS MAGAZIN / JUNI 2008
ANSICHTEN
Leserbriefe
VCS-Magazin 2/08
Leonardo 1/08/Auto-Umweltliste
Zum neuen Auftritt
Trend zum grossen Auto
Ich habe das neue VCS-Magazin mit grossem Vergnügen gelesen und
muss sagen: Toll, was Sie und Ihr Team uns zu bieten haben. So macht
es richtig Spass, sich mit zum Teil ziemlich ärgerlichen Themen auseinander zu setzen. Was ja bekanntlich die grösste Kunst ist: gute UnSybil Schreiber, Bad Zurzach
terhaltung mit Tiefgang. Kompliment!
Über eine Folge von breiteren und auch höheren Fahrzeugen ist selten
zu lesen: Die Strassen haben nach wie vor die gleiche Breite wie seit
Jahrzehnten. Sehr oft teilen sich Autos und Velos den Strassenraum.
Herzliche Gratulation zu dem erstklassigen Wurf des neuen Magazins
(obwohl mir der Name Leonardo sehr sympathisch gewesen ist). Besonders angesprochen hat mich der hervorragende Artikel «Halb so
gross und doppelt so spät»: klar, gut formuliert, leicht zu lesen und
überzeugend. Alles wirkt sehr professionell und das ist wichtig, weil
die Gegenseite, die Autolobby, mit Werbemillionen operieren kann. Da hätten
wir mit «Seide-Wolle-Bast»-Touch keine Chance ausser bei den schon ÜberPeter Früh, Basel
zeugten.
Das neue Kleid passt und mit «VCSMagazin» ist der Absender nun klar.
Nur das Titelbild ist etwas gar langweilig und fad. Es liegt aber nicht nur am
Foto, und nichts gegen die junge Frau.
Der Schriftzug VCS (grau im grauTon), «Magazin für zeitgemässe Mobilität» und die Aufrisszeile im «Negativ» sind schlecht leserlich. Auch
der Balken unten wirkt ziemlich fad. Wieso nicht oben etwas mehr
Luft, Schriftzug farbig und das Logo grösser? Etwas mehr Farbe –
muss ja nicht gleich ein «Blick» werden – aber wenigstens ein BlickUlla Senn, Schönenberg
fang täte gut.
Danke, das neue Kleid tut gut!
Regine Born, Solothurn
Gratulation. Das neue Magazin ist sehr «aamächalig» und gelungen.
Es reizt richtig zum Lesen. Die Integration des Lokalteiles finde ich
sehr gut. Alles in Allem, ein bedeutender Schritt vorwärts in der auch
Georges Ragaz, Chur
bisher guten Kommunikation.
Ich gratuliere zur neu gestalteten VCS-Zeitschrift. Zuallererst dazu,
dass der unsägliche Titel Leonardo fallengelassen wurde. Dann aber
auch zur Gestaltung an sich: Modern, klar, übersichtlich, aber gleichzeitig Verzicht auf unnötigen sogenannt trendigen Schnick-Schnack.
Marco Zaugg, Bern
Lösung des Sudoku
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Ich bin sehr froh, dass Leonardo nun endlich abgedankt hat und ich mich als
Frau auch wieder angesprochen fühle. Ich habe das
neue Magazin zwar erst
oberflächlich angeschaut,
aber ich finde es sehr ansprechend und es verlockt zum
Lesen.
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Heidi Duppenthaler, Bubendorf
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Durch die breiteren Fahrzeuge reduziert sich der ohnehin schon geringe Raum für Velofahrer. Denn wie selbstverständlich werden Velos
überholt, dies ist für Autofahrer normal – egal wie gross deren Gefährt ist.
Dadurch entsteht bei mir als Velofahrer ein Unsicherheitsgefühl. Vielleicht würde es helfen, so konsequent wie irgend möglich Velostreifen
an den Strassenrändern vorzusehen. Und wo dies nicht umsetzbar
ist wäre im innerstädtischen Raum zu prüfen, ob solche schmaleren
Strassen in Einbahnverkehr umgestellt werden können. Vielleicht
sollte der Bewegungsraum für diese Vehikel auf die Autostrassen generell beschränkt werden – Spezialstrassen für speziellere Autos.
Thomas Schmidt, Bern
VCS-Magazin 2/08
Subventionierte Flüge
Im VCS-Magazin musste ich lesen, dass der Bund ernsthaft und mit
allen Mitteln dahin arbeitet, die Inland-Retourflüge Bern–Lugano pro
Flug mit Fr. 400.— zu subventionieren. Ich habe ja ein gewisses Verständnis für den Gewissenskonflikt des Verkehrs- und Umweltministers. Die «Feinklingenreden» Leuenbergers zu Gunsten des Klimaschutzes, all over the world, hinterlassen den Eindruck, dass der Umweltminister sich klar für den Klimaschutz einsetzt. Siehe auch die
überaus mutige Verordnung: Ein Verbot, ab 2009 keine «normalen»
Glühbirnen mehr!
Die Frage sei erlaubt: Warum will das Departement Leuenberger unbedingt «verschiedenen Anliegen aus dem Kanton Tessin» Rechnung
tragen? Ich liebe das Tessin und schon seit Jahrzehnten verbringen ich
und meine Familie die Ferien dort (ohne
zu fliegen), deshalb bin ich über die Verhältnisse informiert! Seit Jahren konnten
Herr Bignasca & Co mittels Auto (eher
nicht per SBB) ihren Weg ins Berner Parlament finden. Jetzt will man diesen Weg
per Flug erleichtern und der Steuerzahler
hat dies auch noch zu finanzieren.
Herr Bundesrat Leuenberger sollte sich
doch langsam über den Weg seines Gewissens Gedanken machen, könnte es
sein, dass «es» im Wohlleben versunken sein könnte? Die aufmerksame Bürgerin fragt sich ernsthaft wozu wir eigentlich (noch) Bundessteuern bezahlen müssen.
Ursula Hofstetter, Forch
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VCS MAGAZIN / JUNI 2008
FREIZEIT
Unterhaltung
Wie heisst der Berg, den die erste Zahnradbahn
Europas bezwingt?
WETTBEWERB
ls Wilhelm Tell sich nach dem
Sprung auf die Tellsplatte in
Richtung der Hohlen Gasse aufmachte, um Hermann Gessler mit
einem Pfeil vom hohen Ross zu
holen, hätte er unseren gesuchten
Berg überschritten, wenn er den
direktesten Weg eingeschlagen hätte. Der Tyrannenmörder und spätere Nationalheld wählte aber –
will man Friedrich Schiller und
seinem Drama glauben – den Umweg hinter dem Berg durch, eine
Route, die zweifellos schneller, da
flacher war und ist.
Ob der Jäger und Naturbursche
Tell mit seiner Hedwig je auf dem
Berg war, ist nicht überliefert aber
eher unwahrscheinlich, da man
seinerzeit wenig Zeit für romantische touristische Ausflüge erübrigen konnte. Schon nur, weil der
Tourismus noch nicht erfunden
war und die Romantik ebenso wenig. Sicher nicht oben war Schiller,
der zwar sein letztes Drama, «Wilhelm Tell», in dieser Gegend ansiedelte, ohne sie jedoch persönlich zu kennen. Dennoch gibt es
heute in der Nähe den Schiller-
stein inmitten eines komplizierten
Sees, der sich am Fuss unseres
Bergs ausbreitet.
In jüngerer Zeit, als die Freizeit
zunahm und der Reisemöglichkeiten mehr wurden, hat sich der
Berg zu einem Touristenmagneten entwickelt, wobei er eine Pionierrolle innehatte. Er war der erste rundumerschlossene Hoger der
Schweiz. Europas älteste Zahnradbahn erleichterte dem Publikum
den Aufstieg auf den Gipfel. Der
ist zwar bei weitem nicht der
höchste im Land. Doch wurde er
in den höchsten Tönen gelobt, vor
allem wegen des Sonnenaufgangs,
den es oben zu geniessen gibt.
Auch der amerikanische Schriftsteller Mark Twain tat dies, bis er
merkte, dass er sich verschlafen
hatte und die Sonne am Untergehen war.
Der Berg hat genau genommen
mehrere Gipfel, ist ein Gebirge,
das einst zwei Grand Hotels verzierten, die allerdings ähnlich wie
Gessler nicht überlebten. Und nun
kommen wir zum Wichtigsten,
dem Namen. Der ist kurz, aber
A
man weiss trotzdem nicht, woher
er stammt. Es gibt
zwei Denkschulen. Beide lehnen
sich ans Latein an. Die eine huldigt dem Marketingdenken und
behauptet, der Name gehe auf das
lateinische Wort für «Königin» zurück, unser Berg sei somit die Königin der Berge. Die andere Schule
© ST/swiss-image.ch
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Die grossen Städte haben ihre
Trams und S-Bahnen. Doch
wie lösen kleinere Städte ihre
Verkehrsprobleme? Wir haben uns
umgeschaut. In Freiburg, Solothurn und anderswo. Fazit: Es hat
überall viel Verkehr und es
braucht überall neue Lösungen.
Nur welche?
hält es mit der Naturwissenschaft
und mit den nackten Flühen, deren
deutlich sichtbaren Schichtungen
und Falten auf Latein ähnlich
klingen wie «Königin» – und wie
der gesuchte Bergname. Peter Krebs
Wir wollen wissen: Wie heisst der Berg?
Antworten: Bis 20. Juni 2008 an VCS-Magazin, Wettbewerb, Postfach
8676, 3001 Bern oder an [email protected]
1. Preis: eine Übernachtung im Doppelzimmer mit Südsicht in einem
schönen Hotel auf dem gesuchten Berg im Wert von Fr. 230.–.
2. Preis: zwei Tageskarten für den gesuchten Berg im Wert von Fr. 124.–.
Lösung des letzten Wettbewerbs: La Chaux-de-Fonds
Gewinnerin: Rosmarie Brülisauer, 6370 Stans
Sudoku
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DIE NÄCHSTE
NUMMER
Kleine Städte, grosser
Verkehr
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Wie heisst die Königin
der Berge?
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