automobil entwicklung 6/99
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Simultaneous Engineering FuE-Zentrum Lear Mehr Platz fürs Interieur 40 Millionen Dollar ließ sich Lear die Erweiterung und Modernisierung des World Headquarters in Southfield/ Michigan kosten. Eine Investition vorrangig zur Stärkung der Interieur-Kompetenz. Kenneth L. Way, CEO von Lear, gibt sich siegessicher: »Wir sind wieder mal dem Wettbewerb voraus.« Damit bezieht er sich nicht nur auf das komplett modernisierte und um knapp 4 000 Quadratmeter erweiterte Lear-Headquarter, sondern verkündete auch ganz nebenbei, daß das Unternehmen »zusätzliches Business im Wert von drei Milliarden Dollar« erwarte – allerdings ließ er offen, in welchem Zeitraum. Way unternimmt alles, um die »aufregende Zukunft« des Unternehmens gut vorzubereiten. Als wichtigen Schritt dazu sieht er die Erweiterung des Firmensitzes in Southfield, einem Vorort Detroits, in dem 500 Mitarbeiter arbeiten. In der Lear-Entwicklung forschen weltweit rund 450 Beschäftigte, 200 davon wurden jetzt unter einem Dach zusammengefaßt. Etwa ein Drittel der Fläche des Lear-Headquarters steht für Entwicklung und Erprobung zur Verfügung. »Wir wollen die Nummer Eins im Innenraum werden«, sagt Ken Way. Konzeptstudie ›TransG‹: Mit dem Projekt geht Lear ganz speziell auf die Belange älterer Autofahrer ein – und demonstriert seine Ideen für die innovative Gestaltung von kompletten Innenraumsystemen. Bilder: Lear 66 Automobil-Entwicklung · November · 1999 Lears bisherige Entwicklungsaktivitäten in den Schwerpunktbereichen Sitze, Airbags, InnenraumElektronik und Crash-Management werden vernetzt und auf eine gemeinsame Marschrichtung getrimmt – hin zum kompletten Innenraumsystem aus einer Hand. 2,5 Prozent des Umsatzes, also rund 550 Millionen Mark, investiert Lear heute in FuE. Nicht gerade üppig. Für den geplanten Vormarsch in die große Welt des Innenraumsystems wird Ken Way wohl noch etwas drauflegen müssen. Lears Zukunftsvisionen entstehen im ›Advanced Design Studio‹. Einen Einblick in die Arbeit gewährte Lear jüngst mit der Präsentation der Konzeptstudie ›TransG‹ auf der Jahrestagung der Society of Automotive Engineers (SAE) in Detroit. Im Vordergrund des Konzepts stehen die Belange älterer Autofahrer. ›TransG‹ steht für ›trans-generational‹. Leichtes Ein- und Aussteigen, gut lesbare und übersichtliche Instrumente sowie zusätzliche Kom- fort-Features wie ausklappbare Armlehnen für die Fondpassagiere und viel Stauraum, etwa ein von außen zugängliches Fach im Kotflügel, sollen ganz speziell den Anforderungen älterer Autofahrer entsprechen. Einer, nach Meinung Ways, »bislang vernachlässigten Käufergruppe«. Der nächste Schritt im Reifungsprozeß der Ideen: das ›Concept Development Center‹, das über CADEinrichtungen bis hin zu Rapid-Prototyping-Anlagen verfügt. Je nach Ältere Autofahrer bislang vernachlässigt Anforderung können InnenraumRenderings und Modelle aus den unterschiedlichsten Materialien binnen eines Tages hergestellt werden. Angeschlossen an das Concept Center: ein Farb- und Trimm-Studio sowie die Werkstoffentwicklung und ein Bereich, der sich ausschließlich der Recyclingforschung widmet. Tür an Tür zum Concept-Center wurde die Elektronik-Entwicklung untergebracht. Durch die Übernahme von UT Automotive erweiterte Lear seine Kompetenzen in diesem Bereich erheblich. Die früheren UTElektronik-Spezialisten und die Lear-Elektronik-Ingenieure arbeiten ➔ Simultaneous Engineering FuE-Zentrum Lear Kenneth L. Way, Chairman und CEO Lear Corp.: »Deutliche Kostenreduzierung durch intelligente Integration im Innenraum.« nun zusammen in neuen Büros. Für den Lear-Boß erwachsen daraus »ganz neue Fähigkeiten und Möglichkeiten. Unser heutiges Produktportfolio umfaßt nicht nur die wichtigsten Innenraummodule, sondern wir sind jetzt auch in der Lage, die elektronische Vernetzung der einzelnen Module zu realisieren«. Mit dieser Kompetenz aus einer Hand will Way dem Wettbewerb eine Nasenlänge voraus sein. Denn, so der Lear-Chairman: »Wir werden die Ersten sein, die durch intelligente Integration im Innenraum die Kosten deutlich reduzieren.« Viele der Innovationen, die bei Lear erdacht und entwickelt werden, durchlaufen ihren ersten Kundentest noch in Southfield – in der ›Produktklinik‹. Etwa 1 200 Kunden im Jahr lädt Lear zu Produkttests ein. Die Produktklinik wird darüber hinaus zur Untersuchung von Kundenfahrzeugen genutzt. Sie werden komplett auseinandergenommen und so bis zu 5 000 innenraumrelevante Daten pro Fahrzeug gesammelt, analysiert und dokumentiert. Die Zusammenführung der Ergebnisse aus den Produktkliniken und den Fahrzeuganalysen stellt, so Way, »eine wichtige Basis zur Gewinnung zuverlässiger Daten über Kundenanforderungen und Kundenwünsche an die Gestaltung des Innenraums« dar. Mehr Platz wurde auch für die verschiedenen Test- und Erprobungseinrichtungn geschaffen. Lear verfügt in Southfield unter anderem über diverse Fahrsimulatoren, auf denen Innenraummodule und -systeme im Fahrzeug auf zum Beispiel Nebengeräusche hin getestet werden. Im Akustik-Studio werden zusätzlich NVH-Tests (Noise/Vibration/Harshness) bei verschiedenen Geschwindigkeiten und unter völlig unterschiedlichen Fahrbahnbedingungen gefahren. Verantwortlich für alle diese Tests: das ›Product Life Simulations‹-Team, das zudem auch jedes Produkt umfassender Erprobung hinsichtlich seiner Dauerbelastbarkeit und der Umweltverträglichkeit unterzieht. Der ›Safety System Validation‹Bereich verfügt über eine eigene Crash-Anlage, in der unter anderem ein Crash-Schlitten zur Verfügung steht. Er eignet sich sowohl für den Einsatz von Front- und Heck-Crashs sowie für Seitenaufprallversuche und erfüllt die Anforderungen zur Durchführung aller europäischen und US-Sicherheits-Standard-Tests. Neu dazugekommen: ein Airbag- Safety System Validation-Bereich: Crash-Anlage für Front-, Heck- und Seitenaufprall-Versuche. Akustik-Studio: NVH (Noise/ Vibration / Harshness)-Tests werden dort unter den verschiedensten Bedingungen gefahren. 68 Automobil-Entwicklung · November · 1999 ➔ Versuchslabor. Ein Dutzend Airbags und bald mehr werden künftig keine automobile Vision mehr sein. Was passiert, wenn alle Airbags gleichzeitig öffnen? Kann es sein, daß durch die Auslösung der Airbags Innenraumteile gelöst oder beschädigt werden? Besteht dadurch Verletzungsgefahr für die Insassen oder die Möglichkeit der Beschädigung der Airbags? Solche und ähnliche Fragen untersucht Lear im Airbag-Labor. Die Erweiterung der Einrichtungen zur Erprobung von Innenraumsystemen repräsentiere, so Patrick Murray, Vice President Industrial Design und Market Analysis, »Lears Schritt vom Sitze-Spezialisten zum Systemanbieter für den Innenraum«.