Starkes Team.
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Starkes Team.
SPORT 40 Dienstag, 17. Februar 2015 ^ Nr. 39 Neuö Zürcör Zäitung Armstrong muss zehn Millionen Dollar Schadenersatz zahlen Seite 38 Arjen Robben – wenn sogar die Gegner applaudieren Seite 39 Pirlo paradox – er macht Juventus attraktiv und verwundbar Seite 39 Zlatan Ibrahimovic – um ihn dreht sich beim PSG alles Seite 39 Die Hölle auf Erden Drei der bizarrsten Verbrechen der schwedischen Kriminalgeschichte wurden im WM-Ort Falun verübt Morgen Mittwoch beginnen in Falun die nordischen Ski-Weltmeisterschaften. Nach 1954, 1974 und 1993 ist die Stadt in Mittelschweden zum vierten Mal WM-Ort. Sie hat zwei Seiten: eine schöne und eine schreckliche. WORT ZUM SPORT Wie im Leben, so im Unihockey Mikael Krogerus Die schwedische Stadt Falun hat zwei Gesichter. Die «gruvliga» (zu Deutsch etwa: schreckliche) Seite und die «ljuvliga» (schöne) Seite. Die Grenze zwischen Schön und Schrecklich markiert der Fluss Faluna, der die Stadt durchmisst. Auf der schrecklichen Seite liegen seit dem 7. Jahrhundert die zum UnescoWeltkulturerbe gehörenden Kupfergruben. Im 16. Jahrhundert standen sie für zwei Drittel der weltweiten Kupferproduktion, deren Rauch und Abfälle den Boden vergifteten. Die «gruvliga» Seite ist bekannt für ein raues Arbeiterklima. Den Alkoholverkauf zu verstaatlichen, war 1850 eine Zwangsmassnahme zur Kontrolle des exzessiven Alkoholkonsums der hier tätigen Grubenarbeiter. Nordöstlich des Flusses liegt die schöne Seite, abseits des Rauches wurden pittoreske Industriellen-Villen gebaut. Schüsse, Mord und Kuppelei «Gruvlig» und «ljuvlig» stehen aber nicht nur für die beiden Stadtteile, die Gegensätze beschreiben auch die beiden Gesichter von Falun, von denen wir uns im Folgenden dem dunkleren zuwenden wollen. Denn Falun ist nicht nur bekannt für seine Gruben, sondern auch für seine Mörder. Drei der bizarrsten Verbrechen der schwedischen Kriminalgeschichte verknüpft man mit der 40 000-Einwohner-Stadt. Da ist Mattias Flink. Am 11. Juni 1994 hatte der Offiziersanwärter in einer Diskothek von Falun betrunken NORWEGEN SCHWEDEN Falun Ostsee Gävle Oslo Stockholm 150 Kilometer NZZ-INFOGRAFIK / cke. Falun hat zwei Gesichter und ist nicht nur ein abgeschieden friedlicher Ort. seine ehemalige Freundin Eva attackiert, woraufhin ihn die Türsteher hinauswarfen. Erzürnt ging Flink zurück in die Kaserne, zog seine grüne Felduniform an und holte ein Maschinengewehr aus der Waffenkammer. Fünf junge Soldatinnen waren auf dem Heimweg zur Kaserne, als ihnen auf einem kleinen Waldweg der bewaffnete Flink entgegenkam. Er schoss sofort und liess die Leichen liegen. Kurze Zeit später eröffnete er das Feuer auf zwei Männer in einem Auto – beide starben. In wenigen Minuten hatte Flink 47 Mal auf die 7 Menschen geschossen, jede einzelne Kugel traf. Flink zog weiter. Er bestieg einen Baukran, nüchterte ein wenig aus. Dann kletterte er herunter und folgte einem stillgelegten Eisenbahngleis, um nach Hause zu gelangen. Eine Polizeistreife entdeckte den Mann und forderte ihn auf, die Waffe fallen zu lassen. Flink feuerte zweimal auf den Wagen, wurde selber an der Hüfte getroffen, ehe ihn die Polizisten überwältigen und festnehmen konnten. Damals war Mattias Flink 24 Jahre alt. 2014, genau 20 Jahren nach dem Attentat, wurde er aus dem Gefängnis entlassen. Heute lebt er mit neuer Identität in der Nähe von Falun. Dann ist aus Falun auch Sture Bergwall, der unter dem Namen Thomas Quick als der schlimmste Massenmörder in die Geschichte Schwedens einging. 1992 hatte Bergwall, der seit seiner Jugend medikamentenabhängig war und wegen sexueller und gewalttätiger Übergriffe auf Knaben in einer psychiatrischen Klinik einsass, dem Personal gestanden, einen Elfjährigen umgebracht zu haben. Nach und nach bekannte sich Bergwall zu 33 weiteren bis dahin ungeklärten Morden. In acht Fällen wurde Bergwall alias Quick verurteilt. 2008 aber zog er plötzlich seine Geständnisse zurück und sagte, er habe damit nur Aufmerksamkeit erzeugen wollen. Der Prozess wurde neu aufgerollt und jeder der Morde überprüft – und entkräftet. 2014 verliess Bergwall nach über 20 Jahren die geschlossene Psychiatrie als freier Mann. Er lebt heute nach wie vor in Falun. Der Dritte ist Göran Lindberg. Der frühere Polizeichef von Uppsala und JOHNER/F1ONLINE Rektor der schwedischen Polizei-Hochschule sowie selbsterklärte Feminist war 2011 wegen mehrfacher und brutaler Vergewaltigung von Minderjährigen, schwerer Körperverletzung sowie Kuppelei zu sechs Jahren Gefängnis verurteilt worden. Der Verdacht, dass Lindberg der Kopf eines Sex-Netzwerkes war, das Massenvergewaltigungen für Vorstandsvorsitzende und andere grosse Fische des schwedischen Establishments organisierte, steht im Raum. Und wo wurde Lindberg gefasst, beim Versuch, eine Minderjährige für einen Kunden zu kaufen? Genau. In Falun. Schon lange schrecklich Manche Schweden sagen, Typen wie Flink oder Bergwall und Verbrechen wie das von Lindberg seien einzig in Falun denkbar, denn so sehe das «gruvliga» Gesicht Schwedens aus: verstört, aggressiv, alkoholisiert. Das ist natürlich Unsinn. Aber schon 1740 schrieb der grosse schwedische Naturforscher Carl von Linné über Falun: «Es ist die Hölle auf Erden.» Starkes Team mit überragendem Schlussmann Max Heinzer dreht in Vancouver ein verloren geglaubtes Gefecht und sichert den sechsten Schweizer Sieg im Weltcup sie entsprechend als Favoriten gehandelt. Zumal der Titelkampf in Montreux ansteht (4. bis 11. Juni) und die Gastgeber in bewährter Formation antreten wollen. In dieser schwingen neben Heinzer der Berner Fabian Kauter, der Basler Benjamin Steffen und der Zürcher Nachwuchsmann Peer Borsky die scharfe Klinge. Der offensive Heinzer, der filigrane Kauter und der konstante Steffen sind ein eingespieltes Trio. Bereits 2011 bildeten sie den Kern der Equipe, die erstmals seit 29 Jahren eine WM-Mannschaftsmedaille für das Schweizer Fechten gewann. Damit wurde an die erfolgreiche Epoche von Oliver Carrard, Gabriel Nigon, Daniel Giger, Michel Poffet und Patrice Gaille angeknüpft und gleichsam die eigene Stossrichtung definiert. Sie zielt auf die Spiele 2016 in Rio de Janeiro, wo der Mannschaftswettbewerb der Degenfechter im Gegensatz zu London 2012 olympisch ist. Im Fechten ist in keiner Waffe die Spitze so kompetitiv wie im Degen. Das ................................................................................. «Das beste Team-Gefecht meiner Karriere.» PD jeg. ^ «Normalerweise ist ein Gefecht beim Stand von 29:37 verloren», sagt Max Heinzer. Die Mannschaftsentscheidung am Weltcup-Turnier der Degenfechter war am Sonntag in Vancouver aber kein normales Assaut. Im Final gegen die Ukraine übernahm der 27-jährige Schwyzer für das letzte Gefecht zwar bei 29:37, doch in seiner forschen Art setzte er sogleich elf Treffer. Noch ehe der Ukrainer Anatoli Herej seinen Degen richtig in die Hand genommen hatte, war er es, der auf der Verliererseite stand. «Das beste TeamGefecht meiner Karriere», so summiert Heinzer seine 16:4-Bilanz, mit der er den 45:41-Sieg der Schweizer sichert. Der Exploit ist der sechste Schweizer Erfolg im Team-Weltcup und Abbild einer imponierenden Hausse. Seit sich die Degenfechter im April 2012 in Heidenheim erstmals durchgesetzt haben, sind sie dreimal Europameister geworden (2012, 2013, 2014), auch haben sie an den WM 2011 und 2014 Platz drei belegt. Und für die nächsten EM werden Max Heinzer Degenfechter ................................................................................. musste 2004 schon Marcel Fischer erfahren. Erst über den letzten europäischen Quotenplatz konnte er sich für die Spiele in Athen qualifizieren, wo er Gold gewann. Ist das Team indes für Olympia qualifiziert (für Rio mindestens unter Europas Top 5 Ende März 2016), sind damit gleichsam drei Startplätze im Einzel gesichert. Auch das macht den Erfolg von Vancouver speziell. Den Siegern verleiht er für die im April beginnende Olympiaqualifikation zusätzliches Selbstvertrauen, die Verlierer dagegen schüchtert er weiter ein. Weil er den Ruf von Heinzer festigt, ein überragender Schlussmann zu sein. Gegen den unkonventionellen und vom Florett geprägten Stil, gegen die physische und psychische Präsenz, gegen das stete Attackieren hat schon mancher Gegner von Max Heinzer keine passende Parade gefunden. «Ich kann mich gut auf das letzte Gefecht einstellen», sagt der Schwyzer. Dafür beobachtet er die Kontrahenten im Verlaufe eines Wettkampfs, überlegt sich akribisch, welche Puzzles aus seinem grossen Repertoire er zum erfolgreichen Ganzen zusammenführen will. Der Nationaltrainer Gianni Muzio bietet ihm diesbezüglich mehr Spielraum, als dies Angelo Mazzoni tat, der die Taktik jeweils genau vorgegeben hatte. Auf dem langen Weg nach Rio wird Heinzer nicht jedes Resultat zurechtbiegen können – das ist allen bewusst. Deshalb gibt es das klare Bekenntnis, gemeinsame Interessen über individuelle Anliegen zu stellen. Und das ist wohl die grösste Stärke dieses Teams. Mikael Krogerus ^ Es gibt Texte, die laufen dir ein Leben lang nach. Es sind leider nicht jene, in denen du grossartig warst, sondern jene, in denen du daneben lagst. Den Text, den ich nicht mehr loswerde, schrieb ich letzten Herbst. Es war eine Glosse über Unihockey. Ich machte mich ein wenig lustig über die Sportart, mit der mich einiges verbindet, weil sie in meinem Heimatland (Finnland) und in meiner Wahlheimat (Schweiz) eine gewisse Popularität geniesst. Beide Länder sind kleine Länder, und in beiden Ländern leidet die Sportart an einem merkwürdigen Minderwertigkeitskomplex. Folglich lautete mein Kernargument, Unihockey sei die Randsportart der Randländer. Die Heftigkeit der Reaktionen unterstrich meine These. In den Stunden nach der Veröffentlichung erreichten mich erregte E-Mails, erzürnte Anrufe und wüste Beschimpfungen, wie sie einen sonst nur treffen, wenn man Freikirchen attackiert. Dass mein Text mit dem Satz endete, mein Kind liebe den Sport und ich wolle meine Meinung überdenken, wurde nicht zur Kenntnis genommen. Schliesslich lud mich der Zentralpräsident zur Aussprache. Beim Lunch ging er mit mir den Text durch. «Sie schreiben von Plastic-Stöcken – aber sie sind aus Karbon!» – «Sie behaupten, wir seien eine Randsportart – aber wir sind der zweitgrösste Mannschaftssportverband der Schweiz!» – «Sie schreiben, Anfänger können mithalten – probieren Sie es aus!» Er war nicht beleidigt, er war leidenschaftlich. Dann berichtete er mir von der erfolgreichen Nachwuchsarbeit, von den wachsenden Zuschauerzahlen, vom ehrgeizigen Plan, Unihockey olympisch zu machen. Er sprach über den Sport wie über sein eigenes Kind. Und ich hatte über sein Kind gespottet. Ich schämte mich. Anfang Januar begab ich mich zum Busse-Tun ins Unihockey-Training. Keine übertrieben ehrgeizige Gruppe, aber ehemalige Spieler, die sich fit halten und Spass haben – und die wussten, wer ich bin. Nach 20 Sekunden spielten sie mir das erste Mal den Ball durch die Beine, nach einer Minute checkte mich einer hinterm Tor. Ich lernte viel in den 90 Minuten. Dass Unihockey ein brutal technischer und laufintensiver Sport ist. Dass man als Anfänger keine Chance hat. Vor allem aber lernte ich, dass auf Unihockey zutrifft, was auch im Leben gilt: Je mehr du dich ihm aussetzt, desto besser wird es. Und je wichtiger du es nimmst, desto mehr läufst du Gefahr, dich lächerlich zu machen. Aus Indien zu GC Ersatz für Veroljub Salatic fcl. ^ GC-Sportchef Axel Thoma hat in den letzten Tagen verschiedene Ersatzlösungen für Veroljub Salatic geprüft, aber auf diese Idee war niemand gekommen: Die Grasshoppers verpflichten Krisztian Vadocz, einen 29-jährigen Mittelfeldspieler, der in seiner Karriere vor allem als Wanderarbeiter aufgefallen war. Zuletzt war er in Indien im gleichen Team wie der 37-jährige Franzose David Trézéguet, schon zwei Mal war Vadocz vertragslos, er spielte in Honved, Auxerre, Motherwell, Nijmegen, Osasuna und Odense. Vadocz ist 40facher ungarischer Nationalspieler und debütierte 2004 unter dem Trainer Lothar Matthäus. Seit 2011 hat er kein Länderspiel mehr bestritten. Bei GC unterschrieb er bis Ende Saison.