Kongress Neue Verwaltung WCC Bonn 28. und 29. April 2016

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Kongress Neue Verwaltung WCC Bonn 28. und 29. April 2016
Gemeinsame IT-Stelle der hessischen Justiz
Kongress Neue Verwaltung
WCC Bonn 28. und 29. April 2016
Elektronischer Rechtsverkehr aktuell:
Projektbericht aus dem Landgericht Darmstadt
Dr. Ralf Köbler, Präsident des Landgerichts Darmstadt
Bonn, 28. April 2016
1
Gesetz zur Förderung des elektronischen Rechtsverkehrs mit
den Gerichten vom 10. Oktober 2013,
verkündet am 16. Oktober 2013 BGBl. 2013, S. 3786
2
Gesetz zur Förderung des elektronischen Rechtsverkehrs mit
den Gerichten in Deutschland
•
Rechtssichere elektronische Kommunikation
(und elektronische Aktenführung):
normativ eigentlich möglich seit dem JustizKommG 2005 - realisiert mit
EGVP und qualifizierten elektronischen Signaturen
•
Kein Gesetz „zur Förderung“, sondern zur Einführung der
Nutzungsverpflichtung
•
Gesetzlicher Einführungszeitplan von Mitte 2014 bis Anfang 2022
•
Zur Historie: Ursprung Entwurf einer Länder-Arbeitsgruppe - Gesetz
als Kompromiss zwischen BMJ, Anwaltschaft und Ländern:
breiter Konsens
3
Hauptziel des Gesetzes:
Obligatorischer elektronischer Rechtsverkehr
für Rechtsanwälte
•
bundeseinheitlich für alle Gerichtsbarkeiten
• ohne Staatsanwaltschaften und Strafgerichte - dazu gesonderter BMJDiskussionsentwurf
•
bundesweit flächendeckende Einführung bis 1.1.2022:
spätestens ab dann Verpflichtung zur Nutzung des elektronischen
Rechtsverkehrs (§ 130d ZPO n.F.)
•
Empfangsbereitschaft der Gerichte bis 1.1.2018 (sp. 1.1.2020) herzustellen
•
in überschaubarer Zeit und ab 2018 länder- oder gerichtsbarkeitsweise (Reduzierung
des „Länder-Flickenteppichs“)bundeseinheitliche Bestimmung der
Übermittlungswege
4
E-Justice-Gesetz: Die Meilensteine
2016 - verschoben!
BESONDERES
ANWALTSPOSTFACH
2022
VERPFLICHTENDER
ERV
2018
ÖFFNUNG
ALLER GERICHTE
5
Das „besondere Anwaltspostfach“ (1)
•
Idee: vereinfachter elektronischer Rechtsverkehr ohne QES mit
bestimmten „besonderen Postfächern“
•
Postfachverzeichnis in Verantwortung der Bundesrechtsanwaltskammer (Erweiterung des elektronischen Anwaltsverzeichnisses)
•
Identifizierungsverfahren bei Postfacheröffnung - durch VO zu regeln
•
Vertrauensschutz für Post aus diesem Postfach = BRAK-Postfächer sind
eine „trusted domain“ nach dem S.A.F.E.-Konzept
•
Programmierung erfolgt, Anwendung wird vor „Scharfschalten“ gerade
optimiert
6
Das „besondere Anwaltspostfach“ (2)
•
Keine qualifizierte elektronische Signatur für Nachrichten aus dem
Rechtsanwaltsverzeichnis erforderlich:
revolutionäre Vereinfachung des elRV
•
Gesetzliche Fiktion der Schriftformerfüllung im Verfahrensrecht
•
Konsens mit der Anwaltschaft
= die größte Veränderung des Geschäftsbetriebs in Justiz und
Kanzleien seit Einführung der mechanischen Schreibmaschine
steht bevor!
7
Elektronischer Rechtsverkehr in Hessen – eine Übersicht
2008
EGVP in Hessen
Mahnsachen
2009
2010
2011
2012
2013
2014
2015
Ausgänge 101.300 176.200 217.800 306.200 386.200
600.092
733.218 787.108
Eingänge
453.663
560.018 587.951
116.800 177.400 185.400 220.300 263.000
Ausgänge
/
57.666
115.941 146.449 145.277
144.693
143.135 139.183
Eingänge
19.232
69.402
72.979
68.542
72.755
65.629
Ausgänge
98.934
117.957 128.397 133.167 131.093
131.723
140.217 140.294
Eingänge
78.821
78.509
74.404
81.108
81.678
81.723
83.788
83.961
Ausgänge
/
/
140
11.700
57.100
68.937
62.792
66.285
Eingänge
/
/
400
17.100
38.800
41.746
41.983
41.572
eRechnung
Ausgänge
/
/
9.400
46.600
81.600
97.308
116.334 123.228
eNachricht
Ausgänge
7.770
19.915
22.553
(Pilot bei dem LG Limburg
a.d. Lahn)
Eingänge
2.004
2.727
3.023
ERV-SozGer
Ausgänge
7.300
55.320
301.193
381.277
Eingänge
1.600
52.068
18.287
32.980
Zahlungen mit
ePayment
3.718
5.910
6.367
Umsätze
ePayment in €
150.000 840.000 1.043.900 1.656.871 1.852.160
Registersachen
Insolvenzsachen
75.271
65.134
8
9
Der hessische Weg
10
11
Arbeiten mit elektronischen Akten
Verfügbarkeit
Alle Akten sind permanent für alle Zugriffsberechtigten verfügbar unabhängig von Zeit und Ort .
Schnelligkeit
Die aufwendige Suche und lange Transport- und Liegezeiten entfallen.
Stets verfügbare elektronische Daten ermöglichen sekundenschnelle
Recherchen selbst umfangreichster Akten.
Zusammenarbeit
Mehrere Personen können Dokumente gemeinsam bearbeiten.
Sicherheit
Die elektronische Akte stellt sicher, dass nur Berechtigte ein Dokument
ansehen und bearbeiten können. Akten und Dokumente sind vor
unberechtigtem Zugriff und Manipulationen bestmöglich geschützt.
Eingänge elektronisch oder in Papier

Erhebung in der ordentlichen Gerichtsbarkeit in Hessen*


40.000 Eingänge (Dokumente) täglich mit fast 500.000 Seiten
Hochrechnung auf ein Jahr bei 250 Arbeitstagen

125 Mio. Seiten jährlich
*Erhebungszeitraum eine Woche
Was die Gerichte erwartet… (bundesweite Hochrechnung)
32.000.000
Scanvolumen
10.000.000
Blatt täglich
100.000 3.000.000
Arbeitsplätze
Blatt täglich
ausgehend
Verfahren jährlich
8
elektronische
Nachrichten
pro Sekunde
3 GB
Datenzuwachs
pro Kopf jährlich
Der e2-Verbund – Die Produkte
e 2P
e 2A
e 2T
e 2F
Posteingang/
Postausgang
Elektronische
Akte
Texterzeugung
Fachverfahren
 Dokumente
empfangen und
versenden
 Akten bearbeiten
 Schriftstücke
klassifizieren
 Verfahrenskontext
 Einheitliche
Oberfläche
 Registraturdaten
auslesen
 Aktenbock
 Juristisches
Schreibwerk
 Einheitliches
„Fachverfahren“
 Unterstützung
flexibler
Arbeitsweisen
 Stärkere
Unterstützung des
Verfahrenslaufes
 Verfügungen &
Folgedokumente
Basisversion ERV 1.0 (ab 2018)
15
Was wir beim Landgericht Darmstadt umgesetzt haben
•
Einführung der Texterstellungskomponente e2T in der Zivilabteilung
innerhalb von 3 Monaten
•
Einführung von Kartenlesern und Signaturkarten für das
Servicepersonal zum Direktversand elektronischer Nachrichten aus e2T
•
Schulung des Servicepersonals und ca. 50 von 73 Richtern
•
Scanning der Eingangspost in Zivilsachen und Speicherung der Scans
unter der Nummer des Barcodes in zentralem Verzeichnis (=noch keine
Erstellung einer rudimentären elektronischen Akte) - ca. 3.000 Blatt
Eingangspost pro Tag (=4 Wachtmeister/3 Stunden)
•
Bereitstellung von Digital-Fax als Ergänzung für elektronischen
Nachrichtenversand in Vorbereitung
16
e²T - Was kann das?
–
– MS Word – basiert: Darstellung von Fachdaten aus der
Verfahrensdatenbank und Dokumenten auf einem Bildschirm
– Bildschirmverfügung
– weitgehend automatisierte Folgedokumenterstellung
– Werkzeug für die Erstellung komplexer Vorlagen
– Individualisierung der Vorlagen möglich und gewünscht
– Unmittelbarer Versand elektronischer Nachrichten aus der
Anwendung heraus
17
18
19
20
21
Perspektiven der ergonomischen Optimierung des
richterlichen Arbeitsplatzes über die Dokumenten-Erstellung
und den elektronischen Postversand hinaus
-
Inhaltsverzeichnis mit sprechenden Dateinamen
-
Mini-Dokumentenvorschau als Auswahlhilfe
-
Aktenviewer mit Strukturierungsmöglichkeiten und Zugriff auf
Fachinformationssysteme
-
System Akteneinsicht ohne Notizen des Entscheiders
-
Aktenaustausch mit Kompatibilität
-
Mobilität: Fernzugriff auf Akten
= das ist sehr viel komplexer als elRV und eine elektronische Aktenhaltung in
einem Standard-Dokumentenmanagement-System
22
Hardware
•
Endgeräte: 2. Bildschirm und oder Tablet/eBook-Reader
•
Dienstzimmer: ergonomische Tische
•
Mobiles Arbeiten: Sichere Fernzugänge zum gerichtlichen
Arbeitsplatz
•
Sitzungssäle: Zugang zur E-Akte für Gericht und Protokoll
Beamer, Leinwände, Video; WLAN für Prozessbeteiligte (?)
23
Aktengliederung
•
In e2P: automatisierte Kategorisierung der Dokumente nach derzeit
ca. verschiedenen Attributen mit „sprechenden“ Dateinamen
•
Daraus durch Filtern: differenzierte Darstellung des Akteninhalts
nach Kategorien möglich = fachlich orientierte Aktengliederung
24
Akteneinsichtsportal
•
Stand der Akten zu einem bestimmten Zeitpunkt
•
•
•
kein Durchgriff auf die produktiven Systeme der Justiz in Form einer „JustizCloud“: Bereitstellung einer Aktenkopie (dazu ggf. Rechtsänderungen erf.)
keine Dauereinsicht, sondern Aktualisierungen durch erneute
Einsichtnahme (Antrag) erforderlich
Bereitstellung strukturierter Dokumente
•
Verwendung einer einheitlichen Basis-Struktur
•
Bundesweiter Austauschstandard
•
Die Aktenstruktur wird hinsichtlich der einzelnen Dokumente dargestellt.
•
•
Das Herunterladen einzelner Dokumente ist möglich.
Für den Richter wichtig: keine Akteneinsicht
in Notizen, Entwürfe und recherchiertes Material
25
Aktenviewer e2T
•
Flexible und performante Darstellung der E-Akte
•
Zugriff auf das gesamte Dezernat mit Kalenderverknüpfung
•
Zugriff auf die aktuellen Aktenvorlagen über Aktenbock
•
Bearbeitungsmöglichkeiten in den E-Akten:
•
•
•
•
•
Notizen und gelbe Zettel
Markierungsmöglichkeiten in 4 Farben und Auflistung = eigenes
Aktenexzerpt möglich
Möglichkeit der virtuellen Strukturierung der Akteninhalte nach
Entscheidungsrelevanz (=Relationstechnik + Exzerpt)
Ordner für Sammlung recherchierten Materials und Entwürfe (von
Akteneinsicht ausgenommen)
Integration der Rechtsinformationssysteme: Klick auf Fundstelle oder Norm
führt zur Anzeige
26
Neuer verfahrensrechtlicher Ansatz: Strukturierung des
Prozessstoffs durch Einreicher
•
Ansatz der Strukturierung des Verfahrensstoffs durch Richter schöpft die
Möglichkeiten der E-Akte und des elektronischen Rechtsverkehrs nicht aus
•
Beispiel: Flughafenverfahren VGH Kassel - Struktur im Einvernehmen der
Parteien
•
Perspektive: strukturiertes Einreichen
•
Varianten:
•
•
•
normorientierter Ansatz: Vortrag zu den Anforderungen der ausgewählten
Anspruchsnorm
situationsorientierter Ansatz: Vortrag zu bestimmter Sachverhaltssituation - setzt
Vorgaben zu den völlig verschiedenen rechtlich erheblichen Lebenssachverhalten
voraus (=Formulare).
Anreize: Verfahrenserledigung in vorgegebener Zeit? Kostenbegünstigung?
Jedenfalls: einfachere Verfahrenserledigung
27
Fazit
•
Die Umsetzung des Gesetzes zur Förderung des elektronischen Rechtsverkehrs
birgt die Möglichkeit, erhebliche organisatorisch-logistische
Vereinfachungen im Gericht umzusetzen.
•
Für die Optimierung (und nicht Verschlechterung) des Richterarbeitsplatzes
bedarf es mehrerer Elemente:
•
•
•
Verbesserung der Hardware: 2. Bildschirm/E-Akten-Reader und mobiler Zugang
ergonomische Texterstellungssoftware: Optimierung der Zusammenarbeit
Richter/SE und effiziente Vorlagen, die die Arbeit erleichtern
Zukunftsweisender Aktenviewer mit über die bisherige Arbeitsweise
hinausgehenden Möglichkeiten, etwa der Verlinkung von Fundstellen mit
Fachinformationssystemen und leicht nutzbare Strukturierungswerkzeuge
28
Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit!
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