Die EU-Dienstleistungsrichtlinie
Transcription
Die EU-Dienstleistungsrichtlinie
3|2008 SEPTEMBER www.vitako.de Zeitschrift der Bundes-Arbeitsgemeinschaft der Kommunalen IT-Dienstleister e.V. NORMENSCREENING BMWi-Staatssekretär Dr. Walther Otremba in Interview VITAKO FRAGT … Horst Westerfeld – ein Portrait in Fragebogen-Form INFRASTRUKTUR-PROJEKTE „de-mail“ und „DeutschlandOnline Infrastruktur“ EU-Dienstleistungsrichtlinie Nächster Halt: One Stop Government Finanzen Personal Bürgerservice Die OK-Produktfamilie. Integriert. Zukunftssicher. Soziales Verkehr Bau/GIS eGov Organisation Service Software, die dem Menschen dient! Integrierte Systeme sind zukunftssichere Systeme. Das wissen Sie. Gerade durch die Integration aller Fachverfahren zu einer ineinandergreifenden Lösung wird Ihre Verwaltung schneller, effizienter und bürgernäher. Mit der OK Produktfamilie machen Sie Ihre Verwaltung fit für die Zukunft. Überzeugen Sie sich von den Vorteilen – auf Messen und Veranstaltungen. Oder wir kommen zu Ihnen – gemeinsam mit unseren Partnern in ganz Deutschland. www.akdb.de Innovativ. Kraftvoll. Partnerschaftlich. \ EDITORIAL Matthias Kammer Liebe Leserinnen, liebe Leser! I nformationstechnik macht einem in vielen Dingen das Leben leichter. Entfernungen spielen kaum eine Rolle mehr. Wir können mit Ozeanien oder Südamerika chatten. Wer Urlaub machen möchte, bucht online und hat die Möglichkeit, über virtuelle Kartendienste vorher nachzuschauen, ob die Lage der bevorzugten Ferienwohnung wirklich so idyllisch ist wie im Katalog beschrieben. Für die passende Urlaubslektüre gibt es Online-Warenhäuser. Und wer, statt zu urlauben, umziehen muss, kann im Netz eine Auktion starten und Angebote von Umzugsunternehmen oder Handwerkern für Dienstleistungen einholen, die man lieber nicht selbst erledigen möchte. Vielleicht gibt dann auch ein Maler aus Tallinn oder Taormina sein Gebot ab. Denn Europa wächst zusammen – zumindest sein Dienstleistungsmarkt. Die Menschen zieht es dahin, wo es Arbeit gibt. Der Maler aus Tallinn wird ab Ende Dezember 2009 enorm von Europa profitieren. Dann nämlich muss von den 27 Mitgliedstaaten die EU-Dienstleistungsrichtlinie umgesetzt worden sein. Wer von Tallinn aus beruflich nach Trier wechseln möchte, wird es dadurch leichter haben als heute. Er kann in naher Zukunft auf einen „Einheitlichen Ansprechpartner“ zählen, der ihm als Verfahrenslotse zur Seite steht. Dieser kann die Dokumente, die er für die Zulassung seines Gewerbes in Deutschland braucht, elektronisch liefern. Er muss sich nicht in die Feinheiten der Gewerbeanzeige oder des föderalen Verwaltungsaufbaus bei uns einlesen, um das notwendige Procedere korrekt zu absolvieren. Europa wird dadurch für den Kunden einfacher, und das auf einen Schlag in allen Mitgliedstaaten. Der Handwerker aus Tallinn wird sich darüber vielleicht ganz besonders freuen – kommt er doch aus einem Land, das sich selbst als „E-State“ bezeichnet und in dem es Verkehrsschilder gibt, die auf „Internetipunti“ hinweisen, also auf einen öffentlichen Zugang zum Internet. Das @-Zeichen ist auf unseren Verkehrszeichen noch nicht zu finden. Für die deutsche Verwaltung 3| 2008 wird E-Government aber zumindest ab Ende 2009 verpflichtend sein. Das Schwerpunktthema dieser Ausgabe widmet sich deshalb der EU-Dienstleistungsrichtlinie. Wir informieren Sie über den Status quo der Umsetzung und darüber, was noch zu tun ist. Das Bundesinnenministerium schildert den aktuellen Stand bei der IT-Umsetzung (Seite 8). Dr. Walther Otremba, Staatssekretär im Bundeswirtschaftsministerium, erinnert daran, dass es bei der Richtlinie nicht nur um IT geht, sondern auch um Verwaltungsvereinfachung und die Harmonisierung bzw. Anpassung von europäischen Rechtsvorschriften (Seite 6). Wie die Umsetzung der Richtlinie bei unseren Nachbarn in Österreich aussieht, erfahren Sie in einem Beitrag des Wiener Bundeskanzleramtes und seinem IT-Dienstleister, dem Bundesrechenzentrum (Seite 14). Übrigens: Ihre Meinung interessiert uns. Wie sehen Ihre Erwartungen an die Umsetzung der EU-Dienstleistungsrichtlinie aus? (Mail an: [email protected]). Die EU-Dienstleistungsrichtlinie erfordert Vernetzung. Diese wiederum braucht Infrastrukturen. Wir informieren Sie in dieser Ausgabe deshalb auch über zwei zentrale Projekte der Bundesregierung, die wichtige Infrastrukturen stellen soll: das Projekt „Bürgerportale“ bzw. „de-mail“ (ab Seite 24) sowie „Deutschland-Online Infrastruktur“ (Seite 28). Wie immer freuen wir uns auf Ihr Feedback zu dieser Ausgabe! Eine gute Lektüre wünscht Ihnen Ihr Matthias Kammer Vorstandsvorsitzender von Vitako, Bundes-Arbeitsgemeinschaft der Kommunalen IT-Dienstleister 3 \ IMPRESSUM \ INHALT Herausgeber: Bundes-Arbeitsgemeinschaft der Kommunalen IT-Dienstleister e.V. Markgrafenstr. 22 10117 Berlin Tel. 030 / 20 63 15 60 E-Mail: [email protected] www.vitako.de V.i.S.d.P.: Holger Förster Die Redaktion behält sich vor, eingesandte Berichte auch ohne vorherige Absprache zu kürzen. Der Inhalt der Beiträge gibt nicht in jedem Fall die Meinung des Herausgebers wieder. Alle Rechte vorbehalten. Nachdruck oder elektronische Verbreitung nur mit Zustimmung des Herausgebers. 3 Redaktion: Kirsten Wohlfahrt Erscheinungsweise: 4 Ausgaben im Jahr EU-DIENSTLEISTUNGSRICHTLINIE 6 Warum die Dienstleistungsrichtlinie vieles leichter macht Wie ist der Status quo bei Normenscreening? Das Bundesministerium für Wirtschaft und Technologie (BMWi) hat in Deutschland die Federführung bei der Umsetzung der EU-Dienstleistungsrichtlinie inne. Vitako aktuell sprach mit BMWi-Staatssekretär Dr. Walther Otremba über dieses Reformprojekt. 8 Erfolgsfaktor Standardisierung Im Oktober wird die lang erwartete „Blaupause“ zur IT-Umsetzung der EU-Dienstleistungsrichtlinie veröffentlicht. Erwin Schwärzer, Projektleiter des Deutschland-Online-Vorhabens „IT-Umsetzung der Dienstleistungsrichtlinie“, schildert die Kernelemente dieses Handlungsleitfadens. Auflage: 4000 Konzeption, Layout u. Satz: Ursula Barthel Grafikdesign, Bremen Litho u. Druck: Köhler Druck, Oldenburg Bildnachweis: Anstalt für Kommunale Datenverarbeitung in Bayern, Bundeskanzleramt Wien, Bundesministerium für Wirtschaft und Technologie, Bundesministerium des Innern, Bundesrechenzentrum GmbH, Datenzentrale Baden-Württemberg, Deutscher Landkreistag, Finanzministerium Schleswig-Holstein, fotolia, Gelsenkirchener Kommunale Datenzentrale – Emscher-Lippe, ifib GmbH, IBM Deutschland GmbH, Innenministerium BadenWürttemberg, ITK Rheinland, Kommunale Informationsverarbeitung Baden-Franken, Kommunale Informationsverarbeitung Reutlingen-Ulm, Kommunales Rechenzentrum MindenRavensberg/Lippe, Kreis Unna, Microsoft GmbH, TU München, Vitako, Zentralverband des Deutschen Handwerks Autoren dieser Ausgabe: Matthias Kammer, Vitako Erwin Schwärzer, Innenministerium Baden-Württemberg Prof. Dr. Utz Schliesky, Finanzministerium Schleswig-Holstein Georg Schäfer, Innenministerium Baden-Württemberg Dr. Kay Ruge, Deutscher Landkreistag Dirk Palige, Zentralverband des Deutschen Handwerks Michael A. Maier, IBM Deutschland GmbH Angelika Gifford, Microsoft Deutschland GmbH Prof. Dr. Helmut Krcmar, TU München Roland Jabkowski, Bundesrechenzentrum, Österreich Manfred Matzka, Bundeskanzleramt, Österreich Dr. Martin Wind, Institut für Informationsmanagement Bremen Martin Riedel, Datenzentrale Baden-Württemberg Johannes Engelmann, Kommunales Rechenzentrum MindenRavensberg/Lippe Josef Nyary, ISPRAT e.V. Dr. Heike Stach, Bundesministerium des Innern Karl Tramer, Datenzentrale Baden-Württemberg Rudi Grimm, Bundesministerium des Innern Dr. Heinz-Werner Schülting, Bundesministerium des Innern Karl Klein, Kommunale Informationsverarbeitung Baden-Franken Jürgen Abelshauser, Kommunale Informationsverarbeitung Baden-Franken Thomas Wagner, Kommunale Informationsverarbeitung Reutlingen-Ulm Rudolf Dreßel, ITK Rheinland Günter Fuchs, ITK Rheinland Reiner Stratmann, Kreis Unna Günter Popp, Anstalt für Kommunale Datenverarbeitung in Bayern Dr. Peter Hauptmanns, Gelsenkirchener Kommunale Datenzentrale – Emscher-Lippe Kirsten Wohlfahrt, Vitako 4 Editorial 10 Nachgefragt Die EU-Dienstleistungsrichtlinie fordert die Akteure aller Verwaltungsebenen. Weitere „Betroffene“ sind natürlich die Wirtschaft. Wissenschaft und private Unternehmen sind für externes Knowhow in die Umsetzungsaktivitäten in ganz Deutschland ebenfalls eingebunden. Vitako aktuell hat wichtige Akteure sowie Verwaltungsexperten zu zentralen Elementen der Richtlinie befragt. 14 Österreich: Shared Services als Schlüsselelement Wie wird die EU-Dienstleistungsrichtlinie bei den Nachbarn angegangen? In Österreich werden vermutlich neun Einheitliche Ansprechpartner in den Bundesländern eingerichtet. Bundeskanzleramt und Bundesrechenzentrum berichten über die Umsetzungsstrategie jenseits der Alpen. 16 Wieder im Zuständigkeitsdilemma Die EU-Dienstleistungsrichtlinie hat viele Prozesse in Gang gesetzt – und dabei nicht nur die notwendige Optimierung der Geschäftsprozesse an sich. Dr. Martin Wind vom Institut für Informationsmanagement Bremen (ifib GmbH) kommentiert das immer wiederkehrende Dilemma der Verwaltungsmodernisierung: das Zuständigkeitsdenken, welches Reformprozesse lähmt. 18 Prozesskette für Unternehmen und Verwaltung Die EU-Dienstleistungsrichtlinie fordert passgenaue Lösungen. Die Datenzentrale Baden-Württemberg bietet auf ihrer E-Government-Plattform eine prozessorientierte Lösung an. Sie unterstützt Unternehmer, Einheitliche Ansprechpartner und Verwaltungen beim Workflow. 3| 2008 \ INHALT 20 22 Eierlegende Wollmilchsau ist keine Lösung Der Termin ist eng – bis Ende 2009 muss die EU-Dienstleistungsrichtlinie umgesetzt worden sein. Organisatorische und technische Lösungswege werden derzeit heftig diskutiert. Für die kommunale Ebene gilt: Trotz der Komplexität der Aufgaben sind Komponenten zur IT-Umsetzung bereits vorhanden. Architekturleistung ist nun gefragt! 115: Die Berliner wollen die Ersten sein Start frei für die Behördenrufnummer 115: Im Oktober geht das Projekt D115 in die Testphase. Konzepte und Studien zu dem ehrgeizigen Projekt, unter anderem erstellt vom Forschungsverbund ISPRAT e.V., sind vorhanden, nun gilt es, den innovativen Zugang zur Verwaltung in der Praxis zu erproben. VERWALTUNG DER ZUKUNFT 30 Von Feinstaubplakette bis Personalmanagement Bei der Einführung von E-Bürgerdiensten in Baden-Württemberg arbeiten die kommunalen Rechenzentren und die Datenzentrale Baden-Württemberg eng mit der Landesverwaltung zusammen. Einer der Partner beim Aufbau des E-Government-Frameworks ist die Kommunale Informationsverarbeitung Baden-Franken (KIVBF). 32 Ulm macht Tempo bei E-Bürgerdiensten Als erste Stadt Baden-Württembergs bietet die Stadt Ulm die Gewerbeanzeige als Online-Dienstleistung an. Wer ein Gewerbe an-, um- oder abmelden möchte, kann dies nun im Internet tun. 33 Wohnungswesen leicht gemacht Die IT-Kooperation Rheinland (ITK Rheinland) arbeitet im Competence-Center Wohnungswirtschaft künftig mit dem System „Kommunal 2000 Wohnung“. Seit Anfang Juni nutzen die fünfzehn Verwaltungen des krz MindenRavensberg/Lippe die neue Anwendung. 34 125 Kilometer Kabel Wie saniert man ein Kreishaus und hält dabei die IT auch auf der Baustelle am Laufen? Der Kreis Unna hat es vorgemacht: Das Kreishaus wurde ab 2005 renoviert. Eine Herausforderung auch für die Zentrale Datenverarbeitung der Kreisverwaltung. Ein Erfahrungsbericht. 36 Weniger Umzugsstress in Bayreuth Umziehen ist in Bayreuth jetzt einfacher, zumindest das An- und Ummelden: Das Meldeamt installierte die neueste Version des Einwohnerfachverfahrens OK.EWO. Ein Modul hierbei: der vorausgefüllte Meldeschein (VAMS). Partner ist die AKDB. 37 Fünf Milliarden Befehle pro Sekunde Fünf Mrd. Befehle pro Sekunde, Speicherkapazität 33 Terabyte, was rund 18 Mrd. DIN-A4-Seiten Text entspricht: Der Gelsenkirchener IT-Dienstleister gkd-el hat einen neuen Konzern-Server in Betrieb genommen – ein Beitrag für eine leistungsfähige Infrastruktur, die auch wirtschaftliche Vorteile hat. PROFIL 21 Vitako fragt … Horst Westerfeld INNOVATION UND KOMMUNALVERWALTUNG 24 Von E-Mail zu de-mail Nicht mehr nur „E-Mail“, sondern auch „de-mail“: de-mail (auch bekannt unter dem Projekttitel „Bürgerportale“) steht für die Infrastruktur, die benötigt wird, um Informationen und Dokumente sicher elektronisch auszutauschen. Zertifizierte de-mail-Postfächer sollen bis Anfang 2010 an den Start gehen, erklärt Dr. Heike Stach, zuständige Projektleiterin im Bundesministerium des Innern. 26 „de-mail“ – ein großer Schritt nach vorn im E-Government! Wie wird das Projekt „de-mail“, also die Infrastruktur für sichere Kommunikation im Internet, aus kommunaler Sicht gesehen? Karl Tramer, stellvertretender Vorstandsvorsitzender von Vitako, kommentiert das zentrale Projekt „de-mail“ des Bundesministeriums des Innern. 28 Landschaftspflege im deutschen E-Government Es geht voran bei der Etablierung einer modernisierten Netzinfrastruktur für die deutsche Verwaltung: Im Juni wurde der Verein Deutschland-Online Infrastruktur e.V . i . G. (Vorläuferorganisation) kurz: DOI-Netz e.V., gegründet. Rudi Grimm und Dr. Heinz-Werner Schülting, Geschäftsführer des DOI-Netz e.V., informieren über den aktuellen Stand beim Projekt DOI. 3| 2008 VERMISCHTES 39 Vitako antwortet … Alf Henryk Wulf 38 Vitako auf der Messe Moderner Staat 38 Termine 38 Rätsel 38 Vorschau auf die nächste Ausgabe 5 \ EU-DIENSTLEISTUNGSRICHTLINIE Dr. Walther Otremba ist Staatssekretär im Bundesministerium für Wirtschaft und Technologie. Foto: BMWi „Echte Erleichterung Die EU-Dienstleistungsrichtlinie verpflichtet die EU-Mitgliedstaaten dazu, ihre auf Dienstleistungen bezogenen Rechtsvorschriften auf Vereinbarkeit mit der Richtlinie zu überprüfen und sie gegebenenfalls anzupassen. Dieses „Normenscreening“ anhand eines elektronischen Prüfrasters betrifft Bund und Länder, Kammern und Kommunen. Wie sieht der Stand der Umsetzung aus? Die Normenprüfung nach der EU-Dienstleistungsrichtlinie dient dazu, das Recht der Mitgliedstaaten systematisch auf ungerechtfertigte Behinderungen zu prüfen. Dienstleistungsbezogene Vorschriften müssen auf allen Ebenen insbesondere daraufhin durchleuchtet werden, ob sie diskriminierungsfrei, erforderlich und verhältnismäßig sind. Dadurch sollen echte Erleichterungen für Dienstleister erreicht werden. Hunderte von Rechtsnormen stehen derzeit im Rahmen der Umsetzung der EU-Dienstleistungsrichtlinie (EU-DLR) auf dem Prüfstand – Stichwort „Normenscreening“. Und auch der Aufbau einer elektronischen Plattform, die EU-weit die Verwaltungen im Umgang mit dieser komplexen Richtlinie unterstützen soll, läuft auf Hochtouren. Das Bundesministerium für Wirtschaft und Technologie (BMWi) ist in Deutschland das federführende Ressort bei der Umsetzung der EU-DLR. Vitako aktuell sprach mit BMWi-Staatssekretär Dr. Walther Otremba über den aktuellen Stand. 6 Um die Prüfung in Deutschland für alle betroffenen Ebenen zu erleichtern, haben wir gemeinsam mit den Bundesländern, Kammern und Kommunen ein Verfahren entwickelt, das es so bei einer Richtlinienumsetzung in Deutschland noch nicht gab: Die Anforderungen wurden in ein IT-gestütztes Frage- und Antwortraster „übersetzt“. Anhand dieses Prüfrasters, welches durch das Land Bayern technisch umgesetzt worden ist, kann jede Ebene ihr Recht systematisch und anhand vorstrukturierter Fragen auf die Vereinbarkeit mit der Richtlinie überprüfen. Zugleich wird dabei festgestellt, welche Vorschriften Ende 2009 an die EU-Kommission berichtet werden müssen. Alle Ebenen sind dazu aufgerufen, diesen Prüfprozess bis spätestens Ende 2008 abzuschließen, um gegebenenfalls erforderliche Rechtsanpassungen noch vor Ende der Umsetzungsfrist am 28. Dezember 2009 abschließen zu können. Normenscreening: die Chance, voneinander zu lernen Können Sie schon in etwa absehen, wie viele Normen vom Screening betroffen sind? Die Dienstleistungsrichtlinie hat einen sehr weiten Anwendungsbereich, so dass eine Vielzahl dienstleistungsrelevanter Normen einer genaueren Prüfung unterzogen werden muss. Eine exakte Bezifferung ist noch nicht möglich, denn es soll 3| 2008 \ EU-DIENSTLEISTUNGSRICHTLINIE \ BEHÖRDENRUFNUMMER 115 für Dienstleister“ Dr. Walther Otremba, Staatssekretär im Bundesministerium für Wirtschaft und Technologie, über das Normenscreening und „IMI“ gerade auch durch die Normenprüfung und die Nutzung des elektronischen Prüfrasters aufgezeigt werden, in welchen Bereichen dienstleistungsrelevante Vorschriften existieren. Für das Bundesministerium für Wirtschaft und Technologie allein werden voraussichtlich etwa 900 Normen zu prüfen sein. Eine andere Frage ist, welche der geprüften Normen mit den Bestimmungen der Richtlinie nicht vereinbar sind und daher angepasst werden müssen. Auch hier lassen sich zurzeit noch keine Zahlen nennen, da der Anpassungsbedarf durch die flächendeckende Normenprüfung aufgedeckt wird. Bei der Normenprüfung handelt es sich um eine umfassende Überprüfung des relevanten Rechtsbestandes in den Mitgliedstaaten. Für Deutschland gehen wir dabei davon aus, dass es zwar in einigen Bereichen zu Rechtsänderungen kommen kann, unser Recht aber bereits jetzt weitestgehend mit dem Europarecht vereinbar ist. EU-Dienstleistungsleistungsrichtlinie ist kein Fremdkörper Von dem Screening und der Anpassung an die Richtlinie sind vielleicht auch Normen betroffen, deren Gebrauch sich in den entsprechenden Einrichtungen in der alltäglichen Praxis eingespielt hat. Könnte das den gewünschten Bürokratieabbau und die „Standardisierung“ der Verwaltungsverfahren erschweren? Nein, das glaube ich nicht. Die Dienstleistungsrichtlinie ist ja kein Fremdkörper, sondern konkretisiert vielfach nur die heute schon zu beachtende Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs. Außerdem bietet die systematische Durchsicht aller einschlägigen Normen auch die Chance, vergleichend voneinander zu lernen. Die Verwaltungen können davon sogar erheblich profitieren. Mit der EU-Dienstleistungsrichtlinie soll auch die Amtshilfe unter den EU-Mitgliedstaaten optimiert werden. Ein Element hierbei ist „IMI“, das Internal Market Information System – eine Plattform, mit der die Verwaltungen auf elektronischem Wege Informationen zu Rechtsvorschriften 3| 2008 oder Genehmigungsverfahren austauschen können. Eine Pilotphase wurde Anfang 2008 zur Unterstützung der EUBerufsanerkennungsrichtlinie gestartet. Wie verlief diese Pilotphase, und wann soll IMI in den Mitgliedstaaten komplett funktionsbereit sein? Mit dem Binnenmarktinformationssystem IMI wird eine elektronische Informations- und Kommunikationsplattform geschaffen, über die sich die Behörden der Mitgliedstaaten gegenseitig unterstützen. Seit Anfang März läuft eine Pilotphase, bei der es um die Anerkennung beruflicher Qualifikationen in vier Pilotberufen geht. Bislang scheint das System zu funktionieren, wobei die eigentliche Bewährungsprobe bei Massenverfahren noch aussteht. Zu den weiteren Planungen: Das Modul zur Qualifikationsanerkennung soll im Laufe des Jahres 2008 auf weitere Berufe erstreckt werden. Parallel dazu hat die Europäische Kommission mit den Vorbereitungen für die Entwicklung eines IMI-Moduls zur Unterstützung der Dienstleistungsrichtlinie begonnen. Nach dem derzeitigen Zeitplan ist der Beginn des Pilotprojektes für das IMI-Modul Dienstleistungsrichtlinie für Januar 2009 vorgesehen. Die Testphase für den Austausch von Informationen soll im März 2009 beginnen und mit Ablauf der Umsetzungsfrist für die Dienstleistungsrichtlinie Ende 2009 beendet sein, so dass IMI ab 2010 flächendeckend zur Verfügung stehen soll. Zur Rollenverteilung bei IMI: Könnten auch Einheitliche Ansprechpartner Aufgaben gemäß IMI übernehmen, oder sind dafür auf der regionalen oder lokalen Ebene ausschließlich die zuständigen Behörden vorgesehen? Die Dienstleistungsrichtlinie sieht unter anderem die Einrichtung Einheitlicher Ansprechpartner vor, über die Dienstleister auf Wunsch sämtliche Formalitäten und Verfahren zur Aufnahme und Ausübung einer Dienstleistungstätigkeit abwickeln lassen können. IMI betrifft demgegenüber allein die Zusammenarbeit zwischen den Behörden der Mitgliedstaaten. Ob es zweckmäßig ist, beide Systeme institutionell und technisch miteinander zu verzahnen, müssen letztlich die Bundesländer entscheiden, da sie für beide Bereiche zuständig sind. Die Richtlinie enthält dazu keine Vorgaben. 7 \ EU-DIENSTLEISTUNGSRICHTLINIE Erfolgsfaktor Standardisierung Foto: IM BW Erwin Schwärzer, Projektleiter Deutschland-Online-Vorhaben IT-Umsetzung der EU-Dienstleistungsrichtlinie. Die IT-Umsetzung der EU-Dienstleistungsrichtlinie (EU-DLR) ist eine Herausforderung für den Föderalismus. Mit ihr verpflichtet die EU-Kommission die Mitgliedstaaten erstmals zur Einführung von E-Government. Bis zum Stichtag 29. 12. 2009 muss in Deutschland die dafür notwendige IT-Infrastruktur verfügbar sein. Im Oktober wird im Rahmen des DeutschlandOnline-Vorhabens Dienstleistungsrichtlinie ein Leitfaden zur IT-Umsetzung veröffentlicht werden. D as Deutschland-Online Vorhaben Dienstleistungsrichtlinie hat zum Ziel, den Verantwortlichen auf allen Verwaltungsebenen und bei den Kammern einen Leitfaden für die IT-Umsetzung zu geben. Diese Handlungsempfehlungen („Blaupause“) werden in einem Projektbericht zusammengefasst, der der Fachöffentlichkeit Anfang Oktober in einer Online-Konsultation vorgestellt werden wird. Der Projektbericht Das Projekt schlägt die IT-Umsetzung der EU-DLR in einem Stufenkonzept vor: Stufe 1: Umsetzung der IT-Mindestanforderungen („1:1-Umsetzung“) bis Ende 2009 (Bereitstellung von Informationen in Portalen, elektronische Verfahrensabwicklung zwischen Dienstleister und dem in der Richtlinie geforderten Einheitlichen Ansprechpartner (EAP) bzw. Dienstleister und zuständigen Stellen, MailKommunikation zwischen EAP und zuständigen Stellen). Stufe 1+: Umsetzung der IT-Mindestanforderungen plus optionale Funktionen bis Ende 2009 (je nach Ausgangsvoraussetzung bei den betreffenden Gebietskörperschaften), insbesondere Umsetzung eines einfachen Workflows zwischen den EAP, den EAP und den zuständigen Stellen sowie Einsatz eines sicheren elektronischen Dokumentensafes, 8 der zum Beispiel zur Dokumentation von Bekanntgaben und Bescheiden eingesetzt werden kann. Stufe 2: Bereitstellung von Informationen in einem föderativen, arbeitsteiligen Informationskonzept („Content Sharing“), stufenweise Einführung medienbruchfreier Geschäftsprozesse ab 2010 (Umsetzungshorizont fünf bis acht Jahre). Ziel ist, im ersten Umsetzungsschritt den Informationspflichten zu genügen und E-Government-Services an der Schnittstelle zum Kunden (Front Office) umzusetProjektstruktur IT-Umsetzung der EU-DLR Neben den federführenden Ländern Baden-Württemberg und SchleswigHolstein sind der Deutsche Landkreistag (stellvertretend für die kommunalen Spitzenverbände) sowie der Deutsche Industrie- und Handelskammertag (DIHK) sowie der Zentralverband des Handwerks (ZDH) in das Projekt eingebunden. Die Bundesregierung ist ebenfalls vertreten: das Bundesinnenministerium aufgrund seiner federführenden Rolle beim Aktionsplan Deutschland-Online sowie in verfahrensrechtlichen Fragen, das Bundeswirtschaftsministerium aufgrund seiner Rolle als „Gesamtfederführer“ für die Umsetzung der Dienstleistungsrichtlinie in Deutschland. In drei Arbeitsgruppen haben zudem zahlreiche Vertreter aus Ländern, Kommunen und Kammern intensiv mitgewirkt. An der Projektarbeit wurden zudem Wissenschaft und IT-Wirtschaft beteiligt. zen. Eine medienbruchfreie elektronische Verfahrensabwicklung mit Prozessoptimierungen inklusive eines erweiterten Einsatzes von Informationstechnik im Back Office und Integration der E-Government-Services werden erst für die zweite Stufe und dort zunächst nur bei den wichtigsten Leistungen vorgeschlagen. Wie geht es weiter? Für die stufenweise IT-Umsetzung wurde eine serviceorientierte IT-Referenzarchitektur in die Diskussion gebracht. Dieser strategische Ansatz erlaubt die integrative Zusammenführung von bestehenden E-Government-Anwendungen der Länder, Kommunen und Kammern in einem deutschlandweit nutzbaren Gesamtkonzept, das die föderale Zuständigkeitsordnung berücksichtigt. Aus Prozess-Sicht empfiehlt sich zudem eine möglichst homogene Umsetzung im gesamten Bundesgebiet. Informationstechnisch ist die IT-Umsetzung der EU-DLR eine beherrschbare Herausforderung: Alle notwendigen Bausteine für eine leistungsfähige IT-Architektur sind vorhanden (zum Beispiel E-Signatur, virtuelle Poststelle, Dokumentenmanagement-Systeme, Prozessmanagement-Plattformen etc.). Die Lösungskomponenten müssen auf ihre Zukunftsfähigkeit überprüft, aufeinander abgestimmt und für alle nutzbar gemacht werden. Auch die in den Ländern und bei den Einheitlichen Ansprechpartnern eingesetzten IT-Lösungen müssen abgestimmt und miteinander vernetzt sein – die Institutionen müssen künftig auch über Ländergrenzen hinweg in der Lage sein, sicher und medienbruchfrei miteinander zu kommunizieren. Angesichts der heterogenen IT-Infrastruktur in der deutschen Verwaltung ist die Entwicklung neuer und die Einhaltung bestehender Standards der entscheidende Erfolgsfaktor für eine erfolgreiche IT-Umsetzung. 3| 2008 – Anzeige – Gut vernetzt zum Wohle des Bürgers „Connected Republic“ heißt die Vision von Cisco für den öffentlichen Sektor in Deutschland. Sie hat das Ziel, die Kommunikation staatlicher und kommunaler Stellen untereinander sowie mit den Bürgern und der Wirtschaft zu optimieren. Dank der verstärkten Zusammenarbeit von Bund, Ländern und Gemeinden gab es in letzter Zeit wichtige Fortschritte auf dem Weg zu einer „Connected Republic“. Leistungsfähige, intelligente Kommunikationsplattformen von Cisco liefern einen wesentlichen Beitrag für den Aufbau einer solchen vernetzten Verwaltung. I n Punkto Vernetzung tut sich einiges im öffentlichen Sektor: So ist zum Beispiel mit der elektronischen Lohnsteuerkarte und der bundeseinheitlichen Steuer-Identifikationsnummer ein modernes Datenmanagement bereits umgesetzt, und die Nutzung von „Shared Services“ spielt bei der Datenhaltung und -nutzung eine immer größere Rolle. Zentraler Bestandteil einer umfassend vernetzten Verwaltung sind zudem überall zugängliche Informations- und Kommunikationsinfrastrukturen, die auf modernen Breitbandanschlüssen aufbauen. Auch in ländlichen Regionen laufen inzwischen große Breitbandprojekte, die von einem speziellen Programm der Europäischen Union unterstützt werden. Cisco-Technologie hilft D-115 auf die Sprünge Ein weiterer wichtiger Meilenstein auf dem Weg zur „Connected Republic“ ist das Projekt Bürgerservice D-115. Über die einheitliche Behördenrufnummer 115 werden in Zukunft allen Bundesbürgern umfassende kommunen- und länderübergreifende Dienstleistungen zur Verfügung stehen. Auch die Integration der Bundesverwaltung in den Service ist geplant. Bereits heute bestehen singuläre, intelligente Lösungen für einen mehr oder weniger komfortablen Bürgerzugang. Ein flächendeckendes Angebot, das den Bürger über die Grenzen der verschiedenen Verwaltungseinheiten hinweg mit Informationen versorgt, existiert jedoch noch nicht. Dieses Angebot aufzubauen und über eine einheitliche Rufnummer zugänglich zu machen, ist das Kernziel des Projektes „Deutschland 115“. Dazu erfolgt die Vernetzung von bestehenden Lösungen mit neuen Serviceangeboten, die vor allem auf der kommunalen Ebene geschaffen werden. Dieses multizentrische Konzept bietet viel Bürgernähe 3| 2008 durch eine flexible Kooperation zwischen den Verwaltungseinheiten auf der Basis vernetzter dezentraler Contact-Center. Nach erfolgreicher Umsetzung des Projekts können Bürger, Unternehmen und Touristen bundesweit auf ein völlig neues Dienstleistungsangebot zugreifen. Der Aufbau einer leistungsfähigen Unified CommunicationsPlattform bildet die Basis für den Bürgerservice 115. Auf dieser Plattform kann eine Prozessintegration erfolgen, die die effiziente Verteilung der Aufgaben zwischen Bürgerservice und Fachabteilung, also eine Trennung von Front- und BackofficeBereichen, unterstützt. Die Hauptstadt Berlin vertraut als Pilotregion bei der Einführung der einheitlichen Behördenrufnummer auf Cisco-Technologie. Mit dem Aufbau einer landesweiten Cisco Unified Communications-Plattform auf Basis des Cisco UC Managers werden IP-Telefone mit einheitlichen Diensten vom kompletten Telefonverzeichnis bis zur zukünftigen Möglichkeit der Videotelefonie auf jeden Schreibtisch in der Berliner Verwaltung gebracht. Damit können durchgängige Prozessketten, ausgehend vom Bürger über das bestehende Call-Center- und CRM-System bis in alle betroffenen Fachbehörden in Berlin, ohne spezielle Anpassung der Arbeitsplatzausstattung aufgebaut werden. An dieser komplexen Architektur mit der IP-basierten Gesamtlösung wird die Bedeutung offener Standards deutlich, die die Integration verschiedener Hersteller und Lieferanten ermöglichen. Unified Communications verbindet Menschen Unified Communications, zentraler Baustein bei der Umsetzung von D-115, ist die konsequente Weiterentwicklung und Integration der bislang verfügbaren Kommunikationstechnologien. Mit dieser Technologie trägt Cisco einen wesentlichen Teil zur Bildung eines Human Network bei, das nicht mehr nur Systeme miteinander verbindet, sondern vielmehr Menschen mit Menschen – unabhängig vom jeweiligen Standort, dem genutzten Gerät oder der Verbindungsart. 9 \ EU-DIENSTLEISTUNGSRICHTLINIE ? Foto FIMI SH Nachgefragt N ? In Schleswig-Holstein gründen Land, Kommunen und Kammern gemeinsam eine Anstalt, welche die Aufgaben des Einheitlichen Ansprechpartners (EAP) übernehmen soll. Wie sehen die nächsten Schritte hierbei aus, und wieweit muss das Verwaltungsverfahrensrecht geändert werden? Mit der Grundsatzentscheidung der Landesregierung für die von Ihnen skizzierte Anstaltslösung hat SchleswigHolstein bei der Umsetzung der EU-Dienstleistungsrichtlinie einen richtungweisenden Schritt vollzogen. Besonders erfreulich ist, dass die Entscheidung sowohl von den Trägern, als auch von allen ? Foto: ZDH Es bleibt noch rund ein Jahr, um die EU-DRL umzusetzen. Was erwartet die Wirtschaft von der deutschen Verwaltung – könnten Kammern den Einheitlichen Ansprechpartner besser umsetzen als Behörden? Dirk Palige, Leiter der Abteilung Recht des Zentralverbands des Deutschen Handwerks e.V. 10 Die Handwerkskammern in Deutschland sind bereits heute der erste Ansprechpartner von Handwerksunternehmen bei der Gründung, in der Konsolidierungs- und Wachstumsphase sowie bei Nachfolgefragen. Sie unterstützen die Unternehmen durch Information, Beratung und Schulung und besitzen für ihren Wirtschaftsbereich Prof. Dr. Utz Schliesky, Leiter der Abteilung Verwaltungsmodernisierung im schleswigholsteinischen Finanzministerium. politischen Kräften begrüßt wird. Derzeit bereiten wir ein Errichtungsgesetz für die Anstalt vor, in welchem wir die relevanten organisationsrechtlichen Regelungen treffen werden. Hierzu gehören natürlich die Ausgestaltung der Trägerschaft, die innere Organisation der Anstalt und wesentliche Finanzierungsaspekte. Das Errichtungsgesetz wird aber auch die Fragen zum Verfahrensablauf klären, die das Verwaltungsverfahrensrecht schuldig bleibt. Die Richtlinie selbst, konkretisiert durch das von Bund und Ländern erarbeitete Anforderungsprofil für den EAP, definiert den notwendigen verfahrensrechtlichen Anpassungsbedarf. Insoweit gibt der vorgelegte Gesetzentwurf zur Änderung des Verwaltungsverfahrensgesetzes wichtige Antworten, auch wenn ich mir an der einen oder anderen Stelle das größte Know-how, um eine interessenspezifische Betreuung auf höchstem Niveau sicherzustellen. Die von der Dienstleistungsrichtlinie geforderte Betreuung als neutraler Verfahrenspartner während des gesamten Lebenszyklus des Unternehmens entspricht dem Aufgabenspektrum der Handwerkskammern. Eine Zuständigkeitsübertragung auf die Handwerkskammern entspräche zudem den allgemeinen politischen Bemühungen um Bürokratieabbau und Deregulierung. Als Bestandteil der funktionalen Selbstverwaltung in Deutschland sind die Handwerkskammern prädestiniert, die Funktion eines Einheitlichen Ansprechpartners zu übernehmen. Fundiertes Sachwissen und gleichzeitig Objektivität und Neutralität in der Entscheidung, geringe Kostenbelastung für Antragsteller sowie das bewährte Beratungsnetzwerk sind mehr Deutlichkeit und mehr Mut bei der Umsetzung gewünscht hätte. Nach meiner Überzeugung hängt die Akzeptanz für den Einheitlichen Ansprechpartner entscheidend vom Service ab, den dieser den Unternehmen bietet. In diesem Zusammenhang erscheint es mir vordringlich, die anstehenden Veränderungen konsequent für wirtschaftsfreundliche und unbürokratische Lösungen zu nutzen. Wie soll ich beispielsweise bestimmten Branchen erklären, dass die neuen Verfahrenserleichterungen für sie nicht gelten, wie dem Unternehmer klar machen, dass bestimmte Verfahren von der Abwicklung über den EA ausgenommen sind? Hier steht uns noch eine intensive Sachdiskussion bevor, was eine 1:1-Umsetzung bedeutet und wie wir unwirtschaftliche oder unzweckmäßige Lösungen vermeiden. Argumentationspunkte, die zumindest für den Wirtschaftsbereich Handwerk keine andere Stelle oder Einrichtung garantieren kann. Schon jetzt sind die Handwerkskammern untereinander vernetzt und verfügen flächendeckend über eine Existenzgründerberatung. Der Aufbau geeigneter IT-Systeme zur vollständigen Abwicklung der Verwaltungsaufgaben einschließlich der Beratung durch die Kammern ist weit vorangeschritten. Die Verbindung zu den Kammern im europäischen Ausland ist über Jahrzehnte gewachsen; das Netzwerk der Außenhandelskammern sichert gerade auch grenzüberschreitend Tätigen eine passgenaue Betreuung. Unter Berücksichtigung der aufgezeigten Stärken und bestehenden Erfahrungen der Handwerkskammern sollte der deutsche Gesetzgeber bei der Zuweisung der Funktion als Einheitlicher Ansprechpartner an den Handwerkskammern nicht vorbeikommen. 3| 2008 \ EU-DIENSTLEISTUNGSRICHTLINIE Foto: DLT Dr. Kay Ruge, Beigeordneter für Verfassung, Europa und Neue Medien beim Deutschen Landkreistag. ? Welchen Beitrag leistet die EU-Dienstleistungsrichtlinie beim Ausbau der interkommunalen Zusammenarbeit? Unabhängig davon, wo die Einheitlichen Ansprechpartner in den Bundesländern angesiedelt werden – sollten die Kommunen nicht die Möglichkeit nutzen, durch zum Beispiel Shared Services die Erledigung von Querschnittsaufgaben verwaltungsübergreifend zu organisieren? tung für Wirtschaft und Bürger sein, sie versperren aber die Konzentration auf das für die Umsetzung Notwendige. Anders die Frage nach der interkommunalen Zusammenarbeit. Ohne interkommunale Zusammenarbeit wird die Umsetzung der Dienstleistungsrichtlinie kaum zu bewältigen sein. Durch Kooperation können Gemeinden und Landkreise Wissen austauschen, technische Entwicklungen forcieren, sich Entwicklungskosten teilen, Doppelarbeit vermeiden. Die nationale Umsetzung der Dienstleistungsrichtlinie läuft Gefahr, für die Verfolgung weitergehender Ziele instrumentalisiert zu werden. Vernetzte Verwaltung, One Stop Government mögen richtige Zielsetzungen gerade vor dem Hintergrund von Nutzenstif- Ein bereits vielfach praktiziertes und durch die Dienstleistungsrichtlinie sicher befördertes gutes Beispiel für eine interkommunale Zusammenarbeit betrifft mit der Gewerbeanzeige einen massenhaften Schlüsselprozess für die elektronische Umsetzung der EU-DLR. Dabei werden elektronische Standardverfahren zur Erfassung, Bearbeitung und Weiterleitung von Gewerbean-, um-, abmel- Die Dienstleistungsrichtlinie der EU gibt die Antwort auf diese Frage vor. Den Einheitlichen Ansprechpartner finden Bürger und Unternehmen am besten „elektronisch und aus der Ferne“, kurzum, über das Internet. E-Government wird dabei immer bedeutender. Sind herkömmlich mit vielen Formularen verbundene aufwändige und zeitraubende Behördengänge nötig, bietet 3| 2008 Foto: IM BW ? Sechzehn Bundesländer, sechzehn mögliche Ausgestaltungen des Einheitlichen Ansprechpartners. Wie kann der portugiesische Friseur oder der polnische Fliesenleger am besten „seinen“ Einheitlichen Ansprechpartner finden? Georg Schäfer, Innenministerium Baden-Württemberg, Stabsstelle für Verwaltungsreform, Bereich IuK-Technik, IuK-Recht. Er ist zudem seit Juni Vorsitzender des DOI-Netz e.V. i.G. E-Government das einfache „One Stop Government“. Einheitlich eingesetzte Technik, wie dies beim Portal www.service-bw.de in BadenWürttemberg der Fall ist, bietet die beste Wirtschaftlichkeit. Hoch integriert und ohne Schnörkel erschließt service-bw die circa 9.000 Behörden im Land. Fast 1.700 Texte erläutern die dort bearbeiteten Verwaltungsverfahren. Über Stichworte, auch aus dem umgangssprachlichen Wortschatz, lassen sich alle Formulare und Online- dungen durch einen standardisierten Bearbeitungs-Workflow unterstützt. Dies geschieht unter Wahrung der bestehenden Zuständigkeiten durch eine interkommunale Zusammenarbeit zwischen Landkreisen und kreisangehörigen Städten und Gemeinden. Auch darüber hinaus erscheint es sinnvoll, bei übergreifenden Diensten wie Auskunftsverfahren, Bezahlfunktionen und Verteildiensten zentrale Komponenten beispielsweise durch Vernetzung von Kreisnetzen oder interkommunale Zusammenarbeit vorzuhalten. Dies gilt dagegen nicht für die einzelnen Fachverfahren, bei denen eine Vielfalt von Lösungen unverzichtbar bleibt. Auch kreisgrenzenüberschreitende Kooperationen bei der kommunalen Wahrnehmung des Einheitlichen Ansprechpartners werden in einzelnen Ländern diskutiert. Diese können bei eher kleinteiligen Strukturen sinnvoll sein. Dienste finden. Lebenslagen helfen dem, der sich umfassend informieren will. Eine bundesweit einheitliche Portaltechnik für die IT-Umsetzung der Dienstleistungsrichtlinie wäre sicher wirtschaftlich. Auch zwei oder drei unterschiedliche Techniken wären noch sinnvoll. Texte könnten standardisiert erstellt und einfach an Landesspezifika angepasst werden. Benutzerakzeptanz und Behindertengerechtigkeit würden Vertrauen schaffen. Das so realisierte Portal wäre auch eine Grundlage für das Ziel, die Kommunikation zwischen Verwaltung und Unternehmen und Bürgern rein elektronisch abzuwickeln. Die einheitliche Behördenrufnummer D 115 hätte ihre einheitliche Wissensbasis. Wir würden uns freuen, wenn den bei Vitako beteiligten IT-Unternehmen eine Defacto-Standardisierung gelänge. 11 ? \ EU-DIENSTLEISTUNGSRICHTLINIE Nachgefragt N Angelika Gifford, Director Public Sector, Microsoft Deutschland. Die öffentlichen Verwaltungen stehen heute besonders unter Druck: Sie sollen Einsparungen vornehmen, schlanker werden und zugleich besseren Service bieten. Hinzu kommt die Umsetzung gesetzlicher Vorgaben. Ein Beispiel dafür ist die EU-Dienstleistungsrichtlinie. Von den durch das föderale System geprägten heterogenen, gewachsenen ITInfrastrukturen in den Verwaltungen ist es jedoch noch ein ? Foto: TU München Prozessoptimierung ist bei der Umsetzung der EU-DLR gefragt – wie sollten Kommunen am besten bei der Neu- und Umgestaltung ihrer Prozesse vorgehen? Prof. Dr. Helmut Krcmar, Technische Universität München, Fakultät Informatik, Lehrstuhl für Wirtschaftsinformatik. 12 Die Reorganisation von Verwaltungsprozessen beschäftigt Kommunen heute im Zusammenhang mit Electronic Government. Nur wenn Verwaltungsprozesse im Hinblick auf die Möglichkeiten der IT-Unterstützung für die Kooperation intern, aber auch mit externen Partnern oder Kunden ausgerichtet werden, kann die IT ihr Potenzial entfalten (vgl. Krcmar 2005). Die EU-Dienstleistungsrichtlinie fordert explizit die Umsetzung des Prinzips der prozessund problemorientierten Fallbearbeitung – bezogen auf den Fall weiter Weg bis zum Hauptpunkt der Richtlinie: einem Einheitlichen Ansprechpartner für alle Behördengänge und die Möglichkeit, sämtliche Prozesse elektronisch abwickeln zu können. Darüber hinaus sind die rechtlichen Rahmenbedingungen für eine erfolgreiche Umsetzung noch gar nicht geschaffen. Foto: Microsoft ? Die EU-DLR erfordert übergreifende Zusammenarbeit der involvierten Akteure. Wie können die technisch notwendigen Standards im föderalen Deutschland – sechzehn Bundesländer entscheiden über die Einrichtung und Ausgestaltung der Einheitlichen Ansprechpartner – gewährleistet werden? Das Beispiel Belgien zeigt, wie komplex diese Aufgabe sein wird: Das Land hat der EU-Kommission bereits mitgeteilt, dass es die DLR in keinem Fall rechtzeitig einführen können wird. Gerade auf die kommunalen Rechenzentren kommt eine große Herausforderung, aber auch eine neue Geschäftschance zu. Sie werden aus unserer Sicht die Möglichkeit haben, einen neuen Service EU-DLR aufzubauen und ihren Kunden, den Kommunen, kostengünstig anbieten zu können. Vor- der Gewerbeanmeldung. Für Kommunen bietet sich hiermit der Anlass, dieses Prinzip exemplarisch für die Gewerbeanmeldung zu entwickeln und anschließend auf andere Bereiche zu übertragen. Am Beginn jeder Prozessneugestaltung sollte eine Analyse des kommunalen Produktkatalogs hinsichtlich der mit den Produkten verknüpften Leistungserstellungsprozesse stehen. Für die methodische Unterstützung stehen zahlreiche Leitfäden zur Verfügung, herausgegeben zum Beispiel vom Bundesministerium des Innern, der Bundesstelle für Informationstechnik oder vom Deutschen Institut für Normierung e. V. Ziel der Analyse ist die Identifikation von Prozessschnittstellen, wiederkehrenden Prozesspartikeln oder -bausteinen (zum Beispiel Becker et al. 2007) und Randbedingungen der Leistungserstellung. Aufbauend auf diese Informationsbasis kann die Organisation der Leistungser- aussetzung für eine fristgerechte Einführung der Richtlinie ist auf jeden Fall ein intelligenter Einsatz von IT-Technologie. Microsoft arbeitet bereits mit Partner aus Industrie und Forschung zusammen. Mit dem Fraunhofer Institut FOKUS für offene Kommunikationssysteme hat Microsoft einen „Demonstrator“ entwickelt, der einen Weg für die Umsetzung der Richtlinie aufzeigt. Darüber hinaus ist das Unternehmen Mitglied im Projekt Deutschland-Online, das von Bundeskanzlerin Angela Merkel und den Ministerpräsidenten initiiert wurde und die fristgerechte Einführung der Dienstleistungsrichtlinie zum Ziel hat. Die Interoperabilität, das Zusammenwirken von Technologien und Produkten unterschiedlicher Hersteller, spielt auf dem Weg zu grenzüberschreitenden Verwaltungsdienstleistungen eine zentrale Rolle. Microsoft hat hier mit seinen Produkten und verschiedenen Initiativen eine Vorreiterrolle eingenommen. stellung neu strukturiert werden, so dass allgemeine Basisprozesse von Shared Service Centers zentral übernommen werden und die Fachbereiche sich auf Spezialprozesse fokussieren. Das hat auch Auswirkungen auf die IT-Unterstützung für die Leistungserstellung, die ebenfalls in Basisfunktionen und Spezialfunktionen gegliedert wird. So können Synergieeffekte durch die gemeinsame Nutzung von Querschnitts- oder Basisfunktionalitäten genutzt und gleichzeitig spezifische Anforderungen durch Spezialfunktionalitäten unterstützt werden. Eine wichtige Rolle bei der Entwicklung und Bereitstellung entsprechender Funktionalitäten spielen die kommunalen IT-Dienstleister, die Synergiepotenziale auch über KommunenGrenzen hinweg erschließen können. Becker, J.; Algermissen, L.; Pfeiffer, D.; Räckers, M. (2007). Bausteinbasierte Modellierung von Prozesslandschaften mit der PICTURE-Methode am Beispiel der Universitätsverwaltung Münster. Wirtschaftsinformatik, 2007 (4). Krcmar, H. (2005). Informationsmanagement. (4. Auflage). Berlin u. a.: Springer. 3| 2008 ? Die EU-Dienstleistungsrichtlinie zwingt die Verwaltung zu behördenübergreifender Zusammenarbeit und zur Neugestaltung von Prozessen. Was sind die strategischen Herausforderungen hierbei? Foto: IBM \ EU-DIENSTLEISTUNGSRICHTLINIE Michael A. Maier, Geschäftsbereichsleiter Öffentlicher Dienst, IBM Deutschland. Für den Standort Deutschland mit seiner föderalen Struktur ist die Umsetzung der EU-Dienstleistungsrichtlinie (EU-DLR) eine besondere Herausforderung. Das gilt besonders für die Städte und Gemeinden. Im Wesentlichen verlangt die Richtlinie die Schaffung eines Einheitlichen Ansprechpartners (EAP) für alle Behördengänge und die Möglichkeit, Verfahren und Prozesse elektronisch abwickeln zu können. Bereits heute haben viele Kommunen Bürgerbüros eingerichtet, in denen verschiedene Verwaltungsdienstleistungen gebündelt werden. Die Umsetzung der EU-DLR erfordert nun den umfassenden Aufbau professioneller Front Offices mit integrierten Zugangskanälen für alle relevanten Verwaltungsprozesse. Eine Kommune, die für die Umsetzung der Richtlinie diesem Paradigma Rechnung trägt, transformiert die öffentliche Aufgabenerfüllung aus einer derzeitig siloartigen Verwaltungsstruktur zu einer Front Office/Back Office Struktur. Der Aufbau dieser Strukturen wird hohe Anfangsinvestitionen erfordern, unter anderem in multikanalfähige Kommunikationssysteme, Kunden- und Fall-Management-Lösungen, Workflow-Systeme sowie professionelle Callcenter-Kapazitäten. Die betroffenen Organisationsbereiche müssen im Hinblick auf Service- und Prozessorientierung geschult und die erforderlichen Veränderungen in der Organisation professionell unterstützt werden. Kommunale IT-Dienstleister, die sich in diesem Umfeld mit einem Angebot profilieren wollen, werden ihre Kompetenzen erweitern müssen. Der Aufbau des EAP-Front Office ist der erste Schritt. Die Integration der Back Offices ist ein längerfristiges, über den Zeithorizont 2010 hinausgehendes Vorhaben. Hier sind strategische Partnerschaften mit kommunalen IT-Dienstleistern und der Industrie ein Lösungsansatz. Die IBM sieht sich hier als Dienstleister, um im Rahmen von Public Private Partnerships professionelle Front Office-Dienste anzubieten und die Back Offices zu integrieren. 3| 2008 Personalwirtschaft im ASP-Betrieb Lohn und Gehalt, Zeitwirtschaft und Personalmanagement online vor Ort …wir integrieren Innovationen: • Sicherheit an erster Stelle KRZ – erstes nach ISO 27001 zertifiziertes kommunales Rechenzentrum bundesweit. • Projekterfahrung bei der Einführung modernster Fachverfahren. • Umfassender IT-Service – speziell für Verwaltungen und ihre Einrichtungen. krz Am Lindenhaus 21 32657 Lemgo Telefon +49 (0) 52 61/252- 0 www.krz.de 13 \ EU-DIENSTLEISTUNGSRICHTLINIE Shared Services als Schlüsselelement Foto: BKA Die Umsetzung der EU-Dienstleistungsrichtlinie in Österreich Dr. Manfred Matzka, Leiter der Präsidialsektion, Bundeskanzleramt, Wien Wie wird die EU-Dienstleistungsrichtlinie bei den Nachbarn angegangen? In Österreich werden vermutlich neun Einheitliche Ansprechpartner in den jeweiligen Bundesländern eingerichtet. Das Bundeskanzleramt ist federführend bei der IKT-Strategie des Landes. Das Bundesrechenzentrum wiederum unterstützt die Verwaltung hierbei operativ, so auch bei der Umsetzung der Richtlinie. D ie EU-Dienstleistungsrichtlinie (EU-DLR) fordert die öffentliche Verwaltung auf, interne Prozesse zu optimieren und den elektronischen Zugang zu Informationen und Services bereit zu stellen. Für behördenübergreifende Verwaltungsprozesse werden Technologien benötigt, die ein nahtloses Zusammenarbeiten über Organisationsgrenzen hinweg ermöglichen. Der Einsatz von „Shared Services“ stellt aus österreichischer Sicht ein Schlüsselelement für das erfolgreiche Umsetzen der Richtlinie dar. tionsangebot bereitgehalten werden. Dafür hat das hoch entwickelte E-Government in Österreich auch bereits Musterlösungen parat. Die umfassende Informationsplattform help.gv.at bietet Informationen zur Aufnahme einer gewerblichen Tätigkeit in Österreich. Diese werden für jene Aktivitäten zu spezifizieren sein, die voraussichtlich für Dienstleistungswerber in Österreich relevant sind, die entweder vom Ausland aus in Österreich ihre Dienstleistungen erbringen oder eine Niederlassung begründen wollen. Im föderalistisch aufgebauten Österreich ist die Umsetzung einer EU-Richtlinie komplexer als in zentralisierten Staaten. Die kooperativen Strukturen zwischen Bund und Ländern im rechtlichen Bereich und im E-Government Es reicht jedoch nicht, Informationen zur Verfügung bildeten eine gute Grundlage für gemeinsame Konzepte. Voraussichtlich zu stellen. In einem Frage- und Antwortdialog sind wird es eine gesetzliche Regelung geben, die die Grundsätze der Zu- die Wünsche des Dienstleistungswerbers in Erfahrung ständigkeitsverteilung und der Abwicklung von Verwaltungsverfahren gemeinsam für Bund- und Länderbehörden festschreibt. Shared Services mit zentraler BPE (SOA) Blaupause für One Stop Government 14 Formular Contentsyndizierung CMS Sprachsyndizierung eID Monitoring MOA-ID EAI - Enterprise Application Integration eAP Business Process Engine Status Information BürgerIn Portal Voraussichtlich neun Einheitliche Ansprechpartner Die für künftige grenzüberschreitende Dienstleister wichtigste Frage in diesem Zusammenhang ist wohl, welche Einheitlichen Ansprechpartner (EAP) es geben soll. Nach derzeitigem Stand werden in Österreich insgesamt neun EAPs bei den jeweiligen Ämtern der Landesregierungen eingerichtet werden. Weiters relevant ist die Frage, wie ein Dienstleister am einfachsten zu umfassenden und verlässlichen Informationen über die Modalitäten gelangt, unter denen eine Dienstleistungstätigkeit in Österreich aufgenommen werden kann. Im jeweiligen Zielland muss dann ein umfassendes, übersichtliches Informa- Länder Bund .... IMI eSuche MOA-SS Amtssignatur MOA-SP eZahlung eZustellung Shared Services MOA-ZS IDM Register Ergänzungsregister © Bundesrechenzentrum GmbH 3| 2008 Dipl.-Ing. Roland Jabkowski, Sprecher der Geschäftsführung der Bundesrechenzentrum GmbH, Wien zu bringen, um dazu auf Basis der in Österreich hierfür geltenden Regelungen eine konkrete Antwort zu liefern. Wenn zum Beispiel der ausländische Dienstleistungswerber zunächst nur mitteilt, dass er im Baubereich tätig sein will, ist zu fragen, welche Tätigkeit laut österreichischem Gewerberecht er ins Auge fasst. Steht das fest, können Angaben über die zuständige Behörde gemacht werden und welche Bewilligungen oder Bescheinigungen erforderlich sind. Dialog mit dem Dienstleister auf help.gv.at Zusätzlich bietet help.gv.at auch interaktive Instrumente an, die es einem Interessenten ermöglichen, einen Behördenweg gleich über Internet abzuwickeln. Hiefür stellt das System Formulare zum Download beziehungsweise zur elektronischen Übermittlung zur Verfügung und bietet eine Möglichkeit, digital authentisch zu signieren und Dokumente zu übermitteln. Österreichweit ist durch ein verbundenes System der Bundes-, Länder- und Gemeindebehörden sichergestellt, dass alle drei Ebenen erreicht werden können. Ist der Dialog vorangeschritten, wird es möglich sein, dem Dienstleistungswerber für die Einbringung des Antrags konkret den zuständigen EAP als auch fakultativ die Behörde mitzuteilen. In der Entwicklung dieses elektronischen Kommunikations- und Interaktionssystems wurden bereits beträchtliche Vorarbeiten geleistet, insbesondere bei der Entwicklung einiger prototypischer Verfahren für jene Tätigkeiten, die voraussichtlich intensiv nachgefragt werden. Ziel ist, bis zum Ende der Umsetzungsfrist der EU-DLR für praktisch alle nachgefragten Dienstleistungstätigkeiten komplette Informationsangebote und Prozeduren online zur Verfügung zu stellen. Die österreichische Verwaltung arbeitet insbesondere bei der Entwicklung der IT-technischen Lösungen in einer Arbeitsstruktur, die Bund, Länder und Gemeinden umfasst. Eine Arbeitsgruppe ist bereits seit längerem eingerichtet. Die Verwaltung bedient sich bei der technischen Umsetzung externer Dienstleister, wobei der primäre Dienstleister der Bundesverwaltung, die Bundesrechenzentrum GmbH (BRZ GmbH), hier in der bisherigen und weiteren Entwicklungsarbeit eine ganz besondere Rolle spielt. Das BRZ ist heute als der IKT-Dienstleister der Bundesverwaltung marktführen3| 2008 Foto: BRZ \ EU-DIENSTLEISTUNGSRICHTLINIE der E-Government-Partner in Österreich. 1997 wurde es bei seiner Ausgliederung aus dem Bund als eine Art „IKT-Shared Service Center“ gegründet. Im Zuge der Umsetzung der EU-DLR unterstützt das BRZ in allen beteiligten Verwaltungsorganisationen die Koordination der IT-Interoperabilität auf operativer Ebene. Gemeinsam mit dem Bundeskanzleramt wurde bereits in einem Pilotprojekt ein Showcase für das freie Gewerbe „Personenbetreuung“ im Zuge der EU-DLR entwickelt. Allianz der europäischen Verwaltungs-IT-Dienstleister Bei der Gestaltung eines zukünftigen „One Stop Government“ stehen die ITDienstleister des öffentlichen Sektors in besonderer Verantwortung. 2007 wurde daher auf Initiative der Bundesrechenzentrum GmbH in Wien gemeinsam mit Partnern wie Vitako die „Allianz der europäischen VerwaltungsIT-Dienstleister“ gegründet. One Stop Government der Zukunft Das BRZ versteht die Prozessvorgaben der EU-DLR als „Blaupause“ für zukunftsweisende technische Lösungen in Richtung kundenorientiertes „One Stop Government“ (siehe Grafik). Zu den größten technischen Herausforderungen zählen Interoperabilität vorhandener Systeme, organisationsübergreifendes Business Process Management und übergreifende Geschäftsfalldokumentation bei gleichzeitig hoher Sicherheit. Das BRZ kann hier bereits Shared Service-Lösungen anbieten: Zentrales E-Identity-Management und E-Signatur (Bürgerkarten, digitale Signatur) E-Information Management • Content- und Sprachsyndizierung • Content Management Systeme (CMS) Elektronischer Formularservice E-Zustellung und E-Billing Elektronisches Archiv und Langzeitarchivierung Enterprise Portal Services Suchfunktionen Im Zuge der in Österreich umgesetzten Verwaltungsprojekte wie help.gv.at, FinanzOnline, Firmenbuch und Elektronischer Akt wurden diese Shared Services entwickelt und können rasch den Anforderungen der EU-DLR angepasst werden. Eine flächendeckende und grenzüberschreitende Zusammenarbeit ist die Voraussetzung für eine wirtschaftliche, zukunftsfähige und bürgernahe Verwaltung. Die Umsetzung der EU-DLR bietet die Chance, behördenübergreifende Infrastrukturen und Prozesse aufzusetzen, um leistungsfähige sowie sichere Produkte und Services anbieten zu können. Durch den Shared Service-Ansatz und die konsequente Umsetzung einheitlicher technologischer und organisatorischer Strategien wird hier ein besonders hoher Gesamtnutzen erzielt. 15 \ EU-DIENSTLEISTUNGSRICHTLINIE STANDPUNKT Wieder im Zuständigkeitsdilemma Dr. Martin Wind ist Mitglied der Institutsleitung im Institut für Informationsmanagement Bremen (ifib GmbH). V erwaltungsreformer und E-Government-Protagonisten sind der EU-Kommission zu tiefem Dank verpflichtet. Gleichgültig, was bei Bund, LänFoto: ifib dern, Kommunen und Kammern bis Anfang 2010 noch so alles geschehen mag, die EU-Dienstleistungsrichtlinie hat längst tiefe Spuren in der deutschen Verwaltungslandschaft hinterlassen: Mit den Regelungen zum „Verfahren über eine einheitliche Stelle“ finden Jahrzehnte alte Gedanken zum One Stop Government endlich Eingang ins Verwaltungsverfahrensrecht – und werden ergänzt durch hilfreiche Vorschriften zur elektronischen Verfahrensabwicklung. Weiterhin wird darüber nachgedacht, wie in der funktional strukturierten, nach isolierten Zuständigkeiten aufgebauten Verwaltung dem Geschäftsprozess-Management verstärkt Geltung verschafft werden kann. Und last but not least hat das Nachdenken über zukunftsfähige IT-Infrastrukturen begonnen. Aktuell sind Service-orientierte Architekturen (SOA) in aller Munde. Was aber nutzt all dies, mag manch einer einwenden, wenn es bei Worten bleibt und die Taten fehlen? Bei genauerem Hinsehen kann tatsächlich nicht bestritten werden, dass all die Konzepte, Blaupausen und Debatten der vergangenen Monate bestenfalls an der Oberfläche der Verwaltungsstrukturen gekratzt haben. Tiefgreifende Veränderungen sind bislang unterblieben – vom Übergang zu neuen Organisationsparadigmen (Prozesse statt Zuständigkeiten) oder IT-Architekturen (Dienste statt Anwendungen) ganz zu schweigen. Aber war dies wirklich anderes zu erwarten? Organisationsstrukturen stellen einen Ausdruck „geronnener Macht“ dar: Organigramme oder Geschäftsverteilungspläne sind immer auch Ergebnis interessenpolitischer Auseinandersetzungen und bestimmen die Möglichkeiten der Akteure, auf das für sie relevante Geschehen Einfluss auszuüben. Dass diese Gesetzmäßigkeiten auch bei der Umsetzung einer Richtlinie aus dem fernen Brüssel gelten, wird am Gerangel um die Ansiedlung des Einheitlichen Ansprechpartners (EAP) deutlich. 16 Die Bundesländer, die für diese Festlegung zuständig sind, sehen sich mit den Begehrlichkeiten unterschiedlicher Institutionen konfrontiert und verfolgen naturgemäß auch eigene Interessen: In Schleswig-Holstein ist eine neue Anstalt öffentlichen Rechts vorgesehen, an der sich das Land, die kommunalen Spitzenverbände und die Kammern beteiligen. In Niedersachsen will sich die Landesverwaltung selbst dieser Aufgabe annehmen. Konkret hat das zuständige Wirtschaftsministerium die „Regierungsvertretungen“, ein Überbleibsel der vor Jahren aufgelösten Bezirksregierungen, ins Spiel gebracht. Die Kammern in Schleswig-Holstein und die Regierungsvertretungen in Niedersachsen haben sich bei der anstehenden Neuverteilung von Kompetenzen also erfolgreich positioniert – ein kluger Schachzug. Denn beide Institutionen stehen unter starkem Legitimationsdruck, dem durch die Übernahme neuer Aufgaben begegnet werden kann. Die Querelen um den EAP verdeutlichen nicht nur das unvermeidliche Kräftespiel widerstreitender Interessen, das den Fortgang von Veränderungsprozessen häufig lähmt. Sie zeigen auch, wie dominant noch immer das Denken in Zuständigkeiten und wie weit die deutsche Verwaltung von SOA-Lösungen entfernt ist. Anstatt Veränderungen aus Sicht der Prozesse anzugehen, werden erst einmal Zuständigkeiten geklärt oder sogar neue Organisationen geschaffen. Die Vorstellung, mit der EU-Dienstleistungsrichtlinie würde ein Schritt in Richtung SOA gemacht, wird damit ad absurdum geführt. Denn den SOA-Grundgedanken folgend hätten Prozesse und Dienste ja längst definiert und gestaltet werden können. Wer sie dann in der Funktion eines EAP in Anspruch nimmt, hätte davon völlig losgelöst geklärt werden können. So erfreulich es auch ist, dass in Deutschland die Auseinandersetzung mit Verwaltungsabläufen und ihrer technischen Unterstützung an Intensität gewonnen hat, bis Ende 2009 müssen nun Taten folgen. Dabei geht es vor allem um die Gestaltung neuer Geschäftsprozesse und Organisationsformen sowie um die überfällige Auseinandersetzung mit grundlegenden Bedingungen des Wandels. Wer Themen wie Prozessorganisation und SOA ernst nimmt, will schließlich nicht nur Kompetenzen neu verteilen, sondern die Spielregeln ändern, denen die Gestaltung von Verwaltungsaufbau und -abläufen folgt. Dabei taucht ein Dilemma auf, das schon in vorangegangenen Phasen der Verwaltungsmodernisierung nicht überwunden werden konnte. Es stellt sich nämlich die Frage, wer überhaupt in der Lage und willens ist, neue Regeln zu definieren und durchzusetzen, mit denen eben jene Strukturen außer Kraft gesetzt werden, die demjenigen selbst Legitimation und Macht verleihen. Oder zugespitzt formuliert: Wer ist eigentlich dafür zuständig, das Zuständigkeitsdenken abzuschaffen? 3| 2008 3| 2008 17 \ EU-DIENSTLEISTUNGSRICHTLINIE Prozesskette für Unternehmer und E-Government-Plattform der DZBW hilft bei Umsetzung der M it der EU-Dienstleistungsrichtlinie (EU-DLR) schafft die Europäische Union einen Binnenmarkt für Dienstleistungen. Ziel ist es, die amtlichen Formalitäten für die Dienstleister zu vereinfachen. Das hat Auswirkungen auf die öffentliche Verwaltung: Sie zwingt zur Anpassung von Behördenorganisation, Zuständigkeiten und neuen Verfahrensabläufen, deren Abwicklung vollständig elektronisch erfolgen soll. Plattform steuert und überwacht Fristen Für diesen in der Richtlinie geforderten elektronischen Ablauf der Verfahren muss eine sichere elektronische Zusammenarbeit aller Beteiligten möglich sein. Online-Dienste, elektronische Formulare und Fachverfahren müssen mit nicht automatisierten Prozessen – wie zum Beispiel E-Mail oder Fax – unter einer Gesamtsteuerung zusammengeführt werden. Die technische Umsetzung muss Basistechnologien nutzen und verbinden, wie elektronische Signaturen und Zertifikate (PKI, Public Key Infrastructure). Sie muss gesicherte Telekommunikationsprotokolle der Verwaltung (zum Beispiel OSCI, Online Services Computer Interface, Protokollstandard) unterstützen sowie Verfahrensschnittstellen (Webservices) einbinden können. Zahlreiche Dienstleistungskategorien und beteiligten Stellen müssen mit der Lösung abgebildet werden. Auf Bundes-, Landes- und kommunaler Ebene müssen regionale Gegebenheiten berücksichtigt werden, die Prozessketten also fachlich modellierbar sein. Die IT-Lösung muss demnach flexibel und hoch anpassbar sein. Die Datenzentrale Baden-Württemberg (DZBW) hat für diese Anforderungen in ihrer universellen Plattform eGO! die Ausprägung „eGO! EU-DLR“ konzipiert und umgesetzt. Diese Lösung ermöglicht eine webbasierte Kollaboration zwischen Antrag- 18 Martin Riedel, Technischer Leiter E-Government, Datenzentrale Baden-Württemberg (DZBW). steller, dem in der Richtlinie geforderten Einheitlichem Ansprechpartner und zuständigen Stellen der Verwaltung. Die aufgabenorientierte Benutzerführung hilft dem Antragsteller, die notwendigen Dokumente und erforderlichen Unterlagen zu liefern. Formularassistenten unterstützen ihn beim Ausfüllen der Formblätter. Die Antragsunterlagen werden dem Einheitlichen Ansprechpartner sodann als Vorgang in der Plattform zugestellt und von ihm geprüft. Er kann über die Plattform fehlende Unterlagen nachfordern oder Rückfragen stellen. Erteilt er eine Freigabe, wird die Prozesskette des Genehmigungsprozesses gestartet. Der nun folgende Workflow bindet die beteiligten Stellen der Verwaltung ein, indem er ihnen die Anträge als Vorgang zur Verfügung stellt oder direkt in das Fachverfahren in Form von Daten übergibt. Ihre Ergebnisse (Bescheide, Genehmigungen) stellen sie der Plattform zur Verfügung. Die einzelnen Workflow-Schritte werden erst freigegeben, wenn alle erforderlichen Dokumente vorhanden sind. Foto: DZBW Die EU-Dienstleistungsrichtlinie fordert in ihrer Umsetzung flexible und passgenaue Lösungen. Nur so sind die vielen Anforderungen, die sich aus technischer Sicht stellen, nutzerfreundlich und sicher umzusetzen. Die Datenzentrale BadenWürttemberg bietet auf ihrer E-Government-Plattform eine prozessorientierte Lösung an, die allen Beteiligten – Unternehmern, Einheitlichen Ansprechpartnern, beteiligten Verwaltungen – den Workflow erleichtert. Die Plattform steuert somit den Gesamtablauf bis zur abschließenden Genehmigung, überwacht Fristen und sorgt für die Information aller Beteiligten im Prozess. Diese sind als Rollen mit differenzierten Rechten abgebildet und damit unabhängig von der Die E-Government-Plattform „eGO! EU-DLR“ Die E-Governmentplattform „eGO! EU-DLR“ ist eine webbasierte Lösung, die Dienstleister, Einheitliche Ansprechpartner und Sachbearbeitung bei der Abwicklung von Genehmigungsprozessen im Rahmen der EU-Dienstleistungsrichtlinie (EU-DLR) unterstützt. Die individuellen Abläufe werden modelliert, mittels Composer in eine Anwendung transformiert und auf der Plattform regional konfiguriert. Die Plattform bietet: Komfortable Eingabeverfahren mit Online-Formularen, der Verarbeitung von Anlagen und elektronischer Signatur Flexible Ausgabeverfahren mit maschinellem Ausfüllen von PDFFormularen und vorlagenbasierter Erzeugung von Bescheiden und Schreiben Prozesssteuerung mit Benutzer-, Rollen- und Rechteverwaltung Automatische Verfolgung von Prozessen, Zuständigkeiten und Fristen Sichere Kommunikation über die Virtuelle Poststelle der Datenzentrale BW (eGO!VPS) Die Plattform lässt sich ab sofort einführen: stufenweise, mit oder ohne elektronische Signatur, mit oder ohne Verfahrensschnittstellen oder mit der Möglichkeit, elektronische Prozesse mit zusätzlichen Diensten unter einer Gesamtsteuerung zu verbinden. 3| 2008 \ EU-DIENSTLEISTUNGSRICHTLINIE Wir schaffen neue Wege Verwaltung EU-Dienstleistungsrichtlinie Verortung des Einheitlichen Ansprechpartners. Für die gesicherte Ablage von Daten steht ein virtuelles Dateisystem mit fallbezogenen Räumen zur Verfügung. Der Zugriff kann entsprechend den datenschutzrechtlichen Vorgaben eingerichtet werden. Modellierung der Prozessketten Der Prozessketten-Designer des Systems ermöglicht graphisch eine flexible Modellierung der Prozessketten für die einzelnen Kategorien der Dienstleistungen. Ein- und Ausgabedokumente können ebenso definiert werden wie Einzelprozesse und Abhängigkeiten. Dieses Modell bildet die Fachlichkeit ab und beschreibt den Informationsfluss (semantische Modellierung). Daraus generiert der Composer die eigentliche Anwendung in Form einer technischen Workflow-Beschreibung (Schablone). Die Anwendungen können auf kommunaler Ebene parametriert werden hinsichtlich beteiligter Stellen, spezifischer Formulare, optionaler Teilprozesse und Anbindung von Fachverfahren. Diese regionale Konfiguration erfolgt über den Einrichtungsassistenten. Dreistufiger Lösungsansatz: Modellieren, Generieren, Konfigurieren Grafik: DZBW Unsere Kerngeschäfte: Dieser dreistufige Lösungsansatz „Modellieren – Generieren – Konfigurieren“ vereinigt die Vorteile zentraler Modellierung und dezentraler Konfiguration. Für die Kommunen besteht daher keine Notwendigkeit, in die Modellierung einzusteigen. Für komplexe Gesamtprozesse jedoch können Kommunen, denen die regional konfigurierbaren Abläufe nicht ausreichen, eigene Modelle erstellen und diese in die Plattform einbringen. Aus dem semantischen Modell und dem Niederlassungswunsch wird automatisch ein „Was wäre wenn?“-Dokument erzeugt. Das Dokument ist eine Zusammenfassung aller im konkreten Fall notwendigen Unterlagen, der zuständigen Stellen und Kontaktdaten. 3| 2008 ● Entwicklung und Betrieb kommunaler Software ● System- und Applikationsbetrieb ● Betrieb eines leistungsfähigen Kommunikationsnetzes ● IT-, Organisations- und betriebswirtschaftliche Beratung ● eGovernment- und OpenSource-Lösungen Citkomm services GmbH Griesenbraucker Str. 4 58640 Iserlohn Telefon: 02371- 787 0 Telefax: 02371- 787 279 E-Mail:[email protected] www.citkomm.de 19 \ EU-DIENSTLEISTUNGSRICHTLINIE Lieber nicht auf die eierlegende Wollmilchsau warten Der Termin ist eng – bis Ende 2009 muss die Foto: krz EU-Dienstleistungsrichtlinie umgesetzt werden sein. Johannes Engelmann, Abteilungsleiter Marketing und Kundensupport beim Kommunalen Rechenzentrum (krz) in Lemgo. Organisatorische und technische Lösungswege werden derzeit heftig diskutiert. Für die kommunale Ebene gilt: Trotz der Komplexität der Aufgaben sind Komponenten zur IT-Umsetzung vorhanden. Architekturleistung ist nun gefragt – und die beherrschen die kommunalen IT-Dienstleister. D ie öffentliche Verwaltung steht vor einer gewaltigen Herausforderungen hinsichtlich der termingerechten Umsetzung der EUDienstleistungsrichtlinie (EU-DLR). Jeder Dienstleistungserbringer soll danach künftig alle Verfahren und Formalitäten, die für die Aufnahme und Ausübung ihrer Tätigkeit erforderlich sind, über Einheitliche Ansprechpartner (EAP) abwickeln können – wenn sie wollen, auch elektronisch. Die Verantwortlichen der IT-Dienstleister sowie die IT-Beauftragten der Kommunen werden derzeit überhäuft mit potenziellen Lösungen verschiedenster Anbieter, die sich das Thema EU-Dienstleistungsrichtlinie „auf die Fahne“ geschrieben haben und nunmehr eine fertige, einsatzfähige Software für die Umsetzung offerieren. Schön, wenn es wirklich so einfach wäre. Festzustellen ist, dass es durchaus pragmatische Lösungsansätze oder Teillösungen einzelner Anbieter gibt, die zumindest Mut machen. Darüber hinaus gibt es viele Studien, Arbeitsgruppen und Projekte auf Bund- und Landesseite, die sich mit den technischen Notwendigkeiten und möglichen Architekturmodellen auseinandersetzen. Nach aufmerksamer Lektüre drängt sich schnell die Frage eines pragmatisch denkenden IT-lers auf: „Ist das wirklich bis Ende 2009 alles zu schaffen?“ 20 Erschwerend kommt hinzu, dass seitens des Gesetzgebers und vor allem auf der Ebene der Bundesländer in vielen Bereichen noch klare Vorgaben und Entscheidungen fehlen und der föderalistische Gedanke dem eher auf Normen, Standardisierung und Einheitlichkeit ausgerichteten Vorgehen der IT-Welt entgegensteht. Zugleich ist die Rangelei um die Verortung des EAP noch keineswegs ausgestanden. Diese teils unklaren oder noch zu regelnden Rahmenbedingungen machen es nicht gerade einfach, den richtigen Weg zur IT-Umsetzung der EU-DLR zu finden. Auf der anderen Seite heißt es aber, den Kopf nicht in den Sand zu stecken und auf die eine oder perfekte Lösung zu warten. Die vielzitierte „eierlegende Wollmilchsau“ gibt es auch hier nicht. Lösungen des „IT-Werkzeugkastens“ vorhanden Alle kommunalen IT-Dienstleister betreiben seit vielen Jahren eine sichere und gut aufgestellte IT-Infrastruktur für ihre Kunden. Historisch gesehen wurden zunächst einzelne Bereiche der Verwaltung durch in sich geschlossene IT-Verfahren elektronisch unterstützt. Heute gibt es keine Produktbereiche der Verwaltung mehr, in denen die IT noch nicht Einzug gehalten hätte. Ferner sind aus den „Insellösungen“ im Laufe der Jahre intelligente, integrierte und über Schnittstellen verbundene Gesamtlösungen geschaffen worden. Daten fließen mehr oder weniger automatisiert von einem Verfahren in das nächste, lösen weitere Prozesse aus und bilden in der Gesamtheit die Grundlage effektiver Verwaltungsarbeit im Dienste der Bürger. Wobei sicher anzumerken ist, dass Ausprägungen und Automatisierungstiefen natürlich sehr unterschiedlich anzutreffen sind. Schon immer war und ist es Aufgabe der kommunalen IT-Dienstleister, ihren Kunden einen Mehrwert durch Integrationsleistungen zur Verfügung zu stellen. Diese Integrationsleistungen sowie die intelligente und auf Standards bauende Vernetzung auf horizontaler und vertikaler Ebene sind für die IT-Umsetzung der Richtlinie die Dreh- und Angelpunkte. Bei den kommunalen IT-Providern sind bereits heute viele Komponenten des benötigten „IT-Werkzeugkastens“ für die Umsetzung der EU-DLR vorhanden. Diese Komponenten müssen gegebenenfalls angepasst und eventuell um offene Schnittstellen erweitert werden. Andere Bausteine müssen zusätzlich erworben und in das „Gesamtkonzert“ eingebunden werden. Hier ist Architekturleistung angesagt – und genau das beherrschen die kommunalen IT-Dienstleister. Wir beginnen alle nicht auf der grünen Wiese. Das Motto lautet: „Gutes bewahren, Bewährtes ergänzen, Neues hinzufügen.“ Der Prozess der IT-Umsetzung der Richtlinie wird dem folgen, was auch bei den vielen Entwicklungsschritten der kommunalen IT in den vergangenen Jahren zu beobachten war. Ein Prozess, der sich Schritt für Schritt aus bestehenden Lösungen entwickeln und vollenden wird. Unter den genannten Rahmenbedingungen nicht ganz einfach – aber machbar. Die Kommunen können auf ihre IT-Dienstleister zählen. 3| 2008 \ PROFIL fragt ... Horst Westerfeld Welches Buch lesen Sie gerade? Jürgen Mittelstrass: Der Flug der Ente; Gunnar Heinsohn: Söhne und Weltmacht; Claudio Bertozzi: Pasta macht glücklich. Ihre derzeitige Lieblingsmusik? Philipp Glass: Songs from liquide days; Alica Keys: As I am; The Goldberg Variations gespielt von Glenn Gould. Wofür hätten Sie gerne mehr Zeit? Für Sport, zum Beispiel Fußball, Mountain Bike und im Winter Snowboard. Welche Persönlichkeit – egal ob noch lebend oder schon „Geschichte“ – würden Sie gerne kennen lernen? Winston Churchill. Und wenn Sie einen Tag in die Rolle von jemand anders schlüpfen könnten – wer sollte das sein? Loriot. Wie kann man Sie am besten ärgern? Das überlasse ich den anderen. Und wie macht man Ihnen am besten eine ganz besondere Freude? Durch Engagement in der Sache. Von Ihnen soll ein Portrait gemalt werden, und Sie dürfen sich den Künstler aussuchen. Welchen wählen Sie? Picasso. Zu empfehlen ist die Ausstellung Picasso und Velasquez in Barcelona. Velasquez wäre auch eine gute Idee. 3| 2008 Welche Sprache würden Sie gerne sprechen können, und warum? Italienisch, dann könnte ich mich besser über die italienische Küche unterhalten. Was war Ihr Lieblingsfach zu Schulzeiten? Kunst. Womit haben Sie Ihr erstes eigenes Geld verdient? Mit Drehen von Motorventilen bei Daimler. Foto: HMDF Wenn wir mehr Zeit hätten – wobei könnten wir Sie noch besser kennen lernen als durch diesen Fragebogen? Beim Wandern und beim Kochen. Horst Westerfeld ist seit Mitte Juni Staatssekretär im hessischen Finanz- und Innenministerium sowie Bevollmächtigter der Hessischen Landesregierung für E-Government und Informationstechnologie. Ihr Berufswunsch als Kind? Brückenbauer. Welches „Arbeitsgerät“ ist in Ihrem Arbeitsalltag für Sie absolut unverzichtbar? Bleistift und weißes Papier. Sie verbringen beruflich viel Zeit in Wiesbaden – haben Sie einen Tipp an unsere Leser, was diese sich bei einem Besuch dort auf keinen Fall entgehen lassen sollten? Einen Sonntagsausflug mit dem Rad am Rhein entlang von Schloss Biebrich nach Eltville (Einkehr in Burg Crass, ein Spaziergang durch den Rosengarten) und zurück, zum Abschluss ein Eis beim Italiener an der Ecke Schloss Biebrich. Wir haben Ihnen nun viele Fragen gestellt – gibt es eine Frage, die Sie Vitako stellen möchten? (Wir werden Ihnen in der nächsten Ausgabe der Vitako aktuell antworten!) Es gibt in der Industrie nur wenig Mutige, die bereit sind, die Leistungen der Data Center untereinander zu messen. Wer würde das bei Vitako beginnen wollen? 21 \ 115 Die Nummer für alle Fälle – auch Berlin ist Modellregion für die bundesweit einheitliche Behördenrufnummer 115. Start frei für die Behördenrufnummer 115: Im Oktober geht das Projekt D115 in die Testphase. Konzepte und Studien zu dem ehrgeizigen Projekt, unter anderem vom Forschungsverbund ISPRAT e.V. („Interdisziplinäre Studien zu Politik, Recht, Administration und Technologie“) sind vorhanden, nun gilt es, den innovativen Zugang zur Verwaltung in der Praxis zu erproben. 115: Die Berliner wollen die Ersten sein Das bundesweit einheitliche Behördentelefon startet diesen Herbst in Modellregionen M it der Freischaltung der BürgerHotline 115 zunächst für eine Testphase in ersten Modellregionen startet im Oktober eines der ambitioniertesten IT-Projekte der deutschen öffentlichen Verwaltung: Nie zuvor wurde in so kurzer Zeit ein so komplexes Vorhaben zur Verbesserung von Dienstleistung, Organisation und Bürgernähe realisiert. Kaum zwei Jahre nach der ersten ISPRATIdee sind diesen Sommer mit der Ausschreibung und der Auftragsvergabe für 22 die technische Einrichtung und den Betrieb die letzten grundlegenden Voraussetzungen für die Pilotphase geschaffen worden. Zu den Testgebieten zählen Berlin, Hamburg sowie Regionen in NordrheinWestfalen und im Rhein-Main-Gebiet. Es ist die entscheidende Etappe einer ungewöhnlichen Erfolgsgeschichte: Im September 2006 hatten Harald Lemke, damals als Staatssekretär in Wiesbaden Deutschlands erster CIO mit Kabinettsrang, und Matthias Kammer, Vorstandsvorsitzender des öffentlich-rechtlichen IT-Dienstleisters Dataport in Altenholz bei Kiel, nach einer gemeinsamen USA-Reise den Plan entwickelt, die Idee des in New York höchst erfolgreichen Telefonservice 311 nach Deutschland zu übertragen. Für die dazu nötigen Vorarbeiten gründeten die beiden IT-Experten mit anderen Interessenten aus Politik, Wirtschaft und Wissenschaft den Forschungsverbund ISPRAT e.V. („Interdisziplinäre Studien zu Politik, Recht, Administration und Technologie“) mit Sitz in Hamburg. 3| 2008 \ 115 Die Institution, die sich der Erneuerung der deutschen Verwaltung mit Hilfe modernster Informations- und Kommunikationstechnologie widmet, organisiert und finanziert inzwischen auch Studien zu anderen Themen: etwa zur EU-Dienstleistungsrichtlinie, zur Bilanzierung im öffentlichen Sektor (Doppik), zu möglichen Standardisierungs- und Bündelungsansätzen im deutschen öffentlichen Sektor (Shared Services) oder zur elektronischen Identifikation (eID). Durchbruch für die Strategie 115 Den Durchbruch für 115 schaffte ISPRAT beim 1. Nationalen IT-Gipfel im Dezember 2006 in Potsdam, als Bundeskanzlerin Angela Merkel und Bundesinnenminister Wolfgang Schäuble ihre Bereitschaft erklärten, das Projekt zu unterstützen. Auf Veranstaltungen quer durch die Bundesrepublik informierte ISPRAT Interessenten vor allem aus den Ländern und Kommunen über die politischen, wirtschaftlichen und technischen Voraussetzungen. Zugleich weckten und stillten zahlreiche Presseberichte das Informationsbedürfnis einer fast einhellig positiv gestimmten Öffentlichkeit. Die ISPRAT-Publikation „Strategie 115 – Studie zur Einführung einer behördenübergreifenden Servicerufnummer 115 in Deutschland“ stellte zu dem Projekt fest: „Die Idee ist bestechend einfach: Bürger und Unternehmen erhalten über eine einzige, leicht merkbare Rufnummer direkten Zugang zu allen öffentlichen Diensten – unabhängig von Verwaltungsebenen und -zuständigkeiten. Die Umsetzung in den föderalen Strukturen Deutschlands ist alles andere als einfach, aber machbar.“ Dazu zeigten die Autoren einen Erfolg versprechenden Lösungsweg auf: Auf der Basis empirischer Studien zum aktuellen Stand der Service-Orientierung in den 3| 2008 Service Centern der öffentlichen Verwaltung und einer repräsentativen Bürgerbefragung wurden die strategischen, organisatorischen, technischen und finanziellen Grundlagen zur Einführung der Rufnummer 115 genauestens untersucht. Zudem entwickelten die ISPRAT-Forscher mit einem „multizentrischen Modell“ ein strategisches Umsetzungsszenario, „das die Einführung der Service-Rufnummer kurzfristig erfolgreich gewährleisten kann und gleichzeitig dazu geeignet ist, die erwarteten qualitativen und wirtschaftlichen Zielsetzungen mittel- und langfristig zu erreichen.“ Die von einem interdisziplinären Wissenschaftlerteam unter Leitung von Dipl. Ing. Jörg Siebert (BearingPoint) durchgeführten Untersuchungen lieferten das nötige Wissen zur Unterstützung von Entscheidern in Bund, Ländern und Kommunen, die mit Konzepten und Einführungsprojekten zum Bürgertelefon 115 befasst wurden und sind. Zugleich war die Studie auch als Beitrag zur fachlichwissenschaftlichen Diskussion gedacht. Der 144-Seiten-Leitfaden kann über www. isprat.net bezogen werden. Multizentrisches Modell Als das Beschaffungsamt des Bundesinnenministeriums und das hessische Dienstleistungsunternehmen ekom21 Ende Mai die Ausschreibung für 115 herausgaben, wollten bereits zehn Bundesbehörden, sieben Länder, 26 Städte und zwölf Kreise von Anfang an dabei sein. Die vom Bund und von dem Land Hessen auf Beschluss der E-Government-Staatssekretäre gebildete Projektgruppe D115 teilte die Kandidaten in die Modellregionen Mitte, Nord-Ost, West I und West II ein. Die Ausschreibung erfolgte in zwei Losen. Das erste Los hatte die Einrichtung der Rufnummer 115 in allen Netzen und die Bereitstellung des Netzbetriebes zum Gegenstand. In Los 2 ging es um die Einrichtung und den Betrieb einer Funktion zur Verteilung und Steuerung der Anrufe in die D115-Service Center. Die Bewerber aus dem Kreis externer ITK-Unternehmen müssen dabei nicht nur garantieren, dass 115 in den Pilotgebieten funktioniert: Anrufer aus noch nicht angeschlossenen Regionen sollen eine Ansage erhalten, die Anruferströme zudem statistisch ausgewertet werden. Die Erwartungen der Öffentlichkeit sind groß, denn viele Teilnehmer wollen den Betrieb möglichst zeitnah aufnehmen. Die Modellregion Mitte etwa hat bereits die dazu nötige Service Center-Software ausgeschrieben, mit der die jetzigen Telefonzentralen bzw. Bürgerbüros in Städten und Kommunen zu D115-Centern weiterentwickelt werden sollen. Zu der Interessengemeinschaft gehören 25 kreisfreie Städte und Landkreise samt den dazugehörigen Kommunen sowie Landesbehörden in Hessen, Rheinland-Pfalz und dem Saarland. Sie werden von ekom21 in Kooperation mit der Hessischen Zentrale für Datenverarbeitung (HZD) vertreten. Eine Rahmenvereinbarung für die Einrichtung der benötigen rund 450 Arbeitsplätze in den 115-Servicecentern der Modellregion Mitte soll zunächst für vier Jahre mit einer Option auf weitere vier Jahre gelten. Diese Vereinbarung umfasst neben den erforderlichen Software-Lizenzen auch Installation, Wartung und Pflege, Beratung und Unterstützung bei Einführung und Nutzung sowie Schulungskonzepte und Schulung. Die anderen Modellregionen gehen ähnlich vor. Aus Berlin verlautet bereits, die Hauptstädter hätten den Ehrgeiz, als Erste mit 115 ins Telefonnetz zu gehen. Josef Nyary 23 \ INNOVATION UND KOMMUNALVERWALTUNG Von der E-Mail zu de-mail Mit dem Projekt Bürgerportale auf dem Weg zur zukunftsfähigen Online-Kommunikation Nicht mehr nur „E-Mail“, sondern auch „de-mail“: Das soll demnächst zur Selbstverständlichkeit werden, wenn es um sichere Online-Kommunikation von Bürgern und Unternehmern mit der Verwaltung geht. de-mail steht für die sichere Infrastruktur, die benötigt wird, um vertrauliche Informationen und Dokumente sicher elektronisch auszutauschen. Die zertifizierten de-mail-Postfächer sollen spätestens Anfang 2010 an den Start gehen. E s ist eine Binsenwahrheit, aber eine, die in ihren Auswirkungen noch immer unterschätzt wird: Die digitale Kommunikation gewinnt an Bedeutung. Behörden und Kommunen werden mit weit reichenden E-Government-Projekten zukunftsfähig gemacht, in Unternehmen sind digitale Geschäftsprozesse bereits eher die Regel als die Ausnahme. Doch wo neue Wege gegangen werden, entstehen auch neue Baustellen. Eine dieser Baustellen betrifft die elektronische Zustellung von vertraulichen Informationen und wichtigen Dokumenten. Das Projekt Bürgerportale geht mit „de-mail“ dieses Problem an und bietet eine einfache, sichere und zuverlässige Alternative zu Papierversand und E-Mail. E-Government hält die Verwaltung nachhaltig in Atem. Viele Behördengänge sind bereits heute durch digitalisierte Verfahren unnötig geworden. Die Pro- 24 zesse sollen insgesamt schlanker und transparenter werden. An der Schnittstelle zu Bürgern und Unternehmen – sobald eine Behörde Anträge oder Bescheide zustellen muss – ist dies jedoch oft nur schwer mit den Anforderungen an das jeweilige Verwaltungsverfahren zu vereinbaren. Denn Dokumente und Bescheide müssen veränderungssicher zugestellt, Fristen müssen eingehalten werden. Foto: BMI Dr. Heike Stach, Bundesministerium des Innern, Projektleiterin Bürgerportale. Die Ansätze zur Lösung der Probleme, die in diesem Bereich entwickelt wurden, sind sehr unterschiedlich. Einige Kommunen haben in den vergangenen Jahren eigene Internet-Portale entwickelt. Hier können Bürgerinnen und Bürger Postfächer eröffnen, Dokumente einstellen, abrufen und zum Teil auch speichern. Das meiste wird jedoch weiterhin per Post oder ganz einfach per E-Mail verschickt. Wirklich zukunftsfähig ist keine dieser Alternativen. Papierversand ist teuer, ebenso Postfächer auf eigenen Internet-Portalen, die herkömmliche E-Mail ist nicht sicher genug. Denn E-Mails kann man mit wenig Aufwand auf dem Weg abfangen, wie Postkarten mitlesen und in ihrem Inhalt verändern. Zudem können sich Sender und Empfänger nie sicher sein, mit wem sie gerade tatsächlich kommunizieren und ob die Nachricht auch ankommt. Einfache und sichere Alternative zur Briefpost Mit de-mail soll eine einfach zu nutzende Infrastruktur aufgebaut werden, über die Bürger, Wirtschaft und Verwaltung Informationen zuverlässig und vertraulich austauschen können. Die de-mail-Adressen und damit verknüpften Dienste sollen von privaten, 3| 2008 \ INNOVATION UND KOMMUNALVERWALTUNG „Sie haben Post“: Mit „de-mail“ soll die E-Mail an das oder vom Amt künftig sicherer, vertraulich und zuverlässig werden. aber staatlich zertifizierten Unternehmen angeboten werden. Im Rahmen des Zertifizierungsverfahrens müssen diese nachweisen, dass sie den hohen Ansprüchen an Sicherheit, Daten- und Verbraucherschutz sowie Interoperabilität gerecht werden. Die sichere Kommunikation im Verbund der Anbieter basiert im Wesentlichen auf gegenseitig authentisierten Kommunikationskanälen. Alle Daten, die der Nutzer zur Übertragung oder Speicherung an einen de-mail-Dienst übergibt, werden zudem unmittelbar verschlüsselt und vor Veränderungen geschützt. Zur Eröffnung eines Accounts müssen sich natürliche und juristische Personen einmalig zuverlässig identifizieren. Mit de-mail sind dann verschiedene Versandarten möglich, die mit einem Brief oder einem Einschreiben vergleichbar sind. Der Absender kann einen Nachweis darüber erhalten, wann er die Nachricht verschickt hat (Versandbestätigung) und wann sie in das Postfach des Empfängers zugestellt wurde (Zustellbestätigung). Die Nachweise werden qualifiziert elektronisch signiert und haben so vor Gericht eine hohe Beweiskraft. Zusätzlich zum Postfach- und Versanddienst soll ein Dokumentensafe zur sicheren Speicherung der erhaltenen Dokumente angeboten werden. Auch der Versand von Identitätsbestätigungen auf Basis der bei der Erstregistrierung aufgenommenen Daten wird möglich sein. de-mail auch für EU-Dienstleistungsrichtlinie Die Grundlagen von de-mail – staatliche Zertifizierung und sichere Erstregistrierung bei Postfacheröffnung – erlauben es, die elektronische Kommunikation auf eine sichere Rechtsgrundlage zu stellen. Entscheidend für die Akzeptanz der neuen elektronischen Versanddienste ist zudem das benutzerfreundliche Konzept: Die Dienste lehnen sich möglichst nahe an die herkömmliche E-Mail-Kommunikation an. Zudem ist für den Endnutzer keine separate Software notwendig, denn die Postfächer können über WebBrowser abgerufen werden. Größere Organisationen werden über ein spezielles Gateway angeschlossen und können über ihre gewohnten E-Mail-Programme de-mail nutzen. Mit der EU-Dienstleistungsrichtlinie, die bis Ende 2009 in deutsches Recht umgesetzt sein muss, wird 3| 2008 die Möglichkeit der elektronischen Kommunikation für die Behörden zur Pflicht. Die Einhaltung von Fristen und die Nachweisbarkeit der Zustellung sind dabei zentral – insbesondere vor dem Hintergrund der vorgesehenen Genehmigungsfiktion, nach der Anträge als genehmigt gelten, wenn nicht innerhalb einer bestimmten Frist eine Antwort beim Antragsteller vorliegt. de-mail bietet hier eine einfach umzusetzende Lösung. Kein reines Verwaltungsprojekt de-mail, vom Bundesministerium des Innern (BMI) in Zusammenarbeit mit dem Bundesamt für Sicherheit in der Informationstechnik (BSI) federführend entwickelt, ist kein reines Verwaltungsprojekt. Die Wirtschaft ist von Beginn an sehr eng in die Konzeption eingebunden. Denn obgleich der Kontakt zwischen Bürgern, Unternehmen und Behörden inhaltlich eine hohe Relevanz hat, ist das Kommunikationsaufkommen im Vergleich eher gering. Durchschnittlich erhalten Bürgerinnen und Bürger lediglich etwa vier bis fünf Briefe pro Jahr von der öffentlichen Verwaltung. Nachvollziehbar, dass viele zögern, sich hierfür eine spezielle Software oder ein gesondertes Postfach zuzulegen. de-mail soll deshalb für vertrauliche und verbindliche elektronische Kommunikation eine einfach zu nutzende Gesamtlösung bieten, die nicht nur für die öffentliche Verwaltung, sondern auch für die Wirtschaft relevant ist. Die Einführung von de-mail soll Ende 2009 / Anfang 2010 beginnen, entsprechend rasch schreitet das Projekt voran. In Arbeitsgruppen wird derzeit unter Beteiligung der Wirtschaft an der Ausgestaltung von Pilotprojekten gearbeitet, die im kommenden Jahr erste praktische Erfahrungen sammeln sollen. Neben potenziellen de-mail-Anbietern hat vor allem die Versicherungswirtschaft großes Interesse an der Pilotierung bekundet. Auch zur Verbindung von OSCI (Online Services Computer Interface, Prokollstandard für die öffentliche Verwaltung) mit de-mail soll es im Rahmen der Pilotierung ein Teilprojekt geben. E-Government kann seine Vorteile erst dann wirklich ausspielen, wenn die Digitalisierung der Prozesse bis hin zu Bürgern und Unternehmen reicht. de-mail bietet die hierfür erforderliche einfach zu nutzende und zukunftweisende Infrastruktur. 25 \ INNOVATION UND KOMMUNALVERWALTUNG Foto: Vitako „de-mail“ – ein großer Schritt nach vorn im E-Government! Karl Tramer ist Sprecher der Facharbeitsgruppe E-Government der Vitako, stellvertretender Vorstandsvorsitzender der Vitako und Vorstandsvorsitzender der Datenzentrale Baden-Württemberg. Wie wird das Projekt „de-mail“, also die Infrastruktur für sichere Kommunikation im Internet, aus kommunaler Sicht gesehen? Was bedeutet es für das E-Government? Eine Antwort auf den Beitrag des Bundesministeriums des Innern (siehe vorherige Seiten). D as Bundeskabinett hat im Sommer den neuen elektronischen Personalausweis (ePA) auf den Weg gebracht. Nun kündigt sich schon der nächste Schritt an – „de-mail“. Vitako hat den elektronischen Personalausweis begrüßt, denn er ermöglicht eine Identifikation im Internet. Die Facharbeitsgruppe E-Government beschäftigt sich auch schon seit einiger Zeit mit dem Thema „de-mail“ und sieht die Entwicklung äußerst positiv. Das Haupthindernis für den Fortschritt im E-Government und im E-Business ist die Unsicherheit des Internets und die Tatsache, dass E-Mails leicht zu manipulieren sind. Dies hat bislang den Durchbruch des Internets überall dort verhindert, wo es auf Rechtssicherheit ankommt. Das Signaturgesetz ist inzwischen über zehn Jahre alt und hat trotz Novellierung in Deutschland noch nicht den erwarteten Siegeszug angetreten – zu komplex, zu überzogen, zu aufwändig. Die Unterschrift ist nicht das Hauptproblem des Internets, sondern die eindeutige Zuordnung von Absender und Empfänger und Unverfälschbarkeit der Nachricht. Im Bereich des E-Business hat sich jedes Unternehmen irgendwie geholfen und sich eine eigene Sicherheitsinfrastruktur geschaffen durch Benutzerkennungen, Kundenkarten, Passwörter, PINs, TANs, PUKs etc. Jeder, der E-Business nutzt, kann ein Lied davon singen – es wird langsam unübersichtlich! Die Unterschrift war dabei übrigens kein Thema, sondern 26 Zig Passwörter, PINs, TANs, Logins – wer hat da noch den Überblick? Mit „de-mail“ könnte das anders werden, zumindest bei E-Government und E-Business. nur der Nachweis des richtigen Absenders. Wo früher eine Unterschrift auf einem Überweisungsträger notwendig war, werden heute Millionensummen per PIN und TAN durch die Welt überwiesen, ohne dass es dabei Rechtsprobleme gäbe. Saubere Mail ohne Spam Nun kann demnächst jeder Bürger mit dem ePA elektronisch seinen Personalausweis „vorzeigen“. Durch die de-mail erhält er nun auch die Möglichkeit, neben seiner physischen Adresse eine sichere virtuelle Adresse im Internet zu haben, das Gleiche gilt für Firmen und Behörden. Das heißt, neben dem „rechtsfreien“ Internet wird nun ein Raum geschaffen, in dem man verlässlich und belegbar elektronisch Nachrichten austauschen kann. Sowohl E-Business als auch E-Government werden davon erheblich profitieren. Spammer haben das elektronische Medium in Verruf gebracht bzw. seine Unzulänglichkeit deutlich werden lassen. Es sind staatliche Regulationen notwendig, um E-Government und E-Business hier voranzubringen. Der Markt alleine richtet es leider nicht immer. Es ist sehr zu begrüßen, dass der Bund es erkannt hat, dass Infrastruktur geschaffen werden muss, gleichsam Straßen gebaut werden müssen. Die Verkehrsteilnehmer, die diese Infrastruktur dann nutzen, finden sich dann von alleine. Was bedeutet das in der Zukunft? Eine Behörde kann Briefe an Bürger schicken, zum Beispiel auch Massenversendungen wie Steuerveranlagungen und sicher sein, dass sie unverfälscht an die richtige Adresse kommen. Hier lauern erhebliche Einsparpotenziale in den Geschäftsprozessen! Die kommunalen IT-Dienstleister sind gut beraten, sich mit den Möglichkeiten von de-mail zu befassen und entsprechende Angebote vorzubereiten. Die von Spam genervten Bürger werden diesen sauberen E-Mail-Raum sicher weitaus eher akzeptieren als die elektronische Signaturkarte. Wichtig ist auch, dass die Wirtschaft mit im Boot ist, dadurch erhöht sich die Nutzungsfrequenz und der Vorteil für Bürger, Unternehmen und Verwaltungen gleichermaßen. Ein Wunsch bliebe noch übrig: Es sollte möglich sein, einen de-mail Account auch elektronisch mit Hilfe des ePA zu eröffnen, und die de-mail Adresse sollte auf Wunsch des Bürgers im Melderegister gespeichert werden können. Damit könnte der Bürger den Behörden signalisieren: Ja, ich möchte meine Post elektronisch. 3| 2008 \ INNOVATION UND KOMMUNALVERWALTUNG Meldungen Beim Computer-Kauf zählt auch Energieverbrauch Nordrhein-Westfalen: IT-Dienstleister I Verbraucher wollen mehr „grüne IT“: In ihrem Verhalten schlägt sich laut dem Branchenverband Bitkom das „steigende Umweltverhalten“ nieder, wenn es um Einkäufe von Informationstechnologie oder Produkte der Telekommunikationsbranche geht. 54 Prozent der Verbraucher seien bereit, mehr Geld für besonders umweltverträgliche TK-Dienstleistungen auszugeben, lautet Das nordrhein-westfälische Innenministerium will zum Beginn des nächsten Jahres das Landesamt für Datenverarbeitung und Statistik (Düsseldorf ) sowie die drei Gemeinsamen Gebietsrechenzentren Hagen, Köln und Münster zu einem neuen Dienstleister für Informationstechnologie zusammenlegen. Dadurch sollen vorhandene Ressourcen gebündelt und der Einsatz der IT in der Landesverwaltung effizienter werden. „Green IT“ wird für den Verkauf von Computern und IT-Hardware immer wichtiger. Die Energieeffizienz von Hightech-Geräten ist für Verbraucher zunehmend ein Grund, sich für oder gegen ein Produkt zu entscheiden. Sachsen-Anhalt: IT-Dienstleister II Sachsen-Anhalts Kabinett hat eine IT-Strategie für das Land verabschiedet. Sie umfasst Bereiche wie IT-Organisation, Architektur und Standards sowie IT-Management. Als elementarer Bestandteil gilt die Ausrichtung auf einen zentralen ITDienstleister für die Landesverwaltung. Die Zahl der derzeit 307 IT-Betriebsstätten des Landes soll dadurch wesentlich reduziert werden. Bei allen IT-Verfahren soll in Zukunft zudem die Verwendung von Standard-Software und existierenden Lösungen künftig Vorrang vor Neuanschaffungen oder Eigenentwicklungen haben. das Ergebnis einer repräsentativen Umfrage, die der Verband in Auftrag gab. 42 Prozent lehnten dies ab. 41 Prozent der Befragten gaben an, dass der Verbrauch von Energie für sie ein sehr wichtiger Entscheidungsgrund beim Kauf von Computern, Monitoren oder Druckern sei. Der Energieverbrauch habe damit fast die gleiche Bedeutung wie die Leistung der Hightech-Geräte, so der Bitkom. Der Verband und das Bundesministerium für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit (BMU) haben im Sommer außerdem den Leitfaden „Energieeffizienz im Rechenzentrum“ vorgelegt. Er soll praktische Hinweise zu Planung, Aufbau und Betrieb moderner Rechenzentren liefern. 3| 2008 Schleswig-Holstein: E-Government-Gesetz Das schleswig-holsteinische Kabinett hat den Entwurf für das „Gesetz zur elektronischen Verwaltung in Schleswig-Holstein (E-Government-Gesetz) vorgestellt. Das Gesetz soll die Grundlagen für gemeinsame Infrastrukturen, Basisdienste, Datenformate und Schnittstellen für den Datenaustausch der Verwaltungen im Land schaffen. „Durch das neue Gesetz wird es möglich, die elektronischen Verfahren aller Verwaltungsträger so aufeinander abzustimmen, dass die Daten künftig ohne Komplikationen von allen betroffenen Stellen verarbeitet werden können“, so Finanzstaatssekretär Klaus Schlie. 27 \ INNOVATION UND KOMMUNALVERWALTUNG Landschaftspflege im deutschen E-Government Deutschland-Online Infrastruktur (DOI): Verwaltungsnetz wird ausgeschrieben Am 5. August 2008 gab der Verein Deutschland-Online Infrastruktur e.V. i.G. (kurz: DOI-Netz e.V.) im Amtsblatt der Europäischen Union die geplante Ausschreibung eines Rahmenvertrags zum Aufbau und Betrieb eines Koppelnetzes und zentraler Dienste für die Deutsche Verwaltung („DOI-Netz“) bekannt. I m Juni 2006 wurde durch einen Beschluss der Bundeskanzlerin und der Regierungschefs der Länder der Aktionsplan Deutschland-Online (DOL) als E-Government-Strategie von Bund, Ländern und Kommunen ins Leben gerufen. Ziel des Aktionsplans ist es, eine vollständig integrierte E-GovernmentLandschaft in Deutschland zu schaffen. Der Einsatz von IT in der öffentlichen Verwaltung ist inzwischen selbstverständ- Vernetzte Verwaltung: die Architektur des neuen Verwaltungsnetzes. DOI-Anwendungsebene E-Government- und DOL-Anwendungen (z.B. 115, Meldewesen, Personenstandswesen etc.) Verwaltungsnetz Land DOI-Diensteebene Verwaltungsnetz Bund DOI-Backbone IPv4/IPv6 Dualstack Zugang zur EU DOI-Transportebene 28 DOI-Betrieb Verwaltungsnetz Kommunen DOI-Sicherheit Endgeräte (Basis- und Mehrwertdienste) lich. Der Großteil der Beschäftigten im Öffentlichen Dienst ist „vernetzt“, und viele Fachaufgaben werden IT-gestützt durchgeführt. Dies gilt gleichermaßen für Bund, Länder und Kommunen. Die Vernetzung untereinander bildet die Basis für IT-gestützte Arbeitsprozesse in der öffentlichen Verwaltung. Die weitere Verbesserung der verwaltungsübergreifenden Kommunikation sowie der Kommunikation der Bürger und der Wirtschaft mit der Verwaltung bleibt eine wesentliche Herausforderung. Im Rahmen des Aktionsplans DeutschlandOnline soll daher eine standardisierte, integrierte und sichere Kommunikationsinfrastruktur für die deutsche Verwaltung in Bund, Ländern und Kommunen auf- und ausgebaut werden (Deutschland-Online Infrastruktur – DOI). Erst durch eine solche nationale Kommunikationsinfrastruktur können die sehr anspruchsvollen Ziele des Aktionsplans verwirklicht werden. Auf dem Weg zum Netz in drei Phasen Die Umsetzung des Vorhabens DOI erfolgt in mehreren Phasen. Im ersten Projektabschnitt (Juli 2006 bis Januar 2007), damals noch unter dem Namen „Kommunikationsinfrastruktur für die Öffentliche Verwaltung Deutschlands“ (KIVD), fand eine Bestandsaufnahme bestehender Behördennetze statt. Dies war die erste ebenenübergreifende Untersuchung der Kommunikationsstrukturen seit 1949. Die zweite Projektphase von April 2007 bis Dezember 2007 diente insbesondere der Planung einer ebenenübergreifenden Infrastruktur und der Vertiefung der Anforderungsanalyse. Unter aktiver Einbindung der politischen und fachlichen Ansprechpartner in Kommunen, Ländern und dem Bund wurden die Voraussetzungen für die Deutschland-Online-Infrastruktur aus strategischer, technischer und organisatorischer Sicht ermittelt sowie 3| 2008 Foto und Grafik: BMI \ INNOVATION UND KOMMUNALVERWALTUNG technische und betriebliche Standards definiert. Ziel der dritten Projektphase (Januar 2008 bis September 2009), der Umsetzungsphase von DOI, ist die Errichtung des DOI-Netzes und die Schaffung der organisatorischen Voraussetzungen für dessen Betrieb. Für die Vergabe des DOI-Netzes und dessen Betriebsführung wurde am 24. Juni 2008 eine DOI-Organisation gegründet, die den föderalen und verfassungsrechtlichen Rahmenbedingungen genügt und eine eigenständige Rechts-, Geschäfts- und Handlungsfähigkeit ermöglicht: Deutschland-Online Infrastruktur e.V. (Vorläuferorganisation) (kurz DOI-Netz e.V.). Gründungsmitglieder des DOI-Netz e.V. sind der Bund und alle sechzehn Länder. Die drei kommunalen Spitzenverbände vertreten die Kommunen beratend in der Mitgliederversammlung. Der Verein wird durch einen dreiköpfigen Vorstand gesteuert und bedient sich zur Erledigung seiner Aufgaben einer Geschäftsstelle, der zwei Geschäftsführer vorstehen. Der Vorstand fasst im Auftrag der Mitgliederversammlung des Vereins alle vergaberelevanten Beschlüsse und lässt sich dabei durch einen föderal besetzten Arbeitskreis beraten (siehe Kasten). Das Vorhaben Deutschland-Online Infrastruktur besteht zunächst als Teil der oben genannten Regierungsprogramme weiter und unterstützt den DOI-Netz e.V. in konzeptionellen Aufgaben. Als rechtsfähige DOI-Organisation verantwortet der Verein die Vergabe des DOI-Netzes. Daneben unterstützt er die Einführung moderner Netzwerktechnologien und die Standardisierung der Kommunikationsnetze der öffentlichen Verwaltung in Deutschland. 3| 2008 Rudi Grimm (links) und Dr. Heinz-Werner Schülting sind die Projektleiter des Vorhabens „Deutschland-Online Infrastruktur“ und die Geschäftsführer des DOI-Netz e.V. Durch den Anschluss der Kommunikationsnetze des Bundes, der Länder und der Kommunen an das DOI-Netz wird ein flächendeckendes und sicheres Verwaltungsnetz Realität, das die verschiedenen deutschen Verwaltungsnetze flächendeckend miteinander verbindet. In seiner ersten Stufe hat das DOI-Netz die Ablösung des bisherigen TESTA-D-Netzes zum Ziel (TESTA = Trans-European Services for Telematics between Administrations, europäisches Verwaltungsnetz). Teilnehmer und Funktionalitäten der zentralen Netzkomponenten von TESTA-D werden zum DOI-Netz migriert. Weiterhin sind Übergänge zum sTESTA-Netz („secured“ TESTA) der Europäischen Union sowie zu den im Projekt „Netze des Bundes“ (NdB) abzulösenden Bundesnetzen IVBB (Informationsverbund Berlin-Bonn) und IVBV/BVN (Informationsverbund der Bundesverwaltung) vorgesehen (siehe Graphik). Schnittstellen zu Europa Die Kommunikationsinfrastruktur soll auf Basis eines „Next Generation Netzwerkes“ (NGN) aufgebaut werden, wobei die Bereitstellung eines IPv4/IPv6-Dualstacks (ermöglicht die parallele Nutzung von Diensten und Fachanwendungen über Internet-Protokoll Version 4 oder über IPv6; Anm. d. Red.) ein zentrales Element des Netzes ist. Ein Next Generation Network wird dabei als ein paket-basiertes Netzwerk verstanden, über welches Dienste (wie zum Beispiel IP-Telefonie und Video Conferencing) zur Verfügung gestellt werden können. Dabei können die Servicefunktionen (wie zum Beispiel „Quality of Service-Mechanismen“) der verschiedenen Breitbandtechnologien unabhängig von der darunter liegenden Transporttechnologie genutzt werden. Wesentliche Grundkomponenten der Kommunikationsinfrastruktur sind: DOI-Netz e.V.: Struktur und Akteure Gründungsmitglieder des Vereins Deutschland-Online Infrastruktur e.V. (Vorläuferorganisation) – kurz: DOI-Netz e.V. – sind alle Bundesländer und der Bund, vertreten durch das Bundesministerium des Innern (BMI). Vorstandsmitglieder und Stellvertreter sind: für den Bund Dr. Stefan Grosse (Bundesministerium des Innern), Stellvertreter: Ernst Bürger (BMI); für die „A-Länder“ Otmar Henzgen (Ministerium des Innern und für Sport RheinlandPfalz), Stellvertreterin: Gisela Schwellach (Senatorin für Finanzen der Freien Hansestadt Bremen); für die „B-Länder“ Georg Schäfer (Innenministerium Baden-Württemberg), Stellvertreter: Klaus Rastetter (Innenministerium Nordrhein-Westfalen). Vorsitzender des Vorstands ist Georg Schäfer. Vorsitzender der Mitgliederversammlung ist Horst Westerfeld, Staatssekretär und IT-Bevollmächtigter der hessischen Landesregierung. Als Geschäftsführer wurden die Projektleiter des Vorhabens „DeutschlandOnline Infrastruktur“ bestimmt, Rudi Grimm sowie Dr. Heinz-Werner Schülting (beide BMI). Die Geschäftsstelle befindet sich im Bundesministerium des Innern in Berlin. End-to-End Quality of Service (QoS) Any-to-Any Funktionalität Trennung von geschlossenen Benutzergruppen mit Hilfe von Virtual Private Networks (VPN) Die Erteilung für den Zuschlag für den Rahmenvertrag zum Aufbau und Betrieb des Koppelnetzes und zentraler Dienste für die Deutsche Verwaltung („DOI-Netz“) ist für Ende März 2009 vorgesehen, die Migration der heutigen TESTA-D-Teilnehmer soll bis Ende September 2009 abgeschlossen sein. 29 \ VERWALTUNG DER ZUKUNFT Von der Feinstaubplakette bis E-Government als Schlüssel zur Verwaltungsmodernisierung Foto: Vitako Der Startschuss für den Verbund der Meldeportalbetreiber fiel auf dem Vitako-Gemeinschaftsstand auf der Messe Moderner Staat 2007. Von links nach rechts: Jonas Fischer, d-nrw (Ruhrdigital Besitz-GmbH & Co. KG); Ulrich Künkel, Geschäftsführer der ekom21-KGRZ GmbH; William Schmitt, Geschäftsführer der Kommunalen Informationsverarbeitung Baden-Franken (KIVBF) sowie Rudolf Schleyer, Vorstand der AKDB. D ie Kommunale Informationsverarbeitung Baden-Franken mit Sitz in Karlsruhe ist wesentlich am Aufbau eines E-Government-Frameworks in Baden-Württemberg beteiligt. 2003 in der Rechtsform eines Zweckverbandes gegründet, liefert das Unternehmen in Baden-Württemberg IT-Dienstleistungen für über 550 Städte, Gemeinden und Landkreise mit 5,5 Mio. Einwohnern. Foto: KIVBF E-Government ist mittlerweile zum Motor für die Verwaltungsreform geworden. Im Sinne der Kundenorientierung zielt es auf eine verbesserte Qualität der Dienstleistungen für Bürger wie Unternehmen und gilt damit als Schlüsselfaktor für die Attraktivität eines Wirtschaftsstandortes. Nach innen zielt es auf die Steigerung der Effizienz und die Modernisierung der öffentlichen Verwaltung. Die Voraussetzung dafür, einen Spitzenplatz beim E-Government zu erreichen, ist die Integration der IT-Infrastruktur von Bund, Ländern und Kommunen. Aufgrund der Heterogenität der staatlich-kommunalen Systemlandschaft kann die Integration aber nur durch Kooperation erreicht werden. Bei der Einführung von elektronischen Bürgerdiensten in Baden-Württemberg arbeiten die kommunalen Rechenzentren und die Datenzentrale Baden-Württemberg eng mit der Landesverwaltung zusammen. Einer der Partner beim Aufbau des E-Government-Frameworks im Land ist die Kommunale Informationsverarbeitung Baden-Franken (KIVBF). 30 Beim Aufbau von Online-Dienstleistungen, angefangen beim staatlich-kommunalen Verwaltungsportal www.service-bw.de über Workflow-Komponenten (dvv.Feinstaubplakette), elektronische Bezahlsysteme, Signatur- und Verschlüsselungskomponenten bis zum Auskunftsservice unter www.dvv-meldeportal. de, wurden in Baden-Württemberg schrittweise die Voraussetzungen geschaffen, die staatlich-kommunalen Systeme zu integrieren. Ein integriertes Kundenmanagement-System zur optimalen Unterstützung der Geschäftsprozesse auf Basis einer kundenorientierten Datenhaltung befindet sich derzeit in der Phase der Konzeption. Partner bei Deutschland-Online Einen weiteren wichtigen Schritt auf dem Weg zur Integration stellt der Vertrag zur bundesweiten Vernetzung der Landesmeldeportale dar, der am 27. November 2007 von den vier Betreibern der Meldeportale in Baden-Württemberg, Bayern, NordrheinWestfalen und Hessen im Rahmen der Messe „Moderner Staat“ in Berlin auf dem Vitako-Gemeinschaftsstand unterzeichnet wurde. Der Vorteil: die beschleunigte automatisierte Bearbeitung von 3| 2008 \ VERWALTUNG DER ZUKUNFT zum Personalmanagement Melderegisteranfragen. Zeitraubende Mehrfachanfragen an Auskunftsdateien in verschiedenen Bundesländern werden damit bald überflüssig. Personalmanagement mit dem System dvv.Personal: von „Bewerberverwaltung“ bis „Veranstaltungsmanagement“. Grafik: KIVBF Mit der EU-Dienstleistungsrichtlinie herrscht erstmals gesetzlicher Druck, E-Government-Anwendungen einzuführen. Den EU-Mitgliedsländern bleibt für die Umsetzung der EU-Vorgaben Zeit bis zum 28. Dezember 2009. Die Datenzentrale Baden-Württemberg und KIVBF sind Partner des Deutschland-Online-Projektes zur Umsetzung der EU-Dienstleistungsrichtlinie. Das Ziel besteht darin, ein so genanntes One Stop Government-Portal auf der Basis des staatlich-kommunalen Verwaltungsportals www.service-bw.de zu errichten. In seiner Eigenschaft als WissensmanagementSystem der öffentlichen Verwaltung liefert das Portal auch die Grundlage für erforderliche Recherchen des in der Richtlinie geforderten Einheitlichen Ansprechpartners. Wir sehen gute Chancen, die Kommunikations- und Genehmigungsplattform des Service-Portals auch als Plattform für den Einheitlichen Ansprechpartner zu positionieren. Online zur Feinstaubplakette Nachdem die Feinstaub-Verordnung in Kraft getreten ist und in nahezu allen größeren Kommunen in Baden-Württemberg Umweltzonen eingerichtet wurden, können bei den Kfz-Zulassungsstellen Feinstaubplaketten beantragt werden. Um die Verfahren über das Internet effizient abzuwickeln, wurde die Lösung „dvv.Feinstaubplakette“ entwickelt. Der Bürger kann das Antragsformular im Internet aufrufen, ausfüllen und absenden. Die Anwendung prüft, ob eine Plakette erteilt werden kann und gibt sofort eine Rückmeldung. Über das E-Cash-Modul ist ein Bezahlsystem angeschlossen. Aus jedem positiven Bescheid wird ein Datensatz an das Bezahlsystem übergeben, und die Gebühren werden per Bankeinzug eingezogen. Der Online-Antrag ist Teil des Angebotes für elektronische Formulare, das unter dem Namen dvv.Formularserver zur Verfügung steht. E-Government in der Personalwirtschaft Mit dvv.Personal stellen wir ein leistungsfähiges Personalmanagement-System zur Verfügung, dessen Komponenten aufbauend auf die Basiskomponente für die Personalabrechnung 3| 2008 individuell zusammengesetzt werden können. Das Mitarbeiter- und Führungskräfteportal verbindet die Komponenten prozessübergreifend. Die Grundidee ist, dass die Mitarbeiter Verwaltungsvorgänge, die sie selbst betreffen, auch selbst erledigen. Neben einer deutlichen Beschleunigung der Prozesse sind damit auch nachhaltige Einsparungen von Ressourcen verbunden. Die Datenerfassung, zum Beispiel bei Urlaubsanträgen, Adressänderungen oder Dienstreiseanträgen, kann dezentral von den Mitarbeiten durchgeführt werden. Es schließt sich, soweit erforderlich, ein Genehmigungsprozess durch die Vorgesetzten an. Führungskräfte erhalten die Möglichkeit, über das Führungskräfteportal eigene Auswertungen mit aktuellen Daten zu erstellen. Zum 1. Januar 2008 wurde das Portal erstmals bei einem Pilotkunden, dem Landratsamt Rhein-Neckar-Kreis, Heidelberg, produktiv gesetzt. Dort nutzen es derzeit mehr als 1.300 Benutzer. Für die Zukunft gerüstet Die öffentliche Verwaltung hat sich in den letzten Jahren zu einem kommunalen Dienstleistungsbetrieb, einem Kompetenzzentrum, gewandelt. Vor diesem Hintergrund müssen Geschäftsprozesse umgestaltet werden. Durch Zusammenspiel von IT und Verwaltungsmodernisierung soll eine effiziente und nutzerorientierte Verwaltungsarchitektur geschaffen werden. Jede Umsetzungsstufe des E-GovernmentFrameworks wird konkrete Potenziale erschließen, wobei zu erwarten ist, dass der Kernnutzen sich in erster Linie aus der Optimierung der verwaltungsinternen und der zwischen den Verwaltungen ablaufenden Prozesse ergibt. Die KIVBF bietet ihren Kunden gemeinsam mit ihren Partnern bedarfsgerecht optimierte Lösungen an. Mit der vorhandenen Infrastruktur ist das Unternehmen für die Zukunft bestens gerüstet. Karl Klein, Jürgen Abelshauser 31 \ VERWALTUNG DER ZUKUNFT Ulm bietet die Gewerbeanzeige als OnlineDienstleistung an – als erste Stadt Baden-Württembergs. Wer ein Gewerbe an-, um- oder abmelden möchte, kann dies nun im Internet mittels eines dialoggestützten Assistenten tun. W er bei der Stadt Ulm ein Gewerbe anmelden, ummelden oder abmelden möchte, kann dies jetzt elektronisch tun. Ulm hat als erste Kommune in Baden-Württemberg die Gewerbeanzeige als Online-Dienstleistung eingeführt. Als Ansprechpartner vieler Existenzgründer ist die Ulmer Industrie- und Handelskammer (IHK) als Anwendungspartner mit im Boot. Die Stadt macht damit Tempo beim Ausbau der E-Bürgerdienste. Hintergrund ist die EU-Dienstleistungsrichtlinie, die unter anderem festlegt, dass bis Ende 2009 in allen Mitgliedstaaten „alle Verfahren und Formalitäten, die die Aufnahme oder die Ausübung einer Dienstleistungstätigkeit betreffen, elektronisch abgewickelt werden können“. „Mit dem E-Bürgerdienst Gewerbeanzeige haben wir einen wesentlichen Schritt getan“, betont Gunter Czisch, Erster Bürgermeister der Stadt Ulm. Der neue E-Bürgerdienst im Bereich der Gewerbemeldungen ist ein wichtiger Baustein beim Ausbau der E-Kommunikation mit der Verwaltung. Manfred Allgaier, Geschäftsführer des beteiligten Rechenzentrums Kommunale Informationsverarbeitung Reutlingen-Ulm (KIRU), ist zuversichtlich: „Mit dem neuen E-Bürgerdienst werden die Daten ohne Qualitätsverlust in das Fachverfahren dvv.Gewerberegister übertragen. Durch diese Integration entstehen wesentliche Vorteile für die Stadt, die IHK und selbstverständlich auch für die Bürger.“ Ralf Börsig, stellvertretender IHK-Hauptgeschäftsführer in Ulm, erwartet, dass durch den neuen Service Existenzgründungen zukünftig schneller und einfacher erfolgen können. „Eine schnelle und unkomplizierte Abwicklung von Behördenkontakten ist für Unternehmen, vor allem für Existenzgründer, von zentraler Bedeutung.“ Deshalb können ab sofort Gewerbeanmeldungen für den Bereich der Stadt Ulm auch in der IHK vorgenommen werden. „Das IHK32 Fotos: KIRU Stadt Ulm macht Tempo bei E-Bürgerdiensten Manfred Allgaier (links), Geschäftsführer der Kommunalen Informationsverarbeitung Reutlingen-Ulm (KIRU) und Gunter Czisch (rechts), Erster Bürgermeister der Stadt Ulm. Startercenter wird damit dem Anspruch gerecht, Existenzgründern alles aus einer Hand anzubieten und Existenzgründungen so einfach wie möglich zu machen“, so Börsig. „Willkommen beim E-Bürgerdienst“ Gewerbeanzeigen lösen komplexe Verwaltungsvorgänge aus. Für die Anzeige benötigt man einen Formularsatz, der neben dem Original landesabhängig aus bis zu dreizehn Durchschriften besteht. Das Original und eine Durchschrift verbleiben bei der entgegennehmenden Kommune, während die anderen Exemplare an weitere externe Stellen gehen. Czisch ist deshalb vom Erfolg des neuen Online-Dienstes überzeugt: „Unsere Bürger sind es mittlerweile gewohnt, im Internet Dinge des täglichen Lebens zu erledigen. Der neue elektronische Bürgerdienst erspart den oft mühsamen Gang durch die Behörden und ist mit dem Erfassungsassistenten sehr viel bürgerfreundlicher und einfacher zu bedienen, als das Formular in Papierform auszufüllen.“ Die elektronische Abwicklung des Vorgangs bringt Vereinfachung und Zeitersparnis auf vielen Ebenen: „Willkommen beim E-Bürgerdienst Gewerberegisteranzeige. Sie möchten Ihren Antrag elektronisch einreichen und in Zukunft mit uns elektronisch kommunizieren?“ Um den neuen OnlineDienst nutzen zu können, muss man sich zunächst im Internet registrieren lassen und erhält dann per Mail einen persönlichen Zugangscode. Ein dialoggestützter Assistent führt durch den Anzeigenvorgang. Am Ende steht die elektronische Übermittlung der Daten an das Sachgebiet für Gewerbeund Gaststättenrecht bei der Stadt Ulm, wo diese ohne Medienbruch bis zu einer Anzeigenbestätigung weiterverarbeitet werden können. Allerdings: Bis zur Einbindung einer digitalen Signatur ist es rechtlich noch erforderlich, dass das Anzeigenformular zusätzlich ausgedruckt, unterschrieben und ans Gewerbeamt geschickt wird. Erst dann ist die Gewerbeanzeige auch verbindlich. „Gerade im Bereich Gewerberecht wird unter den Behörden noch sehr viel Papier ausgetauscht. Zunächst wurde der vorgeschriebene Mitteilungsdienst an die IHKs auf elektronische Medien umgestellt, das heißt, die elektronische Kommunikation wird ermöglicht. Das sorgt bei allen Beteiligten für zusätzliche Synergien. Es wäre wünschenswert,“ betont Allgaier, „wenn andere IHKs und eventuell auch die Handwerkskammern diesem Beispiel folgen würden. Denn immerhin nutzen bereits circa 550 Kommunen in Baden-Württemberg und weitere 100 in Sachsen das Fachverfahren. Die technischen Möglichkeiten sind auf jeden Fall gegeben, und das nicht nur in Baden-Württemberg.“ Thomas Wagner 3| 2008 \ VERWALTUNG DER ZUKUNFT Die ITK Rheinland arbeitet im Competence-Center Wohnungswirtschaft künftig mit dem System „Kommunal 2000 Wohnung“. Nach gründlicher Vorbereitung der Ausschreibung hat die Software der Firma KSU-Soft den Zuschlag erhalten. Erster Partner ist das KRZ Minden-Ravensberg/Lippe. Seit Anfang Juni arbeiten 2008 die fünfzehn Verwaltungen der Datenzentrale erfolgreich mit der neuen Anwendung. B ei der IT-Kooperation Rheinland (ITK Rheinland) schaut so mancher auf zwanzig Jahre lange Erfahrung als Leitrechenzentrum der AKD (Arbeitsgemeinschaft Kommunale Datenverarbeitung) auf dem Gebiet der Wohnungswirtschaft zurück. Grund genug, sich für das Competence-Center Wohnungswirtschaft (CC-WW) zu qualifizieren und die Dienstleistungen weiterhin im Sinne der arbeitsteiligen Zusammenarbeit auch für andere Datenzentralen anzubieten. Seit Anfang 2007 laufen nun die Fäden rund um das Wohnungswesen bei der ITK Rheinland als Competence-Center zusammen. Mit der Betriebsaufnahme des CC-WW begann die Grundlagensammlung für die Auswahl eines neuen umfassenden Verfahrens. Es soll die derzeitigen Programme auf dem Großrechner ablösen. Eine wichtige Rolle kam den zahlreichen Anwendern aus Nordrhein-Westfalen zu. Sie lieferten Erfahrungen, Kenntnisse und Wünsche. Diese wurden unter der Federführung der ITK Rheinland zu einem Katalog zusam3| 2008 mengefasst und bildeten die Basis für die Ausschreibung. Den Zuschlag erhielt „Kommunal 2000 Wohnung“. Erster Partner ist das Kommunale Rechenzentrum Minden-Ravensberg/Lippe. Seit Anfang Juni arbeiten die fünfzehn Verwaltungen der Datenzentrale erfolgreich mit der neuen Anwendung. Düsseldorf wird zum 1. 1. 2009 hinzukommen. Schnell und effizient wickelt das Programm alle Verwaltungsvorgänge der Wohnungswirtschaft in folgenden Bereichen ab: Wohnungsbauförderung Wohnberechtigung Gebäude- und Wohnungsverwaltung Wohnungsaufsicht Bestands- und Besetzungskontrolle Wohnungsvermittlung. Mit modernen Methoden der Vorgangsbearbeitung wird die Sachbearbeitung bei der täglich anfallenden Routinearbeit entlastet: Zum Beispiel erleichtern Wiedervorlage und Terminüberwachung die Bearbeitung der Vorgänge. Durch strukturierte Darstellungen können alle Vorgänge über- Damit die Verwaltung des Wohnung Rheinland arbeitet in diesem Bereich m wendungen in der Wohnungswirtscha sichtlich kontrolliert werden. Von der Bewilligung von Fördermitteln bis zur Belegung von Objekten und der Kontrolle ihrer zweckgerechten Verwendung – selbst äußerst komplexe Abläufe bleiben gut überschaubar. Alle Dokumente werden mit einem systemeigenen Berichtsgenerator oder über Microsoft Word erstellt und in einem DokumentenManagement-System strukturiert verwaltet. Die individuellen Textbausteine erleichtern und beschleunigen die Arbeit zusätzlich. Interaktive Anträge für mehr Bürgerkomfort Die ITK Rheinland ist sicher, mit „Kommunal 2000 Wohnung“ gut für die Zukunft gerüstet zu sein, denn die Systemstruktur ist offen und lässt eine komplette Parametrierung zu – individuell nach den Bedürfnissen des Anwenders. Die in elektronischen Akten gebündelten Dokumente können an ein zentrales Archivsystem übergeben werden. Zusammen mit den modular aufeinander abgestimmten Programmteilen verfügt das Verfahren über einen durchgängig integrierten Workflow. Das optimiert Arbeitsabläufe und vermeidet die Redundanz von Daten bei allen beteiligten Stellen. Die Informationen können in mobilen Erfassungsgeräten (PDA) gespeichert, per Foto dokumentiert und im Büro ins Programm eingespielt werden. Auch der Nutzen für die Bürger ist groß: Anträge und Auskünfte können über das Internet Foto: Günter Fuchs Wohnungswesen leicht gemacht gestellt und eingeholt werden. So gibt es interaktive Bauförderungsanträge und Wohnberechtigungsscheine, bei denen die Bürger die Möglichkeit haben, selbst zu prüfen, ob sie dazu berechtigt sind. Bilder helfen Wohnungssuchenden, geeignete Objekte zu finden. Das System berücksichtigt gesetzliche Weiterentwicklungen: Die stets aktuelle Dokumentation und Anwendung der allgemeinen und fachspezifischen Gesetzgebung auf Bundes- und Landesebene ist wichtig. Sollten sich hier Bestimmungen ändern, werden diese von dem System eingearbeitet. Der Datenschutz ist ebenfalls ein elementarer Teil des Verfahrens. Rudolf Dreßel, Günter Fuchs 33 \ VERWALTUNG DER ZUKUNFT 125 Kilometer Kabel für eine Sanierung des Kreishauses Unna – mit Die Richtfunkanlage wird auf dem Dach des Kreishauses montiert. Fotos: Kreis Unna Fotos: Kreis Unna Auch in Serverräumen wird saniert, hier zum Beispiel der Trakt, in der die Stromversorgung untergebracht wird. Wie saniert man ein Kreishaus und hält dabei die IT auch auf der Baustelle am Laufen? Der Kreis Unna hat es vorgemacht: Das Kreishaus wurde ab 2005 renoviert. Eine Herausforderung auch für die Zentrale Datenverarbeitung der Kreisverwaltung, die für Betrieb und Modernisierung der IT zuständig ist. Ein Erfahrungsbericht. D er äußere Eindruck täuschte schon länger: Das um 1962/63 erbaute Kreishaus Unna hielt um den Jahrtausendwechsel weder den Anforderungen an den Brandschutz stand, noch erfüllte es die heutigen Standards für Haustechnik und Funktionalität. Die Notwendigkeit, das Kreishaus ebenso konsequent wie kostengünstig zu sanieren, führte 2004 zu den ersten Überlegungen über ein PPP-Modell. Die Entscheidung für Public Private Partnership (PPP) war ein für den Kreis neuer und damit ebenso ungewohnter wie mutiger Schritt. Das „Ja“ zu PPP bedeutete die Konzentration auf Kernaufgaben und das Delegieren von „nicht klassischen“ Behörden-Aufgaben an qualifizierte private Dienstleister. Den Zuschlag für die Partnerschaft erhielt die Unternehmensgruppe Bilfinger Berger. 34 Anfang 2005 war es dann so weit: Die Sanierung (Investitionsvolumen: 24 Mio. Euro) mit den notwendigen Um- und Ausbauarbeiten am Kreishaus begann. Dafür war unter anderem der Umzug von rund 400 Mitarbeitern der Kreisverwaltung mitsamt Schreibtischen, PC, Telefon und Fax und zigtausenden von Aktenordern in angemietete Ausweichquartiere zu bewältigen. Das Vorhaben wurde von der Planung bis zum Abschluss der Sanierungsarbeiten von verschiedenen Arbeitsgruppen begleitet. Eine wichtige Funktion hatte die Zentrale Datenverarbeitung der Kreisverwaltung, denn die Anforderungen an eine moderne Netzwerkinfrastruktur für die IT- und Kommunikationstechnik sollten berücksichtigt werden. Die Zentrale Datenverarbeitung ist der IT-Dienstleister für die Kreisverwaltung. Ohne Netz und doppelten Boden Normalerweise unterliegen wichtige IT-Projekte einer hinreichenden Test- und Erprobungsphase. Das Szenario einer Kreishaussanierung erlaubt eine solche Vorgehensweise praktisch nicht. Insofern hatte die IT eine Reihe anspruchsvoller Aufgaben ohne Netz und doppelten Boden zu bewältigen. Erschwerend kam hinzu, dass die IT selbst Gegenstand der Sanierung war, denn der Betrieb des Rechenzentrums war während der ganzen Sanierungsphase innerhalb der „Baustelle Kreishaus“ aufrecht zu erhalten. Eine Verlagerung der Server mit deren LAN- und WAN-Infrastruktur war nicht möglich. Die IT-Mitarbeiter waren während der Sanierung an drei verschiedenen Ausweichstandorten untergebracht. 3| 2008 \ VERWALTUNG DER ZUKUNFT moderne Verwaltung PPP in Richtung Zukunft Geschafft – das Kreishaus Unna nach der Sanierung. Ausgezeichnetes PPP-Modell Das PPP-Projekt des Kreises Unna wurde im Juni 2008 im Rahmen des NRW.Bank.Ideenwettbewerbs 2008 durch den NRW-Innenminister Dr. Ingo Wolf ausgezeichnet. Schon im Mai 2007 gab es einen Preis: Beim 10. Deutschen Verwaltungskongress „Effizienter Staat“ wurde der Kreis in Berlin mit dem Innovationspreis Public Private Partnership (PPP) 2007 ausgezeichnet. Der Preis wird von der BehördenSpiegel-Gruppe in Kooperation mit dem Bundesverband Public Private Partnership (BPPP) verliehen. Da eine Auslagerung des Kreishauses an einen einzigen Standort nicht möglich war, mussten verschiedene Ausweichquartiere angemietet werden. Für das Straßenverkehrsamt, den publikumsträchtigsten Fachbereich der Kreisverwaltung, wurde neben dem Kreishaus eine Containeranlage errichtet. Der größte Ausweichstandort, gewissermaßen das Interimskreishaus, war das „Commercial Center Airport“ in Holzwickede, unweit des Dortmunder Flughafens. Hinzu kamen kleinere Ausweichquartiere in Unna. Die Aufgabe für die IT war hierbei die Interimsvernetzung der Ausweichstandorte für Daten, Telefon und Fax sowie deren Anbindung durch Breitbandvernetzung. Statt kostspieliger Standleitungen wurden an mehreren Stellen leistungsfähige Richtfunkanlagen eingesetzt, die nach Abschluss der Sanierung noch anderweitig eingesetzt wurden. In diesem Zuge wurde auch die zentrale TK-Anlage ausgebaut, so dass über die neuen Verbindungen im Wege einer Bandbreitenteilung auch das Telefonieren via Voice over IP möglich war. Den Auszug im Januar 2005 und späteren Rückzug im August 2006 in das Kreishaus galt es ohne Unterbrechung des Dienstbetriebes zu umzusetzen. Hierzu wurden die Wochenenden mit Tag- und Nachtschichten eingeplant, denn Computer, Drucker, Telefon und Faxgeräte mussten in kürzester Zeit demontiert, installiert und vernetzt werden. Hierzu wurden alle verfügbaren IT-Mitarbeiter, losgelöst vom Berufsbild, eingesetzt. Im Ergebnis hat alles gut geklappt, lediglich das Straßenverkehrsamt musste für einen halben Tag geschlossen werden. Mit Belustigung habe ich zur Kenntnis genommen, dass verschiedene IT-Mitarbeiter 3| 2008 von Bauarbeitern gefragt wurden, bei welcher Firma sie denn arbeiten würden. Sie waren in der Tat in ihrem Arbeitsverhalten nicht von dem der privaten Beteiligten zu unterscheiden. Einsatz in Eisregen und Schneefall Während der Bauphase war es schwierig, den Serverbetrieb unterbrechungsfrei vorzuhalten. Schließlich wurden der Trakt der Allgemeinen Datenverarbeitung (ADV) mit Stromversorgung und Klimatisierung ebenfalls saniert. Die Mitarbeiter kümmerten sich in dieser Zeit von den Ausweichquartieren aus im Pendelverkehr und Schichtdienst um das Operating. Wo gehobelt wird, fallen auch Späne. Natürlich ist es bei den Bauarbeiten auch zu Strom- oder Netzwerkausfällen gekommen. Dabei waren gelegentlich auch Einsätze bei Eisregen und Schneefall an der Richtfunkanlage auf dem Kreishausdach erforderlich. Eine weitere Baustelle war der Aufbau einer neuen LAN-Infrastruktur im Kreishaus. Heute finden sich in allen Etagen gesicherte Technikräume die über ein Glasfaser-Backbone miteinander vernetzt sind. Von diesen Räumen aus sind die umliegenden Büros über Kat-6-Kabel angebunden. Im neuen Kreishaus wurden allein 125 Kilometer Kabel verlegt und rund 1.600 Datenanschlüsse installiert. Das PPP-Modell hat kritische Hürden gut genommen. Es legte eine große Dynamik an den Tag mit dem Ergebnis, dass der ebenso anspruchsvolle wie enge Zeitplan für die Baumaßnahme gehalten werden konnte. Rainer Stratmann 35 \ VERWALTUNG DER ZUKUNFT Weniger Umzugsstress in Bayreuth D as Procedere bei einem Umzug ist bislang ziemlich umständlich. Der Bürger muss sich im Meldeamt anmelden, Formulare ausfüllen und dabei teilweise erhebliche Wartezeiten in Kauf nehmen. Dieser Prozess wird in der Stadtverwaltung Bayreuth nun deutlich verkürzt. Das städtische Meldeamt installierte die neueste Version des Einwohnerfachverfahrens OK.EWO von der AKDB (Anstalt für Kommunale Datenverarbeitung in Bayern) und schaltete damit den vorausgefüllten Meldeschein (VAMS) im Produktivsystem frei. Seit 2007 speichert Bayreuth wie alle anderen bayerischen Gemeinden gemäß der Meldedatenverordnung (MeldDV) seine Meldedaten zentral bei der AKDB. Das bietet den Vorteil, dass der Sachbearbeiter in der Meldebehörde bei einem Zuzug eines Bürgers via OK.EWO auf die im zentralen Einwohnerteildatenbestand der AKDB gespeicherten Meldedaten der Wegzugskommune zugreift und die dort vorhandenen Meldedaten in den 36 Anmeldevorgang übernimmt. Bislang musste der Bürger bei seinem Besuch in der Behörde das Meldeformular ausfüllen oder dem Sachbearbeiter bezüglich der Daten Rede und Antwort stehen. Beim Umzug größerer Familienverbände konnte das viel Zeit in Anspruch nehmen. Jetzt können die Daten vom bisherigen Hauptwohnsitz in Bayern direkt übernommen werden Der Bürger bestätigt die Richtigkeit der Angaben per Unterschrift. Fertig! Der vorausgefüllte Meldeschein trägt damit zu einer effizienteren Verwaltung bei, da er auch bei den Sachbearbeitern für Zeitersparnis sorgt und die Gefahr von Tippfehlern oder Zahlendrehern reduziert. Die Daten stammen direkt aus dem zentralen bayerischen Einwohnerteildatenbestand. Als Universitätsstadt kann Bayreuth besonders von vereinfachten Prozessen in der Verwaltung profitieren. Regelmäßig zu Semesterbeginn gibt es hunderte Anmeldungen. Die Stadt, mit ihrem Oberbürgermeister Dr. Michael Hohl an Grafik: AKDB Umziehen ist in Bayreuth jetzt einfacher, zumindest das An- und Ummelden: Das Meldeamt installierte die neueste Version des Einwohnerfachverfahrens OK.EWO. Ein Modul hierbei: der vorausgefüllte Meldeschein (VAMS). Partner der Stadt ist die Anstalt für Kommunale Datenverarbeitung in Bayern (AKDB). Vorausgefüllter Meldeschein – die wichtigsten Funktionalitäten: Erfassung der Initialdaten (Name, Vorname, Geburtsdatum, frühere Wohnung) einer Person für den Zuzug Anfrage im EWO-Datenbestand des bisherigen Wohnsitzes über die technische Standardsoftware OK.KOMM Entgegennahme der bereitgestellten EWO-Daten von OK.KOMM innerhalb weniger Sekunden Prüfung auf Plausibilität, Vollständigkeit und Doppelfälle Möglichkeit der Korrektur und Ergänzung der Daten durch den Sachbearbeiter Abschluss des Zuzugs und Speicherung der Daten aus dem vorausgefüllten Meldeschein im Melderegister Welche Vorteile bietet der VAMS? Bei dem vorausgefüllten Meldeschein handelt es sich um ein Verfahren, dass dem Bürger das zeitlich aufwendige Ausfüllen des Anmeldeformulars erspart. Für den Sachbearbeiter in der Zuzugsmeldebehörde fällt die Erfassung der Meldedaten des Neubürgers weg, da auf die zentral gespeicherten Daten bei der AKDB zugriffen wird. Dadurch werden Eingabefehler und notwendige Korrekturen vermieden. Eventuelle Unstimmigkeiten zwischen den bei der „Wegzugsmeldebehörde“ gespeicherten Meldedaten und den Angaben des Bürgers lassen sich sofort in Anwesenheit des Bürgers klären und bereinigen, anstatt wie bisher im Rückmeldeprozess erst nach einigen Tagen. der Spitze, ist mit der Anlaufphase des Echtbetriebs des VAMS sehr zufrieden. „Unsere ersten Eindrücke sind sehr gut“, so der Leiter des Einwohner- und Wahlamts der Stadt Bayreuth, Horst Mader. „Es gibt verschiedene Rückmeldungen, sowohl von den Bürgern als auch von unseren Sachbearbeitern. Die Resonanz ist eindeutig positiv.“ Günter Popp 3| 2008 \ VERWALTUNG DER ZUKUNFT Fünf Mrd. Befehle pro Sekunde und eine Speicherkapazität von 33 Terabyte, was rund 18 Mrd. DIN-A4-Seiten Text entspricht: Der Gelsenkirchener IT-Dienstleister gkd-el hat einen neuen Konzern-Server in Betrieb genommen – ein Beitrag für eine leistungsfähige Infrastruktur, die auch wirtschaftlich ihre Vorteile hat. I n der Enterprise-Server-Infrastruktur, die von der Gelsenkirchener Kommunale Datenzentrale – Emscher-Lippe (gkd-el) für den Konzern Stadt Gelsenkirchen und andere Kunden bereitgestellt wird, ist das Gelsenkirchener IT-Systemhaus seit dem 26. Mai 2008 im öffentlichen Sektor führend. Gemeinsam mit Oberbürgermeister Frank Baranowski und den IBM-Direktoren Andreas Kießling und Jörg Prings startete Betriebsleiter Willi Lohmann an diesem Tag den Produktivbetrieb der weltweit ersten Auslieferung des brandneuen IBM Enterprise Servers „System z10 EC“ im Bereich der öffentlichen Verwaltung. Dieses System wurde unmittelbar vor der CeBIT Anfang März erstmals der Öffentlichkeit vorgestellt und ist der leistungsstärkste Rechner, der zur Zeit für die Aufgaben einer kommunalen Informationstechnik eingesetzt werden kann. Das Gelsenkirchener System stellt selbst in der kleinsten Ausbaustufe noch rund 500 MIPS zur Verfügung (MIPS =„Microprocessor without interlocked pipeline stages“, Prozessorarchitektur). Die Quadcore-Linux-Prozessoren arbeiten mit einer Taktrate von 4,4 Gigahertz. In der bei der 3| 2008 Foto: gkd-el Fünf Milliarden Befehle pro Sekunde Startschuss für eine neue Zeitrechnung in Gelsenkirchen: Die IBM-Direktoren Jörg Prings und Andreas Kießling, Gelsenkirchens Oberbürgermeister Frank Baranowski und gkd-el Betriebsleiter Willi Lohmann (v. l. n. r.) nehmen einen neuen Hochleistungs-Server in Betrieb. gkd-el eingesetzten Ausbaustufe verfügt die z10 EC derzeit über acht Prozessoren für dedizierte Aufgaben sowie 64 GB Hauptspeicher. Das System ist flexibel erweiterbar bis zu einer Endausbaustufe von 208 Prozessoren, 1.580 GB Hauptspeicher und einer Rechnerleistung von ca. 27.000 MIPS. Die Prozessoren der Maschine führen rund fünf Mrd. Befehle pro Sekunde aus, die Speicherkapazität beträgt 33 Terabyte (dies entspricht ca. 18 Mrd. DIN-A4-Seiten Text). die laufenden Kosten im Betriebsbereich „Großrechner“ um gut dreißig Prozent verringern. Damit werden bislang gebundene und dringend benötigte Mittel für andere dringend erforderliche Investitionen frei“ erklärt Lohmann, und denkt hierbei auch an die strategischen Herausforderungen der kommenden Jahre wie E-Government oder die umfassende Einführung des Archiv- und Dokumentenmanagements. Für beide Aufgaben ist gkd-el mit dem neuen System gut gerüstet. Der Server der gkd-el bedient derzeit rund 6.000 Anwender in der Stadtverwaltung sowie einigen weiteren öffentlichen Kunden. Auf ihm werden die Daten zu allen Fachverfahren, die bei der Stadt Gelsenkirchen im Einsatz sind, gespeichert und verarbeitet – vom Neuen Kommunalen Finanzmanagement über die Personalabrechnung, die Steuer- und Abgabenberechnung bis hin zur Aufbereitung der „Knöllchen“ der Bußgeldstelle. Die gkd-el setzt bereits seit 2002 konsequent auf die Konsolidierung und Virtualisierung ihrer Server-Infrastruktur. Sukzessive wurden dezentrale Standortort-Server durch zentrale, virtuelle Server abgelöst. Inzwischen betreibt der IT-Dienstleister keine dezentralen Systeme mehr in den Standorten; sämtliche Server sind auf zwei virtuelle Center konzentriert: das z-System für die Linux-Server sowie ein IBM-Bladecenter für Windows-Server, die noch für die Bürokommunikation, Office-Anwendungen sowie einige kommunale Fachverfahren benötigt werden. Neben den SAP-Systemlinien werden auf der z10 auch bereits weitere virtuelle Server für dedizierte Anwendungen angeboten, zum Beispiel für den Bereich Geo-Informationsverarbeitung oder für die Printsteuerung der HochleistungsLaserdruckstraßen der gkd-el. Dr. Peter Hauptmanns Dreißig Prozent weniger Betriebskosten Die IBM z10 EC wird als nahezu lupenreine Linux-Maschine gefahren – nur die SAP-Datenbank DB/2 läuft noch in einer zOS-Partition – mit den entsprechenden erheblichen wirtschaftlichen Vorteilen im Bereich der Wartung der Software und der Lizenzkosten. „Mit dem Einsatz der z10 und weiteren damit verbundenen Maßnahmen zur Rationalisierung konnten wir 37 \ VERMISCHTES Termine In eigener Sache Veranstaltungen und Kongresse Vitako auf der Messe Moderner Staat 25./26. 9. 2008 10. Beschaffungskonferenz Berlin beschaffungskonferenz.de 9./10. 10. 2008 4. RISER-Konferenz zu E-Services im Europäischen Meldewesen Berlin riserid.eu/de 9./10. 10. 2008 Deutschland-Online-Kongress Berlin deutschland-online.de 13./14. 10. 2008 Kongress des Deutschland-OnlineVorhabens Dienstleistungsrichtlinie Bonn deutschland-online.de 20.-22. 10. 2008 5. Qualitätskonferenz der öffentlichen Verwaltungen in der EU Paris 5qualiconference.eu 28. 10. 2008 krz-Forum Lemgo krz.de 4./5. 11. 2008 Moderner Staat Berlin moderner-staat.com 13. 11. 2008 Info-Tag „Deutschland-Infrastruktur“ (gemeinsam mit der KGSt) Kassel vitako.de; kgst.de Sudoku Lösen Sie das japanische Zahlenrätsel: Füllen Sie die Felder so aus, dass jede waagerechte Zeile, jede senkrechte Spalte und jedes 3-x-3-Quadrat die Zahlen 1 bis 9 nur je einmal enthält. Es gibt nur eine Lösung! 8 4 6 8 2 7 5 4 9 3 2 9 3 2 8 1 8 3 5 1 Besuchen Sie uns! Sie finden den Vitako-Gemeinschaftsstand in Halle 2, Stand 265. Wir freuen uns auf Ihren Besuch. www.vitako.de; www.moderner-staat.com Minden-Ravensberg/Lippe Kommunales Rechenzentrum Niederrhein Lecos GmbH regio iT aachen Zweckverband Kommunale Datenverarbeitung Oldenburg 5 9 1 4 38 3 Auch in diesem Jahr präsentiert sich Vitako wieder auf dem „Modernen Staat“, der Leitmesse für den Public Sector. Vitako ist wie auch im Vorjahr Kooperationspartner der Messe, die vom Bundesministerium des Innern, der Kommunalen Gemeinschaftsstelle für Verwaltungsmanagement (KGSt) und der Deutschen Hochschule für Verwaltungswissenschaften Speyer veranstaltet wird. Partnerland ist Hessen. Schwerpunktthemen des 12. Modernen Staates, der am 4. und 5. November auf der Messe Berlin stattfinden wird, werden sein: E-Government, Prozess- und IT-Management, Strategie und Organisation sowie Finanzmanagement. Erwartet werden über 200 Aussteller, 150 Referenten für die rund 100 Veranstaltungen im Messeprogramm sowie rund 3.500 Entscheider aus Bund-, LänderTeilnehmende Mitglieder und Kommunalverwaltungen. Anstalt für Kommunale Unter dem Motto „Vitako Datenverarbeitung in Bayern – Kommunal. Kompetent. Dataport Konstruktiv“ sind auf dem Citkomm Services Gemeinschaftsstand von ekom21 Vitako fünfzehn Mitglieder der GKD Recklinghausen Bundes-Arbeitsgemeinschaft Hannoversche Informationstechnologien vertreten. Auch am FachproInfokom Gütersloh gramm beteiligt sich Vitako, ITEBO GmbH und zwar in zwei Fachforen zu Kommunale Datenverarbeiden Themen „Energieeffiziente tungszentrale SüdniederRechenzentren“ sowie „Stansachsen (KDS) KOSYNUS (Braunschweig) dardisierung in der öffentlichen Kommunales Rechenzentrum Verwaltung“. ... die nächste 7 wird im Dezember erscheinen. Schwerpunktthema wird „Qualitätssicherung“ sein. Sie möchten Vitako aktuell regelmäßig lesen? Dann schicken Sie doch bitte eine E-Mail an: [email protected] 3| 2008 antwortet ... ... Alf Henryk Wulf Für jede Ausgabe der Vitako aktuell bitten wir eine bekannte Persönlichkeit, unseren Fragebogen auszufüllen. Damit die Fragen nicht nur einseitig gestellt werden, darf eine Frage auch an uns gerichtet werden. Hier finden Sie die Antwort auf Alf Henryk Wulf, Vorstandsvorsitzender der Alcatel-Lucent Deutschland AG, der uns in der Juni-Ausgabe fragte: „Wie werden Sie sich als Verband unter der Komplexität des föderalen Systems in Deutschland weiterentwickeln?“ Sehr geehrter Herr Wulf, kennen Sie jemanden, der in die Zukunft schauen kann? Aber wir wagen schon jetzt eine Prognose: Vitako, die BundesArbeitsgemeinschaft der Kommunalen IT-Dienstleister, wird sich und andere noch mehr vernetzen. Kraft der Möglichkeiten der IT wird Vitako durch seine Mitglieder natürlich auch die Verwaltung stärker als bisher vernetzen. Und das nicht nur auf der Ebene der „Kommunalen“, sondern auch mit anderen föderalen Playern wie Ländern oder dem Bund – je nachdem, um welches Projekt es dabei geht und welche „föderalen Schnittmengen“ dabei entstehen. Das ist aber in aller Konsequenz nur dann möglich, wenn ein paar der Rahmenbedingungen, unter denen die kommunale Netzwerker wie Vitako derzeit agieren, an die Möglichkeiten der IT angepasst werden. Die zweite Runde der Föderalismusreform könnte sich dazu eignen. Wir hoffen, dass mit ihr einige der Hürden, die sich heute bei der Optimierung der öffentlichen Verwaltung rechtlich stellen, beseitigt werden. Der Föderalismus, und damit auch die von Ihnen angesprochene „Komplexität“, hat historische Gründe. Die Grundprinzipien sollen nicht in Frage gestellt werden. Aber als die Verfassungsväter im Nachkriegsdeutschland das Grundgesetz für die Bundesrepublik ausarbeiteten, kannten sie noch keine IT. Sie legten damals die Grundsätze der Zusammenarbeit der drei föderalen Ebenen fest, die aus den Erfahrungen des Nationalsozialismus resultierten. Sechzig Jahre nach der Geburt des Grundgesetzes hat sich die Welt jedoch verändert – nicht nur politisch, sondern auch technisch. Heute wissen wir, dass die IT neue Formen der Zusammenarbeit der föderalen Ebenen ermöglicht – horizontal, aber auch vertikal. Informationstechnologie vernetzt. Ohne Vernetzung sind Projekte wie die EU-Dienstleistungsrichtlinie oder die Behördenrufnummer D115 nicht umzusetzen. Noch aber stoßen neue Formen der Zusammenarbeit von Verwaltungen auf rechtliche Grenzen – Grenzen, die auch öffentliche IT-Dienstleister und natürlich auch ein Netzwerk wie Vitako zu spüren bekommen. Die vertikale Kooperation zum Beispiel braucht aus Sicht der IT eine sichere rechtliche Grundlage. Komplex wird der Föderalismus dann zwar vermutlich immer noch sein. Aber Netzwerkern und IT-Spezialisten wie Vitako würde es erleichtert, die Verwaltung so optimal wie möglich bei der Wahrnehmung ihrer Aufgaben zu unterstützen. 3| 2008 Die EU-Dienstleistungsrichtlinie – Verwaltungsdienstleistungen aus einer Hand Im Zuge der neuen EU-Dienstleistungsrichtlinie sollen bürokratische und zwischenstaatliche Hindernisse beseitigt werden. Als Mitglied und treibende Kraft des Projekts „Deutschland Online EU-DLR“ hat Microsoft® das Konzept des modernen Verwaltungsarbeitsplatzes entwickelt. Der mit Partnern neu entwickelte moderne Verwaltungsarbeitsplatz des einheitlichen Ansprechpartners oder Behördenmitarbeiters wird Ihnen aufzeigen, wie die neuen Aufgabenstellungen der EU-Dienstleistungsrichtlinie in bekannter Umgebung bewältigt werden können. Bei Interesse schreiben Sie uns bitte eine E-Mail an [email protected] © 2008 Microsoft Corporation. Alle Rechte vorbehalten.