Kraniche – Vögel des Glücks

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Kraniche – Vögel des Glücks
Kraniche –
Vögel des Glücks
Das Projekt
Es lebe der Kranich
4
Artenvielfalt
Kraniche in der ganzen Welt
14
Umweltbildung
Das Kranichrangerprojekt
22
Das Wappentier der Lufthansa
Ein Symbol für die Zukunft
unterstützt
unterstütztvon
von
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Inhalt
Das Projekt
Es lebe der Kranich
4
Artenvielfalt
Kraniche in der ganzen Welt
14
Kooperation
Der Kranich kennt keine Grenzen
18
Umweltbildung
Die Kranichschützer der Zukunft
20
Umweltbildung
Das Kranichrangerprojekt
22
Das Wappentier der Lufthansa
Ein Symbol für die Zukunft
23
Mythen und Legenden
Die göttlichen Boten des Himmels
24
Tradition in Asien
Kraniche aus Papier
26
Weitere Themen
Internationale Beringung
11
Die Brutreviere in Deutschland
12
Steckbrief16
Fünfzehn Kranicharten
17
Kraniche auf Nahrungssuche
21
Origami-Kranich27
Zahlen und Fakten
28
2
Kraniche – Vögel des Glücks
Liebe Kranichfreunde,
Kraniche gehören weltweit zu den faszinierendsten Vögeln. Wegen ihrer elegan­
­ten und geheimnisvollen Tänze, ihrer weithin hörbaren trompetenartigen Rufe,
ihrer meist lebenslangen Partnerschaft, ihrer Schönheit und Größe hat der
Mensch eine besondere Beziehung zu diesen einzigartigen Vögeln entwickelt,
die sich in der Mythologie, in Gedichten, Sagen und Geschichten in vielen Kultu­
­ren auf der Welt widerspiegelt. Kraniche sind der Inbegriff für Glück, Freiheit
und unberührte Wildnis.
Dr. Günter Nowald
Leiter des Kranich-Informationszentrums
und Geschäftsführer der Kranichschutz
Deutschland gGmbH
Nicht einmal die majestätischen Adler verkörpern die Sehnsucht des Menschen
vom Traum des Fliegens so grandios wie die in großen Formationen ziehenden
Kraniche. So sind sie es auch, die nach einem langen, kalten Winter die wärmen­­de
Sonne Südspaniens mit in den hohen Norden bringen und die lang ersehnte
mildere Jahreszeit einläuten.
Kraniche gelten auch als Botschafter für den Frieden und für einen erfolgreichen
Naturschutz. So stehen die Glücksvögel heute dank eines positiven Bestands­
trends in Deutschland auch nicht mehr auf der Roten Liste der bedrohten Tierarten. Aufgrund einer sich ständig und immer schneller ändernden Umwelt
müssen die Schutzbemühungen aber weitergehen. Von besonderer Bedeutung
sind hier vor allem der Schutz der Feuchtgebiete, da diese für Kraniche während
der Fortpflanzungsperiode, während des Zuges, der Rast und Überwinterung
obligatorisch sind, sowie eine entsprechende Umweltbildung.
Dem Kranich eine sichere Brutheimat sowie störungsfreie Sammel- und Rastplätze in Deutschland zu erhalten und zum internationalen Kranichschutz beizutragen ist das Ziel der Arbeitsgemeinschaft Kranichschutz Deutschland, die 1991
von ost- und westdeutschen Kranichschützern gemeinsam mit der Lufthansa
Umweltförderung ins Leben gerufen wurde. 1996 wurde zusätzlich die gemeinnützige Kranichschutz Deutschland GmbH mit dem NABU und dem WWF als
Gesellschafter gegründet.
Dem Zauber des Kranichs kann sich fast niemand entziehen. Wer einmal diesen
charismatischen Vogel bei seinen Tänzen zur Frühjahrsrast oder im Herbst die
endlosen Kranichketten vor der untergehenden Sonne zum Schlafplatz erlebt
hat, hat sich für ein Leben lang „angesteckt“. So verwundert es nicht, dass die
Familie der Kranichbegeisterten und Kranichfreunde von Jahr zu Jahr anwächst
und regelmäßig bei den an der Ostseeküste rastenden Kranichen und in der
Ausstellung des Kranich-Informationszentrums in der Nähe von Stralsund vorbeischaut – auch Sie sind herzlich willkommen.
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Das Projekt
Es lebe der
Kranich
4
Kraniche – Vögel des Glücks
Der Kranichschutz hat in Deutschland einen herausragenden Stellenwert.
Nach der Wiedervereinigung gründeten die ost- und westdeutschen
Kranichschützer gemeinsam mit der Lufthansa Umweltförderung 1991
die Arbeitsgemeinschaft „Kranichschutz Deutschland“. 1996 wurde die
gemeinnützige Kranichschutz Deutschland GmbH mit dem NABU und
dem WWF als Gesellschafter gegründet. Unter anderem wurde eigens
dazu das Kranich-Informationszentrum in Groß Mohrdorf gegründet,
das seit September 1996 besteht.
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Nicht jeder Streit endet bei Kranichen in einer Auseinandersetzung. Hier
zeigt der elegante Vogel das sogenannte „Scheinputzen“, ein Verhalten,
um Spannungen abzubauen.
In der Mittagszeit suchen Kraniche Gewässer auf, um zu trinken. Anschließend
fliegen sie zurück auf ihre Nahrungsflächen.
B
ehutsam schleichen die Männer in Tarnanzügen
über die feuchten Wiesen entlang von Waldrändern.
Jeder Schritt nach vorn wird unter großer Körperanspannung getan, jede hektische Bewegung würde das
Vorhaben zunichtemachen. Die Männer pirschen sich an
ein Kranichpärchen heran, das mit seinen Jungen auf
der Suche nach Nahrung ist. Plötzlich werden die alten
Kraniche unruhig. Sie heben die Köpfe, strecken die
Hälse und schauen in die Richtung, in der sie die Gefahr
vermuten. Sie versuchen ihre Jungen unauffällig in eine
nahe Deckung zu führen. Nähert sich der Mensch jedoch
sehr schnell, fliegen die Altvögel auf und stoßen laute
Warnrufe aus. Auch in der Luft rufen sie in regelmäßigen
Abständen, warnen so ihre Jungen, die sie allein zurücklassen müssen, weil sie noch nicht fliegen können. Die
Altvögel vertrauen darauf, dass ihre Jungen wieselflink im
Zickzack weglaufen, um sich dann blitzschnell an einer
für sie geeigneten Stelle flach auf den Boden zu ducken.
Durch sein braungraues Gefieder ist ein Jungkranich für
Angreifer aus der Luft unauffindbar.
Nur gute Läufer haben eine Chance
„Der Mensch hat im Prinzip allein kaum eine Chance,
einen Jungkranich zu fangen“, erklärt Dr. Günter Nowald,
Leiter des Kranich-Informationszentrums im mecklenburgvorpommerischen Groß Mohrdorf in der Nähe von Stral­
sund. Zusammen mit vier bis sechs laufstarken, für die
Kranichjagd speziell ausgebildeten Biologen und Ornithologen versucht Nowald im Frühjahr einige Jungkraniche
einzufangen, um sie zu beringen oder ihnen Sender ins
Gefieder zu setzen. Die Markierung von Vögeln hat sich
zu einer unentbehrlichen Methode der ökologischen Frei­
landforschung entwickelt. Durch die Wiedererkennung
individuell markierter Kraniche können zum Beispiel Daten
über die Altersstruktur der Population, die Geschlechtsreife
und die Überlebenswahrscheinlichkeit in dem betroffenen
Raum ermittelt werden. Von besonderer Bedeutung für den
angewandten Kranichschutz sind Daten zum Verhalten der
Tiere und zur Ökologie. Im Gebiet der Mecklenburgischen
Seenplatte liegt eines der bedeutendsten deutschen Brut­
gebiete für Kraniche.
Hier gehen die Männer um Dr. Günter Nowald auf „Jagd“,
um junge Kraniche, die noch nicht fliegen können, einzufangen. „Das hört sich leicht an, ist es aber wirklich nicht“,
sagt Dr. Günter Nowald. Nur aufgrund der großen Erfahrung des eingespielten Teams und technischer Tricks und
Hilfsmittel ist es möglich, einige wenige junge Kraniche im
Frühjahr aufzugreifen.
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Kraniche – Vögel des Glücks
Kraniche sind Meister der Tarnung
In 15 Tagen schaffte das internationale Team um Dr. Günter
Nowald im Frühsommer 2012 den bisherigen Rekord,
50 Vögel zu beringen und teilweise mit einem sogenannten
Rucksacksender zu bestücken. Dabei waren die Männer
jeden Tag von fünf Uhr morgens bis abends 20 Uhr auf
den Beinen. Man sieht an der relativ geringen Ausbeute,
wie schwierig es ist, einen Jungkranich zu fangen, und wie
groß die Chance für die Vögel ist, vor dem Menschen zu
fliehen. „Es ist unglaublich, wie die Vögel in der Landschaft
verschwinden können, sie scheinen sich in Luft aufzulösen,
pressen sich fest und unbeweglich an den Boden. Es kann
passieren, dass man nur einen Meter vor einem Jungkranich steht, aber man sieht ihn einfach nicht – auch wir, die
wir wirklich große Erfahrung haben“, staunt Biologe Nowald.
Über Funk werden die Fänger von den Teammitgliedern,
die die Szene von erhöhten Positionen aus der Entfernung
von außen beobachten, an die Stelle dirigiert, wo der Vogel
ausharrt. Doch wenn man den Kranich schließlich entdeckt
hat, ist es relativ einfach, ihn zu fangen. „Schnell, aber
behutsam stülpen wir ihm dann eine schwarze Baumwollkapuze über. Dadurch bekommt der Vogel optisch nichts
mehr mit“, erklärt Dr. Günter Nowald.
Die Vögel bleiben ganz cool
Dann läuft alles nach einem geübten und erprobten Plan
ab. Der Vogel wird gewogen, vermessen und erhält Ringe
und Sender. Die ganze Aktion dauert nicht länger als zehn
Minuten, je nach Größe des Tieres. „Die meisten Vögel
bleiben während der kurzen Gefangenschaft in Menschenhand ganz cool“, erinnert sich Dr. Günter Nowald.
An jeden, dem es eingeboren, dass sein Gefühl hinauf und vorwärts
dringt, wenn über uns im blauen Raum verloren, ihr schmetternd
Lied die Lerche singt, wenn über schroffen Fichtenhöhen der Adler
ausge­breitet schwebt, und über Flächen, über Seen, der Kranich nach
der Heimat strebt.“
Abwandlung von Goethes Gedicht aus Faust im Schlusswort von Otto Lilienthals Beschreibung
„Der Vogelflug als Grundlage der Fliegekunst“, Berlin 1889
Nachdem die Kraniche wieder freigelassen sind, kehren
die Altvögel sofort zu ihren Jungen zurück, kümmern sich
rührend um sie und führen sie wieder in sichere Gefilde.
Erstaunlicherweise akzeptieren sie offensichtlich auch, dass
ihre Brut plötzlich Fremdkörper am Leib trägt. Bisher jedenfalls haben Altvögel noch nie versucht, ihren Jungen die
von Menschenhand angelegten Dinge zu entfernen. „Ja,
sie betrachten sie offensichtlich nach kurzer Gewöhnung als
zu ihrem Körper gehörig“, glaubt Dr. Günter Nowald. Er und
seine Leute haben besenderte Kraniche beobachtet, wie sie
liebevoll die aus dem Gefieder herausragende Antenne mit
dem Schnabel putzten.
Alle fünf Minuten neue Daten
Deutschland ist neben Estland das einzige Land innerhalb
Europas, in dem die Besenderung von Kranichen zurzeit
stattfindet. „Das ist ein großer Vorteil“, so Dr. Günter Nowald,
„während die Beringung uns nur Zufallsdaten lieferte,
können wir durch die Sender erstmals das Verhalten der
Kraniche gezielt erforschen und Daten erfassen, die für
den Schutz dieser Vögel erforderlich sind. Denn ohne
exakte Informationen können wir keine effizienten Schutzprojekte erarbeiten.“ Sind die Vögel besendert, beginnt
die Arbeit im Feld.
Dabei werden bestimmte Kranichpaare angepeilt. Alle fünf
Minuten werden Werte aufgezeichnet, die später in ein
Computerprogramm eingegeben werden. Damit können
7
8
Kraniche – Vögel des Glücks
Mit ihrem Duett-Ruf zeigt diese Kranichfamilie anderen Artgenossen, dass
sie diesen Bereich auf dem Maisstoppelfeld für sich beanspruchen.
Vor einer imposanten Wolkenfront fliegen die letzten Kraniche zum Schlafplatz
„Großer Werder“ im Nationalpark Vorpommersche Boddenlandschaft ein.
Kraniche starten wenn immer möglich gegen den Wind. Der hintere Glücksvogel hat sein „Fahrgestell“ noch nicht in Flugposition.
die Biologen den ganzen Tagesablauf eines Kranichs
verfolgen. Alle wichtigen Daten werden ausgewertet, um
das Verhalten des Vogels zu erklären und Erfahrungen
zu sammeln. Nur so ist es möglich, Landschafts-, Straßenund Schienenplanungsdaten mit den Lebensraumansprüchen der Kraniche abzustimmen. „Verläuft beispielsweise
eine Straße zwischen Brut- und Nahrungshabitat, sind
die jungen Kraniche stark gefährdet“, erklärt Dr. Günter
Nowald, „denn die Altvögel marschieren mit ihren Jungen
einfach über die Straße. Deshalb bieten wir bei Neuplanungen Alternativen, um die Kraniche zu schützen.“
Erste Ergebnisse des Forschungsprojekts zeigen unter
anderem, dass Kraniche nicht so anpassungsfähig sind,
wie gemeinhin angenommen wird. Die intensiv genutzten
landwirtschaftlichen Monokulturen zum Beispiel eignen
sich nicht für die Aufzucht von Jungen, sodass die
Kraniche ihr Revier von teilweise 25 Hektar auf 120 Hektar
ausdehnen müssen. Die sehr scheuen Kraniche sind
zudem an Feuchtgebiete gebunden. Nur in Regionen mit
Flachwasser schlafen und nisten sie erfolgreich, denn hier
finden sie den Schutz gegen Füchse, Wildschweine und
streunende Hunde für sich und ihre Gelege. Insgesamt gibt
es in ganz Deutschland etwa 7.800 Brutpaare, die Zahl ist
durch die mittlerweile stark begrenzte Anzahl geeigneter
Feuchtgebiete limitiert.
Nach zehn Wochen flugfähig
30 bis 31 Tage ist die durchschnittliche Zeit, die Kranichweibchen und -männchen abwechselnd die ein bis zwei Eier
ihres Geleges bebrüten. Die Jungen schlüpfen Anfang Mai
und gehen schon 24 bis 30 Stunden später mit den Eltern
gemeinsam auf Nahrungssuche. Werden die Eltern gestört,
verlassen sie ihre Jungen, die daraufhin zwar Deckung
suchen, aber dennoch leichte Beute für Raben- und Greifvögel sind. Dr. Günter Nowald: „Kraniche wachsen sehr
schnell heran und unternehmen mit 10 Wochen bereits ihre
ersten Flugversuche. Bis dahin sind die jungen Vögel stark
gefährdet.“
Mecklenburg-Vorpommern bietet nicht nur ein wichtiges
Brutgebiet für Kraniche, die Rügen-Bock-Region an der
Ostseeküste ist auch einer der bedeutendsten Rast- und
Sammelplätze Europas. Bis zu 70.000 Kraniche aus Skandinavien, Finnland, dem Baltikum und Polen treffen sich
hier im Herbst, bevor sie spätestens Ende November gen
Süden weiterfliegen. Die Schlafplätze aller bedeutenden
Rastregionen in Mecklenburg-Vorpommern liegen hier in
Schutzgebieten. Um die weite Strecke bis in ihre Winterquartiere in Frankreich, Spanien und Nordafrika bewältigen
zu können, fressen sich die Kraniche Energiereserven
an. Rund zwölf Wochen rasten die Vögel im Durchschnitt
in Mecklenburg-Vorpommern, in denen sie pro Tag circa
250 bis 300 Gramm Nahrung – bevorzugt Mais – zu sich
nehmen. Zumeist finden sie das Futter als Erntereste auf
Stoppelfeldern, sind diese nicht vorhanden, finden Kraniche
auch die Neusaaten schmackhaft, sehr zum Ärger der Land­
wirte, die bis 1995 mit Ausgleichszahlungen entschädigt
wurden. „Da diese Ausgleichszahlungen äußerst kostspielig
waren, haben wir zusammen mit staatlichen Stellen und
den betroffenen Bauern das Projekt Ablenkfütterung erarbeitet, das nur fünf bis zehn Prozent der bisherigen Kosten
verursacht.“ erläutert Dr. Günter Nowald, „Landwirte stellen
sogenannte Ablenkfütterungsflächen zur Verfügung, um ihre
Neusaat zu schützen. Kraniche finden sehr schnell heraus,
wo sie ungestört fressen können.“ Positiver Nebeneffekt sei
zudem, so der Biologe, dass die Kraniche die Wildgänse
nach sich zögen, die für einen noch größeren Schaden auf
den Feldern verantwortlich gemacht werden.
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Im Herbst 2011 rasteten circa 250.000 Kraniche in
Deutschland. Davon gehörten mindestens 30.000 Vögel
zur deutschen Population. Rund 100.000 Kraniche kamen
aus Skandinavien, circa 50.000 aus Polen, aus dem
Baltikum und aus Russland. „Eisfreie Winter und ausreichende Nahrung verändern das Verhalten der Vögel, die
üblicherweise aus Skandinavien und Deutschland in die
spanische Extremadura fliegen, um dort zu überwintern,“
so Dr. Wolfgang Mewes aus dem Fachvorstand von
Kranichschutz Deutschland. „Es gibt aber auch Kraniche,
die die kalte Jahreszeit schon nördlich der Pyrenäen in
Südwest- und Nordostfrankreich verbringen. Und in den
letzten Wintern sind sogar immer mehr Tiere ganz in
Deutschland geblieben!“
Mit Rückenwind 100 Stundenkilometer
Rund 2.000 Kilometer nonstop können Kraniche, die eine
Flügelspannweite von 2,20 Meter haben, im Extremfall
fliegen. Dabei verstehen sie durchaus, die Vorteile des
Wetters zu nutzen. Bei einem Hoch im Herbst ziehen sie
mit dem Wind aus dem Norden in den warmen Süden,
beziehungsweise im Frühjahr in umgekehrter Richtung.
Normalerweise fliegen die Kraniche in Tagesetappen unter
Ausnutzung von Thermik und Winden, die den Vögeln Kräfte
sparen hilft. Im Frühjahr, wenn sie ihre Brutplätze rasch
erreichen möchten, fliegen sie öfter auch nachts. Die Zughöhe selbst ist wiederum abhängig von den Luftströmungen
(im Durchschnitt zwischen 300 und 1.500 Metern), ebenso
wie die Geschwindigkeit, die zwischen 40 und 60 Stundenkilometer beträgt, bei Rückenwind sogar über 100 Stundenkilometer.
Informationen durch Ringe und Sender
„Kranichschutz ist kein nationales Anliegen“, betont
Dr. Günter Nowald. „Nur länderübergreifende Maßnahmen
und Erfahrungsaustausch garantieren langfristig, dass
Kraniche sind beeindruckende Zugvögel. Mit einer Flügelspanne von
2,20 Meter können sie sich mit manchem Adler messen.
Nachts schlafen Kraniche stehend in flachen Bereichen unterschiedlicher
Feuchtgebiete. Absolute Ruhe und Schutz sind von höchster Bedeutung.
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Kraniche – Vögel des Glücks
Internationale Beringung
Der Personalausweis der Kraniche
Die Farbberingung von Kranichen mit einem DreiFarben-Code erfolgte in Europa erstmals 1988 in
Spanien. Aufgrund der guten Ableseergebnisse bei
Wiederfunden löste dieses System schnell die
parallel verwendeten farbigen alphanumerischen
Ringe ab. Daher wurden schon in den frühen
1990er-Jahren auch in anderen europäischen Ländern die Drei-Farben-Codes genutzt, deren einheitliche Verwendung auf den Tagungen der European
Crane Working Group (ECBG) beschlossen wurde
(weitere Informationen unter www.kraniche.de).
Am linken Bein trägt der Kranich die Farbkombination des Landes, am rechten Bein eine
Individualkombination, die aus sechs möglichen
Farben zusammengestellt werden kann.
Deutschland
Finnland
Schweden,
Norwegen
Estland, Litauen
Lettland
England
Israel
Polen
Russland
Tschechien
Ungarn
11
Die Brutreviere in Deutschland
Hier endet der „Kranichtanz“ mit dem Nestbau
Eine genaue Erfassung der Brutreviere
durch Mitarbeiter von Kranichschutz
Deutschland („Monitoring“) liefert Landesund Kreisbehörden Grundlagen für eine
umweltverträgliche Landschaftsplanung
und verhindert naturschädigende Eingriffe.
Die Daten werden in besonderen Karten,
in Messtischblättern (MTB/Q), dargestellt.
Nationalpark
Vorpommersche
Boddenlandschaft
Groß Mohrdorf
Kiel
Hamburg
Bremen
Anzahl Paare
je MTB/Q
1–3
4–7
8–12
>12
Berlin
Hannover
Münster
Kassel
Leipzig
Dresden
Köln
Frankfurt
sich die Bestände dieser gefährdeten Vogelart erholen
beziehungsweise stabil bleiben. Deshalb gibt es zwischen
Deutschland, Frankreich und Spanien Kooperationsprojekte. Wir arbeiten bei den telemetrischen Beobachtungsmethoden mit den gleichen Frequenzbereichen,
sodass wir neue Auskünfte etwa über Nahrungsflächen
untereinander austauschen können.“ Workshops mit Polen
und den baltischen Staaten wiederum dienen ebenfalls
dazu, Erfahrungen auszutauschen und über die Arbeit
im jeweiligen Land zu berichten. Die Farbberingung als
europaweites Projekt dient unter anderem der Erforschung
des Zugverhaltens. Nationale und europäische Tagungen,
die mit Unterstützung der Deutschen Lufthansa stattfinden,
mit Teilnehmern von China bis USA, ermöglichen einen
regen Informationsfluss, der ebenfalls der Verbesserung
der Lebensräume der Kraniche dient.
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Kraniche – Vögel des Glücks
Einfluss des Klimawandels
Noch vor wenigen Jahrzehnten flog der überwiegende Teil
der Kraniche des westeuropäischen Zugweges in ihre tradi­
tionellen Überwinterungsgebiete in die Extremadura und
Andalusien nach Spanien. Sind die Schlafgewässer nicht
dauerhaft zugefroren und die Nahrungsflächen nicht von
einer geschlossenen Schneedecke überzogen, können
Kraniche auch weiter nördlich überwintern. Mithilfe der in
Mecklenburg-Vorpommern beringten und besenderten Kraniche konnte eine drastische Verkürzung der Zugdistanzen
deutscher Kraniche von durchschnittlich 2.041 Kilometer im
Jahr 1997 auf 677 Kilometer im Jahr 2007 nachgewiesen
werden. Aufgrund milder Winter und neuer Feuchtgebiete
entlang des westeuropäischen Zugweges überwintern
immer mehr Kraniche bereits in Frankreich – immer mehr
Kraniche bleiben sogar ganz in Deutschland.
Die unsterblichen Kraniche rufen, weit tönt ihre Stimme. Ihre
Gedanken schweifen in den weiten Himmel. Unten am herbstlichen
Fluss steht ein Mensch, über ihm der helle Mond, nicht weit ein Baum,
von Tau bedeckt. Er wandert, ziellos, in Richtung der unendlichen
Milchstraße. Der Wind bläst an ihm vorbei. Auch ich, so denkt der
Mensch, möchte ganz frei sein.“
Der chinesische Dichter Jiang Yi Ning
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Artenvielfalt
Kraniche in der
ganzen Welt
Die Lebensräume der Kraniche verändern sich
stetig. Auf ihren jährlichen Wanderungen passen
die Vögel ihre Flugrouten den Einflüssen des
Wetters und den Eingriffen des Menschen in
die Landschaft immer wieder neu an. Die auf der
Verbreitungskarte farbig gekennzeichneten Brutund Überwinterungsgebiete der einzelnen Arten
wie auch die durch Linien und Pfeile markierten
Zugwege können deshalb nur einen Orientierungsrahmen bieten. Die Linien stehen für zum
Teil breite Zugkorridore.
Kanadakranich
Brutgebiet
Überwinterungsgebiet
Mississippi-Kranich
Florida-Kranich
Kuba-Kranich
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Kraniche – Vögel des Glücks
Schreikranich
Brutgebiet
Überwinterungsgebiet
Wiederansiedelungsgebiet
Schwarzer Kronenkranich
Westafrikanischer Kronenkranich
Sudanesischer Kronenkranich
Grauer Kranich
oder Graukranich
Brutgebiet
Überwinterungsgebiet
Klunkerkranich
ganzjährig
Jungfernkranich
Brutgebiet
Überwinterungsgebiet
Paradieskranich
ganzjährig
Grauer Kronenkranich
Ostafrikanischer Kronenkranich
Südafrikanischer Kronenkranich
Nonnen- oder Schneekranich
Brutgebiet
Streifgebiet
Überwinterungsgebiet
Schwarzhalskranich
Brutgebiet
Überwinterungsgebiet
Mönchskranich
Brutgebiet
Überwinterungsgebiet
Weißnackenkranich
Brutgebiet
Überwinterungsgebiet
Mandschurenkranich
Brutgebiet
Überwinterungsgebiet
Saruskranich
Brutgebiet
Überwinterungsgebiet
Australischer oder
Brolgakranich
Brutgebiet
Streifgebiet
15
nich
um)
Klunkerkranich
Grauer Kanich
Grauer Kronenkranich
(Balearica regulorum)
Jungfernkranich
Klunkerkranich
Grauer Kanich
Schneekranich
Fünfzehn Kranicharten
Eine Übersicht
Klunkerkranich
Grauer Kanich
Klunkerkranich
Grauer Kanich
Jungfernkranich
Schneekranich
Grauer Kronenkranich
Jungfernkranich
(Balearica regulorum)
Klunkerkranich
Grauer Kanich
Jungfernkranich
Schneekranich
Australischer (Brolg
Kranich
Schneek
Mönchskranich
Paradieskranich
Saruskranich
Schreikranich
Saruskranich
Schwarzhalskranich
Kanadakranich
Saruskranich
Paradieskranich
Schreikranich
Schreikranich
Paradieskranich
Kanadakranich
Saruskranich
Australischer (Brolga-)
Kranich
Schwarzhalskranich
Saruskranich
Australischer Schreikranich
oder
Brolgakranich
Schwarzhalskranich
(Grus antigone)
Grauer Kronenkranich
(Balearica regulorum)
Sarus Crane
9 1
45 – 175
• 15.000 – 17.000
e
Grauer Kanich
(Grus rubicundus)
Klunkerkranich
Paradieskranich
Weißnacken­kranich
Weißnackenkranich
(Grus vipio)
White-naped Crane
9 1
35 – 140
• 5.500 – 6.000
e
Jungfernkranich
B
rolga or
Australian Crane
9 125
• 40.000 – 45.000
e
Drei Unterarten
Schneekranich
Mönchskranich
Mandschurenkranich
Schwarzhalskranich
Mandschuren­
kranich
Schwarzhals­kranich
(Grus nigricollis)
(Grus japonensis)
Black-necked Crane
1
25 – 135
• 7.700 – 7.900
e
R
ed-crowned or
Japanese Crane
9 140 – 160
• 2.100 – 2.300
e
9
Klunkerkranich
Grauer Kanich
Australischer (Brolga-)
Kranich
Jungfernkranich
Schneekranich
Mönchskranich
Weißnackenkrani
Schwarzhalskranich
Paradieskranich
Kanadakranich
Saruskranich
Schreikranich
Schwarzer Kronenkranich
Schwarzer Kronenkranich
schurenkranich
Australischer (Br
Kranich
Schwarzer Kronenkranich
Weißnackenkranich
Australischer (Brolga-)
Kranich
Saruskranich
Schreikranich
Mandschurenkranich
Schwarzer Kronenkranich
enkranich
Australischer (Brolga-)
Kranich
Schwarzhalskranich
Weißnackenkranich
Australischer (Brolga-)
Grauer Kronenkranich
Kranich
(Balearica regulorum)
Saruskranich
Mönchskranich
Schreikranich
Schwarzhalskranich
(Grus americana)
(Grus monachus)
(Balearica regulorum)
Grauer
Kronenkranich
Eurasian or
Common Crane
9 110 – 125
• bis zu 450.000
Black Crowned
Crane
9 92 – 100
• 40.000 – 70.000
Grey Crowned
Crane
9 105 – 112
• 58.000 – 77.000
(Balearica pavonina)
Sechs Unterarten
Klunkerkranich
Grauer
Schneekranich
(Balearica regulorum)
e
e
9
Grauer Kronenkranich
Jungfernkranich
Schwarzer Kronenkranich
Schwarzer
Kronenkranich
(Grus grus)
e
9
Klunkerkranich
Grauer Kranich
oder Graukranich
Mandschurenkranich
Whopping Crane
130 – 150
• 318, davon 131 in
Gefangenschaft
(Sept. 2004)
Hooded Crane
95 – 115
• 10.500 – 12.000
e
Weißnackenkranich
Grauer Kanich
Schreikranich
Mönchskranich
Paradieskranich
e
Zwei Unterarten
Jungfernkranich
Schneekranich
Schwarzer Kronenkranich
Grauer Kronenkranich
(Balearica regulorum)
Mandschurenkranich
Grauer Kanich
Paradieskranich
Kanadakranich
Australischer (Brolga-)
Kranich
Saruskranich
Weißnackenkranich
Schreikranich
Kanadakranich
Schwarzhalskranich
Schwarzer Kronenkranich
Kronenkranich
ca regulorum)
Jungfernkranich
Paradieskranich
Jungfernkranich
Grauer Kronenkranich
Schreikranich
(Balearica regulorum)
Paradieskranich
Jungfernkranich
Schneekranich
(Anthropoides
Grauer Kanich
paradisea)
(Anthropoides virgo)
Demoiselle Crane
9
0 – 100
• 5.500 – 6.000
e
B
lue Crane
9 97 – 107
• 24.000
e
9
Nonnenoder
Schneekranich
Schneekranich
Klunkerkranich
Klunkerkranich
(Bugeranus
carunculatus)
(Grus leucogeranus)
Kanadakranich
Kanadakranich
(Grus canadasensis)
Jungfernkranich
e Sandhill Crane
9 9
S
0 – 120
iberian Crane
9 120 – 140
• 520.000 – 540.000
• 3.000
Australischer (Brolga-) Sechs Unterarten
Kranich
W
attled Crane
9 120 – 150
• 7.000 – 8.000
e
e
Mönchskranich
Schneekranich
Weißnackenkranich
Schwarzhalskranich
Schwarzer Kronenkranich
h
ch
Klunkerkranich
Grauer Kanich
Klunkerkranich
Paradieskranich
e
E
nglischer Name
Schreikranich
9
K
örpergröße in cm
• P
opulation
Mönchskranich
Paradieskranich
dakranich
Australischer (Brolga-)
Kranich
Saruskranich
Schreikranich
Weißnackenkranich
Mönchskranich
Schw
Der Steckbrief
Die Vermessung eines Vogels
Ordnung
Familie
Art
Grudiformes
Gruidae
Grus grus
Größe
Körperhöhe
Flügelspannweite
Gewicht
1,25 Meter
2,20 Meter
Männchen bis 7 Kilogramm
Weibchen bis 6 Kilogramm
Nahrung
Insekten, Insektenlarven, Würmer, Schnecken, Frösche, Mäuse,
Getreidekörner, Mais, Bohnen, Erbsen, Sonnenblumenkerne,
Kartoffeln, Eicheln
Höchstalter
In der Natur 15 bis 20 Jahre und in Gefangenschaft bis zu 40 Jahre
Zug
Flughöhe meist zwischen 300 und 1.500 Meter,
Geschwindigkeit 50–60 km/h (mit Rückenwind bis zu 100 km/h)
Grauer Kronenkranich
(Balearica regulorum)
Klunkerkranich
Grauer Kanich
Jungfernkranich
Schneekranich
Paradieskranich
Kanadakranich
Saruskranich
Schreikranich
Grauer Kronenkranich
(Balearica regulorum)
Klunkerkranich
Grauer Kanich
Jungfernkranich
Schneekranich
Australischer (Brolga-)
Kranich
Grauer Kronenkranich
(Balearica regulorum)
Mönchskranich
Klunkerkranich
Grauer Kanich
Weißnackenkranich
Schwarzhalskranich
Jungfernkranich
Paradieskranich
Kanadakranich
Saruskranich
Schneekranich
Schreikranich
zur Artenübersicht
Australischer (Brolga-)
Kranich
Kanadakranich
Saruskranich
Mönchskranich
Schwarzhalskranich
Schreikranich
Paradieskranich
Weißnackenkranich
Grauer Kronenkranich
(Balearica regulorum)
Mandschurenkranich
Schwarzer Kronenkranich
Grauer Kanich
Grauer Kronenkranich
Klunkerkranich
(Balearica regulorum)
Jungfernkranich
Grauer Kanich
Klunkerkranich
Jungfernkranich
Schneekranich
Schwarzer Kronenkranich
Kooperation
Der Kranich kennt keine Grenzen
Ein internationales Projekt in Afrika
E
in Beispiel eines internationalen Kooperationsprojekts ist das seit 2007 durchgeführte Kranichmonitoring in Äthiopien, am Horn von Afrika. Hier
kann man neben den aus Europa bekannten Graukranichen auch noch Jungfern-, Klunker- und die Schwarzen
Kronenkraniche antreffen.
Dabei handelt es sich um ein Projekt von Kranichschutz
Deutschland (KD), der Bundesarbeitsgruppe (BAG)
AFRIKA im Naturschutzbund Deutschland (NABU) und
der äthiopischen Naturschutzorganisation Ethiopian Wildlife
and Natural History Society (EWNHS). Drei bis vier Teams
kontrollieren mit Geländefahrzeugen bekannte Überwinte-
18
Kraniche – Vögel des Glücks
rungsplätze des Kranichs und suchen nach bisher unbekannten Schlafgewässern. Um einen möglichst großen
Teil Äthiopiens in kurzer Zeit bearbeiten zu können, fahren
die Teams getrennt in verschiedene Gebiete. Ohne die
Teammitglieder aus Äthiopien wäre eine Orientierung im
Gelände und die Suche nach Kranichen nicht möglich, da
eine Verständigung mit der Bevölkerung aus sprachlichen
Gründen erfolglos ist.
Abseits der Straßen werden anhand von Informationen der
Landbevölkerung, aber auch mithilfe von Google-EarthBildern in Verbindung mit GPS-Koordinaten Feuchtgebiete
angefahren und nach Kranichen abgesucht.
Ein Paar Klunkerkraniche bei der Nahrungssuche am Ufer des Zway-Sees.
Abseits der Straßen werden anhand von Informationen der Landbevölkerung,
aber auch mithilfe von Google-Earth-Bildern in Verbindung mit GPS-Koordinaten Feuchtgebiete angefahren und nach Kranichen abgesucht.
„Umweltbildung vor Ort“ – bei jeder Gelegenheit wurde die Bevölkerung bei
der Kranicherfassung mit einbezogen und informiert.
An den Schlafgewässern, die von infrastrukturellen Veränderungen bisher unberührt blieben, wurden zunächst nur
geringfügige Bestandsveränderungen erfasst. Allerdings
musste hier festgestellt werden, dass der verstärkte Einsatz
von mobilen Wasserpumpen für die kleinbäuerliche Feldbewässerung ebenfalls gravierendste Auswirkungen zeigt.
Am 31. Januar 2011 übernachteten 9.150 Graukraniche
im Akaki-Flachgewässer (08°49,10' N, 38°44,83' E). Bei
der Nachkontrolle am 14. Februar 2011 war das Gewässer
komplett leer gepumpt. Die Kraniche und alle anderen
Wasservögel hatten das Gebiet verlassen.
Am 2. Februar 2011 konnte südlich von Butajira das noch
nicht erfasste Feuchtgebiet „Chuche“ entdeckt werden.
Neben 840 Graukranichen konnten hier auch 54 der stark
gefährdeten Klunkerkraniche nachgewiesen werden.
Äthiopische Ornithologen schätzen den Gesamtbestand
dieser größten afrikanischen Kranichart auf nur noch etwa
300 Tiere. Ein Schutz dieses Feuchtgebietes ist daher
dringend erforderlich.
Bei der Expedition im Jahr 2011 zeigten sich dramatische
strukturelle Veränderungen in der Landnutzung bereits während der Anfahrt nach Debre Zeyt. Entlang der Schnellstraße
entstanden zahlreiche Handels- und Produktionsstätten
überwiegend ausländischer Investoren. Der Schwerlastverkehr hat sich in den letzten vier Jahren vervielfacht. Neue
Hochspannungsleitungen durchschneiden die Landschaft.
Ein gravierender Einschnitt wurde am Feuchtgebiet
Chelekleka Chefe (08°48,50' N, 39°00,00' E) festgestellt,
einem der bedeutendsten Schlafplätze für den Eurasischen
Kranich. Am 4. Februar 2009 übernachteten hier im Flachwasser über 17.000 Graukraniche. Bei der morgendlichen
Kontrolle am 30. Januar 2011 wurden nur noch knapp
250 Kraniche erfasst. Mitten durch das jetzt fast trockene
Feuchtgebiet liefen die Arbeiten für eine neue Asphaltstraße
nach Addis Abeba.
Auch die Errichtung riesiger Foliengewächshäuser in
unmittelbarer Nachbarschaft von Feuchtgebieten, wie unter
anderem am Koka-Stausee, hat einen negativen Einfluss
auf Kranichlebensräume. Für die Produktion von Schnittblumen wird das Wasser abgepumpt, was ein deutliches
Absinken des Wasserstandes zur Folge hat. Die Blumen
sind hauptsächlich für den israelischen und europäischen
Markt bestimmt. Neue Gewächshausanlagen sind auch
an anderer Stelle im Bau, zum Beispiel am Tana-See.
Schwarze Kronenkraniche sind noch an vielen Feuchtgebieten anzutreffen, wenn auch aus dem Vergleich mit
historischer Literatur ihr Bestand in den letzten 30 Jahren
deutlich abgenommen hat. Eine bemerkenswert hohe
Anzahl, mit 496 Exemplaren, befand sich im Feuchtgebiet
„Chimba“, am Südende des Tana-Sees. Auffällig war aber
der generell äußerst geringe Jungvogelanteil. Der Verlust
von Gelegen oder Jungvögeln kann auf starke Störungen
durch die intensive Nutzung der Feuchtgebiete durch den
Menschen und Haustiere zurückgeführt werden. Die Kartierungsdaten werden aktuell für die Entwicklung und Ausweisung eines Biosphärenreservates am Tana-See genutzt.
Im Jahr 2011 wurden insgesamt 62.170 Graukraniche,
1.074 Schwarze Kronenkraniche, 157 Klunkerkraniche und
7 Jungfernkraniche (Tekeze River, Humera) erfasst. Die
höchsten Dichten wurden mit Ausnahme vom Jungfernkranich in den flachen Gewässern im Rift Valley und im
Bereich des Tana-Sees festgestellt.
Drei Jahre finanzierte Kranichschutz Deutschland und die
Bundesarbeitsgruppe AFRIKA des NABU eine Vollzeitstelle
für einen Biologen in Äthiopien. Shimelis Aynalem arbeitete
am Tana-See für den Kranichschutz. In dieser Zeit erfolgten
für ihn und weitere Mitarbeiter der EWNHS Informationsveranstaltungen in Deutschland. Die Reisemöglichkeiten
wurden durch Lufthansa realisiert.
19
Umweltbildung
Die Kranichschützer der Zukunft
Im Einsatz für ein besonderes Tier
D
ie jüngsten Mitglieder unserer Gesellschaft – unsere
Kinder – rechtzeitig an einen behutsamen Umgang
mit unserer einheimischen Natur heranzuführen, das
hat sich das Kranich-Informationszentrum als Bildungs­
auftrag auf seine Fahne geschrieben. Ein Beitrag dazu sind
unter anderem die Patenschaften für Kindereinrichtungen
in der Region. Bereits zur Namensgebung der „KranichGrundschule“ in Altenpleen im Jahr 2004 wurde die erste
ins Leben gerufen. 2007 folgte dann die Zusammenarbeit
mit der Kita Groß Mohrdorf.
Seither gibt es verschiedene Projekte, die sich vor allem
um den Grauen Kranich drehen. Darüber hinaus werden
Themen zur einheimischen Natur gestaltet.
20
Kraniche – Vögel des Glücks
Schon zur Tradition zum Jahresauftakt hat sich der
Projekttag „Vögel im Winter“ in der Kranich-Grundschule
entwickelt. Das gesamte Team des Kranich-Informationszentrums ist dann in der Schule anzutreffen. Neben Informationen zum Vogelzug gibt es einen Einblick in den Speise­
plan der Überwinterer. Selbstgebaute Meisenglocken
können die Kinder dann mit nach Hause nehmen, um sie
dort für Meise, Sperling und Co. im Garten aufzuhängen.
Die Besuche in der Ausstellung des Kranich-Informations­
zentrums sind immer ein besonderes Highlight sowohl
für die Kinder und Erzieher als auch für die Mitarbeiter
des Zentrums. Da müssen schon mal Fragen beantwortet
werden, auf die man nicht vorbereitet ist. Beim Picken
Kraniche auf
Nahrungssuche
Ein reich gedeckter
Tisch
mit der Pinzette nach Maiskörnern wird schnell klar, wie
geschickt Kraniche sind. Mit dem Film „Kranichreise durch
Europa“ beziehungsweise „Kalles Tagebuch“ geht es auf
eine multimediale Reise durch das Kranichjahr.
Kraniche nehmen das
ganze Jahr über sowohl
tierische als auch pflanz­
liche Nahrung auf.
Ja, kleine Kinder können auch ganz leise sein – nämlich
dann, wenn sie mit einem Kranichranger zur Rastzeit an der
Beobachtungsplattform am Günzer See stehen. Das ist ganz
wichtig beim „Birdwatching“, wie es neudeutsch heißt, erfahren die jungen Naturfreunde vom Betreuer. Kraniche sind
sehr wachsam und dürfen nicht gestört werden. Besonders
schwer wird es, das Temperament der Mädchen und Jungen
zu zügeln, wenn beim Blick durch das Spektiv der Vogel
mit der Ringkombination links „Blau-Blau-Weiß“ und rechts
„Grün-Gelb-Weiß“ auftaucht. Das ist „Kalle“, der Patenvogel
der Kranich-Grundschule Altenpleen. Seitdem er 2007 als
Jungvogel gefangen wurde, ist er an dieser Farbmarkierung
zu erkennen.
Während der Früh­
jahrsrast ernährt sich
der Kranich von Saaten,
Ernterückständen des
Spätherbstes, Gemüse
oder Kartoffeln.
Als Dankeschön bringen die Kinder immer wieder Zeichnungen, Scherenschnitte und Gedichte ins Kranich-Informationszentrum. Ganz stolz sind sie, wenn sie eines ihrer Werke
oder ein Foto von sich in der Ausstellung wiederentdecken.
Reptilien, Frösche
Kleinsäuger
Auf Wiesen und Weiden konzentriert sich
die Nahrungssuche auf
Insekten, Würmer und
Nagetiere. Hier laufen
Kraniche mit weitgreifenden Schritten große
Bereiche ab. Sie lesen
auf Gräsern und Kräutern sitzende Insekten
gezielt und ruckartig mit
dem Schnabel ab und
legen Würmer und Larven durch Wühlbewegungen frei.
Schnecken, Würmer
Dazu stechen sie mit
fast geschlossenem
Schnabel in pflanzenfreie
Stellen des Erdreichs.
Im Boden öffnen sie
den Schnabel leicht und
bewegen ihn seitlich.
Ist das Erdreich dichter,
lockern sie es zuvor
durch wiederholtes Einstechen. Auf Saatflächen
lesen Kraniche zuerst an
der Oberfläche liegende
Getreidekörner ab.
Erlebnis, Spaß und Lernen – Ein Tätigkeitsbereich der
Kranichranger ist auch die Umweltbildung mit Kids.
Energiereserven wieder
aufzufüllen. Die Nahrungsaufnahme macht
somit rund 80 Prozent
seiner Tagesaktivität aus.
Bis zu 300 Gramm benötigt ein Kranich im Frühling täglich, um seine
Im Frühsommer besteht
die Nahrung auch aus
Kleinsäugern, Reptilien,
kleinen Fischen, Fröschen, Schnecken, Würmern, Insekten und
deren Larven.
Insekten, kleine Larven
Haben die Jungvögel
das Alter von mehreren
Wochen erreicht, bereichern auch größere Tiere
wie Mäuse das Angebot.
Im Spätsommer und im
Herbst beansprucht die
Nahrungssuche etwa
40 bis 60 Prozent der
Aktivitätsdauer. Nun
bilden Ernterückstände
auf Getreide- oder Maisstoppelfeldern und Neusaaten sowie Insekten
den Hauptbestandteil
der Ernährung.
Getreide
Im Überwinterungs­
gebiet ernähren sich Kraniche von den Früchten
der Stein- und Korkeiche
sowie von Sonnenblumenkernen, Bohnen oder
Erdnüssen.
21
Für die Kraniche und für die Ranger beginnt der Tag mit
der Dämmerung. Vogelbeobachter haben jetzt die besten
Chancen auf ein unvergessliches Schauspiel.
Umweltbildung
Das Kranichrangerprojekt
Ehrenamtlich aktiv in der
Vorpommerschen Boddenlandschaft
D
ie charismatischen Kraniche locken wie ein Magnet
Tausende von Gästen in die Region des Nationalparks Vorpommersche Boddenlandschaft an die
Ostseeküste, sodass der Fremdenverkehr, auch in der
eigentlichen Nebensaison, boomt. Die vielen Besucher, die
die „Vögel des Glücks“ möglichst aus der Nähe erleben
möchten, sorgen allerdings auch für zahlreiche Störungen.
Durch die große Unruhe und durch das häufigere Auffliegen
verbrauchen die Kraniche sehr viel Energie, die für den
Weiterflug in die Überwinterungsgebiete nach Frankreich
und Spanien benötigt wird. Durch den Einsatz von Kranichrangern hat Kranichschutz Deutschland seit dem Jahr 2000
die Frequenz von Störreizen deutlich reduziert und gleichzeitig Tausende von Individualreisenden und Besuchergruppen auf Exkursionen betreut. Die Gäste können so vor
Ort informiert werden und zeigen sich äußerst begeistert
von dem „hautnahen Kranicherlebnis“, das ihnen der Blick
durch die Spektive der Ranger eröffnet. So kommen nicht
nur die Kraniche jedes Jahr zurück, sondern als Ergebnis
dieser Begeisterung auch viele Gäste, Kranichfreunde und
22
Kraniche – Vögel des Glücks
die ehrenamtlichen Kranichranger. „Kraniche machen
süchtig. Wenn man ihre Tänze, Rufe und ihren Anmut
einmal richtig erlebt hat, kann man keine Rastsaison
verpassen und kommt immer wieder zurück“, erzählen
die Kranichrangerinnen Anne Kettner und Rosi Linde.
Dadurch, dass Kraniche durch den Einsatz von Kranichrangern weniger auffliegen beziehungsweise umherfliegen
mussten, konnte ein möglicher Schaden auf Getreideneusaaten verringert werden. Der Konflikt Kraniche und Landwirtschaft wurde dadurch entschärft. Der direkte Vorteil
für Kraniche im Sinne einer günstigeren Energiebilanz
kommt hinzu.
Im Rahmen der Kontrollfahrten kartieren Ranger die
Kraniche auch auf ihren Nahrungsflächen. Diese Daten
wurden beispielsweise bereits für die Ausweisung von
sogenannten SPAs (Special Protected Bird Areas) genutzt,
welche vom Umweltministerium nach Brüssel gemeldet
wurden.
Das Wappentier der Lufthansa
Ein Symbol für die Zukunft
E
in stilisierter Vogel, der die aufstrebende Luftfahrt,
die neue Technologie und die damit verbundene
Dynamik visualisiert: Das war die Idee Otto Firles,
gelernter Architekt und Grafiker, für ein Firmenzeichen der
Deutschen Luft-Reederei GmbH (DLR). Der Werbeleiter
des Unternehmens hatte 1918 die nicht gerade leichte
Aufgabe, die komplette Firmenphilosophie in ein schlichtes
Signet umzusetzen. An einen Kranich habe er seinerzeit
nicht gedacht, so Otto Firle, eher an einen Fantasievogel.
Dennoch, seit 1928 ist der Firle-Vogel als „fliegender
Kranich“ bekannt. Wie und wann es genau dazu kam,
ist nicht überliefert.
Mit ein entscheidender Grund dürfte jedoch die hohe
Ähnlichkeit mit dem größten flugfähigen Vogel sein, ein
weiterer der Mythos, der den Kranich seit Jahrtausenden
umgibt. Er gilt als Sendbote des Himmels, als Glücksbringer und Symbol langen Lebens. Seit nunmehr über
80 Jahren schmückt der Vogel mit den positiven Eigenschaften die Leitwerke der Flugzeuge der Deutschen
Lufthansa.
Stationen des Lufthansa Kranichs
1918
Entwurf des stilisierten Kranichs für die Deutsche LuftReederei. Die Verwendung eines einfachen grafischen
Zeichens war seinerzeit sehr ungewohnt.
1919
Erstmalige Verwendung des Kranichs im Kreis auf einem
Leitwerk als Teil der Flugzeuglackierung: Der Kranich wurde
damals als Symbol der Zusammengehörigkeit gesehen.
1955–1962, Parabelphase
Der Kranich wurde ohne Ring auf einer Ellipse platziert.
1962 Verfeinerung der Marke
Otl Aicher nimmt sich des Corporate Designs von Lufthansa
an. Bezugnehmend auf die heraldische Herkunft von Bildzeichen erklärte er die positive dynamische Form des
Kranichs als Symbol für Geschwindigkeit und Bewegung.
Diese Symbolik ist immer noch vorhanden und doch ist der
Kranich selbst zum Erkennungszeichen, zur Marke geworden
und muss als solche behandelt werden.
1979
Die Bildmarke und die Wortmarke der Lufthansa wurden
1979 von der hausinternen Designabteilung modifiziert.
Es fand ein fetterer Schriftschnitt Verwendung (formal
geschlossener, kompakter, selbstbewusster, kräftiger).
Des Weiteren wurde der Kreis der Bildmarke verstärkt.
1991
Erneute Verstärkung des Kreises um den Kranich; durch
diese Verstärkung wird bei der Anwendung der gelben
Scheibe auf dem Leitwerk die Bildmarke klarer erkannt. Der
Effekt der Scheibe (als eigene Form) tritt dadurch in den
Hintergrund.
Die Umweltförderung der Lufthansa
Die Lufthansa Umweltförderung engagiert sich seit vielen
Jahren für den Schutz von Kranichen. Die fortschreitende
Zerstörung derer Lebensräume hat dazu geführt, dass zehn
der weltweit 15 Kranicharten in ihrer Existenz bedroht sind:
eine ernüchternde Bilanz, nicht nur für Vogelkundler.
Um dieser Entwicklung entgegenzuwirken, engagiert sich
Lufthansa seit mehr als 30 Jahren für den Schutz ihres
Wappentieres. Was seinerzeit mit vereinzelten Sponsoringaktivitäten begann, steht heute im Mittelpunkt der Lufthansa
Umweltförderung. Die Kranichschutzprojekte, die die Fluggesellschaft unterstützt, unterstreichen ihr Engagement im
Bereich Corporate Social Responsibility.
23
Mythen und Legenden
Die göttlichen
Boten des
Himmels
Kaum ein anderes Lebewesen hat
den Menschen so inspiriert wie
der Kranich. Besonders in Asien
spielt er in der Mythologie und der
fantastischen Vorstellungswelt
eine besondere Rolle.
E
r behandelte die Kraniche wie hochgeschätzte
Gäste: Fürst Yi aus dem chinesischen Staat Wei; das
jedenfalls überliefert die Geschichte der sogenannten
Frühlings- und Herbstperiode (770 bis 476 vor Christi). Auf
seinen Fahrten wollte der Herrscher auf seine gefiederten
Begleiter nicht verzichten. Sie wurden in Sänften getragen
und in eigenen Karossen befördert, bekamen beste Kost,
Pflege und sogar Gehalt. Die Vögel hatten denselben Rang
wie Beamte, selbst Generäle gab es unter ihnen. Den
Soldaten missfiel diese Behandlung sehr. Als es zu einem
Krieg gegen den Stamm der Di kommen sollte, verwiesen
sie ihren Fürsten auf die Kraniche. Sie möge er an ihrer
Stelle in den Kampf schicken.
Eine wunderbare Geschichte in Zusammenhang mit Kranichen erzählt man sich in Indonesien über die Entstehung
der Erde: Der Kranich war das erste Lebewesen. Er saß
auf einem Felsen im Meer, der ihn geboren hatte. Die dabei
vergossenen Schweißtropfen ließen die Göttin Lumimuut
entstehen. Dieser erzählte der Kranich, dass es ein ursprüngliches Land gebe, von dem sie sich zwei Handvoll Erde
holen und auf dem Felsen streuen solle. Das befolgte die
Göttin und so entstanden alle anderen Lebewesen der Erde.
In Indien wird der Saruskranich als heiliger Vogel Vishnus
verehrt. Er ist einer der Hauptgötter neben Shiva und
Krishna. Man vermutet, dass sein legendärer Ruf in anderen Ländern vor allem von Indien ausging und durch die
Verbreitung des Buddhismus seinen bedeutenden Platz
in der Mythologie erhielt.
Auf allen Kontinenten der Erde ranken sich Legenden und
Mythen um den heute unter Naturschutz stehenden Vogel.
Nahezu in jedem Land – die meisten Märchen etwa gibt es
in Russland – existieren Fabeln und Überlieferungen über
den Kranich. Den größten Raum auch in der heutigen Zeit
nehmen die Kraniche in Asien ein.
24
Kraniche – Vögel des Glücks
In China gelten die großen Vögel als göttliche Boten des
Himmels. In Korea, wo die Kraniche ebenfalls wegen ihrer
göttlichen Heiligkeit einen besonderen Rang haben, verschickt man Neujahrsgrüße bevorzugt auf Postkarten mit
Motiven der gefiederten Glücksbringer. Und in Japan gilt
der weiße Kranich ebenso als Verkörperung der Unsterblichkeit, als Verbindung zwischen Leben und Tod sowie als
Garant für ein langes, glückliches Leben.
Für die Ureinwohner Australiens war der Brolga-Kranich
einst die schöne junge Tänzerin Buralga gewesen, die ein
böser Zauberer, der bei ihr „abgeblitzt“ war, mithilfe einer
Ausschnitt des 60 Quadratmeter großen
Kranichgemäldes des chinesischen Malers
Huang Yong Yu
Staubwolke in einen Kranich verwandelt hatte. Was er
nicht verwandeln konnte, war die Lust am Tanz und dessen
kunstvolle Beherrschung.
In Afrika ranken sich Legenden um den tanzfreudigen Kronenkranich. So wurde aus dem Tschad eine Geschichte erzählt,
in der sich ein Kronenkranichweibchen der Rhesusäffin
erwehren musste, die ihr die Gunst des Häuptlings neidete.
sie nach damaliger Vorstellung ein Tabu gebrochen hatte.
Sie aß vom gleichen Fisch wie ihr Vater. Daraufhin ließ der
König eine Grabstätte bauen und bei dem Begräbnis einen
Kranichtanz von Jungen und Mädchen aufführen. Dabei
mussten sie in einen unterirdischen Gang tanzen, dessen
Eingang danach verschlossen wurde. Der König wollte
sich mit diesem Opfer von seiner Schuld reinwaschen und
gleichzeitig seiner Tochter die Unsterblichkeit verschaffen.
Das grausame Ende eines Kranichtanzes wird aus China
überliefert: Etwa 500 vor Christi hatte sich die Tochter von
Ho-Lu, dem König von Wu, das Leben genommen, weil
25
Tradition in Asien
Kraniche aus Papier
Ein Symbol für den
Frieden
In Japan hat die Kunst
des Figurenfaltens aus
Papier, Origami, eine
lange Tradition. Die „Kette
der tausend Kraniche“ wird
inzwischen weltweit als internationales Friedenssymbol
benutzt.
W
er 1.000 Papierkraniche faltet, dem erfüllen die
Götter einen Herzenswunsch. An diese japanische
Weisheit erinnerte sich ein kleines, krebskrankes
Mädchen in ihrer allergrößten Not. Die zwölfjährige Sadako
Sasaki war eines der verstrahlten Opfer nach dem schrecklichen Atombombenabwurf auf die Hafenstadt Hiroshima.
In ihrem verzweifelten Kampf wollte sie den Krebs mit dem
Falten der Papierkraniche besiegen. Genau 645 schaffte
sie, bevor sie sich 1955 der heimtückischen Krankheit
geschlagen geben musste und starb.
Aufgerüttelt von dieser menschlichen Tragödie sammelten
Kinder von mehr als 3.000 Schulen im ganzen Land Geld
für ein Standbild Sadakos, das die Erinnerung an alle Opfer
Hiroshimas wachhalten soll. Heute steht das Abbild des
Mädchens mit einem stilisierten Papierkranich in der Hand
im Peace Memorial Park in Hiroshima. Um den Friedensappell zu unterstützen, legen täglich Tausende von Besuchern gefaltete Papierkraniche zu Füßen der Statue nieder.
Japanische Kinder haben eine besondere Beziehung zu
diesen wunderbaren Vögeln. Es gibt unzählige Märchen,
denen die Kleinen begeistert lauschen. Die Erwachsenen
26
Kraniche – Vögel des Glücks
benutzen sie auch als Erziehungshelfer, indem sie ihre
Sprösslinge an das gute Benehmen und Betragen der
jungen Kraniche erinnern. Denn die Kraniche gelten
schlechthin als Symbol für Eintracht und Glück in der
Familie.
Für japanische Kinder gehört es zur Tradition, Kraniche
aus Papier zu falten. Sie bringen dem, der sie faltet,
ebenso Glück wie dem, der sie als Geschenk erhält. In
manchen Gegenden des Inselstaates werden die bunten
Vogelgestalten zu einem großen „Kranichstrauß“ an die
Decke oder Tür des Hauses gehängt.
Besonders im Norden Japans erhalten ältere Familienmitglieder zum Geburtstag für jedes Lebensjahr einen
bunten Papiervogel. Als unverzichtbares Mitbringsel
bei einem Krankenbesuch gilt ebenfalls ein knisternder
hübsch gefalteter Papierkranich. Auch die Sehnsucht nach
gutem Wetter wird durch Papierkraniche versinnbildlicht.
Origami-Kranich
Eine Faltanleitung
B
B
A
C
D
D
Fig. 1
D
Fig. 3
D
Fig. 2
Fig. 4
K
G
H
J
I
E
J
I
F
D
D
Fig. 6
Fig. 7
K
K
L
J
I
D
Fig. 10
J
H
D
Fig. 5
I
D
Fig. 8
Fig. 9
K
D
K
M
N
K
O
P
Fig. 11
D
Fig. 12
D
D
Fig. 13
Fig. 14
Q
D
K
P
Fig. 15
1
2
3
4
Q
D
Fig. 16
Falten Sie ein quadratisches Blatt Papier in
der Mitte in zwei Hälften. Öffnen Sie das Blatt
Papier und falten Sie es nun rechtwinklig in die
entgegengesetzte Richtung. Falten Sie das
Papier auch diagonal in beide Richtungen.
Fig. 17
Falten Sie den vorderen Flügel entlang der
gestrichelten Linie, sodass die Punkte E und F
auf der Linie GD zusammentreffen. Sie erhalten eine Drachenform, wie Sie sie in Figur 6
sehen.
Fig. 19
5
Den oberen Teil des Drachens H falten Sie
nun zurück, entlang der Linie IJ, ähnlich einer
Lasche. Sie haben Figur 7 vor sich liegen.
10
6
rehen Sie die Figur um und öffnen Sie die
D
gefalteten Flügel wieder nach außen, so wie
in Figur 8. Halten Sie mit dem rechten Zeigefinger Punkt D fest und ziehen mit der linken
Hand den oberen Flügel nach oben, sodass
eine große Raute entsteht wie in Figur 9.
11 Wie in Figur 17 gezeigt, öffnen Sie die Form
an beiden Seiten und knicken Sie die Falten
hinein.
J etzt wenden Sie das Papier so, dass die
gewölbte Seite nach oben zeigt. Legen Sie
zuerst Punkt A auf D wie in Figur 2, danach
Punkt C auf D. Sie erhalten Figur 3.
Anschließend falten Sie Punkt B auf D. Unten
ist die Form geöffnet, an den Seiten befinden
sich jeweils zwei Flügelchen, wie bei Figur 4
gezeigt.
Fig. 18
7
Drehen Sie das Papier um (Figur 10), falten Sie
die Lasche nach oben und wiederholen Sie die
Figuren 8 bis 9. Sie erhalten Figur 11.
8
F
alten Sie entlang der gestrichelten Linie (siehe
Figur 11), sodass L und M in der Mitte auf die
Linie KD treffen (siehe Figur 12).
9
Drehen Sie das Papier (Figur 13) und falten
Sie N und O in der gleichen Weise wie L und
M. Sie erhalten Figur 14.
Falten Sie die linke und rechte Seite an den
Linien P und Q ab (Figur 15) und Sie erhalten
Figur 16.
12
Jetzt noch den Kopf mit einem inneren
Gegenbruch formen und die Flügel zur Seite
falten wie in Figur 18.
13
Fertig ist der Kranich!
Wer 1.000 Papierkraniche faltet, dem erfüllen
die Götter einen Herzenswunsch.“
Japanische Weisheit
27
Zahlen und Fakten
Sprechen Sie Kranich?
„Cranuh“ lautet der althochdeutsche Name.
Die
Rufe des Kranichs klingen wie Trompeten.
Rufende Altvögel sind über
2.000 Meter weit zu hören.
Ihre Luftröhre ist bis zu 1,3 Meter lang.
Weltweit gibt es
15 Kranicharten.
Sie sind überall zu finden, außer in Südamerika und der Antarktis.
Kraniche waren
lange vor dem Menschen auf der Erde.
Sie sind zwischen 37 und 54 Millionen Jahre alt.
Kraniche erreichen fast die Größe und das Alter des Menschen.
1,75 Meter Körpergröße ist der Saruskranich der
Mit über
größte flugfähige Vogel der Welt.
Mindestens
10 der 15 Kranicharten sind derzeit bedroht.
Ein Kranich benötigt täglich 200 bis 300 Gramm Getreide.
28
Kraniche – Vögel des Glücks
Stoppelfeld, die Wälder leer, und es irrt der Wind verlassen,
weil kein Laub zu finden mehr, rauschend seinen Gruß zu
fassen. Kranich scheidet von der Flur, von der kühlen, lebensmüden, freudig ruft er’s, dass die Spur er gefunden nach
dem Süden.“
Nikolaus Lenau
29
Der Kranichschutz bedankt sich für Ihre Hilfe.
Spendenkonto:
Pommersche Volksbank eG
Konto 100 5316
BLZ 130 910 54
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Schutzgebühr: 2,00 Euro