Ausführliche Informationsbroschüre PDF - Universitäts

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Ausführliche Informationsbroschüre PDF - Universitäts
Kinderwunschsprechstunde
Kinderwunschsprechstunde
Inhaltsverzeichnis
Allgemeines zur ungewollten Kinderlosigkeit
Anmeldeverfahren
Zu Ihrer Information: der natürliche Zyklus der Frau
Hinweise zur reproduktiven Gesundheit
Die ungewollte Kinderlosigkeit
und die seelische Verfassung der Betroffenen
Gynäkologische Infertilitätsdiagnostik
(Untersuchungen bei der Frau)
Überprüfung der Gebärmutter und der Eileiter
Vorbereitung der geplanten Schwangerschaft
Ursachenbezogene Therapieverfahren
bei ungewollter Kinderlosigkeit
Verfahren der assistierten Fertilisation
Das Fortpflanzungsmedizingesetz (FmedG)
Stimulation der Eierstocksfunktion
Die Nachteile der oviarellen
Simulationsbehandlungen sind vielfältig
Vorbehandlung mit dem «langen Protokoll»
Behandlung mit dem «kurzen Protokoll»
Die eigentliche Stimulationsbehandlung
der Eierstöcke
Die Auslösungsspritze
Follikelpunktion zur Eizellengewinnung
Spermiengewinnung und Spermienaufbereitung
Unterstützung der Einnistung durch
das «assisted hatching»
Rückgabe der befruchteten Eizellen: Embryotransfer
Gelbkörper- oder Lutealphase
Kryopräservation von Eizellen im Vorkernstadium
Erfolglose Therapie
Schwangerschaft
Schlusswort
Beratung und psychologische Begleitung
Lageplan
Links für unsere Broschüre und /oder Website
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Vorwort
Sehr geehrtes Paar,
Die medizinische Betreuung der ungewollten Kinderlosigkeit ist ein zeitraubender und komplexer Vorgang. Er belastet sowohl den Körper als auch die Seele der Betroffenen. Ihr
Wohlbefinden während der Untersuchungsphase und bei der
Durchführung der Behandlungen hängt wesentlich von der
Einsicht in die biologischen Vorgänge und vom Verständnis
für die Durchführung der medizinischen Massnahmen ab.
Es ist uns daher ein Anliegen, die medizinische Betreuung der ungewollten Kinderlosigkeit vor dem Hintergrund
der biologischen Vorgänge während der Befruchtung und
bei der Entstehung der Schwangerschaft zu erklären. Dieses
Merkblatt ist als Leitfaden während der Diagnostik und der
Therapie gedacht. Hierbei wurde speziell auf die Methodik
und Abläufe in der Abteilung für Gynäkologische Endokrinologie und Reproduktionsmedizin der Universitäts-Frauenklinik Basel eingegangen.
Bitte lesen Sie diese Informationen gründlich durch und
besprechen Sie Fragen und Unklarheiten mit dem Arzt.
Darüber hinaus ist es nützlich, sich zusätzlich bei Ihrem niedergelassenen Frauenarzt, Hausarzt oder Urologen zu informieren. Aus der unterschiedlichen Darstellung der Vorgänge können Sie ein eigenes und vollständigeres Bild der
Geschehnisse gewinnen.
Prof. Dr. med. h. c. mult. W. Holzgreve
Vorsteher der Universitäts-Frauenklinik Basel
Prof. Dr. med. Christian De Geyter
Abteilungsleiter, Gynäkologische Endokrinologie
und Reproduktionsmedizin
Dr. rer. nat. Maria De Geyter
Laborleiterin
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Allgemeines zur ungewollten Kinderlosigkeit
Bleibt ein Paar über einen Zeitraum von mindestens zwölf
Monaten ungewollt kinderlos, handelt es sich definitionsgemäss um ein infertiles Paar. In West-Europa betrifft dieses Problem etwa 12 bis 15 % aller Paare. In manchen Entwicklungsländern kann dieser Prozentsatz noch wesentlich
höher sein: laut Statistiken der Weltgesundheitsorganisation
(WHO) bleiben in Zentral-Afrika etwa 30% der Frauen ungewollt kinderlos.
Obwohl bei Ihnen in den letzten 12 Monaten oder länger
keine Schwangerschaft eingetreten ist, sind die Chancen,
dass es bei Ihnen doch noch spontan zu einer Schwangerschaft kommt, nicht gering. Man hat berechnet, dass es pro
Monat in 1% bis 3% der Zyklen doch noch zu einer Schwangerschaft kommt. Allerdings sinkt die Wahrscheinlichkeit
eines spontanen Schwangerschaftseintrittes mit zunehmender Dauer der ungewollten Kinderlosigkeit.
Sie haben eine medizinische Beratung bezüglich Ihrer
ungewollten Kinderlosigkeit in Anspruch genommen. Dies
ist nicht die einzige Anlaufstelle, die Ihnen Hilfe bieten kann.
Eine Alternative wird vom Jugendamt bereitgestellt, welches
die Adoption oder die Pflege eines Kindes anderer Eltern
vermittelt. Auch eine psychologische Begleitung der ungewollten Kinderlosigkeit kann zur Bewältigung der Problematik beitragen und so Ihren Leidensweg verkürzen helfen.
Wenn Sie nach reiflicher Überlegung eine medizinische
Betreuung zur Überwindung der ungewollten Kinderlosigkeit anstreben, ist es wichtig zu verstehen, dass es sich hier
um einen manchmal langwierigen Prozess handelt. Dieser
Prozess ist systematisch und logisch aufgebaut, folgt allgemeinbekannten medizinischen Prinzipien und umfasst daher
mehrere Phasen:
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1. Diagnostik:
Ziel der Diagnostik ist die Erfassung aller zur Kinderlosigkeit
beitragenden Faktoren. Wichtig ist, dass beide Partner untersucht werden, da meistens mehrere Störfaktoren gleichzeitig
Ursache für die Infertilität sind.
2. Beseitigung der Sterilitätsfaktoren:
Zuerst wird versucht, Störfaktoren bei der Schwangerschaftsentstehung zu beseitigen. Hierzu gehört auch die Optimierung
der Voraussetzungen für das Austragen einer Schwangerschaft. Ein Beispiel dafür ist die Behandlung einer Unterfunktion der Schilddrüse. Je nach Ausmass der Schilddrüsenunterfunktion kann diese sowohl die Schwangerschaftsentstehung
als auch den Verlauf der Schwangerschaft beeinträchtigen. Es
ist nicht zwingend notwendig, dass alle Störfaktoren behandelt werden: manchmal genügt es, einen oder zwei Störfaktoren zu beseitigen. Anschliessend kommt es häufig zum spontanen Schwangerschaftseintritt.
3. Überwindung der ungewollten Kinderlosigkeit ohne
Beseitigung der Sterilitätsursache:
Wenn trotz intensiver Diagnostik die Ursache der Infertilität
nicht geklärt oder diese nicht ausreichend beseitigt werden
kann, wird versucht, mit dem vorhandenen Fertilitätspotential beider Partner zur Entstehung einer Schwangerschaft beizutragen. Dieses wird überwiegend durch den Einsatz verschiedener Verfahren der künstlichen Befruchtung (die sog.
«assistierte Fertilisation») bewirkt.
In der Universitäts-Frauenklinik Basel bestehen die erforderlichen Voraussetzungen, um kinderlose Ehepaare mit
sämtlichen Formen der ursachenbezogenen sowie mit den
verschiedenen Verfahren der assistierten Fertilisation erfolgreich zu behandeln.
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Anmeldeverfahren
Die Anmeldung zu einem ersten Beratungsgespräch und
auch zu weiteren Untersuchungsterminen kann telefonisch
unter der Nummer 061 265 93 37 in der KinderwunschSprechstunde erfolgen.
Die Kinderwunsch-Sprechstunde befindet sich in der
Poliklinik in der Universitäts-Frauenklinik Basel. Vor dem
Gespräch oder der Untersuchung melden Sie sich zur Registrierung bei der Anmeldung im Raum Q in der Poliklinik.
Die Kinderwunsch-Sprechstunde verfügt über drei gynäkologische Untersuchungsräume sowie über drei Sprechstundenzimmer. Sie werden von fünf Krankenschwestern sowie
von drei Ärzten betreut.
Zusätzlich haben wir im Rahmen der Kinderwunschsprechstunde der Universitäts-Frauenklinik Basel eine andrologische Sprechstunde für die Diagnostik und Therapie
des infertilen Mannes eingerichtet. Die Anmeldung und die
Terminvergabe erfolgt ebenfalls unter der Telefonnummer
061 265 93 37.
Die Sprechstunde ist so eingerichtet, dass das erste
Gespräch mit einem ungewollt kinderlosen Paar etwa eine
halbe bis eine Stunde dauern kann. Dieser Zeitaufwand ist
notwendig, um sich ein vollständiges Bild der Vorgeschichte (die sogenannte Anamnese) des Paares machen zu können. Wichtige Informationen werden hierbei aus der Krankheitsgeschichte der Familie des Paares, aus der allgemeingesundheitlichen und aus der gynäkologischen Vorgeschichte
der Frau gewonnen. Wenn möglich, sollten beide Partner bei
dem Gespräch anwesend sein.
Zur Vereinfachung des Gespräches sowie zur Vermeidung von Falschinformationen und unnötigen Doppelbestimmungen von Untersuchungen bitten wir Sie daher,
Kopien früherer Untersuchungsergebnisse mitzubringen. Falls
möglich, bitten Sie Ihren Frauenarzt um die Zusammenfassung der bisher durchgeführten Untersuchungen und Behandlungen. Nur so können unnötige Wiederholungen von
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Untersuchungen und Behandlungen und dadurch die Entstehung vermeidbarer Kosten verhindert werden.
Grundsätzlich verstehen sich die Ärzte in der Kinderwunsch-Sprechstunde als vorübergehende Stellvertreter
Ihres Frauenarztes. Die Ärzte in der Kinderwunsch-Sprechstunde der Universitäts-Frauenklinik Basel üben diese Funktion aus, da sie über besondere Kenntnisse und eine besondere Ausstattung verfügen, die eine spezialisierte Betreuung
der ungewollten Kinderlosigkeit gewährleistet. Grosser Wert
wird daher auf den steten Informationsaustausch mit Ihrem
betreuenden Frauenarzt gelegt. Dieser wird durch gelegentliche Telefonate und durch einen regelmässigen Briefkontakt
sichergestellt. Bei Unsicherheiten können Sie so immer wieder eine zweite Meinung bei Ihrem Frauenarzt einholen.
Anmeldung der Kinderwunschsprechstunde in der Poliklinik der
Universitäts-Frauenklinik Basel.
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Zu Ihrer Information: der natürliche Zyklus der Frau
Der natürliche Menstruationszyklus der Frau dauert normalerweise etwa 28 Tage, beginnt mit dem ersten Tag der Regelblutung und endet mit dem Tag vor der darauffolgenden
Regelblutung. Schon während der Regelblutung, die etwa
5 bis 7 Tage dauern kann, beginnt das Heranwachsen eines
dominanten Eibläschens (Follikel) in einem der beiden Eierstöcke (Ovarien).
Durch eine genau abgestimmte Wechselwirkung zwischen Eierstock und Hirnanhangsdrüse gelingt es dem Körper, aus einer grösseren Anzahl von Eibläschen dieses einzelne Eibläschen heraus zu selektionieren. Die weibliche
Fruchtbarkeit wird sehr stark von diesem Selektionsprozess
geprägt: wenn in beiden Eierstöcken ein grosser Vorrat an
Eibläschen zur Verfügung steht, sind die Chancen einer
Schwangerschaft viel grösser, als wenn lediglich wenige
Eibläschen in beiden Ovarien vorhanden sind. Mit einer Ultraschalluntersuchung von der Scheide her kann der Eierstock genau dargestellt und die Anzahl vorhandener Eibläschen gezählt werden. Aus dieser Anzahl Eibläschen kann der
Arzt ableiten, wie gut die Ovarien auf eine eventuelle spätere
Hormonstimulation reagieren werden.
Jedes Eibläschen enthält im Inneren eine Eizelle. Durch
die Hormonausschüttung aus der Hirnanhangsdrüse reift jedoch jeden Monat nur ein Eibläschen heran, dessen Eizelle
sich im Inneren des Eibläschens bis zur Befruchtungsfähigkeit weiterentwickelt. Dieses eine Eibläschen kann sich dann
zum richtigen Zeitpunkt öffnen (Ovulation) und den Inhalt
in den Eileiter ausschütten. Der Eisprung kann ausbleiben,
wenn das Eibläschen im Inneren zu schwach ausgebildet
ist. Dieses ist häufig bei älteren Frauen der Fall. Umgekehrt
bleibt der Eisprung auch häufig bei jungen Mädchen aus,
da die Hirnanhangsdrüse noch nicht in der Lage ist, die
Follikelreifung ausreichend zu unterstützen.
Nach dem Eisprung wird das Eibläschen in den sogenannten Gelbkörper (Corpus luteum) umgewandelt. Die
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Funktion dieses Gelbkörpers ist es, die Einnistungsbedingungen in der Gebärmutter so zu beeinflussen, dass eine
Schwangerschaft entstehen kann. Bei einer gesunden Frau
ist die Lebensdauer und Funktion des Gelbkörpers so ausgerichtet, dass er die ersten zwölf Tage der Schwangerschaftsentstehung unterstützt. Ist aufgrund krankhafter Umstände
die Lebensdauer des Gelbkörpers verkürzt (unter zehn Tage)
oder die Funktion des Gelbkörpers so beeinträchtigt, dass
die Gebärmutterschleimhaut (Endometrium) nicht genügend
auf die mögliche Einnistung eines Embryos vorbereitet werden kann, spricht man von einer Gelbkörperschwäche oder
Lutealinsuffizienz.
Bildung von Östrogenen im Eibläschen an, zum anderen stimuliert es die Bildung und Aktivität von Zellen im Inneren des
Eibläschens (Granulosazellen), die mit der Eizelle in Verbindung stehen und diese mit Nährstoffen versorgen.
Hormone sind Signale, die von einem Organ im Körper
ausgeschieden werden und ihre Signalwirkung in einem
anderen Organ ausüben. Folgende Hormone spielen in der
Beurteilung des Menstruationszyklus eine Rolle:
Prolaktin ist das Milchproduzierende Hormon. Es bewirkt
nach der Geburt eines Kindes während der Stillzeit die Milchproduktion in der weiblichen Brust. Es wird wie FSH und
LH in der Hirnanhangsdrüse produziert. Bei einigen infertilen Frauen und Männern wird dieses Hormon übermässig
produziert und führt dann zu Unregelmässigkeiten im Zyklusablauf oder zu einer Schwäche in den Eierstöcken oder in
den Hoden. Manchmal muss bei solchen Patientinnen oder
Patienten ein Tumor in der Gehirnanhangsdrüse ausgeschlossen werden. Fast immer handelt es sich dabei allerdings um eine gutartige Geschwulst. Prolaktin ist auch ein
Hormon, welches unter inneren oder äusseren Stressbedingungen vermehrt freigesetzt wird.
Östradiol ist das wesentliche weibliche Geschlechtshormon. Es wird im heranreifenden Eibläschen produziert und
in das Blut ausgeschüttet. Je grösser das Eibläschen während seiner Entwicklung heranwächst, um so mehr wird
dieses Hormon in das Blut ausgeschüttet. Wenn mehrere Eibläschen in beiden Ovarien heranreifen (zum Beispiel
bei einer hormonellen Stimulationsbehandlung der Eierstöcke), ist die Konzentration des Östradiols im Blut entsprechend höher.
Progesteron ist das Gelbkörperhormon. Es wird überwiegend in der zweiten Hälfte des Zyklus durch den Gelbkörper
produziert und regt die Freisetzung von besonderen Nährstoffen durch die Gebärmutterschleimhaut an.
FSH ist das Follikel-Stimulierende Hormon. Es wird durch
den vorderen Teil der Hirnanhangsdrüse produziert und
bewirkt die Reifung der Eibläschen. Zum einen regt FSH die
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LH ist das luteinisierende Hormon. Es wird, wie das FSH,
durch den vorderen Teil der Hirnanhangsdrüse produziert
und sorgt zum einen für die Produktion einer geringen Menge männlicher Geschlechtshormone im Inneren des Eierstockes, und zum anderen bewirkt es in der Mitte des Zyklus
den Eisprung eines reifen Eibläschens. In der zweiten Zyklushälfte (Lutealphase) stimuliert es die Produktion von Progesteron durch den Gelbkörper.
HCG ist das Schwangerschaftshormon. Dieses Hormon wird
durch Zellen in der Schwangerschaftshülle (nicht durch den
Embryo selbst) produziert und regt die Freisetzung von Gelbkörperhormon im Gelbkörper des Eierstockes an. Nur durch
einen stetigen und dynamischen Anstieg der freigesetzten
Menge an hCG kann eine ausreichende Versorgung der frühen Schwangerschaft mit Gelbkörperhormon gewährleistet
werden.
Hinweise zur reproduktiven Gesundheit
Viele Ursachen der ungewollten Kinderlosigkeit entstehen
bereits in der frühen Kindheit oder in der Adoleszenz und
die entstandenen Schäden können nicht mehr rückgängig
gemacht werden. Andere wiederum sind Folge einer bewussten Verzögerung der Fortpflanzung in einen späteren
Lebensabschnitt, in dem die Zeugung oder die Empfängnis
naturgemäss schwieriger ist.
Die Lebensqualität und die Einhaltung einiger Gesundheitsregeln tragen allerdings auch erheblich zur Erhaltung
der Zeugungsfähigkeit und der Fruchtbarkeit («die reproduktive Gesundheit») bei. Um Ihnen «bei der Selbsthilfe zu
helfen» haben wir Ihnen einige wissenschaftlich überprüfte
Tipps zur Erhaltung oder zur Verbesserung der reproduktiven Gesundheit aufgelistet.
Mangel an Bewegung und Übergewicht
Während der schädliche Einfluss einer übermässigen sportlichen Betätigung auf den Zyklus der Frau gut bekannt ist,
ist das Wissen um die nachteilige Wirkung einer lang anhaltenden, sitzenden Haltung auf die Hodenfunktion viel
weniger vorhanden. Als einziges Organ braucht der Hoden für
die Entfaltung seiner Funktion eine niedrigere Temperatur (circa 34 °C) als die Kerntemperatur des Körpers. Alle
Massnahmen, die die Temperatur des Hoden dauerhaft erhöhen, sind für die Spermienproduktion schädlich. Hierzu
gehören:
•
•
•
enge Unterwäsche, die die Hoden an den Körper fixieren
lang anhaltende sitzende Haltung ohne Pause
häufiger und anhaltender Kontakt mit grosser Hitze
Mangel an Bewegung hat oft Übergewicht zur Folge. Bei der
Frau kann Übergewicht zu Zyklusstörungen führen und starkes Übergewicht geht mit einer deutlich erhöhten Komplikationsrate in der Schwangerschaft einher. Beim Mann kann
ein starkes Übergewicht zur Zeugungsunfähigkeit führen, da
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im Fettgewebe weibliche Geschlechtshormone produziert
werden können, die die Hormonproduktion für den Hoden
und damit auch die Spermienproduktion unterdrücken.
Starkes Rauchen
Bei Frauen verursacht starkes Rauchen einen vorzeitigen Verlust von Eibläschen. Frauen, die rauchen, kommen früher in
die Wechseljahre als Frauen, die nicht rauchen. Es wurde
wissenschaftlich belegt, dass Kinderwunschbehandlungen
bei rauchenden Frauen nur halb so effektiv sind als bei nicht
rauchenden Frauen. Darüber hinaus ist die Fehlgeburtenrate
erhöht. Nikotinkonsum während der Schwangerschaft geht
mit einer reduzierten Funktion des Mutterkuchens einher, so
dass das Geburtsgewicht des Kindes weit unter dem eines
Kindes liegt, dessen Mutter während der Schwangerschaft
nicht geraucht hat.
Die Zeugungsfähigkeit des Mannes wird ebenfalls durch
das Rauchen beeinträchtigt. Die Giftstoffe, die im Zigarettenrauch enthalten sind, gehen auf die befruchtete Eizelle über
und können so im Embryo eingelagert werden. Es wurde wissenschaftlich dokumentiert, dass die Kinder von rauchenden
Männern später häufiger an Krebs erkranken.
Alkohol
Sowohl bei Männern als auch bei Frauen erhöht Alkohol
die Östrogenproduktion. Daher unterdrückt auch mässiger
Alkoholgenuss die Produktion der Samenzellen, als auch
die Reifung von Eibläschen. Während der Schwangerschaft
beeinträchtigt auch nur ein geringgradiger Alkoholgenuss die
Entwicklung des ungeborenen Kindes. Ausgeprägter Alkoholmissbrauch während der Schwangerschaft führt beim Kind
zu bleibenden Schäden und Behinderungen (das sogenannte
fetale Alkoholsyndrom).
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Cannabis
Cannabis wird als weiche Droge bezeichnet und geniesst
eine zunehmende Akzeptanz in unserer Gesellschaft. Studien ergeben jedoch keineswegs ein so harmloses Bild. Der
Rauch einer Marihuanazigarette enthält 50 bis 100 % mehr
krebsverursachende Substanzen als der einer Zigarette mit
dem gleichen Gewicht. Die Cannabisstoffe verweilen sehr
viel länger im Körper als die Inhaltsstoffe einer Zigarette. Die
Droge Cannabis übt sowohl bei Männern als auch bei Frauen eine hemmende Wirkung auf die Hormonproduktion in
der Hirnanhangsdrüse aus, so dass der normale Ablauf des
Zyklus der Frau und des Eisprunges gestört werden kann.
Beim Mann kann Cannabis zur Impotenz führen, ebenso
wurde ein direkter schädlicher Einfluss auf das Keimepithel
im Hoden nachgewiesen, welcher nach einiger Zeit dauerhaft ist. Cannabis bewirkt eine Abnahme der Hodengrösse
und führt daher besonderes beim Mann zur direkten und
irreversiblen Beeinträchtigung der Spermienproduktion.
In der Schwangerschaft geht Cannabis durch den Mutterkuchen in den Kreislauf des ungeborenen Kindes über und
hemmt das Wachstum des Feten. Nach der Geburt verursacht Cannabis Verhaltensauffälligkeiten beim Neugeborenen, ähnlich wie beim fetalen Alkoholsyndrom.
Die ungewollte Kinderlosigkeit und die seelische
Verfassung der Betroffenen
Die ungewollte Kinderlosigkeit wurde von der Weltgesundheitsorganisation (WHO) als Krankheit anerkannt, weil sie
das ganze Wesen der Betroffenen (sowohl körperlich als
auch seelisch) beeinträchtigen kann. Besonders die Frau
ist betroffen, da sie jeden Monat auf schmerzliche Weise
durch das Auftreten der Regelblutung an das Ausbleiben
der Schwangerschaft erinnert wird.
Die moderne Medizin kann oft, jedoch nicht immer,
einen Beitrag zur Klärung der Sterilitätsursache leisten. Allein
schon eine solche Aufklärung der möglichen Ursachen der
ungewollten Kinderlosigkeit kann für viele Paare bereits eine gewisse Erleichterung bewirken. Nicht selten genügt dieses Wissen, so dass manche Paare auf weitere medizinische
Massnahmen verzichten. Im Laufe der Zeit kommt es dann in
einigen Fällen trotzdem zur lang ersehnten Schwangerschaft.
Falls es, ohne unser Wissen, spontan zur Schwangerschaft
kommen sollte, ist eine kurze Rückmeldung an die Kinderwunschsprechstunde sehr hilfreich. Diese Benachrichtigung
wird dann mit der damals gestellten Diagnose und Empfehlung verglichen. Im Laufe der Zeit können so wichtige Rückschlüsse über die Wertigkeit der Untersuchungen gemacht
werden, die wiederum anderen Paare helfen können.
Viele Paare entscheiden sich zu einer medizinischen
Behandlung. Unter diesen sind besonders jene Therapien für die seelische Verfassung belastend, in denen das
Zusammentreffen der Samenzellen und Eizellen intensiv
überwacht wird: z. B. die künstliche Befruchtung. Einerseits bietet diese Möglichkeit im Vergleich zu einem natürlichen Zyklus eine verhältnismässig hohe Schwangerschaftswahrscheinlichkeit, andererseits kann die intensive
Auseinandersetzung mit den einzelnen Schritten der Therapie und ihrer Fehlbarkeit Depressionen verursachen. Es ist
besonders das «Auf-und-Ab» von guten und schlechten
Nachrichten, welches eine ständig wechselnde Belastung
darstellt. Frauen, die bereits früher an Depressionen gelitten
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haben, sind hier besonders gefährdet. Eine Kinderwunschbehandlung, besonders im Falle eines enttäuschenden Ergebnisses, kann eine frühere psychiatrische Erkrankung wieder
aufkeimen lassen.
Für die seelische Bewältigung einer eventuell geplanten
Kinderwunschbehandlung ist eine umfangreiche Informationsvermittlung äusserst wichtig. Wir empfehlen Ihnen
daher die Auseinandersetzung mit dem Inhalt dieser Broschüre, da sie Einsicht in die Ursachen der ungewollten
Kinderlosigkeit sowie in die Behandlungsverfahren vermittelt. Psychologen haben Untersuchungen hinsichtlich der
Bewältigungsmechanismen während einer Kinderwunschbehandlung und der erzielten Schwangerschaftschancen
durchgeführt. Sie konnten feststellen, dass Paare, die die
einzelnen Behandlungsschritte verstanden haben und so
ein Gefühl der Kontrolle über sich und die Therapie hatten,
eher eine Schwangerschaft erzielten. Während der Therapie ist ein offener Gedankenaustausch mit dem Behandlungsteams wichtig. Im Wartezimmer sind Kontakte zu
anderen Patientinnen empfehlenswert, da so Erfahrungen
ausgetauscht werden können. Eine Verheimlichung der
ungewollten Kinderlosigkeit oder einer Therapie stellt immer
eine zusätzliche Belastung dar.
Parallel zur medizinischen Behandlung der ungewollten Kinderlosigkeit besteht die Möglichkeit zur psychosomatischen Beratung und Betreuung durch eine in psychosomatischer Gynäkologie spezialisierten Ärztin. Eine solche
Beratung im Vorfeld einer geplanten Behandlung oder auch
begleitend zur Therapie ist grundsätzlich empfehlenswert.
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Gynäkologische Untersuchungen und Infertilitätsdiagnostik
Ultraschallbild einer Gebärmutterschleimhaut in der sekretorischen
Phase (2. Zyklushälfte nach
dem Eisprung): beachten Sie die
Aufhellung der Gebärmutterschleimhaut, welche der Freisetzung
von Nährstoffe entspricht
Ultraschallbild einer normal
aufgebauten Gebärmutterschleimhaut kurz vor dem Eisprung
(Ovulation). Das Ultraschallbild
zeigt drei parallelLinien.
Im Rahmen des Erstgespräches wird Ihnen erläutert, welches die nachfolgenden diagnostischen Schritte sind. Ziel
der Diagnositk ist es, die Ursachen der Infertilität zu klären,
die Prognose, die möglichen Risiken der Infertilitätsbehandlung zu bestimmen und möglichen Komplikationen während
der erhofften Schwangerschaft vorzubeugen.
Kern der Sterilitätsdiagnostik bei der Frau ist die Beobachtung
der verschiedenen Abschnitte eines natürlichen Menstruationszyklus, das sogenannte Zyklusmonitoring. Der natürliche Menstruationszyklus beginnt mit dem ersten Tag der
Regelblutung an und dauert in der Regel 28 Tage. Während
dieser Zeit reift ein Eibläschen (Follikel) im Eierstock heran.
Dieses Eibläschen setzt beim Eisprung eine Eizelle frei und
wird in der zweiten Zyklushälfte zum Gelbkörper, welcher eine
mögliche Einnistung der Eizelle in die Gebärmutterschleimhaut unterstützt. Ein Menstruationszyklus endet nach 28
Tagen mit dem Eintritt einer weiteren Regelblutung. Je normaler sich der Verlauf des unbehandelten Menstruationszyklus darstellt, um so erfolgversprechender sind später die
Konzeptionschancen (Wahrscheinlichkeit einer Schwangerschaft). Der Menstruationszyklus wird mit Ultraschall, sowie
wiederholten Blutuntersuchungen optimal überwacht. Welche Untersuchung an welchen Tagen erfolgen muss, wird
Ihnen vom behandelnden Team mitgeteilt.
Der Menstruationszyklus beginnt mit dem ersten Tag, an
dem Sie die Regelblutung bemerken (1. Zyklustag), hierbei
spielt es keine Rolle, ob Sie die Blutung früh morgens oder spät
abends beginnt. Sie sollten sich dann telefonisch mit uns in
Verbindung setzen, so dass ein erster Untersuchungstermin
vereinbart werden kann.
Die Periode bahnt sich bei manchen Frauen mit einer
Schmierblutung an. Diese sollte jedoch nicht als die richtige Menstruation angesehen werden, hierbei handelt es
sich viel mehr um diskrete Hormonstörungen. Die Regelblutung ist als eine stärkere Blutung gekennzeichnet. Erst wenn
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diese eintritt, sollten Sie sich telephonisch zur Terminvereinbarung melden: 061 265 93 37.
An diesem ersten Termin (zwischen dem dritten und fünften Tag nach Eintreten der Regelblutung) findet die Untersuchung statt, die Ihnen und uns die meisten Informationen
liefert. Mittels einer Blutuntersuchung sowie auch anhand
einer Ultraschalluntersuchung wird die Grösse der Eierstöcke (Ovarien) ermittelt und die Intensität, mit der die Hirnanhangsdrüse die Reifung der Eibläschen herbeiführt. Darüberhinaus wird überprüft, ob die Regelblutung tatsächlich eine
Menstruation war und nicht nur eine Durchbruchsblutung,
bei der lediglich ein Teil der Gebärmutterschleimhaut abblutet. Zudem wird das Verhältnis zwischen den weiblichen und
männlichen Geschlechtshormonen und anderen Hormonstörungen, die die Reifung eines Eibläschens beeinträchtigen,
abgeklärt. So kann zum Beispiel eine übermässige Ausscheidung des Prolaktins oder eine Unterfunktion der Schilddrüse die Reifung der Eibläschen behindern, ohne dass Sie dies
bemerkt haben.
Ein weiterer Termin findet kurz vor dem Zeitpunkt des
Eisprunges (Ovulation) statt. Ziel der Untersuchung an diesem Tag ist die direkte Beobachtung der Schleimhaut und
Bestimmung der hormonellen Voraussetzung für den Eisprung. Hier gilt die Regel: je normaler der Verlauf des Zyklus
ist, desto weniger muss medikamentös behandelt werden,
und desto grösser ist die Wahrscheinlichkeit einer erfolgreichen und komplikationsarmen Infertilitätsbehandlung.
Mit dem Eisprung beginnt die Gelbkörperphase (Lutealphase). Diese kann nur mittels Blutuntersuchungen überwacht werden. Mit Ultraschall kann die Qualität des Gelbkörpers nicht beurteilt werden. Die Gelbkörperphase kann
sowohl in der Dauer (mindestens 10 Tage) als auch in der
Intensität (es muss mindestens eine Konzentration von 30
nmol/l des Gelbkörperhormons im Blut vorhanden sein) gestört sein. Daher sind für eine optimale Überwachung drei
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Blutuntersuchungen an verschiedenen Tagen erforderlich.
Beim Ausbleiben einer Schwangerschaft ist die Lebensdauer
eines Gelbkörpers auf 12 Tagen begrenzt. Das Erlöschen der
Gelbkörperfunktion führt zur nächsten Regelblutung.
Elektronenmikroskopische Aufnahme
der Oberfläche der Gebärmutterschleimhaut. Sie sehen auch die Öffnung der Drüsen zur Oberfläche hin.
Überprüfung der Gebärmutter
und der Eileiter
Polypen der Gebärmutterschleimhaut kommen in circa 5% der Frauen mit ungewollter Kinderlosigkeit
vor und sind eine eigenständige Ursache für ungewollte
Kinderlosigkeit.
Hysterosalpingographie (HSG)
einer gesunden Gebärmutter,
mit einem durchgängigen rechten
Eileiter, jedoch mit einem
in der Nähe des Eierstockes
verschlossenen Eileiters.
Sollte bei der Ultraschalluntersuchung eine Unregelmässigkeit der Gebärmutterschleimhaut festgestellt werden,
besteht die Möglichkeit, dass sich dort ein gutartiger Tumor befindet. Ein solcher sogenannter Corpuspolyp stellt
einen eigenständigen Störfaktor bei der Einnistung eines Embryos dar. Um diese Verdachtsdiagnose zu bestätigen und
die Grösse, Anzahl und Lokalisation des Polypen zu bestimmen, ist eine Zusatzuntersuchung notwendig: die Hydrosonographie.
Bei der Hydrosonographie wird wie bei einer normalen
frauenärztlichen Untersuchung ein dünner Schlauch durch
den Gebärmutterhalskanal in die Gebärmutterhöhle eingeführt. Unter Ultraschallsicht wird dann steriles Wasser in die
Gebärmutterhöhle eingespritzt. Auf diese Weise kann die
Form der Gebärmutterhöhle sowie eventuelle Unregelmässigkeiten der Gebärmutterschleimhaut beurteilt werden. Diese Untersuchung ist nahezu immer schmerzfrei. Polypen der
Gebärmutterschleimhaut kommen bei circa 5 % der Frauen
mit einer ungewollten Kinderlosigkeit vor.
Nachdem mittels einer solchen Ultraschalluntersuchung
das Vorhandensein eines Gebärmutterschleimhautpolyps
gesichert wurde, sollte dieser durch eine kleine Operation
entfernt werden. Dies geschieht mittels einer Gebärmutterspiegelung (Hysteroskopie). Die Gebärmutterspiegelung ist
eine Operation, die entweder in Vollnarkose oder mit einer lokalen Betäubung vorgenommen wird. Hierbei wird zuerst der
Gebärmutterhalskanal erweitert, anschliessend wird die Optik, welche mit einer Kamera verbunden ist, in die Gebärmutterhöhle eingeführt. Dieser Vorgang kann über einen Bildschirm verfolgt werden. Zur Darstellung der Gebärmutterhöhle wird eine klare Flüssigkeit eingespült. Über einen Arbeitskanal können feine Instrumente eingeführt werden, mit
denen z.B. Polypen oder Myome entfernt werden können.
Die Durchgängigkeit der Eileiter kann anhand einer
Röntgenuntersuchung (Hysterosalpingographie) überprüft
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werden. Diese Untersuchung wird in Zusammenarbeit mit
einem Radiologen im Röntgeninstitut durchgeführt. Um die
Gebärmutterhöhle und die Eileiter sichtbar zu machen, muss
ein Röntgenkontrastmittel, welches Jod enthält, über eine
Sonde durch den Gebärmutterhalskanal in die Gebärmutter
gespritzt werden. Dieser Vorgang wird gleichzeitig über einen Bildschirm überwacht. Bei frei durchgängigen Eileitern,
fliesst das Röntgenkontrastmittel in Sekundenschnelle in die
Bauchhöhle. Dies kann von krampfartigen Schmerzen begleitet sein. Vorteil dieser Methode ist die schnelle und einfache Durchführung der Untersuchung – sie ist weitgehend
schmerzfrei, sodass keine Betäubung notwendig ist. Sie stellt
zuverlässig Gebärmutterhöhlen- und Eileiterveränderungen
dar. Eine Einschränkung der Aussagekraft der Hysterosalpingographie besteht bei einem einseitigen oder beidseitigen Verschluss der Eileiter, in diesem Fall ist eventuell eine
weitere Diagnostik notwendig.
Eine genauere Untersuchung der Eileiterfunktion ist durch
die Bauchspiegelung (Laparoskopie) möglich. Hierbei wird
eine Optik mit einer Kamera durch den Nabel in die Bauchhöhle eingeführt, nachdem zuvor über eine Nadel die Bauchhöhle mit Kohlensäure aufgefüllt wurde. Über zusätzliche
Einstiche in der unteren Bauchdecke können zusätzliche
Instrumente eingeführt werden. Diese Operation, die nur in
Vollnarkose erfolgen kann, erlaubt eine direkte Betrachtung des
Bauchraumes, sowie der Eileiter. Darüberhinaus bietet diese
Untersuchungsmethode die Möglichkeit, gleichzeitig operative Massnahmen durchzuführen. So können Verwachsungen der Eileiter, die deren Beweglichkeit einschränken und so
das Auffangen der Eizelle beim Eisprung behindern, beseitigt
werden. Krankhafte Veränderungen wie eine Endometriose,
können entfernt werden. In manchen Fällen kann auch ein
Verschluss der Eileiter rückgängig gemacht werden.
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Ultraschallbild eines mit Flüssigkeit
gefüllten Eileiters (Hydrosalpinx), welches ein sicheres Zeichen eines durch
Entzündung beschädigten Organs
darstellt. Diese Situation erfordert
die operative Sanierung mittels einer
Laparoskopie.
Vorbereitung der geplanten
Schwangerschaft
Andrologische Infertilitätsdiagnostik
Untersuchungen beim Mann Elektronenmikroskopische Aufnahme einer Samenzelle:
an der Spitze des Spermienkopfes befindet
sich das Akrosom, welches für die Bindung
an die Eizelle und für die Durchdringung
durch die äussere Eihülle verantwortlich ist.
Akrosom
Normale
Samenzellen
Samen ohne
Akrosom
(Globozoospermie)
Neben der Abklärung der Sterilitätsursache und der Chancen der sehnlichst gewünschten Schwangerschaft werden zusätzlich Untersuchungen durchgeführt, die frühzeitig
Komplikationen und Risiken einer zukünftigen Schwangerschaft erfassen helfen. Es können prophylaktische Massnahmen getroffen werden wie z.B. eine Rötelnimpfung bei
fehlendem Rötelnschutz. Desweiteren wird die Blutgruppe bestimmt, sowie Antikörper und eine allfällige Infektion
mit Hepatitis B/C, HIV und Syphilis ausgeschlossen. Zudem
werden erweiterte Hormonbestimmungen (wie z.B. das
Schilddrüsenhormon) durchgeführt, um einer Komplikation
diesbezüglich vorzubeugen. Zur Vorbeugung von embryonalen Fehlbildungen («offener Rücken») sollten alle Frauen, die
schwanger werden möchten, das Vitamin Folsäure einnehmen. Die empfohlene tägliche Dosierung beträgt 0.4 mg.
Ebenso häufig wie bei der Frau können beim Mann Faktoren zum Ausbleiben einer gewünschten Schwangerschaft
beitragen. Ein zentraler Stellenwert bei der Untersuchung der
männlichen Zeugungsfähigkeit nimmt das Spermiogramm
(Ejakulatanalyse) ein, hierbei wird die Anzahl, die Beweglichkeit und die Form der Samenfäden (Spermien) im Samenerguss beurteilt. Die Diagnostik von Störungen der männlichen Zeugungsfähigkeit sollte jedoch nicht ausschliesslich
auf der Erstellung eines Spermiogrammes beruhen, da auch
bei gestörter Spermienqualität Schwangerschaften möglich
sind. Ebenso können bei offensichtlich normaler Spermienqualität Schwangerschaften ausbleiben. Es ist daher viel genauer, die Fertilität des Mannes im Rahmen eines ausführlichen Gespräches und einer medizinischen Untersuchung
zu beurteilen. Dieses Gespräch und diese Untersuchung hat
drei erklärte Ziele:
•
Prüfung der Übereinstimmung, der im Labor ermittelten
Ergebnisse mit der körperlichen Verfassung und der gesundheitlichen Vorgeschichte des Betroffenen.
21
•
•
Abklärung der möglichen Ursachen für eine eventuell
verminderte Zeugungsfähigkeit und deren Behandlungsmöglichkeit. Eine solche Behandlung hätte zum Ziel, die
Zeugungsfähigkeit des Mannes so zu verbessern, dass
eine Schwangerschaft bei seiner Partnerin auf natürliche
Weise entstehen kann.
Nochmalige Bestätigung des Standpunktes des Mannes
im Hinblick auf die ungewollte Kinderlosigkeit.
Eine wichtige Rolle spielt hierbei die Beurteilung der männlichen Genitalorgane mittels Ultraschall, wobei das Volumen
der Hoden bestimmt wird. Dies erlaubt Rückschlüsse auf
die Anzahl, Beweglichkeit und Form der Spermien im Ejakulat. Bei der körperlichen Untersuchung wird auf folgende
Besonderheiten geachtet: Hodenvolumen und -konsistenz
(fest oder weich), Vorhandensein von Krampfadern neben
dem linken Hoden (Varikozele), Form des Penis (besonders
auf die Lokalisation der Harnröhre) und mögliche Zysten im
Hodensack (Skrotum) oder im Nebenhoden (Epididymis).
Die Ergebnisse dieser klinischen Untersuchung können mit
den Ergebnissen der Laboruntersuchungen verglichen und
besser beurteilt werden.
Das Spermiogramm wiederspiegelt stets nur den momentanen Zustand der männlichen Zeugungsfähigkeit. Die im
Spermiogramm erhobenen Eigenschaften können im Laufe
der Zeit sehr schwanken. Es wird empfohlen, die medizinische Entscheidung nicht nur auf eine einzelne Untersuchung
abzustützen, sondern das Spermiogramm nach einem Intervall
von etwa zwei bis drei Monaten zu wiederholen.
Die Ergebnisse des Spermiogrammes sind in einem hohen
Mass von den Bedingungen der Abgabe der Samenprobe
sowie der Durchführung der Analysen im andrologischen
Labor abhängig. Indem gewisse Richtlinien und Verhaltensmassnahmen befolgt werden, kann die Qualität Ihrer Untersuchung verbessert werden.
22
Wichtig ist, dass das Zeitintervall zwischen Samenabgabe und Analyse des Samenergusses im andrologischen
Labor möglichst kurz ist (maximal sechzig Minuten). Nach
dem Samenerguss befinden sich die Samenzellen zunächst in
einer alkalischen Flüssigkeit, die schon nach wenigen Minuten einen toxischen Einfluss ausübt. Gerade bei jenen Samenproben, die eine Störung der Spermienqualität aufweisen,
wird durch eine lange Wartezeit zwischen Probeabgabe und
Analyse die Beweglichkeit der Samenzellen erheblich rasch
verschlechtert. Daher wurde in der Universitäts-Frauenklinik
Basel in der Nähe des andrologischen Labors ein spezieller
Raum eingerichtet, in dem Sie ungestört und in Ruhe Ihren
Samen gewinnen können.Für die Samengewinnung stellen
wir Ihnen ein steriles Gefäss zur Verfügung. Dieses Gefäss
ist deshalb keimfrei, weil nicht nur die Samenqualität,
sondern auch ein eventueller Bakterienbefall untersucht
wird, da dieser ebenfalls Ihre Zeugungsfähigkeit beeinträchtigen kann.
Beachten Sie bei der Samengewinnung folgendes:
1. Sie sollten 2 Wochen vor diesem Termin keine Medikamente einnehmen. Falls Sie dennoch aus gesundheitlichen Gründen Medikamente einnehmen müssen, teilen
Sie uns bitte Präparat und Einnahmedosis mit.
2. Vor dem Untersuchungstermin sollten Sie zwei bis sieben
Tage keinen Geschlechtsverkehr oder Samenerguss haben,
also eine Karenzzeit (Enthaltsamkeit) von minimal 2, maximal
7 Tagen einhalten. Optimal ist hier eine Karenzzeit von 5 Tagen zwischen dem letzten Samenerguss und dem Zeitpunkt
der Abgabe der Samenprobe für das Spermiogramm.
3. Um eine möglichst sterile Gewinnung des Samens zu
gewährleisten, sollten Sie vor der Samenproduktion
urinieren und anschliessend Hände und Penis mit Seife
waschen und gründlich mit Wasser abspülen. Durch das
Urinieren wird die Harnröhre mit dem sterilen Urin gespült und von Hautbakterien befreit. Da die Samenprobe
auf den Befall mit Bakterien untersucht wird, verringert
diese Vorbereitung eine mögliche Verunreinigung mit
Hautbakterien. So können später unnötige antibiotische
Behandlungen vermieden werden.
4. Achten Sie darauf, dass der gesamte Samenerguss in
dem Gefäss aufgefangen wird. Falls dies nicht gelungen
ist, bitten wir Sie um eine Mitteilung. Diese Zusatzinformation ermöglicht es uns, die Situation richtig einzuschätzen und Fehldiagnosen zu verhindern.
5. Verschliessen Sie das Gefäss nach dem Samenerguss mit
dem Deckel und bringen Sie es sofort zur Untersuchung
ins andrologische Labor.
Diese Hinweise dienen der optimalen Standardisierung der
Laboruntersuchung. Diese Hinweise sollten jedoch nicht als
Einflussnahme auf Ihr Sexualleben verstanden werden. Ihre
Zeugungsfähigkeit wird nicht dadurch verbessert, in dem Sie
stets eine Karenzzeit von fünf Tagen vor dem Geschlechtsverkehr einhalten. Im Gegenteil, wissenschaftliche Untersuchungen haben gezeigt, dass die Wahrscheinlichkeit einer
Schwangerschaft mit der Intensität und Häufigkeit des Geschlechtsverkehrs zunimmt.
Die Analyse Ihrer Samenprobe im andrologischen Labor
umfasst die Beurteilung einer Vielzahl von Eigenschaften,
die in ihrer Gesamtheit für die Begutachtung der Samenqualität herangezogen werden. Die drei wichtigsten Faktoren
sind hier: die Spermienkonzentration (die Anzahl Spermien pro ml Samenerguss), die Beweglichkeit der Spermien
in der Samenflüssigkeit und die Formbeurteilung der Spermien. Neben diesen drei Faktoren werden im Rahmen der
Ejakulatanalyse viele andere Messdaten erhoben, die es
uns ermöglichen, die Spermienqualität in allen Einzelheiten
zu beurteilen und auch seltenere Formen der männlichen
Infertilität zu erfassen.
Neben dem Gespräch, der körperlichen Untersuchung
und der mikroskopischen Untersuchung der Samenqualität wird ein Hormontest vorgenommen. Hierzu werden wir
Ihnen eine Blutprobe entnehmen, in der die Konzentration
von drei für die Beurteilung Ihrer Zeugungsfähigkeit wichtigen Hormonen bestimmt wird: LH, FSH und Testosteron.
Die Blutprobe wird später für einige Zeit eingefroren, so dass
bei Unklarheiten in der selben Probe später weitere Hormonkonzentrationen ermittelt werden können. Wichtig ist, dass
die Entnahme der Blutprobe morgens zwischen 7.00 und
9.00 Uhr erfolgt, da beim Mann tageszeitliche Schwankungen in der Konzentration dieser Hormone auftreten. Die
Nichtberücksichtigung dieser tageszeitlichen Schwankungen würde zu Fehldiagnosen führen.
Für die wichtigsten Eigenschaften
des menschlichen Samens wurden
Normalwerte aufgelistet. Diese Normwerte wurden von der Weltgesundheitsorganisation (WHO) festgelegt.
Normalwerte für die Untersuchung von Samenproben
Volumen des Samenergusses
2 ml oder mehr
Konzentration von Samenzellen
mindestens 20 Millionen
pro Milliliter
Vorwärtsbeweglichkeit
mindestens die Hälfte der
Samenzellen (50%)
Form der Samenzellen
mindestens 25% normal
Geschwindigkeit der Spermien
100 Mikrometer pro
Sekunde oder mehr
23
Folgende Begriffe werden bei der Beurteilung der männlichen Infertilität häufig verwendet:
Asthenozoospermie: Die Beweglichkeit der Spermien ist
gestört: weniger als die Hälfte der Spermien bewegen sich
in der Samenflüssigkeit vorwärts.
Oligozoospermie: Die Anzahl der Spermien im Samenerguss ist erniedrigt: in einem Milliliter Samenflüssigkeit befinden sich weniger als zwanzig Millionen Samenzellen.
Teratozoospermie: Weniger als 30 % der Samenzellen in
der Samenflüssigkeit sind normal geformt. Hierbei kommen
sowohl Fehlformen des Spermienschwanzes, des Mittelstückes und des Spermienkopfes vor.
Azoospermie: Im Samenerguss können keine Spermien
aufgefunden werden. Um ganz sicher zu gehen, dass im
Samenerguss keine Spermien vorhanden sind, wird dieser durch Zentrifugierung (durch Schleudern) konzentriert.
Das Konzentrat wird dann sorgfältig unter dem Mikroskop
betrachtet. Eine Azoospermie tritt auf, wenn im Hoden keine Spermien produziert werden oder wenn ein vollständiger
Verschluss der ableitenden Samenwege vorliegt.
Parvisemie: Das Volumen des Samenergusses umfasst weniger als zwei Milliliter. Eine Parvisemie kann auf eine Stauung in
der Prostata oder in den Samenblasen hindeuten. Selbst wenn
sehr viele Spermien vorhanden sind, geht eine Parvisemie mit
einer verringerten Zeugungsfähigkeit einher, da weniger Spermien in die Gebärmutter oder in den Eileiter gelangen.
Varikozele: Hierunter versteht mann eine Krampfader am
Hoden, die meistens nur links vorkommt. Bei der Entstehung
einer Varikozele spielen die gleichen Mechanismen eine
24
Rolle, die auch zur Entstehung von Hämorrhoiden am
After oder Varizen im Bein eine Rolle spielen (sog. Krampfader). Bei der Entstehung einer Varikozele spielen angeborene
Störungen der Venenklappen eine Rolle, die zur Anstauung des Blutes in der Vene und zur Weitung des Gefässes
führen.
Hydrozele: Ansammlung von Flüssigkeit im Hodensack.
Meistens spielt eine Hydrozele keine Rolle. Gelegentlich
kann eine Hydrozele auf eine chronische Infektion im Genitalbereich des Mannes hindeuten.
Spermatozele: Aussackung des Spermienkanälchen im Nebenhoden. Eine Spermatozele hat meistens einen Durchmesser von einigen Millimetern und ist das Resultat einer
früheren Entzündung des Nebenhodens oder einer Spermienstauung im Nebenhoden.
Es ist sehr wichtig, darauf hinzuweisen, dass die vollständige
Diagnostik und anschliessend, falls möglich, die Infertilitätsbehandlung des Mannes nur in Zusammenarbeit mit einem
Urologen erfolgen kann. Die Abteilung für Gynäkologische
Endokrinologie und Reproduktionsmedizin der UniversitätsFrauenklinik Basel arbeitet aus diesem Grund eng mit der
Klinik für Urologie im Kantonspital zusammen.
Mögliche Diagnosen der Infertilität und ihre Bedeutung:
Tubare Infertilität: Bei der Hysterosalpingographie oder mit
Hilfe einer Bauchspiegelung wurden der Verschluss oder
Veränderungen an mindestens einem Eileiter der Frau festgestellt.
Männliche Infertilität: Im Spermiogramm wurden Störungen der Spermienqualität festgestelt.
Immunologische Infertilität: Beim Mann wurden signifikante Mengen Antikörper gegen die eigenen Spermien festgestellt. Diese erschweren die Wanderung der Samenzellen
durch die Gebärmutter und stören auch die Bindung der Samenzellen an die Oberfläche der Eizelle. Gelegentlich wirken
die Antikörper auch zytotoxisch, so dass die Samenzellen
vorzeitig absterben.
PCO-Syndrom: Das Syndrom der polyzystischen Ovarien
(PCO) ist gekennzeichnet durch eine besondere Form der
Eierstöcke im Ultraschallbild (sog. «Perlenkettenzeichen»). Das
PCO-Syndrom ist häufig mit einem Übergewicht vergesellschaft.
Zudem liegt sowohl bei übergewichtigen als auch bei schlanken Frauen mit PCO eine Hyperinsulinämie vor (erhöhte
Insulinspiegel), die sich in einer allfälligen Schwangerschaft
leicht in einen Insulinmangel mit der Folge eines Diabetes
umwandeln kann.
Hypergonadotrope Ovarialinsuffizienz: Erhöhte FSH-Konzentrationen wurden zu Beginn des Menstruationszyklus im
Blut gemessen. Diese Form der ungewollten Kinderlosigkeit
geht häufig mit einer ungünstigen Prognose für jegliche Sterilitätsbehandlung einher.
Endometriose: Bei einer Endometriose befinden sich vitale
Schleimhautpartikel der Gebärmutterschleimhaut (sog. Endometrium) ausserhalb der Gebärmutter. Meistens liegen
diese verstreut auf dem Bauchfell. Endometrioseherde können auch in benachbarten Organen angesiedelt sein, zum
Beispiel im Eierstock. Circa 6 bis 12 % der Frauen leiden an
Das Ultraschall bild von polyzystischen
Ovarien ist durch einen Kranz von kleinen
Eibläschen in der Peripherie des Eierstockes und durch einen verdichteten
Kern im Inneren des Organs gekennzeichnet. Der Eisprung findet bei diesem
Krankheitsbild nur selten statt.
Hypophysäre-hypothalamische Infertilität: Frauen mit einem negativen Hypophysenstimulationstest (der sogenannte LHRH-Test), beim Zustand nach Hypophysektomie (Entfernung der Hirnanhangsdrüse) oder bei Hormonstörungen,
die sich auf die Funktion der Gehirnanhangsdrüse auswirken
(Schilddrüse, Prolaktin).
Ungeklärte Infertilität: Keine der oben genannten Sterilitätsursachen liegen vor, obwohl eine ungewollte Kinderlosigkeit
von mindestens zwölf Monaten besteht.
25
einer Endometriose. Ein typisches Zeichen einer Endometriose sind die immmer wieder auftretenden Schmerzen
während der Periode. Diese werden durch Blutungen der
Endometrioseherde im Bauchraum verursacht. Besonders
eine Endometriose der Eierstöcke hat negative Auswirkungen für die Patientin, da das Blut sich im Eierstock ansammelt und so einen Bluterguss verursacht, der die Funktion
des Eierstocks beeinträchtigt.
Myome: Myome sind gutartige Tumoren des Gebärmuttermuskels. Aufgrund einer Verminderung der Durchblutung der Gebärmutterschleimhaut können Myome die Einnistung von Embryonen stören. Darüber hinaus können
Myome die Gebärmutterhöhle verformen und so den Verlauf
der Schwangerschaft beeinträchtigen.
26
Ursachenbezogene Therapieverfahren
bei ungewollter Kinderlosigkeit
Eine Vielzahl der aufgelisteten Krankheiten können gezielt beseitigt werden, so dass der spontane Eintritt einer
Schwangerschaft ermöglicht wird. Eine solche urachenbezogene Behandlung der Infertilität ist aus medizinischer
Sicht am ehesten anzustreben, da sie keine ungewollte
Beeinflussung Ihrer Privatsphäre beinhaltet und da die Komplikationsrate eines solchen Vorgehens immer geringer ist. In
bestimmten Situationen ist die Wahrscheinlichkeit einer
spontanen Schwangerschaftsentstehung wesentlich grösser als bei einer künstlichen Befruchtung. Allerdings setzt
eine ursachenbezogene Behandlung der ungewollten Kinderlosigkeit viel Geduld voraus.
Ursachenbezogene Behandlungsformen sind:
• Antibiotische Behandlung von Genitalinfektionen
• Gabe von Medikamenten, die eine übermässige Ausschüttung von Prolaktin absenken helfen
• Operative Eröffnung eines verschlossenen Eileiters
• Medikamentöse Behandlung einer Schilddrüsenerkrankung
• Stossweise Verabreichung von LHRH mittels einer tragbaren Pumpe
• Diätberatung und Gewichtsverlust bei Übergewicht
• Normalisierung eines erhöhten Blutdrucks des Mannes
oder der Frau
• Operative und hormonelle Behandlung der Endometriose
• Hormonelle und später operative Behandlung von Myomen
Leider sind ein Teil der Ursachen der ungewollten Kinderlosigkeit nicht behandelbar. Dieses ist der Fall, wenn die
Störung zu lange besteht und der Schaden nicht mehr rückgängig gemacht werden kann. Ein gutes Beispiel hierfür
ist die Varikozele des Mannes, die zumeist in der Pubertät
auftritt. Die Spermienproduktion wird erst allmählich beeinträchtigt. Die Verminderung des Hodenvolumens wird erst
27
nach zehn bis zwanzig Jahren messbar, meistens dann wenn
der Kinderwunsch aktuell wird. Eine ursachenbezogene
Therapie, die eine operative Entfernung des Krampfaders im
Hodensack beinhaltet, hat zu diesem Zeitpunkt nur noch
eine geringe Erfolgschance.
Für andere Sterilitätsursachen existiert ebenfalls keine
effektive Behandlung. Besonders wenn die Spermienproduktion erheblich vermindert ist, nicht selten als Folge eines zu spät erkannten und behandelten Hodenhochstandes
in der Kindheit, verfügen wir heute über keine Behandlungsmöglichkeit zur Verbesserung der Spermienproduktion. In
einer solchen Situation bleibt nur die Möglichkeit der symptomatischen Therapie der ungewollten Kinderlosigkeit.
Hierzu dienen die verschiedenen Verfahren der assistierten Fertilisation.
28
Verfahren der assistierten Fertilisation
Eizelle nach der in vitro Fertilisation
(IVF). Die Eizelle ist noch von
der äusseren Eihülle (Zona pellucida)
sowie von den Nährzellen (Corona
radiata) umgeben. Die anderen Nährzellen wurden durch die Samenzellen
von der Eizelle abgelöst. Es ist
bei dieser Eizelle noch nicht möglich
festzustellen, ob die Befruchtung
stattgefunden hat.
Einfluss des Alters der Mutter auf
die Ergebnisse der in vitro Fertilisation.
Mit zunehmenden Alter der Frau
nimmt die Lebendgeburtrate ab.nach
Templeton, Morris und Parslow,
The Lancet 1996 (seite 1402–1406)
Die assistierte Fertilisation, d.h. die künstliche Befruchtung,
kommt nur dann zum Einsatz, wenn ursachenbezogene
Behandlungsverfahren der ungewollten Kinderlosigkeit nicht
möglich sind, oder wenn diese versagt haben. Sämtliche
Verfahren der assistierten Fertilisation haben den Nachteil, dass die eigentliche Infertilitätsursache nicht beseitigt
wird. Mit diesen Therapieformen wird lediglich versucht, das
Symptom der Erkrankung, die ungewollte Kinderlosigkeit, zu
überwinden.
Vorteil der assistierten Fertilisation demgegenüber ist
die vergleichsweise hohe Effektivität und die breite Einsatzfähigkeit, so dass heutzutage fast jedes infertile Paar für eine
Behandlung mit der assistierten Fertilisation in Frage kommt.
Während nach langjähriger Kinderlosigkeit die Schwangerschaftsrate im natürlichen Zyklus jeden Monat maximal 1 bis
3 % beträgt, erreichen viele Verfahren der assistierten Fertilisation in spezialisierten Zentren Schwangerschaftsraten
zwischen 15 und 35 % pro Zyklus. Allerdings hängt die
Schwangerschaftsrate massgeblich vom Alter der behandelten Frau ab.
Obwohl im Laufe der Zeit sehr viele verschiedene Formen der assistierten Fertilisation entwickelt und beschrieben
worden sind, werden in der Universitäts-Frauenklinik Basel
nur drei relevante Methoden angewendet:
1. die intrauterine Insemination (abgekürzt: AIH oder IUI),
2. die in vitro Fertilisation (IVF),
3. die intrazytoplasmatische Spermieninjektion (ICSI).
Alle drei Verfahren werden in der Universitäts-Frauenklinik
Basel stets im sogenannten homologen System eingesetzt:
Eizellen und Spermien stammen von den Partnern, die sich
ein gemeinsames Kind wünschen.
1. Bei der intrauterinen Insemination werden zum Zeitpunkt des Eisprunges Spermien des Partners in die
29
Gebärmutterhöhle der Frau übertragen. Vorher werden
im Labor funktionsfähige Samenzellen aus dem Samenerguss aufbereitet. Die Insemination geschieht mit einem
feinen Röhrchen, welches einen Durchmesser von etwa
1 mm hat und biegsam ist, so dass keine Verletzung
der Gebärmutterschleimhaut verursacht wird. Ziel dieser Massnahme ist es, die Anzahl befruchtungsfähiger
Spermien im Eileiter der Frau so zu erhöhen, dass eine
erfolgreiche Befruchtung wahrscheinlicher wird. Die intrauterine Insemination wird dann eingesetzt, wenn die
Spermienqualität leicht gestört ist, oder die Entwicklung
der Eizelle im Eibläschen beeinträchtigt ist.
zung des Kerns der Eizelle mit dem der Samenzelle) wird
bei dieser Therapie nicht eingegriffen, da dieser Vorgang
erst etwa 24 Stunden nach dem Injektionsvorgang stattfindet.
2. Bei der in vitro Fertilisation findet die Befruchtung ausserhalb des Körpers der Frau statt. Eizelle und Spermien
werden über einen Zeitraum von maximal 48 Stunden
im reproduktionsbiologischen Labor aufbewahrt. Hierzu werden Lebensbedingungen geschaffen, die möglichst denjenigen im Eileiter der Frau entsprechen. So
muss die Umgebungstemperatur, die Luftfeuchtigkeit
und die Luftzusammensetzung im Brutschrank denen
des menschlichen Körpers angepasst sein.
3. Bei der intrazytoplasmatischen Spermieninjektion (auch
Mikro-Insemination oder Mikro-Injektion genannt) wird
eine vitale Samenzelle in das Innere der Eizelle übertragen. Hierzu müssen die Eizelle und die Samenzelle unter
dem Mikroskop mit zwei feinen Mikropipetten zusammen
gebracht werden. Dieses ist nur möglich, wenn die Eizelle
aus dem Körper der Frau entnommen wurde (wie bei der
IVF). Bei der ICSI wird der Eindringungsvorgang einer
Samenzelle durch die verschiedenen Hüllen der Eizelle
überbrückt, daher wird diese Therapie dann eingesetzt,
wenn die Spermienqualität stark beeinträchtigt ist. In
den eigentlichen Befruchtungsvorgang (die Verschmel-
30
Die verschiedenen Stadien
der intrazytoplasmatischen
Spermieninjektion (ICSI),
welche in Sekundenschnelle
aufeinander folgen.
Das Fortpflanzungsmedizingesetz
Am 1. Januar 2001 wurde in der Schweiz das Fortpflanzungsmedizingesetz in Kraft gesetzt, welches die Durchführung sämtlicher Verfahren der assistierten Reproduktion
regelt. Der Gesetzgeber war darum bemüht, sowohl den
ungewollt kinderlosen Paaren ein Recht auf angemessene medizinische Betreuung zu bieten, als auch die Rechte
der Kinder, die nach assistierter Fertilisation entstehen, optimal zu berücksichtigen. Das Fortpflanzungsmedizingesetz
legt Wert auf eine maximale Informationsvermittlung, die
es den betroffenen Paaren ermöglicht, eine bewusste Entscheidung über die Inanspruchnahme medizinischer Massnahmen zu treffen.
Folgende Aspekte des Fortpflanzungsmedizingesetz sind für
Sie wichtig:
•
•
•
•
•
Auskunft über Adoption und psychologische Betreuung
Eine medizinische Behandlung mit der assistierten Fertilisation kann nur nach Einwilligung erfolgen
Sie haben das Recht auf eine Zweitmeinung bei Ihrer
Entscheidungsfindung
Das Gesetz sieht eine vierwöchige Bedenkzeit zwischen
Einwilligung und Therapiebeginn vor
Eizellen im Vorkernstadium dürfen maximal fünf Jahre
durch Einfrierung (Kryopräservation) aufbewahrt werden.
31
32
Stimulation der Eierstocksfunktion
In einem natürlichen Zyklus der Frau entwickelt sich normalerweise ein Eibläschen. Da nicht jede Eizelle befruchtet wird
und durchschnittlich nur jede zehnte befruchtete Eizelle zu
einer intakten Schwangerschaft führt, ist die Wahrscheinlichkeit einer erfolgreichen assistierten Fertilisation im unbehandelten natürlichen Menstruationszyklus, das heisst ohne vorgängige Stimulation der Eierstöcke, sehr gering (etwa 5%).
Um diese geringe Schwangerschaftschance zu erhöhen,
werden die Verfahren der assistierten Fertilisation meistens
nach vorheriger Stimulation der Eierstöcke (Ovarien) durchgeführt. Ziel dieses Vorgehens ist es, die Anzahl heranreifender Eibläschen zu erhöhen, die Qualität und Entwicklungsfähigkeit der Eizellen zu verbessern, und die Zeitabläufe der
Follikelreifung und des Eisprunges (Ovulation) zu steuern.
Der wichtigste Vorteil dieser ovariellen Stimulationsbehandlung ist die höhere Schwangerschaftsrate pro Behandlungsversuch (15 % bis 35 %), je nach Behandlungsart
(IVF, IUI) und natürlichen Bedingungen (Alter, Spermienqualität). Die in vitro Fertilisation wurde ursprünglich im
natürlichen Zyklus durchgeführt, aber das seltene Auftreten
von Schwangerschaften zwang schon bald zu Stimulationsbehandlungen der Eierstöcke, um die Effektivität der Therapie
zu steigern. Die intrauterine Inseminationsbehandlung ist
ebenso als isolierte Massnahme wenig effektiv. Es werden
Schwangerschaftsraten nach Inseminationen im Spontanzyklus von lediglich 3 % beschrieben. Nach Stimulation der
Ovarien beträgt die Schwangerschaftsrate der intrauterinen
Insemination circa 15% bis 22% pro Versuch.
33
34
Die Nachteile der ovariellen Stimulationsbehandlung sind vielfältig
Die häufigste Komplikation der ovariellen Stimulationsbehandlung ist die Mehrlingsschwangerschaft. Zwillingsschwangerschaften kommen in etwa 12 bis 15% der Behandlungen vor, Drillingsschwangerschaften in etwa 1% bis 3%
der Fälle.
Neben den Mehrlingsschwangerschaften sind Überreaktionen auf die hormonelle Stimulationsbehandlung die
zweithäufigste Komplikation. Es handelt sich hierbei um
das ovarielle Überstimulationssyndrom. Dieses geht mit
einer starken Schwellung der Eierstöcke und mit Einlagerungen von Wasser im gesamten Körper, besonders in der
Bauchhöhle, einher. Im Extremfall kann es zum Kreislaufkollaps und zu Nierenversagen kommen. Eine derartige Überstimulation der Eierstöcke tritt am häufigsten am Anfang
der erhofften Schwangerschaft (durch die Wirkung des
Schwangerschaftshormons) auf. Bestimmte Patientinnen
sind für diese Komplikation besonders anfällig. Die anfangs dargestellten Voruntersuchungen werden es uns
ermöglichen, diese Risikogruppen zu identifizieren, so
dass die Möglichkeit dieser Komplikation vorher mit Ihnen
besprochen werden kann. Sollte ein Überstimulationssyndrom auftreten, ist oft eine stationäre Behandlung
notwendig. Es existieren viele Möglichkeiten zur Linderung
der Beschwerden und zur Vorbeugung schwerwiegender
Komplikationen. Falls zu diesem Zeitpunkt eine Schwangerschaft eintritt, wird diese durch das Auftreten des ovariellen
Überstimulationssyndroms nicht gefährdet.
Die Notwendigkeit wiederholter hormoneller Behandlungen zur Unterstützung assistierter Fertilisationsverfahren wurde mit dem späteren Auftreten von Eierstockkrebs
in Zusammenhang gebracht. Dieser Zusammenhang ist jedoch keineswegs gesichert. Vielmehr wurde das häufigere
Auftreten des Eierstockkrebses bei bestimmten Formen der
ungewollten Kinderlosigkeit beobachtet. Obwohl die Gefahr,
dass durch eine wiederholte hormonelle Stimulation der
35
Eierstöcke die Entwicklung bösartiger Erkrankungen gefördert wird, heutzutage als sehr unwahrscheinlich angesehen
wird, ist es dennoch ratsam, die Anzahl Behandlungszyklen
so gering wie möglich zu halten.
36
Vorbehandlung mit dem «langen Protokoll»
Die hormonelle Vorbereitung einer ovariellen Stimulationsbehandlung für die IVF oder die ICSI erfolgt am effektivsten
im Rahmen eines «langen Protokolles». Die Behandlung wird
mittels einer vorbereitenden Injektion mit einem Medikament
(ein sogenannter GnRH-Agonist) eingeleitet, welches die
Produktion bestimmter Hormone in der Hirnanhangsdrüse
(Hypophyse) für die Dauer der Behandlung unterbricht. Diese einmalige intramuskuläre Injektion ist für 4 bis 6 Wochen
wirksam.
Diese einmalige vorbereitende Injektion versetzt die Eierstöcke vorübergehend in einen Ruhestand, wodurch die
nachfolgende Stimulationsbehandlung einfacher und berechenbarer wird. Die Wahrscheinlichkeit eines frühzeitigen
Abbruchs der Behandlung nimmt durch diese vorbereitende Behandlung ab. Darüberhinaus kann aufgrund der Abkopplung der Eierstockfunktion von der Steuerung durch die
Hirnanhangsdrüse die Reifung einer höheren Anzahl von
Eibläschen in den Eierstöcken bewirkt werden. Als Folge
dessen wurden insgesamt höhere Schwangerschaftsraten
beobachtet, gleichzeitig trat jedoch das ovarielle Überstimulationssyndrom häufiger auf. Die Vorbehandlung mit einem
langwirkenden GnRH-Agonisten kann mit gewissen Begleitsymptomen wie Hitzewallungen, Schweissausbrüchen, depressiver Stimmungslage und anderen Beschwerden, wie
sie auch in den Wechseljahren vorkommen, einhergehen.
Diese Symptome werden durch den vorübergehenden
Östrogenmangel verursacht und verschwinden bald nach
Beginn der ovariellen Stimulation. Es kann zu einer leichten
und vorübergehenden Gewichtszunahme kommen.
Die Injektion des GnRH-Agonisten muss entweder zwischen dem 20. und 25. Zyklustag des vorherigen Zyklus oder
unmittelbar zu Beginn der Menstruation erfolgen. Nach dieser Injektion dauert es etwa 14 Tage bis die Wirkung dieses
Medikamentes voll eingetreten ist: ungefähr 14 Tage nach
dieser Injektion wird daher in der Regel mit der Stimulations-
37
behandlung der Eierstöcke begonnen. Zu Beginn der Stimulation wird mit einer Blutuntersuchung sichergestellt, dass
die Eierstöcke keine Hormone mehr ausschütten.
Diese Vorbehandlung mit dem GnRH-Agonisten eignet
sich besonders für Patientinnen mit krankhaften Veränderungen im Eierstock wie beim Syndrom der polyzystischen
Ovarien (PCO) und bei Endometriosezysten. Gelegentlich
kann auch eine längerfristige Vorbehandlung mit dem Präparat erforderlich sein.
38
Behandlung mit dem «kurzen Protokoll»
Im Gegensatz zum «langen Protokoll», erfolgt beim sogenannten «kurzen Protokoll» keine längerfristige Unterbrechung («down regulation») der eigenen Hormonproduktion. Diese bleibt zunächst erhalten und durch die Stimulationsbehandlung wird die Follikelreifung qualitativ wie auch
quantitativ unterstützt. Ab einer gewissen Follikelgrösse, ist
es notwendig zusätzlich ein kurzwirksames Medikament
zu geben, um den vorzeitigen Eisprung vor Abschluss der
Eizellreifung zu verhindern. Dies bedeutet, dass am Ende der
Stimulation über einige Tage täglich zwei Injektionen verabreicht werden.
Die Stimulationsbehandlung beginnt am zweiten Tag
der Menstruation und eignet sich nicht für Patientinnen mit
Störungen im Zyklusgeschehen. Dieses Therapieverfahren
eignet sich zum einen für sehr junge Frauen, die über eine ausgezeichnete Ovarialreserve und einen regelmässigen
Zyklus verfügen und zum anderen unter bestimmten Bedingungen für Frauen mit einer Ovarialinsuffizienz (bei verminderter Ovarialreserve).
Vorteile des «kurzen Protokolls» sind der wesentlich
schnellere Behandlungsablauf als beim «langen Protokoll»
sowie der geringere Verbrauch von Hormonpräparaten für
die Stimulationsbehandlung. Da bei diesem Behandlungsverfahren weniger Eibläschen gebildet werden, ist die
Gefahr des Auftretens des ovariellen Überstimulationssyndroms deutlich geringer.
Ein Nachteil jedoch ist, dass weniger Eibläschen gebildet werden und somit weniger Eizellen gewonnen und eingefroren werden können und damit die Schwangerschaftsrate
geringer ist. Das Auftreten des Überstimulationssyndroms ist
somit deutlich geringer.
39
Prof. Dr. med. Ch. De Geyter
Abteilungsleiter/Leitender Arzt der
Abteilung für gynäkologische
Endokrinologie und Reprokuktionsmedizin.
Frau Dr. rer. nat. M. De Geyter
Laborleiterin.
Oberärztin Frau Dr. med.
S. Steimann bei der Telefonsprechstunde
40
Die eigentliche Stimulationsbehandlung der Eierstöcke
Normalerweise entwickelt sich in einem Monat nur ein Eibläschen (Follikel) bis zum Eisprung (Ovulation). Es hat sich gezeigt, dass bei sämtlichen Verfahren der assistierten Fertilisation mit dieser einen, auf natürliche Weise herangereiften Eizelle,
die Wahrscheinlichkeit einer Schwangerschaft sehr gering ist.
Deswegen hat sich die Stimulation der Eierstöcke bewährt, mit
der eine grössere Anzahl Eizellen zur Reife gebracht werden
kann. Während für die Inseminationsbehandlung nur bis maximal drei Eibläschen heranreifen sollten, werden für IVF und für
ICSI mehr Follikel benötigt (circa fünf bis acht Eibläschen).
Nachteile einer hormonellen Stimulationsbehandlung der
Ovarien sind der Kostenaufwand und die Notwendigkeit einer intensiven Beobachtung der Therapie. Wiederholte Blutund Ultraschalluntersuchungen, auch an Feiertagen und an
Wochenenden, sind notwendig. Aufgrund der im Ultraschall
bestimmten Follikelgrösse und im Blut bestimmten Hormonwerte, wird individuell an den Untersuchungstagen die
Stimulationsdosis festgelegt. Die heutigen Gonadotropinpräparate können subkutan, d.h. unter die Haut, gespritzt
werde. Daher ist die Handhabung der Injektionen, die Sie
in unserer Spritzenschule erlernen können, sehr einfach.
Sie müssen dann für die alltäglichen Injektionen nicht in
das Spital kommen, und sparen sich eine Menge Zeit und
Mühe.
Die Stimulationsbehandlung ist so organisiert, dass die
Blutentnahmen und Ultraschalluntersuchungen zwischen
7.00 und 9.00 Uhr stattfinden (auch an Feiertagen und an
Wochenenden auf der Notfallstation). Am Nachmittag zwischen 15.00 und 15.30 Uhr können Sie unter der Telefonnummer 061 265 93 37 anrufen, um zu erfahren, wieviele Ampullen des Stimulationsmittels Sie sich jeweils injizieren müssen.
Diese Injektion muss pünktlich zwischen 16.00 und 17.00 Uhr,
erfolgen. Kontrollieren Sie als Patientin stets, ob die richtige
Dosis verabreicht worden ist!
41
Ultraschallbild eines Eibläschens
kurz vor dem Eisprung. Die
Farbe markiert die Blutgefässe,
die sich am Ende der Follikelreifung um das Eibläschen herum
bilden.
42
Auslösungsspritze
Bei ausreichender Reife der Eibläschen (bei 18 bis 22 mm
Durchmesser der Eibläschen) wird der Zeitpunkt der Follikelpunktion oder der Insemination festgelegt. Hierzu ist
eine Injektion des Hormons hCG (Schwangerschaftshormon)
erforderlich. Diese Injektion muss unbedingt pünktlich verabreicht werden, da nur so der Zeitplan eingehalten werden
kann. Bei Unregelmässigkeiten mit dem Zeitplan können
Kollisionen mit Behandlungen bei anderen Patientinnen auftreten, da die Punktion oder die Insemination genau 35 Stunden nach dieser Auslösungsspritze stattfindet.
43
44
Follikelpunktion zur Eizellengewinnung
Eizelle, umgeben von der Corona radiata
(helle Zona um die Eizelle) und des
Cumulus oophorus (grosser Complex
von Zellen). Es ist dieser Zellhaufen,
der bei der Follikelpunktion aspiriert
wird. Der Durchmesser dieser Zellhaufen
beträgt mehrere Millimeter.
Die ultraschallkontrollierte vaginale Follikelpunktion ist eine
Methode, die für die Gewinnung von Eizellen für IVF sowie
für ICSI angewendet wird. Die vaginale Follikelpunktion wird
in der Regel ambulant durchgeführt. Zur Betäubung können
Analgetika (schmerzstillende Medikamente) oder, falls erwünscht, auch eine Narkose verabreicht werden.
Am Tag der Follikelpunktion muss die Patientin nüchtern
kommen (d.h. ab Mitternacht dürfen Sie nichts mehr essen
und trinken). Die Harnblase sollte möglichst leer sein. Der
Ehemann oder Partner kann bei der Follikelpunktion anwesend sein.
Die Punktion des Eierstockes und der Eibläschen erfolgt
mittels einer vaginalen Punktion (d.h. von der Scheide aus)
mit einer hohlen Nadel. Dieser Vorgang wird unter vaginaler
Ultraschallkontrolle durchgeführt, so dass die Eierstöcke gezielt anpunktiert werden können. Der Eierstock befindet sich
anatomisch unmittelbar hinter der Scheidenwand, so dass
die Nadel nicht tief in den Körper eingeführt werden muss.
Der Inhalt der Eibläschen (der Follikelflüssigkeit und der
Eizelle) wird dann unter einem kontrollierten, gleichmässigen Druck abgesaugt. Falls die Eizelle, das erste Mal beim
Absaugen nicht gewonnen wird, wird das Eibläschen mit
sterilem Kulturmedium gespült, um so die Eizelle von der
Follikelwand zu lösen.
Die Follikelpunktion dient auch zur Follikelreduktion vor
einer intrauterinen Insemination um den Eisprung überzähliger Eiblässchen zu verhindern. Auf diese Weise ist es möglich, unerwünschte hochgradige Mehrlingsschwangerschaften zu vermeiden. Vor dem Eisprung und der Insemination
werden alle überzähligen Eibläschen abpunktiert und verworfen. Nur maximal drei Eibläschen werden belassen. Der
Eingriff dauert nur wenige Minuten und kann auch ohne besondere Betäubung vorgenommen werden.
Der Ehemann/Partner kann beim Eingriff anwesend
sein und die Gewinnung der Eizellen über einen separaten
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Bildschirm mitverfolgen, da sich der Raum für die Eizellengewinnung und das Labor in direkter Nachbarschaft befinden.
Etwa zwei Stunden nach diesem Eingriff wird die Insemination durchgeführt. In langjährigen Untersuchungen hat sich
herausgestellt, dass die Wahrscheinlichkeit einer Schwangerschaft durch diese vorbeugende Massnahme nicht
beeinträchtigt wird und gleichzeitig Mehrlingsschwangerschaften seltener auftreten.
Mögliche Komplikationen des Eingriffes sind eine Entzündung im Unterleib oder die Verletzung von anderen
Organen (Darm) oder Blutgefässen. Unter Umständen kann
ein weiterführender chirurgischer Eingriff erforderlich sein.
Obwohl diese Komplikationen extrem selten sind, finden
wir es wichtig, dass Sie sich circa zwei Stunden nach dem
Eingriff im Spital ausruhen.
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Spermiengewinnung und Spermienaufbereitung
Am Tag der Eizellengewinnung muss der Ehemann eine
Samenprobe abgeben. Der Samen wird durch Masturbation
gewonnen. Hierfür wird ein Zimmer in der Klinik bereitgestellt, welches in unmittelbarer Nähe zum andrologischen
Labor liegt. Sie können sich dort einschliessen, so dass Sie
nicht gestört werden.
Der genaue Zeitpunkt der Samenabgabe wird Ihnen
rechtzeitig mitgeteilt. Normalerweise findet die Samengewinnung morgens vor der Follikelpunktion zur Eizellengewinnung statt. Anders als bei der Gewinnung der Eizellen,
die genau nach einem vorher festgelegten Zeitplan erfolgen
muss, ist die Gewinnung der Samenzellen nicht unbedingt an
einem genauen Zeitpunkt gebunden. Wichtig ist allerdings,
dass die Spermiengewinnung an dem Tag der Follikelpunktion bzw. die Insemination stattfindet. Es sollte kein Samenerguss 48 Stunden und maximal 7 Tage vor Spermienabgabe
stattfinden.
Die Samenprobe wird anschliessend aufbereitet (sogenannte Spermienwaschung oder Spermienaufbereitung).
Bei dieser Samenaufbereitung werden die vitalen Samenzellen von der Samenflüssigkeit sowie von den nichtvitalen
Samenzellen getrennt. Hierzu verwenden wir eine Methode,
die «swim-up» genannt wird. Zunächst wird die Samenprobe mit Nährflüssigkeit vermischt, geschleudert (zentrifugiert)
und anschliessend die überstehende Flüssigkeit entfernt.
Über das Spermienkonzentrat wird danach erneut ein wenig Nährflüssigkeit geschichtet. Anschliessend können die
vitalen Samenzellen in die überstehende Flüssigkeit hinaufschwimmen. Nach etwa einer Stunde kann diese vorsichtig abgehoben werden. Diese Probe enthält dann zu nahezu
80 bis 100 % bewegliche Samenzellen, die sich für den
Befruchtungsprozess gut eignen. Der gesamte Vorgang der
Spermienaufbereitung dauert etwa 2 bis 3 Stunden und wird
aus praktischen Gründen vor Beginn der Follikelpunktion
eingeleitet.
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Unterstützung der Einnistung durch das «assisted hatching»
In verschiedenen Behandlungszentren wurde festgestellt,
dass durch die Herstellung einer kleinen Öffnung in
der äusseren Eihülle (Zona pellucida) unmittelbar vor dem
Embryotransfer das «Schlüpfen» und damit die Einnistung verbessert werden kann. Die höhere Einnistungsund Schwangerschaftsrate wurde besonders bei älteren
Frauen und bei Frauen, bei denen die Eizelle von einer besonders dicken Eihülle umgeben sind, gezeigt. Unsere
Behandlungseinheit verfügt über einen Apparat, mit dem
innerhalb von Sekunden und ohne Risiko für eine Schädigung des Embryos mit einem feinen Laserstrahl diese kleine Öffnung in die Zona pellucida hergestellt werden kann. Wir führen diese Technik bei allen übertragenen
Embryonen durch, um so die Einnistungsrate zu steigern.
Wir hoffen, dass so die Schwangerschaftsrate um circa 5%
gesteigert werden kann.
Durch das assisted hatching (Pfeil)
wird mit einem feinen Laserstrahl
eine kleine Oeffnung in die äussere
Eihülle (Zona pellucida) gemacht,
so dass das Embryo später leichter
schlüpfen kann
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Rückgabe der befruchteten Eizellen: Embryotransfer
Eizellen im Vorkernstadium. Die
Vorkerne (Pronuklei) stellen
die Vorstufe vor der eigentlichen
Befruchtung dar und sind als runde
Strukturen im Inneren der Eizelle
sichtbar. In diesem Stadium wird
die Einfrierung vorgenommen.
Zwei Embryonen im Vierzellenstadium. Die vier Blastomeren
(Anteile des jeweiligen Embryos)
sind noch umgeben von der
äusseren Eihülle (Zona pellucida).
In diesem Stadium werden die
Embryonen üblicherweise in die
Gebärmutter zurückversetzt.
Die Zugabe der Samenzellen zu den Eizellen wird einige Stunden nach der Eizellengewinnung durchgeführt. Diese findet
im homologen System statt, d.h. zu den Eizellen der Frau werden nur Spermien des Ehemannes zugeführt. Am nächsten
Tag wird Ihnen mitgeteilt, ob eine Befruchtung stattgefunden
hat. Man erkennt die erste Phase des Befruchtungsvorganges
am Vorhandensein sogenannter Vorkerne («Pronuklei») im Inneren der Eizelle.
Möglich ist jedoch auch die übermässige Befruchtung,
bei der zwei Samenzellen in die Eizelle eingedrungen sind,
oder sich der Kern der Eizelle während des Befruchtungsvorganges verdoppelt hat. Eine solche falsch befruchtete Eizelle ist anschliessend nicht entwicklungsfähig und darf nicht
übertragen werden.
Zwei Tage nach der Eizellengewinnung werden alle normal befruchteten Eizellen (maximal drei) in die Gebärmutter
zurückgegeben (Embryotransfer). Dieser Eingriff ist mit einer normalen frauenärztlichen Untersuchung vergleichbar.
Mittels eines feinen Katheters werden die Embryonen durch
den Gebärmutterhalskanal in die Gebärmutter übertragen.
Der Embryotransfer wird unter Ultraschallsicht durchgeführt. Hierzu ist es wichtig, dass die Harnblase zum Zeitpunkt der Übertragung gefüllt ist, so dass die Gebärmutter
hinter der Harnblase sonographisch gut sichtbar ist.
Bei diesem Eingriff kann aus Rücksicht auf die Embryonen keine Desinfektion vorgenommen werden, sodass Infektionen der Gebärmutterschleimhaut nach dem Embryotransfer möglich sind. Achten Sie daher auf Ihre Körpertemperatur und auf mögliche Schmerzen im Unterleib. Allerdings sind Infektionen bedingt durch einen Embryotransfer
oder durch eine intrauterine Insemination äusserst selten
(weniger als 0.1 %).Die Einnistung der Embryonen in die Gebärmutterschleimhaut findet erst mehrere Tage später statt.
Der häufigste Grund für das Ausbleiben einer Schwangerschaft ist das Nichtstattfinden der Einnistung.
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Gelbkörper- oder Lutealphase
In dieser Phase muss die Einnistung der befruchteten Eizelle(n) stattfinden. Diese findet frühestens fünf Tage nach
der Insemination oder nach dem Embryotransfer statt. Um
die Wahrscheinlichkeit einer Einnistung zu erhöhen, wird in
dieser Phase in vier- oder sechstägigen Abständen Schwangerschaftshormon (durch Injektion) oder täglich Gelbkörperhormon (als Zäpfchen in die Scheide) verabreicht. Manchmal sind hormonelle Kontrolluntersuchungen in der Gelbkörperphase im Hinblick auf die bestehende Gefahr des
Überstimulationssyndroms notwendig, da diese Komplikation sich ausschliesslich in dieser Phase der Behandlung
entwickeln kann.
Durch die Stimulation der Eierstöcke sowie durch die
Unterstützung der Gelbkörperphase sind die Eierstöcke vergrössert. Dieses macht sich durch ein Völlegefühl im Bauch
sowie durch Müdigkeit bemerkbar. Bei einzelnen Patientinnen kann auch ein Gefühl von Durst oder starken Bauchschmerzen auftreten. Da die Eierstöcke durch die Vergrösserung leichter verletzbar sind, sollten Sie in dieser Phase
besonders vorsichtig sein, um jegliches Unfallrisiko zu vermeiden. Die Wahrscheinlichkeit einer Schwangerschaft wird
jedoch durch übermässiges Ruhen nicht verbessert.
Neben den körperlichen Beschwerden, die vor allem in
den letzten zwölf Tagen der Behandlung auftreten, nimmt
die psychische Belastung zum Ende der Therapie stark zu.
Die psychische Belastung wird durch das Unwissen über das
Ergebnis der Behandlung verursacht. Regelmässige Gespräche mit dem Behandlungsteam (sowohl mit der Krankenschwester als auch mit dem Arzt) können hier helfen.
Frühestens zwölf Tage nach dem Embryotransfer (bzw.
14 Tage nach der Insemination) kann eine beginnende
Schwangerschaft anhand einer Blutuntersuchung nachgewiesen werden. Ein Schwangerschaftstest kann erst
als positiv anerkannt werden, wenn die Konzentration
des Schwangerschaftshormons über hundert Einheiten pro
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Liter Serum übersteigt. Ein Urin-Schwangerschaftstest mit
einem in Apotheken verfügbaren Testsystem ist bei dieser
Therapie nicht aussagekräftig und irreführend, da dieser
nicht zwischen dem gespritzten Schwangerschaftshormon in der Gelbkörperphase und dem einer beginnenden
Schwangerschaft unterscheiden kann.
Ultraschallbild eines Gelbkörpers
(Corpus luteum) im Eierstock, welches
nach dem Eisprung (Ovulation) aus
dem Eibläschen entsteht. In Corpus
luteum wird das Hormon Progesteron
produziert, welches für die Entstehung
der Schwangerschaft essentiell ist.
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Kryopräservation von Eizellen im Vorkernstadium
Eizelle im Vorkernstadium,
kurz vor der Einfrierung
(Kryopräservation)
Lassen sich im Rahmen der Behandlung zur in vitro Fertilisation oder zur intrazytoplasmatischen Spermieninjektion
mehr als zwei oder drei Eizellen aktivieren und befinden sich
diese im Vorkernstadium (Pronukleusstadium) können diese
bei –192°C im flüssigen Stickstoff aufbewahrt werden. Der
Vorgang des Einfrierens und die Aufbewahrung im eingefrorenen Zustand wird Kryopräservation genannt. Zu einem
späteren Zeitpunkt können diese Eizellen wiederaufgetaut und
in Ihre Gebärmutter zurückübertragen werden (Embryotransfer). Diese Möglichkeit ermöglicht es dem Behandlungsteam,
weniger Embryonen pro Zyklus zu übertragen und dadurch
das Risiko der Mehrlingsschwangerschaft zu senken. Gleichzeitig können beim Ausbleiben einer Schwangerschaft oder
bei erneutem Kinderwunsch nach erfolgreicher Schwangerschaft und Geburt ohne erneute Stimulation der Ovarien durch die Übertragung aufgetaute Eizellen übertragen
werden.
Zur Übertragung der kryopräservierten und aufgetauten Eizellen im Vorkernstadium ist eine ovarielle Stimulationsbehandlung mit Gonadotropinen nicht notwendig. Die
Schleimhaut wird, durch eine Hormongabe in Tablettenform
(Clomiphen) für fünf Tage und Auslösung des Eisprunges, auf
den Embryotransfer vorbereitet. Die Warscheinlichkeit einer
erfolgreichen Schwangerschaft ist immer deutlich niedriger
als im aktuellen stimulierten Behandlungszyklus und beträgt
circa 20 bis 25% pro Übertragung.
Die Eizellen im Vorkernstadium werden bis zu fünf Jahren aufbewahrt. Wir bitten Sie, sich in jährlichen Abständen
mit uns bezüglich der weiteren Aufbewahrung in Verbindung zu setzen und allfällige Adressänderungen bekannt
zu geben. Nach Ablauf der fünf Jahre werden die Eizellen
vernichtet.
Röhrchen, in dem die Eizellen
im Vorkernstadium
kryopräserviert werden.
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Erfolglose Therapie
Wir legen grossen Wert darauf, Ihnen das Ergebnis der Behandlung noch vor dem Eintreten der Menstruation mitzuteilen. Bei einem negativen Bescheid bleibt jedoch eine
kleine Restmöglichkeit, dass doch eine Schwangerschaft
entstanden ist. Falls nach einer Woche nach dem Schwangerschaftstest die Menstruation nicht eingetreten ist, sollten
Sie mit uns Kontakt aufnehmen, um einen zweiten Schwangerschaftstest durchzuführen.
Das Ausbleiben einer Schwangerschaft nach einer intensiven medizinischen Behandlung wie die der assistierten
Fertilisation liegt im Rahmen der menschlichen Natur. Unabhängig davon ob die Befruchtung im Eileiter oder ausserhalb des Körpers stattgefunden hat, entwickeln sich beim
Menschen nur etwa 10 bis 15% der befruchteten Eizellen zu
einer Schwangerschaft. Sollten Ihre und unsere Bemühungen nicht zur erwünschten Schwangerschaft geführt haben,
hat dieses nicht mit einem Fehlverhalten auf Ihrer oder auf
unserer Seite zu tun. Suchen Sie die Ursache nicht bei sich,
sondern akzeptieren Sie das «Nicht-schwanger-gewordensein» als ein häufiges Ergebnis der Behandlung.
Einige Tage nach Erhalt des negativen Testresultates
kommt es zur Regelblutung. Diese kann etwas intensiver
sein als in einem unbehandelten Zyklus, da manchmal die
gesamte Gebärmutterschleimhaut ausgestossen wird. Dieses Phänomen wird «membranöse Menstruation» genannt
und geht häufig mit krampfartigen Schmerzen einher. Sie
sollten dieses Phänomen nicht mit dem Abstossen einer
Fehlgeburt verwechseln.
Der nachfolgende Menstruationszyklus wird sich möglicherweise mit einer leichten Verzögerung einstellen.
Besonders wenn das sogenannte «lange Protokoll» verwendet wurde, kann der nachfolgende Zyklus bis zu sechs
Wochen dauern. Eine besondere Behandlung ist jedoch nicht
notwendig.
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Schwangerschaft
Je nach Voraussetzung und Behandlungsart kann pro Zyklus
mit einer Schwangerschaftsrate von 15% bis 35% gerechnet
werden. Man unterscheidet zunächst die sogenannte «biochemische» Schwangerschaft, die nur anhand von Blutuntersuchungen nachgewiesen werden kann. Später kann die
Schwangerschaft auch mittels einer Ultraschalluntersuchung
sichtbar dargestellt werden, so dass man dann von einer
«klinischen Schwangerschaft» spricht.
Nach dem Eintreten einer Schwangerschaft sind bis zur
12. Woche weitere engmaschige Kontrolluntersuchungen
erforderlich. Zuerst muss festgestellt werden, ob es sich um
eine Einlings- oder Mehrlingsschwangerschaft handelt und
ob sich die Frucht in der Gebärmutterhöhle (und nicht in der
Bauchhöhle) befindet. Desweiteren ist bis zur 12. Schwangerschaftswoche die Gefahr einer Fehlgeburt am grössten
(zwischen 15 % und 25 %). Die ständigen Kontrollen erlauben es, rechtzeitig diese Gefahr zu erkennen und schützende Massnahmen zu treffen.
Um beim Kind bestimmte Fehlbildungen im Rücken und
im Gehirn vorzubeugen (sogenannte «Neuralrohrdefekte»),
wird Ihnen ab Beginn der Follikelreifung auch Folsäure, ein
Vitamin-B-Präparat (Dosierung 0,4 mg täglich), verabreicht,
welches Sie bis zum Abschluss der 12. Schwangerschaftswoche einnehmen sollten.
Die Wahrscheinlichkeit einer Missbildung des Kindes,
welches nach der assistierten Fertilisation entstanden ist, ist
im allgemeinen nicht grösser als bei einer Schwangerschaft,
die ohne medizinische Behandlung eingetreten ist. Trotzdem bieten wir Ihnen die Möglichkeit zu einem Beratungsgespräch oder zu vorgeburtlichen diagnostischen Untersuchungen, falls Sie das wünschen. Dieses Beratungsgespräch
mit evtl. vorbereitender humangenetischer Untersuchung
ermöglicht es Ihnen, sich grössere Sicherheit zu verschaffen, ob ein erhöhtes Risiko für Fehlbildungen bei Ihrem Kind
zu erwarten sind.
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Seit der Einführung der intrazytoplasmatische Spermieninjektion (ICSI) wird intensiv überprüft, ob diese noch relativ neue Therapie mit einer erhöhten Fehlbildungsrate einhergeht. Es wurde jedoch bereits sichergestellt, dass die
kindliche Missbildungsrate nach dieser Therapie (2.3 %)
nicht höher ist als die Missbildungsrate nach einer natürlichen Schwangerschaftsentstehungn (circa 2 bis 3 %). Allerdings findet man eine leichte Häufung von Störungen in der
Anzahl der Geschlechtschromosomen (das X- und das
Y-Chromosom) bei Kindern, die durch ICSI entstanden sind
(0.8%).
Da die schwere männliche Infertilität auch genetisch
bedingt sein kann und da die für die männliche Infertilität
verantwortlichen Gene überwiegend auf dem Y-Chromosom lokalisiert sind, ist es wahrscheinlich, dass durch ICSI
die Veranlagung für die Sterilität auf eventuelle männliche
Nachkommen übertragen wird.
Nach Sicherstellung eines intakten Schwangerschaftsverlaufs wird Ihr vertrauter Frauenarzt die weitere Schwangerschaftsbetreuung ab der zwölften Schwangerschaftswoche in seiner Praxis fortführen. Die Erfahrung hat gezeigt,
dass jede Schwangerschaft, die nach einer aufwendigen Infertilitätsbehandlung entstanden ist, als Risikoschwangerschaft zu betrachten ist. Daher sollten Sie die Vorsorgeuntersuchungen bei Ihrem Frauenarzt besonders engmaschig
und gewissenhaft wahrnehmen.
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Schlusswort
Natürlich kann eine Broschüre, wie wir sie erarbeitet haben,
nicht vollständig über alle Möglichkeiten der Sterilitätsdiagnostik und Therapie aufklären. Zudem ersetzt diese Broschüre nicht die Notwendigkeit eines oder mehrerer ausführlicher
Informationsgespräche mit dem Arzt, mit dem Reproduktionsbiologen oder mit der Krankenschwester. Diese Broschüre soll Ihnen helfen, bei den Gesprächen gezielte Fragestellungen zu erörtern. Nur so kann bei Ihnen vor, während
und nach Ihrem Aufenthalt ein gutes Gefühl in unserer Klinik
und Vertrauen in das Behandlungsteam entstehen.
Ihr Behandlungsteam
Gynäkologische Endokrinologie und
Reproduktionsmedizin
Universitäts-Frauenklinik Basel
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Beratung und psychologische Begleitung
Die ungewollte Kinderlosigkeit stellt für die betroffenen
Paare eine Lebenskrise dar, mit der sie in irgendeiner Form
umgehen müssen. Der offensichtlichste Weg ist dabei,
medizinische Hilfe zur Erreichung des Zieles, nämlich des
gewünschten Kindes, in Anspruch zu nehmen. Wir alle in
unserem Team hoffen und wünschen, dass dies dann auch
möglichst rasch gelingt.
Trotzdem bleiben einige wichtige grundlegende Erfahrungen,
die es erforderlich machen, neben der «klassischen Medizin»
mit ihren auf den Körper gerichteten Therapiemassnahmen
eine gleichgewichtige Berücksichtigung seelischer Faktoren
zur Seite zu stellen:
1. Der unerfüllte Kinderwunsch löst eine seelische Krise aus,
auf welche die Partner unterschiedlich reagieren. Das individuelle Leiden umfasst ganz verschiedene Bereiche
des Wunsches nach einem Kind. Je bewusster sich die
Partner über ihre jeweiligen Wünsche und Motivationen
sind, desto besser können sie mit der «Krise» einer Infertilität umgehen und umso eher werden sie die eventuell
nötigen diagnostischen und therapeutischen medizinischen Massnahmen bewältigen können.
2. Häufig spielen bei der Ursache eines unerfüllten Kinderwunsches körperliche und seelische Faktoren zusammen.
Die frühzeitige Erkennung seelischer Einflüsse kann dem
Paar helfen, selber etwas für die Verbesserung ihrer
Fruchtbarkeit und ihrer Erfolgschancen zu tun. Ausserdem können bei einer solchen aktiven Auseinandersetzung Verbesserungen der persönlichen Lebensqualität
erreicht werden.
3. Die medizinische Diagnostik und Therapie im Rahmen
der Kinderwunsch-Sprechstunde führt ganz automatisch
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zu gefühlsmässigen, emotionalen Reaktionen: Verunsicherung, evtl. Angst, Kränkung, Enttäuschung, Schamgefühle und vieles mehr. Dieser «Stress» ist nicht nur
subjektiv belastend, sondern kann auch die Erfolge der
Behandlung mindern. Es kommt uns deshalb darauf an,
Möglichkeiten der Stressminderung mit Ihnen zu besprechen und Ihnen die Gelegenheit zu geben, auch durchaus
unangenehme Gefühle und Affekte einmal auszusprechen
und sich selbst zu entlasten.
4. Bei etwa 40 bis 50% der Paare müssen wir damit rechnen,
dass trotz intensiver Behandlungen der Kinderwunsch
nicht erfüllt werden kann. Das bedeutet nicht, dass Sie
dann vergessen und abgeschoben werden. Wir glauben,
dass es gerade dann notwendig ist, eine Begleitung anzubieten, um über andere Lösungsmöglichkeiten für den
unerfüllten Kinderwunsch oder über psychologische Hilfen bei der Bewältigung des unerfüllten Kinderwunsches
zu sprechen.
Aus diesen Gründen bieten wir Ihnen, dort wo es gewünscht
wird, eine Beratung und Begleitung an. Eine auf die psychosomatische Betreuung spezialisierte Ärztin steht bereit, mögliche
Risiken und Belastungen im seelischen Bereich frühzeitig zu
erkennnen und, wenn möglich, hilfreich tätig zu werden.
Prof. Dr. med. J. Bitzer
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Lageplan
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Links für unsere Broschüre und / oder Website
www.kantonsspital-basel.ch Kantonsspital Basel
www.bs.ch
Erziehungsdepartement
Basel-Stadt
www.bag.admin.ch
Fortpflanzungsmedizingesetz
www.kinderwunsch.ch
Verein Kinderwunsch
www.baslerfrauenverein.ch
Adoptions- und
Familienplanungsstelle
www.gyn-gaudenz.ch
Prof. Dr. med. R. Gaudenz,
Liestal
www.kpd.ch
PD Dr. med. J. Bösch,
Bruderholzspital
www.serono.com
Firma Serono
www.organon.com
Firma Organon
www.ferring.ch
Firma Ferring
www.ibsa.ch
Firma IBSA
www.astra-zeneca.com
Firma Astra-Zeneca
www.fertimed.ch
Ferti Med
www.swissmom.ch
www.eumom.ch
www.belloni.ch
Impressum
Gestaltung: Schaffner & Conzelmann
Text:
Kantonsspital Basel, Frauenklinik
Fotos:
Kantonsspital Basel, Frauenklinik, Urs Flury,
Schaffner & Conzelmann
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Kinderwunschsprechstunde
der Universitäts-Frauenklinik Basel
Spitalstrasse 21
CH-4031 Basel
Telefon ++41 (0)61 265 93 37
E-Mail: [email protected]