Leitlinien zur Therapie von Schilddrüsenerkrankungen OP
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Leitlinien zur Therapie von Schilddrüsenerkrankungen OP
Die hier aufgeführten Leitlinien sind ein Leitfaden zur Standardisierung von diagnostischen und therapeutischen Prozeduren. Die Indikationsstellung und Durchführung sind in jedem Fall eine ärztliche Tätigkeit und unterliegen der individuellen Verantwortung, die klinikinternen Leitlinien sollen dabei eine Entscheidungshilfe geben. Bei Unklarheiten oder abweichenden Situationen ist Rücksprache mit einem Oberarzt oder dem Chefarzt zu halten! PD Dr. M .Löhnert K LINIK FÜR A LLGEMEINCHIRURGIE UND K OLOPROKTOLOGIE K OMPETENZZENTRUM FÜR C OLOPROKTOLOGIE K OMPETENZZENTRUM FÜR C HIR . ENDOSKOPIE Chefarzt: Prof. Dr. h.c. (Tash PMI) Dr. med. Mathias Löhnert e-mail: [email protected] An der Rosenhöhe 27 33647 Bielefeld Telefon: 05 21.9 43 - 81 01 Telefax: 05 21.9 43 - 81 99 e-mail: [email protected] Sekretariat: Frau Schimmel: 0521 / 943-8101 Leitlinien zur Therapie von Schilddrüsenerkrankungen OP- Indikation: Struma nodosa Funktionelle Autonomie M. Basedow Schilddrüsenkarzinom 1. Präoperative Diagnostik 1.1 Notwendige Diagnostik Anamnese: Kriterien (welche, wie lange): Gewichtsveränderungen Reizbarkeit, Unruhezustände, Interesselosigkeit, Müdigkeit Raumtemperatur- Empfindlichkeit Globusgefühl Sichtbare Struma / Fremdkörpergefühl Heiserkeit Allgemeinbefinden Klinische Untersuchung: Kriterien: Ernährungszustand Größe der Struma (Klinische Einteilung) Schluckverschieblichkeit LK am Hals Exophthalmus weitere Erkrankungen aktuelle Schilddrüsenwerte: fT3/T4, TSH basal HNO-Konsil: Intaktheit der Stimmbandfunktion Schilddrüsensonographie: Intrathyreoidale Knoten: Lage Echogenität Größe Intrathyreoidale Cysten Lage Beziehung zu Knoten Größe Klinikum Bielefeld gem. GmbH Akademisches Lehrkrankenhaus der Westfälischen Wilhelms-Universität Münster Amtsgericht Bielefeld HRB 35642 - Geschäftsführer: Michael Ackermann - Aufsichtsratsvorsitzender: Detlef Werner www.klinikumbielefeld.de 2 Volumen beider Schilddrüsenlappen in ml Auffällige LK Röntgen- Thorax p.a. 1.2 (Fakutlative) ergänzende präoperative Untersuchungen: Schilddrüsenszintigraphie: Bei M. Basedow oder solitären Knoten mit normalem TSH (schließt eine Funktionsstörung normalerweise aus!) i.d.R. entbehrlich Entbehrlich, wenn OP-Indikation schon aufgrund anderer Kriterien (Klinik oder Feinnadelpunktion) gestellt wurde Hauptindikation: Klärung einer Funktionsstörung (Hyperthyreose) Kriterien: Fokale / diffuse Autonomie Kalte / heiße Knoten Feinnadelpunktion (FNP) Hauptindikation: solitärer (kalter / echoarmer) Knoten bei sonst normaler Schilddrüse oder dominanter Knoten bei multinodöser Struma Bei V.a. Schilddrüsenkarzinom kann auch die FNP eines suspekten zervikalen LKs erwogen werden Befundinterpretation: V.a. Schilddrüsen- Ca Operation Follikuläre Neoplasie Operation Anderer Befund Individuelle Abwägung: OP, erneute FNP, Verlaufskontrolle Bei V.a. medulläres oder papilläres Ca ist eine OPIndikation gegeben, die Diagnose muss aber histologisch (intraoperativer Schnellschnitt!) abgesichert werden Eine negative FNP schließt ein Karzinom nicht auf! CT: Im Rahmen der Primärdiagnostik nicht indiziert. Bei Tumorverdacht zur Metastasensuche. Bei V.a. Schilddrüsen- Ca ist eine Kontrastmittelgabe kontraindiziert! Ausnahme: Histologisch gesichertes medulläres oder anaplastisches Ca MRT: Nur in Ausnahmefällen bei spezieller Fragestellung indiziert Spezielle Laboruntersuchungen: Calcitonin: Bei V.a. medulläres Ca 8FNP, MEN-Syndrom, medulläres Ca bei Verwandten) Thyreoglobulin: nur in der Nachsorge, prä- OP sinnlos Schilddrüsenantikörper: Bei V.a. Autoimmunthyreopathie TRAK bei M. Basedow oft erhöht (cave: erhöhter Titer beweist keinen M. Basedow, ein normaler schließt diesen auch nicht aus!) Parathormon (PTH): Postoperativ im Verlauf bei iatrogenem Hypoparathyreoidismus 3 Tracheazielaufnahme: Ösophagusbreischluck Selten indiziert, bei klinischem V.a. Tracheomalazie bei großen oder retrosternalen Strumen Selten indiziert, bei klinischem V.a. Tracheomalazie bei großen oder retrosternalen Strumen 2. Spezielle präoperative Vorbereitung Kreuzblut abnehmen und 2 Erythrozytenkonzentrate bestellen Aufklärung mit Peri-Med-Aufklärungsbögen, neben den üblichen chirurgischen Komplikationen und den Ausführungen auf dem Peri-Med-Bogen muß zusätzlich über folgende spezifische Komplikationen aufgeklärt und die Aufklärung gesondert dokumentiert werden: Verletzung angrenzender Organe (N. recurrens, Nebenschilddrüse, Trachea, V. jugularis, A. carotis, Ganglion nervosum) Heiserkeit / Luftnot bei Recurrensparese Persistierender Hyperthyreose / Hypothyreose mit Notwendigkeit der (lebenslangen) Hormonsubstitution Iatrogener Hypoparathyreoidismus 3. Operative Therapie Lagerung: Arme angelagert, Kopf überstreckt Bei Abdeckung ggf. Neck dissection oder Sternotomie berücksichtigen Abdeckung mit U-Tuch und Beintuch oder 2 großen und 2 kleinen geraden Tüchern 2. Assistent steht am Kopf Volumenbestimmung der entnommenen Präparate durch Wasserverdrängung und Dokumentation im OP-Bericht. Eindeutige Seitenzuordnung der Präparate auf Präparatetopf und Histologieschein 3.1 Benigne Schilddrüsenerkrankungen Entfernung aller knotigen oder sonst wie krankhaften Veränderungen der Schilddrüse Bei M. Basedow fast immer totale Thyreoidektomie 3.2 Unklare Dignität der Schilddrüsenerkrankung Bei vermuteter, aber noch nicht bestätigter Malignität Hemithyreoidektomie der betreffenden Seite, Schnellschnittuntersuchung von Schilddrüse und / oder Lymphknoten Ggf. OP- Erweiterung 3.3 Histologisch gesichertes papilläres (PTC) oder follikuläres (FTC) Karzinom Totale Thyreoidektomie mit Ausräumung des zentralen LK- Kompartimentes medial der A. carotis bds. Bei nachgewiesenem (FNP / Schnellschnitt) oder vermutetem Befall der lateralen LK erfolgt ipsilateral oder auch bilateral Ausräumung des lateralen Kompartimentes (selten bei FTC) 3.4 Histologisch gesichertes medulläres Karzinom (MTC) Totale Thyreoidektomie mit Ausräumung des zentralen LK- Kompartimentes medial der A. carotis bds. In der Regel auch prophylaktische Ausräumung des lateralen Kompartments: Ipsilateral beim sporadischen MTC Bilateral beim familiären MTC 4 Ausräumung des mediastinalen Kompartments befund- und patientenabhängig von zervikal (obere mediastinale Gruppe) oder durch Sternotomie 4. Postoperative Versorgung Nachblutungsgefahr: In den ersten 12 Stunden am größten Klinische Symptomatik (zunehmende Luftnot, Druckgefühl, Heiserkeit) ist entscheidend Postoperativer Hypoparathyreoidismus: Hypokalziämie tritt mit Latenz von 6-8 h bis zu mehreren Tagen auf Symptome: Kribbelparästhesien Neuromuskuläre Übererregbarkeit Tetanische Symptome Kontrolle des klinischen Bildes, Serum-Ca2+ am ersten Tag postOP oder bei Symptomen Postoperative HNO- Befundkontrolle ist obligat (kann auch nach Entlassung durch niedergelassenen HNO-Arzt durchgeführt werden, Befundmitteilung für Krankengeschichte erbeten) Unerwarteter Malignomnachweis im histologischen Befund: Vorgehen individuell, normalerweise Komplettierungsthyreoidektomie sofort (max. bis 7. Tag) oder im Intervall (8 – 12 Wochen) nach subtotaler Resektion Nachresektion der Gegenseite nach Hemithyreoidektomie jederzeit Bei pT1 PTC keine Nachresektion erforderlich 5. Adjuvante Therapie Schilddrüsenresektionen mit vermutlich zur Hormonproduktion ausreichendem Restgewebe (Restvolumen geschätzt > 8 ml) wie Hemithyreoidektomie, subtotale Resektion, Knotenresektion: Unmittelbar postoperativ keine Hormonsubstitution Pat. über Symptome einer Hypothyreose aufklären Empfehlung an Hausarzt: Kontrolle der Schilddrüsenwerte nach 4 Wochen, dann ggf. Hormonsubstitution Ggf. Rezidivprophylaxe mit Jodid (100-200 g/die) Schilddrüsenresektion ohne Zurücklassung von zur Hormonproduktion ausreichendem Restgewebe wie Thyreoidektomie, Near-total-Thyreoidektomie) oder mit fraglich zur Hormonproduktion ausreichendem Restgewebe (Restvolumen geschätzt 2-8 ml) wie ausgedehnt subtotale Resektion: Kein Malignitätsverdacht: Ab 2. postoperativem Tag 100 g L-Thyroxin/die Kontrolle der Schilddrüsenwerte nach 4 Wochen, dann ggf. Dosisanpassung Cave: Bei Basedow-Patienten unbedingt postoperative Hypothyreose vermeiden, da dies zur Verschlechterung der endokrinen Orbitopathie führen kann! Jodprophylaxe nur bei funktionsfähigem Restgewebe sinnvoll Malignomverdacht: Keine Hormonsubstitution Bei PTC und FTC: Konsilliarische Vorstellung in der Klinik für Nuklearmedizin zur Planung einer Radiojod-Therapie 5 nach Radiojodtherapie suppressive Hormontherapie (supprimiertes TSH) Bei MTC: Radiojodtherapie nicht indiziert Hormonsubstitution zur Euthyreose mit zunächst 100 g LThyroxin/die Kontrolle der Schilddrüsenwerte nach 4 Wochen, dann ggf. Dosisanpassung Bei anaplastischem Karzinom: Individuelles Vorgehen Ggf. Radiojodtherapie oder externe Strahlentherapie - 6. Nachsorge Bei benignen Erkrankungen erfolgt die weitere Betreuung durch den zuweisenden Arzt / Hausarzt Bei PCT und FCT Radiojodtherapie und suppressive Hormontherapie, Nachsorge zusammen mit der Klinik für Nuklearmedizin, Schilddrüsenambulanz Bei MCT Nachsorge durch Hausarzt, Endokrinologische Ambulanz der I. Med. und Allgemeinchirurgische Ambulanz Calcitonin- Verlaufskontrollen