Lösungsvorschläge zur Klausur `Miss Sara Sampson` von G.E. Lessing

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Lösungsvorschläge zur Klausur `Miss Sara Sampson` von G.E. Lessing
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LÖSUNGSBEISPIEL ZUR KLAUSUR
"MISS SARA SAMPSON"
Zu 1.:
Inhaltsangabe
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Sir William Sampson und dessen alter Diener Waitwell sind in einem elenden,
heruntergekommenen Gasthof eingetroffen. Der Grund für deren Anreise ist Sampsons Tochter
Sara, die mit dem Lebemann Mellefont durchgebrannt und dort untergetaucht ist. Saras Vater ist
tief traurig darüber, dass sein unschuldiges Kind so verführt wurde, verzeiht ihr jedoch den
tugendlosen Fehltritt und sieht ihre Flucht als Reue an. Er ist gekommen, um seine Tochter
zurückzuholen. Während der Wirt die beiden Herrschaften auf ihr Zimmer führt, spricht
Mellefonts Bedienter Norton mit seinem in Selbstmitleid schwelgendem Herrn ein ernstes Wort,
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dessen tugendlosen und Copyright
lasterhaften
Lebenswandel. DaraufCopyright
erscheint
Betty, Saras
Bedienstete, und erzählt schluchzend, dass ihr Fräulein sehr unglücklich sei und Mellefont
dringend sprechen wolle. Dieser erwartet sie ungeduldig.
Zu 2.: Figurenkonstellation (nur Kommentierung)
Sir William Sampson liebt seine Tochter. Deshalb ist er bereit, ihr alles zu vergeben und sie zu
sich zurückzuholen: "Doch ich fühle es, Waitwell, ich fühle es; wenn diese Vergehungen auch
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wahre Verbrechen, wenn es auchCopyright
vorsätzliche
Laster wären: ach! ich würde
ihr doch vergeben."
(S. 6, m.)
Waitwell versucht seinen Herrn einerseits zu trösten ("Wenn Sie nur davon überzeugt sein
wollen, Sir, so sehe ich sie heute noch wieder in Ihren Armen.", S. 6, Z. 9-12), andererseits trifft
ihn das Unglück schwer, da er sehr an Sara hängt ("Ach Sarchen! Sarchen! Ich habe dich
aufwachsen sehen ...", S. 5, Z. 15-22).
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Sara liebt ihren Vater noch immer, denn sie ist in ihrer momentanen Situation unglücklich und
weint. Sie verließ ihren Vater - so glauben er und sein Diener - nur aus Reue, und um ihm
Schande zu ersparen: "Das beste, schönste, unschuldigste Kind, das unter der Sonne gelebt hat
..." (S. 5, Z. 15-16); "Es war der Fehler eines zärtlichen Mädchens, und ihre Flucht war die
Wirkung ihrer Reue." (S. 6, Z. 19-20). Sara ist sehr unglücklich und will sich nur von Mellefont
trösten lassen. Ihrer Dienerin Betty gelingt es nicht, sie zu beruhigen: "Sie zitterte, und ein kalter
Schweiß floss ihr über das erblasste Gesicht. Ich wandte alles an, sie zu beruhigen, aber sie hat
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bis an den Morgen nur mit stummen
Tränen geantwortet ... Sie will
Sie sprechen.
Sie allein
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können sie trösten ..." (S. 9, Z. 36 bis S. 10, Z. 4).
Mellefont ist zwar bereit, sie zu trösten ("Nun, so sage ihr, dass ich sie erwarte - Ach! --", S. 10,
Z. 10), bedarf aber eigentlich selbst des Trostes. Deshalb wendet er sich in seiner Verzweiflung
an seinen Diener Norton. Mellefont weiß, dass es nicht möglich ist, das schwere Verbrechen, das
er begangen hat, wieder gut zu machen: "Weil du einem Elenden dienest, den die Erde nicht
tragen sollte..."(S. 8, u.); " ...setze mich wieder in diese Lebensart ..." (S. 9, m. bis 4. Auftritt).
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Um sein Gewissen ein wenig zu entlasten, beschuldigt Mellefont Norton, sein Komplize zu
sein:" ...und weil du dich seiner Verbrechen mit teilhaft gemacht hast ..." (S. 8, u.). Norton aber
hat Mitleid mit Sara ("Ich weiß besser, wo das Mitleiden hingehört." ( S. 8, m.) und macht
Mellefont Vorwürfe, anstatt ihn zu trösten (S. 8 unten bis S. 9 oben).
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Der Wirt steht dem Geschehen relativ unbeteiligt gegenüber und beobachtet nur. Er ist zwar
neugierig, gibt sich aber betont desinteressiert: "Ich mag ihre Geheimnisse nicht wissen, gnädiger
Herr. Die Neugierde ist mein Fehler gar nicht. ... Aber ... warum weinen Sie?" (S. 7, m.). Der
Wirt scheint die Zusammenhänge jedoch zu ahnen ("Sie sind doch wohl nicht --", ebd.).
Zu 3.: Replikenfrequenz und Abweichungen
Die Replikenfrequenz ist die Anzahl der Repliken, d.h. der Sprecheinheiten, geteilt durch die
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Anzahl der Verse/Zeilen. Ein starker Gegensatz wird im zweiten Auftritt erkennbar, und zwar bei
dem Gespräch zwischen dem Wirt, Waitwell und Sir William. Bis Zeile 22 auf Seite 7 ist die
Replikenfrequenz 1 zu 5,8, d.h. es werden pro Replik 5,8 Zeilen gesprochen; ab der angegebenen
Stelle werden pro Replik nur noch 1,75 Zeilen formuliert. Der Auslöser für diesen schnellen
Wechsel der Sprecher ist die Feststellung des Wirts, Miss Sara weine den ganzen Tag. Dadurch
geraten Sir William und sein Diener in Aufregung, da das Weinen Saras ein Zeichen ist, dass die
Flucht von Zuhause nicht ihr Wille war. Waitwell bricht das Gespräch abrupt ab, weil er nicht
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dass der Wirt die Verwandtschaftsbeziehung
Sir Williams zu Miss
Sara erfährt.
Umgekehrt
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wird in der zweiten Hälfte des 3. Aufzuges die Länge der Repliken mit 14 Zeilen pro Replik
deutlich größer. Dabei dienen die Ausführungen zur Charakterisierung von Mellefont und zur
Wiedergabe von Ereignissen vor dem Point of Attack, was die umfangreichere Länge der
Repliken rechtfertigt.
Zu 4.: Einordnung
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Meiner
Meinung nach handelt Copyright
es sich www.park-koerner.de
hier um ein Drama der Aufklärung,
obwohl einige
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Anzeichen nicht recht in unser Bild des aufklärerischen Dramas passen.
Die Grundsituation gleicht der in LESSINGs "Emilia Galotti": Ein tugendhaftes Mädchen wird
ver- und schließlich sogar entführt. Mellefont entspräche dabei in Emilia Galotti dem Prinzen.
Sara nimmt ihr Schicksal ähnlich wie Emilia auf, denn obwohl sie freiwillig mitgegangen ist,
fühlt sie sich nicht glücklich: Sie weint, zittert und ist in Schweiß gebadet. Ihre Tugend scheint
schließlich doch zu siegen. Emilia lässt sich von vorne herein nicht vom "rechten Pfad"
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abbringen.
Eine weitere ParalleleCopyright
kann man
in der Person des Mellefonts
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An ihm werden
schon in den ersten Szenen seine vielen menschlichen Schwächen deutlich, die auch beim
Prinzen im Vordergrund stehen.
Was jedoch die Einordnung erschwert ist einerseits, dass sich Mellefont seiner Fehler bewusst
ist, was im Gegensatz dazu der Prinz nicht einzusehen bereit war. Andererseits spielt dieses
Drama nicht in verschiedenen sozialen Schichtungen. Das Problem der Standesunterschiede, die
wir als typisch aufklärerisch ansahen - und damit auch die Willkür eines "Herrschers" - fallen
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hier weg. Da jedoch die Grundopposition von "gut-böse" und "Verführer-unschuldig" die gleiche
ist, würde ich dieses Drama dennoch in die Zeit der Aufklärung einreihen.
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