HR London Camden_15-02
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HR London Camden_15-02
Optimierung HR in der Stadtverwaltung London Camden Die Stadtverwaltung London Camden liegt mitten in London und beschäftigt über 5000 Mitarbeiter. Das Direktorat Human Resources nimmt großen Einfluss auf die Kernfunktionen der Stadtverwaltung, um einen exzellenten Kundenservice zu liefern und um organisatorische Change Initiativen zu unterstützen. Die Leiterin der ‚Services‘ Abteilung in Human Resources, Lisa Freshwater hatte von Kollegen im Juli 2012 von einer neuen Management-Denkweise gehört: Die Vanguard-Methode. Diejenigen, die diese Methode adaptiert hatten, erzielten konstant besseren Service und das bei geringeren Kosten. Das war Grund genug für Lisa Freshwater, sich über die Vanguard-Methode zu informieren. Zu Beginn fand ein dreitägiger Diagnose-Workshop statt, um das Optimierungspotential zu entdecken. „Sofort wurde mir klar, dass wir im gesamten Servicebereich sehr aufwändige und verschwenderische Aktivitäten haben, bei denen man einiges vereinfachen konnte“, erklärte Lisa Freshwater. Daraufhin entschied sie sich, die Vanguard-Methode in ihrer Abteilung anzuwenden und ihre Prozesse zu analysieren, um einen verbesserten Service und vereinfachte Arbeitsabläufe zu erhalten. Die Ergebnisse innerhalb von vier Monaten waren beachtlich: Reduzierung der verschwenderischen Kapazitäten um 50% (10 FTE) Besserer Service für den Kunden: o Die Anzahl der Bearbeitung von Kundenanfragen bei Erstkontakt (One-Stop capability) konnte von 56% auf 96% gesteigert werden o Die Anzahl von unnötiger Kundennachfrage („Failure Demand“)wie bspw. Beschwerden reduzierte sich von 44% auf 17% Die Mitarbeitermoral und Zufriedenheit stieg in ihrer Abteilung, vor allem bei denjenigen Mitarbeitern, die direkt am Vanguard-Projekt beteiligt waren Verbesserte Kommunikation mit Managern und höhere Gewährleistung fehlerfreier Informationen, führte dazu, dass die Überbezahlung einiger Mitarbeiter aufgedeckt und verhindert werden konnte Analyse der existierenden HR Organisation: Es wurde ein Überblick über die Camden HR Bereichsstrukturen geschaffen: 1. Personalsachbearbeitung und Lohnbuchhaltung ‚HR Direkt‘-Kontaktcenter Employee Maintenance Lohnbuchhaltung (HR Payroll) 2. Recruitment 3. Personalberatung 4. Change Management Bestandteil der ersten Phase war das Team Personalsachbearbeitung und Lohnbuchhaltung, das wiederum entsprechend ihrer Funktionen in drei weitere Bereiche gegliedert war. Das Team „HR Direkt“ hatte den Erstkontakt mit dem Kunden, telefonisch, per Mail oder Post. Das Team „Employee Maintenance“ war verantwortlich für die Datenpflege und Bearbeitung von Zeitnachweisen der 5000 Mitarbeiter. Die Lohnbuchhaltung war für die korrekte Bezahlung der Mitarbeiter zuständig. 1 Organisationszweck: In einem ersten Schritt zu einer erfolgreichen Umstrukturierung einer Organisation muss der wahre Zweck des Services geklärt werden – und zwar aus Kundensicht. In einer Abteilung mit Unterstützungsfunktion wie HR führt dies oft zu einer interessanten Diskussion, denn in der Regel steht dabei eher die interne Sicht im Fokus. Aber aus Sicht der Vanguard-Methode muss zuerst berücksichtigt werden, wie die Organisation gegenüber ihren externen Kunden operiert. Sollen Mitarbeiter dann den Zweck ihrer Arbeit aus Sicht des Kunden formulieren, so kommt man zu Aussagen wie: „Gib mir den richtigen Job, bezahle mich, unterstütze mich und hilf mir meinen Job effektiv auszuüben“. In der Analyse fand man also heraus, dass die Mitarbeiter den Zweck des Kontaktcenters nicht in Zusammenhang mit dem Kunden sahen, sondern eher so: „Ich bewege Mails von meinem Posteingang in den eines anderen.” Der Zweck beschränkte sich eher auf das Managen von Work-flow´s und die Zuteilung von Kundenanfragen. Kundennachfrage und Leistungsfähigkeit des Service Die Leistungsfähigkeit der Organisation, Anrufe oder E-Mails “one stop” – also in einem Schritt – bei Erstkontakt zu erledigen, lag bei 56 Prozent . 44 Prozent wurden zum nächsten Team weitergeleitet oder es war nötig, dass der Kunde das Unternehmen nochmals kontaktierte. Grundsätzlich lag der Arbeitszweck eher darin, Anfragen vom Tisch zu bekommen, als Probleme oder Anfragen von Kunden zu lösen. „Es war sehr eindrucksvoll, direkt mit Kunden zu sprechen, um herauszufinden was ihre Erfahrung war und um die Abläufe von Anfang bis zum Ende des gesamten Prozesses zu verfolgen. Ich denke, das „process mapping“ war sehr hilfreich. Erst als man alle Informationen zu einem Prozess zusammenfügte, konnte man sehen, wie irrwitzig es eigentlich war“, sagte Matt Green, HR Teamleiter, in der Rückschau. Verschwendung und Systembedingungen Die größte Ursache der Verschwendung liegt im traditionellen Management und Aufbau von Serviceorganisation. Die Vanguard-Methode hilft, die Ursachen für Verschwendung zu beleuchten. Die meisten Systembedingungen, die Verschwendung hervorrufen, sind üblicherweise Richtlinien, Standards oder Organisationsdesign - dies waren sowohl in Camdens HR zu sehen, und sind auch in anderen Stadtverwaltungen oder traditionell geführten Unternehmen dieselben. - Funktionalisierung und Spezialisierung: Die Organisation war so aufgebaut, dass es zahlreiche Stationen gab, an denen Informationen an spezialisierte Teams übergeben werden mussten (hand-offs). Durch diese Übergabe von Informationen entstand Doppelarbeit oder Nacharbeit und somit Verschwendung von Kapazitäten. HR Direkt arbeitete mehr wie eine Poststelle; hier wurden E-Mails oder Telefonanrufe weitergeleitet anstatt Anfragen direkt „one stop“ mit dem Kunden zu beantworten und damit Mehrwert zu schaffen. 2 - - - Zielvorgaben: Die Lohnbuchhaltung hatte einen monatlichen Zieltermin, an dem alle Änderungen erledigt sein sollten. Diese Zielvorgaben führten – wie das so häufig bei Zielvorgaben der Fall ist – zu gewissen Verhaltensweisen bei der Belegschaft. Anstatt Änderungen direkt nach Erhalt der Informationen vom Kunden im System einzugeben, wurden diese bis kurz vor dem Zieltermin gesammelt, um sie dann alle auf einmal abzuarbeiten. Die Idee hierbei war, dass es effizienter sei, alle Änderungen in einem Mal zu erledigen. Dies hatte jedoch zur Folge, dass Mitarbeiter erst spät bemerkten, dass die Informationen teilweise unzureichend waren. Folglich mussten Kunden nochmals kontaktiert werden, die jedoch oft kurzfristig nicht erreichbar waren. Als Resultat wurden Mitarbeiter oft nicht richtig bezahlt, was wiederum zu zeitaufwendigen manuellen Änderungen führte. Checking: Bei Gehaltsänderungen gab es zahlreiche Prüfschritte (Checks). Manchmal wurden Anträge drei oder vier mal überprüft, was viel Kapazität kostete. Hintergrund dieser Richtlinie war, dass es eine 100-prozentige Genauigkeit geben sollte. Untersuchte man dann die Anzahl der Fehler, so konnten aber kaum Fehler entdeckt werden, die auch auf Personen zurückzuführen gewesen wären. Die meisten Fehler waren vorhersehbar, da das IT-System nicht für diese Zwecke entsprechend gerüstet war. Die zahlreichen Checks haben weitere Verhaltensweisen hervorgerufen. Da Mitarbeiter wussten, dass jemand die Arbeit nochmals überprüfen würde, haben sie weniger Verantwortung für die Qualität ihrer Arbeit übernommen. Audit und gesetzliche Bestimmungen: Eine große Ausrede für unnötige Checks, Doppelarbeit oder überflüssiges Scannen und Aufbewahren von Informationen war Audit. Es gab für fast alles Anforderungen vom Audit sowie Richtlinien. Wenn man jedoch das System von außen betrachtete und die tatsächlichen Risiken für Betrug oder gesetzliche Bestimmungen hinzunahm, so war man in der Lage, einen Großteil der verschwendeten Kapazitäten einzudämmen. „Für mich war die größte Erkenntnis, die hohe Verschwendung in unseren Prozessen, sowie die mangelhafte Bereitschaft, den Prozess an sich einfach mal in Frage zu stellen und sich zu fragen: `Warum machen wir das, wenn es keinen Mehrwert bringt…?` Wir stellten Dinge nicht in Frage, sondern akzeptierten leider einfach den status quo, nach dem Motto: `Wir haben das immer so gemacht` oder ‚Wir wissen aber eigentlich gar nicht, warum wir das so machen!‘ “, berichtete Lisa Freshwater. Warum war das System (Organisation) so aufgebaut? Von der Perspektive eines Systemdenkers liegt die Ursache für Verschwendung und die umständliche Strukturierung an einer im Management verankerten Denkweise. Diese basiert allerdings mehr auf Vermutungen als auf wirkliches Wissen über den wahren Organisationszweck oder über Anforderungen der Kunden. In Camden HR konnte der größte Hebel für Veränderung in der Funktionalisierung der Abläufe angesetzt werden. Im alten System bestand ein Team aus drei Bereichen mit verschiedenen Funktionen und unterschiedlichen Kenntnissen und Qualifikationen. Hintergrund war, dass kostengünstigere Mitarbeiter am Punkt des Erstkontaktes mit dem Kunden den Großteil der Anfragen abwickeln könnten. In diesem Fall ging die Rechnung jedoch nicht auf, da die meisten Anfragen ans Back Office weitergeleitet wurden, wo Mitarbeiter mit höherer Qualifikation wie z.B. aus der Lohnbuchhaltung saßen. Diese Mitarbeiter waren 3 höher bezahlt und sollten deshalb nur Anfragen bezüglich der Lohnbuchhaltung abarbeiten, um dieses dann schnell und effizient erledigen zu können. Deshalb konnte man die Anzahl des „teureren“ Personals reduzieren. Aber durch die große Anzahl an weitergeleiteten Mails war Nacharbeit notwendig. Das wiederum resultierte in verschwenderischen Prozessen und nicht wertschöpfende Kundennachfragen, sogenannten „failure demand“. Der Aufbau der Organisation in einer solchen Weise hatte also nicht funktioniert. “In der Theorie ist das Front/Back-Office Konzept eine gute Idee. Aber eigentlich habe ich noch keine Organisation gesehen, in der es funktioniert hat. In den meisten Umstrukturierungen von Organisationen legen wir das Prinzip zu Grunde, den qualifizierten Mitarbeiter schon bei Kundenkontakt zu Beginn eines Prozesses einzusetzen. . Dadurch werden die Kosten im Unternehmen reduziert und es kommt zu einer höheren Kundenzufriedenheit“, erklärt Hendrik Ascheberg, Leiter Vanguard-Deutschland. Was hat Camden geändert? Das interne Team, das die Analyse mittels der Vanguard-Methode durchgeführt hatte, hatte sich dazu entschieden, neue Operative Prinzipien anzuwenden und ein neues Arbeitsmodell zu testen. Eines der größten Probleme, das entdeckt wurde, war die hohe Anzahl an E-Mails, die innerhalb der Organisation versendet und weitergeleitet wurden, aber keinen Mehrwert brachten und das Problem des Kunden nicht lösten. Die neuen Operativen Prinzipien haben das Problem beseitigt, in dem Hand-offs minimiert wurden sowie so viel wie möglich „one stop“ , also direkt bei Erstkontakt mit dem Kunden, erledigt werden sollte. Mit anderen Worten, anstatt Anfragen weiterzuleiten, hat der Mitarbeiter, der eine Anfrage bekam, diese auch abgearbeitet, bis das Problem aus Kundensicht gelöst war. Wenn ein Mitarbeiter dazu wegen mangelnder Qualifikation oder Wissen nicht in der Lage war, musste er Kollegen zur Hilfe hinzuziehen und lernen, wie man es macht. Neue Operative Prinzipien: Minimierung von Hand-offs so viel wie möglich im ‘One Stop’-Verfahren erledigen Prüfschritte nur, wenn sie Mehrwert bringen Aktuelle Prozesse hinterfragen: Machen sie Sinn (z.B. Audit, existierende Richtlinien usw.)? Anfragen abarbeiten nach dem Prinzip First-in/First-out Konsequentes Hinterfragen: Bringt dies Mehrwert? (z.B. Autorisierung) Als Konsequenz der Umstrukturierung war das Personal in der Lage, Arbeitsabläufe und Richtlinien zu hinterfragen und somit unnötige Schritte mit Hilfe ihrer Führungskräfte zu reduzieren. Die Arbeitsabläufe liefen dadurch reibungsloser ab. Das Experiment war ein großer Erfolg, so dass als Resultat die ganze Organisation involviert wurde und das Personal in der neuen Arbeitsweise trainiert wurde. Momentan ist man in der Lage 96% Prozent der Kundenanfragen „one stop“ abzuarbeiten, Abläufe sind effektiver, Kunden zufriedener, die Mitarbeitermoral hat sich deutlich verbessert, die Kapazität hat sich erhöht und die Kultur hat sich verändert. 4 Die Anwendung der Vanguard-Methode hat nicht nur die Bereichskosten und die Leistungsfähigkeit verbessert. Es hat engagierteres Personal hinterlassen, das eigenständig Verbesserungspotentiale in Prozessen und Schnittstellen zu anderen Funktionen identifiziert. Abteilungsleiterin Lisa Freshwater ist hoch erfreut mit den Resultaten. Interview mit Camden’s Head of HR Services, Lisa Freshwater und HR Team Manager, Matt Green: Warum haben Sie die Intervention mit der Vanguard-Methode gestartet? Lisa Freshwater: „Wir haben von unseren Kollegen von der Vanguard-Methode gehört, und dass sie funktioniert. Ich war neugierig und dachte, dass wir das auch versuchen könnten. Und schon nach den ersten drei Diagnose-Tagen war mir klar, dass wir im gesamten Sercicebereich verschwenderische Aktivitäten haben, die wir optimieren könnten. Wir wollten einen realistischen Weg finden, um die Verschwendung zu reduzieren, die Effizienz zu steigern und die Kosten zu halbieren.“ Was war Ihre Erfahrung bezüglich der Anwendung der Vanguard-Methode in ihrem System? Lisa Freshwater: „Es ist wirklich interessant und aufschlussreich. Es macht absolut Sinn, es passt alles zusammen, wenn man dem Arbeitsfluss folgt, ihn studiert und versteht und Entscheidungen auf Basis von vorhandenen Daten und Fakten trifft. In meinem nächsten Arbeitsbereich würde ich diese Prinzipien immer wieder anwenden.“ Was war der Unterschied zu anderen Change-Programmen, die Sie zuvor kennen gelernt hatten? Lisa Freshwater: „Dieser Ansatz basiert auf den Kundeninteressen. Dies ermöglicht uns, zu studieren, was Kunden wirklich nachfragen, nicht was wir denken, was sie wollen. Ansonsten sind Mitarbeiter immer nur ein kleiner Teil eines Prozesses und viele Dinge gehen unter, weil eben keiner den gesamten Prozess betrachtet. Andere Projekte fokussieren oft nur darauf wie man Kosten sparen kann oder mit weniger Mitarbeitern auskommen kann, statt wirklich zu hinterfragen was eine Abteilung fuer einen Service bietet und wie gut sie dies tut. Wenn man langfristige Veränderungen erfolgreich durchsetzen möchte, müssen diese auf fundiertem Wissen basieren. “ Matt Green: „Mein Eindruck war, dass der größte Unterschied gegenüber traditionellen Projekten war, dass wir hierbei letztlich vorangekommen sind und nicht nur eine Ewigkeit damit verbracht haben, über Dinge zu reden. Wir haben uns nicht so viel um Gant-Charts, Projektpläne und all diese Dinge gekümmert, sondern wir haben es einfach schnell abgearbeitet. Das Feedback zu dieser Arbeitsweise war sehr positiv. In der Vergangenheit waren Mitarbeiter wirklich frustriert, dass Projekte gestartet wurden, sie aber nie das Endresultat sahen. Aber wir haben das Ergebnis recht schnell abgeliefert und es haben sich Dinge relativ schnell verändert.“ Was war Ihr größter Lerneffekt aus der Analysephase ‘Check’? Matt Green: „Viele Mitarbeiter haben in isolierten Teams gearbeitet. Durch die Prozessaufnahme konnte man sehen, wie sich alles zusammenfügt. Die Art und Weise wie Arbeitsabläufe strukturiert waren, hat dazu geführt, Informationen sinnlos weiter zu geben. 5